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Hin und her gerissen

zwischen Liebe und Freundschaft
von
Koautoren:  Jevi  Meitantei

Vorwort zu diesem Kapitel:
Muahahaha... *Vorhang auf*
Sehr geehrte Damen und Herren, nach Ewigkeiten gibt es mal wieder einen extralangen Teil dieser FF. Tut mir echt Leid, dass es solange gedauert hat. Ich werde mich bemühen, dass sich das ändert. *verbeug* ._.
Und jetzt viel Spaß... ^^
Eure Melo XD
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4. Dezember - Feuertaufe

 

 
 


 

Vor Acht Uhr war noch jede Menge in der Sporthalle der Teitan-Schule los, obwohl man allen diesen einen Tag freigegeben hatte, auch den Schülern, die heute nicht bei dem Spiel dabei sein würden.

„Du bist ein Schwächling, jetzt steh’ auf, oder wir werden nachher verlieren!“ schrie eine Frau durch die Halle, sie warf die Bälle heute extrem hart und scheuchte drei Mädchen durch die Halle. Alle drei sollten in der Verteidigung spielen, zumindest hatte das der Kapitän so angeordnet, was Matsudaira zwar nicht passte, sie aber nicht davon abhielt, mit ihnen zu trainieren. Hiroko und Riina hatten kaum Probleme, ihre so harten Bälle zu kriegen, das war der 31-jährigen auch zuwider, also gab sie mehr oder weniger den Kampf gegen sie auf und konzentrierte sich auf Miyako, die leichte Probleme bekam. Was Annahmen anging, war sie nicht so schnell wie die anderen beiden und landete mehr als nur einmal auf der Schnauze.

„Was ist jetzt?“ Miyako schaute hoch zu der Lehrerin, die erneut einen schnellen Ball kommen ließ, so dass die 14-jährige die Augen aufriss und sich mit dem Arm schützte. Ein Stöhnen kam dann über sie.

„Hey, das reicht jetzt!“ Den nächsten Ball nahm Riina, da sie sich vor ihrer Freundin ausgebreitet hatte.

„Hast du auch noch nicht genug?“ Es kam wieder ein Ball, der sie diesmal hart auf den Handgelenken traf und sie nach hinten schleuderte. Sie flog über Miyako und landete rückwärts am Boden. Währenddessen waren Naru und Shizuru wie die Verrückten losgestürmt, um Sêiichî zu suchen, der sich auch noch in der Schule aufhielt, um das dreckige Spiel der Trainerin zu beenden. Wer trainierte auch schon kurz vor einem Spiel noch einmal? „Sêiichî, endlich haben wir dich gefunden“, meinten die beiden zu dem 17-jährigen, der sich mit Ryochi unterhielt. „Kommt Shina denn nicht mit dir?“

„Ich bin nur wegen Sêiichî hier. Euer Kapitän kommt erst, kurz bevor ihr zur Halle fahrt, keine Panik.“

„Keine Panik? Matsudaira richtet unsere Verteidigung gerade zu“, meinte Naru, so dass Sêiichî die Augen leicht zusammenzog. „Los komm, Ryo, das sehen wir uns an und sorgen für Ordnung.“

Wenig später rannten sie los und kamen eine Minute später bei der Halle an, wo nun Hiroko dabei war, Riina vor den Bällen zu schützen, da sie sich erst einmal wieder vom Boden erheben musste. „Hören Sie doch endlich auf, auf Miyako rumzuhacken“, kam von Hiroko, die ein Ball in die linke Brust traf, so dass sie zu Boden ging. „Hey, AUFHÖREN! SOFORT!“ Sêiichî schrie wütend durch die Halle, als er die drei da so sehen konnte, man, hatte er vielleicht eine Wut im Bauch. „Was sind Sie für eine Trainerin, die ihre Spieler vor einem wichtigen Spiel noch mal so hart ran nimmt? So sind sie nachher erschöpft und können nicht spielen, wollen Sie das?“ Ryochi empfand die Frage seines Freundes als ziemlich dämlich, denn genau das wollte diese Frau doch, das war ihm klar. „Ach, Sêi-chan, wir werden so oder so verlieren, so wie die spielen. Mit so einer Mannschaft kann man nie im Leben gut spielen.“ Sêiichî setzte Halbmondaugen auf. „Überlassen Sie das doch bitte mir und den Spielern, wir regeln das schon. Jedenfalls bringt dieses Training nichts, es schadet uns nur, also hören Sie jetzt damit sofort auf, oder ich sag der Schulleitung Bescheid!“ Er wurde ruppig, was man seiner Stimme entnehmen konnte. „Ist ja gut, du hast ja Recht, bis später dann.“ Sie ließ die Personen einfach zurück, woraufhin man ein Schluchzen hörte und wenig später sehen konnte, dass es von Miyako kam, die einen Ball weg schob und sich die Hände vor das Gesicht hielt. „Ich spiele nicht mit, ich habe keine Lust mich zu blamieren.“

„Hey“, Sêiichî beugte sich zu dem Mädchen hinunter. „Du schaffst das schon, und du bist nicht alleine...“ Riina sah mit einem Lächeln zu ihrem Freund hinauf, der die 14-jährige zu beruhigen versuchte. „Du musst ihr zeigen, dass du das kannst, und sie Unrecht hat, das schaffst du schon. Sie will euch im Grunde nur anspornen.“

‚Ach komm', Sêiichî, sei nicht so naiv, sie hat was gegen sie, das ist alles. Sie hat gegen diese drei Mädchen etwas, warum auch immer. Die will sie nicht anspornen, sondern rausekeln.’ Ryochi seufzte und schüttelte den Kopf, sein Freund war doch sonst nicht derartig naiv, wieso denn diesmal? Verfiel er dem Charme dieser Frau, oder wie hatte er das zu verstehen?

Wenig später konnte man Stimmen vom Ausgang aus hören. „Hey, Jungs, was macht ihr denn hier?“

Ryochi drehte sich herum, da ihn die Stimme seiner Freundin ansprach. „Ich dachte, du kommst erst später?“

„Dachten wir auch, aber wir konnten es einfach nicht mehr abwarten. Und ihr Drei, seid ihr sehr aufgeregt, oder hält sich das in Grenzen?“ Die Hellbraunhaarige mit dem Pferdeschwanz fragte das recht frech, wollte sie damit jetzt auch noch aufstacheln. „Geht eigentlich so, Shina-san“, gab Hiroko zurück. „Miyako hat da, glaube ich, eher Probleme. Sie denkt nämlich, sie ist nicht gut genug, und dass wir ihretwegen verlieren werden.“

Es stand ein ebenfalls hellbraunhaariges Mädchen, jedoch mit offnen Haaren, neben der Detektivin und lächelte aufmunternd. „Es wird schon schief gehen, niemand wird euch den Kopf abreißen, egal was passiert. Bleibt locker, dann wird schon alles gut gehen. Und wenn ihr den Ball vor die Nase kriegt, schlagt eben drauf.“

„Wie meinst du das, Machida-san?“ Miyako hatte sich jetzt erhoben.

„Dass ihr auch mal angreifen könnt, wenn ihr die Möglichkeit habt, Überraschungsangriffe sind schließlich wichtig, auch aus der Verteidigung heraus. Und die Ekota ist nicht schlecht, sonst hätten sie es nicht bis ins Finale geschafft, um an der Landesmeisterschaft teilzunehmen, ihr werdet euch also schon anstrengen müssen. Aber durch harte Aufgaben wächst der Mensch, nicht wahr?“
 

„So sehen wir das auch, nicht, Riina?“ meinte Hiroko, so dass die Angesprochene ihr einen Blick zuwarf. „Sicher, anders würde uns ja öde werden. Aber wie spät ist es überhaupt?“

„Kurz nach Acht. Ihr habt noch über eine halbe Stunde Zeit.“ Die Drei Mädchen seufzten. „Warten ist so was von öde, wir sind eigentlich nur hergekommen, um noch etwas auszuprobieren, dann kam die Trainerin und hat sich eingemischt.“ Halbmondaugen waren in jedermanns Gesicht erschienen. „Typisch, die merkt nicht, wann sie nervt“, sagte Shina mit einem Seufzen, woraufhin alle die Halle verließen und sich die Spieler erst einmal ihre Schulkleidung anzogen. Daraufhin gingen sie zum Bus, der auf sie wartete, es war außer ihnen noch niemand da, also unterhielten sie sich noch eine Weile, bis der Rest auch aufkreuzte. Die komplette Mannschaft wollte zusammen fahren, doch eine von ihnen schien zu fehlen.

„Sind wir komplett?“

„Bis auf Kotomi sind wir es, ja.“ Naru verzog das Gesicht zu einem gehässigen Grinsen. „Ich dachte eigentlich, sie würde kommen und darauf hoffen, dass wir verlieren. Wahrscheinlich hat sie jetzt Angst, dass das nicht der Fall sein wird. Von mir aus kann die gerne wegbleiben.“ Shina warf ihrer Kollegin einen Blick zu. „Am besten sie kommt nie wieder, oder wie meinst du das?“

„Man wird ja wohl noch hoffen dürfen, oder? Sie zerstört irgendwann das Team, wenn sie so weitermacht.“

„Keine Sorge, ich hab sie im Griff. Sie wird einsehen müssen, dass es nicht sie alleine war, die uns zum Sieg brachte, dazu gehört immer die gesamte Mannschaft, aber erklär dem Mädchen so was. Die hält sich für die Beste, mal sehen, wie lange noch.“

„Ich finde es doch immer wieder unfair, über jemanden zu lästern, der nicht da ist“, legte Shizuru ein und ging zum Bus, um einzusteigen.

‚Blöde Kuh’, dachte sich Naru, sie kam mit der Schwarzhaarigen mit am wenigsten zurecht. ‚War ja klar, dass die wieder zusammenhalten, obwohl sie sich im Grunde gar nicht abkönnen.’ Die beiden hatten doch einfach nur Angst vor der Konkurrenz.

Matsudaira drehte sich herum. „Fahrt ihr schon mal zur Halle, ich komme nach.“

‚Jetzt geht sie ihre Lieblingsspielerin anschleppen’, dachte Ryochi, nahm Shinas Arm und zog sie hinter sich her.

„Von mir aus.“ Sêiichî folgte den beiden und gesellte sich dann zu den Mädchen der hintersten Reihe, weil dort auch seine Freundin, Akemi und Kôji zu finden waren.

„Wataru hat sicher verpennt, wie immer eben...“ Die Gruppe fing an zu lachen und rechnete damit, dass Riinas Bruder erst später dort aufkreuzen und gar nicht mit dem Schulbus fahren würde.

Yûmikô schaute aus dem Fenster, ihr war unwohl, was Shina als erstes auffiel. „Du trägst nicht die Verantwortung, lass dir das gesagt sein, das bin immer noch ich, also mach dir keine Gedanken darum, wie es laufen wird.“

Der Motor des Busses startete schon und wenig später fuhr er auch los, woraufhin man Rufe hinter sich hören konnte. „Oh neeeee“, meinte Shina, woraufhin Yûmikô aufstand und durch den Bus rief. „Da will noch jemand mit, halten Sie an!“

Keuchend kam Wataru daraufhin eingestiegen und kämpfte sich nach hinten durch. „Besser später als nie, was?“

„Ihr seid zu früh...“, beschwerte sich der Oberschüler, wurde dafür aber von seiner besten Freundin mit Halbmondaugen angeschaut. „Du bist eher zu spät, Wata-chan, nicht die Tatsachen verdrehen.“

„Warum hast du mich nicht geweckt, Riina?“ Ein Seufzen entkam ihm.

„Das habe ich versucht, aber du hast gesagt, noch fünf Minuten, deswegen habe ich dich eben zufrieden gelassen.“

Wataru schnaufte und setzte sich zu Ryochi, der vor Shina und Akemi saß.

„Dir kann man’s auch nie Recht machen, oder, Wataru? Sonst bist du froh, wenn sie dich zufrieden lässt“, meinte Shina, um ihn zu ärgern, weshalb der Junge noch mehr seufzte und sich nach hinten in den Sitz sinken ließ.

„Meine Nerven.“

Sêiichî hatte Halbmondaugen aufgesetzt, als er nach hinten kam. „Du sitzt auf meinem Platz, Wataru, ist dir das klar?“

Ryochi hatte einen riesigen Schweißtropfen an der Wange und schüttelte den Kopf. „Musst du denn immer neben mir sitzen, Baka? Hast du sonst keine Freunde hier? Hast du wieder Ärger gemacht?“

Ihm war doch klar, was sein Freund immer anrichtete, zumindest bei Jungs, die schon eine Freundin hatten. Da konnte er ja von Glück reden, dass Sêiichî seine Freundin in Ruhe ließ – ihm würde er so etwas ja nie antun. Trotzdem musste er an ein Gespräch mit einem anderen Freund zurückdenken. Dieser traute Sêiichî nämlich sehr wohl zu, dass er sich an Shina heran schmiss.
 

„Ich mache mir Sorgen, früher war er ganz anders.“ Der braunhaarige Junge schwelgte ein wenig in Erinnerungen und dachte daran, wie sein Freund früher gewesen war. Er hatte offenherzig, wie er sein ganzes Leben lang gewesen war, an seinem Umfeld und den Menschen geklammert, das hatte sich mittlerweile auf unscheinbare Weise immer mehr geändert. Seit er seine erste Freundin gehabt hatte, war er nicht mehr derselbe Junge. „Er traut keinen Mädchen mehr, also verschließt er sich vollkommen und lässt niemanden an sein Herz heran. Ich weiß zwar nicht, was damals geschehen ist, aber als Shizuka verschwunden ist, ging alles den Bach runter. Er hat angefangen, Mädchen auszunutzen, jedoch nur solange, bis sie sich nicht in ihn verliebt haben. Dann hat er sie verlassen. Irgendwann fing er damit an, sich richtige Liebschaften zu suchen, Frauen, die reifer als er sind. Frauen, mit denen er schlafen kann, ohne dass sie sich gleich in ihn verlieben. Er ist gegen dieses Gefühl quasi resistent geworden, wenn man es so sieht. Das ist es, was mir Sorgen bereitet. Ich kenne ihn mein Leben lang und weiß, dass er ein gewisses Maß an Liebe in seinem Leben braucht. Seine körperlichen Beziehungen reichen ihm doch gar nicht, vielleicht macht er den Fehler seines Lebens und hängt sich an die Falsche. Da frage ich mich, wieso er mit Riina zusammen ist. Er liebt sie doch gar nicht, zumindest kann ich keine Indizien dafür entdecken.“

Shina schloss leicht die Augen. „Also doch ein Mistkerl, der andere nur ausnutzt. Warum nimmst du ihn in Schutz, wo er so tief gefallen ist?“

„Freunde bleiben Freunde, egal, was passiert, außerdem...“

„Mhm?“ Ihr Freund wirkte bedrückt, weswegen sie sich neben ihn setzte und seine Hand in ihre nahm.

„...hat er mir quasi schon mal das Leben gerettet. Mag ja sein, dass er Dinge tut, die beschissen sind, das heißt aber nicht, dass ich ihn weniger mag. Außerdem tut er so was nicht, um sich zu beweisen, er braucht das einfach, sonst kommt er sich vereinsamt vor. Damit hatte er schon immer so seine Probleme. Er kommt alleine nicht so ganz klar. Das war immer so und das wird wohl auch immer so bleiben. Es ist schon lange her, dass er ein aufrichtig glückliches Lächeln gezeigt hat. Er tut immer bloß so, darauf darf man nicht hereinfallen. Er schleppt irgendwelchen Kummer mit sich herum und spricht mit keinem Menschen darüber, das wird ihn irgendwann vollkommen kaputtmachen. Normalerweise kann er nämlich absolut nicht schweigen. Würdest du dir da nicht auch Sorgen machen?“

„Vielleicht versucht er dich vor irgendetwas zu schonen und frisst es deswegen in sich hinein?“ Eine Außenstehende kam auf solche Gedanken, dann musste es ja wohl so sein. „Es gibt nichts, was er mir nicht sagen könnte. Es muss übel sein, wenn er Hemmungen hat, darüber zu reden...“ Der 16-jährige nahm seine Schultasche, woraufhin Shina ebenfalls aufstand und mit ihm zu den Klassenzimmern ging. Während sie gingen, wurde Ryochi immer nachdenklicher. Er dachte darüber nach, was so furchtbar sein konnte, dass sein Freund nur schwieg. ‚Da ist was faul und ich werde es rauskriegen...’

„Warum ist er eigentlich so geworden? Es scheint mir, als würde er niemandem wirklich seine Gefühle zeigen... Und das gilt nicht nur für Mädchen.“ Ihre Vermutung war vollkommen begründet, fand er zumindest, es hätte ihn schon gewundert, wenn ihr das nicht aufgefallen wäre. „Das hat mit der Vergangenheit zu tun und was er mit seinem Bruder erlebt hat. Die beiden hassen sich, obwohl man bei seinen Gefühlen sicher nicht von Hass sprechen kann. Takeshi hasst ihn total, das kann man nicht anders sagen, aber Sêiichî... der denkt, er muss sich ändern, damit Takeshi ihn akzeptiert. Das hat noch nie funktioniert und ich glaube mittlerweile auch nicht mehr daran. Letztendlich ist das Ganze ja bloß eine Schutzmaßnahme, damit er ihn nicht mehr piesacken kann. Er hat sich früher alles zu Herzen genommen und mehr als einmal nach den Attacken seines Bruders geheult. Er war richtig verletzlich, was das angeht. Allerdings hat er seit ungefähr vier Jahren nicht mehr geweint, es kommt einem fast vor, als wenn er sich das abgewöhnt hat, wie Rauchen, oder Trinken.“

„Menschen, die nie weinen, sind meistens psychische Fracks, weil sie dafür sorgen, dass sich alle Probleme anhäufen, bis man einfach nicht mehr kann...“ Shina konnte davon ein Lied singen, sie hatte Vieles auch einfach in sich hereingefressen und irgendwann keinen Ausweg mehr gewusst. ‚Er macht es wie ich. Er schützt sich selbst hinter einer Mauer... Irgendwie kann ich ihn jetzt besser verstehen.’
 

Es war kurz nach Unterrichtsschluss, Ryochi beeilte sich etwas mehr als sonst, so dass er als erster in der Tür stand und anschließend auf seinen Freund wartete, der wenig später auch rauskam und an ihm vorbei gehen wollte. Er hielt ihn am Handgelenk fest und zog ihn zurück. „Ich muss mal mit dir reden.“ Der Ton in der Stimmes seines besten Freundes erschreckte Sêiichî, weshalb er sich gewissenhaft bemühte, keine Nervosität zu zeigen. Er hatte das böse Gefühl, dass Ryochi etwas ahnte, hatte Angst davor, dass alles rauskam und er ihn als Freund verlieren könnte. „Worüber denn?“

„Ich habe dich beobachtet und finde, du verhältst dich seltsam. Mit dir stimmt etwas nicht!“ Wie so oft bemerkte er, dass es sich um einen Detektiv handelte, weswegen er ein strahlendes Lächeln aufsetzte, das ihn jedoch nicht täuschen konnte, wie Sêiichî hoffte. „Was soll nicht stimmen? Mir geht’s wunderbar! Nur leider muss ich jetzt los! Training und so, wir sehen uns...“ So lief es jetzt seit Tagen ab, er wich ihm konzequent aus und tat dann, als wäre alles in bester Ordnung. Dachte der Baka eigentlich wirklich, dass er ihm das abkaufen würde? Oder ging er ihm deswegen so aus dem Weg, weil er dachte, dass etwas herauskommen könnte? Nur was sollte das sein? Hatte das vielleicht mit Chris zu tun? Betrog er seine Freundin schon wieder, oder was war los? Nein, das konnte es nicht sein, solche Sachen hatte Ryochi immer als erstes gewusst, es musste schlimmer sein. Nur was konnte so schlimm sein?

Toshizo kam mit Takahashi jetzt auch aus dem Klassenraum, jedoch blieb Zweiterer stehen. „Na, hängt der Haussegen bei euch leicht schief, oder warum lässt der dich einfach stehen? Sieht ja ganz so aus, als wenn da irgendjemand wichtiger wäre, als du, was?“ Mit einem schadenfrohen Gesichtsausdruck ging der Ältere jetzt weiter.

‚Was weiß der schon?’

„Kümmere dich um deinen Mist, Siturô, und lass ihn in Ruhe!“ fauchte ein Freund Ryos den anderen jetzt an, so dass sich Toshizo nun einmischte. „Und du lass meinen Freund in Ruhe! Wenigstens wissen wir jetzt, woher der Wind weht, Ryochi Akaja!“ Toshizo lachte jetzt auch. „Sêiichî hat bemerkt, dass er nicht auf dich zählen kann, das wird’s sein. Kein Wunder, kaum klammert der nicht an dir, gibst du dich mit anderen ab. Da würde ich mich nicht wundern.“

„Wie Recht du hast, uns kann das ja nicht passieren, stimmt doch, oder Shizo?“

‚Ja, man, weil Toshizo dir hörig ist, du Schwachmat’, dachte Ryo nur und ging an ihm vorbei, als sei nichts gewesen. Takahashi wollte ihm sowieso nur wehtun, also hörte er nicht auf ihn, was der dachte, war ihm ziemlich egal.

„Jetzt gebt euch den Arsch wieder“, Kenji wirkte leicht belustigt, auch wenn die Worte von Takahashi ihn keinesfalls belustigten, nein, es belustigte ihn etwas anderes. ‚Pass bloß auf, dass Toshizo nicht mal seine Meinung über dich ändert, du arroganter Arsch und du am Ende ohne ihn da stehst und andere dann so was zu dir sagen. Das würde ich so was von genießen.’

„Los, komm weg hier, gehen wir zum Training“, meinte Takeru, der sich eben gerade mit Takahashi angelegt hatte und ging mit Ryochi nach draußen. „Was ist eigentlich wirklich mit dir und Iwamoto los? Habt ihr Probleme?“

Der Detektiv schaute sich etwas um, weil er nicht wollte, dass die falschen Personen etwas mitbekamen, so dass sie schließlich auf dem Sportplatz Halt machen und sich ins Gras setzten, da hier niemand war, schließlich war Winter, da trainierten die meisten in den Hallen.

„Also eigentlich haben wir keine Probleme. Er scheint irgendwas zu haben, aber ich weiß nicht was. Er verschweigt mir irgendwas. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, was so schlimm sein könnte. Bisher haben wir uns so gut wie alles anvertraut. Vielleicht ist er aber auch einfach nur seelisch wieder so am Boden, dass er mir das nicht aufhalsen will. So ist er eben. Das tut er oft. Er denkt, dass man damit nicht klarkommt und dann rennt er weg...“

„Dabei sagt man, dass man gerade, wenn man schlecht drauf ist, seine Freunde braucht.“ Ein Seufzen entfuhr dem anderen. ‚Sag das diesem Baka, immerhin hat er vielleicht schlimmere Probleme, als so mancher andere in unserem Alter. Ach was, es gibt Leute, die hat’s sicher noch schlimmer getroffen...’

Es ging nicht darum, dass Sêiichî schlecht drauf war, bei ihm war das schwerwiegender. Sein ganzes Leben bestand doch daraus, gegen andere anzukämpfen, dabei ging es nicht mehr um einfache Probleme wie Liebeskummer, bei ihm war das eben anders. Er rannte mit einer Waffe durch die Gegend, um den Helden zu spielen und setzte sich gegen seinen älteren Bruder durch.

Während Ryo noch total in Gedanken versunken war, redete Takeru darauf los, so dass dieser, als er keine Antwort bekam, gegen den Arm seines Freundes stieß. „Erde an Ryo. Denk’ nicht zu viel nach. Das wird schon. Außerdem sollten wir langsam mal beim Training aufkreuzen, danach ist ja immer noch Zeit. Ist er nicht bei den Mädchen? Dann geht er etwa um die gleiche Uhrzeit nach Hause wie du, du könntest ihn ja abfangen. Pass’ bloß auf, wenn er so oft im Volleyballteam lungert, dass er sich nicht in deine Freundin verliebt.“

Der Detektiv schüttelte den Kopf. „Das würde er nie tun.“

„Manchmal ist man gegen Gefühle machtlos...“

Der wollte ihm doch nicht weismachen, dass Sêiichî sich in Shina verliebt hatte? Was für ein Unsinn sollte das denn sein?

„Was, wenn er mit Watarus Schwester nur zusammen ist, weil sie tabu ist?“

„Daran denke ich besser nicht, obwohl es mich noch erleichtern würde, wenn es so ein mikriges Problem wäre. Nein, ich denke, es ist schlimmer...“ Er stand jetzt auf, so dass Takeru zu ihm hochschaute. „Mag sein, aber jetzt gehen wir trainieren!“

„Ja, Kapitän.“ Die beiden vergaßen jetzt die Probleme und rannten zur Halle, wo die anderen sich schon versammelt hatten. Wie gesagt, war danach ja auch noch Zeit.
 

Als Ryo seine Augen wieder öffnete, hatte sich Sêiichî ohne ein Wort vor ihn gesetzt – alleine. Er sah richtig unglücklich aus, während er so aus dem Fenster sah. ‚Du bist doch sonst nicht so empfindlich... Was hast du bloß wieder? Schweig doch nicht, wozu hat man Freunde?’

Auch Wataru fiel auf, dass Ryochi jetzt niedergeschlagen und still wirkte.

‚Ob die beiden wohl Streit hatten? Das klang ja ganz danach.’

Wataru sorgte sich ein wenig und dachte darüber nach, wie schnell Freunde entzweit werden konnten, das hatte er vor kurzem ja selbst erst schmerzhaft erfahren müssen, als er seine Gefühle zu seiner besten Freundin mit Liebe verwechselt hatte. Aber welche Probleme sollten die beiden schon haben? Sie waren beide Jungs, da fiel so etwas schon mal weg, immerhin standen sie beide auf Mädchen, wie man hatte bemerken können, oder tat Sêiichî etwa nur so, als wenn er auf Mädchen abfuhr? Aufgrund seiner Gedanken schaute Wataru jetzt doch sehr dämlich und zog den Kopf ein, als wäre ihm etwas peinlich.

„Irgendwie sitzen alle falsch“, meinte Hiroko mit ihrer lauten Stimme und schlang einen Arm von hinten um Riina, obgleich sie vor ihr saß. „Du zum Beispiel gehörst zu deinem Freund! Der sitzt ja so alleine und bläst Trübsal, du solltest zu ihm rüberrutschen.“

Miyako zog einen Schmollmund. „Du willst ja bloß Knutschereien sehen, du Perverse.“

„Ich hab sie sich noch nie küssen sehen! Da ist sie mit so einem Typen zusammen und man merkt nichts davon.“

In dem Moment wurde die Rothaarige total rot im Gesicht und machte den Anschein, als wolle sie sich im Sitz vergraben, als sie daran dachte, wie viel andere wirklich von dieser Beziehung wussten. ‚Wenn es nach ihm gehen würde, dann würden wir ja auf dem Schulhof alles Mögliche machen.’ Erst neulich hatte er sie besucht, war ins Badezimmer gestürzt und hatte sie halb überfallen. Sie erinnerte sich noch ganz genau, worin das fast geendet hatte.
 

Man hatte Sêiichî ins Haus gelassen, da Wataru sowieso gerade auf dem Sprung gewesen war, weswegen er dem Schwarzhaarigen geöffnet und ihn hochgeschickt hatte. Wataru wusste ja nicht, was seine Schwester gerade tat, sonst hätte er das sicher nicht getan.

Das Geräusch der Dusche zog den Jungen magisch an, weswegen er vor der Tür stehen blieb und ein Ohr gegen diese legte. Ihm war klar, dass sie ein unschuldiges Mädchen war. Dass sie gerade duschte, gefiel ihm sehr, er machte sich, wie immer bei weiblichen Wesen, zu viele heiße Gedanken und bekam Lust.

Als dann die Dusche aufhörte zu rauschen, nutzte er die gebotene Chance und klopfte gegen die Tür, ohne dabei ein Wort zu sagen.

Es war schon öfter vorgekommen, dass ihr Bruder gegen die Tür klopfte, da er überraschend noch einmal ins Bad musste, also band sie sich ein knappes Handtuch um, schließlich war es nur ihr Bruder. Ahnungslos, wer wirklich vor der Tür stand, öffnete die 15-jährige die Tür und erschrak, als sie Sêiichî sah. Augenblicklich stieg ihr die Röte ins Gesicht, so dass sie etwas stammelte, was wohl keiner von beiden wirklich verstanden hatte, auch sie nicht. In dem Moment, als sie ihre Sprache wiedergefunden zu haben schien, stürzte er nach vorne und umarmte sie. ‚Oh Gott.’ Was dachte der Kerl da eigentlich zu tun? Er konnte ihr doch nicht einfach so die Bude einrennen, noch dazu, wenn sie fast nackt war. „Würdest du mich loslassen, bitte?“

„Warum denn?“ flüsterte er ihr ins Ohr und fing an ihren Hals mit zarten Küssen zu verwöhnen. „Warum?“ Sie dachte sich verhört zu haben. „Weil ich kaum etwas anhabe.“

Widerwillig löste er sich von ihr und blickte mit einem süßen und unschuldigen Lächeln in ihre Augen. „Das muss dir nicht peinlich sein.“

„Ist es nicht, nur unangenehm.“ Sie schob ihn mit sanfter Gewalt von sich. „Ich bin gleich wieder da, bis gleich.“

Und schon war die Tür geschlossen und seine Chance vergangen, nicht zu fassen. Stimmte denn in letzter Zeit in der Tat etwas nicht mit ihm, oder wieso bekam er andauernd Körbe? Ließ sein Charme etwa nach?

Ihr Herz schlug wie verrückt, der Kerl hatte sie fast nackt gesehen. Es war ein seltsames Gefühl und irgendwie machten ihr solche seit einigen Jahren schon etwas Angst. Schnell schnappte sie sich ihre Klamotten und zog sie sich über. ‚Was denkt der sich überhaupt dabei? Denkt er, dass ich quasi darauf gewartet habe, dass er mich so sieht? Der spinnt ja.’ Sie seufzte und entschied sich für ein T-Shirt und eine Jeans, da konnte er sich ja kaum angemacht fühlen, oder?

Sêiichî hatte sich in ihrem Zimmer breitgemacht und auf das Bett gesetzt, so dass sie wenig später die Tür hinter sich schloss, nachdem sie hereingekommen war.

Schockiert sah der 17-jährige seine Freundin an, die nun vollständig angezogen war, was ihm nicht passte, schließlich war sie ihm vorhin quasi ausgeliefert gewesen. Er trauerte dieser Chance doch sehr nach.

„Ich habe dir Kirschen mitgebracht, weil du die ja so gerne magst...“ Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, bevor er die Kirschen auf dem Nachttischschrank abstellte, sie gehörten zu seinem neuen Plan, den er sich eben zurechtgelegt hatte. Er musste sich nur bemühen, sie etwas zu entkleiden, dann konnte nicht viel schief gehen.

Riina ging auf ihn zu, warf sich aufs Bett und kuschelte sich an ihn. „Lieb von dir, danke...“ Ihr Duft zog ihn an, weswegen er sich in ihr Bett legte und sie an sich zog.

Stille herrschte, in welcher er einfach nur mit ihr da lag und etwas kuschelte. „Du hast es ja ganz schön warm hier drin“, seufzte er, so dass sie grinste. „Und jetzt möchtest du, dass ich dich ausziehe, stimmt’s?“ Das Mädchen musste kichern, sie kannte ja schließlich ihren Pappenheimer. „Würdest du das tun, Riina?“ Er fuhr ihr sanft durch die offnen Haare und sah sie lächelnd an. „Kommt drauf an, Sêi-chan. Wenn du mir versprichst ganz brav zu sein, erlaube ich dir das...“

„Ich bin doch immer brav!“ Wie witzig er sein konnte, aber gut, sie würde ihm eine Chance geben, er musste ihr dann schon beweisen, dass sie ihm vertrauen konnte. „Gut“, kam von ihr, bevor sie sein Hemd aufzuknöpfen begann, wobei etwas Schweiß über ihre Stirn rann. ‚Sie macht es wirklich.’ Nun war Sêiichî voller Vorfreude und malte sich schon die verrücktesten Dinge aus, doch man sollte den Tag nicht vor dem Abend loben.

Während sie ihn langsam auszog, strich er mit der Hand unter ihr T-Shirt, wogegen sie noch nichts unternahm, da es nicht aufdringlich wirkte. Er streichelte ihr ja nur den Rücken, das war eigentlich ganz angenehm und schön, also ließ sie ihn weitermachen. Seine andere Hand streichelte ihr über die Hüfte, die ja noch von ihrer Hose bekleidet war. Vorsichtig nahm er ihr Kinn und legte seine Lippen auf ihre, um diese mit einem sanften Kuss zu verwöhnen, was sie genoss.

Nach einer Weile löste er sich wieder, blickte ihr tief in die Augen und schob das T-Shirt hoch.

„Was machst du da?“ fragte sie ihn verwirrt, so dass er sie unschuldig und lieb anlächelte.

„Ich finde es viel gemütlicher, wenn wir weniger anhaben.“ War es eine Falle, oder nicht? Ihr war dies nicht so ganz klar, aber enttäuschen wollte sie ihn auch nicht, immerhin war er ja ihr Freund, dem sie eigentlich Vertrauen entgegen bringen musste. „Du willst aber nicht...?“

„Was?“ Er tat schockiert.

„Du willst es doch jetzt nicht mit mir machen, oder?“ Die Angst klang durch ihre Stimme hindurch, so dass er seufzte.

„Ich möchte kuscheln...“ Wenn er nicht mit ihr schlafen durfte, dann wenigstens etwas berühren und küssen, das konnte ja auch ganz schön sein. Außerdem konnte man so auch jemanden verführen. Je mehr es ihr gefiel, je schöner sie es fand, umso eher würden sie es tun, also musste er sich nur viel Mühe geben, um sie zu kriegen. War doch mal ganz spannend.

„Okay...“ Die Rothaarige ließ nun zu, dass er ihr T-Shirt auszog, woraufhin zwei Finger ihren Hosenknopf öffneten.

„Was denn...?“

Er brachte sie sanft zum Schweigen, indem er seinen Zeigefinger auf ihren Mund legte. „Keine Angst, ich tue nichts, was du nicht magst, okay? Vertrau mir!“

Mit einem Schlucken, da ihr Mund trocken wurde, nickte sie, sie wollte ihm auch nicht wie eine Zicke vorkommen, also verschwand auch ihre Hose von der Bildfläche. Irgendwie war das Ganze peinlich, weswegen sie sich die Decke nahm und sie über ihre beiden Körper legte. „Sorry, aber ich komme mir irgendwie so nackt vor...“

„Du bist aber nicht nackt!“ lachte er und drückte ihren Kopf an sich.

„Ich fühle mich aber nun mal so und jetzt lach nicht!“ Sêiichî schüttelte nur den Kopf, drehte sich etwas zur Seite und blickte ihr geradewegs in die silbergrauen Augen, dabei ließ er seine Hand über ihren Arm gleiten, bis er ihren Ellenbogen erreichte und diese auf ihrer linken Brust ablegte. „Sêiichî, ich bitte dich...“ Er schmiegte seine Wange an ihre und begann seine Hand zu bewegen, was aber irgendwie nicht unangenehm war. „Was machst du bloß mit mir?“ Sie klang so unschuldig, wohl war sie das auch. Das machte ihn auf gewisse Weise auch etwas stolz, immerhin hatte er sie abbekommen, kein anderer.

Er verwickelte sie in einen heißen Kuss, legte ein Bein zwischen ihre und bewegte dieses, was sich anfühlte, als würde er ihren Oberschenkel streicheln. Seine Zunge begann mit ihrer zu spielen, ihr wurde dabei ganz heiß. Er war geschickt und wusste, wie man Frauen aus der Reserve lockte, der kleine Schlingel. Seine Hand wanderte in ihren BH hinein, wo er ihre Brust in die Hand nahm. Sie passte genau in seine Hand, da sie weder zu klein, noch zu groß war, wie er fand. Ein unterdrücktes Stöhnen gab sie in seinen Mund ab, löste sich wenig später von ihm. „Oh Gott...“

„Mhm?“ Er lachte. „Gut, oder schlecht...?“

„Schön...“ Röte lag auf ihrem Gesicht.

„Hättest du was dagegen, wenn ich dir den BH auch ausziehe? Anfassen tue ich dich da ja eh schon, mhm?“

Ein Seufzen entkam ihr. „Meinetwegen, aber weiter gehen wir nicht, verstanden?“ Oh Gott, das würde heißen, sie lag im Slip hier rum, das machte ihr ein wenig Angst.

„Gut...“ Er öffnete hinten den Verschluss, schob die Träger weg und zog sie ihre Arme hinab, woraufhin der BH jegliche Beachtung verlor. Seine Hände lagen nun beide auf ihren Brüsten, während er sie küsste und ließ sie diese massieren. Die Wärme war unbeschreiblich schön, wie sollte sie sich dagegen denn wehren?

Seine Zunge entfernte sich sanft von ihren Lippen, fuhr dann aber über ihren Kehlkopf, was ihr einen Schauer über den Rücken jagte und sie leise keuchen ließ. Er wanderte mit der Zunge zwischen ihre Brüste und küsste dann wenig später eine ihrer Brustwarzen. Erschrocken keuchte sie auf. „Nein, Sêiichî, das geht mir jetzt wirklich zu weit, lass das bitte...“

Er sah flehend in ihr Gesicht. „Wieso denn? Ich mag das...“

„Ich... ich bin noch nicht.. so weit...“, meinte sie stotternd, während sie knallrot anlief. „Warum? Traust du mir nicht? Denkst du, dass ich dich bloß verführen will?“

Toll, jetzt dachte der Baka auch noch, sie würde ihm misstrauen, dabei stimmte das ja überhaupt nicht, sie hatte nur Angst, nicht mehr zurückzukönnen.

„Es ist nur...“ Sie drückte ihren Kopf gegen seine nackte Brust. „Wir sind noch nicht besonders lange zusammen... ich mag das jetzt noch nicht machen. Wenn du das willst, musst du warten...“ Einerseits war sie fies, das wusste sie, er sehnte sich nach ihr und sie schob ihm einen Riegel vor, doch bereute sie es nicht, er musste sich schon etwas mehr ins Zeug legen, wenn er weitergehen wollte, auch wenn sie sich da ein wenig selbst belog. „Du sagtest kuscheln, aber das, was wir da machen, geht darüber hinaus, dafür bin ich einfach noch nicht reif genug, du verstehst?“

„Ja, das versteh’ ich, klar, außerdem zwinge ich niemanden...“ Ein bestimmendes Nicken kam von ihm. „Das ist schön, du verstehst das... das mag ich an dir...“ Als kleine Belohnung küsste sie nun seinen Hals und verwöhnte seine Haut etwas mit ihrem Mund und ihrer Zunge. Alles war ja nicht tabu, nur spezielle Sachen, wozu diese hier nicht gehören sollte. Sêiichî schloss einfach die Augen und ließ sie von seiner Haut kosten, es schien ihr zu gefallen, also hatte auch er seinen Spaß daran.

Sie ging runter und hauchte ihm Küsse auf die Brust, was ein leises Stöhnen von ihm kommen ließ, das in ein lautes umschlug, als ihre linke Hand seinen Bauch zu verwöhnen begann. „Riina, mhm!“ Ihm wurde ganz anders, wenn man seinen Bauch kraulte, er hatte das Gefühl unter der Decke einzugehen und wenig später war es auch so weit: Das Blut sammelte sich in seinem Glied an und ließ sich dieses versteifen.

Dass etwas nicht stimmte, bemerkte sie wenig später, denn Sêiichî war nun mucksmäuschenstill und unterdrückte krampfhaft die Lustgeräusche, die ihr ganz gut gefallen hatten. „Du bist auf einmal so komisch. Hast du was? Du liegst irgendwie verspannt da.“

Genervt seufzte er und sah in ihre hübschen Augen. „Ich bin kirre, das ist.“

Verwundert sah sie ihn an, dabei weiteten sich ihre Augen. „Du Perverser, ich habe doch gar nichts getan...“

„Ich.. na ja...“, er spielte etwas den Unschuldigen, „du bist meine Freundin, dir fällt es eben leicht, mich zu erregen.“ Er schob die Lippe vor und schmollte sie an, das brachte sie ziemlich zum Lachen, er sah so nämlich recht süß aus. „Möchtest du die Dusche benutzen?“ kam von ihr unter Lachen, so dass seine Augen sich in Halbmonde verwandeln. „Nein, was ganz anderes...“ Er nahm ihre Hand und legte sie auf seine Hose. „Das nämlich.“

„Du spinnst.“

„So? Du hast mich erregt, also entregst du mich wieder, okay? Das wäre fair, oder nicht?“ Ihr Blick ruhte auf ihm. „Vergiss es, ich werde dich da noch nicht anfassen, du gehst kalt duschen, ich warte auf dich, zack, zack!“ Wie gemein sie ihn abweisen konnte, das fasste er einfach nicht. „Ich sag’ es auch keinem, wenn du das machst, das ist doch was vollkommen Harmloses...“

„Nein, heißt Nein, Sêiichî, wenn du das willst, bin ich die Falsche dafür...“ Seufzend erhob er sich. „Na gut, nicht aufregen, Süße... bis gleich...“

Toller Tag, wirklich. Ein fast nacktes Mädchen auf Touren, das ihn abwies und ihn nicht mal befriedigen wollte, während er jetzt ins Bad ging, um sich einen runterzuholen. So etwas hatte er noch nie machen müssen. Keine hatte ihn dermaßen hängen lassen und unter die Dusche geschickt, bis auf diese Blondine, sie war die Einzige, die da mithielt. Die beiden waren wirklich interessant, sie fielen nicht komplett auf seinen Charme herein, umso glücklicher würde es ihn machen, wenn sie ihn erhörten, aufgeben würde er jedenfalls noch nicht, er hatte Ausdauer und vertrug ziemlich viel. Sie mochten ihn ja beide, waren jedoch stolz genug, um sich nicht alles bieten zu lassen, das imponierte ihm und machte das Ganze spannend und interessant.

Während sie fies grinsend im Bett lag, konnte sie unter der Dusche einige Laute hören, die ihr verrieten, dass ihr Freund gerade wirklich Hand an sich legte, um sich zu beruhigen, was sie irgendwie sehr amüsant fand. Es tat ihr echt Leid, dass sie ihn hatte hängen lassen, doch davor, billig zu wirken, und es mit ihm zu tun, hatte sie fürchterliche Angst. Sie hatte es nicht absichtlich getan, um dem Macho eins reinzuwürgen.
 

„Träumst du, Riina-chan?“

Erschrocken hob die Rothaarige ihren Kopf, als Miyako sie ansprach.

„Nein, nein“, sagte sie verlegen und spürte wenig später die Arme der Schülerin, die sie umschlungen hatten. Miyako drückte ihre heißgeliebte Freundin an sich und wirkte glücklich.

Hiroko beobachtete die beiden und fand das Verhalten doch ein wenig peinlich.

‚Miyako hängt sich an jeden, den sie kriegen kann... Ich würde mich da in Grund und Boden schämen.’

„Du bleibst bei mir, nicht wahr?“

„Klar, Sêiichî ist zwar mein Freund, aber euch hab ich auch gern...“

Yûmikôs Blick fiel auch kurz auf die kleine Mädchengruppe, die zur Rechten saßen, was sie schmunzeln ließ. ‚Die sind ja irgendwie süß...’ Ihr fiel es schwer, die Finger von Wataru zu lassen und nicht ständig an seiner Seite zu sein. Aber Riina hatte wohl Recht. Man sollte seine anderen Freunde nicht wegen Jungs vernachlässigen, das war unfair.

Der Bus war mittlerweile losgefahren und es würde nicht mehr lange dauern, bis sie die große Sporthalle erreichen würden.
 

Die Mädchen hatten sich in ihre Umkleidekabine zurück gezogen, während Sêiichî zusammen mit Ryochi und Kôji schon draußen das Feld aufsuchte und dort eine Mannschaft trainieren sah. Der Kapitän trainierte seine Mannschaft im Alleingang. „Hey, die ist ja richtig laut“, meinte Kôji und schluckte, als er sich die hart geworfenen Bälle so ansah.

„Ich frage mich, ob das eine so gute Idee war.“

Sêiichîs Worte waren nicht nur von Ryochi und Kôji gehört worden, sondern auch von Shina, die ihm von hinten auf die Schulter klopfte.

„So, das fragst du dich? Da hat jemand aber wenig Vertrauen in unser Können.“

Ihr Freund drehte sich herum, als er ihre Stimme vernahm, ebenso wie Kôji und Sêiichî.

„Schau dir die doch an“, flüsterte dieser dem Kapitän zu.

„Wo steckt Wataru?“ lenkte Shina ab, so dass Ryochi leise lachte.

„Der hat wahrscheinlich mehr Muffensaußen als seine Schwester. Er hat die Ekota-Schule trainieren sehen und musste dringend etwas zu Trinken holen.“

„Der Baka schon wieder. Sie wird sich schon nichts brechen, also wirklich. Es wundert mich, dass er noch nie einen Baseball an den Kopf bekommen hat.“

Wataru gesellte sich kurz darauf zu der Gruppe und seufzte. „Die sind richtig gut, nicht wahr? Sie verpassen so gut wie keinen Ball... Das geht nicht gut.“

„Mal den Teufel nicht an die Wand“, meinte Kôji und schüttelte den Kopf.

„Natürlich sind die richtig gut, Wata-chan“, erwiderte Shina, „sie haben es ins Finale geschafft, denkst du denn, dann wären sie schlecht? Das ist die Feuertaufe, wenn wir verlieren, verlieren wir eben. Aber glaub mir, diese Mannschaft wird bis zum Umfallen kämpfen. Sie wollen sich schließlich auch mal beweisen. Sie werden sich extra anstrengen, um Matsudaira zu zeigen, dass sie etwas können, weil diese das immer wieder bezweifelt und die Reservemannschaft runtermacht. Die sind bockig, glaub mir. Außerdem habe ich Akemi gesagt, sie soll die Spielführerin übernehmen.“

Eine Spielerin fiel mit einem Aufschrei zu Boden, nachdem sie den Ball verpasst hatte und wurde von ihrem Kapitän regelrecht zur Sau gemacht, so dass Kôji und Ryochi sie mit Halbmondaugen musterten. ‚Was für’n Weib ist das denn? Warum schreit die eigentlich so mit ihrer Mannschaft rum? Meint sie, dann geben sie sich mehr Mühe? Um Himmels Willen! Die klingt wie Matsudaira.’

Shina konnte den beiden wohl ansehen, was sie dachten und musste sie aufklären. „Das ist Matsudairas Nichte, wundert euch das?“

„Oh mein Gott“, sagten Ryochi und Kôji mit einem Seufzen, „nein.“

Kôjis Gedanken waren sowieso in diese Richtung gegangen, wieso sollte es ihn wundern?

Die Mannschaft kam nun aus der Umkleide, so dass die Jungs sich zurückzogen, ebenso wie Shina. Ryochi hatte Shina auf einmal aus den Augen verloren und suchte die Halle ab, jedoch war es mittlerweile voll geworden und er konnte sie nicht finden. ‚Wo ist sie bloß hin?’

Kôji rannte zu Akemi hin und redete irgendetwas mit ihr, was keiner verstand, wahrscheinlich wünschte er ihr viel Erfolg.

Kotomi und Trainerin Matsudaira saßen oben ziemlich weit vorne in der zweiten Reihe, wie Shina sehen konnte, die einen Platz ganz vorne reserviert hatte. Sie setzte sich hin und beobachtete, wie sich ihr Team aufwärmte, dabei schaute sie auf ihre Uhr.

‚Lass dir nicht zu viel Zeit mit deinem Flug! Hoffentlich kommst du noch rechtzeitig, du kannst doch nicht einfach so ihr erstes Spiel verpassen! Beweg deine vier Buchstaben endlich hierher, du hast es versprochen, Baka.’ Sie erwartete noch jemanden, doch diese Person war noch nicht aufgetaucht.
 

Der Schiedsrichter pfiff mit seiner Pfeife, so dass sich die Mannschaften in einer Reihe aufstellten. Die Teitan-Spielerinnen machten einen doch sehr nervösen Eindruck. Sie hatten passend zur Uniform ihrer Schule ein blaues Dress mit weißen Streifen an den Ärmelseiten und den Hüften. In Kanji stand auf der linken Brustseite in Grün der Mannschaftsname, da es heute noch keine Aufstellung in Nummern gab, an dieser Stelle würde bald aber jeder eine Nummer haben.

Riina schaute sich mehrmals in der Halle um und wirkte dadurch sehr aufgeregt. ‚So viele Leute...’

Miyako klammerte sich einmal an ihren Arm, sie hatte eine Heidenangst, dass sie schlecht sein würde, immerhin waren ihre Geschwister hier.

Die beiden Kapitäne – Yûmikô übernahm für die Teitan das heute, knobelten um ihr Aufschlagsrecht, wobei die gegnerische Mannschaft dieses erhielt, so dass es an dieser war, jetzt womöglich zu punkten.

Jetzt geht’s los, dachten alle wahrscheinlich, sie waren zum Zerreißen gespannt und der Schweiß stand ihnen auf der Stirn.

„Riina, mir ist auf einmal furchtbar schlecht, ich glaub, ich kipp um“, meinte Miyako, die ihren Blick auf die aufschlagende Spielerin richtete, die niemand anderes als der Kapitän der Ekota-Schule war. Sie sah zu ihnen rüber, mit diesem Gewinnerblick, total überheblich.

Als der Ball dann auf Miyako zu geflogen kam, zitterten ihre Knie, weshalb sie ihn zwar berührte, er allerdings nach hinten flog, wo Riina ihn stoppte und zu Yûmikô spielte, welche den Ball mit einem gekonnten Schlag in eine Kanone verwandelte, so dass eine Spielerin zwar nach ihm hechten konnte, ihn dabei wegen seiner Schnelligkeit nicht mehr erwischte.

Jetzt stand Miyako vor Riina am Netz, weil die Positionen gewechselt werden mussten. Akemi hingegen direkt in der Mitte und Yûmikô links.

Hiroko als Aufschlägerin versuchte es mit einem Sprungaufschlag. Der Ball berührte knapp vor der Annahmespielerin den Boden.

„Spinnt ihr, das sind Anfänger! Seid mal nicht so lahm!“ schrie Matsudairas Nichte, so dass die Tante ihre Arme verschränkte und zu grinsen begann. „Jetzt werden wir keinen einzigen Punkt mehr machen, pass nur auf, Okamoto-chan.“

In der Halle war es bis auf ein wenig Klatschen völlig ruhig, geradezu gespenstig, bis der Aufschlag ertönte, der direkt in die Mitte des Feldes flog, wo eine Spielerin ihn knapp über das Netz spielte und die mittlere Verteidigerin, der Kapitän ihn schnell ins gegnerische Feld schlug. Der Ball kam wie der Blitz geflogen, so dass Riina ihm nur nachsehen konnte, bevor er hinten in die linke Ecke schoss und über den Boden sprang.

‚Dem konnte man ja kaum folgen, die weiß wirklich, was sie tut.’

Nach dem Ball starrte die gesamte Mannschaft zu der Angreiferin, sie waren sprachlos und bekamen es mit der Angst zu tun.

Bis auf Yûmikô, die ein leises Knurren von sich gab. „Das kriegt sie wieder.“

‚Wenn die noch mal an den Ball kommt, sehen wir echt alt aus, wir müssen sie daran hindern...’ dachte sich Akemi, die von Yûmikôs Ruhe überrascht war. ‚Wie kann sie nur so gelassen sein?’

Yûmikô hatte bereits eine Art Lösung gefunden und schaute nach oben, als sie den Schlag hörte. Kurz darauf sprang sie und schlug direkt zurück, als eine Art Antwort auf den Punkt von eben.

Ohne eine Chance gelangten sie den Aufschlag zurück. „Na, nur nicht unterkriegen lassen!“ rief Yûmikô, als sie sich zu den restlichen Teammitgliedern herumgedreht hatte, um sie zu ermutigen.

Man merkte deutlich, dass sie die Position des Kapitäns schon öfter eingenommen hatte.

Yûmikô hatte, wie es ihr gefiel, den Aufschlag, sie fixierte die Spielerinnen und suchte sich ein Opfer aus. Als sie eines gefunden hatte, beförderte sie den Ball kraftvoll knapp über das Netz.

Die rechte Verteidigung nahm ihn an, so dass der Kapitän erneut angriff. Diesmal bekam Miyako die Kraft dieses Mädchens zu spüren und landete am Boden, nachdem sie den Ball mit der Faust versucht hatte, in der Luft zu halten. Er kullerte jedoch nach hinten und sie erhob sich langsam.

„Alles in Ordnung mit deiner Hand?“ fragte Riina, was Miyako mit einem aufsässigen Blick beantwortete. Sie kniff die Zähne zusammen, um nicht zu weinen, dann lief ihr etwas Blut aus dem Mund.

„Was ist eigentlich passiert?“ wollte Akemi wissen und half ihr hoch. „Der Ball ist mir nach der Annahme ins Gesicht geflogen, mir geht’s aber gut. Die hat ja ganz schön Kraft.“

Akemi seufzte und begab sich wie der Rest wieder in Position.

Auf der Tribüne war ein Junge aufgesprungen. „Setz dich wieder, Jun-chan, sie steht ja wieder.“

„Das sah aber böse aus, hoffentlich geht es ihr wirklich gut! Was ist das denn für ein brutales Miststück?“

„Ganz ruhig“, meinte seine Schwester Satomi und drückte ihn zurück auf seinen Platz.

Shina schaute sich nach hinten um und sah es noch. ‚Ihr macht euch zu viele Sorgen. Sie hält mehr aus, als ihr denkt.’ Die Hellbraunhaarige schaute sich noch etwas hinten um, doch der Mann war noch immer nicht gekommen, was sie seufzen ließ. Sie drehte den Kopf wieder zum Spielfeld und sah gerade noch den Aufschlag. Yûmikô wagte es ein weiteres Mal, ihn direkt zu kontern, doch wurde abgeblockt. ‚Ach herrje, nicht die Nummer...’, dachte sich Shina, als Riina im letzten Moment den Ball zu fassen bekam, wobei sie sich einmal kurz überschlug und am Boden kniend nach dem Ball Ausschau hielt, der nach hinten abgedriftet war.

Akemi stellte ihn und Miyako griff überraschend an. Die Gegner waren zu überrascht davon, keiner hatte ihr einen Angriff zugetraut, deswegen landete er auch inmitten des Feldes.
 

Jetzt herrschte wieder Gleichstand und Riina befand sich rechts als Aufschlägern, als sich ein junger Mann an die Hellbraunhaarige auf der Tribüne heranschlich. Er setzte sich klammheimlich neben sie, so dass sie erschrocken zur Seite sah. „Schleich dich nicht so an, das ist nicht witzig! Wo warst du denn?“

„Am Flughafen wurden meine Koffer vertauscht, Shina... Wer ist denn die Rothaarige da, die hinter der Linie steht, mhm? Die kommt mir aber bekannt vor.“

Shinas Augenbraue zuckte, als ihr Cousin auf Riina zu sprechen kam.

„Das kann nicht dein Ernst sein, oder? Du bist trotz Brille total blind, ehrlich. Schau mal genau hin...“ Sie würde ihm nicht sagen, wer das war. Wenn er darauf nicht von selbst kam, war er selbst schuld. Da war er drei Jahre außer Land und vergaß seine beste Freundin. Der hatte sie ja irgendwie auch nicht mehr alle. Gut, sie war weit weg, aber man erkannte doch seine Freunde, oder etwa nicht?

„Wieso nicht? Danke auch, du bist nett. Das ist ja auch nur eine Sonnenbrille.“

„Eine Sonnenbrille im Winter, ich sag ja, du bist nicht normal. Wieso kommst du mit Sonnenbrille? Du siehst wie so ein Spion der ganz schlimmen Sorte aus! Wenn die anderen dich sehen, kriegen die ja einen Schreck“, lachte das Mädchen. „Trotzdem schön, dass du endlich aufgetaucht bist.“

Der Dunkelbraunhaarige zog seine Sonnenbrille etwas tiefer und beobachtete das Mädchen genau. ‚Die dürfte in Shinas Alter sein... Wer ist das bloß? Wieso komme ich nicht darauf? Sie hat Ähnlichkeit mit jemandem, aber sie ist doch noch klein... Das kann sie nicht sein... unmöglich... Zu erwachsen.’

Ein sehr schneller Aufschlag erfolgte, der sich je weiter er in das gegnerische Feld eindrang, verlangsamte.

„Der geht ins Aus“, rief der Kapitän, so dass die annehmende Spielerin ihn nicht annahm, allerdings wurde er so langsam, dass er ganz locker vor ihr zu Boden ging.

„So viel zu, der geht ins Aus, das sehe ich, Kapitän.“

„Hey, die spielt gut, willst du mir nicht doch verraten, wer sie ist? Ich kenne sie, oder?“

„Dann ruf mal alle Rothaarigen zurück in dein Gedächtnis, vielleicht kommst du dann drauf.“

„Ich erinnere mich da aber nur an eine... tze...“

‚Dann wird sie das sein, Baka... Wieso denkst du eigentlich, dass sie es nicht ist? Bist du echt blind?’ Was hatte er denn gedacht, wie sehr sie sich in drei Jahren verändern würde?

„Jetzt pass etwas besser auf“, meinte eine andere.

Akemi warf den Ball zu Riina, die jetzt ja ein weiteres Mal den Ball angeben durfte und sich entschied, die Gegner etwas zu erschrecken. Sie steckte viel Kraft in den Ball und beförderte mit einem sehr tiefen Schlag, der zwischen Aufschlag von unten und von oben schwankte, über das Netz. Durch den Dreh ihres Armes flog er einen Bogen und war schwerer zu erreichen. Sie war gespannt, ob das bei ihnen funktionieren würde. Bei Kotomi klappte es jedes Mal. Trotzdem hatte das Mädchen nicht vor, das alles zu oft zu widerholen, weil man sich dann zu leicht daran gewöhnen konnte.

Wie erwartet, verpasste die Annahmespielerin den schnellen Ball und sie gingen somit zwei Punkte in Führung.

Kotomi seufzte. „Ich hasse sie, Matsudaira, sie sollte sich verletzen, dann verlieren wir... Am besten sie ist auch noch schuld daran, diese dumme Kuh, die auch noch besser aufschlägt als ich...“ Sie hatte große Lust, ihr den Rest zu geben – sie zu vergiften oder zu erdrosseln, am besten recht grausam. „Reg dich nicht so auf, Okamoto-chan. Sie hat auch ihre Schwächen. Suga wird sie herausfinden und diese Schwächen angreifen, dann liegt sie schneller am Boden, als du schauen kannst...“

„Hoffentlich tut sie sich dabei schön weh...“

„Wenn Suga richtig angreift, gibt es immer Verletzte, also freu dich, wenn sie ihre Schwächen herausbekommen hat, dann gibt’s Zunder.“

Auch wenn der nächste Aufschlag weniger von Erfolg gekrönt war, behielt die Teitan-Schule die Oberhand, es war Yûmikô, die in Zusammenarbeit mit Akemi und Riina die Punkte holte.

Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, in dem Suga eine Lösung für die unerreichbaren Schmetterbälle, der ehemaligen Nagoya-Schülerin gefunden hatte. Zwei Spielerinnen sprangen hoch und blockten den nächsten Ball einfach ganz leicht ab, so dass er neben Yûmikô zu Boden ging. Niemand konnte es verhindern. So machten sie es bei jedem Angriff, bis sie den Satzball erreicht hatten.
 

Die Teitan-Spielerinnen keuchten heftig, ihnen fehlte fast die Luft zum Atmen, trotzdem wollte keiner zulassen, dass dieser Punkt passierte.

„Jetzt wird’s wohl spannend, was, Shina-chan?“ fragte der Braunhaarige seine Cousine, weshalb diese nur nickte. „Ich bin gespannt, wie sie aus diesem Desaster wieder rausfinden... und sie werden es, daran glaube ich fest...“

Der Aufschlag kam mit einem Karacho, welches Hiroko rückwärts zu Boden warf, dabei hatte sie den Ball knapp annehmen können, so dass Miyako sehr weit außerhalb des Feldes angelangte, um ihn noch im letzten Moment zurückzubaggern. Er flog dermaßen hoch, dass Yûmikô diesmal nicht angreifen konnte, was jedoch Suga tat. Sie sprang hoch und knallte Riina den Ball regelrecht vor den Latz, wobei sie sich auf die Knie fallen ließ und ihn einfach hochzuschlagen versuchte, was ihr gründlich mieslang. Sie spürte nur einen starken Schmerz im Handgelenk und der Ball flog zur Seite, wo keiner mehr an ihn heran kam, weil er gegen die Wand schlug.
 

Matsudaira lachte leise sadistisch auf und grinste vor sich hin, als sie beobachtete, wie sich die Rothaarige ihr Handgelenk hielt. „Siehst du, Okamoto-chan, wie ich es dir prophezeit habe.“

„Au Backe, das sah ja schon wieder so böse aus, die ist ja richtig gefährlich.“

„Tja, dass der erste Satz flöten geht, das habe ich erwartet, Sushi... Es war klar, dass es so endet, aber wir haben ja noch zwei Sätze, in denen wir den Sieg an uns reißen können, also bleibe ich ganz ruhig und schaue mir alles bis zum Ende an. Verloren oder gewonnen hat man, wenn das Spiel zuende ist, oder etwa nicht?“

„Du bist heute ja richtig optimistisch, obwohl du dein Reserve-Team aufgestellt hast... Was macht dich so sicher?“

„Ich kenne meine Mannschaft, die gibt nicht auf...“
 

Unten begaben sich die Spielerinnen zu den Bänken, um sich ein wenig auszuruhen.

„Bist du bescheuert?“ schnauzte Sêiichî seine Freundin an. „Wenn du weiter so auf Risiko spielst, dürfen wir dich gegen Ende ins Krankenhaus fahren. Nur ein Idiot würde so einen Ball aus dieser kurzen Entfernung noch annehmen! Du musst total irre geworden sein, das zu versuchen!“ Er war richtig wütend auf sie, wie es schien, was das Mädchen aber nicht einsah.

„Was denn? Soll ich halbherzig spielen und mir weniger Mühe geben? Shina hat gesagt, wir sollen unser Bestes geben, um zu gewinnen, daran halte ich mich... und schnauz mich nicht so an, ja?“ Der konnte doch nicht so mit ihr reden.

„Was tust du, wenn du dir das Handgelenk verstauchst? Dann fällst du aus! Willst du das? Dann mach so weiter.“ Er wusste wahrscheinlich alles besser, natürlich, er hatte ja schon vor Jahren Mädchen trainiert und selbst gespielt, er kannte sich aus, sie nicht, oder was?

„Es ist nicht das erste Mal, dass ich so spiele, ich weiß, was ich mir zumuten kann. Das hat höchstens einen Moment gekitzelt... So schlimm war das nicht. Ich war nur nicht darauf gefasst, dass sie mich so hart angreifen würde... Noch mal passiert mir das nicht.“

Naru reichte ihr lächelnd ein Handtuch. „Ihr habt den Satz verloren, aber ihr wart nicht schlecht für euren ersten Einsatz, den nächsten Satz holt ihr euch... da bin ich sicher.“ Das war sie wirklich, weil nämlich jede auf ihre Weise gut gespielt hatte. Es fehlte nur noch so etwas wie ein Konzept, aber das Ding würden sie auch noch schaukeln.
 

Shina und ihr Cousin schauten sich das Ganze von oben an.

„Oha, der Trainer ist ja ganz schön sauer... Ich frage mich, was er ihr gesagt hat... Die scheint aber ja richtig aufmüpfig zu sein, oioi.“

„Und da weißt du noch immer nicht, wer sie ist? Das glaube ich nicht! Oder willst du nur denken, sie sei es nicht?“

„Ach, dann soll das Riina sein?“

Shina lachte über ihn, weil er ihr diese Frage so ungläubig stellte. „Sie ist fünfzehn geworden, nicht dreizehn. Sie ist kein kleines Kind und sieht auch nicht so aus, schockiert dich das jetzt etwa? Und sie wird immer frecher – das gefällt dir doch, also.“

Der Braunhaarige sah seine Cousine mit Halbmondaugen an. „Willst du mir irgendwas unterstellen?“

„Nein, nein, ich kenne dich nur, und weiß das einfach. Hast du Angst, oder wieso redest du dir ein, sie sei ein kleines Kind, mhm? Du bist doch schon groß, da stehst du drüber.“

„Musst du mich aufziehen?!“

„Du willst es doch so... Mein Gott, du benimmst dich wie ihr Bruder, der fährt auch gerade die Beschützerschiene. Er hat doch neulich echt gemeint, sie wäre ja noch so klein, fang nicht so an. Die reißt dir den Kopf ab, wenn du sie klein nennst.“

„Wenn sie mich noch kennt...“

„Ich bezweifle, dass sie so doof ist, wie du...“

„Danke...“ Er schmollte seine Cousine an, die ihn heute als den größten Baka der Welt hinstellen wollte.
 

„Du, Riina... der Typ da oben, der bei Shina sitzt, der schaut dich die ganze Zeit schon so seltsam an... der sieht vielleicht zum Fürchten aus... der da mit der blauen Sonnenbrille...“ meinte Miyako, so dass Riina sich nach Shina umblickte, die sie wenig später gefunden hatte.

‚Ach herrje, wer ist das denn? Sieht ja fast wie Tatsuji aus... aber das wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn er hierher kommen würde. Das kann man getrost ausschließen.’ Sie lächelte in Richtung Miyako. „Dann lass ihn eben.“

Auch Sêiichî schaute jetzt nach oben. ‚Shina kennt solche Typen? Das habe ich ihr gar nicht zugetraut, der ist doch mindestens 20...’
 

Durch die hervorragenden Blocks der Ekota-Schule war es der Teitan-Schule nur sehr schwer gefallen, mitzuhalten, weshalb es tatsächlich passierte. Suga und ihr Team gingen in Führung, dabei bekamen sie sogar ihren Matchball.

Kotomi und die Trainerin freuten sich schon über die herannahende Niederlage.

Shina stand etwas Schweiß im Gesicht, damit hatte natürlich keiner gerechnet. Wenn jetzt nicht ein Wunder geschah, würden sie sich vom Turnier verabschieden.

Nach einem abgeblockten Angriff von Miyako war es Hiroko gerade so gelungen, den Ball am Aufkommen am Boden zu hindern, indem sie über diesen rutschte und ihn mit der Faust erwischte, woraufhin er ins hintere Feld flog und Akemi ihn kraftvoll nach vorne schlug, wo er zu hoch ging, deswegen konnte Yûmikô dieses Mal nicht angreifen, was Suga gleich wieder ausnutzen musste, um Riina, die hinten stand, anzugreifen. Der Ball kam blitzschnell von der linken Hälfte des Netzes geschossen und landete knapp neben dem Arm der Schülerin, der versucht hatte, unter den Ball zu kommen. Sie rutschte bis zur Linie, wo das Ausfeld war und blieb dort liegen, ohne den Ball erwischt zu haben.

Schweigen herrschte in der Halle, der junge Mann neben Shina schien schon halbwegs zu beten, schließlich hatte er aus der Entfernung nicht genau sehen können, wo der Ball jetzt wirklich aufgekommen war.

Es schien, als wäre der Linienrichter auch nicht so überzeugt von seinem Urteil, bis er die Fahne hob, was hieß, dass der Ball knapp über die Linie geschossen war.

Das Publikum begann lautstark zu protestieren, andere verliehen ihrer Freude Ausdruck.

Miyako war rechts vorzufinden, es hing jetzt alles von ihrem Aufschlag ab, das gefiel ihr überhaupt nicht, da musste sie jetzt aber wohl durch.

Weil sie Sugas Spiel jetzt mittlerweile kennen gelernt hatten, lauerten Akemi, Yûmikô und Mai vorm Netz. Es war wie prophezeit, dass Suga versuchen würde Miyakos leichten Aufschlag direkt zurückzuschlagen, was alle Drei richtig erkannt hatten. Deswegen war es ihnen möglich, ihn abzuschwächen, als sie ihn versuchten zu blocken. Hiroko berührte ihn als Zweite im Mittelfeld. Sie hatte es geschafft ihn hoch zu spielen, so dass Akemi überraschend angriff und die vorderen Spieler total überrumpelte, als sie den Ball über die Hände der Blockerinnen zur Seitenlinie stieß, wo er leicht wie eine Feder aufkam. Aufgrund dessen, dass Blocks oft viel vom Angriff verbargen hatten sie auch eine Schwäche, die Akemi für sich zu nutzen gewusst hatte. Die Abwehr wusste nämlich nicht, was auf sie zukam.

Nun herrschte ein Gleichstand von 14:14 und alles war wieder offen.

Es musste jawohl bitter für die Ekota-Schule sein, so knapp den Matchball einzubüßen.

Kôji, der das Ganze ebenfalls beobachtet hatte, gab einen Laut von sich: „Yatta!“ Er freute sich natürlich, dass es seine Freundin gewesen war, die den Ausgleich möglich gemacht hatte, was Kotomi, die ganz in der Nähe saß, mitbekommen musste. Sie hatte für einen Moment einen traurigen Blick im Gesicht. ‚Diese dumme Pute, die muss auch weg...’ Sie hasste dieses Weib, das schuld war, dass sie Kôji nicht haben konnte, dann musste die diese verkorkste Mannschaft auch noch zum Erfolg führen. Das war definitiv nicht ihr Tag. Hoffentlich schafften die es nicht noch, über sich hinauszuschießen. Es war ja schlimm genug, dass sie knapp an einer Niederlage vorbei gekommen waren. Kotomi hätte es natürlich gefallen, wenn Riina für das Desaster verantwortlich gewesen wäre, dann hätte sie endlich etwas gegen dieses Mädchen in der Hand gehabt. Das Glück war allerdings auf der Seite der Rothaarigen.

Die Aufgabe ging erneut an Miyako. Es war eine altbewährte Taktik, niemals den gleichen Spielzug zweimal hintereinander auszuführen, deswegen rechneten die beiden am Netz auch nicht damit, dass die drei vorderen Teitan-Spielerinnen einen erneuten Block einkalkuliert hatten. Suga griff den Aufschlag wie gehabt direkt an, diesmal aber war es Akemi möglich, den Ball mit beiden Handflächen zu erwischen, weshalb er abprallte und knapp nach Sugar zu Boden gehen wollte, doch da ließ sich die Nummer zwei fallen und bekam ihn. Die Nummer drei griff an, doch, weil sie bei weitem nicht so gut war, wie ihr Kapitän, schlug Yûmikô ihn ebenfalls direkt zurück. Dadurch gewann der Ball eine noch größere Härte und war unmöglich zu erreichen.

Miyako machte ihren Aufschlag, der diesmal nicht direkt geschmettert wurde, Suga war wohl von den drei Blockerinnen abgeschreckt und wagte es nicht. Die mittlere Abwehrspielerin nahm den Ball mit beiden Händen an, er wurde gestellt und schon war es wieder Suga, die angriff. Diesmal vor Miyakos Füße. Kotomi konnte sich für einen klitzekleinen Moment freuen, doch dann erwischte Miyako den Ball derartig perfekt, dass die Hellbraunhaarige hätte heulen können. Da war sie die Schlechteste in der Mannschaft und bekam so einen Ball, das war doch nicht mehr wahr. Suga war allseits gefürchtet, aber dieses kleine Mädchen schaffte es dennoch. Wo nahm die nur ihren Ehrgeiz her?

Und weil sie Akemi ja so hasste, musste sie Riina einen Ball stellen, obwohl sie das eigentlich andersherum trainiert hatten. Was allerdings das Schlimme daran war, war der Erfolg, den sie davon trugen. Suga wurde doch tatsächlich vom Schmetterball einer Anfängerin geschlagen. Das war wirklich nicht mehr zu fassen. Die Reservemannschaft hatte mehr Glück als Verstand.

Die Halle begann wieder zu toben, immerhin war die halbe Teitan-Schule anwesend, man hatte ihnen ja extra frei gegeben, damit sie sich das Spiel ansehen konnten.

Matsudaira hatte die Arme vor der Brust verschränkt. „Reines Glück, die tun ja so, als hätten wir schon gewonnen... ich muss mal mit meiner Nichte reden...“

Kotomi schaute zur Seite, wo ihre Trainerin saß. „Wie?“

„Ich will nachhelfen...“

„Na dann... lassen Sie sich nicht erwischen...“ Die Trainerin verschwand heimlich zu der gegnerischen Mannschaft, wobei sie aber an Shina vorbei musste, die ein leises Seufzen von sich gab. „Warte hier, Tatsuji, ich bin gleich wieder da...“

Die Hellbraunhaarige stand auf und rannte zu den anderen runter, wo sie Ryochi darum bat, Sêiichî zu stecken, dass Matsudaira wohl gerade zum Teamchef der Gegener gegangen war, um fröhlich Schwächen auszuplaudern.

Daraufhin ging der Braunhaarige zu seinem Freund und klopfte ihm auf die Schulter.

„Matsudaira geht petzen. Sie will Suga die Schwächen der Mannschaft aufzählen, du solltest dir schleunigst etwas einfallen lassen...“

„Also wirklich“, meinte Sêiichî daraufhin, „will die mich blamieren? Ich war doch so nett zu ihr...“

„Ist nicht dein Ernst, oder?“

„Nicht das, was du da jetzt wieder denkst...“ Und ob es das war, aber das war ihm jetzt irgendwie peinlich, weil diese Frau einfach nur billig und leicht zu haben war.

„Du Riina... tu mir einen Gefallen“, flüsterte ihr Freund dem Mädchen zu, was nicht nur die Mannschaftsmitglieder sahen, sondern auch die Leute, die auf der Bühne saßen.
 

‚Was ist da denn los?’ fragte sich Tatsuji, dem der vertraute Umgang der beiden nicht entging. Der Trainer hielt seine beste Freundin halb im Arm, das war ja wohl nicht normal, oder? Es sah ihm so aus, als hätten die beiden etwas miteinander. Aber Riina und ein Älterer? Das passte irgendwie nicht. Sie hatte doch Angst vor Männern. ‚Das würde mich doch jetzt wirklich mal interessieren...’

Er sah irgendwie schmollend aus, als Shina wiederkam und sich zurück an ihren Platz setzte. „Was hast du denn?“

„Nichts, nichts... Ich finde nur, dass die beiden sich komisch verhalten...“

Die Hellbraunhaarige lachte nur kurz, ging ansonsten aber nicht darauf ein, auch wenn man ihn gut hätte aufziehen können. Sie wollte es allerdings Riina überlassen, ihm davon zu erzählen. Dass er sich Schwachheiten auszumalen schien, war ja an seinem Gesichtsausdruck abzulesen. Dann seufzte er auch noch so vor sich hin, das war jawohl zum Schießen.
 

Riina war empört von Sêiichîs Worten und warf Matsudaira einen bösen Blick zu, bevor sie mit dem Ball in der Hand auf das Spielfeld ging und den Blick schweifen ließ. So, wie Yûmikô es immer machte, suchte sich Riina jetzt auch ihr Opfer aus. Sêiichî hatte diese Spielerin beobachtet und festgestellt, dass sie eher ungeschickt war. Deswegen sollte Riina sie auch etwas ärgern gehen. Matsudaira war ja so gemein, ihre Schwächen aufzuzählen, da konnte sie deren Schwächen auch auf faire Weise ausnutzen. Sie hatten das schließlich alleine durch dieses Spiel herausgefunden.

Ihr Plan ging auf, und die Rothaarige konnte zwei Punkte erzielen, bis eine andere Spielerin ihre Kollegin deckte und für diese den Ball annahm. Dann ging die verdammte Schererei mit Suga von vorne los. Diese konzentrierte ihre Angriffe auf Riina und Miyako. Die Rothaarige sollte dadurch ermüden und Miyako etwas kalt gestellt werden, damit sie nicht wieder mit irgendwelchen Überraschungsangriffen kam.

Bei ihren Angriffen täuschten sie immer mehr das Stellen vor, das sich schnell als getarnter Angriff entpuppte. So war es den Blockerinnen nicht möglich einzuschreiten, schon gar nicht, als Yûmikô und Akemi nach Riinas gestelltem Ball hochsprangen und den Ball schnell zu Boden schlugen. Wenn ein Angriff nicht so endete, dann sprang Riina mit beiden hochgestreckten Händen hoch und schlug den Ball von der Seite aus ins Feld.

Nach fünf Punkten Vorsprung begann die Ekota-Schule jedoch aufzuholen. Suga dachte sich wohl, wenn es technisch nicht ging, dann eben mit Gewalt. Sie schlug zu, was das Zeug hielt, wobei es schwer war, die Bälle zu retournieren, da sie einerseits unberechenbar geflogen kamen und dann auch noch in einer heftigen Härte. Damit hatte ganz besonders Miyako Probleme. Riina und Hiroko landeten des Öfteren Mal am Boden, was sie aber nicht abschrecken konnte. Miyako verpasste die Bälle zwar nicht, sie waren aber zu stark für sie, weswegen sie meist gar nicht sehr hoch kamen und demnach nicht weitergegeben werden konnten.

Gegen Ende des Spiels war es ein einziges hin und her. Machte eine Mannschaft einen Punkt, holte die andere sofort wieder auf. Ein paar Mal kam es zum Matchball, doch keiner der Mannschaften hatte diesen bisher für ihre Gunsten nutzen können, bis sie total erschöpft auf dem Feld standen. Keiner von ihnen sah ein, als Verlierer vom Platz zu gehen. Sie kämpften um jeden einzelnen Punkt.

Irgendwann nach zehn Minuten stand es schon 18:17 für die Teitan-Schule. Durch einen gut platzierten Schmetterball Yûmikôs war es so weit gekommen.

Miyako hatte jetzt wieder Aufschlag, gab diesen an und er kam locker über das Netz geflogen, direkt vor Suga, die jetzt hinten stand und es mit einem gekonnten langen Schmetterball versuchte, der nach oben schoss und dann einen leichten Bogen flog. Riina war es in diesem Moment total egal, wie sie fiel, Hauptsache, sie erwischte den Ball dabei, dadurch rollte sie ein wenig über den Boden, was man auch Japanrolle nannte.

Der Ball war sehr flach, so dass Akemi leicht in die Knie ging und ihn hochspielte. Mai und Yûmikô sprangen hoch, daraufhin setzte die Kurzhaarige zu einem Schlag mit rechts an, die Blockerinnen der Ekota-Schule sprangen hoch, doch da wandte sie ihren Körper in der Luft und schlug den Ball an ihnen vorbei. Während eines Hechtsprungs erwischte der Kapitän diesen schnellen Ball noch, allerdings nur mit dem Ringfingerknochen, weshalb er nach hinten flog, wo eine Spielerin wie wild hin stürmte, den Ball sogar noch davon abhielt, ins Feld zu fallen. Sie erwischte ihn allerdings so unglücklich, dass er zur Seite flog und dann gegen die Wand prallte.

Damit war das Spiel vorbei, was natürlich alle wussten, nicht nur die Zuschauer. Deshalb ließen sie sich erst einmal auf den Boden fallen, sie waren total k.o., aber glücklich und zufrieden, nur Akemi, Yûmikô und Riina standen noch und bedanken sich bei dem Gegner für das aufregende Spiel.

Sêiichî war von der Bank aufgesprungen und jubelte mit dem Publikum, während Kotomi und Matsudaira ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter zogen.

„Ich sag’s ja ungern, Koto-chan, aber hast du diese Annahme gesehen? Von Riina kannst du diesbezüglich wohl noch etwas lernen... Und was Akemi angeht... die hat ihr eigenes Spiel entwickelt...“

Die Angesprochene seufzte und erhob sich. „Ich geh dann, das Spiel ist eh für uns gelaufen.“ Sie hatte keinen Grund mehr, noch hier zu bleiben, außerdem konnte sie das ganze Loben von Matsudaira nicht mehr ertragen. Wer war sie denn? Eine Anfängerin?
 

„Na, was ist, Sushi, soll ich dir Beistand leisten, oder kannst du sie alleine besuchen? Du weißt doch bestimmt noch, wo sie wohnen, nicht wahr?“ Ein fieses Grinsen erschien auf Shinas Lippen, die ein weiteres Mal ihren älteren Cousin ärgern musste, weil er sich so komisch aufführte.

„Du kannst mich ja mal... ja, ja, das schaffe ich noch...“ Warum dachte sie eigentlich die ganze Zeit, dass er Angst vor diesem Treffen hatte?

„Dann ist ja gut, ich würde sicher stören, also dann, dewa mata.“

‚Bitte was? Bei ihr piept’s wohl, sie wird auch immer frecher...’ Er schaute ihr schmollend nach und drehte sich dann weg. Der 20-jährige machte sich auf den Weg in die etwas düstere Gegend, in die er schon als Kind oft gegangen war, auch wenn das sehr gefährlich war, wenn man noch ein Kind war. Mittlerweile war er aber ein erwachsener Mann, also war es nicht mehr so gefährlich, fand er.
 

Wataru war noch zu Yûmikô gegangen und seine Mutter noch arbeiten, deswegen war Riina später ganz alleine zu Hause. Sie kümmerte sich um die Pflanzen in ihrem Zimmer und in dem ihrer Mutter, ebenso wie um welche im Wohnzimmer. Ihr war langweilig, Sêiichî hatte irgendetwas anderes vor, von dem sie nicht wusste, was es war, also musste sie sich irgendwie beschäftigen. Da fiel dem Mädchen ständig irgendetwas im Haushalt ein, sie konnte davon einfach nicht die Finger lassen.

Gerade, als sie nach Hause gekommen war, hatte sie sich etwas Bequemeres angezogen, das doch etwas freizügiger war. Ohne daran zu denken, was sie denn da genau anhatte, ging sie zur Tür, nachdem es an dieser geklingelt hatte. Bewaffnet war sie ja eigentlich immer mit Tränengas, so auch dieses Mal, sie hatte keine Angst vor ungebetenen Besuch. Die Rothaarige riss die Tür auf und auf einmal stand da der Mann von vorhin, auf den sie in der Sporthalle aufmerksam geworden war. ‚Das gibt’s doch nicht, hab ich Halluzinationen...?’ Sie holte tief Luft, schnappte sich seinen Ärmel und zog ihn ohne ein Wort herein.

‚Oh, oh... was ist das denn für ein Anfall jetzt?’ Er ahnte Schreckliches.

„Baka“, war das erste, was ihm wütend entgegen kam.

„Nette Begrüßung“, gab er zurück und zog sich die Sonnenbrille ab, um sie in seiner Jacke zu verstauen. „Bekomme ich keinen Begrüßungskuss, oder so etwas in der Art?“

„Auch noch frech werden, was? Ich hab dich gesehen! Du hast mich wie ein Luchs beobachtet! Du hättest ruhig mal runter kommen können, um Hallo zu sagen! Stattdessen erschreckst du mich! Du bist wirklich ein toller bester Freund!“ Während sie das doch sehr jähzornig sagte, sah sie ihn mit Halbmondaugen an und verschränkte die Arme, bevor sie einen Schmollmund zog.

„Oioi, das Kätzchen zeigt mal wieder seine Krallen...“

„Oioi, das Essen kann sprechen.“

„Musst du mich gern haben, dass du mich essen willst“, versuchte er sie zu ärgern und verdrängte, was sie da gesagt hatte. ‚Immer dieser blöde Name... Ich bin kein Sushi.’

„Pass auf, dass ich dir nicht ein Ohr abbeiße, wenn du schon so etwas von dir gibst.“

„Da kriegt man es ja mit der Angst du tun. Aber wie rennst du eigentlich hier rum... das ist doch... ähm...“

„Mhm?“ Sie schaute an sich runter und errötete etwas. „Wo schaust du mir denn hin? Man sieht schon, du bist älter geworden... Männer sind eben doch pervers... pöh!“ Die 15-jährige drehte sich von ihm weg und bemühte sich, nicht zu zeigen, dass er ihr gefehlt hatte, vielleicht benahm sie sich deswegen so, sonst gingen noch irgendwelche Gefühle mit ihr durch.

„Ich wusste bis eben nicht mal, dass du so was trägst...“ Tatsuji seufzte und ging ihr nach, wohin auch immer sie wollte. „Erzähl mal etwas, es hat sich sicher einiges geändert, was, während ich weg war, oder?“

„Wie kommst du darauf? Was willst du eigentlich wissen?“ Warum fragte er nicht gleich direkt, ob hier ein Junge ein und aus ging? Das konnte man ihm ja beinahe ansehen, dass er an so etwas dachte. ‚Männer...’

„Na ja... wie geht’s euer Familie?“

Beide waren in der Küche angekommen und setzten sich dort auf zwei Stühle, wo sie sich in die Augen blickten.

„Nicht anders als damals... glaub mir.“

„Das klingt irgendwie negativ...“ Er machte sich Sorgen, immerhin war er meilenweit weg und wusste schon seit langem nur noch das, was ihm seine Cousine erzählte.

„Warum stellst du so viele Fragen? Es ist doch vollkommen egal, was hier los ist, du verschwindest ja doch wieder...“

Sein Seufzen klang wie der Weltuntergang, er hatte ja geahnt, dass sie wütend sein würde. „Soll das heißen, wir sind keine Freunde mehr? Auch wenn du mir wieder nicht glaubst, ich habe an dich gedacht.“

„Hattest du eine Freundin und deswegen keine Zeit, oder was war der Grund? Du hast dich ja eine ganze Weile nicht gemeldet...“ Sie klang ziemlich enttäuscht von ihm, was ihm gar nicht gefiel.

„Ja, das auch... und Stress... und na ja... ich bin eine Weile halbtot ins Bett gefallen...“ Er versuchte sie mit einem süßen Lächeln weichzuklopfen, das hatte bisher immer funktioniert.

‚Im wahrsten Sinne des Wortes...’ Ja, er war halbtot ins Bett gefallen, weil irgendwelche gestörten Leute ihn durch die halbe Stadt gejagt hatten, aber das wollte er ihr nicht auf die Nase binden. „Hast du was von deinem Vater gehört?“ wechselte Tatsuji das Thema, weil er ihn im Moment wirklich brennend interessierte. Amerika hatte der Mistkerl ja schon seit geraumer Zeit verlassen, es war also möglich, dass er wieder in Japan war.

„Lass uns nicht mehr über den reden... der hat sich verzogen und das ist gut so.“

Wenn sie ihm auszuweichen versuchte, machte sie ihm nur umso klarer, dass irgendetwas geschehen war, genauso wie jetzt. „Und wie sieht’s in deinem Leben aus, alles in Ordnung, oder gibt es Probleme?“

Wenn er so dumm fragte, musste man ihn erschrecken. „Na ja, ich habe mich sehr verändert... Neulich zum Beispiel habe ich mich total an Shinas Freund rangeschmissen und wollte ihn ihr ausspannen... Ist das nicht eine Sensation?“

„Habt ihr euch gestritten?“ Wenn man sie so reden hörte, könnte man wirklich denken, sie hatten sich heftig zerstritten.

„Nein, sie ist so gutmütig... sie verzeiht mir, aber ich verzeih mir nicht, weil ich eine kleine Egoistin gewesen bin. Mir hat so was gefehlt, aber keine Angst, ich habe jetzt keinen Ersatz für dich oder so etwas. Dich kann man nicht ersetzen, so einen Baka doch nicht.“

Es wäre ihm eigentlich ganz recht gewesen, wenn jemand dagewesen wäre, der auf sie aufpasste, oder jemand, der ihr einfach nahe stand und den sie an sich heranließ, statt ihm nachzutrauern, aber das war doch wieder typisch. „Selbst Baka.“ Tatsuji hielt es nicht mehr aus, er konnte nicht mehr still dasitzen, da kam es ihm vor, als wäre sie zu weit weg, deswegen stand er auf, ging um den Tisch herum, wobei sie ihn verwirrt musterte und zog sie dann am Arm hoch. Ehe sie sich versah fand sie sich in seinen Armen wieder, dann brach alles hervor. Eine gewisse Sehnsucht, die sie begleitet hatte. In Form von Tränen konnte man sie hören und auch sehen. „Ich dachte schon, du kommst nie mehr...“, schluchzte die 15-jährige und klammerte sich an ihm fest.

„Du siehst doch, dass ich wieder gekommen bin, wie ich es dir damals versprochen habe... Weißt du denn nicht mehr, was ich gesagt habe?“

Und ob sie sich erinnerte. Es war so ein verdammt scheußlicher Tag für sie gewesen. Mit einer fetten Grippe hatte sie im Bett gelegen und Wataru war einfach ohne sie zum Bahnhof gefahren, was sie ihm heute noch übel nahm. Die damals 12-jährige war alleine losgestürmt und hatte ihn dort gerade noch so erwischen können. Mit 40 Grad Fieber zwar, doch das war vollkommen egal gewesen. Sie war ihm in die Arme gesprungen und hatte wie jetzt geweint, doch jetzt mehr wegen der Freude, die sie verspürte, nicht so wie damals aus Angst, ihn nie wieder zu sehen. Gerührt hatte er gesagt „Ich werde wieder kommen, ich werde nicht ewig weg bleiben“ und gelächelt, da war sie zufrieden gewesen, sie hatte ihm doch geglaubt, oder? Wie hatte sie dann daran Zweifel hegen können?

„Kannst du noch mal so für mich lächeln, wie damals?“

Die Tränen wurden mittlerweile weniger, trotzdem standen sie noch in ihren Augen. „Du sahst so unglaublich süß und glücklich aus, als du mich angelächelt hast. Du hast gesagt, du würdest wieder kommen, ich hab dir geglaubt. Meinst du, es ist noch so wie früher, oder haben wir uns entfremdet?“

Kaum zu fassen, worum sie sich wieder Sorgen machte. „Ach was, wir sind noch dieselben Menschen, wieso also sollte sich daran etwas geändert haben? Wir sind nur etwas älter geworden.“

„Stimmt schon, du warst immer älter und du wirst immer älter sein. Als Kind fand ich das ganz toll, und ich finde es immer noch toll.“ Welches 15-jährige Mädchen war nicht stolz, wenn sie sich mit einem nun schon Erwachsenen so gut verstand? „Aber es stimmt doch, es ist nicht mehr so wie früher. Ich bin nicht 10 und du nicht 16, wir spielen weder Fußball, noch klettern wir zum Baumhaus... das wäre doch jetzt total kindisch.“

„Manchmal kann man sich nicht genug Kindheit bewahren.“ Er senkte kurz den Kopf, versteckte den Gedanken aber doch recht gut. Immerhin hatte man ihr viel von ihrer Kindheit genommen – ausgerechnet zu dem Zeitpunkt war er so weit weg gewesen. Als wenn Keichiro darauf gewartet hätte, dass ihr kleiner Beschützer ihr nicht helfen konnte.

„Das klingt, als wenn du zum Baumhaus raus willst, das ist aber hoffentlich nur ein Scherz, oder? Ich bin von heute noch total k.o. Das Spiel war echt anstrengend, ich würde gerne ins Bett.“

„Mhm, ich könnte unter die Dusche gehen und dann schlafen gehen. Der Flug war auch nicht ohne, ich konnte nicht schlafen, so aufgeregt war ich. Du hast doch nichts dagegen, wenn ich heute hier bleibe, oder doch?“

Irgendwie wusste sie nicht, was sie darauf antworten sollte, sie musterte ihn nur. ‚Sêiichî würde mir wahrscheinlich den Kopf abreißen. Er ist ja noch älter, als mein Freund... Er weiß ja nicht mal was von ihm.’ Beide hatten die Erfahrungen gemacht, dass sie bei Fremden auf solche Meinungen stießen. Oft hatten ältere Leute mit dem Finger auf sie gezeigt, besonders als er schon etwas älter gewesen war. ~Guck mal, der könnte ja ihr großer Bruder sein...~ Dabei hatte sie doch schon einen Bruder, wie waren die nur auf so etwas gekommen? Wie würde das jetzt aussehen? Außerdem verband sie eine besondere Freundschaft, welcher Freund würde das wohl verstehen? Sêiichî ganz sicher nicht, auch wenn er selbst einen besonderen Freund namens Ryochi hatte. Leider war sie nur ein Mädchen und ihr Freund ein Mann, da dachte man doch gleich in andere Richtungen – irgendwie nervte das. Selbst ihr Vater hatte so etwas gedacht und sie ganz schnell trennen wollen – mit welchem Mittel auch immer. Das ging so weit, dass ihre Mutter sich auf seine Seite stellte und Riina sich solche Sprüche wie „Der ist zu alt, um ein Freund von dir zu sein“ anhören musste.

„Ich vielleicht nicht, aber meine Mutter sicher schon.“

„Ach, deine Mutter wieder. Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß.“

Wie dachte er sich bitte vor ihrer Mutter zu verstecken? „Die kriegt so ziemlich alles mit... Sie müsste schon weg sein, also über Nacht in diesem Haus... das schaffst du nicht, sie würde so oder so rausbekommen, dass da jemand zu viel ist...“ Im nächsten Moment schien sie einen Geistesblitz zu haben, weshalb er auf ihre Worte nichts erwiderte, dann grinste sie fies. „Es sei denn, wir sind gar nicht hier...“

„Aha?“

Riina klatschte in die Hände. „Du kriegst deinen Willen! Wir schlafen im Baumhaus.“

„Ähm... da müssen wir uns aber dick einpacken, sonst sind wir morgen krank.“ Seine Worte klangen nun wirklich nicht nach Ablehnung, was seine Verrücktheit anging, hatte er sich wohl überhaupt nicht verändert.

„Natürlich! Du wusstest doch, dass es kalt sein würde, also hast du sicher jede Menge Klamotten dabei, ich kenne dich doch...“

„Dann pack du schon mal deine Sachen, oder soll ich dir helfen und du kommst noch mit ins Hotel? Ich muss mir ja auch etwas holen, weil ich sonst in dem, was ich jetzt anhabe, noch erfriere. Da oben ist es noch kälter, als hier unten, darauf kannst du wetten.“

„Das weiß ich auch, ich beeil mich...“ Jetzt wurde das Mädchen hektisch. Ihm war jetzt bewusst, dass sie doch noch jung war, immerhin freute sie sich schon ziemlich. Das war aber auch vielleicht etwas, was sich nie ändern würde. Es freute ihn ebenfalls, wenn sie wie ein kleines Mädchen strahlte und sich freute. Dann sah sie so unglaublich unbeschwert aus, etwas, was sie selten zeigte, weil ihr Vater ein Mistkerl war, der das aus ihr fast vertrieben hatte. Am liebsten hätte der Kerl sie wohl zu einem kalten Menschen erzogen... wie gut, dass er dabei immer erfolglos gewesen war.

Er schaute ihr dabei zu, wie sie so schnell wie möglich ihre Klamotten einpackte. Echt schlimm mit ihr – früher hatte sie oft mit dem Gedanken gespielt, von zu Hause abzuhauen, sie hatte es nur wegen Wataru nicht getan, wahrscheinlich war diese Familie auch nicht mehr das, was sie mal gewesen war. Jedenfalls hatte sie nie ihre Eltern zu Hause festgehalten, sondern einzig und alleine ihr Bruder. Das war mit Sicherheit noch immer so.

„So, fertig“, verkündigte sie und er zuckte leicht zusammen, weil der Mann in Gedanken gewesen war.

„Okay, aber duschen will ich eigentlich schon noch“, meinte der 20-jährige, „leider weiß ich nicht, wo das Badezimmer ist, zeigst du es mir?“ Seine Worte hatten einen Grund. Nein, er hatte nicht vergessen, er hatte es nie gewusst. Riina war total dagegen gewesen, dass er zu ihr kam, weil das nur Ärger gemacht hätte. Ihre Eltern konnten ihn nämlich schon damals überhaupt nicht leiden, genauso wenig wie ihr Vater Shina hatte leiden können – wenigstens hatte Matsue sie geduldet, anders als ihr Mann. Was jedoch Tatsuji anging, war sich das Ehepaar immer total einig gewesen, also waren die Kinder eben oft einfach weg geblieben und her gekommen, um sich heimlich etwas zu Trinken zu holen, weil sie gerade in der Nähe gewesen waren.

„Klar, zeige ich dir das Badezimmer...“ Es war schon ein komisches Gefühl, die Hand des besten Freundes zu schnappen und ihm zu zeigen, wo das Badezimmer war, weil er sich hier nicht auskannte. Man konnte es ja beinahe an den Fingern abzählen, wie oft er hier gewesen war. Sie musste immer wieder daran denken, als diese verdammte Scheune gebrannt hatte. Wenn Wataru nicht gewesen wäre, dann wäre das kleine Mädchen damals hinein gerannt, um ihren Freund zu retten, dabei wäre sie mit Sicherheit ums Leben gekommen, so jung wie sie damals noch war. Ob Wataru wohl klar war, wer das Feuer gelegt hatte? Ihr Bruder war leider was ihren Vater anging, weitaus naiver als seine Schwester. Zwar hatte sie als kleines Mädchen nie daran gedacht, dass ihr Vater ihren Freund hatte umbringen wollen, später allerdings schon, weil er es immer wieder versucht hatte, sie davon abzuhalten, mit ihm wegzugehen, auch damit, ihr Hausarrest zu erteilen. Es war immer wieder darauf hinausgelaufen, dass die Rothaarige einfach von zu Hause ausriss und bei den Fujimines landete. Selten waren sie dort geblieben, da musste es schon stürmen und schneien, damit sie nicht nach draußen gingen. So viel Unsinn hatten sie gemacht. Wie sah diese Freundschaft wohl jetzt aus? Dieselbe konnte es ja nicht mehr sein. ‚Hoffentlich bleibt er noch etwas... ich mag seine Nähe...’

Riina ließ seine Hand los. „Da ist das Bad, ich bin dann in der Küche und packe uns noch was zu Essen ein, ja?“ Dann war sie ganz schnell verschwunden, um nicht der Versuchung zu erliegen, ihn zu bespannen, oder den Eindruck zu machen, dass sie vor der Tür stand.

Eigentlich hatte sie es ja auch gar nicht vor, wie würde er das wohl finden, wenn ihn eine 15-jährige bespannte? Bestimmt total berauschend. Andererseits interessierte er sie als Mann schon irgendwie, er war ja noch immer etwas älter.

Das Mädchen versuchte sich wirklich auf den Kühlschrank zu konzentrieren und packte sogar Sandwiches und Kuchen ein, er war doch sicher total an Amerika gewöhnt, immerhin studierte er da ja. Trotz allem waren auch Reisbällchen dabei, doch als sie damit fertig war, zog es sie zur Treppe, von wo aus sie schon die Dusche rauschen hörte.

‚Ich kann ja mal einen Blick riskieren.’

Mit ein paar Hintergedanken schlich sich die 15-jährige die Treppe hoch. ‚Da gibts sicher noch mehr zu sehen, als bei Sêiichî...’ Wenn ihr Freund das gewusst hätte, hätte er sich in seinem Ego gekränkt gefühlt, er war ja sehr eitel und fand sich total männlich. Bei dem konnte man nicht einfach mal ungestraft gucken. Wenn Sêiichî erfuhr, dass man ihn sexuell anziehend fand, würde er doch gleich sonst was mit einem anstellen wollen. Bei ihm hatte Schauen schon etwas mit Lust zu tun, der war eben etwas komisch.

Sie öffnete sehr leise die Tür, die er nicht abgeschossen hatte, was natürlich Glück für sie war. Wie nah man wohl rangehen konnte, ohne dass er etwas davon bemerkte? Riina öffnete die Tür noch etwas weiter und schloss sie hinter sich. ‚Ist ja unser Badezimmer... wenn er rauskommt, tue ich so, als würde ich was am Waschbecken machen.... hehe.’

‚Was macht sie hier drin?’ Natürlich hatte er die Tür und Schritte gehört, trotz des Wassers. Gut, dass er sich schon ein Handtuch genommen hatte, wer wusste schon, was sie bezweckte? ‚Tut mir Leid, aber den Gefallen tue ich dir nicht.’

Das Wasser wurde abgestellt und er band sich das Handtuch um, woraufhin er die Dusche öffnete und sie am Waschbecken sah. „Damit hast du jetzt nicht warten können, was?“ fragte er mit einem etwas scheinheiligen Lächeln, was sie mit einem nervösen Lächeln ihrerseits erwiderte.

‚Oha, oha... hat der ja nen Körperbau, tut mir ja so Leid, Sêiichî, aber es gibt Freunde, die dich noch übertreffen...’ Das durfte man ihm wirklich nicht sagen, wer wusste schon, wie er reagieren würde? Er konnte ja verdammt sensibel sein, das war ihr aufgefallen. ‚Ich guck ja nur, da ist nichts dabei.’

„Nein, ist dir das etwa peinlich?“

„Wohl nicht so peinlich wie dir, so wie du grinst, oder war das Absicht?“ Es war ihm sowieso klar, also konnte er auch so frech sein, zu fragen.

„Absicht? Was denn? Ich hatte schon vergessen, dass du hier bist...“

„Wieso bist du dann noch hier? Ich will mich anziehen... Oder willst du zusehen?“

Eindeutig, er wollte sie aufziehen und Röte in ihrem Gesicht entfachen. „Nur zusehen, oder soll ich dir helfen?“

„Ja, klar, denkst du, das schockt mich? Da musst du dir schon was Besseres einfallen lassen.“ Er winkte ab und drückte ihr seine Klamotten in die Hand. „Na, dann mach mal.“

Perplex schaute das Mädchen auf seine Klamotten. „Wie jetzt? Ich soll dir das anziehen? Etwa...“, sie schaute an seinem Handtuch hinab, „alles?“ Wie sie dieses Wort betonte, war einfach nur lustig, er verkniff sich das Lachen und versuchte todernst rüber zu kommen.

„Ja, klar, alles, du willst doch?“ Wer bespannte ihn hier schließlich? Jetzt hatte sie die Gelegenheit alles zu sehen, oder wurde ihr das jetzt zu heiß? Irgendwie wollte Tatsuji seine beste Freundin ja nur schocken und sehen wie sie rot anlief.

‚Ich glaube, so viel will ich dann doch nicht sehen’, dachte sie sich und lachte albern.

„Ehehe, du bist doch schon groß, das schaffst du selbst“, meinte die 15-jährige dann doch sehr rot und nervös geworden, „bis gleich!“

Wie erwartet war sie schneller aus der Tür verschwunden und hatte diese hinter sich geschlossen, als man schauen konnte.

Der 20-jährige öffnete die Badezimmertür, wo sie hochrot und mit rasendem Herzen stand. „Du? Wie soll ich mich anziehen, wenn du meine Klamotten mitnimmst?“ Was denn? Wieso schaute sie ihn so schockiert an? Es war doch eine berechtigte Frage.

„Du bist ja immer noch so ein Flegel!“

Schon warf sie ihm die Klamotten entgegen und diese trafen ihn, bevor die Rothaarige die Treppe runterrannte.

„Fall da nicht runter, du weißt doch, dass die Treppe sehr steil ist und du es schon mal geschaffst hast!“ rief er ihr noch schmunzelnd nach.

‚Natürlich bin ich ein Flegel... ach ja, so hat man mich schon lange nicht mehr genannt, das hab ich ja fast schon vermisst!’

Der junge Mann zog sich seine Klamotten an und ging dann gemütlich die Treppe runter.

„Hast du dich von deinem Anfall wieder erholt, Kleine?“ fragte der Dunkelbraunhaarige, als er die Küche betreten hatte.

„Ich bin nicht klein, ich bin 15 Jahre alt, da ist man nicht mehr klein“, schmollte sie, so dass der 20-jährige ihr mit dem Finger über die Nase fuhr.

„Im Gegensatz zu mir schon, oder willst du das abstreiten?“

„Deswegen musst du nicht darauf rumreiten! Es sind ja nur 5 Jahre, 10 Monate und 1 Tag, mein Lieber, das ist doch nichts.“

Ein Schweißtropfen lief ihm über die Schläfe, weil ihr Temperament wohl mit ihr durchging. „Wart’s nur ab, wenn ich erst mal volljährig bin, bist du mir nicht mehr so viel voraus, pöh!“

„Äh, ja, Riina, da musst du aber noch 5 Jahre warten, bis du sagen kannst, du bist groß“, ärgerte er sie weiter, so dass sie ihn mit Halbmondaugen ansah. „Solange musst du es wohl dulden, wenn ich Kleine sage, so ein Pech, was?“

„Das ist gemein von dir, ich lasse mir etwas einfallen, womit ich dich ärgern kann, pass bloß auf.“

„Na dann, mach mal“, lachte er, ihr Schmollen war einfach köstlich, er könnte sie stundenlang ärgern, wenn sie ihn dann immer so anschmollte.
 

Das Baumhaus war doch recht hoch, so hoch hatten beide es nicht in Erinnerung. „Und, wagst du es noch da hoch, oder hast du mittlerweile Ängste entwickelt?“

„Ich habe doch keine Angst da hoch zu klettern, was denkst du dir?“ Schon hatte sie begonnen, hochzuklettern.

„Fall nicht runter.“

Als beide dann oben waren, schienen sie überwältigt zu sein. „Komisch, das Ganze nicht mit den Augen eines Kindes zu sehen, oder?“

„Oje, ich hab’s anders in Erinnerung...“, sagte er und stützte sich an der Absperrung ab. „Ich hoffe doch, dass das noch stabil genug ist, immerhin war ich da 10, als ich das Ganze hier gebaut hab...“

„Shinichi ist mal fast runtergstürzt, als wir hier waren. Yûsaku hat sich das mal angesehen und fand, dass wir das sein lassen sollen. Yukiko hat ihn dann bequatscht, dass er das Ganze sicherer macht. Ich denke nicht, dass man jetzt noch da runter fällt. Wäre Shinichi wirklich gefallen, ich glaube, er hätte das nicht überlebt, wir waren schon lebensmüde, oder? Also, der Blick auf die Wiese ist immer noch atemberaubend, nicht wahr? Das fand ich nämlich eigentlich immer.“ Man konnte vom Baum aus eine riesige Wiese sehen, wo sie früher immer Fußball gespielt hatten. Shinichi hatte damit ja schon früh angefangen. Sie hatten sich immer volle Kanne in den Dreck geworfen. Nur Ran hatte sich gesträubt, da mit zu machen, sie hatte lieber zugeschaut, wie Shinichi sich jedes Mal verletzte, wenn er spielte. Und dann hatte sie ihn verarztet, man, waren das noch Zeiten gewesen. Wenn das Gras frisch gemäht gewesen war, hatte man sich da gerne mal blaue Flecke zugezogen, oder sich die Knie aufgeschürft. Andere waren ja auch mal vom Baum gefallen, als sie daran gebaumelt hatten. Kein Wunder, dass sich ihre Eltern ständig gesorgt hatten.

Tatsuji seufzte, er fand es immer wieder schön mit einem Freund Zuflucht im Baumhaus zu suchen. „Ja, richtig romantisch. Wenn ich gerade eine Freundin hätte, würde ich sie mit hier hoch nehmen, die wäre sicher sehr beeindruckt von dem Ausblick.“

„Untersteh dich!“ wurde er daraufhin angemault und total aus seinen Tagträumen gerissen. „Hier gehören nur wie beide hin! Wenn du deine Freundin hier oben haben willst, dann wirst du schon mich nehmen müssen!“ Das war ihr Versteck, ein Geheimnis, aber der wollte seine Freundin hierher bringen, so etwas war ihr nie in den Sinn gekommen. Was genau sie da sagte, war ihr gar nicht so ganz bewusst. Die Einzigen, die heute nicht hier waren und die Erlaubnis hatten, hier zu sein, waren Shinichi und Ran. Früher war das schließlich auch so gewesen. Als Tatsuji nach Amerika gegangen war, hatte sich Riina noch enger mit den beiden angefreundet und war noch öfter hier gewesen, als sonst immer. Leider war Ran immer etwas eifersüchtig gewesen, weil die Rothaarige älter als sie war. Sie hatte wohl befürchtet, dass sich ihr Freund an eine andere hängen könnte. Unbegründet war es ja auch nicht so ganz gewesen.

‚Weiß die eigentlich, was sie da sagt...?’ Er wollte nicht auf ihren Worten rumreiten, weil es eigentlich total absurd war. Nein, sie war nicht in ihn verliebt, wenn sie Gefühle für ihn hatte, dann gingen sie eher in eine schwärmerische Richtung. „Du bist ja mal wieder witzig, wirklich... Meinetwegen kannst du deinen Freund später ruhig mal mit hier hoch nehmen, da habt ihr eure Ruhe, so wie wir immer, mir ist das egal...“ Warum klammerte sie denn so an dieser alten Behausung? Gut, sie hatten sich hierher immer zurückgezogen und nur Ran und Shinichi wussten von diesem Ort, aber konnte man da nicht auch etwas übertreiben?

„Nein!“ widersprach sie ihm, sie wollte niemanden sonst hier haben, und diesen in das Versteck einweihen. „Das ist unser Platz ganz alleine, da hat niemand sonst was verloren... Auch nicht ER!“ Vielleicht war sie da etwas eigen und klammerte sich wirklich an die Vergangenheit, aber ihrer Meinung nach wäre das fast schon ein Verrat an ihrer Freundschaft.

Natürlich verstand er das, wenn sie es eben so wollte, würde er sich daran halten. Es gab ja noch andere romantische Orte.

ER?“ fragte der 20-jährige etwas überrascht und wandte den Blick von der Aussicht Riina zu und sah ihr in die Augen. „Gibt es da jemanden, dem du dein Herz geschenkt hast?“ Das interessierte ihn nun wirklich. Vor allem wie und wer er war. Wie er sie behandelte und ob sie überhaupt zusammen passten, auch wenn er da jetzt etwas den Beschützer raushängen ließ. Bis eben hatte er nicht mal daran gedacht, dass sie schon jemanden haben konnte, wieso überraschte ihn das so, wenn seine hübsche beste Freundin mit 15 Jahren schon einen Freund hatte? Außerdem hatte sie das verdient. ‚Hoffentlich hat sie da auch die richtige Wahl getroffen...’

„Ja, gibt es.“ Es war seltsam, was ihr in dem Moment durch den Kopf ging. Wenn er sie nicht gefragt hätte, hätte sie ihm nie gesagt, dass sie jemanden hatte. ‚Gott, warum fühle ich mich jetzt so schlecht?’ Musste sie ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie das sagte, was sie gerade dachte? „Nun ja... was seine Prinzipien angeht... habt ihr etwas Ähnlichkeit...“ Sie seufzte. ‚Aber auch nur da, ansonsten seid ihr euch nicht ähnlich...’ Es war fast schon eine Entschuldigung, die sie Sêiichî sendete, weil sie ihn mit einem anderen Mann verglich.

Was war das denn? Er schaute sie mit einem skeptischen Blick an. Irgendetwas an ihren Worten war seltsam. „Du bist vielleicht eine. Auf was du so achtest. Du hast wohl schon Vorstellungen, was du mal für einen Mann heiratest, was?“ Was ihre Zukunft anging, machte er sich weniger Gedanken, sie würde schon den Richtigen abbekommen und glücklich werden. Was so etwas anging, sollte sie ja ziemlich vorsichtig sein.

„Wie kommst du denn darauf?“

„Seine Prinzipien... anscheinend sind seine Prinzipien am Wichtigsten?“

Tja, es war genau das, was sie an ihrem besten Freund immer am meisten geschätzt hatte. Seinen Sinn für die gerechte Sache.

„Das liegt an meinem Vater. Ich will keinen, der ihm auch nur im Entferntesten ähnlich ist. Am besten er ist das Gegenteil, so wie du oder mein Bruder.“ Deswegen eckte Toshizo ständig bei ihr an, er erinnerte sie einfach zu sehr an ihren Herrn Vater, der von anderen verlangte, dass sie taten, was er ihnen befahl. Sie konnte ja nicht wissen, dass Sêiichî auch etwas von ihrem Vater hatte – sie war noch total ahnungslos und dachte nicht daran, dass er wie ihr Vater es immer bei ihrer Mutter getan hatte, fremdgehen würde.

„Er ist ein abschreckendes Beispiel, nicht wahr? Aber sag doch mal, wie er so ist! Du machst mich richtig neugierig. Wie ist er sonst so? Von seiner gerechten Ader abgesehen.“ Tatsuji wollte nicht daran denken müssen, was Keichiro getan hatte, nachdem er nach Amerika gegangen war. Shina hatte ihn angerufen und ihm alles erzählt. Trotzdem wollte er sie nicht darauf ansprechen, um nicht irgendwelche Wunden aufzureißen. Er würde auch so erfahren, wie es um sie stand, wenn er mehr über ihen Freund wissen wollte. Dass sie, was so etwas anging, etwas ängstlich war, wusste er ja. Aber konnte dieser Junge damit umgehen? Jungs in ihrem Alter waren ja meistens unmöglich.

„Was willst du noch alles wissen? Du verhörst mich ja richtig!“ Sie seufzte.

„Dann sag mir eben, wie ihr euch kennen gelernt habt, das interessiert mich auch.“ Irgendwie musste man aus ihr doch etwas herausbekommen.

„Kennen gelernt? Er bekam eine geknallt.“

Er zog die Augenbrauen hoch. Da hatte dieser Junge sie wohl gleich von ihrer ganz netten Seite kennen gelernt, oder wie sollte man das verstehen?

„Nett, und dann?“

„Nun ja, ich mochte ihn eigentlich, wollte es mir aber nicht eingestehen, weil er andauernd mit anderen Mädchen geflirtet hat. Als er an meinem Geburtstag dann einen Unfall hatte, war mir auf einmal klar, wie sehr ich doch eigentlich an ihm hänge. Im Krankenhaus hat man ihm keine Überlebenschance eingeräumt, mir war hundeelend. Tja, er hat es dann doch überlebt, seitdem sind wir zusammen. Er konnte meine Tränen nicht mehr sehen und hat mich geküsst...“ Sie hatten schon einen seltsamen Weg genommen, das war wahr. Musste eigentlich immer erst so etwas geschehen, damit man bemerkte, wie sehr man jemanden schätzte? ‚Ich sage mal besser nicht, dass er genauso lebensmüde ist, wie du.’

„Oje, du ziehst so was an, oder?“ Er hatte davon gehört, was in den letzten paar Jahren passiert war.

„Was meinst du?“

„Dir sterben gerne Freunde weg.“ Nachdenklich schweifte sein Blick in die Ferne. ‚Was seine Gründe hat...’ Er konnte von Glück reden, nicht zu diesen Freunden zu gehören, um ein Haar wäre es ihm nämlich auch passiert. Und er wusste auch, warum das so war. Es war kein Schicksal, eher ein Unglück, das diese Familie umgab. Mord war schließlich auch kein Schicksal, sondern Ungerechtigkeit. Genau das betrieb dieser Mann doch. Leider hatte man ihn bisher nie fassen können. Manchmal bereute er, nach Amerika gegangen zu sein. Gut, er war Keichiro dort einmal begegnet, was wirklich kein schönes Zusammentreffen gewesen war, aber größenteils trieb dieser Mistkerl in Japan sein Unwesen, und das war keine Untertreibung.

Er und niemand anderes hatte dafür gesorgt, dass seine Freundin Kummer hatte. Vielleicht war ihr das nicht ganz bewusst, ihm schon. Man musste den Kerl schnell schnappen, immerhin hatte er es auf gewisse Weise auch auf Shina abgesehen. Solange der hier frei rumlief, würde niemand in Sicherheit sein. Keichiro hatte sie alle verflucht, damals, als er Matsue geheiratet hatte, war es schon geschehen. Dem Mann wünschte man keine Kinder, er war unfähig, mit ihnen umzugehen.

„Ja, kann man so nennen... Unsere Welt ist grausam, da muss man gut auf alle aufpassen. Manchmal glaube ich, dass ich verflucht bin, oder so etwas.“

‚Du bist ja auch verflucht, und zwar von deinem Vater.’ Nein, wahrscheinlich war es ihr wirklich nicht bewusst. Vielleicht war es auch besser so, denn sonst würde sie sich nur Vorwürfe machen, wenn Menschen starben, nur weil sie ihre Freunde waren. Keichiro war eben herzlos. Dem Mann war doch egal, ob er Fremde tötete, Hauptsache seiner sogenannten Familie ging es dabei schön schlecht. Warum er das bei Riina tat, war ihm bisher noch unklar. Bei ihm selbst war es wohl Eifersucht gewesen, aber wieso brachte er arme, unschuldige Mädchen um? Wofür wollte er seine Tochter bloß bestrafen? Dafür, dass sie zu ihrem Bruder hielt? Das war ihm zuzutrauen.

„Schau mal, die Sonne geht unter“, unterbrach Riina seine Gedanken, er schaute in den Himmel, der in Orange und leichtes Rot getaucht war.

„Ja, du hast Recht, ich wusste gar nicht, dass es schon so spät ist...“, murmelte er, als er ihren Körper nahe bei sich spürte, weil sie einen Arm um ihn gelegt hatte.

„Von hier oben sieht das immer noch total schön aus.“ Ihr Kopf lag nun auf seiner Schulter und er fuhr mit der Hand über diesen.

„Natürlich, das ändert sich ja auch nicht, was hast du denn gedacht?“ Der Anblick, der Sonne, die nur noch halb zu sehen war, vertrieb auch seine Gedanken und ein Lächeln spiegelte sich auf seinen Lippen wider.

„Solch ein Anblick macht das Leben schon lebenswert, findest du nicht auch?“ fragte sie ihn, was sehr schwärmerisch klang.

„Stimmt... du musst unbedingt mal mit einem Heißluftballon fliegen... Das ist auch toll... Besonders, wenn die Sonne dann hinter den Bergen verschwindet.“

„Du stehst voll auf so etwas, oder? Ich kann mir richtig vorstellen, wie du mit deiner Freundin im Heißluftballon fliegst... Aber stimmt, das muss ich mal ausprobieren, irgendwann mal.“

„Hey, an was denkst du da jetzt?“ Jetzt war es an ihm, etwas zu schmollen.

„Ich? Ich denke nur auf deine Art. Wer weiß, was ihr da oben tun würdet?“

„Du bist ganz schön frech, pass bloß auf, dass du nicht mal mit einem Mann in einem Heißluftballon festsitzt.“

„Da kannst du beruhigt sein, der Einzige, dem ich so sehr vertraue, um das mit ihm zu machen, bist du. Wenn ich also einen Mann mitnehme, dann bloß dich.“

So war er doch noch an seine Informationen gekommen. Natürlich, er hatte nicht umsonst gehofft, dass sie keine Schäden zurückbehalten hatte. Sie hatte Angst vor Männern, weil ihr Vater sich versucht hatte, an sie heran zu machen. Kein Wunder, dass sie vorsichtig geworden war. Shina hatte ihm mal gesagt, dass Riina es den Jungs verdammt schwer machen würde, was die Detektivin nachvollziehen konnte. Das war die Zeit gewesen, in der das Mädchen überhaupt nicht gut auf fremde Jungs zu sprechen gewesen war. Vielleicht waren sich Shina, sie selbst und Riina durch ihre Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht deswegen auf gewisse Weise ähnlich und zickten gerne herum, wenn ihnen etwas nicht passte. Das war gut möglich. Auch wenn es bei Riina wohl noch schlimmer war, oder doch nicht? Seine Cousine sagte ja auch nicht alles. Wie schlimm die Überfälle auf Shina gewesen waren, wusste er nicht.

„Du, wir sollten schlafen gehen, ich bin restlos im Eimer.“ Ihr Kopf auf seiner Schulter wirkte auf ihn wie Blei, wahrscheinlich fühlte sie sich auch noch so. Sie hatte ihn einfach auf ihn drauf fallen lassen und die Augen geschlossen. „Oder ich schlafe im Stehen ein...“ Oh ja, das merkte man. Sie war ja bereits kurz davor.
 

Zwei Jungs hatten sich eher zufällig auf der Brücke Richtung Haido getroffen und begonnen sich zu unterhalten. „Du siehst irgendwie besorgt aus.“ Der Dunkelbraunhaarige musterte den Schwarzhaarigen.

„Bin ich auch... sie ist nicht zu Hause, Wataru hat bei mir angerufen...“ Sêiichî seufzte und senkte den Kopf. Er hatte sich von Kôji weggedreht und starrte auf das Wasseer hinaus, was ihn nachdenklich wirken ließ.

„Und?“

„Er war besorgt, aber ich konnte ihn halbwegs beruhigen, als ich sagte, sie sei bei mir... Ich muss sie schnell finden, wer weiß, was sonst passiert?“

Diese Aussage machte auch Kôji nachdenklich, der die Arme verschränkte und in den Himmel blickte, statt den 17-jährigen anzusehen.

„Es ist noch nicht so spät, Riina taucht schon wieder auf... aber was ich dir noch sagen wollte, Sêi-chan...“

Verblüfft blickte der Ältere zum Jüngeren, der ihn jetzt doch ansah. „Finger weg von meiner Freundin, oder ich mach dir die Hölle heiß, das kannst du mir glauben! Sie ist meine Freundin, als komm nicht mal auf schweinische Gedanken, du Superheld!“

Ein kindliches Lachen kam von Sêiichî. „Du bist ja eifersüchtig...“ Er lächelte aufrichtig und machte nicht den Anschein eines Lügners. „Da kann ich dich beruhigen... Wenn mich etwas mit Akemi verbindet, dann ist das nur Freundschaft, außerdem würde ich dir das nie antun. Ich mag dich... ich wäre froh, wenn wir Freunde sein könnten.“

Das Ziel hatte Sêiichî schon seit einer Weile, er konnte nur zu gut Kôjis Eifersucht verstehen, wenn jemand Akemi zu nahe kam. Er selbst verspürte so etwas in letzter Zeit selbst vermehrt. Deswegen war er dem Jungen auch nicht böse, er fand ihn eher sympathisch.

„Meinetwegen können wir Freundschaft schließen... Du scheinst ja nicht so ein übler Typ zu sein, wie zuvor gedacht...“ Jetzt lächelte auch Kôji. „Denk dran, das war ein Versprechen, Tomodachi!“
 

Man hörte ein paar Grillen zirpen, doch das war nicht der Grund dafür, dass sie sich zum widerholten Mal herumdrehte.

„Der Schlafsack macht Geräusche, wie soll man da schlafen?“ fragte der Dunkelhaarige mit einem Seufzen, er war müde, aber sie hielt ihn wach.

„Gomen... irgendwie ist’s kalt in dem Teil...“

„Dann komm zu mir...“

Wie gut, dass es nun stockdunkel geworden war und man ihre Röte nicht sehen konnte. „Weiß nicht...“ Besser nicht, sie war in einem Alter, in dem man so etwas nicht mehr machen konnte, dachte sie sich zumindest.

„Wie, du weißt nicht?“ Verwirrt musterte er seine beste Freundin, die den Kopf fast schon in dem Schlafsack versteckte.

„Das konnte man als Kinder vielleicht machen... jetzt nicht mehr“, schmollte ihn die 15-jährige an, weshalb er sich im nächsten Moment nicht mehr halten konnte.

„Wieso ist das lustig?“

„An was denkst du, dass du so etwas sagen musst?“

„Jetzt erst recht nicht“, meinte die Rothaarige weiter schmollen zu müssen und zog den Reißverschluss zu. Der machte sich doch echt über sie lustig, nicht zu glauben und dachte jetzt auch noch, dass sie irgendwelche Gedanken hatte. Man, das war so peinlich, sie wäre liebend gerne im Boden versunken oder hätte sich in Luft aufgelöst.

Um das Mädchen etwas zu ärgern, riss er den Reißverschluss mit einem Ruck auf und war plötzlich über ihr.

„Hilfe, was wird das denn?“

Tatsuji sah aus wie der Wolf im Schafspelz, der völlig unschuldig schaute, nur um im nächsten Moment anzugreifen.

„Attacke!“

Sie gab einen Schrei von sich und versuchte ihn von sich zu bekommen, auch wenn es nur Spaß war. Wenig später war sie nur noch am Lachen, weil er sie durchkitzelte und ihr keine Chance zur Widerwehr ließ.

„Das ist unfair, du bist doch viel kräftiger als ich!“ beschwerte sie sich und piekte ihm mit dem Finger in die Seite.

„Ach, was wäre denn fairer?“

„Du gehst von mir runter und ich geb mich geschlagen, das ist ein fairer Kompromiss, oder nicht?“ Das rothaarige Mädchen versuchte ihren Freund mit einem flehenden Blick weichzuklopfen, so dass er seufzte.

„Und du kommst zu mir.“

„Aber wehe, du nutzt das aus, um mich noch mal zu kitzeln, dann haue ich dich.“

‚Glaube ich eher weniger...’ Sie und ihn hauen, das war doch ein Witz. Noch nie in seinem bisherigen Leben hatte sie so etwas getan, und sie würde auch garantiert nicht damit anfangen.

„Eigentlich würde ich auch gerne schlafen, also rutsch rüber...“

Der kalte Zug, der sie erfasste, gefiel der 15-jährigen überhaupt nicht, deswegen schlüpfte sie zu ihm in den Schlafsack, was jedoch total eng war.

„Da kriegt man ja Platzangst...“

„Kleine Übertreiberin...“ Er drückte ihren Kopf irgendwo zu sich an die Schulter, sie sollte jetzt bloß nicht rumhampeln, er war k.o. und wollte nichts sehnlicher als träumen und sich dabei ausruhen können. Ihre seltsame Nervosität, die er eh nicht verstand, ließ ihn darauf schließen, dass es sicher weniger ruhig sein würde.

Sie lag ganz ruhig neben ihm und gab keinen Mucks von sich, hatte ihre Hände um seine Schultern gelegt und drückte ihm gegen seine doch recht stark gebauten Arme.

„Sag mal, was wird das denn jetzt?“ Also Schlafen war wohl wirklich nicht drin, oder? Die brachte ihn noch mal um den Verstand oder wie hier wohl eher um den Schlaf.

„Machst du Krafttraining, oder so etwas? Früher warst du ja noch nicht so stark gebaut.“

„Oh man, das kommt dir nur so vor, weil du noch klein bist... und jetzt schlaf endlich!“ Sie überstrapazierte wirklich seine Geduld. Vorhin noch war sie ihm fast an der Schulter eingeschlafen, jetzt hatte sie noch genügend Energie, um die verrücktesten Sachen festzustellen.

„Ich kann aber nicht schlafen...“ Sie klang fast ein wenig deprimiert, da war die kleine Wut, die er gehabt hatte, schon wieder vergessen.

„Was denn? Etwa meinetwegen?“ Es schien ihm, als wäre er schuld an ihrer Nervosität, was daran liegen konnte, dass sie nun einmal weiblich war.

‚Also früher warst du wirklich unkomplizierter...’

„Ja... ich hab dich so lange nicht gesehen, da möchte ich gar nicht schlafen, dann verpasse ich ja deine Anwesenheit.“ Während ihrer Worte spürte er ihren Kopf an seinem Hals und drückte diesen jetzt ein wenig fester an seinen Körper.

„Baka...“ Anders konnte man es schon nicht mehr ausdrücken, immerhin redete sie vollkommenen Unsinn.

„Wieso? Du gehst ja schließlich wieder... und lässt mich auf dem Trockenen sitzen, wenn ich ständig daran denken muss... wie... wie soll ich denn da schlafen können?“ Riina drückte ihren Kopf fest an ihn und klammerte sich an seinen Klamotten fest, als hätte sie Angst, er würde sich sonst in Luft auflösen.

Sie war schon ein Klammeräffchen, doch das störte ihn nicht weiter, er verstand ihre Reaktion, immerhin war er ganze drei Jahre schon weg gewesen, so etwas würden andere Freundschaften wahrscheinlich gar nicht erst überstehen. Dass sie noch so an ihm hing, wie früher, beruhigte ihn auch etwas, was es ihm aber nicht leichter machen würde, wieder nach Amerika zu gehen. Das jedoch wollte er durchziehen, nichts würde ihn davon abhalten, seinen Weg weiterzugehen.

 

 



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