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Du mußt weitermachen, John!

von

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Ein Kampf verloren, doch wie endet der Krieg?

Sherlock Holmes ging langsam auf Molly zu. Die junge Frau sah ihn aus großen, erschrockenen Augen an, und die Verblüffung in ihrem Gesicht schien echt zu sein.

„Sherlock!“, stieß sie aus. „Du lebst!“

„Wie du siehst“, sagte Sherlock ruhig. „Und nun tu uns allen den Gefallen und versuche mir gegenüber nicht, deine seltsame Maskerade zu spielen. Moriarty.“
 

Der Schreck wich aus Molly Moriartys Gesicht.

„Oh kein Sorge, mein Lieber“, sagte sie. „Wahre Größe zeigt sich unter anderem darin, dass man erkennt, wenn man eine Schlacht verloren hat. Nicht wahr?“

Molly Moriartys Lächeln war geradezu wölfisch.

„Eine Schlacht“, fuhr sie fort. „Aber nicht den Krieg.“

Sie blickte von John zu Sherlock.
 

Diese beiden liebten einander. Moriarty fand Liebe, ebenso wie andere menschliche Gefühle, überflüssig und störend. Eigentlich so gar ziemlich ekelhaft. Aber sie konnte sie wunderbar nutzen, das hatte bisher immer hervorragend funktioniert.

Ja, sie war in Gefahr, jetzt und hier in diesem Augenblick.

Aber andererseits war sie hier allein mit zwei Männern auf dem Dach, deren Schwachpunkt der jeweils andere war.

Das würde sie einfach ausnutzen müssen.
 

„Dein Krieg ist verloren, Molly“, sagte Sherlock. „Dein hübsches Köpfchen wird in Zukunft kein Verbrechen mehr aushecken.“

Molly lachte.

„Und wer soll das verhindern? Du, Sherlock? Oder dein kleiner Jagdhund John?“

Sie schaute letzterem ins Gesicht.

„Du kannst übrigens nun auch mit der Scharade aufhören, John. Wir haben Sherlock genau da, wo wir ihn haben wollen, du musst also nicht mehr vorgeben auf seiner Seite zu stehen. Du hast deine Sache gut gemacht, mein Freund.“
 

Was? John verschlug diese Dreistigkeit die Sprache. Dieses Biest versuchte, ihn als Verräter darzustellen! Sein Blick ging zu Sherlock, und zu seiner bodenlosen Erleichterung sah er, das Sherlock ihm zuzwinkerte.

„Ach, Molly. Der Versuch ist wirklich lächerlich. Eine solche alberne Finte ist eines Moriarty nicht würdig.“

Er schnippte ein imaginäres Staubkorn von seinem linken Daumennagel und schien sich einen Moment lang auf nichts anderes als dieses winzige Körnchen Universum zu konzentrieren. Dann wandte er seinen Blick wieder der großen Verbrecherin mit dem unschuldigen Gesicht zu.

„Du hast die Rolle der Molly Hooper gut gespielt, Moriarty. Ein ausgezeichnetes Theaterstück. Doch dein Engagement endet hier und jetzt.“

Er trat wieder einen Schritt auf Molly zu.

John, der die letzten Minuten geschwiegen hatte, trat an seine Seite.
 

„Dir ist klar, Sherlock“, sagte sie , „dass meine Scharfschützen in Position sind und dich und deinen Kampfdackel hier vom Dach pusten werden?“

„Mir ist völlig klar, dass du nichts dergleichen veranlasst hast. Dazu hattest du keine Gelegenheit, denn du standest unter unserer Beobachtung.“

Mist.

„Nun, ich bin hier oben allein mit euch beiden. Ich werde euch auslöschen, und dann behaupten, ihr habt euch gegenseitig umgebracht. Und dann wird die Welt in mir nichts sehen, als die verzweifelte verstörte Molly.“

„Tut mir Leid, Moriarty, ich habe dir weit mehr zugetraut. Glaubst du wirklich, wir beide hier sind die einzigen, die um deinen Mummenschanz wissen?“

Mist!
 

Molly versuchte sich an einem eiskalten Lächeln, doch sie merkte selber, dass es ihr schief geriet. Verdammt. Jetzt war die Lage ernst.

„Mycroft?“, fragte sie. Sie musste schließlich wissen, mit welchen Gegnern sie es noch zu tun hatte.

„Mycroft, Lestrade, der halbe Yard, der halbe Secret Service. Inzwischen dürften alle maßgeblichen Stellen Bescheid wissen.“

John wusste, das letzteres nicht stimmte. Sie hatten erst Bescheid wissen wollen, ob ihr Verdacht der Wirklichkeit entsprach.

Molly jedoch war sich nicht sicher.

Verdammt.
 

„Zwei Möglichkeiten“, sagte Sherlock mit einer gelassenen Blasiertheit, die John grinsen ließ. Ja, das war Sherlock so wie er ihn kannte. So wie er gewesen war, bevor ...

Sein Herz klopfte wie verrückt. Sie waren hier in einer verdammt heiklen Situation, doch John konnte in diesem Augenblick kaum die Augen von Sherlock wenden und spürte bis tief in die Knochen, wie verliebt er war und wie heiß er ihn fand.

„Zwei Möglichkeiten. Du lässt dich von uns festnehmen. Ohne viel Aufsehen. Kommst vor ein ordentliches Gericht. Und du wirst keine Möglichkeit haben, irgendjemanden zu erpressen, meine Liebe. Wir haben alle deine Verbindungen unterbrochen, glaub mir.“

Sherlock pokerte, denn auch wenn sie auf dem besten Wege dazu waren, ganz so sah die Lage noch nicht aus.

„Oder aber ... du stirbst. Hier und jetzt.“
 

Mollys Kopf zuckte zurück.

Sie riss sich zusammen.

„Sherlock, das glaubst du doch nicht ernsthaft?“
 

Sherlock lächelte süffisant.

„Keine Angst. Wir werden dich nicht erschießen oder dergleichen. Du jedoch kannst hier auf die kleine Umfassungsmauer steigen. Die Mauer, auf der ich vor geraumer Zeit gestanden haben und dem Tod ins Auge geblickt habe. Ich frage mich, wie es für dich gewesen sein muss, als ich an dich herangetreten bin, und dich gebeten habe, mir dabei zu helfen, meinen Tod nur vorzutäuschen ...“

„Ich habe mich beinahe kaputt gelacht“, sagte Molly. Im Moment klang ihre Stimme jedoch nicht so, als wäre ihr nach Lachen zu Mute.
 

„Es ist ein ganz einfacher Handel“, sagte Sherlock.

„Du hast damals meinen Tod gegen das Leben meiner Freude gehandelt. Ich habe mich darauf eingelassen. Zum Schein, wie ich dachte, doch mir ist heute natürlich klar, dass du in dem Moment, als du beschlossest, mir zu helfen, auch schon die Fäden gezogen hast, damit man mich später in Serbien erledigt. Deine Leute dort sind übrigens ihr Geld nicht wert. Du solltest in bessere Ausbildung investieren ... auch nein, das kannst du ja nicht mehr.“

Molly räusperte sich.

„Und was glaubst du, für mich in die Waagschale werfen zu können? Was hast du zu bieten, Sherlock, das mir meinen Tod wert sein könnte?“

Molly schnaubte verächtlich.

Sherlock jedoch lächelte sein zuckersüßestes Lächeln und sagte:
 

„Dein Ansehen, Moriarty. Deinen Ruf.“



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