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Liebe, Lüge, Wahrheit

von

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Jeanne de Valois

Ausbruch aus dem Gefängnis! Jeanne de Valois war aus dem Gefängnis ausgebrochen! Diese Nachricht breitete sich wie ein Lauffeuer aus. Ganz bestimmt hatte Jeanne Helfer gehabt! Aber wer war das? Viele Menschen waren zwar der Meinung, dass die Königin beim Ausbruch geholfen hätte, um ihr schlechtes Gewissen zu bereinigen, aber Oscar glaubte nicht daran. Auch nicht an die Memoiren, die Jeanne angefangen hatte in ihrem Versteck zu schreiben. Es ging um die Königin und ihre Affären. Angeblich sollte Ihre Majestät einen Hang zu den Frauen haben und neben der Madame de Polignac war Oscar einer ihrer Favoriten. Oscar kochte vor Wut und nur André konnte sie beruhigen. Rosalie weinte noch mehr und ritt öfters aus, um alleine zu sein. Sie kümmerte sich zwar noch um Marguerite, aber nicht mehr so intensiv wie früher.

 

Kein Mensch wusste, wo Jeanne sich versteckte und niemand konnte sie finden. So auch die königliche Garde, als sie dafür vom Kabinettsrat beauftragt wurde. „Oscar, ich glaube, du bist fast froh darüber, dass wir Jeanne nicht finden.“, sagte André als sie wieder einem falschen Hinweis gefolgt waren. „Die Soldaten sind es leid, jeden Tag falsche Spuren zu verfolgen. Sie sind allmählich müde.“

 

Das konnte Oscar verstehen. Aber Befehl war Befehl und ob sie wollte oder nicht, dem musste sie Folge leisten. Am nächsten Morgen verließ auch noch Rosalie das Anwesen der de Jarjayes. Angeblich musste sie zu ihrer leiblichen Mutter. Oscar glaubte ihr nicht, aber ließ sie gehen. Rosalie verabschiedete sich von ihr, von den beiden zwölfjährigen Knaben und ihrem fünfjährigen Schützling Marguerite, die sie erst gar nicht gehen lassen wollte.

 

„François, Augustin, kümmert euch um Marguerite.“, bestimmte Oscar beim Abschied und schenkte Rosalie einen Anhänger. Dann war die junge Frau fort.

 

Die beiden Knaben nickten und François nahm seine Schwester bei der Hand. „Komm, wir gehen in den Garten.“

 

Das kleine Mädchen wollte zwar nicht, aber protestierte auch nicht und folgte den beiden. Sie winkte nur noch ein letztes Mal Rosalie und dann war sie mit ihren Brüdern weg. Oscar sah ihre Kinder nicht gehen und beobachtete derweilen Rosalies Wegfahrt aus dem Fenster eines Salons im oberen Stockwerk. „Sie ist ein liebes Mädchen, hell und klar, wie ein Sonnenstrahl...“, flüsterte sie dabei betrübt.

 

Sophie kam zu ihr und reichte ihr einen Umschlag. „Dieser Brief ist für Euch. Ich soll ihn Euch geben. Er ist sehr wichtig.“

 

Oscar nahm überrascht den Brief an sich. André stand neben ihr und warf auch einen Blick darauf. Er runzelte die Stirn. Dieser Brief war von Jeanne an Rosalie adressiert. Oscar faltete den Brief auseinander und was sie las, verursachte in ihr kein gutes Gefühl. „André, es handelt sich hier um einen Brief von Jeanne! Also dort... Und das, das hat Rosalie gewusst? Dieses schreckliche Geheimnis musste sie für sich behalten...“ Oscar zerknüllte den Brief und hätte sich am liebsten an André gelehnt, aber sie waren nicht alleine. Sophie befand sich auch im Raum. „Bitte sprich mit niemanden ein Wort darüber. André, du musst mir Zeit lassen.“, beendete Oscar und André stimmte mit einem Nicken zu. „Natürlich, Oscar.“, sagte er und in dem Moment kam Augustin zu ihnen angerannt. Der Junge war aufgeregt. „Da ist gerade ein Soldat in den Hof eingeritten. Ich vermute, er ist aus Versailles.“

 

„Ein Soldat?“ Oscar eilte nach draußen.

 

In der Tat befand sich ein königlicher Bote aus Versailles auf dem Hof. Er saß auf seinem Pferd und kaum dass Oscar rauskam, überbrachte er eine dringende Botschaft: „Kommandant Oscar François de Jarjayes, der Rat verlangt nach Euch! Begibt Euch sofort nach Versailles!“

 

Das bedeutete, sie würden wieder einen Hinweis über Jeannes Versteck bekommen. „Dann gehe ich meine Uniform anziehen.“, meinte Oscar und ging wieder zurück ins Haus.

 

An der Treppe zu den oberen Stockwerken standen die Kinder und André. „Kommt ihr wieder?“, fragte Marguerite mit einem traurigen Blick. Sie wollte nicht, dass auch ihre Zieheltern verschwanden wie Rosalie.

 

„Natürlich kommen wir wieder.“ Oscar beugte sich zu ihr vor und schenkte ihr ein Lächeln. „Das verspreche ich dir.“ Zärtlich strich sie ihrer Tochter über die Wange, richtete sich wieder auf und sah dann zu den beiden Knaben. „Bis dahin, kümmert ihr euch um sie.“ Sie ging weiter zu ihren Gemächern und während sie ihre rote Uniform anzog, fragte sie sich, wie lange diese Jagd überhaupt noch dauern würde.

 

Augustin sah seiner Mutter nach. „Ist das wieder ein falscher Hinweis?“, fragte Augustin dabei seinen Vater, als hätte er erahnt, weshalb sie nach Versailles beordert wurde.

 

Wenn es nach André ginge, wäre er für den richtigen Hinweis, damit diese Sache mit Jeanne de Valois ein für alle mal beendet werden würde. „Das werden wir sehen.“

 

„Ich habe ein ungutes Gefühl.“, meinte François, der, wie sein Zwillingsbruder, seiner Mutter nachsah.

 

„Es wird schon nichts passieren.“ André zerzauste seinem Sohn die hellbraunen Locken und obwohl die zwei Knaben einvernehmlich nickten, verging das miserable Gefühl in ihnen nicht.

 

Auch am nächsten Tag herrschte das gleiche miserable Gefühl, als würde etwas passieren. Nun gut, Oscar und André waren schon oft für mehrere Tage außer Haus, um ihre Pflichten in Versailles zu erfüllen. Das war normal. Aber weder François noch Augustin hatten dabei dieses quälende Gefühl und diese dunkle Vorahnung, die sie auch am dritten und vierten Tag nicht in Ruhe ließen. Augustin war sogar deswegen missgelaunt und hatte sogar vor, eigenhändig nach Versailles aufzubrechen. Er hätte das vielleicht getan, wenn Graf de Girodel nicht zu Besuch gekommen wäre.

 

Victor war schon lange nicht mehr auf dem Anwesen der de Jarjayes. Weil Lady Oscar mit André und ihren Soldaten aus dem königlichen Garderegiment bereits mehrere Tage dienstlich unterwegs war, beschloss er, die Kinder von Oscar und André zu besuchen. Immerhin war François sein Patenkind und Augustin wie ein eigener Sohn für ihn. Und er vermisste sie sehr. Die Großmutter von André geleitete ihn in das Zimmer, wo die Zwillingsbrüder mit ihrer Schwester spielten. Besser gesagt, sie zeigten ihr ein paar Fechtübungen mit den Holzschwertern. Sofort brachen sie ab, als Graf de Girodel zu ihnen kam. „Ich grüße euch.“ Victor schenkte sogleich allen drei Kindern sein freundliches Lächeln. Marguerite schaute ihn zurückhaltend an – sie kannte ihn nicht so gut wie ihre Brüder, die ihn zurückgrüßten und ihm sogleich entgegenkamen.

 

„Wo sind meine Zieheltern?“, fragte François nach der Begrüßung. Er freute sich zwar, seinen Patenonkel zu sehen, aber die Sorge um seine Eltern war größer.

 

„Wann kommen sie zurück?“, fügte gleich nach ihm Augustin mit derselben Sorge in der Stimme hinzu.

 

Victor sah von einem Jungen zu dem anderen. „Sie sind in einem großen Auftrag fort und müssen Verbrecher verhaften.“

 

„Diese Jeanne, die Bücher geschrieben hat?“, wollte François wissen.

 

„Ja, richtig.“, bekräftigte Girodel. „Sie haben von dem Rat in Versailles den Befehl bekommen, Jeanne de Valois und ihren verbrecherischen Mann Nicolas de La Motte in Saverne zu verhaften.“

 

„Wo liegt Saverne?“ Augustin hatte deshalb das gefragt, um herauszufinden, warum seine Eltern so lange fort waren.

 

„Etwa zwei Tagesritte von hier entfernt.“, meinte Girodel.

 

François seufzte schwer. „Ich hoffe, es ist nichts passiert...“

 

„Macht euch keine Sorgen, Lady Oscar und André werden schon zurückkommen.“, beruhigte sie Girodel. „Erzählt aber, wie es euch geht. Wie ich sehe, seid ihr Freunde geworden.“

 

Augustin warf einen scharfen Blick auf ihn, der sehr an Oscar erinnerte. François merkte nichts davon und sagte. „Wir sind wie Brüder.“

 

„Das ist gut.“ Girodel fühlte sich unwohl bei dem stechenden Blick von Augustin und ahnte weshalb. Der Junge hielt seit fünf Jahren noch immer sein Versprechen und es war nicht leicht für ihn, die Wahrheit zu verbergen.

 

Augustin stand auf und ging ans Fenster. „Sie sind da!“, rief er plötzlich und rannte aus dem Zimmer. François folgte ihm unverzüglich und Girodel, nachdem er einen Blick aus dem Fenster geworfen hatte, auch. Im Hof draußen bekam er mit, wie Oscar zu Sophie sagte: „Untersuch den Rücken von André, nicht dass er Verbrennungen erlitten hat.“

 

„Verbrennungen?“ Der Schrecken stand der alten Frau ins Gesicht geschrieben.

 

„Es ist nichts Schlimmes, Großmutter.“ André winkte darauf ab. Die sogenannte Verbrennung war nach der Explosion des Klosters entstanden, wo sich Jeanne und ihr Mann versteckt hatten. Oscar war alleine ins Kloster gegangen, aber André konnte nicht lange auf sie warten und war ihr gefolgt. Mit Entsetzen hatte er erlebt, wie Nicolas de La Motte Oscar erwürgen wollte, aber Jeanne stach in seinen Rücken mit ihrem Dolch. André eilte zu Oscar und zu seiner großen Erleichterung ging es ihr gut. Jeanne nutzte das aus und ging mit ihrem verletzten Mann in den Keller. Auf der Bitte von Oscar war er ihnen gefolgt und wieder schleunigst zu Oscar zurückgekehrt. Jeanne und ihr Mann wollten sich in die Luft jagen! Also half er Oscar nach draußen und kaum dass sie die Soldaten erreicht hatte, war das Kloster explodiert. André verdrängte diese Erinnerung und empfahl seiner Großmutter lieber eine andere Sache zu tun: „Schickt besser nach Doktor Lasonne, nicht dass Oscar Würgemale am Hals hat.“

 

„Würgemale?“ Das wurde immer besser! Sophie schlug entsetzt eine Hand vor den Mund und ihre Augen wurden immer größer.

 

„André, erschreck deine Großmutter nicht so!“, ermahnte Oscar ihren Geliebten, um Sophie zu beruhigen. „Ich habe nichts abbekommen und mir geht es gut!“

 

„Gleichfalls, Oscar.“ André grinste, aber wurde sogleich ernst, als er Graf de Girodel auf sie zukommen sah.

 

„Ich grüße Euch, Lady Oscar.“, sagte Girodel. „Ist etwas vorgefallen? Konntet Ihr Jeanne und ihren Mann in Saverne nicht fassen?“

 

„Nett Euch wieder zu sehen, Graf de Girodel. Jeanne und ihr Mann haben sich bei der Verhaftung im Kloster in die Luft gesprengt.“, meinte Oscar und wollte Girodel ins Haus einladen, aber dieser lehnte ab.

 

„Dann werde ich in Versailles das mitteilen und Ihr ruht Euch aus.“ Victor verabschiedete sich von allen und ging.

 

Entgegen der Proteste von Oscar und André, schickte Sophie trotzdem nach dem Arzt. Er untersuchte sie und stellte keine lebensbedrohlichen Verletzungen fest. Für Oscar hinterließ er eine Salbe zur äußeren Anwendung, damit die Haut sich beruhigte und die Rötungen milderte. Für André empfahl er Buttermilch auf den Rücken, um die brennenden Stellen auf der Haut abzukühlen und das machte Sophie auf der Stelle. Er durfte dafür aber kein Hemd tragen, was ihn eigentlich nicht störte. Es herrschte August und draußen war es noch angenehm warm.

 

Die Kinder ließen alle beide nicht in Ruhe und da kam André eine Idee. „Wollen wir ihnen unseren Schatz zeigen?“

 

„Ja, eine gute Idee.“, überlegte Oscar und André ging, um eine Schaufel zu holen. Als er wieder da war, gruben sie unter der alten Eiche im Garten einen Schatz aus und die Kinder teilten es untereinander auf. Den Kreisel aus Blei bekam Marguerite, das rote Messer Augustin und den Zinnsoldaten François.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Doro81
2024-04-05T17:28:55+00:00 05.04.2024 19:28
Wow, das ging aber fix. Bin schon gespannt wie's weiter geht und vor allem wann endlich die Wahrheit raus kommt
Antwort von:  Saph_ira
26.04.2024 08:02
Dankeschön. Ja, ich versuche es mit der Veröffentlichung euch nicht allzu lange warten lassen. ^^


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