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Black Sweets

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieser One-Shot schließt sich lose an meine Fanfic Heiratskandidaten an. Komplett anzeigen

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Calisson

 

„Rodolphus!“, fauchte es, kaum das sich seine Bürotür hinter ihr geschlossen hatte und brachte ihn dazu, von seiner Akte aufzusehen. Was er erblickte, war ungewöhnlich. Andromeda Black stand vor seinem Schreibtisch, die Stirn zornig in Falten gelegt, in den Händen eine hässlich bemalte Blechdose.

„Erklär mir das!“, verlangte sie und donnerte das Beweisstück auf seinen Schreibtisch hinab. Ein Zittern ging durch das Holz, Gebäckstücke flogen durch die Luft, krümelten auf seine Akte und klatschten in das Tintenfass.

Er hob misstrauisch den Blick. „Ich würde sagen, das ist Gebäck“, analysierte er nüchtern.

Andromeda schnaubte empört. „Das ist mir bewusst!“, schnappte sie zurück.

Rodolphus steckte seine Schreibfeder zurück in den Halter. „Was willst du dann von mir hören?“

„Ich will hören, wann du entschieden hast, unsere Hochzeitsreise in die Provence zu verlegen!“

„Bitte, was?“

 

Einen Augenblick lang starrten sie einander an, dann senkten sich Andromedas Schultern. „Das weißt du gar nicht?“, fragte sie leise. „Oh Rodolphus, es tut mir leid. Ich wollte nicht ... Mutter hat ...“ Eiligst griff sie nach ihrem Zauberstab und begann damit die Kekskrümel zurück in ihre Dose zu levitieren. „Jetzt habe ich dir Flecken auf die Unterlagen gemacht. Ich bin wirklich untröstlich. Ich dachte -“

„Andromeda?“, wagte Rodolphus, sie zu unterbrechen: „Magst du mich vielleicht aufklären?“

 

Die Hexe holte tief Luft, dann ließ sie sich auf den Besucherstuhl sinken. „Mutter hat mir diese Calissons geschenkt“, erklärte sie und deutete auf die Dose, die zwischen ihnen thronte, wie ein abstruses Beweisstück aus einer seiner Akten, „Sie wollte, dass ich sie mir richtig ansehe, damit ich ihr von meiner Hochzeitsreise auch die Richtigen mitbringe. Am besten gleich im Kilosack.“

Rodolphus ließ die Hand in der Dose verschwinden und fischte einen Keks heraus. Es war ein kleines weiß-gelbes Stück Gebäck, dessen Mitte verdächtig nach kandierten Früchten schrie. Vorsichtig hob er es an, um daran zu schnüffeln. Es roch erwartungsgemäß süß und es schmeckte -

Millimeter vor seinem Mund hielt er inne, um einen prüfenden Blick auf Andromeda zu werfen, die ihn missmutig ansah. Offensichtlich war sie von seiner Analyse nicht angetan. Trotzdem schob er sich das Gebäckschiffchen in den Mund.

 

Es schmeckte erwartungsgemäß nach Orange.

 

„Gar nicht übel“, urteilte er schließlich.

„Wenn du jetzt sagst, dass ich dir auch welche kaufen soll ...“, grollte Andromeda, doch Rodolphus schüttelte bereits den Kopf.

„Ich denke, wenn ich Calissons möchte, kann ich meinen Hauselfen anweisen, mir welche zu beschaffen. Aber was ich nicht ganz verstehe, ist: Wie kommt deine Mutter darauf, dass du nach - Wo hat sie die Dinger her?“

„Aus der Provence“, wiederholte Andromeda düster.

„Gut, und wie kommt sie darauf, dass du dorthin reisen wirst?“

 

Andromeda strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Das wüsste ich allerdings auch gerne. Als ich heute den Salon betrat, saß sie mit ihren Freundinnen beim Tee und sprach über das Reisen und dann hat sie einfach so verkündet, dass wir bald in die Provence fahren.“

 

„Und, willst du in die Provence fahren?“

 

Andromeda schüttelte den Kopf. „Bis heute Morgen war es mir noch reichlich egal, aber spätestens, seit ich Mutters Einkaufsliste gesehen habe, weiß ich, in die Provence portschlüssele ich ganz sicher nicht. Ich will doch nicht dahin, wo sie vor dreißig Jahren schon mal war, nur um mir dann auf ewig anhören zu dürfen, was bei ihrer Reise alles besser war. Soll Bella dahin fahren, wenn sie will.“

„Ich glaube, die möchte auch lieber nach Paris. Ich meine, kannst du dir vorstellen, wie sie von einem hübschen Dorf zum nächsten reist?“

Andromeda schüttelte den Kopf. „Ehrlich gesagt, nein“, stimmte sie ihm zu, „Bella will keine hübschen Sachen sehen, sie will den Impuls für Neues finden.“

„Eben“, erwiderte Rodolphus, „Ihr würde Paris sicher gut gefallen. Weniger wegen der Romantik, als wegen der politischen Salons.“

„Du magst doch auch politische Salons.“

„Das tue ich, aber das heißt nicht, dass ich nach Paris reisen will. Jeder Dritte portschlüsselt heute nach Paris. Das können wir irgendwann mal tun, aber eine Hochzeitsreise sollte doch etwas Besonderes sein. Oder was denkst du?“

Andromeda nickte. „Vermutlich hast du recht. Aber was sage ich meiner Mutter?“

„Sag ihr doch einfach nichts ...“

„Nichts?“

 

Rodolphus streckte die Hand erneut nach den Keksen aus. „Wenn sie fragt, sag ihr, ich hätte die Planung übernommen und du wüsstest nur die Eckdaten. Dann wird sie munter weiter von der Bretagne ...“

„Von der Provence“, verbesserte Andromeda.

„Meinetwegen auch davon erzählen. Und du hörst es dir an, nickst ab und zu und spielst die gute Tochter. Und nach der Reise sagst du ihr, ich hätte es mir bei der Planung spontan anders überlegt und nichts gesagt, um dich zu überraschen. Keine Provence, kein Problem, keine Schuld. Ich meine, woher soll ich denn von deinen Einkaufslisten wissen?“ Zufrieden biss er in den Keks. Gelöste Probleme waren seine liebsten Probleme. Und heute löste er sie scheinbar mit Gebäck.

 

Andromeda sah ihm beim Kauen zu. „Die Idee ist gar nicht schlecht“, stimmte sie ihm schließlich zu, „Das könnte funktionieren. Nur eins hast du dabei nicht bedacht. Wir wissen immer noch nicht, wohin wir reisen können.“

Rodolphus schluckte sein Stück Keks herunter. „Da ist zugegebenermaßen etwas dran“, pflichtete er ihr bei, „aber wie schwer kann es sein, sich etwas auszudenken? Wir könnten nach Ägypten portschlüsseln.“

„Da war mein Onkel Orion.“

„Dann reisen wir halt nach Mauritius.“

„Da war Tante Walburga.“

Rodolphus hob die Augenbrauen. „Auf Hochzeitsreise?“, fragte er nach.

Andromeda nickte. „Ich weiß, was du denkst, aber ja, auf Hochzeitsreise.“

„Aber sollte man die nicht gemeinsam ...“ Rodolphus schüttelte den Kopf. „Ach, vergiss es, ich will es gar nicht wissen“, lenkte er ein.

Andromeda lächelte dünn. „Meine Familie ist halt nicht ganz einfach“, erklärte sie, „Was hältst du von Griechenland?“

„Da waren meine Eltern. Wie wäre es mit Thailand?“

„Thailand?“, fragte Andromeda.

Rodolphus nickte. „Ich kaufe dir einen Elefanten, wenn du willst.“

„Ich glaube nicht, dass ich einen Elefanten möchte, aber trotzdem danke.“

„Nun, dann halt keinen Elefanten, aber wir könnten trotzdem nach Thailand reisen. Da gibt es große Städte und alte Tempel und ich habe gehört, die Magier dort sollen über die Jahrhunderte sehr interessante Methoden und Ansichten entwickelt haben.“

„Und ich habe gehört, dass das Land politisch nicht sehr sicher ist“, entgegnete Andromeda, „Was du sagst, klingt gut, aber ich glaube, ich möchte nirgendwo hinreisen, wo ich Angst haben muss, dass jederzeit ein neuer Aufstand ausbrechen kann.“

Rodolphus seufzte schwer. „Na gut“, stimmte er ihr zu, „überzeugt. Aber langsam wird es wirklich kompliziert. Irgendwo müssen wir doch hin können.“

„Vielleicht sollten wir einfach hierbleiben?“

„Vielleicht sollten wir einfach in die Portschlüsselbehörde platzen und den nächstbesten Gruppenportschlüssel nehmen?“

„Und dann landen wir doch in der Provence“, gab Andromeda zu bedenken, „Nein, das kann doch auch nicht richtig sein. Wir brauchen etwas, woran man normalerweise nicht denkt. Einen Ort, den kein Mensch besuchen will. So etwas wie ...“

 

„Die Antarktis?“, schlug Rodolphus trocken vor.

„In Ordnung“, lenkte Andromeda ein, „die Idee war auch nicht gut.“

„Nein, war sie nicht. Immerhin soll es ein Urlaub werden, kein Wettstreit, wer zuerst erfriert.“

„Aber zumindest wären wir die Ersten dort und du könntest mir einen Pinguin fangen.“

Rodolphus sah sie ungläubig an. „Willst du denn einen Pinguin?“, fragte er.

„Eigentlich nicht. Aber wenn ich gleich erfriere, wäre er sicher eine akzeptable Wärmequelle.“

Rodolphus biss in einen weiteren Keks. „Sei mir nicht böse, aber ich reise nirgendwohin, wo die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt liegen und ich meine Frau mit einem Vogel teilen muss.“

Andromeda gab ein zustimmendes Brummen von sich und dachte weiter nach. Es war aber auch wirklich kompliziert. Es gab so viele Orte und Länder auf der Welt und doch schien es, als wäre immer schon irgendjemand vor ihnen -

„Dubai“, murmelte Andromeda plötzlich und riss Rodolphus damit aus seinen Gedanken.

„Wie bitte?“, fragte er.

„Ich sagte Dubai“, wiederholte sie für ihn, „Die Menschen dort haben ebenfalls eine bemerkenswerte, magische Geschichte.“

„Und sie sind gerade erst in die Unabhängigkeit entlassen worden“, erinnerte sich Rodolphus.

„Und ich glaube, da war noch niemand aus meiner Familie.“

„Und da erfriert man normalerweise nicht.“

„Also reisen wir nach Dubai?“

„Ja, warum eigentlich nicht?“



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