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Fegefeuer

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Die Entführung

Fegefeuer
 

Kapitel 4: Die Entführung
 

Seit über einer Stunde lief Yoh durch die Straßen von Doby Village und hielt Ausschau nach Ren. Dieser war immer noch nicht aufgetaucht, obwohl er Run gesagt hatte, dass er bald zum Café kommen würde. Es wäre übertrieben gewesen, zu sagen, dass Yoh sich Sorgen machte, dass Ren etwas passiert sein könnte. Ren war stark und ein ausgezeichneter Kämpfer, er konnte auf sich selbst aufpassen. Yoh war eher besorgt um Rens mögliche Verfassung. Er vermutete, dass es seinem Freund nicht gut ging. Nur war er sich nicht sicher, ob es noch an den Nachwirkungen des Tors von Babylon lag, oder an dem ihm unbekannten Grund, der Run offensichtlich so sehr beschäftigte.

So oder so, wollte er ihn so schnell wie möglich finden und mit ihm reden. Natürlich war er als erstes zum Haus von Team Ren gegangen, doch dort war er nicht. Er musste das Haus also verlassen haben, wie er es Run gesagt hatte. Doch wo war er dann hingegangen? Es wäre zwar durchaus möglich, dass Trey recht hatte, und Ren sich spontan umentschieden hatte, doch irgendwie glaubte Yoh das nicht. Es war sehr viel wahrscheinlicher, dass Ren etwas dazwischen gekommen war. Yoh konnte zwar nicht wirklich erklären, warum, doch er war sich trotzdem sicher, dass seinem Freund nichts passiert war. Ob es nun purer Instinkt oder einfach nur seine Hoffnung war, konnte er nicht sagen. Doch er hatte es im Gefühl. Ren war nicht in Gefahr. Er hätte es gewusst, wenn es so gewesen wäre.
 

Doby Village hatte mehrere Kampfarenen, die Yoh nun eine nach der anderen abklapperte. Im Kolosseum und am Canyon war er bereits gewesen, dort war Ren nicht. Amidamaru hatte im Kolosseum alle Zuschauertribünen abgesucht, Ren und Bason waren definitiv nicht dort gewesen. Auch am Canyon waren die beiden nirgends zu sehen. Normalerweise hätte Yoh den laufenden Kampf dort interessiert verfolgt, doch in diesem Fall wollte er Ren so schnell wie möglich finden und machte sich sofort wieder auf den Weg, als er sicher war, dass der Chinese nicht hier war. Ein wenig frustriert von der bislang erfolglosen Suche steuerte er sein nächstes Ziel an: Den Strand. Und dieses Mal sollte seine Hartnäckigkeit endlich belohnt werden. Auf einer der vielen Sitzbänke der Strandpromenade erblickte er seinen verschollenen Freund. Ren saß dort und blickte auf das Meer. Sofort lief Yoh schnellen Schrittes auf die Bank zu. Bason hatte ihre Anwesenheit sofort bemerkt und sagte etwas zu Ren, was Yoh aufgrund der noch zu großen Entfernung aber nicht hören konnte. Daraufhin erhob der Chinese seinen bis dato leicht gesenkten Blick und drehte sich in Yohs Richtung. Rens Mimik hätte der Brünette in diesem Moment als eine Mischung aus Wut und Trauer beschrieben, was augenblicklich Besorgnis in ihm auslöste.

„Da bist du ja endlich, ich habe schon nach dir gesucht!“, sagte Yoh lächelnd. Er überspielte seine Sorge, denn er wusste, dass Ren es hasste, wenn sich andere um ihn sorgten.

„Na dann warst du ja erfolgreich“, antwortete Ren nur und blickte wieder zurück auf das Meer.

Yoh setzte sich neben Ren auf die Bank in richtete seinen Blick ebenfalls auf das ruhige Meer.

„Alles in Ordnung?“

„Alles bestens.“

Genau diese Antwort hatte Yoh erwartet, auch wenn er natürlich wusste, dass sie gelogen war.

„Wieso bist du nicht zum Café gekommen?“, fragte er in einem ruhigen Ton, ohne jeden Vorwurf in der Stimme.

„Ich hatte keinen Hunger; mir war nach einem Spaziergang“, antwortete Ren, ohne seinen Blick von dem Horizont abzuwenden. Yoh schaute Bason an, welcher jedoch augenblicklich wegschaute, als hätte er Schuldgefühle. Der Geist hatte eindeutig etwas zu verbergen. Doch Bason würde ihm nie irgendetwas erzählen, was Ren ihm verboten hatte, das wusste Yoh.

„Verstehe“, erwiderte der Brünette nur, als hätte er geglaubt, dass nicht mehr hinter Rens Fehlen beim Frühstück gesteckt hätte. Es folgten einige Minuten des Schweigens, bevor Yoh erneut seine Stimme erhob: „Wenn dich irgendetwas bedrückt, ganz egal was es ist, dann kannst du jederzeit mit mir reden...Das weißt du, oder?“

Es dauerte einige Sekunden, bis Ren antwortete: „Ja, ich weiß.“

Er machte jedoch keine Anstalten, mehr dazu zu sagen. Einerseits enttäuschte es Yoh, dass sein Freund ihm seinen Kummer, den er zweifelsohne mit sich herumschleppte, nicht anvertrauen wollte, doch andererseits überraschte es ihn auch nicht. Ren war einfach nicht der Typ, der anderen gegenüber sein Herz ausschüttete. Er machte lieber alles mit sich allein aus. Doch trotzdem sollte Ren wissen, dass Yoh für ihn da war.

„Du hast noch nichts gegessen, oder? Es ist schon fast Mittag, wollen wir irgendwo was futtern gehen?“, schlug der Brünette vor und hoffte, Ren ein wenig ablenken zu können.

Natürlich wusste dieser genau, was Yoh bezwecken wollte.

„Eigentlich bin ich nicht wirklich hungrig...“

„Aber du hast heute noch nichts gegessen; also los geht’s!“

Yoh sprang auf und zog Ren an dessen Handgelenk hinter sich her.

„Hey! Lass mich los! Ich kann alleine laufen!“, protestierte Ren lauthals, wehrte sich ansonsten aber nicht gegen seinen übermotivierten Freund. Dieser führte die beiden geradewegs in ein chinesisches Restaurant, wo sie gemeinsam zu Mittag aßen. Die ganze Zeit über sprach Ren kein Wort, antwortete auf Fragen nur kurz und knapp und stocherte mehr in seinem Lieblingsessen herum, als dass er tatsächlich aß. Er schien mit seinen Gedanken an einem völlig anderen Ort zu sein. So langsam wurde Yoh klar, dass das, was Ren so sehr beschäftigte, wohl doch ernster zu sein schien, als er bisher angenommen hatte. Der junge Chinese bereitete ihm immer größere Sorgen. Er legte seine Stäbchen auf seiner Reisschüssel ab und blickte Ren mit ernster Mimik an.

„Ren...“

„Hm?“

„Bitte sag mir, was los ist“, sagte Yoh in einem ruhigen, aber fordernden Ton. Ren wandte seinen Blick genervt ab. „Ich sagte doch: Es ist nichts.“

„Ich weiß, dass das nicht stimmt, Ren.“

„Tze...“, fauchte Ren leise. „Du weißt überhaupt nichts...“

„Dann sag es mir...“

„Es gibt nichts zu sagen.“

„Oh doch; ich dachte zuerst, dass du noch wegen des Tors von Babylon deprimiert bist, aber da ist noch etwas anderes.“

„Nein, ist es nicht!“, entgegnete Ren energisch. Er wurde langsam wütend. Yoh sollte einfach aufhören mit diesem Thema.

„Doch, ist es. Wieso bist du heute Morgen nicht zum Café gekommen?“

Ren ballte seine Hände zu Fäusten und knurrte Yoh entgegen: „Das habe ich dir schon gesagt.“

„Aber das war nicht die Wahrheit...Was ist passiert?“

„Gar nichts!“

Ren wurde immer ungehaltener. Seinen zitternden Fäusten konnte Yoh entnehmen, dass er kurz vorm Ausflippen war. Doch darauf konnte der Brünette jetzt einfach keine Rücksicht nehmen. Er musste wissen, was mit seinem Freund los war. Denn sein Bauchgefühl sagte ihm nun, dass Ren vielleicht doch in Gefahr sein könnte.

„Wieso sagst du mir nicht die Wahrheit, Ren? Ich mache mir Sorgen um dich...“, sagte er leise, darauf hoffend, dass sein Gegenüber sich wieder etwas beruhigen würde. Dessen Wut schien tatsächlich ein wenig abzuklingen. Ren blickte zur Seite und schwieg für einige Sekunden, bevor er erwiderte: „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, okay?“

„Nein, nicht okay...Wenn du mir schon nicht verraten willst, was passiert ist, dann sag mir wenigstens, warum du es mir nicht erzählen kannst...Bitte...“, bat Yoh den Anderen mit besorgter Stimme, schob seine rechte Hand über den Tisch und berührte mit seinem kleinen Finger sachte und unauffällig den kleinen Finger Rens. „Bitte, Ren...“

Ren starrte eine Weile auf ihre kleinen Finger, die sich fast automatisch ein wenig ineinander verhakt hatten, bevor er leise seufzte und erwiderte: „Ich...kann nicht...“

„Kannst nicht, oder willst nicht?“, hakte Yoh nach. Doch Ren antwortete nicht.

„Antworte mir, Ren.“

Der Chinese schluckte einmal schwer, bevor er seinen Blick noch weiter senkte. „Beides“, flüsterte er regelrecht, doch Yoh hatte es verstanden. Und auch, wenn er nach wie vor nicht wusste, was passiert war, so hatte Ren doch zumindest zugegeben, dass etwas passiert war, und er es nur nicht sagen konnte oder wollte. Wenigstens ein kleiner Erfolg für Yoh.

„Bist du in Gefahr?“, fragte Yoh weiter. Ren zog daraufhin skeptisch eine Augenbraue nach oben. „Du meinst mehr als sonst?“, stellte er in leicht sarkastischer Tonlage als Gegenfrage. Anders als erwartet lachte Yoh nicht über Rens Kommentar, sondern blickte seinen Freund nur ernst an und nickte. Ren seufzte laut, bevor er antwortete: „Nein.“
 

Bason und Amidamaru schwebten vor dem Eingang des Restaurants und beobachteten die vorbei gehenden Leute. Sie warteten vor der Tür, um ihren Schamanen ein wenig Privatsphäre zu geben.

„Du wirkst so nachdenklich, Bason, ist alles in Ordnung?“, fragte Amidamaru, nachdem der chinesische Krieger schon eine ganze Weile schweigend in den wolkenlosen Himmel gestarrt hatte. Die Frage holte ihn aus seinen Gedanken und er antwortete etwas hektisch: „Ja, natürlich...Es ist alles in Ordnung...“ Sofort nachdem er geantwortet hatte richtete Bason seinen Blick erneut nach oben und schien auch umgehend wieder in seinen Gedanken zu versinken. Einige Sekunden starrte Amidamaru ihn skeptisch an, bevor er erneut eine Frage stellte: „Warum glaube ich dir das nicht?“

„Du kannst mir ruhig glauben, Amidamaru...Es gibt nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest...“

„Ren verhält sich auch so eigenartig, also ich meine, noch eigenartiger als sonst...Yoh ist auch sehr besorgt...Er ist sich sicher, dass heute früh etwas passiert sein muss...Also warum seid ihr nicht zum Café gekommen?“

„Meister Ren war nach einem Spaziergang, mehr steckt nicht dahinter“, antwortete Bason in einer beinahe emotionsloser Tonlage. Amidamaru bemerkte jedoch, dass dieser sich anspannte und den Blickkontakt mied. Basons Körpersprache passte ganz und gar nicht zu dessen Antwort.

„Ich weiß, dass das nicht die Wahrheit ist...Aber vermutlich hat Ren dir verboten, darüber zu sprechen...Das werde ich akzeptieren und nicht weiter nachfragen“, gab der Samurai sich schließlich geschlagen. Er hätte natürlich noch weiter nachbohren können, doch das wollte er nicht. Er wusste um Basons bedingungsloser Loyalität gegenüber Ren, und er wollte seinen mittlerweile guten Freund nicht dazu nötigen, dessen Prinzipien zu missachten. Amidamaru war selbst ein Krieger, er konnte Bason verstehen.

„Danke, Amidamaru. Du bist ein guter Freund“, erwiderte Bason mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Er verstand, warum der Samurai nicht weiter nachfragte, und er war dankbar dafür. Gleichzeitig hatte Bason ihm soeben die Bestätigung gegeben, dass in der Tat etwas vorgefallen war, über das er nur nicht sprechen durfte. Die beiden Geister verstanden sich auch ohne große Worte.
 

„Lass uns doch nachher ein bisschen zusammen trainieren...Was hältst du davon?“, wollte Yoh wissen und hoffte, die angespannte Stimmung ein wenig auflockern zu können.

„Klingt gut“, antwortete Ren nur. Die beiden bezahlten ihr Essen und verließen das Restaurant. Während sie durch die Stadt liefen sahen sie schon von weitem ihre Freunde Trey, Joco und Ryu. Diese standen vor einem kleinen Verkaufsstand, der Messer, Schwerter und einige andere Waffen verkaufte. Die drei schienen sich in einer heißen Diskussion zu befinden, weshalb sie Yoh und Ren auch nicht bemerkten, bevor diese direkt neben ihnen standen.

„Hey Jungs!“, begrüßte Yoh seine Freunde, welche alle erschrocken zusammen zuckten.

„Mann! Erschreck' mich doch nicht so!“, jammerte Joco und hatte um ein Haar das Schwert fallen lassen, das er in seinen Händen hielt.

„Na sieh mal, Kurzhöschen ist wieder aufgetaucht“, stellte Ryu grinsend fest.

„Wo bist du gewesen?“, wollte Trey von Ren wissen und legte das kleine Taschenmesser zurück auf den Verkaufsstand.

„Ich war spazieren“, antwortete dieser und verschränkte seine Arme vor der Brust. Joco und Ryu nahmen diese Erklärung hin, einzig Trey blickte Ren mit leichter Skepsis an, sagte jedoch nichts dazu.

„Wir haben gerade ausgemacht, dass wir später in der Wüste gemeinsam trainieren wollen, ihr seid doch auch dabei, oder?“, fragte Ryu die zwei.

Yoh druckste herum: „Ähm, also...Eigentlich wollten wir-“

„Wir sind dabei“, unterbrach Ren.

„Hervorragend! Faust kommt sicher auch mit“, freute Ryu sich.

„Dann heißt es euer Team gegen unseres!“, sagte Joco und grinste den Biker herausfordernd an.

„Pah! Wir werden euch so fertig machen, dass eure Schutzgeister euch ins Bett tragen müssen! Nicht wahr, Meister Yoh?!“, entgegnete Ryu selbstsicher.

„J-Ja, sicher...“, bestätigte Yoh mit einem aufgesetzten Lächeln. Er wollte sich seine Enttäuschung nicht anmerken lassen. Natürlich trainierte er gerne mit der ganzen Truppe, doch heute hätte er die Zeit lieber mit Ren allein verbracht. Nicht nur, weil er die wenige Zeit, die er mit Ren allein verbringen konnte, sehr genoss, sondern auch, weil er den verschlossenen Chinesen eigentlich weiter dazu bewegen wollte, ihm anzuvertrauen, was auch immer diesen momentan so sehr bedrückte. Abgesehen davon tat Yoh der indirekte Korb von Ren innerlich auch etwas weh, denn dieser wollte offensichtlich nicht mit ihm allein trainieren gehen. Yoh sah Ren an, doch dieser mied den Blickkontakt. Ob er ein schlechtes Gewissen hatte, oder einfach nur in Gedanken war, konnte Yoh in diesem Moment nicht sagen.

Trey sah einige Male abwechselnd Yoh und Ren an, bevor er sagte: „Ren, du solltest zu Run gehen, sie macht sich Sorgen, weil du heute Morgen nicht zum Frühstück gekommen bist.“

Dieser seufzte einmal genervt. „Wann treffen wir uns?“

„Wie wär's so gegen 16 Uhr?“, schlug Ryu vor.

„Von mir aus“, erwiderte Ren und machte sich ohne ein weiteres Wort auf den Weg.

Yoh blickte ihm mit leicht deprimierter Mimik hinterher.

„Oh Mann, ich hab einen Bärenhunger! Lasst uns was essen gehen!“, schlug Joco vor und rieb sich demonstrativ seinen knurrenden Bauch.

„Ich könnte auch was vertragen“, stimmte Ryu dem Vorschlag zu.

„Ich habe gerade gegessen, also geht ohne mich; wir sehen uns dann später“, lehnte Yoh lächelnd ab.

„Ich komme auch nicht mit, hab noch keinen Hunger“, sagte Trey, woraufhin Ryu ihn mit erhobenem Zeigefinger warnte: „Iss aber nicht direkt vor dem Training, sonst übergibst du dich noch, verstanden?“

„Ja, Mami!“, antwortete Trey augenrollend.

„Braver Junge...Also dann bis später!“
 

Die vier verabschiedeten sich und gingen getrennte Wege. Trey hing sich sofort an Yohs Fersen. Sobald Joco und Ryu außer Hörweite waren, fragte er: „Was ist mit Ren los? Ist etwas passiert?“

„Ja, aber er will mir nicht sagen, was...“, antwortete Yoh seufzend und steckte seine Hände in seine Hosentaschen.

„Verstehe...Habt ihr euch gestritten?“, fragte Trey weiter, woraufhin Yoh den Kopf schüttelte. Im Gegensatz zu Joco und Ryu war dem Blauschopf aufgefallen, dass Ren sich Yoh gegenüber seltsam abweisend verhielt, was sicherlich daran lag, dass er der Einzige war, der über das geheime Verhältnis der beiden Bescheid wusste.

Yoh blieb plötzlich stehen und starrte einige Sekunden lang schweigend hinab auf den Boden.

„Was ist denn los?“, fragte Trey verwundert.

Yoh legte seine rechte Hand auf seinen Bauch und antwortete mit ernstem Gesichtsausdruck:

„Ich habe ein ganz ungutes Gefühl...“
 

Pünktlich um 16 Uhr trafen sich die sechs Freunde wie verabredet in der Wüste um zu trainieren. Yoh fiel auf den ersten Blick auf, dass Ren noch immer sehr nachdenklich zu sein schien.

„Ich schlage ein Match zwischen Team Asakura und Team Ren vor!“, sagte Ryu euphorisch.

„Ich werde mich nie an diesen Namen gewöhnen...“. murmelte Trey genervt.

Die Teams stellten sich mit ausreichend Abstand gegenüber und nahmen ihre Kampfpositionen ein.
 

„Okay; das Team, das als erstes sein gesamtes Furyoku verbraucht hat, hat verloren!“, rief Manta und hob in Schiedsrichter-Manier seinen linken Arm.

„Auf die Plätze, fertig, los!“

Alle Schamanen schafften Riesen-Geist-Kontrolle. Sie fackelten nicht lange und griffen alle gleichzeitig an.

„Fang schon mal an zu beten, Lockenkopf!“, brüllte Ryu Joco grinsend an, während ihre Geister sich bereits ineinander verhakt hatten und sich augenscheinlich nichts schenken wollten.

„Den selben Rat wollte ich dir auch gerade geben, Schmalzlocke!“, erwiderte Joco nicht weniger selbstsicher und setzte direkt zum nächsten Angriff an.

„Wen nennst du hier Schmalzlocke du Möchtegern-Komiker?!“
 

Auch bei Yoh und Ren ging es gleich zur Sache. Beide setzten direkt zum Angriff an. Ren setzte Yoh schwer zu, indem er ihn immer wieder von allen Seiten gleichzeitig anzugreifen schien. Yoh merkte jedoch, dass Rens Kampfstil heute untypisch war. Er war zwar schnell und machte es dem Brünetten schwer, die Richtung, aus der Ren als nächstes angreifen würde, vorauszusagen, jedoch wirkten dessen Angriffe unkontrollierter, als gewöhnlich.

Ren gab sich alle Mühe, Yoh keine Zeit für einen möglichen Gegenangriff zu lassen. Er sprang um diesen herum und attackierte ihn aus jeder Richtung. Er spürte selbst, dass er dieses hohe Tempo und diesen immensen Kraftaufwand nicht lange durchhalten würde, doch er konnte nicht anders. Er musste sich auspowern und irgendwie seinen Kopf frei kriegen. So griff er weiter an, obwohl er eigentlich schon an die Grenzen seiner Ausdauer stieß. Yoh hatte bisher jeden seiner Angriffe abblocken können, doch Ren war sich sicher, dass dessen Verteidigung seinen schnellen Angriffen nicht mehr lange standhalten würde. Also setzte er umgehend zur nächsten Attacke an, dieses Mal von hinten. 'Jetzt habe ich di-'
 

'-Du MUSST es tun, Ren!'
 

'Wa-'

„-AAH!“
 

Unfreiwillig verschaffte Ren Yoh eine Sekunde, um einen Gegenangriff zu starten. Mit voller Wucht traf Yohs Schwert den Chinesen, der nicht schnell genug reagieren konnte, um die Attacke abzuwehren. Ren wurde gegen die nächste Felswand geschleudert. Mit einem lauten Knall prallte sein Körper gegen diese, wodurch sich einige große und viele kleine Felsbrocken lösten und samt Ren ungebremst zu Boden fielen.

„REN!“, schrie Yoh schockiert, löste seine Geistkontrolle und rannte sofort zu Ren. Auch die anderen Schamanen unterbrachen den Kampf umgehend und liefen Yoh hinterher. „Ren! Geht es dir gut?!“, rief der Brünette, während er auf seinen augenscheinlich am Boden liegenden Freund zu rannte.

„Meister Ren!“, brüllte Bason Ren an und rüttelte vorsichtig dessen Körper.

Yoh kniete sich vor den regungslosen Chinesen und erblickte sofort eine kleine Blutlache unter dessen Kopf. „Oh nein, Ren...“

Behutsam hob Yoh Rens Kopf an und legte diesen auf seinen Schoß. Eine Platzwunde erstreckte sich über Rens rechte Schläfe, welche leicht blutete. Mit zittrigen Händen schlug Yoh ihm vorsichtig auf die Wange. „Ren! Wach auf!“

„Hey! Was ist denn passiert?!“, fragte Trey und kniete sich zu den beiden.

„I-Ich...Ich glaube, er war abgelenkt...“, antwortete Yoh entgeistert. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er seinen Freund so heftig treffen würde. Er kannte Ren, normalerweise hätte dieser einen solchen Angriff mit Leichtigkeit abwehren können. Er fühlte sich furchtbar, er hatte Ren verletzt...

„E-Es tut mir so Leid...“, sagte Yoh leise.

„Sei nicht so hart zu dir selbst, Meister Yoh...So etwas kann passieren...Ren ist hart im Nehmen, der ist in Null Komma Nichts wieder auf den Beinen...“, versicherte Ryu und legte seine Hand tröstend auf Yohs Schulter.

„Ryu hat recht; die Wunde sieht nicht schlimm aus...Er ist nur bewusstlos, weil er mit seiner Schläfe gegen den Fels geschlagen ist...“, stimmte Manta zu.

„Ja, das stimmt“, pflichtete Amidamaru den beiden bei. „Trotzdem frage ich mich, wieso Ren unserem Angriff nicht ausweichen konnte...War er unkonzentriert?“ Der Samaurai richtete seine Frage an Bason. Dieser nickte.

„Ja...Ich bin nicht sicher, warum, aber auf einmal war Meister Ren abgelenkt und hat die Geistkontrolle verloren...“

„Und das mitten im Kampf?! Sowas passiert ihm doch sonst nicht...“, wunderte Joco sich.
 

„Darf ich mitspielen?“
 

Bei der nur allzu bekannten Stimme schreckten alle auf und nahmen wie automatisch ihre Kampfpositionen ein.

„Zeke...“, knurrte Yoh wütend.

„Was willst du denn hier?!“

„Mach dich gefälligst vom Acker!“
 

Vor den Schamanen stand der riesige Geist des Feuers, auf dessen Schulter Yohs Zwillingsbruder saß. Dieser hatte sein typisches, freundliches Lächeln aufgesetzt. Yoh und die Anderen stellten sich schützend vor den bewusstlosen Ren und schafften Geistkontrolle.

„Ihr solltet eure Kräfte lieber schonen, ihr könnt mich ohnehin nicht besiegen“, sprach Zeke in ruhigem Ton.

„Sei dir da mal nicht so sicher!“, entgegnete Ryu provokant.

„Sag uns gefälligst was du willst, Zeke!“, forderte Yoh.

Doch Zeke antwortete nicht. Stattdessen schossen wie aus dem Nichts riesige Flammen-Fontänen aus dem Boden und kreisten die Schamanen ein. Sofort griffen sie den Geist des Feuers an, doch jede ihrer Attacken blieb erfolglos. Egal mit wie viel Kraft sie ihren Gegner auch angriffen, es schien diesem nicht das Geringste auszumachen.

„Wir müssen alle gemeinsam angreifen!“, schrie Yoh seinen Freunden entgegen, welche verstehend nickten und ihr Furyoku für einen kollektiven Angriff sammelten. Doch Zeke machte ihnen einen Strich durch die Rechnung, denn der Geist des Feuers hob seinen riesigen linken Arm, holte aus und schleuderte alle fünf Kämpfer wie ein paar kleine Fliegen gegen einen der hohen Felsen.

„AAHH!!!“, schrien sie synchron, als sie mit einem unglaublich lauten Knall gegen den Felsen schlugen. Der halbe Fels wurde durch den massiven Zusammenprall regelrecht zerstört. Eine dichte Staubwolke umgab die Freunde, sodass sie nicht einmal mehr die Hand vor Augen erkennen konnten. Husten und schmerzhaftes Stöhnen war zu hören.

„Seid ihr alle in Ordnung?!“, rief Yoh durch den Nebel aus Staub und Sand.

„J-Ja...mir geht’s gut“, antwortete Trey, hörbar angestrengt.

„Mir ging's schon besser...“, stöhnte Joco gequält.

„Alles bestens, Meister Yoh, keine Sorge!“

„Eliza und mir geht es auch gut!“
 

Eigentlich hatte Yoh damit gerechnet, dass Zeke keine Zeit verlieren, und sofort wieder angreifen würde, doch es war plötzlich verdächtig still. Plante er vielleicht einen Überraschungsangriff?

„Seid auf der Hut, Jungs...“, warnte Yoh seine Freunde und wusste genau, dass diese bestätigend nickten, auch, wenn er es nicht sehen konnte.

Der Wind löste die dichte Staubwolke langsam auf, wodurch der Geist des Feuers Stück für Stück wieder sichtbar wurde. Er stand still da und hielt seinen linken Arm angewinkelt. Es war zwar noch nicht richtig zu erkennen, doch aus Erfahrung vermutete Yoh, dass Zeke auf der Handfläche seines Schutzgeistes stand. Die nach wie vor herrschende Stille wurde plötzlich von Basons verzweifelt klingender Stimme durchbrochen: „MEISTER REN!!!“

Augenblicklich zuckten die Schamanen zusammen. Yohs Herz begann zu rasen.

„REN?!“

„BASON?! WO IST REN?!“, schrie Yoh panisch.
 

Plötzlich war das amüsierte, und gleichzeitig so dunkle Kichern Zekes zu hören, dass es allen Anwesenden einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen ließ. In Yoh zog sich alles zusammen, als der Nebel endlich soweit verflogen war, dass er erkennen konnte, dass Ren nicht mehr an der Stelle auf dem Boden lag, an der er vorhin noch gewesen war. 'W-Wo ist er...?!'

„Zeke, du Bastard!“

„Lass ihn sofort los, du elender Schurke!!!“, hörte Yoh Trey und Ryu schreien, woraufhin er zurück zum Geist des Feuers blickte. Und sofort gefror er innerlich zu Eis. Denn nun war der Nebel soweit verflogen, dass er Zeke endlich erkennen konnte. Genau wie er vermutet hatte, stand dieser auf der Hand seines Schutzgeistes. Doch er war nicht allein. In seinen Armen hielt er den bewusstlosen Ren. Die Beine des Chinesen lagen über Zekes linkem Arm, sein Oberkörper wurde von dessen rechtem Arm gehalten. Rens Kopf hing regungslos hinab.

Eine unglaubliche Welle der Wut durchströmte Yohs Körper. Wenn Blicke töten könnten, wäre Zeke auf der Stelle tot umgefallen.

„Fass ihn nicht an!!! Lass ihn sofort frei!!!“, brüllte er seinem Zwillingsbruder entgegen und schaffte erneut Geistkontrolle.
 

„Ganz ruhig...Ren und ich haben einiges zu besprechen...“, erwiderte Zeke so ruhig wie die Ruhe selbst. Dieses aufgesetzte Lächeln machte Yoh nur noch rasender.

„Du hast mit ihm gar nichts zu besprechen! Lass ihn frei!!!“
 

Wieder kicherte Zeke amüsiert, bevor er sich verabschiedete:

„Bis bald, Yoh...“
 

Noch ehe dieser reagieren konnte, verschwand Zeke in dem aufflammenden Feuer, das ihn, Ren und seinen Schutzgeist innerhalb einer Sekunde komplett umgab und genauso schnell wieder erlosch. Zeke war verschwunden. Und mit ihm Ren.
 

„Nein! Meister Ren!“
 

Nach einigen Sekunden der Schockstarre sank Yoh langsam auf die Knie. Mit brüchiger Stimme hauchte er:

„Ren...“
 


 

Tbc.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen und ihr seid auch beim nächsten Mal wieder dabei :)

Macht ihr euch genauso große Sorgen um Ren, wie ich? O0

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir einen Kommentar dalassen würdet :)

GlG und bis zum nächsten Mal!
Eure LadyKaiba Komplett anzeigen

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