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Now You See Me

Thor & Loki
von

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„Hältst du das für eine weise Idee? Es könnte deinen Ruf zerstören.“

„Ich muss es tun. Ich bin es uns beiden schuldig, erst recht nach allem, was passiert ist.“

„Und wenn er nicht darauf reinfällt? Er ist intelligent, er wird merken, dass etwas faul ist.“

„Möglich. Aber er wird kommen, daran zweifle ich nicht. Denn er ist berechenbar; das war er schon immer...“

 
 

~*~

Loki hatte den Kopf an die Scheibe gelehnt und starrte aus dem Fenster des Reisebusses.

Am Horizont über dem Pazifik ging die Sonne unter und tauchte die raue Küstenlandschaft von Oregon in warme Rot- und Goldtöne, während sie den Ozean selbst in ein gleißendes Flammenmeer verwandelte. Selbst für jemanden, der den Prunk Asgards gewohnt war, war es ein atemberaubender Anblick, doch Loki war tief in Gedanken versunken und konnte sich nicht für das abendliche Lichtspektakel begeistern.

Als er an diesem Morgen erwacht war, Thor neben sich, der einen Arm locker um seine Körpermitte geschlungen hatte, als wäre es das Natürlichste auf der Welt... da hatte er für einen Moment gezögert.

Für einen Moment hatte er mit dem Gedanken gespielt, nicht länger wegzulaufen, sondern die Augen zu schließen und weiterzuschlafen, damit er beim nächsten Mal zusammen mit seinem Bruder erwachen konnte. Damit sie den Tag gemeinsam verbringen konnten, egal, was er auch für sie bereithielt. Damit sie wenigstens für einen Tag einfach nur Thor und Loki sein konnten, ohne Erwartungen oder Druck von außen.

Doch dann musste er wieder an die Skrull und die Kämpfe in den Straßen von San Francisco denken, und an Thors beiläufige Bemerkung, dass er den restlichen Avengers von Lokis heldenhaftem Einsatz erzählen würde, und das hatte ihm schließlich die Kraft gegeben, den Arm seines Bruders wegzuschieben und aufzustehen.

An seiner Antwort an Steve Rogers hatte sich in den letzten neun Monaten nicht viel geändert.

Loki würde niemals ein Avenger sein. Niemals.

Nicht, weil er sie hasste; ganz so stark war seine Abneigung gegen sie dann doch nicht – mit Ausnahme vielleicht von Stark. Es war vielmehr die Institution, die ihn abschreckte, die Erwartungen und die Pflichten, die damit einhergingen, sowie die Einschränkungen, denen er mit dem Status als Avenger unterworfen sein würde.

Und Loki würde sich niemals solch einengenden Strukturen unterwerfen. Er konnte nicht. Es war schlichtweg nicht in seiner Natur. Wenn er in den mehr als tausend Jahren am königlichen Hof von Asgard eines gelernt hatte, dann das.

Was jedoch bleiben würde, war die Sehnsucht nach seinem Bruder und die Freundschaft und Zuneigung, die sie miteinander verband – jetzt mehr, als je zuvor. Doch wie so vieles, was ihn peinigte, war auch dies ein Schmerz, mit dem er lernen würde zu leben.

Loki schloss die Augen und während die letzten Strahlen der untergehenden Sonne sein Gesicht wärmten, war er bald eingedöst.

 

Als er am nächsten Morgen in Seattle aus dem Bus stieg, war die Stadt in Nebel gehüllt und ein kalter Lufthauch wehte vom Meer hinüber. Für einen Moment fühlte er sich an jenen schicksalshaften Wintertag erinnert, an dem er und Thor den Zauberer aufgesucht hatten.

Doch dieses Mal war er allein, und im Gegensatz zu Strange würde Seattle ihn nicht verurteilen.

Erschöpft von der langen Fahrt suchte Loki das hiesige Four Seasons auf, um ein Zimmer zu mieten.

Doch noch während der Anmeldung bemerkte er, wie ihm einer der Hotelmitarbeiter immer wieder nervöse Blicke zuwarf. Seltsam. Blicke dieser Art war er seit der Schlacht von New York nicht mehr gewohnt. Er nahm sich jedoch vor, den Mann zu ignorieren und schloss die Buchung ab, bevor er sich erkundigte, wo er in der Stadt einen Schneider fand, der ihm seinen kaputten Anzug ersetzen konnte.

Nachdem er mehrere Adressen und seinen Zimmerschlüssel erhalten hatte, wandte er sich ab und steuerte auf den Fahrstuhl zu.

Wieder begegnete ihm der leicht panische Blick des Hotelangestellten, als er an der Rezeption vorbeiging, und Loki war kurz davor, den Mann am Kragen zu packen und über den Schalter zu ziehen, um ihn zu fragen, was sein gottverdammtes Problem war.

Dann bemerkte er die Zeitung, die aufgeschlagen neben dem PC-Bildschirm des Mannes lag.

Das Bild auf der Titelseite war leicht verschwommen, doch die beiden Gestalten, die es zeigte, waren dennoch unverkennbar.

Es handelte sich um Thor und ihn bei ihrem Kampf gegen die Skrull in San Francisco.

„Was zum...?“, murmelte Loki und blieb abrupt stehen, um nach der Zeitung zu greifen, den leisen Protest des Sterblichen ignorierend.

THOR ODINSON – IM BÜNDNIS MIT DEM FEIND?, lautete die Schlagzeile. Loki blätterte weiter.

Erneut das etwas unscharfe Bild aus San Francisco, und daneben ein älteres Foto von ihm, das während der Schlacht von New York aufgenommen worden war.

Trotz der unterschiedlichen Winkel, aus denen die Bilder geschossen worden waren, war deutlich zu sehen, dass es sich dabei um dieselbe Person handelte.

Mit zunehmender Fassungslosigkeit las er den Text darunter.

Offenbar waren er und Thor während der Kämpfe in San Francisco von genug Leuten gefilmt worden, dass man Parallelen zwischen ihm und dem Gott hatte ziehen können, der damals eine Alienarmee auf New York losgelassen hatte.

Da die Öffentlichkeit nie offiziell erfahren hatte, was nach der Schlacht mit Loki passiert war, und nur zahllose Verschwörungstheorien über sein Schicksal existierten, war es vermutlich nicht überraschend, dass sich die Menschen auf jedes noch so kleine Stückchen Information stürzten... und auf Thor, dessen Vertrauenswürdigkeit nun angezweifelt wurde. Die Tatsache, dass sowohl Thor als auch Loki alles gegeben hatten, um die Bevölkerung von San Francisco  zu beschützen, schien dabei keine große Rolle zu spielen – es war allein der Skandal, der zählte.

Und es machte Loki wütend.

Er war es gewohnt, dass man ihn hasste und auf ihn herabblickte, aber Thor? Sein Bruder hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen und ein solches Misstrauen nicht verdient.

Es kostete Loki einige Mühe, seine Magie und die Kälte im Zaum zu halten, als er in den Fahrstuhl trat, zu aufgebracht war er über diese unerwartete Entwicklung. Erst nachdem er die richtige Etage erreicht hatte und sich die Türen mit einem leisen „Pling“ wieder öffneten, widmete er sich erneut der Zeitung.

Der Pressesprecher der Avengers hat verkündet, dass das Team den Vorfall näher untersuchen und mit entsprechenden Maßnahmen reagieren wird.

Mit diesem Satz endete der Artikel schließlich.

Was für Maßnahmen würden dies sein? Das Team war mit der komplizierten Beziehung zwischen ihm und Thor vertraut, es würde sich doch sicher nicht von seinem Bruder distanzieren... oder doch? Waren sie nicht Verbündete, Freunde sogar? Und was für Konsequenzen würde diese Sache für Loki haben? Würde man ihn öffentlich zum Feind erklären, zum Gejagten...?

Lokis Hände zitterten so sehr vor Wut, dass er vier Anläufe brauchte, bis er die Schlüsselkarte durch den Schlitz an der Tür seines Zimmers gezogen hatte.

Kaum war er eingetreten, warf er die Zeitung auf sein Bett und begann ruhelos durch den Raum zu tigern. Es dauerte eine ganze Weile, bis sein Zorn halbwegs verflogen war, doch nach zwanzig Minuten hatte Loki sich wieder einigermaßen im Griff und zog sein Smartphone aus der Tasche, um die Nummer von Thor zu wählen und eine Erklärung von ihm zu verlangen.

Sein Anruf blieb jedoch unbeantwortet.

Loki starrte fassungslos auf das Display hinab. Es war das erste Mal, dass er versuchte seinen Bruder zu kontaktieren – die Möglichkeit, dass Thor schlichtweg nicht auf seinen Anruf reagieren würde, hatte er zuvor nie in Betracht gezogen.

Auch die nächsten zehn Versuche blieben erfolglos, und so gab er es schließlich frustriert auf.

Stattdessen schluckte er seinen Stolz hinunter und wählte die Nummer von Stark.

„Wo ist Thor?“, fragte er ohne jegliche Einleitung, kaum dass Stark den Anruf entgegengenommen hatte.

„Erstens: hallo Loki, wie überaus erfreulich, von dir zu hören“, erwiderte Stark gelassen. „Und zweitens: dein Bruder ist nicht im Hauptquartier.“

„Wo ist er dann?“, fragte Loki kühl.

„Er hat sich nach den jüngsten Ereignissen eine Auszeit genommen“, meinte Stark. „Du hast vielleicht schon davon gehört? Die Klatschpresse kann ja so ungnädig sein, glaub mir, ich weiß, wovon ich rede...“

Er seufzte theatralisch.

„Ich habe eben gerade erst davon erfahren“, gab Loki gereizt zurück. „Was hat es damit auf sich? Was soll dieses Schauspiel? Wo ist mein Bruder?“

„Warum fragst du ihn nicht einfach selbst?“, entgegnete Stark.

Und legte auf.

Loki starrte entgeistert das Smartphone an. Was dachte dieser Sterbliche eigentlich, wer er war, dass er es wagte, so mit ihm umzugehen...?!

Doch dann vibrierte das Telefon kurz und im nächsten Moment öffnete sich eine Textnachricht von Stark mit einer Adresse im Bundesstaat New York. Loki vermutete, dass es sich um den Ort handelte, an dem Thor sich gerade aufhielt.

Langsam ließ er sein Smartphone sinken und starrte aus dem Fenster.

Sollte er der Einladung Folge leisten? Würde ihn an jenem Ort tatsächlich Thor erwarten, um ihm Rede und Antwort zu stehen, oder steckte womöglich mehr dahinter...?

Loki schüttelte den Kopf. Seitdem er seine Magie zurückerlangt hatte, wasr er mächtiger als je zuvor – was auch immer ihm begegnete, er würde damit fertigwerden. Und vielleicht würde er dabei auch noch ein paar Antworten bekommen.

Mit neuer Entschlossenheit öffnete er die Tür zum Balkon und trat in den nebligen Morgen hinaus.

Bis zur Ostküste waren es mehrere tausend Meilen, und er war müde von der langen Reise. Doch der Drang, Antworten zu bekommen, war größer, als die Müdigkeit, und so hob er die Arme zum Himmel empor und ließ die Magie über ihn hinwegspülen, wie ein warmer Sommerregen.

Lokis Körper begann sich zu strecken und dunkle Federn sprossen aus seinen Armen und seinem Leib hervor. Sein Hals wurde länger und sein Oberkörper kompakter, während sich seine Beine krümmten und scharfe Krallen aus seinen Füßen zu wachsen begannen.

Wenig später war sein ganzer Körper von einem Federkleid bedeckt und Loki streckte probehalber seine riesigen, schwarzen Schwingen aus.

Zufrieden mit dem Resultat seiner Verwandlung schwang er sich kurz darauf in die Lüfte und begann den langen Flug nach Osten.



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