Zum Inhalt der Seite

Valentinstag

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Valentinstag

Valentinstag
 

Mit den Gedanken bei der nächsten Schulstunde und dem Blick auf seinen Unterlagen rührte Severus in seinem Kaffee bevor er sich besann, dass er ihn ja schwarz trank und den Löffel weg legte. Ohne sich weiter darum zu kümmern, trank er einen Schluck und blätterte kurz um. Er hatte das Gefühl, dass er irgendetwas vergessen hatte aber auch ein zweiter und dritter Blick offenbarte keinen Fehler in seinen Aufzeichnungen. Dennoch blieb das ungute Gefühl etwas vergessen zu haben, er wusste nur nicht was.

„Severus.“

„Hm?“

„Severus!“

„Ja, Albus, was ist?“

„Du solltest vielleicht mal nach oben schauen“, schlug Albus schmunzelnd vor. Es war selten, dass sein Tränkemeister so in Gedanken versunken war.

Völlig verwirrt über diese Aussage blinzelte Severus kurz auf seine Unterlagen bevor er wirklich aufsah. Er war so in Gedanken gewesen, dass er das Einfliegen der Eulen völlig verpasst hatte. Aber eigentlich war es egal, er hatte den Tagespropheten schon mit einer Früheule bekommen und auch schon gelesen und andere Post erwartete er nicht. Was eine der Eulen nicht daran hinderte ihn genau anzusteuern. Als er allerdings keine Anstalten machte seine Sachen beiseite zu räumen, schrie die Eule protestierend auf weil sie verzweifelt in der Luft flatterte.

„Severus, es wäre nett wenn du das arme Tier landen lässt.“

Jetzt räumte Severus die Unterlagen weg, die Eule landete sofort und schrie ihm laut ins Gesicht.

„Ich mag dich auch nicht“, stellte Severus klar bevor er das Päckchen vom Fuß der Eule abband. Das Tier schrie ihn nochmal an und erhob sich dann wieder in die Luft.

„Scheint als hätte endlich jemand deinen Wert erkannt“, sagte Albus lächelnd. Als er nur fragend angesehen wurde, fragte er, „Severus, weißt du, was für ein Tag heute ist?“

„Mittwoch“, kam innerhalb einer halben Sekunde und ohne darüber nachzudenken.

Nachsichtig schüttelte Albus den Kopf und machte eine Andeutung in die Halle. „Wenn du nicht so vertieft in deine Unterlagen bist, wirf einen Blick in die Halle und sag mir, was du siehst.“

Noch verwirrter folgte Severus der Aufforderung und wurde noch blasser als er sowieso schon war. Überall schwebten kleine Herzchen, verstohlene Blicke wurden zwischen den Schülern gewechselt, genau wie kleine Geschenke. Mädchen wurden rot während sie die Geschenke annahmen und Jungs holten sich vorher Mut bei ihren Freunden. Es war Valentinstag. Sein Blick ging auf das kleine Päckchen, er wusste sofort, von wem es war und sie hatten eigentlich ausgemacht, dass genau das hier heute nicht passieren sollte.

„Weißt du, von wem es ist?“, fragte Albus interessiert.

Ein Schnauben entkam Severus, sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich.

„Severus?“

„Es ist ein billiger Scherz irgendeines Schülers“, knurrte Severus laut genug, dass es die ersten Reihen der Schüler auch hören konnten. Unter Anderem auch ein gewisser Gryffindor, der wie geschlagen zusammen zuckte. Severus hob den Blick, ließ ihn über die Schüler schweifen und wie zufällig auch über Harry, der sich noch kleiner machte.

„Das ist bestimmt kein Scherz.“

„Doch, ein dummer, billiger Scherz. Ich werde raus finden von wem das Ding ist und diesen Schüler zur Verantwortung ziehen“, fauchte Severus während er aufstand. Er nahm das Päckchen mit und verließ die Halle mit wehendem Umhang. Einen letzten, wütenden Blick auf Harry konnte er sich nicht verkneifen. Er verstand allerdings nicht, dass Harry ihn nur völlig zerstört ansah und sich sogar Tränen in seinen Augen sammelten. Doch stehen bleiben und fragen, konnte er nicht also verließ er die Halle endgültig.
 

So sah er nicht mehr wie Harry förmlich in sich zusammen sackte.

„Er meint das nicht so“, murmelte Ron leise links neben ihm.

„Doch.“

„Nein, er kann das nur nicht zeigen“, mischte sich Hermine von rechts neben ihm ein, „du weißt doch, was ihr für Ärger kriegen könnte.“

„Aber so eine Reaktion?“, fragte Harry deprimiert, „er hätte es einfach nehmen und gehen können. Habt ihr den Blick gesehen?“

„Der war nicht zu übersehen“, kam von Neville, der mittlerweile auch eingeweiht war und Harry gegenüber saß. Genau wie Ginny, die direkt daneben saß und nickte.

Harry sah seine Freunde nacheinander an, schüttelte aber dann den Kopf und stand auf.

„Harry?“

„Lasst uns in den Unterricht gehen, es reicht wenn ich ihn nachher nochmal sehen muss. So hatte ich mir den Tag nicht vorgestellt“, sagte Harry wirklich deprimiert. Er griff nach seiner Tasche und sah seine Freunde fragend und auffordernd an.

Es dauerte nicht lange bis alle aufgestanden waren und bereit waren ihm zu folgen. Alle überlegten, wie sie ihm helfen konnten aber bei keinem kam ein brauchbarer Gedanke zustande. Auch wenn sie alle etwas Anderes sagten, sie waren immer noch etwas geschockt über Harrys mögliche Beziehung zu Snape und ehrlich gesagt, keinen von ihnen überraschte dessen Reaktion auf das Valentinspräsent. Aber das wollte keiner Harry ins Gesicht sagen.
 

Genau dieses Gesicht ging Severus nicht mehr aus dem Kopf und so ließ er die Drittklässler kurzerhand mehrere Kapitel aus dem Lehrbuch lesen und dann zusammen fassen. Dann musste er sich nicht mit ihnen beschäftigen und konnte über sein Problem mit Harry nachdenken. Das Geschenk lag direkt vor ihm, verdeckt durch mehrere Bücher zu den Schülern hin und lachte ihn förmlich an. Er warf noch einen Blick auf die Schüler, keiner sah auf, alle hatten ihre Blicke in den Büchern oder auf ihrem Pergament.

Doch neugierig geworden, seufzte er innerlich und öffnete das Geschenk. Es wunderte ihn nicht, dass eine Karte und eine kleine Pralinenschachtel zum Vorschein kam. Warum auch immer? Er hatte Harry vor ein paar Tagen erst gesagt, dass ihm Schokolade zu süß war um genau diese Situation jetzt zu verhindern. Er wollte ihm beim nächsten Treffen nicht sagen müssen, dass ihm auch diese Schokolade zu süß war. Selbst Bitterschokolade empfand er als zu süß. Daher griff er erst nach der Karte und betete, dass es nicht so eine kitschige Karte war, die gerade überall im Schloss herum flogen. Er wurde angenehm überrascht. Eine weiße Karte mit einer einfachen stilisierten roten Rose darauf. Neugierig drehte er sie rum und konnte lesen, „probier sie erst bevor du sagst, sie ist zu süß.“

Schlicht, mit magischer, gleich bleibender Schrift geschrieben und absolut unverfänglich, falls diese Karte in fremde Hände geraten würde. Scheinbar hatte er im ersten Moment überreagiert. Er hob kurz den Blick, die Situation in der Klasse hatte sich nicht geändert aber dennoch würde er jetzt nicht von der Schokolade probieren. Im Klassenraum für Zaubertränke aß man einfach nichts. Daher packte er alles ordentlich weg, warf noch einen prüfenden Blick in seine Klasse und nachdem es hier ruhig war, wandte er sich ein paar Aufsätzen der Erstklässler zu. Die musste schließlich noch kontrolliert werden. Die Sache mit Harry würde er heute Abend klären. Im nächsten Moment fiel Severus ein, dass er ihn heute gar nicht sehen konnte, er durfte heute keine Strafarbeit verteilen. Verdammt. Aber ihm würde noch etwas einfallen.
 

Als die Sechstklässler von Gryffindor und Slytherin nach dem Mittagessen seinen Klassenraum betraten, musste sich Severus eingestehen, dass er am Morgen einen Fehler gemacht hatte. Sein potenzieller Freund schlich geradezu in den Raum und setzte sich, ohne ihn auch nur ein einziges Mal anzusehen, auf seinen Platz. Er sah dann allerdings kurz auf und der Blick ließ Severus innerlich zusammen zucken. Er hatte Trauer oder Wut erwartet aber nicht diese abgrundtiefe Resignation. Was war hier los? Was hatte er heute Morgen so dermaßen falsch gemacht, dass Harry ihn jetzt so ansah? Der Grund musste irgendwo in Harrys Vergangenheit liegen, nun, das würde sich sehr einfach ergründen lassen. Zumindest für ihn. Aber zuerst musste er den Unterricht beginnen und das tat er auch.
 

Der Trank war einfach, eigentlich zu einfach für Sechstklässler und Harry war sich sehr sicher, dass er ihm gelingen würde. Er erinnerte sich mit einem sehr traurigen Lächeln an das Gespräch von gestern Abend, da hatte ihm Severus den Grund für diesen einfachen Trank genannt.
 

„Musst du nicht noch den Unterricht für morgen vorbereiten?“, fragte Harry verwundert. Sie hatten den Okklumentikunterricht heute ausfallen lassen weil Severus starke Kopfschmerzen hatte und sich nicht konzentrieren wollte und konnte. Stattdessen saßen sie auf der Couch und unterhielten sich.

Ein dumpfes Lachen erklang und schon schüttelte Severus den Kopf, „nein, nicht bei dem Tag morgen.“

„Was ist an dem Tag so besonders? Du hasst den Valentinstag und der Unterricht findet genauso statt wie immer.“

Grinsend hob Severus den Arm und bot ihm etwas Nähe an, die Harry sehr gerne annahm. Schnell rutschte er zu ihm und kuschelte sich an seine Seite. „Für euch Schüler mag es so aussehen aber wenn man genauer hinschaut, sieht man die Unterschiede.“

„Welche?“

„Es gibt keine Strafarbeiten am Valentinstag. Die Lehrer haben zu viel Mitleid mit den Schülern.“

„Das betrifft die Anderen, was ist mit dir?“, fragte Harry grinsend.

„Ich möchte niemanden in die Bedrängnis bringen an dem Tag alleine mit mir sein zu müssen“, sagte Severus.

„Wie bitte?“

„Es ist unter den Schülern leider eine Unsitte den Schülern, die an diesem Tag irgendwie alleine mit mir sind, eine sehr hässliche Affäre mit mir anzudichten. Es wissen alle, dass es gelogen ist aber für die betreffenden Schüler ist es immer sehr bedrückend und hat teilweise schon zu schweren Depressionen geführt“, erklärte Severus nach einem kurzen Zögern.

Überrascht wandte Harry den Kopf, er wurde abwartend angesehen. „Dein Ernst?“

„Mein voller Ernst. Es ging leider soweit, dass eine Schülerin so weit gemobbt wurde, dass sie die Schule gewechselt hat. Sie ist nach Beauxbatons gegangen. Danach habe ich mich mit Albus besprochen und wir haben einige Dinge festgelegt. Ich nehme an diesem Tag nur die leichtesten Tränke dran damit keiner einen Fehler machen kann und ich keine Strafarbeit verteilen muss. Ich gebe keine Hausaufgaben auf damit kein Schüler Fragen hat und in die Bedrängnis gerät mich nach dem Unterricht aufsuchen zu müssen. Ich habe keinen Nachtdienst und mache die Tür nicht mehr auf wenn es klopft.“

Harry starrte ihn einfach nur fassungslos an.

„Was?“

„Das ist ja genauso Mobbing wie das, was die Schüler machen. Das ist nicht richtig“, platzte es aus Harry heraus.

Zu seiner Überraschung nickte Severus und sagte, „beides richtig aber für die Schüler ist es besser. Wenn du dir morgen einen Spaß machen willst, beobachtest du deine Mitschüler sobald ich auftauche. Sie alle werden versuchen sich so unsichtbar wie möglich zu machen, es wird sich keiner im Unterricht melden und wirklich jeder wird seine Hausaufgaben dabei haben.“

„Das ist furchtbar“, murmelte Harry.

„Nein, es ist ein Preis, den ich für mein Verhalten zahlen muss. Harry, denk nicht darüber nach“, bat Severus, „ignorieren wir den morgigen Tag einfach.“

„Aber...“

„Nein, Harry“, unterbrach Severus ihn ernst. Er wurde fragend an gesehen. „Ich bin kein Romantiker und werde es niemals sein. Außerdem ist die Gefahr für uns zu groß, du kennst die Risiken, die eine Beziehung mit mir betrifft.“

„Ich bin bereit sie einzugehen.“

„Ich möchte aber ungern nach Askaban.“

„Askaban?“

„Harry, du bist sechzehn und damit minderjährig, ich mache mich strafbar wenn wir irgendetwas miteinander machen.“

„Aber ich werde im Sommer siebzehn“, fuhr Harry dazwischen.

Severus lächelte nachsichtig und sagte, „bis dahin bist du einfach minderjährig und wenn dir das mit uns ernst ist, müssen wir einfach warten.“

„Was ist nach meinem Geburtstag?“

„Das klären wir dann mit Albus.“

„Professor Dumbledore? Was hat der damit zu tun? Der sollte kein Teil des Uns werden.“

Aus dem Lächeln wurde ein Grinsen, Severus drückte ihn kurz enger an sich und erklärte, „Albus erfährt es so oder so und es ist besser wenn er es gleich weiß. Er wird deine Aufsätze und Tränke dann benoten, es wäre nicht fair wenn ich das weiterhin machen würde.“

„Würdest du mich bevorzugen?“, fragte Harry, der sich das absolut nicht vorstellen konnte.

„Nein, aber wenn es raus kommt, könnte man deine Noten anzweifeln und das will ich nicht. Es wird genug Ärger geben wenn es irgendwie raus kommt. Wir sollten sehr, sehr vorsichtig sein wenn wir nicht unnötig Ärger haben wollen.“

„Für immer?“

Severus seufzte leise und sagte, „du stellst dir das Ganze zu einfach vor. Du kennst meinen Ruf, willst du wirklich, dass alle Welt weiß, dass du mit mir zusammen bist? Bis auf deine engsten Freunde wird es keiner verstehen, sie werden dich genauso meiden wie mich. Beleidigungen, Schmähungen, Mobbing, willst du das alles wirklich? Nur für eine Verl....“

„Sprich es nicht aus“, knurrte Harry während er aufsprang, „behandle mich nicht wie ein kleines Kind, das bin ich schon lange nicht mehr. Ich weiß vielleicht nicht genau auf was ich mich da einlasse aber es ist keine alberne Verliebtheit, kein sinnloses Schwärmen.“

„Was ist es dann?“

Unschlüssig zuckte Harry mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich mag dich, sehr sogar aber ob ich dich liebe? Keine Ahnung. Dazu ist es zu früh, denke ich. Wie du so schön sagtest, ich bin sechzehn, wozu die Eile? Aber in Einem bin ich mir absolut sicher.“

„In was?“

Harry sah ihn offen an, er schreckte nicht vor dem gespaltenen Auge oder seinem restlichen Aussehen zurück. „Ich will es versuchen. Ich will nicht von vorne herein aufgeben sondern ich will es versuchen. Es gibt nie eine Garantie für eine Beziehung aber willst du von vorne herein aufgeben?“, fragte Harry.

Ein kurzes Zögern. Dann ein Kopfschütteln. Doch er schwieg.

Mit einem Lächeln trat Harry zu ihm, kniete sich vor ihn und küsste ihn vorsichtig. Der Kuss blieb nicht unerwidert.


 

Wie hatte die Situation bis heute so kippen können? Harry musste mit Gewalt die Tränen unterdrücken, er hatte ihm doch nur eine Freude machen wollen. Severus hatte doch selber gesagt, dass sie sich heute wahrscheinlich nicht privat sehen konnten weil er keine Strafarbeiten verteilen durfte. Wie hätte er ihm dann sein Geschenk geben sollen? Er hatte das Päckchen doch absichtlich neutral gehalten, mit verzauberter Schrift, niemand würde auf ihn kommen. Er wollte es ihm doch nur heute geben und vielleicht auch zeigen, dass sich jemand für ihn interessierte. Harry seufzte leise, sah kurz auf aber Severus war nicht mehr hinter seinem Tisch. Er hatte damit begonnen durch die Reihen zu gehen. Warum? Der Trank war wirklich idiotensicher, keiner der Sechstklässler würde ihn verhauen. Selbst Neville hatte keine Probleme obwohl er, wie alle Anderen, alleine arbeitete. Er sah kurz zu seinem Trank, er war perfekt und musste jetzt noch fünf Minuten kochen bis er die nächste Zutat hinein tun musste. Also setzte er sich und wartete.
 

Severus ging langsam durch die Reihen, er musste eigentlich gar keinen Kontrollgang machen. Die Schüler würden diesen Trank im Schlaf brauen können. Sein Blick ging immer wieder unauffällig zu Harry, der deprimiert an seinem Tisch saß und dem Trank mehr schlecht als recht seine Aufmerksamkeit schenkte. Normal hätte er längst etwas gesagt aber der Trank war momentan perfekt, er hatte keine Handhabe. Genau wie für mögliche Strafarbeiten, Albus würde ihm die Hölle heiß machen aber war es das vielleicht wert? Harry hatte ihm das Geschenk ja nicht umsonst geschickt, er hätte es ihm auch privat schicken können. Aber er wollte scheinbar, dass ganz Hogwarts wusste, dass sich jemand für ihn, den fiesen, schleimigen Kerkermeister, interessierte. Er erinnerte sich an seine Worte zu Weihnachten, gut, wenn er weitere Gerüchte wollte, würde er dafür sorgen. Albus würde er sowieso irgendwann die Wahrheit sagen müssen. Mit einem innerlichen Grinsen steuerte er Harrys Platz an.
 

Ein dumpfes Brodeln ließ Harry aufsehen und die Augen aufreißen. Wie hatte das passieren können? Panisch sprang er auf um noch irgendetwas zu retten aber er sah sofort, dass es zu spät war. Er spürte den Zauber vor sich in dem Moment wo sein Trank einfach in die Luft flog. Kurz darauf erklang schon Severus' Stimme.

„Potter, Sie sind ein absoluter Volltrottel. Nicht mal ein Zweitklässler würde es schaffen diesen Trank zu verhunzen. Haben Sie überhaupt ein Gehirn zwischen Ihren Ohren? Oder ist das ein absolutes Vakuum?“, knurrte Severus während er langsam und lauernd auf ihn zu kam.

„Ich weiß nicht, was da schief gegangen ist, Sir“, murmelte Harry leise.

Ein genervtes Seufzen war laut und deutlich zu hören. „Warum wundert mich das jetzt nicht? Sie sind und bleiben eine Niete in Zaubertränke. Es ist mir ein Rätsel wie Sie es in diese Klasse gekommen sind aber ich bleibe wohl mit Ihnen geschlagen. Gut, wer nicht hören will, muss fühlen“, knurrte Severus, „nachsitzen.“

„Sir?“, fragte Harry völlig verständnislos. Er sah die verwirrten und geschockten Blick seiner Mitschüler und er verstand es auch nicht. Hatte Severus nicht gesagt, dass das heute nicht möglich war? „Heute?“

„Nein, nächstes Jahr im Dezember“, fuhr Severus ihn an, „natürlich heute, wann denn sonst? Herr Gott, legen Sie sich bis heute Abend ein Gehirn zu. Vielleicht kann Ihnen Mrs. Granger ein Stück abgeben, dann legt sich vielleicht auch diese Besserwisserei. Heute Abend, 20 Uhr, hier und bringen Sie ein Hirn mit. Jetzt räumen Sie hier auf und der Rest macht weiter.“ Damit drehte sich Severus um und rauschte zu seinem Tisch zurück, er war sich der Blicke durchaus bewusst und konnte nur hoffen, dass er das Richtige getan hatte.
 

Fassungslos saß Harry auf seinem Platz und starrte auf die leere Tischplatte. Er wusste nicht, was er denken sollte. Wie war sein Trank explodiert? Er war sich absolut und einhundert prozentig sicher, dass er keinen Fehler gemacht hatte. Die Anderen waren zu weit weg um ihm unbemerkt etwas in den Trank zu werfen, die Handbewegung hätte er definitiv gesehen. Sein Blick ging zu Severus, der wieder hinter seinem Lehrertisch saß und scheinbar in irgendwelchen Unterlagen las. Er war im Endeffekt der Einzige, der nah genug an seinem Kessel gewesen war um ihm etwas hinein zu werfen aber warum? Wollte er ihm unbedingt Nachsitzen aufbrummen? Heute? Sollte er mit seinen Gefühlen doch nicht ganz so alleine sein? Denn wenn Harry ehrlich war, zweifelte er etwas an dessen Gefühlen. Sollte das ein Statement sein? Severus sah plötzlich auf, das Gesicht eine Maske und schnell saß Harry weg. Er spürte das Ziehen in seinem Kopf bevor sich vor seinen Augen plötzlich ein Bild auf seinem Tisch bildete.

Es war die rote Rose, die auf seiner Karte abgebildet war. Eine Hand, sehr jung und mit leichten Schwielen überzogen, hielt sie, seine Hand. Sie wurde weiter gereicht, eine zweite Hand bildete sich. Älter, schlanker und vom Leben und zu vielen Tränken gezeichnet, zögernd, doch dann ergriff sie die Rose.

Das Bild änderte sich, die Hände und die Rose verschwanden und machten einem sehr bekannten Wohnzimmer Platz. Doch dieses Mal sah er einen kleinen, hohen Tisch mit zwei Stühlen, dezent romantisch geschmückt und bereit für ein Abendessen zu Zweit. Er spürte die Frage in sich.

Harry sah auf, schwarze Augen sahen ihn fragend an. An den weißen Teil hatte er sich schon so sehr gewöhnt, dass er ihm gar nicht mehr auffiel. Die Frage war klar, ob er das Nachsitzen wirklich antreten wollte und dieses Abendessen würde ihn erwarten. Genau wie unzählige neue Gerüchte. Er sah sich kurz in der Klasse um, alle Schüler waren auf ihre Tränke konzentriert. Keiner wollte Severus' Aufmerksamkeit auf sich ziehen, nun, bis auf Harry. Er sah wieder nach vorne und nickte unmerklich. Er war bereit die Gerüchte auf sich zu nehmen um einen Abend mit ihm zu verbringen und wenn dieses Abendessen auf ihn wartete. Severus neigte den Kopf geringfügig, als Nicken war das nur zu erkennen wenn man ihn gut kannte. Damit war die Sache beschlossen.
 

„Severus, kann ich dich kurz sprechen?“

Nicht wirklich überrascht über den ernsten Tonfall seines Vorgesetzten drehte sich Severus um und hob lediglich fragend eine Augenbraue, mehr dürfte nicht notwendig sein.

„Du kannst dir denken worum es geht.“

„Natürlich.“

Sie waren alleine in dem Korridor, dafür würde Albus schon gesorgt haben. Dessen Blick war sehr ernst. „Warum hast du heute nachsitzen verhängt? Du kennst die Abmachung.“

„Es war gerechtfertigt. Wer so einen einfachen Trank versaut, hat Strafe verdient.“

„An einem anderen Tag. Severus, du weißt, was damals passiert ist“, mahnte Albus ernst, „willst du das nochmal erleben?“

„Nein und das wird auch nicht nochmal passieren. Albus, wir müssen endlich über den Schülern stehen.“

„Nun, nicht Heute. Mr. Potter wird seine Strafarbeit an einem anderen Tag ableisten.“

Severus zögerte einen Moment, sagte aber dann, „Mr. Potter ist bereit die Strafarbeit heute abzuleisten, er ist sich der Konsequenzen bewusst.“

Überraschung zeichnete sich auf Albus' Gesicht ab bevor der Blick berechnend wurde. „Hast du mit ihm darüber gesprochen?“

„Ja.“

„Er ist minderjährig“, erinnerte Albus, der eine ungefähre Ahnung hatte. Die nächsten Worte würden seine Ahnung wohl bestätigen.

„Das ist uns bewusst“, war alles, was Severus sagte.

Damit war seine Ahnung bestätigt, Albus seufzte leise und sah ihn fast schon verzweifelt an. Er hatte die Veränderung in den letzten Wochen mitbekommen und sich seinen Teil dazu gedacht. Er hätte allerdings nie gedacht, dass es schon so ernst war. „Bist du dir der Tragweite eurer Entscheidung bewusst?“, fragte er leise.

„Ja.“

„Er auch?“

„Noch nicht ganz aber ich arbeite daran, dass er es versteht“, gestand Severus. Er war etwas verwundert über diese Ruhe denn er hätte einen starken Ausbruch erwartet.

„Wir sollten uns bei Gelegenheit zu dritt unterhalten aber ich vertraue darauf, dass du nichts ungesetzliches tust. Severus, ich möchte dich nicht in Askaban besuchen müssen.“

„Wirst du nicht, wir kennen die Regeln und halten uns daran. Ein Gespräch liegt durchaus im Bereich des Möglichen“, sagte Severus ausweichend. Die paar Küsse verschwieg er, dafür würde er nicht nach Askaban gehen.

„Ich muss über alles nachdenken. Severus, mach bitte keinen Fehler“, bat Albus nochmal eindringlich. Er war etwas geschockt, dass seine Ahnung doch schon so ernst war und er musste diese Situation erst einmal richtig überdenken.

„Mache ich nicht.“

Albus sah ihn noch einen Moment fast schon verzweifelt an, nickte aber dann und drehte sich ohne einen weiteren Kommentar um. Severus sah ihm nicht nach sondern ging einfach in die Richtung weiter, in die er eigentlich wollte. Er musste schließlich noch einiges für heute Abend vorbereiten, schließlich hatte er nicht damit gerechnet, dass Harry zusagen würde. Jetzt hieß es sich etwas beeilen.
 

Doch er wartete am Abend vergeblich, es war bereits halb Neun und er saß alleine in seinem Wohnzimmer. Sein Blick ging auf den gedeckten Tisch, eine einzelne rote Rose in einer schlanken Vase stand neben dem kleinen Geschenk, welches darauf wartete übergeben zu werden. Aber wo war Harry? Hatte er sich doch nicht getraut? Oder hatte ihn Albus aufgehalten? Severus schnaubte leise, er würde die Antwort nicht hier auf seinem Sofa finden also erhob er sich und machte sich auf den Weg zu seinem Vorgesetzten.
 

Den Weg zu Albus hätte sich Severus sparen können, der alte Zauberer hatte keine Ahnung wo Harry war. Also war Severus wie ein Racheengel im Gryffindorturm aufgetaucht. Ganz der böse Tränkemeister, der den armen Schüler zur Strafarbeit in die Kerker schleifen will. Der arme, zitternde Longbottom versicherte ihm allerdings, dass Harry nirgendwo im Turm war. Severus glaubte ihm und ging und war sich sicher, dass Longbottom diese Nacht Albträume haben würde.
 

Irgendwann führte ihn sein Weg nach draußen, es war mittlerweile fast zehn Uhr und er hatte die typischen Schülerverstecke bereits abgeklappert. Ohne Erfolg und so langsam wurde der Gedanke, dass es Harry zu viel geworden war noch bevor es richtig begonnen hatte, immer präsenter. Er versuchte diese Gedanken mit Gewalt zu unterdrücken doch sie schoben sich immer weiter in den Vordergrund. Er wusste nicht, warum er das Schloss verlassen hatte, er hatte wohl frische Luft gebraucht. Seufzend beschloss er einen Spaziergang zu machen, er würde wohl heute noch den schönen Gedanken an eine mögliche Beziehung nachhängen und dann damit abschließen. Es wäre auch zu schön gewesen.
 

Leises Weinen ließ Severus irgendwann inne halten. Er sah sich verwirrt um, hatte er etwa einen enttäuschten Liebhaber außerhalb des Schlosses überrascht? Das fehlte ihm heute noch. Aber er war immer noch Lehrer und damit lag es in seiner Pflicht wenigstens nachzusehen, er konnte sich ja immer noch klammheimlich verdrücken wenn es ihm nicht passte. Also folgte er schweren Herzens den leisen Geräuschen.
 

Doch was er sah, ließ sein Herz gleich noch schwerer werden. Denn da am See saß niemand anderes als Harry, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen und leise weinend. Severus blieb stehen, zögernd, ging aber dann weiter. Er wollte wenigstens wissen was er falsch gemacht hatte.
 

Völlig in Gedanken schreckte Harry panisch zusammen als sich plötzlich jemand neben ihn setzte. Als er erkannte, wer sich da gesetzt hatte, war er schon fast aufgesprungen.

„Willst du mir nicht wenigstens erklären, warum du mich versetzt hast?“, fragte Severus ruhig, „ich würde gerne wissen, was ich falsch gemacht habe.“

Langsam ließ sich Harry wieder nieder, wischte sich grob übers Gesicht und nuschelte, „du hast gar nichts falsch gemacht.“

„Warum habe ich dann eine halbe Stunde vergeblich auf dich gewartet?“

„Ich habe mich nicht getraut.“

„Warum nicht? Angst vor deinen Mitschülern? Die dürften sowieso schon reden. Ich war im Gryffindorturm um dich zu holen“, sagte Severus, „dein Freund Longbottom dürfte diese Nacht Albträume von mir haben.“

Harry lachte leise bevor er sagte, „es tut mir leid.“

„Das ist mir bewusst, ich würde gerne eine Erklärung hören.“

„Ich hatte Angst.“

„Wovor?“

Unschlüssig zuckte Harry mit den Schultern, schwieg aber.

„Ist es etwas aus deiner Vergangenheit?“, fragte Severus weiter. Sein Gram über die Versetzung hatte sich gelegt, scheinbar war es Harry doch ernst er als er gedacht hatte. Denn sonst würde er nicht weinend hier sitzen.

„Ja.“

„Willst du es mir erzählen oder soll ich es mir ansehen?“, fragte Severus, der schon den Zauberstab zog weil er sich die Antwort denken konnte.

Fast schon erleichtert nickte Harry und schloss die Augen, er hörte das leise Legilimens nur am Rande.
 

Der Beobachter sah sich um, er befand sich in einer Schule, oder zumindest auf einem Schulhof. Kinder liefen durcheinander und wenn er das Alter der Kinder richtig einordnete, befand er sich in einer Grundschule. Eine Bewegung neben ihm ließ ihn kurz den Kopf wenden, der junge Mann neben ihm lächelte scheu und deutete in eine Ecke des Schulhofes. Der Beobachter wandte den Blick und sah einen Jungen, der mal zu dem jungen Mann heranwachsen würde, der neben ihm stand und jetzt mit ihm zusammen den Hof durchquerte.

Der Junge musste neun oder zehn Jahre alt sein, er trug noch genauso abgetragene Kleidung wie die letzten Male. Er stand vor einem Mädchen, hielt etwas hinter seinem Rücken und scharrte unsicher mit den Füßen. Doch dann schien er sich zu überwinden und hielt dem Mädchen eine Valentinskarte hin, zusammen mit einem schüchternen Lächeln. Das Mädchen sah ihn mit großen, blauen Augen an bevor es den Kopf so wild schüttelte, dass die blonden Locken um ihr Gesicht gewedelt wurden.

„Ihh, der will mir eine Karte geben. Der Freak will mir eine Karte geben“, kreischte das Mädchen und schon war die Aufmerksamkeit des ganzen Schulhofes der Ecke sicher.

Fast schon fassungslos musste der Beobachter mit ansehen wie der kleine Junge immer trauriger wurde als immer mehr seiner Mitschüler mit dem Finger auf ihn zeigten und ihn hämisch auslachten. Er hörte Dinge wie Freak, seltsam, dumm, hässlich, dreckig, faul und noch viele Dinge, die er gar nicht benennen wollte. Er sah zur Seite, der junge Mann zuckte mit den Schultern.

„Ich war nicht sehr beliebt in der Schule, mein Cousin hat seinen Teil dazu beigetragen. Ich war neun und war das erste Mal auf eine kindliche Weise schwer verliebt.“

Der Beobachter nickte und sah wieder zu dem Jungen, der jetzt weinte und auch dafür ausgelacht wurde. Bis sich ein sehr dicker Junge durch die Menge kämpfte, kurz stutzte und dann grölend mit lachte. „Das erzähle ich Dad, das erzähle ich Dad“, schrie er immer wieder.

„Bitte nicht“, flüsterte der Junge.

Doch der dicke Junge lachte nur noch lauter und lief dann lachend weg. Immer wieder war zu hören. „Der Freak ist verliebt, der Freak ist verliebt.“

Das Mädchen hatte sich mittlerweile zu ihren Freundinnen umgedreht und amüsierte sich scheinbar köstlich über den kleinen Jungen. Immer wieder wurde mit dem Finger auf ihn gezeigt, sich dann geschüttelt und dann gekichert. Der Beobachter schüttelte den Kopf.

„Kinder können grausam sein wenn es ihnen niemand anders vorlebt. Weder die Eltern noch die Lehrer haben jemals eingegriffen, wer kann es den Kindern dann verübeln wenn sie auch so werden?“

Fragend wurde eine Augenbraue nach oben gezogen, wollte er damit etwa etwas an ihm als Lehrer aussetzen?

„Fachlich bist du genial aber menschlich bist du ein Scheusal zu den Schülern. Ein Lehrer sollte eine Person sein, zu der Schüler aufsehen können aber nicht jemand, vor dem sie Angst haben. Lass uns gehen, du hast gesehen, was du sehen wolltest. Der nächste Valentinstag lief genauso ab, den möchte ich bitte nicht auch nochmal erleben.“

Der Beobachter nickte und die Szene verblasste langsam. Sie hatte ihn sehr nachdenklich gemacht.
 

„Irgendwie haben diese zwei Tage ein Trauma hinterlassen“, flüsterte Harry, „ich habe Angst, dass du, naja....“

„Dass ich dich auslache? Wohl kaum. Ich habe die Einladung schließlich ausgesprochen“, unterbrach Severus ihn, „aber bei deiner Vergangenheit wäre ein einfaches Trauma noch die beste Alternative.“

„Was meinst du damit?“

„Harry, seelische Vernachlässigung kann schwere Schäden bei Kindern verursachen. Die Auswirkungen können erst Jahre später auftreten. Dein Leben bei deinen Verwandten hat wahrscheinlich mehr Schaden angerichtet als du denkst“, sagte Severus ernst.

Schweigend ließ Harry den Kopf hängen bis zwei Finger sich unter sein Kinn legten und ihn sanft zwangen wieder aufzusehen.

„Was aber nicht heißt, dass es kein Uns geben kann. Sondern nur, dass ich dir gerne helfen würde wenn du mich lässt.“

„Wirklich?“

„Ja, wirklich. Harry, warum hast du mir das Geschenk geschickt wenn du Angst hattest, dass ich dich auslache?“

Schulterzucken. „Ich war mir sicher, dass du das nicht in der großen Halle machen würdest aber ich wollte es dir einfach geben. Du hast selber gesagt, dass wir uns heute eigentlich nicht beim Nachsitzen sehen können und ich wollte auch irgendwo, dass alle wissen, dass sich jemand für dich interessiert“, erklärte Harry hilflos, „nicht, dass dich mir noch jemand weg nimmt.“

Jetzt lachte Severus und meinte, „diese Angst kann ich dir sehr gründlich nehmen, mich will keiner haben.“

„Doch, ich.“

„Sehr schön, dass wir das geklärt haben“, grinste Severus. Ein leises Gong erklang. „Nun, es ist zwar nicht mehr Valentinstag aber was hältst du davon wenn wir ins Schloss zurück gehen und einen Mitternachtssnack einnehmen?“

„Gerne.“

Das war Severus genug, er stand auf und zog Harry in der gleichen Bewegung auf die Beine. „Hast du deinen Umhang dabei?“

„Nein, bin so raus.“

„Dann komm, ich kenne den ein oder anderen Geheimgang aber natürlich wird er nicht missbraucht.“

„Natürlich nicht, Professor Snape.“

Als Antwort bekam Harry eine leichte Kopfnuss bevor sich Severus in Bewegung setzte. Harry folgte ihm grinsend.
 

Das verspätete Abendessen war gegessen und hatte genauso gut geschmeckt wie es vor ein paar Stunden geschmeckt hätte. Die Tatsache, dass es nicht mehr Valentinstag war, war Beiden bewusst und egal. Mittlerweile war es fast zwei Uhr in der Nacht, sie hatten es auf die Couch geschafft und saßen eng aneinander gekuschelt zusammen darauf. Zumindest Harry war absolut nicht müde.

„Hast du schon die Schokolade probiert?“, fragte Harry gerade.

„Nein“, gestand Severus, der sich von ihm löste und aufstand. Er ignorierte den fragenden Blick während er zur Kommode ging und dort zwei Päckchen nahm. Sein Eigenes und das noch hübsch Verpackte, das er jetzt Harry reichte.

„Für mich?“

Severus lag eine spitze Antwort auf der Zunge doch er schluckte sie runter und nickte. Dann setzte er sich und öffnete die Schokolade. Sie war unverkennbar selbst gemacht, an den Rändern schief und mit kleinen Bläschen.

„Nicht lachen, ich habe das erste Mal Schokolade gemacht.“

„Warum sollte ich lachen?“

„Weil sie furchtbar aussieht“, murmelte Harry, der langsam sein eigenes Päckchen aufmachte. Eine kleine Schachtel kam zum Vorschein und als er sie öffnete, sah er sich kleinen, perfekten Pralinen gegenüber. Er hatte solche Pralinen schon einmal gesehen als Vernon sie Petunia geschenkt hatte. Sie waren sehr teuer gewesen, was Vernon immer wieder betont hatte. Seine Freude trübte sich, er wollte nicht, dass Severus Geld für ihn ausgab.

„Ich kann deine Gedanken lesen, auch ohne Legilimentik“, mahnte Severus, der sich ein Stück Schokolade abbrach.

„Wirklich?“, fragte Harry mit einem gequälten Lächeln.

„Ja, du denkst, ich hätte die Pralinen gekauft. Ich muss dich leider enttäuschen, ich habe sie selbst gemacht.“

Harry sah ihn kurz an, sah dann wieder auf die Pralinen und klappte den Mund fassungslos auf. Sie sahen absolut perfekt aus, wie die teuren Pralinen, die Vernon gekauft hatte. „Wie oft hast du schon Pralinen gemacht?“, entfuhr es ihm.

Während er das Stück Schokolade vorsichtig probierte, setzte sich Severus wieder neben ihn. Er hob fragend und anerkennend eine Augenbraue.

„Nicht zu süß?“

„Nein, perfekt. Wie hast du das gemacht?“

„Hermine hat mir geholfen. Sie hat ihre Eltern per Eule nach einem Rezept für Schokolade gefragt, die auf keinen Fall süß sein darf“, erklärte Harry, der immer wieder fassungslos auf die Pralinen sah. „Ihre Eltern haben ihr dann mehrere Rezepte geschickt, sie sind Zahnärzte und waren sehr erfreut über die Anfrage. Ich habe dann einfach alle nach gekocht und meine Freunde probieren lassen. Die Schokolade, bei der alle gesagt haben, dass sie sie auf keinen Fall kaufen würden, habe ich genommen.“

„Sehr gute Wahl“, gestand Severus, der noch ein Stück aß und automatisch versuchte die Geschmacksbestandteile zu erkennen. Da war eine gewisse Schärfe, vielleicht Chili oder nein, exotischer, Wasabi vielleicht. Egal, was es war, die Schärfe war perfekt. Dazu eine fruchtige Note, Kirsch, nein, was definitiv Anderes. Pflaume? Severus probierte noch ein Stück, die Note war feiner, vielleicht Mirabelle? Er kam einfach nicht drauf.

„Du überlegst welche Frucht, oder?“, fragte Harry grinsend.

„Ja. Verrat es mir.“

„Mirabelle.“

„Da war ich nah dran. Warum probierst du nicht?“

„Die sind zu schade zum essen“, gestand Harry, „wie oft hast du schon Pralinen gemacht?“ Er stellte die Frage zum zweiten Mal und die Antwort interessierte ihn sehr. Irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, dass Severus sehr oft Pralinen herstellte.

„Das erste Mal. Für wen hätte ich auch Pralinen machen sollen?“, fragte Severus.

Jetzt starrte Harry die perfekten Pralinen in seiner Schachtel noch fassungsloser an. „Wie hast du die so perfekt hinbekommen? Meine Schokolade sieht schrecklich aus.“

„Aber sie schmeckt vorzüglich“, sagte Severus bevor er das dritte Stück aß und danach erst erklärte, „ich bin Zaubertränkemeister mit dem höchsten akademischen Grad, den man in unserer Welt erreichen kann. Pralinen sind auch nur ein weiteres Rezept. Wenn man es genau befolgt, kommt so etwas dabei raus. Ich hoffe, sie schmecken auch.“

„Du hast nicht probiert?“

„Zu süß“, sagte Severus schmunzelnd.

Kopfschüttelnd wandte sich Harry seinen Pralinen zu und suchte sich eine aus, weiße Schokolade mit einer kleinen Pistazie darauf. Allerdings sah er sie sich erst einen Moment an, bewunderte wie perfekt sie geworden war bevor er sich überwinden konnte sie zu essen. Genießend schloss er die Augen.

Severus sagte nichts, die Reaktion sagte alles und scheinbar kamen seine Pralinen an. Er musste ihm ja nicht sagen, dass er fast zwei Wochen jede Nacht im Labor zugebracht hatte um sie so perfekt hinzukriegen. Das kratzte eh schon an seinem Stolz, da musste er es nicht noch breit treten. Stattdessen genoss er sowohl die Schokolade wie auch die Tatsache, dass seine Pralinen gut ankamen.
 

Doch irgendwann siegte die Müdigkeit und sie konnten die Trennung nicht weiter hinaus zögern. Es war allerdings auch schon weit nach vier Uhr, in wenigen Stunden mussten sie Beide in der großen Halle zum Frühstück erscheinen.

„Ich will nicht gehen“, murmelte Harry gegen Severus' Brust, „kann ich nicht hier bleiben. Auf der Couch?“

„Nein. Die Couch ist absolut unbequem und es macht absolut keinen guten Eindruck wenn du zum Frühstück aus den Kerkern kommst“, sagte Severus, „Albus weiß es zwar eh schon fast und will mit uns reden.“

„Ich bin begeistert.“

„Ich auch aber es lässt sich nicht ändern. Harry, du warst mit den Regeln einverstanden also halten wir uns auch daran“, mahnte Severus, der ihn nochmal kurz an sich drückte bevor er die Umarmung auflösen wollte. Allerdings hielt sich Harry an ihm fest. „Harry.“

„Es ist nicht fair.“

„Nein, ist es nicht aber wir werden es schaffen wenn es uns Beiden ernst ist. Wir brauchen nur Geduld und wir müssen uns an die Regeln halten.“

„Hm.“

Severus lachte leise, hob sein Kinn mit einem Finger an und hauchte einen zarten Kuss auf seine Lippen. „Wir werden es überleben und jetzt gehst du brav in deinen Schlafsaal und tust so als wärst du die ganze Nacht im Bett gewesen.“

„Mehr.“

„Nein.“

„Aber...“

„Nein, Harry. Ich hänge an meiner Freiheit und will nicht nach Askaban gehen. Das muss einfach reichen bis du volljährig bist“, sagte Severus ernst. Er gab ihm noch einen sehr keuschen Kuss und löste die Umarmung dann wirklich. Gleichzeitig drehte er ihn um und schob ihn Richtung Tür.

„Warum kann nicht alles normal sein?“, fragte Harry leise.

Seufzend blieb Severus nochmal stehen, schlang die Arme um ihn und hauchte einen Kuss auf seinen Nacken. „Weil wir wir sind, deswegen. Was hältst du von dem Vorschlag, dass wir uns erst mal richtig kennen lernen? Wir haben Beide unsere Ecken und Kanten, wer weiß ob wir wirklich zu einer Beziehung fähig sind. Wir haben etwas über fünf Monte bis du volljährig wirst und bis dahin werden wir sehr keusch leben, was danach kommt, werden wir sehen. Was hältst du davon?“, fragte Severus. Er legte das Kinn auf Harrys Schulter und sah ihn aus den Augenwinkeln heraus an.

„Das klingt sehr fair.“

„Also abgemacht.“

„Sehen wir uns dann öfters?“

„Das übliche Nachsitzen, die offiziellen Okklumentikstunden und du hast deinen Tarnumhang. Wenn wir mit Albus geredet haben, dürfte eigentlich einem fast täglichen Besuch nichts mehr im Wege stehen. Vorausgesetzt deine Noten werden nicht schlechter“, mahnte Severus, „und jetzt gehst du ins Bett. Gute Nacht.“ Er setzte noch einen Kuss auf seinen Hals, richtete sich aber dann auf und löste sich von Harry.

Dieser drehte sich um, lächelte ihn an und küsste ihn das erste Mal von sich aus. Der Kuss blieb genauso keusch wie die Küsse vorher aber er wurde auch genauso erwidert. „Gute Nacht, Severus.“ Damit drehte sich Harry um und ging wirklich. Sie hatten ja wirklich Zeit und genau diese Zeit würde zeigen, was die Zukunft brachte. Schließlich durfte ER auch nicht vergessen werden aber Harry war sich sicher, dass sie zusammen auch dafür eine Lösung finden würden. Schließlich stand nirgends, dass er alleine gegen IHN antreten musste. Aber für heute schob er diese Gedanken beiseite, sein Griff verstärkte sich um die kleine Pralinenschachtel. Er war nicht mehr alleine.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2019-02-14T21:14:34+00:00 14.02.2019 22:14
Ich habe heute morgen noch an dein Versprechen gedacht, dass du Valentinstag ein neues Kapitel veröffentlichen willst. Ich war so ungeduldig, denn es schien so weit hin... Jetzt schaue ich hier rein und du hast dein Versprechen gehalten! Juhu!!!

Das Kapitel ist wie immer klasse und ich fiebere auf weitere Annäherung zwischen den beiden. Sie jetzt die nächsten fünf Monate zappeln zu lassen wäre ja fast zu leicht. Vielleicht bringt ein früheres Zusammenkommen (was für ein Wortwitz!) ja noch mal neuen Tiefgang in deine kleine Reihe? Ach, meine Fantasie wäre voller Ideen... aber ich lasse mich wie immer überraschen.
Antwort von:  demona1984
15.02.2019 09:54
Ich versuche solche Versprechen immer zu halten, wenn nicht, entschuldige ich mich vorher. ;D Aber hier war es einfach es zu halten.

Es wird wahrscheinlich noch vor Harrys Geburtstag ein oder zwei neue Kapitel geben. Mir geistern da ein paar Ideen im Kopf rum. Mehr kann ich nicht sagen, das wäre sehr arg gespoilert. ;)

Lg Demona
Von:  Ka-Sei
2019-02-14T19:30:19+00:00 14.02.2019 20:30
<3 reiner Zucker

Ich bin, wie zuvor auch schon, hell auf begeistert! Wunderschönes Kapitel mit reichlich Tiefs und einem sehr schönen Ende.

Ich freu mich schon auf das nächste Kapitel :) also eigentlich spätestens Harrys Geburtstag? Egal, ich freu mich schon darauf :D

Ganz liebe Grüße, Ka-Sei
Antwort von:  demona1984
15.02.2019 09:51
Vielen, lieben Dank. =)

ein normaler Valentinstag wäre bei den Beiden ja auch seltsam und langweilig aber irgendie haben sie noch die Kurve gekriegt.

Ja, spätestens zum Geburtsag aber mir geistern da ein, zwei Ideen im Kopf rum, die früher stattfinden. Ich bin mir sehr sicher, dass mir keiner böse ist wenn ich nicht bis zu Harrys Geburtstag warte. ;)

Lg Demona


Zurück