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Time to say „Goodbye“

von

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Prolog

♥️♥️♥️
 

Sie saß auf der Couch im Wohnzimmer und blickte gedankenverloren auf die aufgehenden Lichter der Großstadt hinter der Fensterfront. Inzwischen war es November und es wurde schon sehr früh dunkel, sodass der Himmel jetzt wirkte wie eine umgedrehte Schneekugel, aus der die Dämmerung herabrieselte.
 

Usagi dachte lange und intensiv über alles und nichts nach. Sie gab jedem Gedanken der in ihrem Unterbewusstsein auftauchte eine Chance aus dem Schatten zu treten. Seit geschlagenen Stunden saß sie an ein und der selben Stelle und hatte sich keinen Millimeter vom Fleck weg bewegt. Ihre Zehen waren bereits bläulich angelaufen. Es kribbelte in ihrem gesamten Körper aber das Bedürfnis sich zu bewegen kam nicht auf.
 

Sie hatte heute kapituliert, hielt beide Hände hoch in die Luft, hatte die Waffen niedergelegt und ist mit wehenden, weißen Fahnen untergegangen.
 

Jahre waren seit ihrem ersten Zusammentreffen ins Land gezogen, unzählige Jahreszeiten waren gekommen und hatten sich verabschiedet, aber er war immer geblieben. Immer!! Bis gestern!! Als sie noch ein Kind war, war alles einfach gewesen. Sie konnte Gutes vom Bösen unterscheiden, Recht und Unrecht voneinander trennen und die Welt schimmerte in den unterschiedlichsten Farben. Unbekümmert und teilweise Gedankenlos war sie erwachsen geworden. Dabei hatte sie stets der Gedanke begleitet, dass es nichts geben würde, was sie aus der Umlaufbahn boxen konnte und lange Zeit war dem auch so. Mit 21 Jahren schloss sie ihre Ausbildung als Kindergärtnerin ab und bekam keine zwei Wochen später auch einen tollen Job in einem Kindergarten nahe dem Juuban – Park. Sie hatte wundervolle Freundinnen, die besten Eltern die sich ein Kind nur wünschen konnte, einen nervigen aber liebenswerten jüngeren Bruder und ihn! Ein solches Glück zu haben war nicht jedermann beschert worden und tief in ihrem Herzen wusste sie es zu schätzen.
 

Heute, umgeben von Einsamkeit, fragte sie sich, wann genau der Augenblick gekommen war, an dem es angefangen hatte kompliziert zu werden?!
 

In den letzten drei Jahren stritten sie sich nicht mehr. Sie waren mehr oder weniger zu so etwas wie Freunden geworden. Als er seinen Abschluss machte, war sie die Frau an seiner Seite, die ihn begleitet hatte. Die Party danach hatten sie Beide aus den Angeln gerissen, sodass noch Monate danach davon gesprochen wurde, aber niemals waren sie mehr gewesen. Damals war es ihr nicht so wichtig, denn er hatte keine Freundin, beinahe auch keine Dates und sie … Sie hatte es versucht. Ein Jahr lang war sie sogar in einer festen Beziehung, die allerdings daran scheiterte, dass sie sich nicht bereit gefühlt hatte den entscheidenden Schritt weiter zu gehen. Kurze Zeit danach ist sie bei ihren Eltern ausgezogen um auf eigenen Beinen zu stehen, hatte gelernt zu kochen, zu putzen, pünktlich und zuverlässig zu sein, was ihr erstaunlicher Weise viel leichter fiel wie zu Anfang vermutet und nun lebte sie bereits seit zwei Jahren in ihrer eigenen Wohnung keine zwei Häuserblocks von ihm und ihr entfernt.
 

Schmerzerfüllt verzog sie ihr Gesicht. Allein schon der Gedanke daran, dass sie zusammengezogen waren tat höllisch weh. Es laut, auch wenn sie alleine war, auszusprechen fühlte sich an wie ätzende Säure die sich den Weg durch ihren Körper entlangschlich bis sie sich wie ein Häufchen Elend fühlte. Sie hatte Gelegenheiten und Möglichkeiten verschenkt und gedacht, dass ihr Tor und Tür auf ewig offen stehen würden, aber so einfach gestrickt war das Leben nicht. Es schmerzte sie zu wissen, dass sie einen Kampf verloren hatte, noch ehe sie die Chance bekam ihn auszufechten. Schnulzige Liebesgeschichten spielten sich nur auf Hollywoodstreifen ab. Meist verliefen sie so: Junge trifft Mädchen! Junge verliebt sich in das bildhübsche Mädchen. Bildhübsches Mädchen verliebt sich in Jungen. Alles läuft nach Plan, wie es eben in solchen Blockbustern üblich ist. Der Grundgedanke: Sie leben glücklich und zufrieden bis an ihr Ende! Danach ... Der Filmabspann wird gezeigt und die Zuschauer fassen sich gerührt mit beiden Händen ans Herz. Was sie jedoch nicht wissen ist, dass ihnen eine dicke, fette Lüge aufgetischt wurde, denn in den seltensten Fällen verlaufen reelle Liebesgeschichten wie es den Köpfen der Ressigeure entsprungen ist. Sie vermitteln ein komplett falsches Weltbild und die Mädchen und Frauen dieses Planeten lassen sich davon nur zu gerne einlullen, weil es sooo schön ist, nur um sich danach in einer fiesen Realität, mit einer Familienpackung Schokoladeneis auf dem Schoß, enttäuscht und heulend wiederzufinden plus zwei Kilogramm mehr auf den Hüften!
 

Als sie aufsah, entdeckte sie ihr Gesicht in der Glasscheibe gegenüber. Verschwunden war die junge Frau von vor ein paar Jahren. Jetzt sah sie aus wie eine einsame Umherirrende, die immer noch krampfhaft versuchte sich vor der Wahrheit zu verstecken und vor der Welt davonlief, insbesondere vor ihm. Sie wusste es! Sie wusste es seit dem Augenblick in dem er ihr gesagt hatte, dass er jemanden kennengelernt hatte und die Erinnerungen an diesen Tag krochen langsam, aber sicher hervor ans Licht, wo sie sie niemals hätte sehen wollen.
 

Sie sah sich selbst mit tänenglänzenden Augen und gleichzeitig hätte sie sich dafür selbst ohrfeigen können. Noch nicht einmal mit ihrer Mama konnte sie darüber sprechen. Sie hatte ihr lange genug damit in den Ohren gelegen und ihr Sorgen bereitet. Irgendwann war Schluss damit. Wieso sollte Ikuku länger als nötig mit ihr leiden müssen. Das hatte sie nicht verdient. Die Mädchen waren seit einem dreiviertel Jahr in alle Winde verstreut in der Weltgeschichte unterwegs. Ami in Deutschland um Medizin zu studieren, Rei mit Yuitschiro auf einer Pilgerreise, Minako hatte einen Fototermin nach dem Anderen in den USA und Makoto … Tja! Makoto hatte im Mai dieses Jahres ihre große Liebe Motoki geheiratet und war bereits im dritten Monat schwanger. Sie würden die kommenden drei Wochen bei Motokis Eltern in Koshigaya verbringen. Sie alle lebten ihren Traum, haben ihre Flügel ausgestreckt und sind weitergezogen. Auch sie liebte ihr Leben, war zufrieden und glücklich mit dem was sie hatte bis das winzige Loch in ihrem Herzen anfing zu wachsen.
 

Bevor sie alle gegangen waren, hatte Usagi ihnen versichern müssen, dass er ihr gut ging und sie tat das was von ihr erwartet wurde. Sie spielte die Freundin und Tochter die sie alle kannten und wertschätzten. In ihr drinnen schrie und wand sie sich aber dieses elende Gefühl, war reserviert für einsame Nächte wie die Diese, wenn sie mit einem gefüllten Glas Rotwein vor der Fensterfront saß und nachdachte. Dieser Schmerz war ihr persönliches Eigentum, ihr Kreuz, welches sie zu tragen hatte, ihr Unglück, an dem sie zu einem gewissen Anteil die Schuld trug und dementsprechend trug und ertrug sie sie in Würde vor ihren Mitmenschen und mit Tränen in der Dunkelheit ihres Wohnzimmers alleine mit sich selbst.
 

Wenn man ein Glas, einen Teller oder einen x beliebigen Gegenstand fallen lässt, dann entsteht ein schepperndes Geräusch. Wenn ein Fenster zerbricht, Holz zersplittert oder ein Rahmen zu Boden stürzt kann man es hören. Man sollte meinen, dass genau das passieren würde, wenn ein Herz zerbricht aber dem war nicht so. Es geschieht vollkommen lautlos. Noch nicht einmal ein Wimmern gibt es von sich. Wenn man bedenkt wie wichtig und einschneidend ein solches Ereignis ist, könnte man wenigstens erwarten, dass es einen heiden Lärm verursacht, wie beispielsweise eine Polizeisirene auf dem Weg zur Unfallstelle, oder das Martinshorn des Rettungswagens im Einsatz, oder das laute Schlagen von Kirchenglocken, Trompeten und obendrein das ganze verdammte Chicago Symphony Orchestra mit dazu, aber es passiert lautlos … heimlich und für niemanden sichtbar. Allein der Besitzer wünscht sich, dass da ein Laut existiert, so leise er auch sein möge um ihn von dem unsäglichen Schmerz abzulenken. Wenn, dann gibt es dieses Geräusch allein im Inneren. Dieses jedoch ist nicht leise und umsichtig. Es ist so laut, dass es in den Ohren dröhnt, wie tausend Donnerschläge in ein und den selben Augenblick, wie ein Erdbeeben der Stufe 10, wie ein wütender Tiger, der gefangen in seinem Käfig um sich schlägt, aber so ist nunmal die Liebe und so funktioniert das menschliche Herz. Niemand ist vor ihr gefeilt! Sie ist wild und roh! Sie lässt sich nicht erzwingen, nicht erbitten, sie wird uns geschenkt oder versagt und wir können sie „nicht“ ändern.Sie fragt uns nicht ob es uns gerade passt, dass sie kommt und sie fragt uns nicht, wenn sie geht! Man kann sie mit unserem Herzen gleichsetzen, welches wir nicht willkürlich beeinflussen können!! Sie ist unberechenbar!!
 

Die Erinnerung an den Moment als er sie ihr vorstellte, war derjenige an dem ihr Herz zerbrach, ganz still und lautlos nach außen … Im Inneren wie das Schlagen von Pauken und Trompeten. Sie musste zwei Mal nach ihren Namen fragen, ehe sie verstand. Sarah!! Eine amerikanische Austauschstudentin an der selben Uni in der er manchmal aushalf.
 

Aber Mamoru konnte es sehen!! Dessen war sie sich sicher ohne das er ein Wort darüber verlieren musste. Er wusste Bescheid und sie musste damit aufhören mit dem Kopf in Wolken zu schweben und endlich anfangen ihr eigenes Leben zu leben und das tat sie schlussendlich auch. Allerdings auf ihre eigene Art und Weise. Er hatte sie mit einer Brünetten namens Sarah auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, mit dem sie hätte immer verwurzelt bleiben sollen. Niemals wieder würde sie einem Mann die Freiheit eingestehen sie so sehr zu täuschen wie er.
 

Sie hatte in der Hoffnung gelebt, dass auch er sie eines Tages lieben würde. Damit!! Einzig und allein damit war sie zu Bett gegangen und DAS war der Grund, wieso sie mit einem Lächeln auf den Lippen erwachte. Usagi dachte immer, dass er nur Zeit brauchen würde, versuchte es unter anderem auch ihn eifersüchtig zu machen aber nichts brachte den ersehnten Erfolgt. Am Ende ihrer Geschichte angelangt, vermisste sie es sogar, dass er sie ärgerte, sehnte sich nach ihrem alten Spitznamen, der nicht einmal lieb oder nett waren, aber er hatte sie ihr gegeben! Weichbirne! Odango Attama! Das waren die Namen, die er ihr gegeben hatte. Jahre über hatte er sie aufgezogen. Wenn nicht wegen ihres täglichen Süsigkeitenkonsums, dann wegen ihrer schlechten Noten, aber er hatte ihr seine Aufmerksamkeit geschenkt, sie mit einem strahlen in seinen ozeanblauen Augen angesehen, der sogar den Nordpol zum Schmelzen gebracht hätte. Nun galt dieser Blick nicht mehr ihr …
 

Mamoru Chiba hatte sich verliebt, nur das die Frau die er liebte nicht sie war! Hoffnung war etwas für Träumer und nun war es an der Zeit für die größte Träumerin unter ihnen aufzuwachen! Er würde sie niemals lieben! Den größten Beweis dafür hatte er erbracht, als er gestern mit Sarah zusammengezogen war. Mamoru war nicht wankemütig, noch handelte er unüberlegt. Usagi war sich sicher! Er hatte sich entschieden! Für Immer!
 

Die Zeit war gekommen der Vergangenheit ein für alle Mal den Rücken zu kehren, die Klinke in die Hand zu nehmen und die Tür hinter sich für immer zu verschließen. Usagi war gezwungen der Wirklichkeit ohne sie auszuschmücken mitten ins Gesicht zu sehen und den Menschen loszulassen, den sie am meisten liebt. Um seinetwillen und ihrer selbst! Um ihrer beider Glück zu gewährleisten!
 

Mit letzter Kraft wischte griff sie zur Taschentücherbox und wischte sich die Tränen aus den Augen. Ihr Spiegelbild nickte lächelnd. Sie lächelte zurück ...

Mein Herz in deinen Händen

Es muss von Herzen kommen,
 

was auf Herzen wirken soll!
 

(Johann Wolfgang von Goethe)

♥️
 

Wie jeden Morgen stand Usagi im Bad und machte sich zurecht um zur Arbeit zu gehen. Noch ein bisschen Wimperntusche und vollbracht war das Werk. Vielleicht würde ein klein wenig Cocealer nicht schaden. Mit großen Augen drückte sie ihre Nase gegen den Spiegel und kam zum Schluss, dass es ohnehin nicht viel bringen würde. Die dunklen Ringe würde nichts abdecken können. Auch egal! Viel Zeit blieb ihr nicht und wenn sie sich noch weiter darauf Zeit verschwenden würde, könnte sie ihren Morgenkaffee im Crown getrost vergessen. Auf Unazuki freute sie sich ganz besonders. Sie übernahm die Vertretung für Motoki und allmählich wurden die beiden Frauen ganz gute Freundinnen. Wenn sie es recht bedachte, war Unazuki die einzige Freundin die sie im Moment hatte und doch brachte sie es nicht über das Herz ihr ihre Geschichte zu erzählen. Viel zu sehr war sie mit ihren Mädchen zusammengewachsen und als sie fortgingen um ihr eigenes Leben zu leben, war es für sie so, als ob sie entnabelt wurden. Die Teile des Ganzen fehlten unwiderruflich, aber sie waren ja nicht komplett aus der Welt, dachte sie sich kopfschüttelnd als sie den Gebäudekomplex verließ und prompt mit etwas hartem zusammenkrachte.
 

Aus so manchen Gewohnheiten wächst Frau nie im Leben nicht heraus. Wie lange war es mittlerweile her, dass sie gedankenverloren in jemanden gedonnert war, überlegte sie ohne auch nur den Kopf zu heben. Ja genau! Letzte Woche, Mittwoch in den armen italienischen Pizzalieferanten. Ganze zwei Stunden lag sie danach in der Badewanne eingeweicht um im Bett dann doch am darauffolgendem Morgen Käsereste vorzufinden. An diesem Morgen kam sie zu spät zur Arbeit, da sie noch die komplette Bettwäsche hatte wechseln müssen.
 

„Wohin so eilig?!“, lachte ihr eine wohlbekannte Stimme über dem Kopf hinweg. Ihr Kopf! Auwei! Dieser war leider immer noch an den Brustkorb ihres neuesten Opfers gekuschelt. Und wie bekannt ihr dieser Duft vorkam. Wieso musste es ausgerechnet er sein? Wieso nicht der Kaiser von China oder der Papst!! Mal abgesehen von der Rüge, wäre sie mit ihnen viel besser klargekommen als mit einem Mamoru am Morgen und das womöglich auch noch in Begleitung seiner großen Liebe.
 

So gefasst wie sie zurücktrat war sie bei weitem nicht nur geübt sich zu kontrollieren. Ein freundliches Lächeln aufgesetzt und sie hob den Kopf. Auch Mamoru grinste breit. Das voreheliche Lotterleben schien ihm sehr gut zu tun. Nein! Bösartig war sie niemals aber so verdammt eifersüchtig. Die Zähne fingen an sie zu schmerzen. So fest hatte sie sie zusammengepresst. Von Sarah fehlte weit und breit jede Spur. „Ich war im Gedanken-“ „Ganz wo anders!“, vollendete er ihren Satz lachend. „Manche Dinge werden sich wohl niemals ändern!“ Entnerft seufzte sie. „Wieso sollten sie?! Also ich finde es gut, wenn manche Dinge so bleiben wie sie sind!“, wie zum Beispiel du solo, setzte sie im Gedanken hinfort, wagte es jedoch nicht laut auszusprechen. Sie konnte ja, auch wenn sie es gewollte hätte, nichts wirklich schlechtes über diese Sarah sagen. Die Frau war megahübsch, ein bisschen jünger als Mamoru und intelligenter als Einstein. Kurzum! Sarah Walsh war der perfekte Mamoru in Weiblich mit einer Figur wie aus einem Modemagazin entsprungen und Humor hatte sie auch! Wie maßgeschneidert also für den Mann ihr gegenüber. Ying hatte sein Yang ausfindig machen können. Sie hingegen konnte dem mit rein gar nichts entgegenkommen. Sarahs Traum war es eine der renommiertesten Chirurginnen Japans zu werden und der Ihrige eine eigene Familie zu gründen. Zwei Welten die unterschiedlicher nicht sein konnten.
 

Verlegen fing sie an ihren Rock zurecht zu zupfen, ehe sie sich in Bewegung setzte. Mamoru folgte ihr schmunzelnd. „Ach ja?! Und ich dachte, das ich ein Einsiedler wäre!“, neckte er sie und pieckte sie verspielt in die Schulter. „Lass das bitte!“, war das Einzige was ihr dazu einfiel. „Usagi ich mache mir allmählich Sorgen um dich!“ Ah das war es also, aber leider war ihr aber ziemlich schnuppe. Wozu gab er sich überhaupt die Mühe?! Er hatte gar keinen Grund an sie zu denken, jetzt wo er seine perfekte Sarah hatte.
 

„Nicht nötig!“, erwiderte sie eisig. „Jetzt komm schon! Ich möchte dich nicht so sehen!“ Die Ampel vor dem Fußgängerübergang schaltete auf Rot. Um sie herum drängte sich eine Traube an Menschenmassen, sodass er sie schützend in den Arm nahm und an sich drückte und schon war sie kurz davor zu weinen. „Wie hättest du mich denn gerne?!“, seufzte sie, sah auf und landete direkt in den schönsten Blau auf diesem Planeten. Seine Augen nahmen einen eigenartig sanftmütigen Ausdruck an. Jemand bohrte ihr von hinten den Ellenbogen in die Saite, den er energisch wegstieß. So gut es ging beschützte er sie mit seinem ganzen Körper. Sie lag ihm inmitten Tokios Straßen in den Armen, fühlte ganz genau unter ihrer Handfläche den kräftigen Schlag seines Herzens. Boom, boom, boom! Regelmäßig und doch schneller als nötig drückte es sich in ihre Hand. Sein Atem berührte ihre Lippen, die wie Feuer brannten. Sie konnte fühlen, wie sich seine Finger in ihre Hüften gruben und auch wenn es nicht möglich war, schaffte er es, dass sie ihm sich noch näher fühlte. Ihr Blick folgte seiner zuckenden Halsschlagader. Er schien nervös, doch das war unmöglich. Weiter wanderten ihre Augen zu seinen Lippen bis sich erneut ihre Blicke kreuzten. „So wie ich dich kennengelernt habe, so wie du warst bevor die Mädchen weggegangen sind, so wie ich du warst als ich mich in dich ve- … ähm so wie du warst als du mir deine verhaute Englischklausur gegen den Kopf geworfen hast!“, beendete er hastig.
 

Usagis Herz lag schwer in ihrer Brust. Auch das Atmen wurde zunehmend anstrengender. „Mamoru … es …“ „Ich will für dich da sein, wenn du jemanden brauchst!“, unterbrach er sie schnell, ehe sie weitersprechen konnte. „Ich weiß wie sehr du an die Mädchen gebunden warst und das du jetzt alleine bist und-“ „Du!!!? Du möchtest jetzt ihren Platz einnehmen oder wie soll ich das verstehen?“ Es kam ihr vor, als ob ihre Stimme sich über die ganzen Menschenmassen hinweg erhoben hätte, doch nahm dennoch niemand Notiz von ihrem Ausbruch. Lediglich der Druck an ihrer Hüfte verstärkte sich. Sie konnte fühlen, wie sich seine Hände verkrampften, als ob er versuchen würde an ihr Halt zu finden.
 

„Wir sind doch ebenfalls befreundet!“, versuchte er sich zu erklären. „Nicht so gut, dass du jetzt den freundlichen Samariter spielen musst! Du bist zu nichts verpflichtet Mamoru! Leb einfach dein Leben und kümmere dich um deine Freundin!“, spie sie ihm ins Gesicht. Ihre Wangen waren gerötet und auch ihr Atem ging inzwischen stoßweise. Grundgütiger! Alles was sie sagte, alles was sie jetzt ausmachte war er und diese Lippen … Wie gerne hätte sie von ihnen gekostet, doch nicht nur ihr schien es so zu ergehen. Seine Augen fixierten sie, schienen bis in ihre Seele hindurchdringen zu können und obwohl sie mitten auf dem Gehweg der geschäftigsten Straße Tokios eingepfercht in Menschenmassen standen, fühlte sie sich von seinem durchdringenden Blick ausgezogen, nackt und hilflos wie in ihrem Leben niemals zuvor. „Ich spiele niemanden der ich nicht bin!“, flüsterte er ihr ins Ohr, berührte ihren Ohrstecker mit seinen Lippen und verharrte reglos mit der Nase in ihrem offenen Haar.
 

Sie hörte ihn in an ihrem Ohr zittrig atmen. Ein Moment der intimer nicht sein konnte, was ihr eine Gänsehaut vom großen Zeh weg bis in den Haaransatz bescherte. Jeder seiner Bewegungen jagte ein kleiner Stromschlag hinterher. Er musste es doch auch fühlen, kam es ihr in den Sinn, doch es war zu schön. Dieses einzigartige Gefühl, wie nicht von dieser Welt erfüllte ihren ganzen Körper mit Wärme, sodass sie es nicht wagte ihn anzukeifen. Stattdessen wollte sie versuchen ihm zu entlocken, was ihn dazu bewog. Sie würde alles tun, alles sagen nur um diesen Moment auszudehnen, ihn wenn möglich in die Ewigkeit ziehen, sodass sie in den einsamen Nächten daran zehren konnte, ihn auskosten konnte wie eine Kugel Schokoladeneis, bis zum letzten Tropfen. „Ich möchte in deiner Nähe sein, wenn du jemanden brauchst.“, hörte sie ihn sagen. Zur gleichen Zeit versagte ihr der Herzschlag. Ihr Mund war zu trocken um irgendetwas darauf erwidern zu können und doch brachte sie ein krächendes wieso heraus. Eigentlich hätte er es gar nicht hören können, aber er hörte es so klar und deutlich wie einen Glockenschlag.
 

Das Pochen unter ihrer Handfläche wurde zum Rasen. Sein Herz lief Marathon, synchron mit dem Ihren. „Wieso bin ich dir auf einmal so wichtig?!“, fragte sie benommen und stich zeitgleich mit den Fingerkuppen über die Knöpfe seines himmelblauen Hemdes. Jede Muskelfaser darunter bebte. „Das warst du schon immer!“, knurrte er wütend und ehe sie sich versah umfasste er ihr Gesicht mit beiden Händen. Noch nie zuvor hatte sie diesen dunklen, furchteinflösenden Glanz in seinen Augen gesehen. Ihre Nasenspitzen berührten einander. Es fehlten Millimeter bis sich auch ihre Lippen berührt hätten, da wurden sie auch schon von allen erdenklichen Seiten angerempelt. Er hielt sie immer noch in dieser Position fest, auch als es um sie herum leer wurde. Usagi wusste, dass die Ampel auf grün geschaltet hatte. Lange würde es nicht dauern, bis sie erneut von der nächsten Horde überrannt werden würden.
 

Schließlich tat sie etwas, was sie sicherlich ihr ganzes Leben lang bereuen werden würde. Sie umfasste sanft seine Handgelenke und führte sie zu ihm zurück. „Glaub mir Mamoru! Mir geht es ausgezeichnet. Vielleicht bin ich ein wenig durch den Wind, weil meine Freundinnen auf und davon sind, aber wir telefonieren regelmäßig und Mako ist auch in drei Wochen zurück und wenn das Baby dann mal da ist, sind auch Yuitschiro und Rei zurück. Weist du …“, hart musste sie den Klos hinunterschlucken, der sie am Atmen zu hindern versuchte. „Vielleicht habe ich auch das Glück, jemanden zu finden, in den ich mich verliebe …“, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie vermisste bereits jetzt das Gefühl seines Herzschlages unter ihren Händen. „Und der mich liebt, genauso wie du Sarah liebst!“ Und das war das allerschwerste, was sie jemals hatte sagen müssen. Der Bann war gebrochen, der Zauber zerstört, doch was hätte sie davon gehabt, wenn sie sich ihn an den Hals geworfen hätte? Er hatte eine Entscheidung getroffen.
 

Dieser Mann liebte eine andere Frau! Wer oder was gab ihr das Recht das in Frage zu stellen. Lange genug hatte sie sich zum Affen gemacht. Das Maß war voll! Voll von Schmerz, von unerfüllten Hoffnungen und Träumen. Sie musste Mamoru Chiba vergessen!! „Schau es wird gleich grün!“, sagte sie lächelnd. Ehe sie ihm den Rücken zuwand deutete sie ihm noch mit dem Kopf zu der Ampel als verstünde er nur die Zeichensprache.
 

♥️♥️♥️
 

Hinter ihr hing in der Schwebe eine ausgestreckte Hand, die es nicht wagte sie zu berühren. Sie hing in der Luft wie ein Blatt im Wind, welches auf den nächsten Windhauch wartete um zu sehen wohin es getragen wird.
 

Mamorus Brustkorb brannte vor Schmerz. Sie wünschte sich, sich zu verlieben, erhoffte sich jemanden kennenzulernen der auch sie liebte, doch gab es jemanden in diesem Universum, der sie auch nur im Ansatz so sehr lieben konnte wie er?! Nie würde er ihren Blick vergessen, das Gefühl ihres Körpers an dem Seinen. Er war perfekt, fügte sich an ihn wie ein fehlendes Puzzlestückchen, straff und doch weich und nachgiebig. Er wollte sie fühlen, ihre Haut unter seiner spüren, wollte sie hier und jetzt vor Gott und der ganzen Welt küssen, wollte ihr sagen, dass er sie brauchte, sie liebte aber es gab da noch jemanden, der es geschafft hatte in sein Herz zu sehen und er wäre ein Lügner wenn er leugnen würde etwas für Sarah zu empfinden. Womöglich trug er das Gefühl für Usagi schon zu lange in sich, bis es ein Teil von ihm geworden war. Sie und er! Er senkte den Arm, mit den Augen in ihren Rücken. Das Blonde Haar flatterte im leichten Wind, wie flüssiges Gold. Nein! Er und sie waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Es hätte niemals funktionieren können. Das Schicksal hatte berechtigte Gründe gehabt, wieso es ihnen nicht gestattet hatte zusammenzufinden.
 

Mit Sarah hatte er sein Gegenstück gefunden. Mit dieser Frau würde er eines Tages eine kleine Familie gründen. Beide teilten sie die gleichen Interessen, was ihn zu dem Schluss kommen lies, dass er die einzig richtige Entscheidung getroffen hatte, als er sie gebeten hatte bei ihm einzuziehen. Was er ihr jedoch nicht gesagt hatte, war, dass er sie liebte. Er wollte es zwar, wünschte sich es zu können, aber immer wenn er gedachte es ihr zu sagen, sah er Usagis Gesicht vor sich, sah wie sie ihm ihr bezauberndes Lächeln schenkte … Was wäre er für ein Mistkerl gewesen wenn er in diesem Augenblick einer Anderen seine Liebe zu gestanden hätte. Mamoru wusste mit einer tausendprozentigen Sicherheit wer sein Herz in den Händen hielt, doch erhoffte er sich aus dem kleinen Funken, der für Sarah loderte eines Tages ein Feuer zu entfachen. Er würde sich den Hintern aufreißen, das es nicht erlischt und Usagi … Usagi gehörte zu seiner Vergangenheit! Sarah ist seine Zukunft, aber konnten sie deshalb nicht Freunde bleiben?! Sie gehörte zu ihm wie Motoki auch und sie Beide würden die Taufpaten ihres Babys sein. Schon allein deshalb war es wichtig, dass sie wieder als „Freunde“ zueinander finden mussten.

Noch nie konnte er es ertragen sie traurig zu sehen. Ihr Lächeln war seine Sonne. Auch wenn sie schmollte, liebte er sie, aber Trauer in den schönsten Augen dieser Welt zu sehen konnte er nicht verkraften. ER war da und er würde immer für sie da sein! Solange er existierte, würde Usagi nicht alleine sein.
 

Plötzlich packte ihn jemand an der Hand. Er musste nicht hinsehen um zu wissen wem sie gehörte. „Na komm schon alter Miesepeter! Unser Kaffee wartet!“, und so folgte er ihr ins Crown. Sarah müsste auch schon dort sein. Vielleicht wäre es ja eine gute Idee Usagi und Sarah dazu zu überreden etwas gemeinsam zu unternehmen. Er hatte kommendes Wochenende Nachtschicht und Sarah die Wohnung für sich. Gleich heute würde er mit ihr darüber sprechen. Sie könnten sich einen gemütlichen Abend machen. Ohnehin hatte Usagi dieses Wochenende frei und eine Freundin mehr, auch wenn es die seine war, würde der quirligen Blondine im Augenblick sicher gut tun.

Noch ein letzter Ausflug in die Vergangenheit

♥️♥️♥️
 

Sie sah Unazuki schon von weitem, wie sie hinter dem Tresen wie ein überdrehter Hamster im Kreis herumlief. Seit Motoki weg war und sie den Betrieb vorübergehend übernommen hatte, lief so manche Kleinigkeit schief. Teller verschwanden, Gläser versteckten sich an den unmöglichsten Stellen wie hinter dem Kaffeeautomaten, in den Schubladen und einmal hatte sich Eines sogar in die Mikrowelle verirrt. Usagi fand es herrlich, dass es außer ihr noch einen Schussel auf der Welt gab, obwohl sie daran niemals gezweifelt hat, nur kennengelernt hatte sie noch keinen.
 

Belustigt von dem was sie beobachtete, schüttelte sie amüsiert den Kopf. Mamoru folgte ihren Blick und fing an zu lachen. Es war nicht nur ein Lächeln oder ein klassisches 0-8-15 Lachen sondern ein waschechtes glockenhelles Gelächter, welches in den Ohren widerhallte. „Ein Glück, dass du nicht die Servicekraft neben ihr bist!“, brachte er mühselig hervor bevor ein neuer Lachkrampf ihn durchschüttelte. „Ach wirklich?!“, brummte sie darum bemüht sich nicht von ihm anstecken zu lassen. Schließlich hatte er sie klangheimlich und über zehn Ecken hinweg als Schussel bezeichnet. Ihr innerstes ich grinste zufrieden aber äußerlich blieb sie taff. Er sollte sich darauf ja nichts einbilden und sei würde einen Teufel tun um seine Behauptung auch noch zu untermauern. Anstatt ihm Paroli zu bieten wie früher einmal schmollte sie wie ein kleines Kind. „Ach Usa! Nun nimm es nicht gleich persönlich.“ „Pfff!“, grummelte sie gekünstelt und entzog ihm ihre Hand.
 

Mamoru hatte sich so sehr von seiner kleinen Stichelei mitreisen lassen, dass er gar nicht bemerkt hatte, dass sie immer noch seine Hand hielt, bis diese ihn los lies. Augenblicklich hörte er auf zu grinsen, denn er begann zu fühlen, wie sie sogleich eine gähnende leere in ihm hinterließ. In all den Jahren hatte er seinen Gefühlen nicht erlaubt an die Oberfläche zu schwimmen, also was in drei Hergottsnamen war jetzt nur los mit ihm?! Nicht zum ersten Mal hielt er ihre Hand und doch fühlte es sich so an als sei es eine Premiere. „Also!?“, hörte er sie kichern. „Also was?!“ Natürlich wusste er worauf sie es abzielte. „Wo bleibt meine Entschuldigung?!“ Hoch erhobenen Hauptes ging sie einen Schritt voran. Er folgte ihr und stellte sich dicht hinter sie. „Ich wusste gar nicht das eine Entschuldigung nötig wäre! Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir uns irgendwann einmal beieinander entschuldigt hätten?! Alles was je zwischen uns passiert ist geschah einvernehmlich! Wie du mir, so ich auch Dir!“, lachte er leise. Er bekam nicht mit, wie die feinen Härchen auf ihrer Haut sich aufstellten. „Und ich dachte aus diesen Schuhen wären wir BEIDE herausgewachsen!“, sagte sie nervös, während ihr Herz dreifache Saltos schlug, als ihr etwas längst vergessenes wieder einfiel. Ein beseeltes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie mit leiser, zärtlicher Stimme „BAKA“ hinzufügte.
 

Seine Augen sprangen auf. Wie lange war es her, dass sie ihn so genannt hatte? Als er seinen alten Spitznamen hörte wurde ihm erst so richtig bewusst wie sehr er eigentlich ihre alten Zankereien vermisst hatte und vielleicht war es ganz genau das was sie auch brauchte, ein klein wenig Vergangenheit um mit der Gegenwart ins Reine zu kommen und er war keineswegs abgeneigt in das kleine Spielchen mit einzusteigen. Er umkreiste sie, bis er direkt vor ihr stand. Der ihm altbekannte Rotton bedeckte ihre Wangen und augenblicklich fühlte er sich Jahre zurückversetzt.
 

Beinahe konnte er das zerknüllte Stück Papier auf seinen Kopf fühlen, als es ihn vollkommen unerwartet aus dem Nichts traf. Zuerst dachte er ja, dass jemand etwas aus dem Fenster des Hochhauses geworfen hätte, bis er danach griff um sich gleich darauf in den funkelnd wütenden Augen einer kleinen Blondine wiederzufinden. Grinsend zeigte er auf seine schwarzen Schuhe. „Meine passen mir noch immer, wobei … wenn ich bedenke wie viel du in all der Zeit, in der ich dich kenne, in dich hineingestopft hast, könnte es schon möglich sein, dass du aus deinen rosa Mädchenballerinas herausgewaschen bist!“, neckte er sie ihren vorhergegangenen, bissigen Ton ignorierend und musterte sie von oben bis unten. „Mamoru!“, knurrte sie warnend, ließ ihn jedoch keine Sekunde lang aus den Augen. Usagi fühlte das brennen in ihren Wangen. Wahrscheinlich machte sie momentan jeder roten Ampel Tokios Konkurrenz, doch halt! Momentchen mal!! Was hatte er da eben gesagt?! Das konnte sie ihm unmöglich durchgehen lassen. Schließlich war sie nicht mehr von gestern!
 

„Ich war noch im Wachstum!!“, kreischte sie fast. „Ich bin Arzt mein Liebes! Niemand braucht tagtäglich zehn Schokoladenmilchshakes um wachsen zu können. Um sich in die Breite zu strecken vielleicht, aber um zu wachsen ...“ Usagis Augen wuchsen zu der Größe von zwei Heliumballons. „Was bist du? Etwa ein Diätologist?!“ Mamoru lachte. „Ich glaube, dass es so etwas wie einen Diätolgisten nicht gibt!“ Natürlich wusste er was sie damit einen Diätologen meinte aber das musste er ihr nicht unbedingt auf die Nase binden. „Also wirklich du bist … du bist … grrrrr!“ Fuchsteufelsfwild fing sie an mit den Armen zu rudern. „Was?! Bin ich etwa daran schuld das du ein Fass ohne Boden warst?!“, sagte er gespielt spöttisch, während sein Herz mit der Größe ihrer Augen immer weiterwuchs. „Das BAKA-!“ und da war er schon wieder! Sie nannte ihn tatsächlich wieder Baka. Wenn er sich nicht in der Öffentlichkeit befinden würde, würde er mit allergrößter Wahrscheinlichkeit Freudensprünge machen. War sie sich überhaupt im klaren wie süß sie aussah wenn sie sich ärgerte? „WAR NUR EIN EINZIGES MAL!! AN DIESEM TAG HABE ICH-“ „Den wievielten schlechten Test zurückbekommen?!“, unterbrach er sie sogleich. „Oh duuhuuu!! Ich wusste ja gar nicht, dass in dir drinnen immer noch ein Chauvinistenschwein schlummert!“, schrie sie und war kurz davor zu hyperventilieren. „Mamoru Baka du bist echt widerlich!! Und mein Freundchen, wenn ich dich daran erinnern darf, warst du derjenige, der mir an diesem Tag alle zehn ausgegeben hatte. Selbst als sie mir zur Nase herauskamen, hast mir dennoch gleich den nächsten entgegengestreckt! Zuerst dachte ich ja, dass du über Nacht zu sowas wie einem gutem Menschen mutiert bist, doch denkste. Du hast so getan als seist du päpstlicher als der Papst persönlich aber wo war der Papst, als ich zu Hause ankam und ich die halbe Nacht lang vor lauter Bauchweh nicht schlafen konnte?! Hä?! Natürlich nicht da!! Damals habe ich zum allerersten Mal gedacht, dass du so etwas wie Herz oder auch Anstand besitzen würdest aber ätsch-“, sie konnte nur noch schreien und war vollkommen außer Atem.
 

Mamoru verging das Lachen. So gerne er sich über das Chauvinistenschwein geäußert hätte, denn er dachte noch nicht einmal im Traum, dass seine Weichbirne solche Wörter im Petto hatte, war er aber über die Art und Weise ihres Ausbruches besorgt. „Es tut mir Leid!“, schnitt er ihr ernst ins Wort. Sein Lächeln war zur Gänze verblasst. „Ich dachte ich tue dir etwas Gutes damit!“ Endlich wurde auch sie ruhig, sah beschämt an ihrem Fuß hinunter und fing an mit den kleinen Kieselsteinen auf dem Asphalt zu spielen. „Ähm naja … Gut waren sie allemal aber zu viel!“
 

Nachdenklich räusperte sie sich. „Wir scheinen es nicht mehr so drauf zu haben oder?!“ „Ich bin vielleicht zu weit gegangen.!“, ergänzte er. „Schade, dass es nicht mehr hinhaut.“, flüsterte sie verlegen. Wow! Wie viele Kieselsteine einfach so auf einem öffentlichen Gehsteig herumlagen, wunderte sie sich ohne aufzusehen. Und jeder sieht anders aus stellte sie fasziniert fest. Einer hatte sogar sechs Ecken, wenn sie richtig gezählt hatte. „Pass auf!“, meinte er ernst und packte sie sanft am Oberarm. Ohne Widerworte zu geben lies sie sich von ihm mitschleifen. Immer noch fragte sie sich, was in sie gefahren war. Immerhin war sie doch diejenige gewesen, die damit angefangen hatte und sich nach allen Kräften bemüht hatte alte Zeiten die vorbei waren aufleben zu lassen. Warum also ist sie dann so sehr aus der Haut gefahren?! Sie konnte sich darauf keinen Reim machen wieso sie so wütend geworden war. „Ich für meinen Teil glaube, dass wir nur aus der Übung sind.“, fuhr er fort, als sich die elektrischen Glastüren des Crown öffneten. Ohne auf die Umgebung zu achten führte er sie zu ihren Stammhockern. Gerade noch hatte er mitbekommen, dass Unazuki mit einem Karton im Lager verschwunden war. Vorerst waren sie Beide also von neugierigen Ohren geschützt.
 

„Wir sollten zuerst klein anfangen und uns nach und nach nach oben arbeiten, wie zum Beispiel … Hmmm.“ Er tat so als würde er darüber nachdenken müssen als sie den Kopf endlich hob um sich aus ihrem blauen Daunenmantel zu befreien. In der Schnelle hatte sie sich heute ohne hinzusehen einen klassischen blauen Bleistiftrock und eine nichtssagende weiße Bluse aus dem Schrank geangelt, rasch noch eine schwarze, dicke Strumpfhose angezogen und ist gleichzeitig, mit beiden Füßen in die Schwarzen Overkneesstiefel geschlüpft.
 

Noch während er vor sich hin sinnierte beobachtete er neugierig das Treiben. Ungelenkig wie eh und jeh war sie aus ihrer Jacke geschlüpft, doch was darunter zum Vorschein kam raubte ihm schlagartig den Atem. So gesehen war ihr Outfit nichts besonderes und auch, dass sie ihr Haar schon seit einigen Jahren offen trug, war nichts Neues für ihn, nur dass er in diesem Augenblick nicht die Usagi sah, die sie geworden war, sondern das liebenswert tollpatschige Mädchen welches sie mit vierzehn war. Der einfache Rock entsprach exakt dem stechenden Blau ihrer Schuluniform und auch die Bluse wich nicht von der ab, die sie einst getragen hatte. „Ja vielleicht wäre Baka für den Anfang ganz gut, oder was meinst du?“, fragte sie grinsend und schwang sich auf die Polsterung. Der Geruch von Vanille mit einem Hauch Pfirsich fegte wie ein Tornado über ihn hinweg und er dachte tatsächlich, dass er sich im Jahr 2007 befand.
 

Sein Knödelköpfchen hatte sich nicht verändert, nicht wirklich. Gut, ok, zugegeben! Sie war gewachsen, ist fraulicher geworden aber aus ihren Augen sah ihn immer noch dieses einzigartige Mädchen an. „Mamoru?!“, hörte er eine vertraute Stimme, die ihn von der Seite ansprach, doch er war nicht im Stande sich aus der Trance zu befreien. Abermals versuchte es diese Person und dabei war er sich sicher, dass es nicht Usagi war, denn Usagi plauderte seelenruhig, so als ob nichts passiert wäre mit Unazuki. Mit ihren schmalen, langen Fingern umschloss sie eine grüne XXL-Tasse und lachte über das ganze Gesicht. Ein ganz besonderer Klang, betörender als der Gesang einer Meerjungfrau, die einen verirrten Seemann mit sich unter Wasser zu ziehen versuchte. „Erde an Mamoru?!“, doch er zeigte keinerlei Reaktion. Selbst als er eine weibliche Hand vor seinen Gesicht hin und her wedeln sah, blieb er wie angewurzelt. Erst als er das laute Aufeinanderschlagen von Porzellan hörte und sah, wie Usagi sich zu ihm drehte, kam er nur langsam zurück aus der Zwischenwelt.
 

„Was ist los mit dir Baka! Hast du einen imaginären Maulkorb umgelegt bekommen oder wieso siehst du aus, als hättest du dir in die Zunge gebissen!“, fegte Usagis Stimme wie ein Donnerwetter über ihn hinweg und schwupps … landete er mit einem lauten Knall auf dem Boden der Tatsachen. „Nimm dir nicht zu viel heraus Weichbirne, bevor ich dir einen Maulkorb umlegen muss.“, antwortete er belustigt. Sie griff über den Tresen hinweg und ihrem Ellenbogen folgte sogleich die Tasse heißen Kaffees, der sich direkt über rechten Hand von Mamoru ergoss. Entsetzt riss Unazuki beide Augen auf, als der Barhocker mit Ach und Krach, klirrend und scheppernd zu Boden fiel. Mamoru drehte sich mindestens zehn Mal um die eigene Achse, dabei pustete er im Sekundentakt auf seinen geröteten Handrücken.
 

Die Hand die gerade eben vor seinen Augen gewedelt hatte identifizierte Mamoru als er in das besorgte Gesicht von Sarah sah. Ohne auf die Mädchen einzugehen untersuchte sie seien Verletzung und pustete darauf los. „Alles in Ordnung Schatz?! Soll ich einen Kühlbeutel holen?!“ Mit zusammengepressten Zähnen schüttelte er den Kopf. Über Sarahs Schulter hinweg sah er wütend zu Usagi hinüber die entschuldigend beide Hände hob, doch konnte er ganz genau das Zucken ihrer wunderschönen Lippen sehen. Ebenso wie sie deutete er ihr mit den Augen, dass sie es irgendwann zurückbekommen würde. Sie lächelte verschmilzt und nickte. Deal, sprach er im Gedanken und sie zwinkerte abwechselnd erst mit dem einen dann mit dem anderen Auge.
 

Stirnrunzelnd, klopfte Unazuki mit dem Zeigefinger auf Usagis Schulter. „Willst du ihm denn nicht helfen?!“, fragte sie besorgt. Lachend schüttelte Diese den Kopf. „Oh ich wünschte ich könnte, aber um ehrlich zu sein will ich nicht!“ „Nicht?!“ „Nope! Das ist die Strafe dafür, dass er mir vor sieben Jahren zehn Milchshakes ausgegeben hat!“
 

Sarah wandte sich entrüstet zu Usagi. „Das war also Absicht?!“ Die grünen Augen der jungen Frau funkelten vor Zorn und Besorgnis. Alle Farbe auf Usagis Gesicht entwich, als sie der verachtenden Stimme von Mamorus Freundin begegnete. „Nein keine Absicht … eher ein unglücklicher Zufall!“, rechtfertigte sie sich ohne rot zu werden. Sarah hatte Mamorus Hand losgelassen, die mittlerweile in einem Eiswürfelkrug, den Unazuki freundlicherweise bereitgestellt hatte, steckte und schob einen Barhocker zwischen Mamoru und Usagi. Interessiert sah sie sie an. „Wenn es nur zufällig war, solltest du dich dann nicht bei Mamoru entschuldigen?!“ „Lass gut sein Sarah! Oda- ähm ich meine Usagi hat das nicht mit Absicht gemacht. Du musst wissen, dass seit dem ich sie kenne, sie mich immer wieder mit irgendetwas bewirft, oder mit mir zusammenstößt, weil sie mit dem Kopf in den Wolken schwebt aber verbrannt hat sie mich das erste Mal! Nicht so schlimm! Siehst du?!“, meinte er liebevoll und zog seine Hand zur Bestätigung aus dem kühlen Bad. Sie leuchtete Rot!!! Usagis Magen zog sich bei dem Anblick krampfhaft zusammen. Das musste ja schrecklich weh tun und augenblicklich tat ihr ihr Ungeschick unendlich leid und eigentlich hatte sie auch vorgehabt sich zu entschuldigen, bis er mit seiner Erklärung an Sarah alles zunichte gemacht hatte. Es machte sie wütend, dass er vor Fremden so von ihr sprach und noch dazu wenn sie gleich daneben saß.
 

Sarahs Kopf schoss in seine Richtung. „Und das ist also ein Grund um sich nicht zu entschuldigen?!“, meinte sie argwöhnisch an Mamoru gerichtet. Jetzt fing Usagis Bauch an richtig weh zu tun. Sie wollte nicht, dass Mamorus Freundin sie so sah. Selbst in ihren eigenen Ohren hörten sich Sarahs Worte, so einschneidend sie auch waren, richtig an. Also lies sie die angestaute Luft aus ihren Entweichen und richtete sich auf. „Ich meine nämlich, dass das ein wirklich ein triftiger Grund wäre, weshalb eine Entschuldigung mehr als nur angebracht wäre!!“, setzte sie ihren Vortrag wie eine Lehrerin hinfort, die sich gerade über ein unerzogenes Kind beschwerte. „Sarah?!“, räusperte sich Usagi. Bedeutungsschwangere Stille trat ein. Unazuki hatte vergessen, dass sie zum Arbeiten gekommen war. Einige Besucher hatten schon vor Minuten die Hand erhoben um sie zu sich zu winken, doch sahen sie recht schnell ein, dass die Teilbesitzerin besseres zu tun hatte, als ihre Gäste zu bedienen.
 

Sarahs brünettes, schulterlanges Haar fiel zur Seite, als sie sich zur Angeklagten drehte und genauso fühlte sich auch Usagi, wie eine Schuldige auf der Anklagebank inmitten eines Verhörs, welches gerade eine unerwartete Wendung nahm.
 

Reumütig fing sie an sich zu entschuldigen. „Es tut mir ja auch leid-“ Doch sie kam gar nicht dazu weiter zu sprechen. Abermals übernahm Sarah das Wort. In Usagi fing es an zu köcheln. Eine die von Recht und Ordnung sprach und selbst nicht im Stande war Grundsätzen zu folgen, wie jemanden aussprechen zu lassen, aber sie musste nun mal da durch. Diese hübsche Frau, mit den unheimlichen Glanz in den Augen war höchstwahrscheinlich die zukünftige Frau ihrer großen Liebe und sie wollte Mamoru, wenn auch nur als Freund, in ihrem Leben haben. Was wiederum bedeutete, dass sie sich mit Sarah irgendwie arrangieren musste, was sie erneut innerlich seufzen lies. „Und wieso hast du dich dann nicht gleich bei ihm entschuldigt? Ich meine, du bist doch Kindergärtnerin und betreust dementsprechend auch Kinder. Habe ich Recht?!“ Nein Affen zischte es aus den tiefen von Usagis Kehle, nur kam es ihr nicht über die Lippen und hätte Sarah ein wenig genauer hingesehen, dann hätte sie die imaginären Rauchschwaden aus Usagis Ohren treten sehen. Beklommen nickte sie also zur Bestätigung. „Und, jetzt nur rein hypothetisch gesehen. Was hättest du gemacht, wenn eines deiner Kinder das gemacht hätte wie du gerade eben?!“ Sie schien es bitterernst zu meinen und Usagi sah keinen anderen Ausweg als klein bei zu geben. Die Erzieherin in ihr meldete sich zu Wort. „Ich wäre zu den besagten Kindern hingegangen und hätte zuerst gefragt, was geschehen ist und wieso es zu diesem … ähm … Sagen wir mal Unfall gekommen war.“ Sarahs perfekt gezupfte Augenbraue erhob sich skeptisch. „Unfall?!“, fragte sie ungläubig. Usagi zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Ja … naja … Man sagt doch die Unschuldsvermutung gilt so lange, bis die Schuld nicht erwiesen worden ist?!“, und das meinte sie so ernst wie sie hier im Crown saß.
 

Nie würde sie hinlaufen und ein Kind schimpfen ohne vorher nachgefragt zu haben was geschehen war. Und selbst wenn sie erfahren würde, dass es kein Unfall war sondern Absicht, würde sie sich die Mühe machen zwischen den Kindern zu vermitteln und versuchen die Unstimmigkeiten oder was auch immer zu schlichten. Tief atmete sie ein ehe sie weitersprach. Ihre Stimme nahm einen liebevollen Klang an, als sie an ihre in ihrem Gedanken bei ihren winzigen Schützlingen ankam. „In meiner Gruppe, da gibt es ein Mädchen und einen Jungen, beide fünf Jahre alt, die sich ständig zanken. Ach bei ihnen kam es oft zu kleinen selten aber doch auch zu etwas größeren Wehwehen. Ich habe immer versucht die Streits der Beiden zu schlichten. Wenn Gespräche zu nichts geführt haben, dann habe ich sie beim Spielen in zwei unterschiedliche Gruppen gesteckt, aber ...“ Bei der Erinnerung an ihre beiden Streithähne musste sie unwillkürlich lächeln. „Anstatt froh darüber zu sein, dass sie nicht zusammen waren, versuchten Beide mich zu überzeugen, dass nie was sie jemals getan hatten mit Absicht oder gar vorsätzlich geschehen war und das obwohl es keine zehn Minuten seit ihrer letzten Auseinandersetzung her war uns sie Beide reumütig gestanden haben.“ Gebannt hörten ihr alle drei zu.
 

Usagi war bei ihnen, doch das war rein körperlich. Im Geiste war sie verreist. Jeder Gast in diesem kleinen Kaffee konnte ihr ansehen, dass sie das von dem sie sprach, nämlich ihren Job, von ganzem Herzen liebte. „Und was tust du dann?!“, fragte Sarah jetzt viel freundlicher. Irgendwie verstand sie Mamoru, wieso er ihr nicht böse sein konnte, denn wenn sie so sprach wie gerade mit so viel Liebe und Inbrunst im Herzen konnte auch sie ihr nicht länger böse sein, aber ihr Interesse war geweckt. „Verbietest du es ihnen trotzdem? Vorerst zumindest, damit sie darüber nachdenken und aus ihren Fehlverhalten lernen können?!“, wollte sie wissen. Mamoru hinter ihr atmete kaum. Seine Augen waren starr geradeaus auf sie gerichtet und es fühlte sich beinahe so an, als ob sie von ihnen beiden sprechen würde. Von ihnen beiden in Miniaturausgabe. Auch von Sarahs Faszination war er überrascht und ein wenig froh, denn über Kinder haben die beiden in der Zeit in der sie zusammen waren nie gesprochen, doch wenn er den Worten seiner Freundin zuhörte, schlug sein Herz sogleich um ein paar Tackte schneller. Er empfand das was sie gesagt hatte als vollkommen richtig. Auch er würde die Kinder eine Zeit lang trennen und sie erst dann wieder zusammenlassen, wenn sie ihre Fehler eingesehen hätten. Wahrscheinlich tat seien Usagi genau das selbe. Doch das was sie als nächstes sagte lies ihn aufsehen, direkt in ihren vor Entschlossenheit lodernden Blick.
 

„Nein!!“, widersprach sie fest. „Nicht?!“ „Wieso?!“ „Warum denn das?“, fragten sie alle wild durcheinander, sodass sie die Fragen, die ohnehin alle den selben Inhalt in sich trugen, zuordnen konnte. „Nein, denn ich bin nicht dort um für sie den Richter zu spielen und genauso wenig behandle ich sie nicht wie meine Untergebenen. Selbstverständlich bin ich ihre Autoritätsperson was mir aber lange noch nicht das Recht gibt für sie zu entscheiden. Ich bin für sie da wenn sie mich brauchen und mehr als sie zu beraten oder zwischen ihnen zu vermitteln kann ich nicht. Sie selbst entscheiden mit wem sie spielen wollen und mit wem nicht und die beiden mögen sich sehr. Dass könnt ihr mir glauben, würde sogar ein Blinder mit einem Krückstock erkennen. So unschuldig, wie es nur Kinder fertig bringen entschuldigen sie sich bei einander und auch vor mir und bitten darum zusammen sein zu können und da sage ich natürlich ja. Was sollte ich auch sonst machen? Traurig möchte niemand ein Kind sehen. Es ist wichtig Regeln zu folgen, wie niemanden Schmerzen zuzufügen und das tun sie ja auch nicht … hmm … zumindest nicht wirklich, dass sie dadurch zu Schaden kommen. Fast würde ich behaupten, dass es so eine Art liebevolles piesacken ist, weil sie sich nicht vor uns allen gestehen wollen, wie gerne sie sich eigentlich haben, denn wenn keine von uns hinsieht, oder sie zumindest denken unbeobachtet zu sein, dann zeigen sie ihr wahres Gesicht, aber in ihrem Alter … Mädchen und Jungs! Ihr wisst schon!“, lachte sie, nahm noch einen Schluck ihres verbliebenen Kaffees, der nicht Mamorus Hand geküsst hatte und zog ihre Jacke an.
 

„Vorrangig wird es für mich immer sein, den Kindern beizubringen einander zu verzeihen. Jeder von uns macht Fehler, doch jemanden dafür Tage oder gar Monatelang bluten zu lassen brächte ganz andere Folgen mit sich, wie Wut und ihr wollt nicht wissen, wie sich wütende Kleinkinder aufführen können. Wütende und unverstandene Kinder wachsen zu wütenden und unverstandenen Erwachsenen die nicht gelernt haben über ihre Probleme und Fehler zu reden. Meist sind das diejenigen, die sich durch Aggressivität Gehör verschaffen möchten. Ich gebe mein Bestes und hoffe, dass sie das was sie bei uns lernen ihnen in ihrem späteren Leben weiterhilft, denn Samen setzt man vor dem Sommer in die Erde. Sie müssen umsorgt und behütet werden um zu keimen. Nur wenn man das macht, es von ganzem Herzen macht, kann man sich später an der Blüte erfreuen und nicht anders!“, beendete sie ihren Satz und sah auf die Uhr. Panik erfasste sie als sie zu hüpfen begann, sodass sich Sarah fast zu Tode erschrak.
 

Mamoru und Unazuki fingen sogleich an zu lachen. „Gott oh Gott, wieso sagt mir den keiner, dass es schon so spät ist! Ich komme zu spät!!!“, rief sie und drehte ihnen prompt den Rücken zu um schleunigst zu verschwinden, als ihr Sarah hinterherschrie und sie damit zum Stehen brachte. „Mamoru arbeitet am Wochenende. Wie wäre es mit einer Tüte Chips und einem guten Film?!“ In all der Eile dachte Usagi nicht sondern rief ihr fröhlich über die Schulter hinweg. „Klar doch! Sehr gerne! Salmipizza für mich!“ Die Glastüren fuhren zusammen. Geblieben war eine kaum sichtbare Staubwolke, die sie mit ihrem Turboabgang hinterlassen hatte.
 

Lachend beugte sich Unazuki über den Tresen zu Sarah und Mamoru. „Gnade Gott demjenigen den sie in der nächsten Kurve zusammenrennt!“ Sarah prustete den Kaffee aus dem Mund und verschluckte sich beinahe an dem bisschen Flüssigkeit vor lauter Lachen. Sie fand Usagi sympathisch. Sogar sehr sympathisch und freute sich darauf, sich mit ihr anzufreunden.
 

Bei Mamoru sah es ganz genauso aus. Nachdem Usagi gegangen war umarmte er seine Freundin, bestellte ihnen noch einen Kaffee und hauchte ihr einen zärtlichen Kuss auf den Haarschopf. Eine Weile unterhielten sie sich ausgelassen miteinander als sie Unazuki atemlos angerannt dabei unterbrach."Meine Aushilfe hat sich aus dem Staub gemacht!" "Also?!", fragte Mamoru vorsichtig. "Ihr Turteltäubchen habt doch beide heute euren freien Tag. Stimmts oder habe ich Recht?!", redete sich Unazuki in Rage. Beklommen nickten beide. "Großartig! Motoki wird euch das niemals vergessen, wenn ich ihm erst einmal davon erzählt habe!" So schnell konnten Mamoru und Sarah gar nicht schauen, da trugen sie auch schon das Markenzeichen des Crown. Eine quietschepinke, lange Schürze! :)

Außerirdischer Besuch

Leichtfüßig und beschwingt hatte sie das Crown verlassen und auch danach bei der Arbeit verlor sie keine weiteren Gedanken an Mamoru, auch nicht an Sarah oder ihren Herzschmerz. Sie widmete sich allein und aus vollstem Herzen ihren Kindern. Alles Andere war zu dieser Zeit zweitrangig. Nach Feierabend, besuchte sie noch den Supermarkt, keine zwei Straßen von ihrer Wohnung entfernt, kaufte mehr Süßigkeiten, als sie in drei Wochen essen konnte und allerlei Krims Krams, bis sie mit zwei voll beladenen Einkaufstüten auf dem Gehsteig stand und nicht wusste ob sie bereit war nach Hause zu gehen.
 

>Nach Hause< Sie inhalierte die kühle Abendluft und stellte sich die Frage wo dieses >zu Hause<, das richtige Zuhause eines Menschen denn nun war?! Albern war das, aber sie empfand das plötzliche Auftauchen dieser Frage, als etwas sehr reales und berechtigtes. War das was sie hatte ein richtiges Zuhause im Vergleich zu dem welches sie gehabt hatte als sie noch ein Kind war?
 

Unzählige Menschen passierten die junge Frau vor dem Einkaufcenter als existiere sie gar nicht wirklich, was nichts ungewöhnliches für eine Millionenmetropole wie die von Japan war, aber Usagi nahm dies das erste Mal so richtig wahr. Sie grübelte und kam zum Schluss, dass das was sie hatte nicht ein zu Hause im eigentlichen Sinne war. Es war ein Ort wo sie lebte, sich wohlfühlte und ein Unterschlupf vor Wind und Wetter fand, der sie beschützte. Ein richtiges, wahres Heim war das, wo Menschen lebten die einen liebten, wie der Ort an dem sie aufgewachsen war. Es war nicht das Haus, die Küche oder ihr gemütliches Kinderzimmer sondern ihre Familie die es ausmachte. Wehmütig dachte sie an die Zeit zurück in der sie noch bei ihren Eltern lebte und war sich so sicher wie noch niemals zuvor, dass sie ihre dort verbrachte Kindheit und Jugend zu der schönsten Zeit ihres Lebens, in einen dicken, fetten mit Glitzer und Herzchen verzierten Ordner, im Schrank der Erinnerungen ablegen konnte. Sie war nicht unglücklich ausgezogen zu sein, denn die Zeit war gekommen sich etwas "eigenes" zu erschaffen. Ein eigenes „zu Hause“, eine eigene Familie mit mindestens drei Kindern und einem Ehemann, einen Garten und vielleicht auch einen Hund oder einer Katze oder auch Beidem. Noch hatte sie keinen blassen Schimmer wie sie all das bewerkstelligen sollte, aber sie stand ja auch erst am Anfang einer langen Reise.
 

Ihre kleinen Absätze klackerten auf dem Betonuntergrund, als sich ihre Füße in Bewegung setzten. Sie hatte keine Lust sofort in ihre Wohnung zurück zu gehen. Der Abend war so schön und hatte rein gar nichts von einem vorwinterlichen Boten. Noch keine einzige Schneeflocke war gefallen und das obwohl schon Mitte November war. Den Kopf gen dem Himmel gerichtet kniff sie die Augen zusammen. Nein! Schnee würde heute nicht mehr fallen aber vielleicht morgen, spätestens nächste Woche wenn sie dieser aufgedonnerten Wettertussi von TV-Today Kanal Glauben schenken sollte.
 

Den Weg zum Juuban Park kannten Usagis Füße in und auswendig. Ihre Augen waren für das lebendig gewordene Navigationssystem nicht von Nöten. Sie war es gewohnt , dass, wenn sie in einen ihrer Tagträume verfiel, ihr die Leute automatisch auswichen. Nicht viele Menschen waren so wie sie und ließen sich treiben und obwohl sie an sich und dieser Tatsache arbeitete, passierte es hin und wieder dennoch, dass sie die Umgebung rings um sich vergaß und in ihrem, von ihr allein erschaffenen Traum, lebte. Meistens ging es gut, doch ab und zu kam es vor … „Autsch!“
 

Mit einem lauten Knall küsste ihr Hintern den Boden. Sie spürte wie ihr die Schlaufen aus den Fingern entglitten, obwohl sie krampfhaft versuchte daran festzuhalten und dabei war es doch gerade so schön gewesen. Die bis dato herrschende Euphorie und Zufriedenheit verlor sich je mehr Geräusche die hüpfend und springenden Gegenstände aus ihren Einkauftüten auf dem Asphalt machten. Die Bananen klatschten ihr vor die Füße. Matsch!! „Sie haben Matsch aus meinen Bananen gemacht!!“, rief sie ungehalten und inspizierte dabei die oberen Zwei, die den freien Fall scheinbar ohne Kratzer oder Schrammen überlebt haben. Die die sich darunter befanden, hatten leider weniger Glück. Aus einer trat sogar eine glibbrige Masse hervor. Iiiieh! Vor ein paar Jahren wäre sie auf dem Boden sitzen geblieben und hätte erst einmal eine Runde geheult ehe sie aufgestanden wäre, doch heute griff sie angesäuert nach den Schockoladentafeln und den restlichen Lebensmittel und stopfte sie knurrend in die Beutel zurück .
 

Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte sie die fremde Person die das alles zu verschuldet hatte. Flink ergriffen die ominösen Finger die letzten Überbleibsel und reichten sie ihr. Usagi fuhr mit ihren Augen entlang der langen Finger, der schmalen Fesseln und stockte. Dieser Rock kam ihr doch sehr verdächtig vor und diese Schuhe erst, genauso wie diese Strumpfhose mit der kleinen Sonnenblume am Fußknöchel, als der Groschen fiel. „REI!?“, jauchzte sie laut auf, lies alles wieder fallen und sprang ohne aufzusehen der Frau an den Hals. Sofort fühlte sie wie sie von vertrauten Armen fest umschlossen wurde, jedoch nur kurz, denn ehe sie auch noch anfangen konnte vor Freude zu weinen, wurde sie sanft weggedrückt. „Nun schau was für ein Schlamassel du 'schon wieder' angerichtet hast!“
 

Usagi blinzelte einmal, zweimal, dreimal und fand sich sogleich in den amüsierten, schwarzen Augen ihrer besten Freundin wieder. Ohne auf ihre Anmerkung einzugehen, schniefte sie laut auf. „Du bist es!!“ Schnell wischte sie sich mit der Jacke über die verweinten Augen, damit sie sie ja klar sehen konnte. „Du bist es wirklich!“, wiederholte sie sich, nur um ganz sicher zu gehen, dass sie keinen Gespenst gesehen hatte. Ihre Freude war so allgegenwärtig, dass man sie mit beiden Händen greifen konnte. Kopfschüttelnd verschränkte ihr Gegenüber die Arme und besah sie abschätzig. „Na wie der Weihnachtsmann sehe ich ja wohl nicht aus!“, griente sie und packte die Sachen zum zweiten Mal zusammen. Usagi rührte sich nicht von Ort und Stelle. Zu sehr war sie von ihrem Auftauchen überrumpelt worden. „Einmal Schussel, immer Schussel.“, grummelte Rei und drückte ihr eine Tasche in die Hand. Die Zweite nahm sie selbst und deute mit einem Nicken in Richtung Usagis Wohnung. „Einmal Kratzbürste, immer Kratzbürste!“, fügte Usagi gedanklich hinzu und verkniff es sich zu lachen.
 

Zusammen machten sie sich auf den Weg. Usagi hatte so viele Fragen und eine vor weg. „Wieso bist du hier?!“ Lachend sah sie Rei von der Seite an. „Wieso ich hier bin?!“, fragte sie vorwurfsvoll. „Nein so meine ich es nicht!“, versuchte sich Usagi errötend recht zu fertigen. „Ich meinte nicht wieso du hier bist, sondern warum du nicht dort bist?! Na du weißt schon dises Dorf?“ Der Ort von dem ihr Rei erzählt hatte, wollte ihr partou nicht einfallen, aber sie würde schon wissen wovon sie sprach. „Was ein und das selbe bedeuten soll!“, kicherte sie. „Ach komm schon! Du weißt was ich meine!“, fing Usagi an zu schmollen, während sie einhändig versuchte den Schlüssel aus ihrer gigantischen Tasche zu fischen. Erwischt hatte sie jedoch einen glitzernden Papstern an dem immer noch feuchter Kleber haftete. Großäugig schielte ihr Rei über die Schulter. „Ich würde mich nicht wundern, wenn darin einen eigene Pilzkultur hausen würde!“, gab sie ihr ernst zu bedenken. Das wiederum veranlasste Usagi dazu ihrerseits die Augen zu verdrehen. Noch keine zehn Minuten war sie da und schon fing sie an zu stänkern, aber … Vorsichtig stellte sie die lädierten Einkaufsbeutel ab, griff nach dem zweiten Henkel ihrer Schultertasche und linste ehrfürchtig hinein. Untertrieben hatte Rei nicht, mit ihrer Vermutung. Sie fühlte wie der Papstern mit ihrem Finger verschmolz. Faszinierend, was sie so alles mit sich schleppte, dabei hatte sie erst kürzlich ausgemistet. Kaugummis, Pflaster, Handy, eine Jausenbox, zwei leere Wasserflaschen, etwas, was wie ein Spitzer aussah … so sicher war sie sich zwar nicht aber wagte es dennoch nicht näher darauf einzugehen und … Oh!! Auf gar keinen Fall wollte sie wissen was DAS ist!! Es schien, als hätte es grünes Haar! „Jap, jap, da ist er ja!!!“, rief sie freudestrahlend, als sich ihr ein plüschiges, rosa Hasenohr entgenreckte.
 

Mit einem funkelnden Sternenfinger links, einer XXL-Einkaufstasche rechts, und einer vermissten Freundin betrat sie glücklich, wie ein kleines Kind zu Weihnachten den Lift. Wenn es ihr nicht peinlich gewesen wäre, hätte sie gepfiffen vor lauter Glück und noch bevor sie die Möglichkeit bekam sich noch einmal zu verrenken, entriss ihr Rei kurzerhand den Schlüsselbund und sperrte auf. Sie hatte seit ihrem Zusammenstoß nicht viel gesagt, fiel Usagi auf und auch jetzt schwieg sie eisern. Gott!! Hoffentlich war nicht schlimmes passiert.
 

Gleichzeitig tauschten sie ihre Straßenschuhe gegen ein kuscheliges paar Hauspatschen.
 

Überrascht von dem Anblick von Usagis Schuhregal hob Rei ihren schwarzen Haarschopf und sah hoch an ihr hoch. „Wieso stehen sie alle hier?!“, fragte sie und deutete auf die restlichen drei Paare die fein säuberlich nebeneinander aufgereiht waren. In ihrer Stimme hatte sich ein Funken Wehmut ausgebreitet. „Ami kommt doch erst in drei Jahren nach Tokio zurück, wenn überhaupt und Minako ist so selten hier, dass sie es sicher verstehen würde, wenn du ihre Katzenschlüpfer ...“ Sie brach ab und lies den Satz unvollendet in der Luft ausklingen. Wie sehr sie ihr Zusammensein doch vermisste.
 

Verwirrt räusperte sich Usagi. „Wo sollten sie denn sonst stehen außer im Schuhregal?!“,
 

Gleich darauf studierte sie argwöhnisch Reis undefinierbaren Gesichtsausdruck. War ihre Freundin während ihrer Reise vielleicht einmal zu viel auf den Kopf gefallen oder wieso sonst erkundigte sie sich nach so komischen Dingen wie Schuhen?! Ohne ihr zu antworten, griff Rei an Usagi vorbei erneut nach den Taschen und verschwand damit in der Küche und während ihr Usagi nachtrottete, rang sie verzweifelt beide Hände in die Luft.
 

Eine normale Rei war gegangen! Naja vielleicht eine halbwegs normale Rei und zurückgekommen war eine … Ja was denn?! Was oder wer genau war sie jetzt?! Komisch, unnahbar, verschwiegen … War sie womöglich ein Klon?! Oje!! Inspektorisch lies sie den Blick an ihr einmal hinauf und wieder hinunter wandern. Ihr fiel nichts ungewöhnliches auf, was sich an ihrer besten Freundin gravierend verändert hätte, außer ihr schwarzes Haar, welches länger geworden war und ihr knapp oberhalb der Hüfte endete. Hmmm … oh!! Es glänzte viel mehr als sie es in Erinnerung hatte und voller war es auch!! Oh!! Na klar!!! Außerirdische hatten sie entführt!! Das musste es sein!! Keine Frage!! Vielleicht sollte sie ihr nicht zu nahe kommen. Für den Fall der Fälle natürlich. Musksmäuschenstill trat sie nach hinten und kollidierte prompt mit der Kücheninsel. Mist!! Sie hatte ihrem Vater doch gesagt, dass ihre Küche viel zu klein wäre für dieses blöde Ding und trotzdem hatte er darauf bestanden sie einzubauen und nun hatte sie den Salat und bestimmt auch einen mega blauen Fleck obendrein.
 

Eine Tüte Chips raschelte, als sie von Rei in die Schulblade gestopft wurde, doch sie schob sie nicht wieder zu sondern fing an unheimlich zu grinsen. „Ähm Rei?!“
 

Ihr Grinsen wurde breiter, bis es ihr bis hin zu den Ohren reichte und ehe sich Usagi versehen konnte, wedelte auch schon eine riesengroße Tüte Gummibärchen vor ihrer Nase hin und her. „Die hast du immer noch?!!“ Beklommen nickte sie. Sprechen war nicht drinnen nach diesem Schreck. Es grenzte an ein Wunder, dass ihr Herz überhaupt schlug.
 

„Sag mal Weichbirne, hat es dir die Sprache verschlagen oder warum sonst bist du so still?!“, keifte Rei aufgebracht, riss die Tüte Gummibärchen auf und stopfte sich gleich fünf Stück davon in den Mund. Schnell griff sie noch nach zwei Gläßern, der angebrochenen Coca Cola Flasche und rauschte wie der Wind an einer bedröppelten Usagi vorbei.
 

Allmählich fühlte sie sich wie ein Hund, folgte ihr aber gehorsam auf Schritt und Tritt. Kurze Zeit später lümmelten sie sich beide auf der kleinen roten Couch und aus Rei brach alles heraus wie aus einem Vulkan. Sie erzählte ihr von all den Orten die sie mit Yuitschiro besucht hatte, beschrieb ihr die Landschaften detailgetreu und schwärmte von den unterschiedlichsten Leuten, Bräuchen und allem vor weg, vom Essen!! Usagi hörte ihr gebannt zu. Es war so als ob Rei gekommen aus nur einem Grund gekommen wäre und zwar, um sie aus ihrer Einöde zu erlösen, sie von ihrem Alltagstrott zu befreien und in eine andere Welt zu entführen. Vor allem interessierten sie neben all diesen tollen, wirklich ganz faszinierenden Sachen, aber die Nahrungsmittel.
 

Rei lachte lauthals auf, als sie sie bat ihr doch genau zu beschreiben, wie die Köstlichkeiten geschmeckt hatten, aber tat ihr den Gefallen liebend gerne und so lange bis Usagis Magenknurren jedes ihrer Worte lautstark übertönte.
 

Irgendwann, kurz vor Mitternacht, beschlossen sie sich durch das halbe Telefonbuch hindurch zu telefonieren, bis sie eine Pizzeria gefunden hatten die sich nach langem bitten und betteln dazu bereit erklärt hatte ihnen zwei Familienpizzen mit Schinken und einer Doppelschicht Käse zu liefern. „Und ganz vielen Pilzen!“, rief ihr Usagi von der Couch aus zu. „Und ganz vielen Pilzen bitte!“, ergänzte sie am Telefon ehe sie auflegte und sich zurück zu ihr auf die Couch schwang.
 

Zur gleichen Zeit in der Rei weich landete, bohrte sich eine Sprungfeder in Usagis Gesäß. „Hey pass auf! Du machst sie noch kaputt!“ „Stimmt ja gar nicht! So schwer bin ich nicht!!“, raunzte Rei sofort zurück und griff nach dem Saftglas. Das konnte doch unmöglich … „Stimmt jawohl!! Ich habe gespürt wie die Sprungfeder mich gezwickt hat!!“ Genüsslich schlürfte Rei an ihrem Getränk. Über den Rand hinweg beäugte sie Usagi äußerst Kritisch. „Das kann gar nicht sein!!“, kam es entschieden. „Kann es sehr wohl!“ „Nicht bei deinem Hinterteil!!“ Zufrieden mit ihrem Argument schaltete Rei den Fernseher ein. Sie schien nur darauf zu warten, dass ihr Usagi etwas entgegensetzte aber sie blieb stumm.
 

Da hatte sie sie!! Sie hatte ihre beste, gehässige Freundin zurück!!! Das war wirklich sie in Fleisch und Blut! Kein Außerirdischer hätte es jemals gewagt sie auch nur anzugreifen, so kratzbürstig wie sie sein konnte. Noch nicht einmal die CIA mit dem FBI zusammen hätte ihr etwas anhaben können! Aber eine Frage juckte Usagi noch immer unter den Fingernägeln. Wieso war sie Monate eher zurückgekommen? „Deinetwegen!!“, kam es wie aus der Pistole geschossen. Überrascht riss sie den Kopf hoch. Sie verstand nur Bahnhof. Was sagte sie da?! „Meinetwegen?!“, fragte sie vorsichtig nach.
 

Nicht eines Blickes würdigte sie Rei. Stattdessen zappte sie sich seelenruhig durch das nächtliche Fernsehprogramm. „Aber woher wusstest du-“ „Das du vorhattest das zu fragen?!“ Sie konnte nur noch nicken. Mit einem tiefen Seufzer stellte Rei die Fernbedienung auf das runde Beistelltischchen und sah ihr in die Augen. Die Sanftheit die Usagi dort vorfand, erschütterte sie bis tief in die Knochen von der Offenbarung die gleich darauf folgen sollte ganz zu schweigen. „Ich habe gestern mit Unazuki telefoniert und sie hat mir von Mamoru erzählt!“ Schwer schluckte Usagi. „Ja und?! Was ist mit ihm!?“ Reis Schultern versteiften sich. Ihr Gesichtsausdruck wechselte von Mitfühlend zu Wütend wie die Farben eines Chamäleons. „Er ist mit einer Frau zusammen!“ Der Klos in Usagis Hals nahm ungeahnte Dimensionen an und hinterließ nur mehr ein winziges Loch, was es ihr ermöglichte zu sprechen. „Was ist daran so schlimm? Ich war auch mit jemanden zusammen und damals hast du kein so großes Trara gemacht und ganz sicher wärst du nicht wegen so etwas von einer lang im Voraus geplanten Reise zurückgekommen, für die ihr seit zwei Jahren jeden Yen zur Seite gekratzt habt.“, redete sie sich heiser. Schweiß trat ihr aus allen erdenklichen Poren. Rei gab sich Mühe sie nicht zu unterbrechen. Erst nachdem ihr Redeschwall ein Ende fand, holte sie tief Luft. „Er ist mit einer Frau nicht nur zusammen, sondern ist auch mit ihr zusammengezogen!!“ Das Wort >zusammengezogen< betonte sie dabei ganz besonders. Usagi wurde schlecht. Das Loch in ihrem Hals verschloss sich. Betreten sah sie hinunter, in ihren Schoß und fischte nach ein paar verirrten Gummibärchen. Wie alt sie wohl waren?! Hmm!
 

„Wenn du ihm nicht sagst was Sache ist, dann mach ich es!!“, knurrte Rei entschieden und schnappte sich erneut die Fernbedienung. Durch Usagis Körper zuckten unzählige Stromschläge. Ja war sie nur zurückgekommen um sie umzubringen, um ihr Herz dazu zu bringen das es aufhört zu schlagen?! Sie schwor darauf, dass sie gehört hatte, wie es einfach aufgehört hatte zu schlagen.
 

Tief atmete sie ein und versuchte ihre aufkeimende Panik niederzukämpfen. „Rei!“, flüsterte sie belegt. Ihre Stimme war zittrig und schien so weit weg, dass sie sie selbst kaum wiedererkannte. Sofort hatte sie Reis volle Aufmerksamkeit. „Bitte tu das nicht!“ „Und wieso? Wer oder was sollte mich daran hindern diesem Idioten kräftig in den Hintern zu treten, damit er ihn endlich hochbekommt!“ Sie klang verärgert. Nein nicht verärgert! Wütend! Rei war verdammt wütend! „Entspann dich Rei und lass gut sein!“, versuchte es Usagi mit einem halbherzigem Lächeln. „Weißt du! Ich weiß wenn es nicht von Herzen kommt! Lass lieber du gut sein und spar dir deine falschen Grimassen für jemanden der dich nicht kennt!!“ Sie warf ihrer Freundin einen flehentlichen Blick zu. Leider ohne Erfolg. Es war lieb von Rei, dass sie sich solche Sorgen um sie machte, aber sie war schon lange mehr kein Kind und deswegen zurückzukommen, brauchte sie schon mal gar nicht und für einen Babysitter fühlte sie sich definitiv zu alt. „Ich habs hinter mir gelassen, wenn du dich noch an unser letztes Gespräch erinnern kannst, in dem es um ihn ging!“
 

Geistesabwesend sah Rei an ihr vorbei zum Fenster. Usagi folgte ihrem Blick. „Ganz schön düster draußen, findest du nicht auch?!“, versuchte sie vom Thema abzulenken. Aus den Augenwinkeln heraus konnte sie beobachten, wie Reis Lippen verächtlich zuckten. „Ich würde glatt behaupten, dass es hier drinnen um einiges düsterer ist und das neben mir ein verdammte Lügnerin sitzt, die es noch nicht einmal für nötig hält ehrlich und aufrichtig zu ihrer besten Freundin zu sein!!“, schrie sie Rei an und hüpfte fassungslos aus der Polsterung.
 

„Rei-!“, versuchte es Usagi abermals. Scharf schnitt ihr die Schwarzhaarige das Wort ab. „Komm mir nicht mit Rei und deinen Geschichten!! Von wegen du hast es hinter dir!!“, schimpfte sie laut, griff nach Usagis Hand und zerrte sie zum Badezimmerspiegel. Mit dem Zeigefinger deutete sie darauf. „Du?! Sieh dich doch nur an!!“ Schwer schluckte Usagi. „Du willst MIR doch tatsächlich weis machen, dass diese Frau glücklich ist!? Sag, schläfst du überhaupt noch, oder malst du dir diese dunklen Schatten nur aus Spaß, weil es gerade in Mode ist?!!“ In Usagis Augen schaukelten sich Tränen, als sie Rei erneut packte und zu sich drehte.
 

„Ich bin nicht zurückgekommen um mir Märchen von Hans und Kunz anzuhören, sondern um meiner besten Freundin zu helfen, um ihr beizustehen!“ Ihre Worte hallten wie ein Echo von den Fliesen wieder, doppelt und dreifach. Vor lauter Angst etwas falsches zu sagen, brachte Usagi kein einziges Wort heraus. „Ich will ihm weh tun Usa! Ganz genauso wie er dir weh getan hat …“ Plötzlich hielt sie inne. Das Rot in ihrem Gesicht wechselte zu lila, was unmöglich noch gesund sein konnte. „So wie er dir immer noch Schmerz bereitet!“
 

Durch Reis Wut verschwand auch der Schmerz in Usagis Brust. Keine einzige Träne löste sich aus ihren Augen. Entschlossen wie eine Amazone baute sie sich vor Rei auf. „Alles klar! Ich habe verstanden! Du bist meinetwegen hier! Du bist zurückgekommen um MIR zu helfen!“ Dabei zeigte sie von sich auf Rei. „Dann hilf mir!“, presste sie mühselig hervor. „Hilf mir ihn zu vergessen und glücklich 'ohne' ihn zu werden!! Mamoru hat sich verliebt Rei! Verstehst du das den nicht?! Er hat sich verliebt!!! Nicht nur er ist schuld, dass wir beide hier so stehen wie jetzt sondern auch ich!! Ich hatte nicht den Mumm ihn zu gestehen was ich für ihn empfinde und er … Was zum Geier macht dich da so verdammt sicher, dass er überhaupt je etwas von mir wollte?!“ Rei kniff die Augen zusammen und musterte Usagi aufmerksam. Dann meinte sie bedächtig. „Ich kann so etwas fühlen!“
 

Und da war er! Das war der entscheidende Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte!! Höhnisch fing Usagi an zu lachen. Grotesk, wild und unberechenbar, aber sie hörte nicht auf damit, zu Lachen. „Dann hast du aber mehr Gefühl als ich es jemals haben werde!“, hechelte sie vollkommen außer Atem. Die Halsschlagader pochte ungehalten, während der Pulsschlag sich verdreifachte. „Sie ist nett Rei! Verstehst du mich!!! Sarah ist so perfekt NETT!!! Ich habe sie kennengelernt!“ Sofort schossen Reis beide Augenbrauen in die Höhe. „Du kennst sie?!“ „Ja! Damals als ihr weggegangen seit, habe ich sie am Abend im Crown getroffen, zusammen mit Mamoru! Tu mir bitte den Gefallen und misch dich da nicht ein, nicht wenn du es nicht weißt. Du kennst ihn doch! Würde er jemals mit jemanden zusammenziehen, wenn er für diese Person nichts empfinden würde?! Herrgott noch mal Rei! Überlege selbst!! Schalt doch wieder deinen messerscharfen Verstand ein oder hat ihn dir die Luft in den Bergen davon gefegt?! Er ist glücklich! Er ist so scheiss glücklich wie ein verdammter Teletubbie!!“
 

Beklommen fing Rei an zu nicken. „Und du?!“, frage sie sie traurig. Usagi lächelte und diesmal erreichte ihr Lächeln auch ihre Augen, die sofort zu strahlen begannen. „Ich werde es auch sein … irgendwann ... mit einem anderen Mann!“ „Und bis dahin?!“ „Hmmm“, überlegte Usagi laut und tippte sich dabei verspielt auf die Unterlippe. „Bis dahin könntest du doch so als beste Freundin …“, grinste sie frech. „Du bist doch meine Freundin oder?!“ „Ähm ja!“, stotterte Rei, ehe es aus ihr explodierte, sodass die Wände rings um sie erzitterten. Usagi meinte eine die Fensterscheibe knacken zu hören. „Na klar bin ich das ,oder denkst du ich bin zurückgekommen nur weil mir der Hintern juckt?!“
 

Prustend vor Lachen sah Usagi auf ihren Hintern hinab. „Naja bei dem Hintern-!“ „Los sag schon!“, wurde sie sofort unterbrochen. „Naja ich dachte, vielleicht ... Für den Anfang könntest du Yuitschiro mit mir teilen!“
 

Fassungslos starrte sie Rei an. In Windeseile überflogen ihre Augen die Utensilien im Bad nach Ausschau nach einer Waffe, als es an der Tür klingelte. Ihre Blicke trafen sich prompt. „Pizza!“, kam es wie aus einem Munde.
 

Arm im Arm lachend marschierten sie zur Tür. Indes erklärte Rei ihr freundlich aber bestimmt, wieso der Tag niemals kommen würde an dem sie ihr braunes Schmusebärchen mit ihrer besten Freundin teilen würde. Sogar den Pizzaboten stahlen sie ein Lächeln, der ihnen gleich darauf die zweite Pizza spendierte.
 

Nachdem die Tür ins Schloss fiel, umarmte Usagi die warmen Kartons und schritt wie die Queen of Wales erhobenen Hauptes an Rei vorbei. Diese verdrehte theatralisch die Augen, als ihr Blick erneut auf die Hausschuhe ihrer beider Freundinnen fiel. Irgendwann würden sie wieder alle vereint sein, doch bis dahin hatte sie eine Aufgabe zu erfüllen!
 

„Mamoru Chiba du verdammtes Arschloch! Zieh dich warm an, denn dein schlimmster Alptraum ist wieder im Lande!!“, knurrte sie leise, nur für sie hörbar, doch dann musste sie grinsen. „Ich werde euch beide glücklich machen und dafür bezahlt ihr mir die nächste Reise!“
 

Im Gehen murmelte sie noch. „Das ist ja wohl das mindeste was sie mir schuldig sind … sobald es ihnen erst klar geworden ist!!“

Ein ganzes Leben auf nur einen Blick

Mit einem Lächeln auf den Lippen schloss sie die Tür. Rei war tatsächlich ihretwegen zurückgekommen. Die ganze Nacht lang sprachen sie über dies und jenes. Sie war ihrer Freundin dankbar, dass sie Mamoru mit keinem weiteren Wort mehr erwähnte, obwohl sie diesbezüglich ein ganz komisches Bauchgefühl beschlich.
 

Bereits im Kindergarten lernte sie ihre beste Freundin kennen. Rei spielte seit einer Woche alleine mit Bauklötzen in einem versteckten Winkel des Spielraumes und war so schüchtern, dass sie sich kaum traute auch nur 'Hallo' zu sagen. Die Kinder behandelten sie zwar nicht wie eine Außenseiterin, aber sie gehörte auch nie wirklich dazu. Wer hätte gedacht, dass sich aus dem einst schüchternen schwarzhaarigen Mädchen mit der Pilzfrisur ein solch temperamentvoller Wirbelwind entwickeln würde. Heute wütete Rei durch die Welt wie ein Tornado und riss mit ihrer sagenhaft erfrischenden Persönlichkeit ihre Mitmenschen alle samt vom Hocker.
 

Minako und Ami stießen im Grundschulalter zu ihnen und waren diejenigen, die auf sie und Rei zukamen und den Kontakt suchten. Minako, ein bildhübsches Mädchen mit langem blonden Haar, welches ihr schon damals weit über die Schultern fiel.
 

Mit einer dampfenden Tasse schwarzen Kaffees in den Händen, setzte sich Usagi auf die gut gepolsterte Couch. Ihr gegenüber lag ein schlichtes weißes Granitsideboard. Sie hielt nicht viel davon ihre Wohnung voll zu räumen mit zu viel Dekoration, denn diese brachte auch viel Arbeit mit sich und Staub und außerdem konnte sie sich nicht vorstellen eines der lang eingesessenen Gegenstände aus ihrem zuhause zu tragen. Irgendwie hätte es sich falsch angefühlt, sie in einer modernen 56m2 Hochhauswohnung aufzustellen, wo sie schon Jahre oder gar Jahrhunderte lang in ihrem Familienhaus königlich thronten. Das Einzige, was den Weg mit ihr zusammen ihr ihr neues Leben fand, war der lustige Tontopf ihrer Mama, den sie einst in einem Töpferkurs fabriziert hatte. Als Ikuku darauf bestanden hatte, dass sie nicht gehen könnte, ohne ein Stück Heim mit sich zu nehmen, damit sie wenigstens etwas vertrautes um sich hatte, fiel ihr die Wahl nicht schwer und dieses eine kleine Ding schenkte ihr genau das, was sich ihre Mama gewünscht hatte. Ein Stück Vergangenheit und in Momenten der Einsamkeit das Gefühl geborgen und geliebt zu werden. Heute stand sie auf dem kleinen, rechteckigen Altholztisch, der ihr als Couchtisch diente. Morgen würde sie wahrscheinlich einen anderen Platz einnehmen. Sie wanderte beinahe tagtäglich von einem Zimmer zum Anderen mit ihr zusammen. Mal auf dem Sideboard im Schlafzimmer, dann in der Küche mittig auf dem Esstisch, mal neben dem Fernseher oder dem Bücherregal neben dem Panoramafenster. Ganz so als sei er lebendig bewegte er sich mit Usagi.
 

Den Couchtisch hatte ihr Vater in einem kleinen Gebrauchtwarenhandel entdeckt und zum Schleifen und Lackieren mit in seine Garage genommen. Das hatte er ihr zumindest damals erzählt. Man sah ihm an, dass er alt war, aber nichts destotrotz in der Lage war, seinen Dienst zu leisten. Er glich einer Piratenschatztruhe, die mit viel Mühe zu einem Tischchen um modelliert wurde. Winzige Holzbällchen, dienten als Standbeine und der Rest glich, wie gesagt einer Truhe, die man öffnen konnte. Auf der Oberfläche zierten ihn aufwendig eingeritzte Rosenranken, die ihre Fortsätze wie Wasserfälle über die Kanten warfen und endeten darunter, wo sie ineinander, wie ein großes Wollknäuel, unregelmäßig verliefen. Ohne Anfang und Ende ergaben sie einen Rosengarten, der das ganze Jahr über blühte. Stutzig über die Zweitware wurde Usagi, als sie den Esstisch sah. Zwar war er nicht eine Truhe aber die Ecken glichen sich und auch die Tatsache, dass in der Mitte ein Rosenkranz eingeritzt war brachte sie zum nachdenken. Sie war zwar kein Antiquitätenhändler und noch weniger kannte sie sich mit Schnitzereien aus, aber sie hätte schwören können, dass beide Arbeiten von ein und demselben Menschen verrichtet wurden.
 

Ohne sich etwas dabei zu denken, sprach sie ihren Vater darauf an. Kenji war ein miserabler Lügner und sich dieser Eigenschaft mehr als deutlich bewusst. In einer Nanosekunde errötete er. Geständig wie ein kleines Kind, welches gerade von der Mutter ertappt wurde, wie es Süßigkeiten vor dem Mittagessen verschlang, begann er zu beichten. Kein Wunder, dass Usagi die Sachen nicht kannte, denn sie lagen auch schon seit ihrer Geburt im Keller. Sie mussten Platz für Neues machen, aber wurden deshalb nicht weggeschmissen, lediglich gut geschützt im Keller verstaut. Früher gehörten sie ihrer Mutter, die nicht das nötige Kleingeld hatte, als sie beschloss sich in ihrer Studienzeit eine kleine Wohnung anzumieten um nicht den weiten Weg jeden Morgen fahren zu müssen. Zumindest was den Gebrauchtladen betraf, hatte ihr Kenji nichts vorgelogen. Sie hatte die Ware fast geschenkt bekommen. Ikuku erzählte, dass der Verkäufer sie damit sogar bis zum Auto begleitet hatte um ja sicher zu gehen sie loszuwerden. Na hätte er gewusst wie talentiert ihr Großvater war aus alt – neu zu machen, dann hätte er die Stücke nicht beinahe hergeschenkt. Sein Pech!
 

Langsam führte sie den rosafarbenen Porzellanbecher an die Unterlippe und pustete. Ihre Augen wanderten über die, in grüner Farbe, gestrichene Wand. Der einzigen Farbigen Wandfläche in der Wohnung. Mithilfe ihrer Mädchen und ihrem handwerklich vollkommen untalentierten Vater, hatten sie sie gleich am ersten Tag nach ihrem Umzug gestrichen. Ami meinte, dass die Farbe grün beruhigend wirken würde und das, wenn sie nach einem anstrengenden Arbeitstag käme ihr Ruhe ganz besonders gut bekäme. Als die Farbe Stunden später getrocknet war, verschwanden Minako, Rei und Makoto sang und klanglos. Im ersten Moment war Usagi sauer gewesen, da sie dachte, dass sie sich vor der Arbeit drückten. Auf die Frage hin, was das sollte, hatte Ami lediglich dümlich gegrinst und den nächsten Umzugskarton ausgepackt. Tatsächlich war es aber so, dass sie sie nicht im Stich gelassen hatten.
 

Drei Stunden später kam Ikuku beladen mit Essen. Ihr hinterher die Mädchen. Makoto mit einem riesengroßen Papkarton beladen, der ihren ganzen Oberkörper verschwinden ließ und dahinter den Blick auf ihr braun zersaustes Haar, die ihr wie die Stacheln eines Igels, die in alle vier Himmelsrichtungen abstanden, freigab. Usagi meinte alles mitgenommen zu haben und staunte nicht schlecht, als sie einen Blick in das Innere warf. Darin befanden sich unzählige Bilderrahmen. Keiner glich dem Anderen. Ein Wirrwar aus Farben und Formen, die aufgehängt überraschenderweise ein atemberaubendes Ganzes ergaben. Noch nicht einmal das war es, was Usagi die Tränen in die Augen trieb, obwohl sie es als berechtigten Grund zum Heulen sah, sondern der Anblick der Bilder darin. Von ihrem ersten Zusammentreffen, Fotografien aus Kinder- und Jugendzeit, Familienaufnahmen, sogar einige auf denen sich Mamoru eingeschlichen hatte, Motoki, Unazuki, der Nachbarshund mit dem sie als Dreijährige so gerne gespielt hatte fand sie im Blumengarten der Zeit. Ihr ganzes Leben auf einem Blick, wie auf einem Filmstreifen. Ganz gleich von welcher Seite sie darauf sah. Sei es wenn sie den Weg vom Schlafzimmer zum Badezimmer nahm, die kurze Strecke vom Eingangsbereich in die Küche passierte, oder wenn sie am Esstisch saß und durch den großzügig eingebauten Bogen hindurchblickte, erhaschte sie einen Blick auf die bunte Collage, ausgebreitet und in voller Blüte wie Blumen auf einer Wiese, auf der Grünen Wand. Wie ein Monument, zentral und von jedem Blickwinkel aus zu sehen, schien es ihr so als würden ihr die Erinnerungen zuwinken, zu jeder Tages- und Nachtzeit. „Siehst du! So werden wir immer bei dir sein!“, seufzte Ami und nahm die damals Rotz und Wasser heulende Usagi in die Arme.

Das war eine Woche, bevor sie ihnen mitteilte, dass sie in Berlin einen Studienplatz bekommen hatte. Schweren Herzens wünschte sie Ami Glück und stand auch als alle gegangen waren am Gate und blickte in die leeren Flure, bis sie vom Flughafenpersonal gebeten wurde zu gehen.
 

Keine zwei Monate nach ihrem Einzug kam Minako bezaubernd wie immer in einem luftig gelben Sommerkleidchen in die Küche gehüpft. Mit den Oberarmen, drückte sie einen in Geschenkpapier eingewickelten … Kleiderbügel … vermutete Usagi und runzelte sich dabei verwirrt die Stirn. Aufgeregt hopste sie wie ein Häschen um die Kücheninsel, wobei ihr langer Zopf wie ein Pendel hin und her schwang, vollkommen losgelöst von der Welt, drückte sie ihr das Geschenk in die Hände. 'Ein kleines Geschenk zum Einzug – nachträglich!', flötete sie und sah Usagi mit ihren großen, blauen Augen dabei zu, wie sie das Papier auswickelte. Zum Vorschein kam ein Usagi unbekannter Gegenstand in rot. Fragend zog sie eine Augenbraue in die Höhe und wedelte damit in der Luft. 'Ein Bumerang', lachte sie vergnügt und schaukelte an Usagi vorbei, zum Kaffeeautomat. „Der hat doch einen Hacken?!“, fragte sie immer noch nicht wissend, was sie mit einem Bumerang mit einem Hacken zum Aufhängen anstellen sollte. Schoss man die Dinger nicht normalerweise durch die Lüfte. Argwöhnisch betrachtete sie das Ding von allen Seiten. Minako stellte ihr, während sie sich daneben saß, eine Tasse Kaffee vor die Nase. „Der ist nicht zum spielen gedacht!“, meinte sie und schlürfte lautstark. „Und ich soll was damit machen?!“, fragte sie nervös, legte das Spielzeug auf den Tisch und griff nach ihrer Tasse. Belustigt von ihrer Aussage schüttelte Minako den Kopf. Sie tat ja geradezu so, als hätte sie gefragt ob sie fliegen könnte, dachte sich Usagi verblüfft. „Na du sollst ihn zu den Fotos hängen, oder gefällt er dir nicht?!“ Schlagartig änderte sich der Gesichtsausdruck Minakos. Betrübt rührte sie in ihrer Tasse, den Blick gesenkt.
 

„Nein, nein!! Er gefällt mir! Er gefällt mir sogar sehr gut! Was für eine hübsche Farbe er nur hat! Sieh her!“, beeilte sie sich zu sagen und zeigte bewundernd darauf. Minakos Laune besserte sich jedoch dadurch kein Stück weit. Selbst als sie Hammer und Nagel holte und ihr demonstrierte wie toll er sich im Kontrast zu dem Grün machte, blickte sie immer noch gedankenverloren Löcher in die Luft . Er war wirklich hübsch, kam es Usagi in den Sinn als sie Rückwärts zurück in die Küche gestolpert kam. Auf so eine abgedrehte Idee, wie sich einen Bumerang an die Wand zu hängen, konnte niemand anderes als ihre quirlige Mina kommen. Sie war schon immer der Sonnenschein der Gruppe und wurde von Schülern und Lehrern gleichermaßen geliebt und für ihre leicht, fröhliche Art bewundert aber schüchterte sie dadurch auch ein. Trotz ihres Wesens war sie ein kleiner Außenseiter, der wie ein Blitz aus heiterem Himmel in der Mittagspause am Tisch mit Ami und Rei einschlug. Sie machte nicht viel, außer sich mit der Eleganz einer Kaiserin das Haar über die Schulter zu werfen und sich mit einem breiten Grinsen vorzustellen und ihnen in Sekundenschnelle ihre Hobbys, ihre Telefonnummer und ihre Adresse zu wie ein Roboter runter zu rattern, ihnen zu erklären, wieso sie Spinnen nicht mochte und Krokodile fürchtete wie die Pest und schon war sie Mitglied ihrer kleinen Gruppe. Ja ihre Mina! Sie war wirklich etwas ganz besonderes. Sie trug die wildesten Kleider, lief jedem noch so fragwürdigen Modetrend hinterher, träumte von der großen Modelkarriere und verdrehte für ihr Leben gerne Sprichwörter – unabsichtlich!! Ihr liebstes Sprichwort von allem war 'Wer nicht gewinnt, der nicht wagt!', oder 'Wenn ein Fenster sich schließt, dann öffnet sich ein Tunnel!', und ah, man könnte ganze Bücherregale von ihren verdrehten Lebensweisheiten füllen, eines verwunderlicher als das Andere, doch an diesem Tag war sie anders als sonst, was Usagi sogleich Sorgen bereitete. Wehmut überschattete die immer klaren Augen, als sie die Wand betrachtete. Sie sah aus wie in ein Gemälde vertieft, eingetaucht in eine fremde Welt, zu der Usagi der Zutritt verwehrt blieb. Sie versuchte ihr geistlich zu folgen indem sie ihren Blick hinterher wanderte und schlussendlich an dem roten neuem Schmuckstück hängen blieb. Im Gedanken versunken trafen sie sich unbewusst bei ein und derselben Fotografie. Sie mit Minako, Rei und Ami. Alle Drei lagen sie auf einem ausgebreiteten großen Familienstrandtuch und blickten von Glück trunken in die Linse der Kamera. Damals kannten sie Makoto noch nicht. Sie stieß durch die Trennung ihrer Eltern und dem daraus resultierenden Umzug als Letzte zu ihnen.
 

Leicht neigte Minako den Kopf zur Seite und betrachtete es näher. „War das nicht ein halbes Jahr, bevor Makoto mit ihrer Mutter herzog?!“ Usagi fuhr nachdenklich mit dem Zeigefinger den Rand der Kaffeetasse nach und überlegte. „Ja, ich glaube schon!“ Als ob sie Minako überhört hätte sprach sie ihre Gedanken laut aus. Erst da fielen Usagi die Hände ihrer Freundin auf, die den Becher fest, beinahe krampfhaft festhielten. „Ami und Rei waren Außenseiterinnen, ganz genauso wie ich damals.“, fing sie an verträumt zu erzählen, ganz so als ob sie die Szenen dieser längst vergangenen Tage neu aufleben lies. Sie erschienen Beiden so real, als seinen sie mitten drinnen im Geschehen.
 

Usagi lehnte sich zurück und erfüllte die Rolle der aufmerksamen Zuhörerin, die einem besonderen Märchen lauschte. „Ami und Rei, habt ihr mir erzählt waren genauso wie ich Außenseiterinnen?!“ Beiläufig sah sie zu Usagi, die ihr aufmunternd zunickte und sie dazu ermutigte weiter zu sprechen. „Ami weil sie so klug war und Rei …“, grinste Minako übers ganze Gesicht. „Rei sollte einmal schüchtern gewesen sein! Und nur fürs Protokoll! Ich kann das bis heute nicht glauben!“ Auch Usagis Mundwinkel zuckten. Für eine solch gravierende Veränderung brauchte man auch eine Fantasie, die Raum und Zeit zu sprengen vermochte, aber sie entsprach der Wahrheit. Verträumt lehnte sich auch Minako zurück.
 

„An Makoto erinnere ich mich noch, als sei es erst gestern gewesen. Sie war viel größer als alle unsere Mitschüler und trainierte Karate oder wie immer man auch diese Sportart nennt in der mehrere Kampfsportarten kombiniert werden. Sogar die Jungs hatten eine heiden Angst vor ihrer Person und das obwohl sie so wunderschön war!“ Abermals nickte Usagi. „Aber für uns war sie interessant und sie konnte schon damals kochen … Wer so gut backen konnte und in der Lage war Sandwiches zu machen als seinen sie ganze drei Gänge Menüs, der konnte doch nie im Leben nicht ein schlechter Mensch sein. Ich erinnere mich noch, dass wir sie baten mit uns zu spielen. Wir, weil wir mehr über sie in Erfahrung bringen wollten und du, weil du verfressen wie ein Ferkel warst!“
 

Usagis Backen plusterten sich auf vor Empörung, aber Minako wedelte mit einer flotten Handbewegung die altbekannte Geste ab. „Jetzt bist du es eh nicht mehr … oder zumindest nicht so sehr wie damals, aber hochexplosiv bist du geblieben. Noch nie habe ich einen Menschen wie dich getroffen Usagi!“, sagte sie überzeugt und blickte Usagi fest in die Augen. „Du warst als einzige von uns keine Ausgestoßene!!“ Usagis Augen begannen sich zu weiten. Niemals hatte sie ihre Freundinnen mit solchen Augen gesehen. „Es war so Usagi. Mit dir wollte jedermann befreundet sein und das obwohl du nicht so hübsch wie ich warst, so klug wie Ami, so talentiert wie Rei oder so stark wie Makoto. Jeder, sogar der damals, blöde Omino ging für dich in die Bresche wenn es nötig war und dabei warst du tollpatschig, süchtig nach allen Essbaren und ich schwöre, wenn eines Tages eine Hungersnot ausbrechen sollte, sperre ich mich in einem separaten Bunker, weit von dir weg. Am besten auf dem abgelegensten Kontinent wie China zum Beispiel.“
 

Inzwischen war Usagi rot angelaufen. Minako zu belehren, dass China kein Kontinent war, war momentan ihre kleinste Sorge, denn am liebsten hätte sie ihrer Freundin für die Ausschmückung ihrer Defizite am liebsten mit bloßen Händen erwürgt. Unbeirrt von Usagis Grimassen behielt sie ihre selbstbewusste Haltung. Indes fing Usagis rechte Braue an vor lauter Anspannung zu zucken, aber sie würde noch warten müssen, denn Minako hatte lange noch nicht vor sich unterbrechen zu lassen. „Ah und du bist bestimmt der größte Tollpatsch Tokios. Wenn jemanden über den Haufen rennen ein Verbrechen wäre, hättest du wahrscheinlich schon im Kindergarten lebenslänglich mal drei bekommen!“ Wie weit wollte sie noch gehen? Hallo?! Spinnte sie nun total?!
 

„Aber ...“, und nun seufzte Minako selig auf. Voller Liebe füllten ihre Worte die Räume, so wie es sonst nur die Sonne vermochte. „Du Usagi Tsukino bist der warmherzigste und gütigste Mensch unter den Planeten … Du weißt schon wie Merkur, Sonne, Sterne und der Venus?!“ Usagi verkniff es sich zu lachen. Sterne waren also Planeten. Mal was ganz Neues. „Denn ohne dich hätten wir niemals zueinandergefunden. Ami würde wahrscheinlich immer noch einsam über ihren Büchern Eier legen, wie eine jungfräuliche Henne, Rei … und ich wiederhole mich noch einmal – es ist der Wahnsinn – würde im Eck eines verstaubten Büros sitzen und sich nicht einmal trauen jemanden nach der Uhrzeit zu fragen und Makoto … hmmm … Makoto würde jetzt sicher als Gefängniswärterin Häftlinge einschüchtern … und ich ...“ Sie unterbrach um sich einen Schluck, ihres inzwischen kalt gewordenen Kaffees zu gönnen. Usagi tat es ihr gleich und bemerkte erst in diesem Moment, dass sie ihren Kaffee Zucker und Milchlos trank. So sehr hatte es Minako geschafft sie in ihren Bann zu ziehen. Mhmm. Er schmeckte nicht schlecht. Vielleicht würde sie ihn auch in Zukunft so trinken. Gesünder wäre es allemal.
 

Genüsslich leckte sich Minako die Reste der bernsteinbraunen Flüssigkeit von den Lippen. „Und ich wäre ohne euch alle nicht zu dem Menschen geworden, der ich heute bin und … „ Tränen trunken schluckte sie für Usagis Augen klar und überdeutlich sichtlich. „Weißt du Usa, wenn du einen Bumerang wirfst, ganz egal in welche Richtung oder Entfernung, kommt er zurück zu seinem Werfer.“ Mit beiden Händen fasste sich Usagi an den Brustkorb. Sie ahnte bereits den Ausgang ihres Gespräches. Minako lächelte gequält. „Wärst du mir sehr böse, wenn ich das Angebot der 'Famouse' annehmen würde?!“, fragte sie mit bebender Stimme. Usagi versuchte sich ihren Schmerz nicht anmerken zu lassen. „Das ist doch eine der bekanntesten Modellagenturen der Welt?!“, jubelte sie begeistert und das war sie auch tief in ihrem Inneren. Endlich entspannte sich Minako. Ihre steifen Muskeln lockerten sich zusammen mit dem aufgehenden Lächeln auf Usagis Gesicht.
 

Plötzlich aber hielt sie inne und sah Usagi eindringlich an. „Du weißt aber schon, dass sich Amerika in einem anderen Land befindet?!“, wollte sie sichergehen. Amüsiert vom Klang ihrer verunsicherten Stimme gluckste Usagi lautstark. Nur mit Müh und Not brachte sie einen anständigen Satz zustande. Sie konnte nicht anders handeln und denken, wo sie doch wusste, dass es schon immer Minas Traum gewesen war und was für eine Freundin wäre sie gewesen, wenn sie sie sich gegen das Glück eines ihr lieben Menschen gestellt hätte. Aber Amerika war doch ein Kontinent und kein Land?! Hmm! Wie schaffte es Minako nur sie so dermaßen zu verunsichern?! Und die 'Famouse'? Wenn sie sich recht erinnerte, hatte ihren Standort in New York? USA, murmelte sie. „Ja Usa?!“, hinterfragte Minako neugierig. „Nicht Usa sondern U.S.A.! 'Famouse hat ihren Sitz in New York oder auch Big Apple genannt.“ „Big waaaaas?!“, schrillte ihr Minakos Stimme in den Ohren. „Oh man Minako! Big Apple – übersetzt der große Apfel – wird New York auch oftmals genannt. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sie in einer Metropole wie dieser Apfelplantagen befinden sollen. Die hätten gar keinen Platz und die Abgase …“ Wild mit den Händen gestikulierend versuchte sie sich vorzustellen, wie die Amerikaner auf die Idee kamen in einer Großstadt Äpfel anzubauen. Lang sah ihr Usagi dabei zu, grinste und lachte das ein oder andere Mal, aber in der Mitte ihrer Brust fühlte sie ein Stechen. Es hieß nun zum zweiten Mal Abschied nehmen. Aber nicht für immer! Minako war ihr Bumerang, ganauso wie es Ami war – immer bleiben würde –. Auf dieser Welt würde es niemals jemanden geben, der in der Lage wäre sie und ihre Freundinnen zu trennen und HeY!! Da gab es ja das Internet, Skype und weiß der Kuckuck was noch.
 

Mamoru kam hin und wieder um ihr bei den letzten Feinschliffen in der Wohnung zu helfen, erledigte Aufgaben wie Reparaturarbeiten, denn ihren Vater wollte Usagi nicht darum bitten. Er mit seinen zwei Linken Händen, hatte mehr Elektrogeräte im Keller vergraben, als ein Großbauer Kartoffeln. Ihn bat sie auch ihr den Umgang mit den Kommunikationswebseiten zu erklären.
 

Sie verabschiedeten Minako genauso wie Ami, mit einem großem, dicken Englischwörterbuch und einer detaillierten, mit Abbildungen versehenen Stadtkarte von New York. Minako kam selbst darauf, dass es dort Äpfel nur in Geschäften gab, aber sauer darüber, das ihr Usagi das verschwiegen hatte war sie nicht. Verwundert war sie allerdings, dass Amerika in Nord- und Südamerika geteilt war und es doch tatsächlich Kontinente waren. Usagi war sich sicher! Minako würde nicht nur New York aus den Angeln heben sondern die ganze Welt und so kam es dann auch. Ihre Freundin hatte sich weit über die Grenzen hinaus einen Namen gemacht. Sie war unendlich stolz auf sie.
 

Die Kaffeetasse an den Lippen, neigte sie Usagi weiter nach oben, aber es kam nichts mehr heraus. Sie sah, dass sich darin nichts mehr befand und schmunzelte. Immer noch trank sie ihren Kaffee schwarz. An den Bildern und dem Bumerang vorbei, erblickte sie die triste, weiße Wanduhr. Sie hatte doch lediglich in Erinnerungen geschwelgt und war nicht in der Zeit zurückgereist. Wie um alles in der Welt, konnte es jetzt bereits halb 8 sein.
 

Schnell wie der Wind erledigte sie ihre morgendlichen Aufgaben, schlüpfte in ihre warme, schwarze Thermolegings, zog sich das blassgraue Strickkleid über den Kopf, fasste das Haar ohne Kamm oder Schaum in eine Spange und schlüpfte mit beiden Beinen gleichzeitig in die wärmenden grauen Boots. An der Haustür blieb sie kurz stehen und kehrte abrupt um, lief zu der bunt bemalten Tonschüssel und platzierte sie unter dem hängenden Boomrang und neben dem Fernseher. Oh! War das womöglich der Platz wo sie hingehörte? Oh oh oh …. jetzt aber flott. Nur noch die Jacke und Tschüss!

Zwei Seelen - Ein Gedanke

Es war Donnerstag Morgen, als sie der Wecker bereits um fünf Uhr morgens kopfüber aus dem Bett plumpsen lies. Vor lauter Schreck hatte sie die Orientierung verloren und anstatt auf ihren Füßen landete sie auf ihrem gepolsterten Hinterteil, sodass sie nur mehr von sich selbst belustigt die Augen verdrehte. Heute war Feiertag und der Kindergarten hatte geschlossen, aber sie musste trotzdem einige Sachen erledigen und die Eltern bezüglich einer Veranstaltung vor den Weihnachtsferien anschreiben. Dieses Jahr hatten sie und ihre Kollegen überlegt so etwas wie einen kleinen Rummel zu veranstalten. Ganz passte es zwar nicht zu der Jahreszeit, aber die Idee ließ sie nicht los. Sie beschlossen daher einen Teil im Turnsaal des Gebäudes zu organisieren, während im Garten die Verkaufsstände für Erwachsene aufgebaut werden sollten. Der Erlös sollte dem hiesigen Waisenhaus zugute kommen. Usagi hoffte die Eltern dafür begeistern zu können. Wenn für jeden Stand zwei Elternpaare aufkamen und mithalfen, dann hätten sie gute Chancen auf eine ausreichende Spende, damit sie mit den Sozialarbeitern ein schönes Weihnachtsfest organisieren konnten. Dieses Jahr war Usagi an der Reihe vorzuschlagen was für ein Projekt auf die Beine gestellt werden sollte, also tat sie ihr Möglichstes auch ihre Kollegen davon zu begeistern, was sich als viel leichte erwies, als gedacht. Nun lag es an ihr die restlichen Vorbereitungen zu treffen und dazu musste nun mal ein Feiertag herhalten. Eigentlich hatte sie vor gehabt dieses Unterfangen am Wochenende anzugehen, aber sie hatte ja unüberlegt ihren Samstag verplant, dachte sie zähneknirschend und rappelte sich vom Boden auf, obwohl sie mit dem Kopf am liebsten dagegen geschlagen hätte. Sie hatte sich einen Filmabend mit Mamorus Herzdame aufgebrummt. Was für ein Fiasko. Konnte sie nicht einmal im Leben erst nachdenken, bevor sie ihren Mund aufmachte?! Nein! Kopfschüttelnd schlurfte sie aus der Schlafzimmertür ohne einen Blick ins Freie zu werfen und verkroch sich die folgende Stunde im Badezimmer.
 

Das Haar zu einem Zopf geflochten, trat sie bekleidet mit einer grauen, winterlichen Plüschjogginghose und einem dazu passenden grauen Top, auf dem ein pinkes Häschen aufgedruckt prangte, aus dem Bad. Wie jeden Morgen führten sie ihre Füße direkt zu ihrem heißgeliebten Kaffeevollautomat, den sie von ihren Eltern geschenkt bekommen hatte. Ikuku fürchtete sich immer noch, dass Usagi beim Kaffee kochen die Wohnung in Brand stecken könnte. „Als ob das möglich wäre!“, murmelte sie errötend. Das Geräusch mahlenden Kaffees füllte die Stille im Raum als sie mit ihrem verschlafenen Blick an der Fensterfront streifte. Schnee!!
 

In Windeseile drückte sie sich von der Anrichte weg und eilte zum Fenster, aber der Anblick alleine war ihr zu wenig. Sie musste raus! Sie musste es fühlen, spüren wie die kleinen Flöckchen zwischen ihren Fingern zerrannen. Schon immer liebte sie dieses einzigartige Gefühl und tat, seit dem sie auf eigenen Füßen stehen konnte, jeden Winter das Gleiche. Ohne Jacke wirbelte sie um, riss beide Flügel auf und hüpfte heraus. Eiskalter Wind schlug ihr gegen das erhitzte Gesicht aber blieb von ihr unbemerkt. Sie hatte vergessen, dass sie soeben aus der Dusche kam und sich das Haar gewaschen hatte. Der Gedanke sich bei dieser Aktion eine Erkältung einzufangen, kam ihr vor lauter Faszination gar nicht in den Sinn. Stattdessen versuchte sie einzelne Schneeflocken mit den Händen einzufangen. Dies Wettertussi hatte nicht recht behalten fiel ihr ein und es lies sich nicht vermeiden, dass sie ein wenig schadenfroh grinste.
 

Wunderschön und friedlich wie zu keiner anderen Jahreszeit lag ihr Tokio wie ein schneebedeckter Teppich zu Füßen. Es hatte schon seine Vorteile im 23 Stockwerk zu leben. Nie würde sie den Ausblick, der in weißer Zuckerwatte gepackter Großstadt, aus Mamorus Wohnung vergessen können. Ob er jetzt auch auf dem Balkon stand und sich genauso wie sie an dem wilden Tanz der Flocken erfreute, oder lag er mit Sarah in seinen Armen friedlich eingekuschelt im Bett und scherte sich nicht darum, dass der erste Schnee fiel?! Wehmütig sah sie dabei zu, wie die winzigen Eiskristalle auf ihrer Haut schmolzen und blickte in die Ferne. Sie ertappte sich dabei, wie sie den Kopf schüttelte. Das Bild von Mamoru und Sarah zusammen in einem Bett traf sie wie ein Faustschlag, hart und geballter Kraft mitten in den Magen. Sie konnte diese Vorstellung kaum ertragen und noch weniger die Gewissheit, dass dem tatsächlich auch so war. Mit dem ersten Neuschnee Novembers, fielen ihre eigenen heißen Tränen zu Boden. Schon komisch, dass sie den Verlust von etwas beweinte, was sie niemals besessen hatte. Wütend biss sie sich auf die Unterlippe. Sie hatte sich doch fest vorgenommen die Geister der Vergangenheit ruhen zu lassen und ihnen nicht auch noch hinterher zu jagen. Sie würde es ja tun wenn es ihr etwas bringen würde. Wenn es nur eine minimale Chance geben würde Mamoru zu erreichen würde sie ihm nachlaufen, aber … Kurz hielt sie inne und umfasste mit beiden Händen das eiskalte Geländer.
 

Wie hoch wäre der Preis, ihn zu bekommen?! Wenn sie doch wenigstens ehrlich und offen darüber mit >irgendjemanden< reden könnte. Himmel, wie sehr wünschte sie sich einen Rat von ihrer Mama, von ihren Freundinnen, aber schließlich war sie diejenige, die beschlossen hatte, sie nicht länger damit zu belasten und ihn eine dicke, fette Lüge zu präsentieren. Rei kam ihr in den Sinn und augenblicklich wurde ihr ein wenig leichter ums Herz. Sie dachte an ihre Freundinnen, Makoto, Ami Minako. All ihnen hatte sie versichert, dass das Leben für sie auch ohne Mamoru weitergehen musste, weitergehen konnte. Als Jugendliche hatte sie schon seltsame Vorstellungen davon, wie das Leben verlaufen sollte. Mamoru lernte sie kennen, kurz nachdem sie die die Grundschule verließ. Damals war sie gerade einmal zwölf Jahre alt. Am Anfang konnte sie den damals Oberstufenschüler so gar nicht leiden, bis diese Gefühle irgendwann ins Gegenteil umschlugen. Mit vierzehn Jahren kam sie ins Oberstufengymnasium und noch immer führten sie sich auf wie Katz und Maus. Mamoru war schon immer ein intelligenter und scharfsinniger junger Mann, was ihm die Zusage der Jubaan Universität zusicherte.
 

Sie also eine naive Gymasistin mit Hormonschwankungen und er ein angehender Arzt im ersten Semester seines Medizinstudiums trafen sie eines Nachmittags zusammen im Crown ein. Zufällig trafen sich ihre Blicke, als sie Schulter an Schulter die Türen ihres Lieblingscaffees passierten. Sie unterließen es sich anzufeinden, so wie es ihren Gewohnheiten entsprach und sie fühlte sich in ihrer nigelnagelneuen Schuluniform einer 'fast Erwachsenen' irgendwie nicht mehr in der Lage, ihr streitlustiges Inneres an den Tag zu fördern. Was daraufhin folgte war ein schlichtes höfliches 'guten Morgen'. Sie beschimpfte ihn nicht länger als Baka und er verabschiedete sich von ihrem Spitznamen Weichbirne. Ohne ein einziges Wort darüber zu verlieren beschlossen sie einvernehmlich, dass die Zeit gekommen war ein neues Kapitel in ihrer Beziehung einzuschlagen. Wahrscheinlich lachte sich damals gerade die Hälfte der Stammkundschaft des Crowns tot während die Andere den ihnen bekannten Kontrahenten neugierig nachsah. Motoki allerdings war weder das eine noch das andere. Er begrüßte sie so wie immer, als ob ihr Verhalten das normalste der Welt wäre, doch vielleicht war auch er, zumal er gerade die Trennung von seiner Langzeitfreundin Reika hinter sich gelassen hatte, heute zusammen mit ihnen ein Stück weit erwachsener und reifer geworden. Niemand sprach über die Veränderung. Sie wurde ohne Nachfrage akzeptiert und angenommen. Vielleicht war die einkehrende Ruhe oder das neugewonnene Gemeinschaftsgefühl, welches allen dadurch beschert wurde der Grund, wieso sich ihre Freunde die Fragerei unterdrückten. Sie wusste es nicht. Die darauffolgenden Monate berührten sich ihre Körper zufällig, gefolgt von verwirrten Gesichtsausdrücken, von Sehnsucht erfüllten Blicken, kleinen nicht gewohnten freundlichen Gesten, wie das er ihr eine Tasse Kaffee mit einem Lächeln reichte und ihr sogar von Zeit zu Zeit ein Stück Kuchen spendierte ohne sie dabei auf ihr Gewicht oder ihren unersättlichen Appetit auf Süßes näher einging und dann passierte es. Unerwartet und gleich einem Wunder wurden sie zu Freunden. Später schlug ihr Herz bei jedem Schritt näher dem Crown schneller. Sie fühlte seine Präsenz ohne sich nach ihm umdrehen zu müssen, wusste sie dass er hinter ihr stand. Seine Stimme, seine ihr schon seit Jahren bekannte Stimme vermochte es ihr auf einmal einen Schauer über den Rücken zu jagen, bis sie sich sicher war, dass sie mehr für Mamoru empfand, als sie sich selbst eingestehen wollte. Viel mehr ...
 

Wenn sie einen, nur einen einzigen Wunsch frei bekommen würde, müsste sie über Diesen nicht lange nachdenken, denn ihr Herz wusste schon lange wonach es sich sehnte, aber war sie bereit für ihre Ziele auch über Leichen zu gehen, ohne Rücksicht auf Verluste? Sie war kein Mensch, der anderen Schmerzen bereitete und damit wäre Schmerz für alle Beteiligten vorprogrammiert und allermeisten für Sarah. Nein! Entschieden trat sie einen Schritt zurück und taxierte den frei ersichtlichen Balkon seiner Wohnung. Augenblicklich erfüllte Wärme ihr inneres. Auch von dieser Entfernung und obwohl sie nur die Silhouette erkennen konnte, wusste sie, dass er derjenige war, der an der Brüstung gelehnt stand. Sie vermutete, dass er gerade in diesem Moment eine heiße Tasse Kaffee in den Händen hielt, aber wieso stand er um diese unchristliche Uhrzeit in klirrender Kälte.
 

♥️♥️♥️
 

Unruhig wälzte er sich die halbe Nacht hin und her. Sarah schlief tief und fest und bemerkte nichts, als er um vier Uhr Nachts sich entschied, dass der herbeigesehnte Schlaf nichts weiter als ein Wunschtraum bleiben würde. Zu viele Gedanken schwirrten ihm im Kopf herum, als das es möglich gewesen wäre friedlich einzuschlafen. Vorsichtig und darauf bedacht keinen unnötigen Lärm zu veranstalten fischte er sich einen bequemen grauen Jogger aus dem großräumigen modernen, schwarzen Hochglanzschrank. Mit den Sachen in den Händen bemühte er sich die Türklinke so leise wie möglich hinunter zu drücken. Als sie überraschend quietschte, sah er über die Schulter. Die brünette, bildhübsche, junge Frau rekelte sich kurz, umarmte sein Kissen und schlief seelenruhig weiter. Mamoru entwich ein erleichtertes Seufzen als er rasch die Tür hinter sich schloss und zur Kaffeemaschine eilte. Sofort erblickte er im Vorbeigehen den winterlichen Boten, der sich ans Werk gemacht hatte seinen verspäteten Aufgaben so schnell wie möglich nachzukommen. Er beschloss, dass er draußen seinen Kaffee genießen wollte und richtete sich in Windeseile. Derweil dampfte die Tasse verlassen und einsam auf den Balkon, wartend auf seinen Besitzer auf den kleinen braunen Rattantischchen.
 

Mit einer dicken Daunenjacke bewaffnet und wärmenden Hausschuhen trat er hinaus ins Freie. Die Straßen und das kleine Stück Rasen unter ihm waren mit einer dünnen Schneeschicht bedeckt, die mit jeder herabfallenden Flocke höher wuchs. Nun waren es nur mehr fünf Wochen bis Weihnachten. Höchste Zeit für die dazugehörende Stimmung. Leise lächelte er vor sich hin, während er über die Tasse hinweg pustete. Usagi würde Augen machen, wenn sie das sah. Usagi! Sie war der Grund für seine immer häufiger wiederkehrenden schlaflosen Nächte. Was sie jetzt gerade machte?! Sicher schlief sie wie ein Bär. Im Gedanken bei ihr folgten seine Augen wie auf Autopilot ihrem Balkon. Das tat taten sie seit ihrem Einzug in seine Nachbarschaft jeden Morgen nach dem Aufstehen und jeden Abend vor dem zu Bett gehen und jedes Mal aufs Neue wurden sie nicht enttäuscht. Da stand sie! Selbst aus dieser Entfernung sah Mamoru ihre wallende, blonde Mähne im Wind wallen. Ein Stern inmitten der Nacht, murmelte er leise und nahm einen Schluck. Das hätte er sich ja gleich denken können, dass sie ihr sechster Weihnachtssinn aus dem Bett locken würde. Die Uhrzeit in dem er dies tat war zwar für Usagis Verhältnisse doch zwar recht ungewöhnlich aber durchaus nachvollziehbar. Er kannte niemanden der den Winter und Weihnachten so sehr liebte wie diese einzigartige Frau. „Was machst du bloß mit mir Usako?!“, hauchte er wehmütig. „Wieso lässt du es nicht zu dass ich loslasse?! Warum bist du ausgerechnet hierhergezogen, damit ich dich jeden Tag an die hundert Mal sehen muss?! Reichte es dir nicht mich im Crown oder auf der Straße zu quälen! Aber nein!! Du musstest ausgerechnet diese Wohngegend wählen, damit du mir jeden Tag aufs Neue vor Augen führen kannst, was für ein riesengroßes Arschloch ich bin!!“ Mamoru redete leise aber er sprach jeden Gedanken, der ihn auf der Seele brannte das erste Mal richtig aus und es fühlte sich nicht wie gedacht nur schmerzhaft an, sondern wirkte auf eine einzigartige Art und Weise befreiend und so entschied er sich ihr alles zu erzählen. Ihr zu sagen was ihm schon seit Jahren auf der Seele brannte, ihm Nacht für Nacht den Schlaf raubte und ihn daran hinderte einfach zu leben. Im Eck des Balkons lehnte er an und sah zu ihr. „Ich habe Sarah kennengelernt Usako! Endlich habe ich eine Frau kennengelernt für die ich es schaffe etwas mehr als Freundschaft zu empfinden. Verstehst du mich?!“ Er verstummte und lies die angestaute Luft aus den Lungen entweichen, von der er nicht wusste, dass er sie angehalten hatte. Sein Blick fiel auf die, einen Spalt geöffnete, Balkontür die er zumachte. Er musste hier und heute >JETZT< alles loswerden und obwohl sie nicht vor ihm stand und ihn gewiss nicht hörte, fühlte es sich für ihn so an, als ob er mit ihr sprach. Als ob sie ihm endlich die Möglichkeit gab ihr alles zu sagen. Er wartete kurz, bevor er weitersprach, doch es kam keine Antwort.
 

Wie gerne hätte er den Mut aufgebracht, sich ihr in der wirklichen Welt zu offenbaren, aber das konnte er nicht, nicht seit dem er sich für Sarah entschieden hatte. Mamoru hoffte felsenfest darauf, dass er eines Tages für die hübsche Amerikanerin genau das empfinden würde, was er damals, was er auch jetzt immer noch, für Usagi empfand, doch dieses Gefühl wurde überschattet. Genauso wie der Schnee die Erde überschattete und das satte Grün unter sich vergrub, so vergrub auch er seine Empfinden unter einer, für niemand sichtbaren, Schicht. „Ich habe so oft versucht dir zu zeigen, was ich für dich empfinde! Hast du wirklich nie gemerkt, dass ich für dich nie nur freundschaftliche Gefühle hegte, oder hast du es ignoriert, weil du nicht im Stande warst mir die gleichen Empfindungen entgegenbringen?! So gerne hätte ich dir mein Herz geöffnet und dir meine Gefühle gestanden, aber du warst in jedem Hinblick, in jeder Situation so unendlich weit weg von mir entfernt, dass ich den Mut nicht aufbrachte und dann kam er … Du hast mir mit diesem Kerl bei lebendigem Leibe das Herz aus der Brust gerissen. Als er dann vorbei war und du gesagt hast, dass du ihn nicht lieben konntest wie er es verdient hätte, meinte ich zum allerersten Mal einen Funken Hoffnung in deinen Augen zu sehen, aber ich musste mich geirrt haben, denn als ich dich fragte ob du jemals verliebt >so richtig verliebt warst<, sagtest du, dass es jemanden gegeben hatte den du aus vollstem Herzen geliebt hast, und das dieser Jemand nicht das gleiche für dich empfand. Und da wusste ich es! Ich wusste, dass ich keine Chance hatte dich zu bekommen. Mich zerriss die Eifersucht! Wer war dieser Mann und wo war er heute?! Wie konnte es möglich sein, dass dieser Idiot nicht merkte, was für ein Glück er doch hatte, von jemandem wie dir geliebt zu werden? Ich schwöre dir, wenn du mir seinen Namen genannt hättest, dann wäre ich ihm sogar bis ans Ende der Welt gefolgt und ihn dazu gezwungen dich zu lieben.“ Außer Atem brach er ab. Er fühlte das es nicht nur Schnee war, der auf seinen Wangen zerging. Wie lange war es her, dass er geweint hatte? Er wusste es nicht mehr. „Ich liebe dich Usako! Ich liebe dich so sehr, dass ich dich bitte mich gehen zu lassen! Sieh mich nicht mehr so an, als wüsstest du wer ich bin. Berühre mich nicht mehr und sei es nur zufällig, denn ich kämpfe gerade darum mir ein Leben ohne die Liebe zu dir aufzubauen. Gönne mir die Möglichkeit jemand anderes als dich zu lieben, denn wenn du mich nicht liebst, was hast du dann davon, dass ich aus Schmerz zergehe, aus Liebe zur dir-“ Plötzlich sah er wie sie sich bewegte und verstummte abrupt. Sie schien ihm zuzuwinken. Hatte sie ihn gesehen?! Erneut winkte sie und er hob unsicher die Hand und deutete die selbe Geste zurück. Er hörte sein Handy in der Küche piepsen, wo er es letzten Abend an die Ladestation geschlossen hatte. Schnellen Schrittes eilte er zu ihm. Eine neue Nachricht, von Usagi, Zeitpunkt: Jetzt.
 

> Loss zieh dich an und komm runter! Lg deine Nachbarin. :) <

Überrascht weiteten sich seine Augen, als er sofort lostippte.
 

>Was? Jetzt?<, schrieb er ungläubig. Die Antwort kam wie ein Schuss aus der Pistole.
 

> Nein Baka! Nächstes Weihnachten! Natürlich sofort! Ich brauche jemanden den ich mit Schnee bewerfen kann! :) <
 

Das konnte sie haben, dachte er und lachte. Schnell tippte er ' Mal sehen wer schneller unten ist Weichbirne'! Ohne die Tasse zurück in die Küche zu räumen, sprang er voller Vorfreude in seine Stiefel. Sie hatte es geschafft seine Traurigkeit in Luft aufzulösen, allein mit einer Einladung zur Schneeballschlacht und dabei war es noch nicht einmal sechs Uhr Morgens. Sie war verrückt und er würde sie wahrscheinlich sein ganzes Leben lang lieben. Das wurde ihm soeben so deutlich klar, wie er wusste, dass es immer nur eine einseitige Liebe bleiben würde, aber ganz ohne sie wäre er nicht im Stande zu leben. Er brauchte sie genauso wie er die Luft zu atmen brauchte. Und wem wollte er vormachen, dass er ohne Luft leben konnte. Alles würde gut werden. Er fühlte es deutlicher denn je. Die Lifttüren schlossen sich. Meine Güte war dieser Aufzug langsam, dachte er genervt und fing an, wie es sonst nur Usagi tat, von einem Fuß auf den Anderen zu steigen. Gleich! Gleich wäre sie ihm wieder ganz nahe.
 

♥️♥️♥️
 

Sie brauchte viel Überwindung ihm diese Nachricht zu schreiben, aber sie wollte ihn sehen von ganz nahe. Die Distanz zwischen ihren beiden Wohnungen brachte sie beinahe um und so dachte sie nicht länger sondern schrieb. Als sie sah, dass er kommen würde, machte ihr Herz einen dreifachen Salto! „Ich liebe dich Mamoru Chiba! Wenn du bloß wüsstest wie sehr!“, wisperte sie leise und sah dabei zu wie die schweren, eisernen Lifttüren ineinander glitten. Meine Güte! Ging das nicht ein wenig schneller?!
 

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Beide liefen sie zur gleichen Zeit aus der Tür. Das Lachen des Einen fanden sie auf dem Gesicht des Anderen wieder. Sie spiegelten alles was sie waren und alles was sie empfanden, nur wollte es keiner von ihnen wahrhaben. Zu unwahrscheinlich erschien ihnen, dass dies die Wirklichkeit sein konnte. Außer Atem kamen sie zum stehen. Es fehlte nicht viel und sie hätten sich gegenseitig über den Haufen gelaufen.
 

„Jetzt kannst du was erleben!“, kicherte sie und bückte sich. Ohne Handschuhe griff sie in den Schnee um daraus eine Kugel zu formen, doch Mamoru kam ihr zuvor. Im Eifer des Gefechtes, schnappte er nach ihrem Oberarm, wirbelte sie um sich, sodass Usagi eine doppelte Pirouette drehte und es kam wie es kommen musste. Beide verloren sie durch diese Aktion das Gleichgewicht und landeten mit einem dumpfen Knall mitten auf dem Boden der Tatsachen!

Zwei Herzen - Ein Schlag

Auf einmal lagen sie aufeinander. Sie oben, er unten. Vor Schreck beide Augen weit aufgerissen, sahen sie einander an. Sie blickten sich in die Augen, als sähen sie sich heute das erste Mal wirklich. Usagi wagte es kaum zu atmen. Nase an Nase. Sie spürten den Herzschlag des jeweils anderen, den heißen Atem. Eiskalter Wind fing an von allen Seiten gegen ihre Körper zu peitschen, aber ihnen war alles andere als kalt. Ihre Lippen waren sich so nahe wie noch nie zuvor und trotzdem hatte keiner von ihnen den Mut den ersten Schritt zu wagen, sich einfach das zu holen, was an und für sich als so einfach erschien, dass er wiederum viel zu schwer war, als das sie es gewagt hätten. Nur einige Zentimeter, einige Herzschläge und Usagi senkte den Kopf ein Stückchen weiter nach unten.
 

Mamorus Herz hörte auf zu schlagen. Er fühlte es klar und deutlich. Es schien ihm so, als hätte die Welt sich aufgehört zu drehen. Nur für sie allein hielt sie an und stoppte die Zeit, gab ihnen hier und jetzt die Möglichkeit. Schweißperlen glitzerten ihm auf der Stirn. Zum Einen weil das Gefühl ihres Körpers in ihm Flammen auflodern lies und zum Anderen, weil sie nicht sofort aufsprang, sondern sich ihm auch noch mehr näherte. Sollte er es wagen? Gab ihnen das Schicksal nun doch die Chance, die er als verstrichen sah? Wenn er sich nur ein klein wenig bewegen würde, könnte er es auf den Zufall schieben, auf Tollpatschigkeit seinerseits, aber er würde sie wenigstens ein Mal in seinen Leben küssen können und sein Wunsch hätte sich erfüllt und schließlich wagte er es und umfasste mit der rechten Hand ihren Nacken.
 

Usagi meinte in diesem einen Augenblick zu sterben und gleichzeitig wieder aufzuerstehen. Mit den Händen stützte sie sich seitens seines Kopfes ab und ohne eine Sekunde länger darüber nachzudenken spreizte sie die Finger, griff nach einer dicken Portion Schnee und ehe sie sich darüber im Klaren war, was Mamoru im Begriff war zu tun, schleuderte sie ihm diesen mitten ins Gesicht.
 

Was zum Teufel?! Na warte! Seine Gedanken überschlugen sich mit ihrem hinterhältigen Angriff. Schnell rollte sich Usagi von ihm, er ihr hinterher. Ein Schneeball folgte dem Nächsten. Meistens verfehlte er sie, während jeder ihrer Würfe zielsicher traf. Wie ein ausgebildeter Scharfschütze schoss sie um sich und freute sich wie ein König, dass ihm genau das zu misslingen schien. Sie sprangen, tobten, jagten hintereinander her, vollkommen von der Welt losgelöst und steigerten sich immer weiter hinein.
 

Sie versuchte damit krampfhaft die Bilder von eben aus ihrem Gedächtnis zu verbannen, die törichten Hoffnungen eines Kusses, der doch nicht stattgefunden hätte. Es hatte keinen Sinn sich hoffnungslosen Träumereien hinzugeben, aber das!! Der Schnee in ihren Händen und sein glockenhelles Lachen, nach welchem sich sogar die ersten Passanten umdrehten, war echt und ließ ihr Herz vor Freude aufblühen.
 

Er warf erneut und diesmal traf er sie an der Schulter. Zufrieden mit dem Streifschuss grinste er ihr spitzbübisch entgegen. Was hatte er sich bloß dabei gedacht, als er meinte, dass sie auf das gleiche aus war wie er. Ihr Zopf wirbelte um sich, die Kleidung vollkommen durchnässt, gab sie ein sagenhaft schönes Bild von einer glücklichen Frau ab. „Stopp!! Aufhören!! Ich ergebe mich!“, rief er erschöpft aus und hob zum Zeichen seiner Niederlage beide Hände in die Höhe.
 

Usagi drückte sich die Fäuste in die Hüfte und musterte ihn argwöhnisch, gefasst darauf, dass er ausholte aber er schüttelte amüsiert den Kopf. „Du gibst auf?!“ Er nickte. „So eine Enttäuschung!“, neckte sie ihn hoffend auf eine Wiederholung. „Ja!“ „Oh!“, meinte sie zerknirscht. Sie hätte den ganzen lieben Tag lang so weitermachen können.
 

Kam es ihm nur so vor oder huschte da soeben ein Hauch Wehmut über ihr makelloses Gesich, aber auch er war nicht bereit zurück in seine Wohnung, zu Sarah zu gehen. „Wie wäre es denn wenn du mir zur Feier meiner Niederlage eine Tasse Kaffee machen würdest?“
 

Überrascht hob sie den Kopf. Fragend lagen seine Augen auf ihr und auf Absatz machte sie kehrt mit einer deutenden Handbewegung in Richtung Eingang. „Na dann, komm aber wage es ja nicht mich von hinten zu attackieren!“, lachte sie und lief beschwingt ins Warme.
 

Kopfschüttelnd folgte er ihr schnellen Schrittes dem Aufzug entgegen. Usagi drückte den Rufknopf und die soeben herrschende Leichtigkeit, wich mit dem 'Ping' der auseinander sgleitenden Türen, einer markerschütternden Stille. Man sollte meinen, dass Stille ruhig und lautlos war, aber Diese war nicht von solcher Art. Es war eine dröhnend laute Stille, erfüllt vom Gebrüll ihrer wirren Gedanken, den Schlagen ihrer Herzen, welches wie ein Echo von den Wänden widerhallte und in ihren Köpfen pochte wie ein Abszess.
 

Sie gaben sich jede erdenkliche Mühe sich ja nicht zu berühren, während sie einstiegen. Die Fahrt selbst verlief ruhig und wurde begleitet von Seitenblicken in der Hoffnung nicht von dem Andern dabei erwischt zu werden, bis sich ihre Blicke zufällig kreuzten. Mamoru räusperte sich verlegen und suchte nach Worten, die er nicht fand. Rote Farbe überzog ihre Bäckchen und erstreckte sich entlang ihrer hohen Wangenknochen, bis hin zu den Ohren. Vom Haarschopf herab fielen vereinzelt Wassertropfen und die Vorstellung daran, wie sie wohl unter der nassen Kleidung aussehen würde, ob die Haut darunter genauso gerötet wäre, traf ihn wie eine schallende Ohrfeige mitten aus dem Nichts. Augenblicklich wurde er so rot wie eine Tomate und begann sich am Hinterkopf zu kratzen. Was zum Geier stimmte nicht mit ihm?! Vor noch nicht einmal einer Stunde lag er mit seiner Anderen im Bett und jetzt dachte er an so etwas!! Der Umstand, dass er Sarah > die Andere< nannte, trug nicht gerade dazu bei, dass er sich besser fühlte, eher hundsmiserabel. Usagi!! Usagi war die Andere und nicht seine Sarah, rief er seinem Verstand zu, als ob er ihn allein mit der bloßer Kraft seines Wunsches dazu bringen könnte, ihm zu gehorchen.
 

An was er wohl gerade dachte, fragte sich Usagi während sie den markanten Zügen seines wunderschönes Gesichtes folgte, mit den Augen entlang seiner perfekt geschwungenen Lippen fuhr. Schon seit dem sie eingestiegen waren, stand er im Eck ihr gegenüber und schien vollkommen weggetreten. Die Atmosphäre zwischen ihnen hatte sich verändert. Das spürte sie so deutlich wie sie fühlte, dass ihr die Kleidung inzwischen wie ein nasser Sack vom Körper hing. Die mitgebrachte Kälte machte sich allmählich auf ihrer Haut bemerkbar, die eine leichte Gänsehaut überzog. War es möglich, dass er über sie nachdachte?! Überrascht von ihren Gedankengang japste sie nach Luft, was ihn sogleich zu ihr aufsehen lies. „Alles in Ordnung mit dir?!“, wollte er besorgt wissen. Usagi bekam lediglich ein schüchternes Nicken zustande. Wenn du wüsstest, kam es ihr in den Sinn. „Ähm ja … mir … mir ist nur ein bisschen kalt!“
 

Erneut signalisierte ein lautes 'Ping' ihre Ankunft, sodass er nicht mehr dazu kam ihr zu antworten. Tonlos folgte er in die Wohnung hinein und stellte seine Schuhe gleich neben die Ihren. Sein Blick traf auf die Hausschlüpfer von Usagis Freundinnen. Noch immer hatte sie sich nicht weggeräumt. Er ging ihr nach in die Küche, wo sie gerade dabei war zwei Tassen aus dem Schrank oberhalb ihres Kopfes herauszunehmen. Unter ihren Füßen bildete sich indes eine kleine Lache aus geschmolzenen Schnees. „Usagi zieh dich sofort aus!“, verließ es unwillkürlich seine Lippen noch bevor sein Verstand realisiert hatte, was sein Mund von sich gab. In einem Sekundenbruchteil erstarrte sie in der Bewegung.
 

Mamoru wurde erst jetzt klar, wie seine Worte in ihren Ohren geklungen haben mussten und beeilte sich die Wogen zu glätten. „Ich … ich … ich … du bist ja vollkommen durchnässt!“ „Oh!“, kam es verlegen, von seinem Gegenüber. Dem Himmel sei Dank konnte nicht sehen wie sie bis zur Unkenntlichkeit errötete.
 

Sie bestand aus nichts anderem mehr als Wackelpudding. So kam es ihr zumindest vor und obwohl er seine Aussage erläutert hatte, fühlte sie sich nicht im Stande, sich auch nur einen Millimeter vom Fleck weg zu bewegen. Sie versuchte zu atmen, aber anstatt das sich ihre Lungen mit Sauerstoff füllten, sogen sie sich mit etwas voll, was ihr die Luft raubte. Mein Gott! Reiß dich endlich zusammen Usagi!!, schallte sie ihr Innerstes, aber denkste! Es passierte rein gar nichts, bis sie seine Arme fühlte, die sich um sie legten. Sie spürte die Wärme seines Körpers, das stetige Heben und Senken seines Brustkorbs in ihrem Rücken. Er legte seine Finger um die ihren und nahm ihr sachte die Tassen aus den Händen. Sanft und geräuschlos stellte er sie ab, aber machte keine Anstalten wegzugehen.
 

Sie verharrten in dieser Position, nicht wissend, wie sie sich bewegen sollten, ohne den Anderen zu irritieren, wobei … Noch mehr verwirren konnte er sie ohnehin nicht. Usagi erzitterte wie Espenlaub, als sie den Mut endlich fand sich in seinen Armen umzudrehen.
 

Die Situation von gerade eben wiederholte sich. Es war wie ein Dejavue und sie erinnerte sich an unzählige Augenblicke, die den Diesen hier und draußen ähnelten. Es erschien ihr surreal und doch war entsprach es der Wahrheit. Einer Wahrheit, die sie bis eben erfolgreich verdrängt hatte. Nicht zum ersten Mal standen sie einander so nahe, und nicht zum ersten Mal verschmissen sie Chancen und Möglichkeiten. 'Scheiß drauf', schrie ihr Herz! 'Mach es nicht!', setzte ihr Verstand entgegen, aber sie hörte schon lange nicht mehr auf die Worte die aus ihrem Kopf kamen. Einzig und allein hatte es ihr Herz geschafft die Kontrolle an sich zu reißen und es hatte recht! Es hatte sowas von Recht. Sie verspürte das altbekannte Brennen in den Augen und fragte sich wieso ausgerechnet so ein Moment wie dieser ihre Tränen anstachelte. Schüchtern hob sie den Kopf und sah Mamoru mitten ins Gesicht. Sie bemerkte die Entschlossenheit in seinen Augen, die nicht wie sonst immer in einem dunklen blau leuchteten. Diesen Ausdruck in ihnen kannte sie nicht. Er war ihr zur Gänze fremd und doch fühlte er sich nicht unbehaglich an. Das komplette Gegenteil war der Fall.
 

„Usako!“ Der rauchige Klang seiner Stimme entfachte in ihrem Körper ein Inferno. Noch einmal sah sie ihm fest in die Augen, die die Dunkelheit der Nacht widerspiegelten und sie lies los. Wie ein wildes Tier, welches über Jahrzehnte hinweg angekettet an der Mauer kauerte, fing sie an an ihren Fesseln zu zerren, unbändig und verzweifelt wie in ihrem Leben nich niemals zuvor. Sie wollte nicht mehr angekettet sein und im gleichen Atemzug ihrer Gedanken, bei dem allerletzten Versuch ihr gusseisernes Gefängnis zu durchbrechen, fühlte sie seine Finger, die sich haltlos in ihr Haar gruben. Seine Berührung war übereilt und doch so unendlich zärtlich. Der Zopf löste sich momentan, die Fesseln um ihre Gelenke zersprangen in dem Moment, in dem sich seine Lippen auf die Ihren legten.
 

Sie verstand nicht was soeben passierte, aber wollte sie es auch verstehen?! Nein! Vom Schicksal überrumpelt schloss sie die Augen und gab sich hin. Feuer und Flamme gingen von ihm auf sie über und durchfuhren jede Ader, jede Sehne, ihr Herz, ihre Seele, ja alles was sie war, was sie ausmachte. Nichts erschien mehr wichtig auf dieser Welt außer diesem Mann in dessen Händen sie sich befand, in wessen Hände sie noch das letzte bisschen ihrer Selbstachtung übergab, denn sie wusste, dass danach nichts mehr so sein würde wie vorher.
 

Die Vorstellungen die ihn über Jahre hinweg begleitet hatte wie sich ihre Lippen anfühlen würden, ihr Geschmack, wurde soeben aus allen Rahmen gesprengt. Sie schmeckten so unwahrscheinlich süß und so unschuldig, als würden sie das erste Mal geküsst werden. Mamoru lies los. Gleich welche Konsequenzen daraus resultieren würden, seine Triebe waren stärker und vermochten sie zu verdrängen. Nicht zärtlich, nicht geduldig, sondern voller Sehnsucht und Gier verschoss er ihre kleinen, vollen Lippen und wartete nicht auf eine Einladung sondern nahm sich das, wonach es ihm dürstete. Mit der Zunge spaltete er diese sinnlichen Lippen und fuhr hinein. Er umklammerte ihre Handgelenke mit nur einer Hand und hielt sie an dem Hängeschrank über ihren Köpfen fest. Sein Kuss, welcher von nichts anderem, außer dem urzeitlichen Instinkt der Begierde geleitet wurde, wurde intensiver. Sie rang nach Luft und seine Zunge nutzte diese einmalige Gelegenheit, sich drängend und fordernd zwischen ihren Zähnen hindurch zu schleusen. Überrascht nahm er wahr, wie sie ihm entgegenkam, sich ihm öffnete und ihn willkommen hieß. Das Gefühl Himmel und Hölle für sich gewonnen zu haben war gleichermaßen berauschend wie beängstigend und gefährlich zugleich, aber nur bei ihr fühlte er sich sicher und allein und einzig bei IHR war er bereit wenigstens für einen kurzen Augenblick lang seine Maske fallen zu lassen. Er würde sich nicht diese Möglichkeit nehmen lassen, von nichts und niemanden. Er fühlte wie sich ihre Atemzüge beschleunigten. Ihre kleine süßer Mund schmeckte nach Kaffee mit einem Hauch Schokolade. Ihre Zungen spielten miteinander, tanzten einen perfekten Tanz, vollführten eine vollkommene Choreographie, als hätten sie unzählige Möglichkeiten gehabt, dafür zu proben. Als er sich noch näher an sie drückte hatte er jegliches Gefühl für Zeit und Raum verloren. Er wusste nicht mehr wo er anfing und wo sie aufhörte. Als sie noch in den Kuss hinein stöhnte, erwachte jede Faser in ihm zu glühendem Leben. Der Wunsch sie zu besitzen übernahm die Funktion des Denkens.
 

Usagi hatte das Gefühl jeden Moment vor Verlangen in Flammen aufzugehen. Er küsste sie!! Mamoru Chiba küsste doch tatsächlich sie!! Sie – Usagi Tsukino, die Heulsauce von damals – ! Wer hätte das gedacht. Sie seufzte auf, befreite sich aus seinem Griff und umschloss mit beiden Händen seinen Nacken. Noch nicht einmal in ihren wildesten Träumen konnte sie sich vorstellen, wie es es sich anfühlen würde ihn zu schmecken. Eines wurde ihr in diesem verzauberten Moment klar. Ganz gleich was für ein Mann Mamoru sein mochte, so waren sie doch trotz alledem aus dem gleichen Holz geschnitzt. Ihre Körper bewiesen es, ihre Münder untermauerten es und ihre Herzen sprachen ,zumindest jetzt, ein und dieselbe Sprache.
 

Außer Atem löste Mamoru den Kuss, aber nicht um aufzuhören sondern um sie weiterhin liebkosen zu können. Der Weg seiner Lippen führte an ihren Mund vorbei, entlang ihrem Kiefer, bis hin zum Ohr, weiter hinunter zu ihrer wild pochenden Halsschlagader und wieder zurück. Sie gab ihm in keinster Weise das Gefühl zu schnell zu handeln. Es schien eher so, als sei sie ihm meilenweit voraus, als würde sie ihm den Weg in die richtige Richtung weisen, einem Weg, von dem er dachte ihn aus den Augen verloren zu haben. Er erlag ihrer zärtlichen Umarmung, dem täuschend echtem Gefühl als könnte er sie sein Leben lang so halten. Wenn er gekonnt hätte, dann hätte er sie niemals wieder losgelassen. Usagi war vollkommen, vollkommen für ihn und wie maßgeschneidert für seine Arme, seinen Körper, seine Seele. Über ihn brach eine Welle unbeschreiblicher Zärtlichkeit zusammen. Diese Frau war ein Wunder, sein Wunder. Sein Himmel und seine Hölle zugleich, denn es gab niemanden der ihn so hoch über den Wolken schweben lassen konnte und niemanden der in der Lage war ihn vor Schmerz wie Feuer brennen zu lassen und er würde brennen. Dessen war er sich so sicher, wie der Tatsache, dass das das mögliche Ende ihrer Freundschaft bedeuten könnte. Mamoru mochte sich in diesem Rausch vielerlei Dingen ergeben haben, aber er hatte sich nicht einem Trugbild von einer Zukunft mit ihr ergeben. Sie schenkte ihm ein tiefes Gefühl der Verbundenheit, welches er dachte nicht in der Lage zu sein, zu empfinden. Es war zu lange her aber er konnte sich daran erinnern wie es sich angefühlt hatte jemanden so verbunden gewesen zu sein und das waren seine Eltern.
 

Usagi wollte mehr, verlangte alles und als er das spürte lies er schweren Herzens von ihr, denn er war nicht in der Lage auch nur einen Schritt weiter zu gehen. Schon längst war er über die Zielgerade geschossen. Der Anblick der sich ihm bot, als er sich von ihr entfernte war alles andere als schön. Er konnte den Unglauben in ihren Augen sehen, die kleinen Wellen die augenblicklich anfangen in ihren Augen zu schaukeln und er hörte eines so klar und deutlich wie den Schlag einer Glocke. Sein Herz zerbrach.
 

Um ihn nicht noch länger in die voller Reue erfüllten Augen sehen zu müssen, lies sie ihren Kopf auf seine Brust sinken und wartete. Worauf genau sie wartete, wusste sie selber nicht, aber sie konnte jetzt kein Wort sagen. Das wäre zu viel verlangt gewesen aber als sie spürte wie seine Arme sie verließen, an ihm niedersanken und sie vollkommen schutzlos an ihn gedrückt stand wich das Gefühl der Liebe und Zugewandtheit allein der Wut. Wut war gut! Mit Wut war sie in der Lage umzugehen und trotzdem verschwand dieser beschissene große Klumpen in ihrem Hals nicht, der ihr die Luft versuchte abzuschnüren. „Ich glaube, dass es das beste wäre, wenn du jetzt gehst!“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Auf einmal kam sie sich vor wie ein Verbrecher, ein unerwünschtes Anhängsel, welches sich trotz seiner Abweisung an ihn klammerte und das auch noch als er ihr mit seiner Körperhaltung ganz eindeutig bewies, dass er ihre Berührungen nicht länger wollte.
 

Mamoru schauderte. „Bitte sprich darüber mit mir, denn ich weiß nicht wie das passieren konnte!“ So gerne hätte er sie im Arm gehalten, aber er durfte ihr keine falschen Hoffnungen machen, oder sich selber.
 

Als Usagi seine Worte vernahm, sie in ihrem Hirn langsam durchsickerten und auch verarbeitet wurden taumelte sie rückwärts, stieß dabei mit der Hüfte gegen die Anrichte auf der die Tassen gefährlich zu wanken begannen. Mit nur einer Hand schaffte sie es sie daran zu hindern zu Bruch zu gehen. Heute war ohnehin viel zu viel zu Bruch gegangen, dann musste nicht noch ihr Hausrat daran glauben müssen.
 

Schmerzerfüllt sah sie ihn an. „Da gibt es nichts worüber es sich zu sprechen lohnen würde!“ Sie sah wie er vor hatte sich ihr erneut zu nähern. Mamoru machte einen winzigen Schritt in ihre Richtung aber das war mehr als sie zu diesem Zeitpunkt ertragen konnte. Ihr Entschluss ihn auf Distanz zu halten riss die Führung an sich und sie erhob wild entschlossen die Hand. Ein eindeutiges Signal dafür, dass er ihr nicht zu nahe kommen sollte. Pah! Er wusste also nicht wie es passieren konnte!! Schwachkopf!! War sie etwa diejenige die das alles inszeniert hatte?!
 

„Aber wir müssen darüber reden! Ich … Usagi ich will nicht das es kompliziert zwischen uns wird! Bitte lass uns darüber sprechen!“, versuchte er es erneut und sie knickte ein. Das war bereits das zweite Mal in dem er hervorhob, dass er keine Komplikationen wünschte. Er sprach über sie beide, als würde er eine komplizierte OP erklären!
 

„Mach uns einen Kaffee. Ich gehe mich nur schnell umziehen!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, rauschte sie wie ein geölter Blitz an ihm vorbei. Ihre Kopfhaut prickelte. Sie war tatsächlich nur geboren geworden um von einem Fettnäpfchen in ein noch größeres zu treten. Es tat ihr leid, so unendlich leid es zugelassen zu haben, aber wie hätte sie ihm jemals widerstehen können, aber er wollte reden. Sollte er doch! Sie würde zuhören.
 

Erst als er im Badezimmer den Wasserhahn rauschen hörte sackte Mamoru in sich zusammen. Shit!! Mit der Faust schlug er gegen die Anrichte. „Was zum Teufel habe ich mir bloß dabei gedacht!!“ Pah gedacht! Wenn er nur einen Funken Verstand besessen hätte und von ihm auch Gebrauch gemacht hätte, dann stünde er jetzt nicht hier. „Und jetzt!?!“, murmelte er und stellte die Tassen auf ein Tablett. Auf der Couch nahm er Platz und starrte auf die Collage ihm gegenüber, während er auf sie wartete. Er glotzte regelrecht in der Hoffnung das die Bilder ihm antworten würden. Zum allerersten Mal hatte er die Kontrolle über sein Handeln verloren. Er, der er immer durchgeplant in den Tag ging und nicht ohne Kalender aus der Tür trat, hatte es geschafft in nur einem unüberlegten Augenblick eine Katastrophe hinauf zu beschwören. Plötzlich fing Usagis Handy an zu läuten. Es lag gleich neben ihm, sodass er sehen konnte, um wen es sich bei dem Anrufer handelte. „Wer ist es!?“, hörte er sie hinder der anderen Seite der Tür rufen. „Rei!“ „Geh ran und sag ihr, dass ich vor neun nicht da sein kann!“ Er verstand nicht. „Ist Rei etwa wieder zurück?!“, wollte er wissen und das Telefon hörte auf zu läuten. „Ja ist sie!“ ertönte sogleich Usagis Stimme hinter seinem Kopf und lies ihn sogleich zusammenzucken. An seiner Schulter vorbei neigte sie sich über die Lehne und schnappte nach dem Smartphone. „Na toll! Jetzt hat sie aufgelegt!“, zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen. Aber hallo!! Das waren ganz neue Töne die er von seiner Herzdame die er jetzt zu hören bekam. War sie etwa sauer?
 

Usagi beachtete ihn genausowenig wie den Tisch oder die Couch, als sie sich hoch erhobenen Hauptes ihm gegenüber auf einem pinken Sitzsack niederließ. „Also!“, sagte sie bestimmt und griff nach ihrem Kaffee. Über den Rand hinweg beobachtete sie jede Regung und er traute sich kaum einen Ton von sich zu geben. Als Minuten später immer noch nichts von ihm kam trank sie die Überreste aus und knallte den leeren Becher Kaffee mitten auf den Beistelltisch. „Danke für das Gespräch!“, schmetterte sie ihm entgegen und stand ruckartig auf. „Es war sehr … mhhm … aufschlussreich!“, schlussfolgerte sie sachlich. Erschrocken von der Schroffheit ihrer Worte blinzelte er mehrmals.
 

„Hör mal Usa, dass was passiert ist ...“, sagte er und holte tief Luft. „Ich wollte nicht -“ Heftig schüttelte sie den Kopf und unterband weitere Erklärungsversuche. „Keine Sorge! Ich werde Sarah nichts verraten!“ Um einen selbstsicheren Ton bemüht, setzte sie hinfort: „Ich habe schon verstanden Mamoru!“ Doch während sie sich um Kopf und Kragen redete, bekam sie kaum Luft. Sie konnte ihr Herz klar und deutlich gegen das dünne, weiße Baumwoll T-Shirt trommeln hören. Warum saß er immer noch da und ging nicht. Wieso ging er nicht einfach zu Sarah, zu Motoki, zur Arbeit oder dorthin wo der Pfeffer wächst, ganz gleich wohin. Die Hauptsache war, dass er aus ihrer Wohnung verschwand, aus den einzigen vier Wänden, die ihr Schutz boten.
 

Mamoru musterte sie mit zusammengekniffenen Augen und schüttelte den Kopf. „Das .. Ich weiß, dass du Sarah nichts davon sagen wirst, aber es geht hierbei nicht um sie!“ „Ah ja wirklich!“, versuchte sie es sarkastisch, aber es klang genauso leer und hohl wie sie sich fühlte. Um seine Aussage zu bekräftigen nickte er entschlossen. „Um wen geht es denn?!“ Mamoru presste die Lippen aufeinander. „Um dich und um mich!“, erwiderte er aufrichtig. Sie schluckte. „Und darum wie das was passiert ist erst passieren konnte!“, entfuhr es ihm und Usagis Gesicht verzog sich zu einer angeekelten Grimasse, als hätte sie etwas schlechtes gegessen, wovon ihr jetzt schlecht wurde.
 

Blanker Spott funkelte ihm aus ihren Augen entgegen. „Wir haben uns geküsst! Nicht mehr und nicht weniger. Nichts besonderes, also tu nicht so, als ob wir mehr als das getan hätten!“ „Aber dafür muss es einen Grund geben!“, gab er ihr ernsthaft zu bedenken. Das wiederum brachte sie zum Lachen. Oder vielmehr dazu, eine Art halbersticktes Grunzen von sich zu geben, aber immerhin. „Nein, dass glaube ich nicht!“, antwortete sie scharf. Es gelang ihm kaum ihr in die Augen zu sehen, aber er hielt ihrem Blick dennoch stand. Eisern hielt er dem Hohn statt, dem sie ihn entgegenbrachte.
 

Ein Schauder durchfuhr ihn trotz ihrer wärmenden Nähe. „Es gibt nicht immer einen Grund! Manchmal sind es nur Kurzschlussreaktionen!“ Innerlich schrie sie vor Zorn, aber was erwartete er auch von ihr, wenn er doch gerade versuchte für etwas eine Erklärung zu finden, wofür es nur eine, eine einzige Erklärung gab. Zumindest für sie gab es nur die Eine. Ihr Kopf pochte wie eine tickende Zeitbombe und sie hegte nur mehr einen einzigen Wunsch und dieser war, dass er augenblicklich aus ihrer Wohnung verschwinden möge. Am Besten jetzt und sofort!! Sollte er doch sonst wo nach seinen Erklärungen suchen. Am besten bei sich selbst und Sarah. Noch einmal holte sie tief Luft und klammerte sich verzweifelt an die Reste ihres Verstandes als sie ihn mit fester Stimme bat ihre Wohnung zu verlassen.
 

Zwar folgte er ihr gehorsam und ohne Widerspruch zur Tür, nahm seine Jacke in die Hände die sie ihm höflich entgegenstreckte, aber blieb dennoch stehen, als sie die Tür sperrangelweit öffnete.
 

Vehement vermied sie es ihm in die Augen zu sehen, aus Angst, dass er darin die Wahrheit erkennen könnte. Es sollte bei einer Kurzschlussreaktionen bleiben. Diese Erklärung musste ihm reichen, denn mehr würde er von ihr nicht bekommen. Wenn er nur einen Funken für sie empfinden würde, dann hatte er jetzt die beste Möglichkeit gehabt, aber er hatte ihr zu allem Überfluss nur einmal mehr die Augen geöffnet.
 

„Ich glaube, dass viel mehr dahintersteckt und immer noch bin ich der festen Überzeugung, dass du wieder einmal zu emotional reagierst, anstatt ehrlich und aufrichtig über das Problem zu sprechen!“ Ah!! Da lag also der Hund begraben. Er sah sie nun nicht mehr nur als Ausrutscher, sondern viel mehr noch als Problem, aber darüber musste er sich nun wirklich keine Sorgen machen. Sie wäre gewiss der letzte Mensch auf dieser Welt der ihm Probleme bescheren würde!“ Erneut deutete sie ihm mit einer dezenten Handbewegung den Ausgang.
 

„Aber wir >müssen< darüber sprechen!“, rief er erzürnt. Sie lächelte verbittert über die Unverschämtheit, mit der er es wagte ihr entgegen zu treten und beugte sich ganz dicht zu ihm. Mit sanfter Stimme und einer Fülle an Liebe, die sie nicht im Stande war zu verbergen, sagte sie ihm zärtlich aber bestimmt: „Mamoru! Ich kenne keine zwei Menschen auf dieser Welt die sich in diesem Moment weniger zu sagen hätten als wir beide und darum bitte ich dich nun in aller Form der Höflichkeit und Freundschaft zu gehen. Um mich musst du dir keine Sorgen machen. Ich habe schon Flaschendrehen mit vierzehn gespielt und keinen der Jungs habe ich hinterher nachgestellt!“
 

Er öffnete empört den Mund um ihr darauf etwas zu antworten, aber kein Ton kam ihm über die Lippen. Usagi fühlte sich in ihrer Sicht auf die Dinge dadurch nur umso mehr bestätigt. „Na siehst du! Wir haben uns nichts weiter zu sagen. Es hat sich nichts verändert und wird auch so weitergehen, als sei niemals etwas passiert, was auch stimmt!“
 

„Es ist nichts passiert!“, wiederholte er ihre Worte ungläubig eher zu sich selber als zu ihr und trat mit ihrer Hand in den Rücken gedrückt, in den Flur. „Gar nichts ist passiert Mamoru. Und jetzt geh Heim. Wir sehen uns dann später bei Motoki!“, und mit diesen Worten lies sie die Tür hinter ihm ins Schloss fallen.
 

Sie lauschte daran bis sie seine Schritte hörte, die sich langsam und zaghaft von ihr entfernten ehe alle Dämme zusammenbrachen und sie sich mit der Tür im Rücken hinuntergleiten lies. Sie berührte zaghaft mit den Fingerspitzen ihre Lippen. Noch immer konnte sie die Seinen auf ihnen spüren und schloss die Augen um zu träumen. Sie würde nicht mehr weinen. Nie mehr würde sie seinetwegen eine einzige Träne vergießen, denn sie hatte es geschafft ihm wenigstens etwas zu stehlen. Das allein musste reichen! Es musste einfach reichen!!!
 

Unten im Erdgeschoss saß Mamoru mit gespreizten Beinen, mit den Kopf in den Händen vergraben und wiederholte zum abertausendsten Mal ihre Worte. >Ich habe schon Flaschendrehen mit vierzehn gespielt und keinen der Jungs habe ich hinterher nachgestellt!< So wenig also hatte ihr dieser Kuss bedeutet, der für ihn die Welt beinhaltete. Voller Zorn raufte er sich das Haar. „Also gut Usagi!!“, knurrte er und sprang auf. „Du hast dich glasklar ausgedrückt! Wir bleiben >gottverdammte< Freunde!!“, rief er in die leeren Flure. Das Echo verfehlte nicht seine Wirkung und dröhnte wie aus Verstärkern zu ihm zurück. Es lachte über seine Torheit.
 

Eine Frau die gerade die Treppe hinunterging blieb abrupt stehen. Erzürnt sah er an ihr hoch und keifte sie an. „Sie will mich nicht!! Sie wollte mich noch nie!!“
 

Die Schwarzhaarige Mitte sechzig jährige legte den Kopf schief und zuckte verständnislos mit den Schultern. „Dann suchen sie sich gefälligst ein Mädchen, welches sie will junger Mann und schreien sie mich nie wieder an!!“ Als Mamoru klar wurde, was er soeben getan hatte, versuchte er sich zu entschuldigen, doch die Dame lies nicht mit sich reden, sondern dirigierte ihn wütend zum Ausgang. Bereits die zweite Frau an diesem verfluchten Morgen, die das mit ihm tat.
 

„Nur damit das klar ist!“, raunzte sie ihn mit wedelnden Zeigefinger vor seiner Nase an, als sie zusammen im Freien standen. „Dieses eine Mal verzeihe ich ihnen, aber sollte sich dieser Vorfall irgendwann, jemals wieder, wiederholen, dann rufe ich die Polizei!!“ Erschöpft nickte er. Was sollte er auch sonst tun, schließlich hatte sie ja vollkommen recht.
 

Er brauchte dringend einen Kaffee, aber nicht bei sich zu Hause sondern bei Motoki. Ohne die Lady, die auf eine Antwort von ihm wartete, näher einzugehen, machte er auf Absatz kehrt und lief in Richtung Motokis Wohngegend. Die wüsten Beschimpfungen die ihm gen den Rücken geschmettert wurden überhörte er geflissentlich. Was für eine Hexe!!



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  SailorStarPerle
2019-07-01T21:47:46+00:00 01.07.2019 23:47
Wau nicht schlecht dieses Geschichte,
aber wie kann man nur so aneinander vorbei Reden,
sie sollten echt ihr Herzen vertrauen und nicht mit ihren Reden (zankerreien) alles kaputt machen,
bin gespannt wie es weiter geht 😁


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