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Besondere Momente

Schreibzirkel
von

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Der Ruf nach Freiheit

Sie stand inmitten aller Gäste und sah so atemberaubend schön aus, in ihrem dunkelblauem Cocktailkleid. Sie stahl allen anderen Frauen auf dieser Party die Show, denn sie war bei weitem das schönste Geschöpf hier. Sie erinnerte ihn an eine Rose inmitten von Unkraut. Die Königin der Blumen, welche stolz und schön in ihrer vollen Pracht ihren wundervollen Duft verströmte.

Wenn sie nur wüsste, wie gern er sie in diesem Moment zum Tanz aufgefordert hätte, in ihre wunderschönen glänzenden blauen Augen gesehen hätte und sie dabei mit Komplimenten überhäufen würde, dann wären ihre Wangen zurecht gerötet. Nur in diesem Moment rührte die Verfärbung vom Alkohol, von dem sie sichtlich zu viel hatte.

Wo war überhaupt ihr Vater? Wieso achtete er nicht darauf, was seine noch minderjährige Tochter trank?

Seine Augen klebten an ihren Bewegungen, beobachteten jede kleinste Veränderung und folgten ihr beinahe sehnsüchtig, als sie sich in Bewegung setzte und zur Bar schwankte. Dabei kicherte sie vor sich hin, wankte bedenklich, fiel allerdings nicht hin. Trotz ihres angeheiterten Zustands bewegte sie sich reizvoll auf den hochhackigen Schuhen.

Er konnte sich nicht daran erinnern sie jemals so hübsch angezogen gesehen zu haben. Nur einmal sah sie so verführerisch aus, aber das lag einzig und allein an seinem Talent als Verwandlungskünstler. Denn er hatte sie an diesem einen Abend in wenigen Sekunden herausgeputzt.

Sie kam an der Bar an, stellte ihr Glas auf den Tresen und orderte etwas bei einem Barkeeper, den er auf Anfang zwanzig schätzte. Dieser musterte sie mit Argusaugen, lächelte, erzählte ihr etwas woraufhin sie herzhaft zu lachen begann.

Er wusste was das für ein Gefühl war, das wie tausend Nadelstiche in ihm bohrten. Am liebsten wäre er zu ihr gegangen, hätte ihr seinen Arm umgelegt und sie an sich gezogen. Nach einem gehauchten Kuss auf die Stirn oder auch auf die Wange, hätte er ihr ein „Schatz“, ins Ohr gehaucht und dem Barkeeper mit einem einzigen Blick zu verstehen gegeben, das dieser seine Finger und besonders auch seine Blicke bei sich behalten sollte.

Sie war kein Mädchen für eine Nacht. Sie träumte vom Richtigen, von ihrem Prinzen auf dem weißen Pferd.

Er selbst sah sich nicht in dieser Rolle, auch wenn er es gerne für sie wäre. Denn er selbst wusste es schon lange, das sie das Mädchen war mit dem er sein Leben verbringen wollte. Doch sollte sie sich für einen anderen Mann entscheiden, würde er es akzeptieren müssen. Er sollte sich sowieso glücklich schätzen, das sie ihn immer noch als besten Freund akzeptierte.

Zudem fragte er sich wieso sie ihn immer wieder verteidigte, in Schutz nahm, ihm zur Seite stand, obwohl er sie immer wieder beleidigte und sie auch bloßstellte.

Warum er das tat war klar, denn so bekam er ihre Aufmerksamkeit – immer und für sich allein.

Aber das sie es sich gefallen ließ, verstand er nicht, dennoch schätzte er es sehr, das sie trotz allem zu ihm stand.

Schon reichte der Barkeeper ihr ein Glas mit buntem Inhalt.

Bedenklich beobachtete er wie sie ein paar wenige Schlucke nahm, danach kicherte und sich mit wenigen Worten verabschiedete.

Die Blicke, die dieser Kellner ihr hinterher schickte, sollten verboten werden. Es war als würde er sie allein mit seinen Augen ausziehen.

Er ballte seine Hand zur Faust und konnte gerade noch ein Knurren unterdrücken.

Sie schwankte bereits wieder an ihren Platz zurück, rempelte hier und da jemanden an und entschuldigte sich sofort, als ihr das bewusst wurde. Wenig später saß sie aber wieder sicher auf einem Stuhl an ihrem Tisch und nuckelte begeistert an ihrem Getränk.

Sie sollte wirklich langsam aufhören, sonst würde sie sich bald an nichts mehr erinnern und ein Blackout wäre fatal und sie besonders anfällig für Schmeicheleien.

Ihm widerstrebte es gleich in Aktion treten zu müssen. Zum einen müsste er sie dann komplett aus den Augen lassen und darauf hoffen, das sie keine Dummheiten beging, zum anderen wollte er sie am liebsten einfach weiter beobachten und sich ausmalen, wie es denn sein könnte, wenn sie seine Gefühle erwidert.

Widerwillig wandte er sich nun doch ab, konzentrierte nun seine Gedanken auf das direkt bevorstehende Ereignis und zählte leise, beinahe tonlos runter.

„Drei!“

„Zwei!“

„Eins!“

„It's Showtime!“

Plötzlich lag der ganze Saal in Dunkelheit. Panische Schreie wurden laut, dann aber schaltete sich wie von Geisterhand ein einzelner Scheinwerfer an, schwenkte in eine bestimmte Richtung, während das Licht über die vielen Köpfe hinweg glitt und sich letztendlich auf ihn richtete.

„KID!“, schrie Kommissar Nakamori, der die rund einhundert aufgeregten Gäste locker übertönte.

„Einen wunderschönen guten Abend, Kommissar Nakamori! Ich möchte diese Party gar nicht lange stören.“ Im nächsten Moment hob Kid den Edelstein in die Höhe und grinste unverschämt. „Tritons Perle werde ich aber mitnehmen! Viel Spaß noch beim Feiern.“

Ehe die Polizisten sich auf den Meisterdieb stürzen konnten, ging das Licht aus und erst wenig später erhellte sich der Saal.

Die Polizisten hielten sich gegenseitig fest. Es war ihnen in der Dunkelheit egal, was genau sie zu erwischen bekamen. Aber alle dachten, sie hätten den Meisterdieb gefangen genommen. Doch dieser war und blieb verschwunden.

„Sucht ihn“, befahl der Kommissar und die Beamten strömten aus, verteilten sich auf dem Schiff, durchsuchten die anwesenden Passagiere, konnten aber nichts finden. Bis einer der Polizisten vom Heck des Schiffes rief, das Kid bereits mit seinem Gleiter im Himmel schwebte.

Alle rannten hinzu und sahen den Meisterdieb in der Dunkelheit der Nacht davon fliegen.
 

Ein schlanker Mann im schwarzen Anzug beobachtete alles ganz genau und lächelte spöttisch, als es hieß das Kid davon geflogen sei. Zum Glück funktionierte sein Dummy immer wieder als Ablenkung. Die Aufregung um Kids Auftritt beherrschte die Gesprächsthemen der Nacht. An Feiern war erst mal nicht mehr zu denken.

Nun endlich aber konnte er sich unter die feiernde Masse mischen und wieder ein Auge auf sie werfen, aber sie saß nicht mehr an ihrem Platz. Der Tisch war leer.

Überrascht und auch ein wenig panisch sah er sich um, aber sie war weder auf der Tanzfläche noch an der Bar zu sehen. Sofort beherrschte die Sorge sein Innerstes. Ob dieser Barkeeper mit ihr verschwunden war? Zuerst entdeckte er ihn nicht, aber dann kam doch die Erleichterung. Der junge Mann hinter dem Tresen stand etwas abseits und war in ein Gespräch mit einer rothaarigen Frau vertieft. Vielleicht hatte er gesehen, wohin sie verschwunden war. So beschloss er diesen zu fragen.

„Entschuldigen Sie bitte!“

„Was darf's sein?“, knurrte dieser genervt.

„Die junge Dame, die bei Ihnen immer Nachschub holt, ist verschwunden. Haben Sie gesehen wohin sie gegangen ist?“

„Gehen kann man das ja wirklich nicht mehr nennen. Sie ist raus an die frische Luft. Die Kleine kennt ihre Grenzen nicht.“ Der Barkeeper deutete auf eine Türe.

In ihm schrillten alle Alarmglocken. Wenn sie raus gegangen ist, in ihrem Zustand, wäre es bei ihrer Tollpatschigkeit ein leichtes über die Reeling zu fallen und im Meer zu ertrinken. Sofort nahm er den gleichen Weg und suchte panisch nach seiner Kindheitsfreundin.

Er stand an der Reeling, spürte die frische Nachtluft ins Gesicht peitschen und erkannte erst jetzt, dass diese Yacht ziemlich schnell vorantrieb.

Ein Kichern klang zu ihm, durch den Wind verweht, ziemlich schwach herüber. Dennoch würde er diese Stimme sofort und unter so vielen wieder erkennen. Schnell rannte er den schmalen Gang entlang zum Bug und blieb wie erstarrt stehen.

Dort stand sie, auf der unteren Strebe der Reeling, klammerte sich fest und reckte ihre Nase in die Luft. Ihre Haare flogen im Fahrtwind, das Kleid flackerte und das Seidentuch, welches sie sich um ihren Hals gebunden hatte und perfekt als Accessoire diente, schlackerte ebenso im Wind. Sie kicherte erneut, schwankte kurz, fing sich wieder und begann daraufhin laut zu lachen.

Erst als sie eine Hand von der Reeling löste, gewann er die Kontrolle über seinen Körper zurück und stürzte zu ihr und gerade als sie die zweite Hand löste, bedenklich schwankte und beinahe vornüber gekippt wäre, schlang er seine Arme um ihre Taille und hielt sie fest.

„Hoppla“, kicherte sie erneut, streifte seine Hände, die um ihren Bauch lagen mit ihren eigenen und ließ ihn heiß erschaudern. „Vielen Dank, Fremder“, lachte sie unbeschwert, während ihre Hände wieder zur Reeling glitten und sich dort fest krallten.

„Was machen Sie denn hier? Wollen Sie sich umbringen?“

Erneut lachte sie.

Waren seine Worte etwa so lustig? Oder der Gedanke daran?

„Nein“, kicherte sie. Dann aber atmete sie die frische Luft tief ein und fröstelte so plötzlich, das selbst er ihre Gänsehaut spüren konnte. „Ich möchte mich nur endlich einmal frei fühlen.“

„Sind Sie nicht frei?“, hakte er nach und schluckte, als er spürte, welch Reaktion ihre Nähe in ihm auslöste.

„Nein“, antwortete sie, schien wirklich ernst zu werden und er dachte schon, das sie gar nicht so betrunken war, wie er annahm, aber dann begann sie wieder loszuprusten. „Wie kann man schon frei sein, wenn man der einzigen Person die man liebt, nicht sagen darf das man sie liebt.“ Sie verlor wieder ihr Gleichgewicht, presste ihren Rücken an seine Vorderseite und sofort sog er ihren unverkennbaren Duft tief in sich ein. Selten ist er ihr bisher so nah gekommen wie an diesem Abend.

„Wieso sagen Sie es ihm nicht einfach?“

Wieder kicherte sie. „Wenn es denn so einfach wäre.“ Dann aber drehte sie sich halb zu ihm, versuchte einen Blick zu erhaschen. „Darf ich mich einfach einmal frei fühlen?“

Sie wartete gar nicht eine Antwort ab, richtete sich wieder schwankend nach vorne, löste ihre Arme von der Reeling und streckte beide zu den Seiten aus.

Er hielt sie fest, achtete darauf das sie nicht fällt und genoss ihre intensive Nähe.

Sie reckte ihr Gesicht in die Höhe: „Ich bin frei!“, rief sie da auch schon lachend.

In ihm drinnen brodelte es gewaltig. Seine aufwallenden Gefühle konnte er kaum zurückdrängen und sein gesamter Körper sehnte sich nach noch mehr Nähe. Kurzerhand setzte er einen Fuß neben ihrem auf die untere Strebe, hielt sich nun selbst mit einer Hand an der Reeling fest, während die andere um ihren Bauch geschlungen war. Dann zog er auch den zweiten Fuß nach und presste seinen Körper dicht an ihren. Ihre Nähe brachte ihn beinahe um den Verstand und er versuchte ihr so nahe wie möglich zu kommen.

Nun überragte er sie wieder um einen Kopf und betrachtete ihr glücklich strahlendes Seitenprofil.

„Wie gerne hätte ich jetzt einen Spiegel“, flüsterte sie heiser und er spürte ihren schnellen Herzschlag. Es beruhigte ihn, das es auch an ihr nicht spurlos vorbei ging.

„Was hindert dich wirklich daran es ihm zu sagen?“, hauchte er ihr zärtlich ins Ohr, überwältigt von seinen Gefühlen. Gerade noch so konnte er sich zurückhalten, sonst hätte er ihr einen Kuss auf die Stelle hinter ihrem Ohr gesetzt.

Sie legte ihren Kopf etwas nach hinten, drehte sich ihm zu und blickte ihm in das Gesicht. Schien ihn für einen Augenblick ausdruckslos anzusehen, dann aber leuchtete die Erkenntnis in ihren Augen auf. „Es wäre nicht gut für unsere Freundschaft“, hauchte sie.

Überwältigt von ihren Worten und seinen eigenen Gefühlen, beugte er sich etwas zu ihr vor. Hielt sie in seinem Blick gefangen. „Lass uns nur für einen Moment vergessen“, flüsterte er zurück, beugte sich weiter zu ihr.

Sie schloss die Augen, spitzte die Lippen. Bevor er sie berühren konnte, sackte sie plötzlich in sich zusammen und er verlor das Gleichgewicht, konnte sich und sie nicht mehr halten. Rückwärts plumpste er auf den Boden, landete hart, dennoch fing er sie auf und bewahrte sie vor einer Verletzung.

Überrascht starrte er sie an, wusste nicht was geschehen war, als ihn eine Stimme in die Realität zurück holte. „Was ist geschehen?“

Für einen Moment begann sein Herz zu rasen, dann aber rief er sich in Erinnerung das er die gesamte Zeit über eine Maske trug und ihn niemand erkennen würde. Daher fasste er sich schnell wieder und blickte zu dem Mann auf, der neben ihm stand und sich besorgt auf den Boden kniete.

„Aoko?“

„Sie ist eingeschlafen“, antwortete er, blickte besorgt auf das Mädchen in seinen Armen.

„Was haben Sie mit meiner Tochter hier draußen zu suchen?“

Er schluckte, dann aber entschied er sich zur Wahrheit. „Ich habe sie vor einem Sturz bewahrt. Dann sind wir umgekippt und sie ist eingeschlafen.“

So ganz schien der Kommissar seine Worte nicht zu glauben, dennoch beließ er es dabei. „Ich danke Ihnen.“ Im nächsten Moment hob er seine Tochter auf seine Arme und verschwand mit ihr wieder ins Innere des Schiffes.

Zurück blieb er, ein junger Mann in der Verkleidung eines Geschäftsmannes, verwirrt von seinen Gefühlen, von diesem Abend und diesem intimen Moment mit seiner besten Freundin.

Am nächsten Morgen stand er ausnahmsweise mal pünktlich vor ihrer Türe.

Er konnte nicht schlafen, seine Gedanken und sein stark klopfendes Herz hielten ihn die gesamte Nacht noch wach.

Wie eine Leiche trat sie hervor. Mit tiefen Augenringen und mehr tot als lebendig, schloss sie die Haustüre hinter sich.

„Was ist denn mit dir passiert?“

Sie hielt sich ihre Stirn. „Ich hab gestern zu lange gefeiert und mein Vater sieht es als gerechte Strafe mich heute in die Schule zu schicken.“

Wie war es denn gestern überhaupt?“

„Ich hab ein bisschen was getrunken und ich weiß noch, dass da dieser lustige Barkeeper war, der immer wieder etwas neues ausprobiert hat.“

Das Thema Barkeeper stieß ihm ungut auf, daher lenkte er vom Thema ab. „Ist Kid gekommen?“

Sie überlegte, runzelte die Stirn, schloss im nächsten Moment aber schmerzhaft die Augen. „Ich kann mich nicht mehr dran erinnern. Ich bin heute morgen in meinem Bett aufgewacht, aber wie ich da hingekommen bin? Keine Ahnung...“

Er schmunzelte: „Du hast nur ein bisschen was getrunken?“ Allerdings würde er an diesem Tag doch rücksichtsvoller mit ihr umgehen, denn sie musste schon genug unter den Folgen ihres Alkoholkonsums leiden. Aber morgen würde er sie dann nicht mehr schonen.
 


 


 

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Spiegel

Unkraut

Nase

Bug

Seidentuch



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