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Welt ohne Grenzen

von

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Finale (Noctis Lucis Caelum)

Die Stadt wird angegriffen. Insomnia, die Stadt der Könige, meine Heimat, von Siechern überrannt. Es ist nicht das erste Mal, aber diesmal war es kein Angriff von außen, der das Unheil über uns gebracht hat, sondern ein Mann aus der Stadt selbst. Ein Mann, der sich selbst zum König ernannt hat.
 

Rashins Gier hat die Dunkelheit zurück in die Welt gebracht. Sie hat ihn zu ihrem König gemacht und in einen Siecher verwandelt. Ignis und Gladio haben ihm bezwungen, aber damit war es noch nicht vorbei. Die Klone, die er geschaffen hat, um seinen Sohn unsterblich zu machen und Miasma für seine Magitech zu gewinnen, waren bereits mit Plasmodium infiziert und sind mutiert als ihr Vater gefallen ist. Einer nach dem anderen sind sie aus ihren Kokons geschlüpft und nun vermehren sie sich wie die Bakterien. Für jeden, den die Beschützer der Stadt besiegen, tauchen zwei neue auf.
 

"Habt keine Angst." Eine dünne Stimme hallt aus allen Lautsprechern, Radios und Fernsehern der Stadt. Sie kommt mir nicht bekannt vor, es muss der Junge sein, der fälschlich zum König ernannt wurde. Rashins Sohn oder der Klon, der ihn ersetzt hat, nachdem der Ring meiner Väter seinen Vorgänger verbrannt hat. "Wie ihr sicher inzwischen verstanden habt, oder von Anfang an gewusst, bin ich nicht wirklich der König, auf den ihr gewartet habt. Das war nur ein Spiel meines Vaters, ein Versuch, Macht zu erschleichen, die ihm nicht zusteht. Aber ich habe den wahren König für euch gefunden und er tut, was er kann, um euch zu schützen. Wie König Noctis Lucis Caelum bereits sagte ist der neue König noch nicht bereit für seine Aufgabe, aber er hat die Macht des Kristalls und die volle Unterstützung der alten Königslinie; er lässt euch nicht im Stich."
 

Das tue auch ich nicht.

Luna, Ravus, Iris, Talcott, Prompto und ich haben uns nach Gladios Anruf sofort auf den Weg zurück in die Zitadelle gemacht. Ein langer, nasser Weg, aber einer, den wir in Eile gehen. Ohne die Mauern der Maschine, die wir das letzte Mal hatten überwinden müssen, geht es schneller als ich es in Erinnerung habe und bald erreichen wir die Abstellgleise der U-Bahn und mit ihm den provisorischen Aufstieg in den untersten Keller der Zitadelle. Empfangen werden wir dort von einer Gruppe Polizisten, einer davon mit dickem Kopfverband und einem Pflaster auf seiner geschwollenen Nase. Aber man greift uns nicht an, im Gegenteil. Selbst die Polizei ist plötzlich gern breit, der Garde das Feld zu überlassen und Cors Befehle zu achten. Man hilft uns aus der Kanalisation und bringt uns zu den Duschräumen der Königsgarde. Weibchen links, Männchen rechts, schnell und gründlich waschen und rein in die warmen, trockenen Klamotten, die man uns schon bereitgelegt hat. Es sind keine besonderen, nur Ersatzuniformen der Garde, aber die Größe passt und die Anzüge sind funktional und förmlich genug.
 

Ravus schließt sich mit Iris und Talcott der Garde an im Kampf gegen die Siecher. Draußen in den Straßen der Stadt geht es hoch her, da ist jeder Mann und jede Frau gefragt, um zu helfen, wo Not am Mann ist. Siecher vernichten, Menschen retten, Ruhe in die Panik bringen… aus jedem Winkel der Stadt kommen die Mitglieder der Königsgarde, der Königsgleve und sogar Aktivisten der ehemaligen Drachenherzpartei gekrochen, um sich dem Kampf anzuschließen. Rashin hatte sie alle verboten, aber der hat nichts mehr zu melden. Selbst, wenn er nicht gefallen wäre; meine Männer schützen mein Volk, wenn Not am Mann ist. Egal was geschieht, kein Garde oder Gleve sieht tatenlos zu, wenn Hilfe gebraucht wird. Ich danke diesen Helden im Herzen, während ich mit Prompto und Luna hoch auf die Plattform stürme. Das Volk erwartet dort seinen König.
 

"Nyx Scientia ist euer neuer König", verkündet die Kinderstimme aus den Lautsprechern, "Er hat einen Wall aufgebaut, unter dem ihr Schutz findet. In der Zitadelle seid ihr sicher. Folgt bitte den Weisungen der Königsgarde, die die Evakuierung in diese sichere Zone leitet und schützt alle, die schwächer sind als ihr selbst."
 

Die Rede des Jungen klingt, als würde ein Erwachsener sie ihm vorsagen. Gut durchdacht, ruhig und bestimmend, aber freundlich und gemessen. Ich kann den Wall spüren, den Nyx hält. Er ist klein, reicht kaum bis auf den Vorplatz. Aber er hält stand. Ich dränge mich vorbei an den Leuten auf der Treppe; sowie der Platz ausreicht, macht man uns ehrfürchtig Platz. Frauen und Kinder, Senioren und Verletzte... Die Zitadelle ist voll mit Menschen, die Schutz brauchen, Menschen, die von der Garde in die Sicherheit des Walls geführt wurden. Die Polizei hält das Gebäude, sorgt für Ordnung, damit zwischen den Flüchtigen kein Streit entbrennt. Erstaunlich, wie gut plötzlich alle zusammenarbeiten.
 

Atemlos erreiche ich den Balkon. So groß das Gedränge auf der Treppe und auf dem Vorplatz, so ruhig ist es hier. Gladio steht aufrecht neben der Tür, den linken Arm noch immer in der Jacke, ein schwacher Ersatz für die Schiene, die er eigentlich tragen sollte. Ignis steht vorne an der Brüstung und hält seinen Sohn im Arm, damit die Menge sehen kann, wie der den Ring hochhält. Ich kann deutlich erkennen, wie erschöpft Nyx ist, geistig wie körperlich ausgezehrt von der Anstrengung, selbst diesen kleinen Wall gegen die Siecher zu halten. Neben Ignis steht ein weiterer Junge. Helle, zu einem Pferdeschwanz gebundene Haare, teure Kleidung. Er ist es, der in das Mikrophon spricht, während Crowe neben ihm Wache hält. Beide müssen auf einer großen Kiste stehen, um über das Geländer sehen zu können.
 

Ich atme tief durch und schreite zügig, aber gemessen auf die freie Fläche hinaus. Mich sieht man auch ohne Erhöhung gut und durch die Menge der Zuschauer geht ein Raunen, so deutlich, dass sich auch Ignis und die Kinder zu mir umdrehen. Ehrfürchtig lasse ich mich vor Nyx auf die Knie fallen, die rechte Hand an die Brust gelegt, wie so viele Menschen es schon vor mir getan haben. "Euer Hoheit", grüße ich mit gesenktem Blick in aufrichtiger Ehrerbietung.
 

Nyx jubelt begeistert und springt mir an den Hals, um mich fest zu umarmen. "König Noctis! Es geht euch gut!" Seine ungezügelte Freude bringt mich zum Lächeln. Nyx ist noch zu jung, seine Gefühle zu verbergen, aber gerade diese Ehrlichkeit ist wohltuend an einem Ort wie diesem.
 

"Verzeiht mein spätes Erscheinen. Ich würde aufgehalten. Erlaubt ihr mir, den Ring meiner Ahnen und die Verantwortung des Königs wieder an mich zu nehmen?"
 

Ich habe ein kleines Mikrofon zugesteckt bekommen und weiß, dass meine Worte hier oben in ganz Lucis zu hören sind, spüre die Wärme der Scheinwerfer und die Augen zahlreicher Kameras auf mir. Nyx nickt erleichtert und hält mit seine rechte Hand hin. Ich fasse sie in beiden von meinen und ziehe den Ring von seinem Finger, wie ich es vor so vielen Monaten bei unserer ersten Begegnung getan habe. Ich spüre die macht meiner Väter, als der Ring seinen Platz an meiner Hand einnimmt, und den schwachen Wall, den Nyx zum Schutz unserer Bürger errichtet hat. Fast unbewusst weite ich ihn aus, dass er den ganzen Vorplatz und den Park hinter der Zitadelle mit umfasst und spüre das Aufatmen der Leute, die vorher noch außerhalb standen.
 

Entschlossen richte ich mich auf und hebe die rechte Hand, zur Faust geballt, den Ring zum Himmel gerichtet. "Seht die Macht der alten Könige", rufe ich aus und konzentriere unsere Magie auf den Ring. Ich kann jeden einzelnen Siecher, jedes einzelne Plasmodium in ganz Insomnia, nein, in ganz Lucis spüren. Sie alle müssen aus der Welt verschwinden, damit die Dunkelheit wieder endgültig von der Welt genommen wird. Es sollte mir möglich sein, das zu tun; zwar soll ich vorsichtig sein mit dem Einsatz von Magie, doch jetzt ist es nötig, den mächtigsten meiner Zauber zu sprechen. Alterna... Ich bündle all meine Kraft in meiner Faust und beschwöre die Macht meiner Väter, die Kraft, alles Böse mir einem finalen Schlag aus dieser Welt zu verbannen.
 

Es tut weh, wie der Ring meinen Körper angreift. Jede Faser meiner Muskeln brennt mit der Anstrengung, alle vorhandene Energie, meiner selbst und meiner Umgebung, zu beschwören für diesen einen, mächtigen Angriff. Mir wird schwindelig... Ich spüre, wie mein Körper schwächelt als mein Geist an der Anstrengung zerbricht. Zu viel, zu früh... aber selbst wenn ich wieder sterben muss um die Welt von der Dunkelheit zu befreien, kann ich mein eigenes Leben nicht vor das meines Volkes stellen. Vielleicht ist es auch diesmal mein Schicksal zu gehen, damit alle anderen bleiben können. Ich will meine Freunde nicht wieder zurücklassen... aber so egoistisch und eigennützig darf ich als König nicht denken.
 

Die Schmerzen nehmen zu, je mehr Kraft ich aus dem Ring ziehe. Ich kann spüren wie die Siecher sich gehen den Angriff wehren, den ich vorbereite, sie spüren die Magie in meiner Hand, spüren ihr drohendes Ende und werfen sich gegen den Wall, der zusätzlich an meinen schwindenden Kräften zehrt. Blitze und Symbole leuchten vor meinen Augen auf, zucken durch ein Sichtfeld, das immer kleiner wird, als die Ränder verschwimmen. Mir wird schwarz vor Augen, ich kämpfe mit der Ohnmacht. Zu früh, zu viel... Arc hatte mich davor gewarnt, mehr Magie als nötig zu nutzen. Ich muss die Dunkelheit verdrängen aber meine Kraft reicht nicht aus. Schon kann ich Ardyns gehässige Lachen in meinen Ohren hören, blicke in die besorgten Augen meines Vaters, der mit Clarus, Weskham und Cid auf der anderen Seite steht, da greift plötzlich jemand nach meiner linken Hand.
 

"Halt durch, Noct." Promptos Stimme. Ich kann seinen Willen spüren, seine Zuneigung, seine Lebenskraft. Es steckt nicht viel Magie in ihm, aber das Wenige stellt er mir willig zur Verfügung. Es ist warm... eine warme, liebevolle Energie. Kraftlos, aber doch unendlich mächtig und stabil. Ich kann wieder leichter atmen, besser stehen, und mein Zauber gewinnt an Kraft.
 

Dann folgt Luna Promptos Beispiel, legt ihre zarten Hände auf meine zitternden Schultern und bietet mir auch ihre Hilfe an. Warme, starke Magie... anders als Promptos ist Lunas Macht fast so groß wie die meine, alles, was ich brauche und der Segen der göttlichen Sechs. "Ich bin bei dir, mein geliebter König", flüstert sie und das Bild vor meinen Augen wird schlagartig wieder klar.
 

Säulen aus Licht schießen aus dem Himmel herab, heilen die Verletzten, verbrennen sie Siecher, bis nichtmal mehr Miasma verbleibt. Ein tiefes Grollen und ein Klang wie von tausend Glocken kündigt die Ankunft der Götter an. Ifrit und Shiva, Titan und Ramuh, Leviathan und Bahamut, sie alle sind Lunas Ruf in diese Welt gefolgt, um uns beizustehen, leihen uns ihre Kraft, die Dunkelheit aus der Welt zu verbannen. Ich entfesselte den Zauber aus meiner Hand und die Siecher, ihr Miasma und die Plasmodiem werden gänzlich ausgelöscht. Verbannt zurück am den dunklen Ort im Kern des Planeten, wo sie seit jeher schlummerten. Sie hätten nie geweckt und an die Oberfläche gezerrt werden dürfen. Ich tausche einen Blick mit Ifrit, sehe den Gott zum ersten Mal leibhaftig in seiner reinen, geläuterten Form und neige ehrfürchtig dem Kopf vor ihm. Der Herr des Feuers erwidert die Geste schweigend.
 

Götter und Menschen... fortan sollen sie wieder im Einklang leben, auf dass nie wieder jemand dem Ruf der Dunkelheit verfällt. Die vier Reiche geeint und doch getrennt, auf dass sich die Tragödie von Solheim niemals wiederholt. Mit der Macht der vier Kristalle und den von den Göttern erwählten Königen wird eine neue, friedliche Welt erschaffen. Ich bin stolz, meinen Teil zur Entstehung dieser Welt beigetragen zu haben. Stolz und glücklich, mein Versprechen gegenüber Prompto endlich erfüllen zu können.
 

Ich seufze erleichtert auf, als der letzte Nachhall von Magie in der zitternden Luft verklingt und die Götter in die Astralsphäre zurückkehren. Aufatmend fasse ich Promptos Hand fester, ziehe auch Luna eng an mich und blicke hinab auf die Menschen auf dem Vorplatz. Erst raunt nur ehrfurchtsvolles Flüstern durch die Menge, dann, langsam, macht sich Erkenntnis breit und mit ihr der Jubel der Erleichterung. Bald fangen die Ersten an, meinen Namen zu rufen, lassen mich hochleben als ihren wahren König, ihren Erlöser. Dabei bin ich einfach nur müde... ich könnte mich jetzt hinlegen und einfach an Ort und Stelle einschlafen, aber das ist mir nicht erlaubt.
 

Seufzend lasse ich Promptos Hand los, blicke meinen teuren Freund dankbar an und trete mit Luna vor an die Balustrade. Ich weiß nicht, was ich sagen soll... zum Glück reicht Ignis mir ein kleines Funkgerät zusammen mit dem Mikrofon, in das der fremde Junge vorher gesprochen hat, und sagt mir die Worte vor, die ich dem Volk sagen soll. Ich bekomme von der ganzen Rede nicht viel mehr mit, als dass sie gut vorbereitet klingt, obwohl Ignis sie sicher improvisiert hat. Meine Stimme klingt fest und sicher, trotz des Zitterns der Erschöpfung, und ich gebe mich vertrauensvoll in die Hände meines Beraters, dankbar, dass er selbst in Situationen wie dieser so schnell denkt und mich seinen Verstand und seine Redegewandtheit ausnutzen lässt. Ich bin dankbar... unendlich dankbar für jeden einzelnen meiner Freunde und noch mehr dafür, dass ich weiter bei ihnen sein darf.
 

Die Welt hat den Frieden zurück und ich darf weiter in ihr Leben, ihn genießen. Eine Weile werde ich noch hier bleiben müssen. Die Menschen haben ihr Vertrauen in mich wiedergefunden, verlassen sich darauf, dass ich alles in Ordnung bringe. Mit Ignis‘ Hilfe werde ich das schaffen, und dann... wenn dann alles in Ordnung ist wird Nyx hier übernehmen. Er wird ein guter König sein, nach allem, was er jetzt schon geleistet hat, vielleicht sogar ein besserer als ich. Nyx ist fleißig, zielstrebig und engagiert, dabei ebenso großzügig und willens, hart für andere zu arbeiten. Für sein Volk, seine Leute. Und er hat Freunde, die ihm beistehen, auch in harten Zeiten. Ich werde ihm alles beibringen, was ich weiß, ihm mit auf den Weg geben, was Vater mir geraten hat und dann glücklich abdanken.
 

Vielleicht kann ich mich dann endlich doch noch ein wenig zurückziehen. Endlich ein Leben ohne große Verantwortung führen, vielleicht in Cap Caem die alte Hütte renovieren, Gemüse anbauen, im Meer Angeln und ab und zu mit dem Boot rausfahren und dort in den Weiten des offenen Meeres fischen. Nur ich und Luna auf dem Boot meines Vaters, nichts als Himmel und Wellen und tausend bunte Fische. Das wäre schön. Wenn ich sehe, was wir schon zusammen geschafft haben, kann ich fast daran glauben.



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