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Summer of '99

Die Herren des Todes
von

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Der Blutpakt

Gellert öffnete die Tür und lugte ins Innere der Scheune. Sein zunächst abschätziger Blick ließ Albus fast schon Einwand erheben wollen. Nach all den malerischen Orten, die sie in den letzten Stunden gesehen hatten, war es geradezu ironisch, dass sie nun hier gelandet waren. Doch Gellerts Miene hellte sich auf, als ein Strahl der frühen Morgensonne durchs Dachfenster ins Innere fiel.

„Eigentlich perfekt“, sagte er und trat ein, wobei er Albus am Ärmel hinter sich herzog. Als sie beide im Inneren waren, verriegelte er die Tür und begann sogleich damit, Schutzzauber zu wirken.

Albus sah sich um. Es musste eine von Enid Sneeks Futterscheunen sein, in die sie hier geraten waren. Die ordentlich geschnürten Heuballen an der hinteren Wand der Scheune verbreiteten einen heimeligen Geruch, der ihn an ihre Duelltreffen auf dem Feld während dieses Sommers erinnerte. Vielleicht befanden sich sogar Spuren der Dämonenfeuer-Asche in dieser Ernte. Dieses Kräftemessen würden sie nun aufgeben, genauso wie jene schwarzmagischen Zauber, die in Ekstase und pure Lust versetzen konnten.

Nervosität stieg in Albus auf und ließ ihn, wie es seine Eigenart war, auf dem Lehmboden der Scheune auf und ab gehen.

… dass er zu so einem Zugeständnis bereit ist, um mich nicht zu verlieren …

Gellert beobachtete ihn belustigt, doch gleichzeitig spürte auch er die Aufregung in sich hochsteigen – ebenso allerdings eine nicht zu vernachlässigende Erregung. Verdammt, er hatte Albus immerhin gerade sein Herz ausgeschüttet. So ein Geständnis von Gellert Grindelwald kam nicht ohne Quittung! Die einladende Atmosphäre der Scheune beflügelte seine Fantasie, und er benötigte einige tiefe Atemzüge, um dem Impuls zu widerstehen, diesen Vorstellungen nicht nachzugeben. Das nun anstehende Ritual war entscheidend, nichts anderes. Nur für alle Fälle wirkte er aber einen kleinen Zauber, der eine romantische Atmosphäre schuf und den Boden zu einem weichen, gepolsterten Untergrund verwandelte.

Albus hielt irritiert inne. „Was soll das?“, fragte er.

„Na, ich versuch’s uns hier schön zu machen. Weißt, das Ganze ist ein’ sehr emotionale Angelegenheit …“

„Funktioniert das nicht wie ein unverzeihlicher Schwur?“

„Nicht ganz. Ein’ unverzeihlichen Schwur kannst’ theoretisch brechen – na stirbst halt. Aber ein’ Blutpakt bannt dich, so dass’d schlichtweg nichts ander’s tun kannst, als das, was du g’schworen hast. Also: Wir schwören, dass wir uns nicht bekämpfen wer’n – und dann wird’s nie zu diesem Duell kommen.“

Albus nickte. „Gut. Ich will aber noch etwas hinzufügen. Diese Zaubersprüche, die ich kreiert hab’ – Volito, Malito und Nolito – ich will, dass du versprichst, sie niemals zu benutzen.“

Er hatte Travers’ Schicksal in ihrer Vision noch lebhaft vor Augen, und ihn schauderte bei der Erinnerung daran.

Gellert trat auf ihn zu. „Einverstanden. Für das Größere Wohl.“

„Für uns“, verbesserte Albus und machte ebenfalls einen Schritt nach vorn.

Sonnenlicht fiel durch das Dachfenster auf ihn herab und ließ sein weißes Hemd erstrahlen. Er hob die Hand zum Zeichen dafür, dass er bereit war. Sie krempelten die Ärmel ihrer Hemden nach oben, Gellert rechts, Albus links. Dann zogen sie die Zauberstäbe ritzten ihre Handflächen ein.

„Zusammen“, flüsterte Gellert. Sie hoben ihre Hände und drückten die Innenflächen gegeneinander. Albus zuckte, als die Blutverbindung zwischen ihnen entstand und schloss mit einem Keuchen die Augen. Gellerts betrachtete ihn kurz, doch die Emotionen waren so stark, dass auch er fortgerissen wurde und seine Lider sich flackernd über die Augen senkten. Albus fühlte Gellerts Herzschlag in seiner eigenen Brust, hörte seine Gedanken in seinem Kopf, fühlte selbst, wie er unter Gellerts Haut kroch, als sie zu einem Wesen verschmolzen. Ihre Finger verschränkten sich ineinander, und sie klammerten sich fest. Gellert begann in Gedanken den Schwur zu leisten, und Albus wiederholte ihn: „Ich schwöre, dass ich dich niemals bekämpfen werde, Gellert Grindelwald. Für das Größere Wohl, für uns und alle, die ich liebe.“

Ihre Herzen schlugen schneller, ihr Atem ging keuchend, sie pressten die Stirne gegeneinander und hielten sich aneinander fest, als der Zauber ihre Körper durchströmte und dann wie ein Funkenregen in ihrem Inneren explodierte.

Albus und Gellert lösten ihre Verbindung, und von den eingeschnittenen Handflächen stiegen zwei Blutstropfen auf, drehten sich und verschmolzen ineinander, um zu einem zu werden. Ein metallener Schleier zog sich darüber und eine kleine Phiole entstand um die Tropfen herum. Während sie Gestalt annahm, verschloss sie das Blut in ihrem Inneren und besiegelte den Schwur. Eine silberne Kette formte sich, und schon schwebte der Blutpakt daran hängend zwischen ihnen beiden: der Schwur, der Ariana retten würde.

„Perfekt“, sagte Gellert und griff nach der Phiole.

„Ich liebe dich“, sagte Albus.

Sie tauschen einen intensiven Blick; dann, wie auf ein Kommando ließen sie ihre Zauberstäbe fallen. Gellert schlang den Arm um Albus’ Taille und zog ihn fest zu sich heran. Als er ihn küsste, hatte Albus das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Das ist nicht wie zuvor – warum ist das so gut?, schoss es ihm durch den Kopf und etwas an diesem Gedanken kam ihm bekannt vor, doch er wusste nicht was. „Denken“ war nun nicht mehr möglich … Etwas regte sich in ihm, etwas Neues, und es war nicht nur seine eigene Lust, die dort aufkeimte – da war noch etwas: ein anderes, dunkleres Verlangen.

„Gellert!“, rief er. „Ich kann fühlen, was du fühlst!“

„Dito“, raunte Gellert, „Unglaublich, Albus ... du bist einfach unglaubl –“

Albus unterbrach ihn mit einem weiteren Kuss und schloss die Arme um ihn. Eines war sicher: Diese Scheune würden sie so schnell nicht mehr verlassen.
 

Albus lag auf dem weichen Boden und fuhr mit der Hand durch Gellerts Haar. Ja, bei Merlin, sie hatten es in einer verdammten Scheune getan. Nicht nur einmal, sondern quasi in jeder Variation, die sich angeboten hatte, und es gab nichts, was Albus an dieser Zweisamkeit bereute. Höchstens, dass der Moment irgendwann zu Ende gehen musste, als sie beide völlig erschöpft waren. Er blickte tief in Gellerts Augen, als könne er so nun für alle Ewigkeit verweilen. Es war keine Magie im Spiel gewesen; lediglich diese neue, aufregende Verbindung zwischen ihnen, die jede Berührung und jede Empfindung doppelt erfahrbar machte. Albus wollte etwas sagen, das dieser Erfahrung gerecht wurde. Doch es gab keine Worte für das, was sie mit dem Blutpakt geschaffen hatten; er wusste nur, dass er sich niemals in seinem ganzen Leben verstandener gefühlt hatte.

Im nächsten Moment wurde er kalt in die Realität zurückgerissen: Jemand rüttelte laut und energisch an der Tür und eine Stimme fluchte: „Ich glaub’, mich tritt ‘n Hippogreif! He! Macht sofort auf, ihr Einfallspinsel!“

Albus, der sich bei dem Geräusch enorm erschrocken hatte, begann zu lachen, als der die Stimme hörte. „Komm! Los, zieh dich gefälligst an“, sagte er leise und sprang auf.

Gellert stützte sich auf die Ellbogen. „Was kümmert’s mich, was so ein Bauer sich denkt?“

Albus hob seinen Zauberstab auf, um das Durcheinander, das sie in der Scheune angerichtet hatten, zu beseitigen und schlüpfte in seine Hose. „Das ist kein Bauer.“

„Ge, disapparier’ma doch einfach!“, rief Gellert, als Albus ihm seine Kleidung entgegenwarf.

„Das hab’ ich gehört“, polterte die Stimme jenseits der Tür. „Haltet euch wohl für besonders schlau, näch? Oh, eine leerstehende Scheune! Wie günstig! Ich sach euch was, jeden zweiten Sonnabend kehr’ ich hier irgendwelche naseweisen Teenager raus! Und Enid sagt: Kannste nicht ändern, Junge, kannste nich’ ändern – wetten? Ich zieh’ euch das Fell über die Ohren!“

„Na, das klingt wirklich nicht einladend“, sagte Gellert und begann nun auch, sich anzuziehen. „Was grinst’ denn so?“

Albus konnte sich das Lachen kaum noch verkneifen. „Wie seh’ ich aus?“, flüsterte er.

Gellert musterte ihn. „Naja … ziemlich durchgerammelt.“

Albus prustete los. „Komm nach, wenn du fertig bist“, wisperte er und schlich zur Tür.

Er wartete einen Moment, bis eine Pause im Klopfen und Schimpfen eintrat, dann hob er den Riegel an und zog die Tür auf. Vor ihm, mit hochrotem Kopf und seinen zwei Ziegen an einer Leine hinter sich stand Aberforth Dumbledore.

„ALBUS?“

„Guten Morgen, Abe“, sagte Albus und lehnte sich in den Türrahmen.

„Albus, du … ich meine: Du? Was zum Gargoyle? Und mit wem?“

Albus konnte seine unschuldige Miene nur mit Mühe und Not aufrechterhalten; Aberforths Gesichtsausdruck war einfach Gold wert! Scheinbar seelenruhig lehnte er sich zurück und rief: „Gel, willst du meinen Bruder kennenlernen?“

Gellert erschien im Türrahmen, mit halb offenem Hemd, den Blutpakt an einer Kette um den Hals hängend und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Na, da schau her!“, sagte er.

Aberforth klappte der Mund auf. Einen Moment lang bewegte sich sein Kiefer sprachlos auf und ab. Alles, was er schließlich mit Blick auf seinen älteren Bruder herausbrachte, war: „Du … bist … schwul?“

„Ziemlich“, antwortete Gellert stellvertretend.

Albus verdrehte die Augen. „Wirklich, Abe? Du gibst mir Mädchennamen, seit ich denken kann. Sag’ jetzt nicht, dass du überrascht bist.“

„Aber … aber ich …“

„Gellert, das ist mein Bruder Aberforth“, sagte Albus munter. „Und Abe, das hier ist Gellert Grindelwald. Er wohnt bei Bathilda.“

Gellert streckte ihm die Hand entgegen, doch Aberforth fuhr zurück. Entsetzt musterte er die blutüberströmte Handfläche und sah fragend zu Albus; dann erkannte er an dessen linker Hand die gleiche Verletzung.

„Was zum Henker habt ihr dort drin gemacht?“

„Ach, weißt, so ein schwules Ritual, das mit Flüssigkeitsaustausch zu tun hat“, sagte Gellert und beide prusteten los.

Albus fasste Gellerts Hand. „Viel Spaß noch mit deinen Ziegen!“, sagte er zu Aberforth. Dann disapparierten sie.



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