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In this world

von

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Mildly annoyed/Eren

Seit einer Woche geht das nun so. Jeden Abend taucht dieser Typ bei der Arbeit auf. Meistens ist er alleine, aber eine Freundin hatte er auch schon mitgebracht. Selbst an meinen freien Abenden war er hier, wie mir Mikasa und mein bester Freund Armin, der mich an meinen freien Tagen vertritt und uns bei besonders geschäftigen Abenden unter die Arme greift, verraten haben.

Als er am Freitag die Bar betrat, ist mir zuerst überhaupt nicht aufgefallen, dass er ein Alpha ist. Durch seine kleine Körpergröße und die tiefen Augenringe, wirkte er auf den ersten Blick wie ein Beta oder Omega auf mich. Erst, als er direkt vor mir war und mir der unverkennbare Alpha-Geruch in die Nase stieg, fiel mir mein fataler Fehler auf. Sein Gesicht, das bei genauerer Betrachtung unglaublich fein und wie gemeißelt aussah, bestätigte meine Ahnung noch einmal. Es waren eindeutig die Gesichtszüge eines Alphas.

Mikasa zeigte mir seine Visitenkarte, die er ihr an diesem Tag zugesteckt hatte - anscheinend heißt er Levi Ackerman und ist Anwalt - doch diese habe ich gleich, ohne einen zweiten Blick darauf zu werfen, im Müll entsorgt.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was der Kerl überhaupt von mir will und warum er glaubt, sich in meine Angelegenheiten einmischen zu können.

Und als wäre das nicht schon schlimm genug, sind mir seine Blicke aufgefallen, die seit dem ersten Abend an mir haften und mich auf Schritt und Tritt verfolgen.

Ist das alles ein Spiel für ihn? Ich habe schon von Alphas gehört, die sich einen kleinen Harem von Omegas anlegen und diese für ihre perversen Spiele missbrauchen. Ist er etwa auch einer von der Sorte? Mich schüttelt es bei dem Gedanken.

Was hat einer von der Sorte überhaupt in dieser Bar, die ein Tummelplatz für Betas und Omegas ist, zu suchen? Sollte er nicht lieber mit Leuten seines Standes seine Freizeit verbringen? Und warum mache ich mir wegen dem Kerl überhaupt so viele Gedanken?

Ich ärgere mich, als ich feststelle, dass ich seit geschlagenen zehn Minuten an ein und demselben Glas schrubbe und meine Gedanken die ganze Zeit um diesen Mann kreisen. Entnervt stöhne ich auf und stelle das Glas beiseite.

Als er am zweiten Abend diese unsäglich laute Alpha-Frau mitgebracht hat, hatte ich zunächst vermutet, dass die beiden miteinander verheiratet sind. Allerdings hat sich meine Ahnung schnell als falsch entpuppt - wäre ja auch zu schön gewesen -, als ich dabei zuhören konnte, wie beide über den Ehemann der Frau, einen gewissen Moblit, gesprochen haben und die Frau, sie stellte sich mir als Hanji vor, mich immer wieder versuchte, in ein Gespräch über Levi zu verwickeln, was zum Glück meist schnell durch Mikasa unterbunden wurde. Was genau sich beide davon erhofft haben, ist mir immer noch ein Rätsel.

Nun sitzt er wieder an der Bar, dieses Mal alleine, und starrt mich schamlos an. Ich bin froh, dass meine Schwester seine Bestellungen entgegen nimmt und ich daher nicht mit ihm sprechen muss.

„Hallo Eren! Na, wie geht es dir?“, höre ich eine vertraute Stimme sagen und drehe mich um. Es ist Hannes, der gerade durch die Tür kommt. Er ist ein Freund meiner Eltern gewesen, bevor diese starben, und hat sich danach um mich und Mikasa gekümmert. Er ist ein liebenswerter Kerl mit dem Hang, zu viel zu trinken.

„Hallo Hannes! Kann nicht klagen. Dasselbe, wie immer?“, frage ich ihn und greife routiniert nach einem Bierglas.

„Sicher.“, sagt er und nimmt an der Bar Platz. Zu meinem Missfallen, setzt er sich direkt neben Levi. Ich stelle Hannes sein Bier hin und spüre dabei die Blicke seines Sitznachbarn, wie sie meinen Körper auf und abwandern, und schenke ihm dafür einen giftigen Blick.

„Eren, hast du dir schon überlegt, was wir am Todestag deiner Mutter machen? Halten wir wieder eine kleine Gedenkfeier in deiner Wohnung ab?“, fragt Hannes und trinkt an seinem Bier.

„Ich würde dieses Jahr den Tag lieber alleine auf dem Friedhof verbringen.“, antworte ich ihm und bemerke, dass unser Gespräch von Levi belauscht wird.

„Haben Sie dazu auch etwas zu sagen oder reicht es Ihnen, die Gespräche von Fremden mitanzuhören?“, frage ich ihn gereizt.

In dem Moment ist es mir egal, ob er ein Gast ist. Der Tod meiner Mutter und die Umstände, die dazu führten, haben ihn nicht zu interessieren.

Beschämt schaut Levi zur Seite. War ja klar, dass er jetzt nichts mehr zu sagen hat. Was hat es ihn auch anzugehen? Als ob ein Alpha, wie er, überhaupt Sympathie für das, was passiert ist, entgegen bringen könnte. Wahrscheinlich hätte er noch gesagt, dass meine Mutter damit hätte rechnen müssen. Oder, dass es ihr recht geschehen ist. So zumindest sind die typischen Reaktionen von Alphas, wenn einer von ihrer Sorte einen Omega getötet hat.

Meine Mutter war, wie ich, ein Omega. Sie hatte ein liebevolles und freundliches Wesen. Als sie meinen Vater, einen Alpha, kennen lernte, war dieser verheiratet mit einer Alpha-Frau. Doch wie das Schicksal so spielte, entstand zwischen meinem Vater und meiner Mutter ein Seelenbund. Beide brannten durch und er ließ aus der Ferne die Scheidung von seiner ersten Ehefrau, mit der er bereits ein Kind hatte, einreichen.

Viele Jahre später, ich war schon lange auf der Welt und Mikasa lebte bereits bei uns, traf meine Mutter auf die erste Frau meines Vaters. Meine Mutter suchte die Versöhnung, doch fand sie diese nicht. Stattdessen wurde sie von ihrer Vorgängerin auf offener Straße aus Wut und Eifersucht erstochen.

Nur der Tatsache, dass mein Vater ein Alpha war, hatten wir es zu verdanken, dass überhaupt gegen die Mörderin ermittelt wurde. Doch nachdem sie im Gefängnis war, fing mein Vater an, sich zu verändern. Es schien, als hätte er jeden Sinn im Leben verloren. Er schloss seine Arztpraxis und ging nicht mehr aus dem Haus. Er verlor an Körpergewicht, seine geistige Leistung ließ nach und selbst die einfachsten körperlichen Aufgaben fielen ihm immer schwerer. Es war, als wäre mit meiner Mutter, auch ein Teil von ihm gestorben. Und nur wenige Monate später war er tatsächlich tot. Man diagnostizierte seinen Fall als Broken-Heart-Syndrom. Sein Herz hörte aus Trauer einfach auf zu schlagen. Es war erschreckend und traurig zugleich. Als ich älter wurde und begann zu begreifen, was passiert war, wurde in mir die Wut auf Alphas entfacht.

Ich wurde wütend, dass sie so eine Macht auf uns Omegas haben, dass wir unseren freien Willen in ihrer Gegenwart einbüßen, sobald bei uns die Hitze einsetzt, und dass sie auf uns herabschauen, als wären wir Menschen zweiter Klasse, obwohl sie, viel zu oft ungestraft, all diese Dinge mit uns anstellen können.

Ich wurde sauer auf das Schicksal, das so grausam war und meine Eltern durch den Seelenbund zusammenführte. Es kostete beiden das Leben und brachte einen anderen Menschen ins Gefängnis. Und es machte mir Angst.

Ich schwor mir deshalb, mich niemals auf einen Alpha einzulassen und ihnen so gut, wie eben möglich, aus dem Weg zu gehen.

Natürlich ist das in meinem Job nicht immer leicht, aber dafür habe ich ja Mikasa an meiner Seite. Sie übernimmt die Alpha-Kunden und hält sie so von mir fern.

Und für gewöhnlich funktionierte das gut. Die meisten Alphas kamen kein zweites Mal in die Bar, sobald sie bemerkten, wie sich das Publikum zusammensetzte.

Doch Levi ist anders. Dass sich nur selten andere Alphas hierher verirren, scheint ihm nichts auszumachen. Er interagiert nicht mit anderen Gästen. Jeden Abend, den er alleine hierher kommt, sitzt er nur hier an der Bar, trinkt seinen Tee und sieht mir bei der Arbeit zu. Dass ich ihm mit Ablehnung begegne und nur selten ein Wort mit ihm wechsel, scheint ihm nichts auszumachen.

Als ich bemerke, dass er sich erneut in meine Gedanken geschlichen hat, und ich seit mehreren Minuten regungslos vor mich hinstarre, beginne ich, mich über mich selbst zu ärgern.

„Mikasa, ich brauche eine Pause. Übernimmst du für mich?“, rufe ich ihr zu und lege, ohne ihre Antwort abzuwarten, meine Schürze ab. Eilig gehe ich hinter der Theke hervor und begebe mich in den Pausenraum hinter der Bar, der aus einer kleinen Kochzeile und einem großen Tisch, mit mehreren Stühlen darum, besteht. Ich lasse mich auf einen dieser Stühle gleiten und lausche der leisen Musik, die aus dem Radio dudelt.

„Alles in Ordnung bei dir?“, fragt mich Armin, der sich, zu meiner Verwunderung, auch hier aufhält.

„Was machst du hier?“, frage ich ihn verwundert.

„Meine Schicht fängt doch bald an. Zu Hause ist mir die Decke auf den Kopf gefallen und ich dachte, ich könnte mich hier noch ein wenig entspannen.“

Erst da wird mir bewusst, dass ich heute nur einen halben Tag arbeiten muss und Armin den Rest des Abends für mich übernimmt.

„Gar nicht mehr daran gedacht.“, antworte ich ihm.

„Wo hast du nur deinen Kopf zurzeit?“, neckt er mich mit einem Lächeln.

„Ach, ich bin nur genervt von diesem Kunden, der hier seit einer Woche jeden Tag herkommt.“, sage ich stöhnend und fahre mir mit den Händen durch die Haare.

„Levi schon wieder?“

„Genau der.“, antworte ich mit einem vielsagenden Blick.

„Was macht er denn heute wieder Schlimmes?“

„Eigentlich...“, sage ich und muss überlegen, „Eigentlich tut er nichts. Er ist in die Bar gekommen, hat seinen Tee getrunken und mich dabei die ganze Zeit angesehen.“

„Und von ein paar Blicken lässt du dich so aus der Bahn werfen? Er ist doch nicht der erste Kunde, der dir schöne Augen macht.“

„Aber er ist ein Alpha!“, schimpfe ich wütend, „Was will der Kerl überhaupt von mir? Der macht sich doch eh nur einen Spaß daraus, mich auf die Palme zu bringen. Er sollte doch inzwischen wissen, wie ich auf Typen seiner Art reagiere.“

„Hast du schon einmal daran gedacht, dass er vielleicht wirklich Interesse an dir haben könnte?“, fragt Armin mich unverblümt und mir platzt fast der Kragen.

„Wieso sollte er das?“, schreie ich Armin entgegen, „Wir haben bisher vielleicht zwei Sätze miteinander gewechselt. Er ist ein Alpha. Gutaussehend und erfolgreich. Und ich bin ein Omega. Ich hab keine gute Schulausbildung und bin lediglich Barkeeper. Was sollte er also an mir finden?“

„Du findest ihn also gutaussehend?“, grinst Armin und ich fühle mich ertappt.

„Er ist ein Alpha. Die sehen doch alle gut aus. Liegt in den Genen.“, murmel ich vor mich hin und bemerke, wie meine Wangen anfangen zu glühen.

„Weißt du was, Eren? Ich glaube dein Problem ist, dass du ihm gegenüber nicht abgeneigt bist und dich deswegen viel mehr über dich selbst ärgerst, als über ihn.“, spricht Armin altklug.

Ich muss mich zusammenreißen, ihm nicht an die Gurgel zu gehen.

„Armin, du kennst mich besser, als jeder andere, und du weißt, wie ich zu Alphas stehe. Warum denkst du, dass es bei Levi anders ist?“

„Weil du seit Tagen kein anderes Gesprächsthema mehr kennst. Immer, wenn wir reden, heißt es 'Levi hat heute dies gemacht' oder 'Levi hat heute das gemacht'.“

Ich gerate ins Stocken und schweige.

„Ich scheine also nicht ganz daneben zu liegen.“, deutet Armin die Stille.

„Ich gehe besser wieder zurück.“, sage ich und flüchte damit aus der unangenehmen Situation.

Als ich hinter der Bar ankomme, lege ich meine Schürze wieder an und muss feststellen, dass Levi nach, wie vor, auf seinem Platz sitzt und Hannes in ein Gespräch verwickelt hat.

Auch das noch!

Ich wende meinen Blick von den beiden ab und beginne, die anderen Gäste zu bedienen.

Die letzte Stunde meiner Arbeitszeit ist schnell herum. Armin kommt hinter die Bar und ich überreiche ihm meine Schürze, ohne ein weiteres Wort mit ihm zu wechseln. Im Pausenraum ziehe ich mich um und greife nach meiner Tasche.

Als ich durch den Hauptraum der Bar zum Ausgang gehe, fällt mir auf, dass Levi nicht mehr an seinem Platz sitzt, und ich atme erleichtert auf. Winkend verabschiede ich mich von Hannes, Mikasa und Armin, verlasse das 'Three Sisters' und gehe durch die Tür hinaus ins Freie. Der Geruch von Sommerregen strömt mir in die Nase und fröhlich trete ich meinen Heimweg an.

„Eren! Warte!“, ruft mir eine tiefe Stimme hinterher.

Das kann nicht wahr sein!

Ich überlege, ob ich einfach loslaufen soll, entscheide dann aber, die Gelegenheit zu nutzen, und dem Kerl ein für alle Mal zu sagen, dass er mir aus dem Weg gehen soll.

„Lassen Sie mich bitte in Ruhe, Herr Ackerman.“, antworte ich ihm förmlich, ohne mich zu ihm umzudrehen.

„Nenn mich Levi, bitte.“, sagt er, greift nach meinem Arm, damit ich mich zu ihm drehen muss, und fragt mich dann unverhofft, „Hast du ein Problem mit mir? Habe ich dir etwas getan?“

Ich weiche seinen Blicken aus und schnaube verächtlich.

„Du bist ein Alpha und ich bin ein Omega. Reicht das nicht als Grund aus?“

„Da steckt doch noch mehr dahinter, Eren. Hat ein Alpha dir mal etwas getan?“

„Das geht dich nichts an, Levi.“, sage ich trotzig und merke, wie mein Körper beginnt zu beben.

„Eren, geht es dir nicht gut?“, fragt Levi besorgt, „Dein Kopf ist gerötet und du zitterst.“

„Das ist, weil ich mich über dich aufrege!“, antworte ich wütend. Doch nur kurz später wird mir bewusst, dass dies nicht der Grund für die Reaktion meines Körpers ist. Mein Körper fühlt sich an, als würde er vor Hitze schmelzen und ich kann mich nicht mehr auf den Beinen halten, sodass ich taumelnd auf die Knie gehe. Und dann werde ich mir der Situation bewusst, in der ich mich befinde.

Oh nein! Nicht hier! Nicht jetzt! Nicht vor ihm!



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