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Niichan

von

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Kapitel 17

Kapitel 17

 

Schön.

So schön.

Shredder kann sich an seinem Bruder nicht sattsehen. Das konnte er noch nie.

Egal wie alt und groß er wurde, er hatte immer etwas absolut Unschuldiges an sich. Und nicht nur das: er war nie unfair, gemein oder böse. Er war immer gut.

Er ist noch immer gut, korrigiert sich Shredder in Gedanken. Er ist ein guter Mann.

Behutsam, um ihn nicht aufzuwecken, windet er sich unter Kazuos Umarmung hervor, rutscht neben ihn, stützt sich seitlich auf einen Ellbogen und betrachtet ihn liebevoll. In dem blassen Morgendämmerungs-Fake-Licht sieht er für ihn mehr denn je wie ein Engel aus.

Ein etwas blasser Engel. Kazuo verbringt eindeutig zu viel Zeit in geschlossenen Räumen. Etwas mehr Sonnenlicht könnte ihm nicht schaden.

Vorsichtig streckt er die Hand aus und lässt seine Fingerspitzen über dieses schöne Gesicht wandern - über die glatte Stirn, zeichnet die feingeschwungenen Augenbrauen und die hohen Wangenknochen nach, die gerade Nase mit der kecken Spitze und schließlich, und hier ist er besonders vorsichtig, damit Kazuo nicht aufwacht, fährt er die Konturen dieser vollen, köstlichen Lippen nach.

Eine Zeitlang verharren seine Finger dort, während er sich daran erinnert, wie es sich anfühlt, diese Lippen auf seinem Körper zu spüren.

Hm, ob er im Nacken jetzt einen Knutschflecken hat? Immerhin hatte sich Kazuo dort festgesaugt wie ein Vampir.

Unwillkürlich muß Shredder lächeln.

Ihm gefällt Kazuos dominante Seite.

Langsam läßt er seine Finger weiterwandern, über Kinn und Hals, fährt dann den sanften Schwung von Kazuos rechtem Schlüsselbein nach und überlegt, ob er es wagen kann, seine Hand unter die Bettdecke zu schummeln, um Kazuos Oberkörper zu erkunden, vor allem seine sensitiven Brustwarzen...

„Hm... Niichan, das kitzelt“, murmelt Kazuo plötzlich und blinzelt ihn verschlafen an.

Erschrocken zieht Shredder seine Hand etwas zurück.

„Hey“, protestiert Kazuo sofort, „hab nicht gesagt, daß du aufhören sollst, oder?“

Grinsend läßt Shredder seine Hand wieder über diese schöne samtige Haut wandern und Kazuo schmiegt sich seinen Berührungen nur wohlig aufseufzend entgegen.

So vergehen ein paar Minuten, in denen sich Kazuo ganz, ganz langsam auch aus den letzten, hartnäckigen Fängen des Schlafes befreit. Wenn ihn nichts und niemand dazu drängt aufzustehen, wenn er so entspannt ist wie jetzt, kann es schon mal ein paar Minuten dauern, bis er richtig wach wird. Und eigentlich hat er es nur seinem Bruder zu verdanken, daß er so gut wie nie zu spät zur Schule kam. Später, auf der Polizeiakademie, gab es seine Stubenkameraden, die die Aufgabe übernahmen, ihn aus dem Bett zu zerren, bis er endlich einen Wecker fand, dessen Alarmton auch sein verschlafenes Hirn erreichte.

Sakis Streicheleinheiten sind allerdings auch nicht gerade ein Grund, sich mit dem Aufwachen zu beeilen.

Als er dann aber endlich einmal wach ist, dreht er sich sofort zu seinem Bruder um und mustert ihn prüfend.

„Wie geht es dir?“ fragt er ihn, während er ihm ein paar vorwitzige Haarsträhnen aus dem Gesicht streicht. Gott, er hofft wirklich, daß sich sein Niichan das Haar erst einmal nicht schneidet – es ist perfekt, so, wie es gerade ist. „Hast du gut geschlafen? Du warst wieder etwas unruhig, aber nicht ganz so schlimm wie gestern.“

„Entschuldige...“ beginnt Shredder, doch Kazuos Zeigefinger auf seinem Mund bringt ihn zum Schweigen.

„Küß mich lieber.“

„Was?“

„Vergeude meine Zeit nicht mit unnützen Entschuldigungen. Küß mich, du Baka.“

Über Shredders Miene huscht ein verschmitztes Grinsen, als er Kazuo in seine Arme zieht und ihm gibt, wonach er verlangt.

Würde Kazuo nicht schon liegen, würden ihm bei diesem Kuß die Knie weich werden. Während er in Shredders Geschmack ertrinkt, spürt er, wie sein Herz immer stärker zu klopfen beginnt, so heftig, bis es ihm in seinen Ohren dröhnt. In seinem Bauch flattern Schmetterlinge und überall da, wo er ihn berührt, fühlt es sich an, als würde er verbrennen.

Als Shredder den Kuß nach einer süßen Ewigkeit beendet, hört Kazuo sich selbst atemlos wispern:

„Ich liebe dich, Saki.“

Dieser öffnet den Mund, um etwas darauf zu erwidern, doch bevor er dazu kommt, hat Kazuo ihm schon die Arme um den Nacken geschlungen, sich mit ihm gedreht und in einen weiteren Kuß verwickelt. Shredders Körper auf seinem ist warm und schwer, aber vor allem so wunderbar präsent. Er schmeckt und riecht und fühlt sich so gut an, so vertraut und vor allem - so lebendig!

Mitten im schönsten Kuß blitzt ungebeten dieses Bild vor seinem geistigen Auge auf – die Erinnerung an einen anderen Shredder: blaß, leblos ... tot.

Nein. Nein!

Verzweifelt klammert er sich noch fester an ihn, nimmt diesmal auch seine Beine zu Hilfe und stürzt sich mit einer noch nie dagewesenen Wildheit in ihren Kuß.

Seine Finger vergraben sich so tief in Shredders Rücken, daß seine Nägel blutige Wunden schlagen und überhaupt bekommt seine Umarmung langsam einen schraubstockartigen Charakter. Schmerzerfüllt zuckt Shredder über ihm zusammen, doch erst, als er seinen Kopf zurückziehen will und Kazuo sich starrsinnig an seiner Unterlippe festsaugt, wird ihm klar, daß hier etwas ganz und gar nicht mehr stimmt.

Schockiert über diese plötzliche Vehemenz, zieht er sich soweit zurück, wie es Kazuos Umklammerung zuläßt, und das ist zugegebenermaßen nicht sehr viel.

„Kaz-chan...?“

„Nicht.“ In Kazuos weitgeöffneten Augen flackert ein unruhiges Feuer, als er sich erfolglos bemüht, seinen Bruder wieder enger an sich zu drücken. „Bleib. Du darfst mich nicht verlassen. Du gehörst mir.“

Shredder bleibt fast das Herz stehen, als er das hört und sieht. Verdammter Mist! Er wollte wirklich nie, daß sein Kaz-chan so etwas jemals durchmachen muß.

„Scht. Kazuo...“ Shredder legt ihm beide Hände ums Gesicht und zwingt ihn so, ihn anzusehen. „Ich gehe nirgendwo hin. Ich bin hier. Bei dir.“ Eindringlich starrt er in diese so verzweifelten Augen. „Sieh mich an, Kaz-chan. Ich bin hier. Hörst du?“

Es dauert eine Weile, bis dieses irre Licht aus Kazuos Pupillen verschwindet, doch dann schwimmen seine Augen plötzlich in Tränen und die Kraft hinter seiner Umklammerung läßt nach.

„Niichan...“ Er holt einmal tief und zitternd Atem. „Ich … entschul-“

Doch Shredder drückt ihm nur einen Kuß auf die bebenden Lippen.

„Ich lebe“, murmelt er dann leise, reibt seine Nase sanft an Kazuos und sieht ihm dabei unablässig in die Augen. „Und ich werde dich nie wieder verlassen. Es sei denn, du bittest mich darum.“

Der kleine Scherz verfehlt seine Wirkung nicht – Kazuos Miene hellt sich wieder ein wenig auf und um seine Lippen zuckt sogar ein dünnes Lächeln.

„Darauf kannst du lange warten.“

Zaghaft zupft er an Shredders Haaren, und als dieser dem kleinen Wink folgt und sich wieder zu einem Kuß herunterbeugt, reckt sich ihm Kazuo entgegen, so daß sie sich auf halben Wege treffen.

Der nun folgende Kuß ist sanft und zärtlich, und als Kazuo diesmal den Tränen nahe ist, hat es ganz andere Gründe.

 

 

„Oh.“ Als er eine Stunde später im Waschraum die Striemen auf dem Rücken und Schultern seines Bruders sieht, ist Kazuo binnen einer Sekunde und ohne groß darüber nachzudenken bei Shredder unter dem Wasserstrahl. Betroffen berührt er mit den Fingerspitzen die gesunde Haut zwischen zwei besonders tiefen Kratzern.

„Das tut mir so leid. Bitte verzeih.“

Shredder wirft ihm einen langen Blick über die Schulter zu, blinzelt sich das Wasser aus den Augen und meint dann schulterzuckend:

„Ist schon okay. Das tut nicht weh.“

Ehrlich gesagt, hat er es bis eben gar nicht bemerkt.

Kazuo lächelt traurig, doch dann entdeckt er den dunklen Fleck auf Shredders Nacken, zögert kurz und setzt einen kleinen Kuß darauf.

„Aber das“, deklariert er dabei, „tut mir nicht leid.“

Shredder grinst nur nachsichtig.

„Markierst du deine Eroberungen immer so?“ Da schwingt ein Hauch von Eifersucht in seiner Stimme mit, der Kazuos Herz mit Wärme erfüllt.

„Nein“, erwidert er kopfschüttelnd. So etwas hat er bei seinen Freundinnen nie gewagt, nicht einmal, als er noch ein Teenager war. Vor allem nicht an einer solchen Stelle. Das hätten sie ihm nie verziehen.

Vorsichtig tritt er noch näher an seinen Bruder heran und lehnt sich dann zögernd an dessen Rückseite.

„Darf ich?“ erkundigt er sich dabei schüchtern.

„Natürlich“, kommt es leise zurück.

Erleichtert aufseufzend schlingt Kazuo seine Arme um seinen Bruder und schmiegt sich eng an ihn. Wie von selbst wandert seine rechte Hand dabei quer über Shredders Brustkorb, bis sie auf Höhe von dessen Herzen liegenbleibt. Er stützt sein Kinn auf Shredders Schulter ab, schließt die Augen und konzentriert sich ganz auf das Gefühl von Shredders Herzschlag unter seinen Fingern. Das, zusammen mit der Art, wie sich sein Brustkorb mit jedem Atemzug hebt und senkt, hat eine beruhigende, beinahe hypnotische Wirkung auf ihn.

Er lebt.

Ja, er lebt wirklich.

Das ist kein Traum, oder?

Shredder sagt nichts, aber er verschränkt seine Finger mit Kazuos anderer Hand auf seiner Taille.

So stehen sie eine ganze Weile unter dem trägen Wasserstrahl, baden in der Präsenz des anderen, und ganz egal, wie sehr gewisse Körperteile auf diese verlockende Nähe auch reagieren, sie sind vollauf damit zufrieden, so, wie es jetzt ist.

 

 

Pünktlich um acht Uhr morgens beginnen die Bauarbeiten, aber außer dumpfen Bohrgeräuschen bekommen sie hier drin noch nicht viel davon mit. Es genügt trotzdem, um Rocksteady und Bebop aus den Federn zu scheuchen.

Als sie kurz vor neun Uhr die Küche betreten, stolpern sie - wieder mal - in eine ungewöhnliche Situation. Aber diese hier lässt sie beinahe synchron aufseufzen.

Ihr Chefchen und sein Bruder stehen mitten in der Küche und küssen sich, während hinter ihnen irgend etwas omeletteartiges in der Pfanne vor sich hinköchelt und die Kaffeemaschine blubbert. Der angenehme Duft von frisch gebrühtem Kaffee hängt in der Luft und erinnert die beiden Mutanten daran, dass sie bald gezwungen sein werden, ihre Geheimvorräte anzuzwacken - aber sie bringen es auch nicht übers Herz, den beiden deswegen böse zu sein, dass sie hier die letzte angebrochene Packung ihrer täglichen Koffeeindroge benutzen. Shredder trinkt zwar keinen Kaffee, aber Kazuo dafür umso mehr, wie es scheint und mit ihm zu teilen, wird ihnen nicht schwer fallen - nicht solange er diesen glücklichen Ausdruck auf Shredders Miene zaubert...

Rocksteady und Bebop werfen sich einen unsicheren Blick zu, sie wissen nicht, ob sie bleiben oder gehen sollen, doch dann gurgelt das letzte Wasser durch den Kaffeefilter und sie entscheiden sich fürs Erstere.

Rocksteady räuspert sich einmal vorsichtig, und bereut es gleich wieder, als die beiden ihren Kuß sofort unterbrechen und sie ansehen. Sie sehen beide aus, als hätte man sie aus einem schönen Traum gerissen.

„Sorry", entschuldigt sich das Rhino sofort. „Äh... Guten Morgen? Und ... äh, laßt euch durch uns nicht stören?"

„Morgen", brummt Shredder zurück.

„Guten Morgen", begrüßt sie Kazuo wesentlich freundlicher. Seine Wangen haben sich erhitzt gerötet, aber als er Anstalten macht, von seinem Bruder zurückzutreten, quietscht Bebop geradezu erschrocken auf.

„Nein, nein, bitte! Macht weiter. Das stört uns gar nicht! Ihr müsst nicht wegen uns-"

„Gut", unterbricht ihn Kazuo, schlingt Shredder wieder die Arme um den Nacken und macht nahtlos da weiter, wo er eben aufgehört hat.

Behutsam schleichen die Mutanten an ihnen vorbei zur Anrichte, nehmen Müslischüsseln, Tassen und Besteck aus dem Schrank, gießen sich zwei große Tassen Kaffee ein, schnappen sich Cornflakes und Milch und gehen damit zum Tisch hinüber.

Die Orokus beeindruckt das kein bisschen.

Sie küssen sich immer noch, als sich die Mutanten ihren ersten Löffel Cornflakes schmecken lassen.

Rocksteady und Bebop wechseln nur ein belustigtes Grinsen und machen auch keinen Hehl daraus, daß sie die beiden beobachten. Kazuo trägt mal wieder einen Sweater von Shredder, und es scheint ihn wirklich nicht zu stören, daß er damit auch das Logo des Footclans spazierenträgt. Und Shredder ist so glücklich ... Das ist richtig verdächtig.

Und natürlich kann Rocksteady die Klappe nicht halten, aber er wartet wenigstens, bis die beiden aus ihrem seligen Kuß-Nirwana zurückkehren.

„Und wann treibt ihr es endlich miteinander?"

Haben sich die beiden bis eben noch verliebt in die Augen gesehen, schrecken sie jetzt regelrecht zusammen und wirbeln zu ihnen herum.

Bebop gibt seinem Kumpel einen Tritt ans Schienbein und starrt ihn böse an, doch der grinst nur unverschämt.

Sie sind Mutanten, sie haben einen hervorragenden Geruchssinn und sie kennen den Geruch von Sex sehr gut, und unter dem übertünchenden Duft von Seife, Shampoo, Wasser und Deo lauert zwar der von Erregung, aber nicht der von Sex. Jedenfalls nicht das, was sie darunter verstehen.

Trotzdem findet Bebop, dass Rocksteady ruhig mal den Ball flach halten könnte.

„Geez", feixt Rocksteady dann auch noch ungerührt, „was hält euch auf? Wenn es um die Frage geht, wer zuerst unten liegt - wenn das euer Problem ist, dann werft 'ne Münze."

Die beiden starren ihn einen Moment lang nur fassungslos an. Shredder, der solche und ähnliche Frechheiten gewohnt ist, fasst sich als erster wieder. Blitzschnell steht er neben dem feixenden Mutanten, packt ihn an einem seiner empfindlichen Ohren und zieht ihn daran zu sich in die Höhe.

„Was war das eben? Wer gibt dir das Recht, dich einzumischen? Ich misch mich ja auch nicht in euer Sexleben ein!"

Er hält Rocksteadys Ohr immer noch in festem Griff und dreht und zieht es dabei kräftig in jede nur erdenkliche Richtung, bis dem Rhino vor Schmerzen die Tränen in die Augen schießen und er in den höchsten Tönen zu jaulen beginnt.

„Niichan!" Erschrocken fällt Kazuo seinem Bruder in den Arm. Und tatsächlich lässt dieser Rocksteady mit einem verächtlichen Schnauben los.

Dieser sackt zurück auf seinen Stuhl und reibt sich wimmernd das anschwellende Ohr. Bebop eilt schnell zum Kühlschrank und kommt dann mit einem Eispack zurück. Er wagt es nicht, Shredder dabei anzusehen, als er das malträtierte Ohr seines Lovers behandelt.

Rocksteady dagegen hat noch immer dieses kleine Grinsen um seine Mundwinkel und starrt seinem Chefchen ohne mit der Wimper zu zucken ins Gesicht.

„Nun sei doch nicht so. Wir freuen uns doch für dich. Und wir wissen, wie nervös man beim ersten Mal ist."

„Zieh mich da nicht mit rein", beschwert sich Bebop und drückt ihm das Eispack fester als nötig aufs Ohr. „Es geht uns gar nichts an. Entschuldige, Chefchen." Er wirft Shredder einen wahren Hundeblick zu - und der ist trotz seiner lila Brille gut zu erkennen, weil er dafür seine gesamte Miene einsetzt.

„Du kennst ihn doch. Er meint es nicht böse."

Shredder, dem sein Wutanfall schon längst leid tut, greift sich nur an die Stirn und schüttelt den Kopf.

„Ihr seid unmöglich."

„Jetzt gibt es erst einmal Frühstück." Mit diesen Worten drückt Kazuo seinen Bruder kompromisslos auf seinen Stammplatz und eilt dann zum Herd.

„Tamagoyaki ist fertig!"

 

 

 



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