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REQUIEM - 4. Akt: Der Ruf des Bösen

von

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Der Ungarische Hornschwanz

John Franco erwachte an diesem Tag bereits als die ersten Sonnenstrahlen die Hügel von Hogwarts berührten. Er hatte sich bei Aberforth einquartiert. Der vermietete ihm ein Zimmer auf dem Dachboden des Eberkopfes – insofern man einen Schlafplatz zwischen den Heuballen und herumpiependen Mäusen, denn so nennen konnte. John hatte schon an wesentlich ungemütlicheren Orten die Nacht verbracht.
 

Er lag da, auf seiner mottenzerfressenen Matratze und nur mit seiner Wolldecke bedeckt und sah durch die dreckige Fensterscheibe des Dachfensters hinaus. John spürte erst gar nicht wie ihm eine stille Träne die Wange herunter rann. Die Trennung von Mary machte ihm zu schaffen. Sie hatten sich drei Jahre lang geliebt und dann war es plötzlich aus. Einfach so.
 

John hatte seinem Vater nicht die ganze Wahrheit erzählt. Er war nicht nur hier, um Severus Hilfe anzubieten, sondern auch wegen Mary. Sicher ahnte sein Vater etwas. Er mochte kein besonderes Gespür für Menschenkenntnis haben, doch für Ärger hatte er eine Nase. Und ein Wiedersehen mit Mary würde über kurz oder lang Ärger bedeuten.
 

John hatte sich die letzten Wochen gezielt klein gemacht und ruhig verhalten, so wie er es Severus versprochen hatte. Er würde bestimmt nicht derjenige sein, der ihn auffliegen ließ. John durfte bei Aberforth für Kost und Logie wohnen solange er ab und an in der Kneipe aushalf. Das war in Ordnung. Sie kannten sich noch von früher als er in Hogsmead noch wild unterwegs war und sie völlig verbotene Sachen organisierten. Konzerte, Saufgelage, eben alles, was einen rebellischen Teenager interessierte.
 

In ein paar Wochen wäre sein siebzehnter Geburtstag. Wenn er an seine Jahre in Hogwarts zurückdachte erschien es ihm fast wie ein Traum. Wie hatte er es all die Jahre – bis zu seinem Rausschmiss – nur hier ausgehalten? John hatte keinen Abschluss, doch das war okay für ihn. Es gab ohnehin nur wenig, was er hätte in der magischen Welt werden wollen. Seitdem er draußen war reparierte er Motorräder. Severus' Maschine war nach der Auseinandersetzung mit den Vampiren vor drei Jahren in schlechten Zustand gewesen. Wahrscheinlich hatte John mittlerweile fast jedes Vehikel in der Nachbarschaft repariert.
 

John setzte sich auf und wischte sich die Träne ab. Er nahm seine Lederjacke, die er als Kissen benutzte, und zog sie an. Ende November wurde es schon langsam etwas frisch. John kletterte die schmale Leiter hinab und landete im Ziegenstall im hinteren Teil des Eberkopfes. Aberforth hatte aus irgendeinem Grund ein Faible für die Tiere, die vor allem durch ihre Frechheit und ihren Gestank auffielen.
 

Er ging durch eine Holztür und landete in der Küche des Eberkopfes, wo Aberforth gerade einen riesigen Berg Kartoffeln schälte. Heute war der erste Turniertag und alle erwarteten eine schier endlose Zahl an Zuschauern. Den ganzen Tag gäbe es Wettkämpfe und Wetten. Das hieß für einen Kneiper wie Aberforth, dass er das Bier gar nicht so schnell aus dem Keller holen konnte wie es versoffen wurde.
 

„He, John.“, sagte Aberforth.
 

„He.“, antwortete John.
 

Sie nickten sich einander zu und John verließ die Kneipe durch die Vordertür. In Hogsmead war der Trubel schon groß. Jede menge Touristen füllten die sonst eher leeren Gassen. Selbst zu Stoßzeiten wie Halloween war nie so viel los gewesen. Das Ministerium hatte wirklich alle Register gezogen. Der Turnierplatz war dort aufgebaut worden, wo sonst immer Quidditsch gespielt wurde. Tatsächlich konnte sich John nicht daran erinnern, dass das Quidditschfeld jemals abgebaut worden wäre. Er sah zum ersten Mal wie es ohne die bekannten Tribünen hier aussah. Man hatte eine runde Arena mit hohen Rängen aufgebaut. An den außenseiten der Stahlkonstruktion wehten die Banner von Hogwarts, Beauxbatons und Drumstrang, sowie eines des üppigen Sponsors; dem Zaubereiministerium.
 

John hatte keine offiziellen Karten, aber es wäre nicht das erste Mal, dass er irgendwo ohne Einladung rein kam.
 

Vor dem Einlass standen bullige Securitys und Kassierer. Ironischerweise schienen die Türsteher irgendwelche Halbtrolle zu sein, die mit ihrer Statur selbst Hagrid überragt hätten, während die Kartenabreiser kleinwüchsische Zauberer waren. Wer immer das organisierte hatte einen triefenden Zynismus zur Schau gestellt.
 

John umrundete die Tribüne und fand eine kleine, unbewachte Holztreppe, die offenbar für das Servicepersonal war. Er stieg ungesehen die Stufen hoch und fand sich inmitten der jubelnden Menge wieder. Je dreister man sich hineinschmuggelte desto weniger wurde man entdeckt. Eine seltsame, kleine Binsenweisheit.
 

Plötzlich ertönte die magisch verstärkte Stimme von Cornelius Fudge, der auf einer Empore stand.
 

„Hiermit verkünde ich feierlich den Start des ersten Turnierspiels im Trimagischen Turnier! Unsere Kandidaten müssen sich an vier wahrhaft gefährlichen Kreaturen probieren! Dem Walisischen Grünling, dem Chinesischen Feuerball, dem Ungarischen Hornschwanz und dem Schwedischen Kurzschnäuzler! Jeder Champion muss einem der Drachen ein goldenes Ei stibitzen, welches ihn zur nächsten Aufgabe im Turnier führen wird. Es wird die Zeit und die Methode für diese Aufgabe bewertet.“
 

John verschränkte die Arme. Das Ministerium hatte groß mit den neuen Sicherheitsregeln für das Turnier geworben. Wenn gegen einen Drachen anzutreten zu den „weniger gefährlichen Aufgaben“ zählte wollte John wohl lieber nicht wissen wie die Aufgaben vor 200 Jahren geartet waren.
 

Aus der Menge heraus trat plötzlich Severus neben ihn.
 

„Was machst du denn hier?“, fragte John aus Jux.
 

„Ich darf dabei zusehen wie Potter als gegrillte Mahlzeit endet. Ade Junge, der überlebt hat!“
 

„Hast wohl heute deinen Zynischen, was?“, sagte John.
 

„Anders würde ich das gar nicht aushalten.“, entgegnete Severus.
 

Das Turnier ging los. Der Schwedische Kurzschnäuzler wurde auf einen der Champions losgelassen. Sie beobachteten wie Viktor Krumm mit einem Schildzauber die Flammen abwehrte und auf das von hier aus winzig wirkende goldene Ei zusprintete, welches genau vor der Nase der Kreatur lag. Er war schnell. Ein richtiger Hochleistungsathlet.
 

Die Menge johlte.
 

Als nächstes kam das Mädchen aus Beauxbatons. Sie wirkte einen Verwechslungszauber auf ihren Walisischen Grünling, der daraufhin völlig verwirrt herumtapste und nicht mehr mitbekam wie sie ihm das Ei stahl. Wieder brachen die Zuschauer in Jubel aus.
 

„Was denkst du?“, fragte Severus durch den Applaus hindurch. „Hornschwanz oder Feuerball?“
 

Die Antwort wurde schnell beantwortetet als der Chinesische Feuerball in die Arena geführt und angekettet wurde.
 

„Natürlich den Größten. Potter braucht auch immer die Superlative, was?“, sagte Severus zu sich selbst.
 

„Soll ich mich bereit halten?“, fragte John.
 

„Ich habe leider grade keine Schaufel und Besen, um Potters Asche aufzukehren.“, antwortete Severus.
 

„Du traust dem Jungen das nicht zu, oder?“, fragte John.
 

„Ich traue überhaupt keinem Viertklässler zu gegen einen Drachen zu kämpfen.“, entgegnete Severus.
 

Cedric Diggory betrat die Arena. Er zog das Ei mit einem Accio zu sich heran und verschwand schnell wieder. Es war im Grunde einfach, wenn man nicht versuchte gegen den Drachen zu kämpfen.
 

Wieder wurden die Drachen ausgewechselt. Der mächtige Ungarische Hornwanz war selbst auf diese Distanz mindestens einmal größer als die anderen Drachen. Ein Kraftpaket, dass einen in einem Augenblick zu Asche verbrennen konnte. Severus drängte sich weiter nach vorn. John hoffte er spielte nicht mit dem Gedanken von der Brüstung zu springen. Im Zweifelsfall war es ihm doch lieber, wenn Harry starb und nicht Severus. Außerdem hatte er es seiner Mutter versprochen.
 

Potter trat in die Arena und starrte für einen Augenblick den Drachen an. Schließlich fasste er sich wieder und ging hinter einem Felsen in Deckung.
 

„Accio Feuerblitz“, hörten sie ihn rufen.
 

Nichts geschah. Der Hornschwanz scharrte mit den Krallen und Stieß Flammen in Richtung von Harry aus. Schließlich hörten sie wie ein Besen wie aus dem Nichts heran rauschte und in den Händen Potters landete. Er schwang sich auf ihn und schoss in die Luft. Der Drache verfolgte ihn wie eine lästige Fliege, die man am Liebsten totschlagen wollte. Er hieb mit seinem Schwanz in seine Richtung, breite die Flügel aus und stieß erneut Flammen nach ihm aus. Harry flog mehrere angedeutete Attacken, dann machte er einen halsbrecherischen neunzig Grad Looping und schnappte sich das Ei. Dummer Weise verlor er in dem Augenblick die Kontrolle und landete krachend auf der Tribüne.
 

Erneut brach Jubel aus und John ging zu Severus nach vorn.
 

„Ist das zu fassen?“, sagte John laut.
 

Severus stand nur da und machte ein Gesicht als sei er erleichtert den Jungen doch nicht retten zu müssen.
 

„Quidditschspieler.“, sagte Severus nur und schüttelte den Kopf.
 

Es folgte die Ergebnisansage. Severus wandte sich vom Spielfeld ab.
 

„Na schön, er wurde doch nicht gefressen.“, sagte er.
 

„Du klingst ja fast enttäuscht.“, antwortete John.
 

„Nein, keineswegs. Das erspart uns 'ne menge Papierkram.“
 

John steckte die Hände in die Hosentaschen. Auf Snapisch hieß das so viel wie „Gottseidank, er lebt noch!“, aber natürlich hätte er das niemals offen zugegeben. Er konnte seinen Sarkasmus eben einfach nicht abschalten.
 

John ging den Weg den er gekommen war zurück zum Eberkopf wo schon eifrig gefeiert wurde. Es war Zeit bei Aberforth die Zeche zu zahlen. Also machte er sich nützlich: Holte Bier aus dem Keller, wusch auf, sorgte dafür das besoffene Randalierer vor die Tür gesetzt wurden. John war das Mädchen für alles, das störte ihn jedoch nicht. Als Gehilfe von Aberforth hatte er wenigstens auch ein gutes Alibi.
 

Es war irgendwann gegen Mitternacht als John vor der Kneipe eine Zigarette rauchte. Auf der anderen Straßenseite sah er plötzlich Mary – und sie sah ihn. Nach einigem Zögern ging er zu ihr. Er wusste, dass sie streiten würden, doch er wollte das endlich aus der Welt haben.
 

„Was willst du hier?“, fragte Mary.
 

„Ich wollte nur Hallo sagen.“
 

„Hallo.“, sagte Mary.
 

John zog an seiner Zigarette. Er hatte auch eigentlich gar keine Ahnung, was er sagen wollte. Wollte er eine Entschuldigung? Nein, sie hatten das durch. Böse Worte waren gefallen und dann war es das, doch warum spürte er dann diesen Schmerz?
 

„Du kannst nicht loslassen, oder?“, fragte Mary.
 

„Ich liebe dich, Mary.“, sagte John. „Ich tue es immer noch.“
 

Mary verschränkte die Arme vor der Brust.
 

„Hör auf. Sag das nicht.“
 

Sie schloss die Augen als würde sie sich selbst um Geduld bitten.
 

„Warum nicht?“, fragte John.
 

„Weil es zwischen uns nichts mehr zu sagen gibt.“
 

„Ich weiß warum, Mary. Warum du das tust.“
 

„Hör auf!“, schrie sie ihn an und ging davon.
 

John blickte ihr hinterher. Er wusste, dass ihre Eltern ihr Dampf gemacht hatten wegen ihrer Zukunft. Sie sollte sich Entscheiden zwischen John und ihrem wilden Lebensstil oder ihrem Schulabschluss. Als sie ihn den Laufpass gab und die Gründe dafür ans Licht kamen hatten sie fürchterlich gestritten. Er hatte von ihr nicht gedacht, dass sie sich letztendlich den Erwartungen ihrer Familie beugen würde.
 

John ging zu Fuß die Straße nach Hogsmead runter, vorbei an den glücklich feiernden, bis er auf den Feldweg über die Ländereien abbog. Hier auf der Wiese sitzend entdeckte er ausgerechnet Severus. Er saß da, rauchte und starrte vor sich hin.
 

„Wir begegnen uns hier aber auch wirklich überall.“, sagte John.
 

„Hogwarts ist zu klein für dermaßen viele Leute. Sie hätten anbauen sollen.“, entgegnete Severus.
 

John setzte sich neben ihn hin.
 

„Was ist los?“, fragte Severus.
 

„Das könnte ich dich genauso gut fragen.“
 

„Das ist meine tarifliche Raucherpause.“, entgegnete Severus. „Außerdem hab ich hier meine Ruhe.“
 

„Vor wem?“
 

„Touristen, nervigen Ministeriumsangestellten, Direktoren und natürlich Schülern.“
 

John sagte nichts. Er saß nur hier und blickte über die vom Mond beleuchteten Ländereien. Mit seinem Vater redete er nicht über das was ihn wurmte. Mit Severus konnte man nicht über Frauen reden.
 

„Und? Was macht der Champion so?“, fragte John, um die Stille zu durchbrechen.
 

„Sehe ich vielleicht aus wie Professor McGonnagal?“, entgegnete Severus.
 

John griff in die Innenseite seiner Jacke und holte ein Päckchen Zigaretten raus. Er sah wie Severus ihm einen ungehaltenen Blick zuwarf. Das fehlte gerade noch, dass er ihn belehrte, war Severus doch selbst ein Kettenraucher.
 

„Die schlechten Angewohnheiten.“, sagte Severus schließlich nur.
 

„Tja, darin hast du tatsächlich eine Vorbildfunktion.“, antwortete John und zündete sich eine an.
 

„Grmmpf!“, machte sein Vater bloß.
 

Und so saßen sie noch lange Minuten da und schwiegen sich an bis Severus fertig geraucht hatte und aufstand. John blieb noch ein wenig hier sitzen. Er wollte die Ruhe noch etwas genießen bevor er zu Aberforth zurückkehrte.



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