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Dreams of Gold

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Tanabata


 

Dreams of Gold

01 - Tanabata

 

 

Mit hoch erhobenem Kopf lief Ataru die Promenade entlang.

Immer wieder biss sie sich auf die rot geschminkte Unterlippe, versuchte sich dazu zu zwingen weiterhin gleichmäßig zu atmen, in der Hoffnung, dass die klare Seeluft sie ein wenig beruhigen würde. Der Yukata, den sie trug, hinderte sie daran größere Schritte zu machen und so sehr sie auch von hier weg wollte, war das vielleicht sogar besser so. Niemand hier sollte den Eindruck bekommen, dass sie sich hatte vertreiben lassen. Für einen Moment sah sie nach oben in den dunklen Nachthimmel, blinzelte dann einige Male bewusst, um das verräterische Brennen in ihren Augen endlich zu verbannen.

Sie würde niemandem hier die Genugtuung geben, jetzt zu weinen. Schon aus Prinzip nicht und schon gar nicht, nachdem sie so viel Zeit und Mühe in ihr Make-up investiert hatte.

Sie hatte heute einfach nur den Abend genießen wollen, hatte, wie so viele andere junge Frauen auch, in traditioneller Kleidung das Sternenfest besuchen wollen. Aber natürlich war ihr das nicht vergönnt.

Und es sollte ihr egal sein, was die Leute sagten, es sollte mittlerweile einfach an ihr abprallen. Sie kannten sie nicht und versuchten nicht einmal sie zu verstehen, sondern tuschelten lieber hinter vorgehaltener Hand, dass sie ja eine von diesen Leuten sei. Wie man so etwas denn eigentlich dulden konnte und überhaupt, was sagte denn bitte ihre Familie dazu?
 

Leider war es ihr nicht egal. Natürlich nicht. Auch nach all den Jahren, in denen sie derartige Kommentare zu hören bekommen hatte, trafen sie sie immer noch.

Gedankenverloren schüttelte sie den Kopf, schien für einen Moment fast ein wenig in sich zusammenzusinken, bevor sie mit einer bewussten Anstrengung wieder eine aufrechtere Haltung annahm und kurz innehielt.

Nur, weil die Worte dieser Leute sie verletzten, musste sie das nicht nach außen sichtbar werden lassen. Es hatte schließlich lang genug gedauert, bis sie sich selbst zugestanden hatte, dass sie vollkommen richtig und okay so war, wie sie eben war. Das nichts, aber auch gar nichts falsch an dem war, was sie tat oder fühlte. Das würde sie sich heute sicher nicht mehr nehmen lassen.

Ataru zwang sich zu einem kleinen Lächeln und setzte ihren Weg ein wenig ruhiger fort.

Sie würden schon alle sehen. Wenn sie einmal hier wegkam und ihr Leben so leben konnte, wie sie es sich erträumte. Sie würden alle Augen machen.
 

Je weiter sie sich von den Festlichkeiten entfernte, desto ruhiger wurde es um sie, bis ihr nur noch vereinzelt andere Menschen entgegenkamen. Wenn sie ehrlich war, genoss sie die Stille jetzt, ebenso wie die sanfte Brise, die vom Meer in die Stadt getragen wurde.

Für einen Moment hielt sie inne und sah sich um, sah aufs Meer hinaus, ohne aber die neugierigen Augen zu bemerken, die ihren Schritten vom Wasser aus schon eine ganze Weile folgten, erst in der Dunkelheit verschwanden, als sie weiterging.

Sie setzte ihren Weg noch bis zu dem Punkt fort, an dem die befestigte Hafenpromenade in einen einfachen Fußweg überging. Dort betrat sie vorsichtig einen der Holzstege, die in die sachte Brandung hineinragten und ebenso sehr dem Festmachen von Booten dienten, wie den vielen Wassersportbegeisterten ihrer Heimatstadt als Ausgangspunkt für ihre Hobbys.

Das Geräusch ihrer Geta auf dem harten Holz wurde vom Wasser zurückgeworfen und wirkte in der hier herrschenden Stille fast schon unwirklich laut, sodass sie nach einigen Schritten stehenblieb, um sie abzustreifen und ihren Weg barfuß fortzusetzen.

Am Ende des Stegs angekommen ließ sie sich nieder und raffte ihren Yukata ein wenig hoch, um ihre Beine frei baumeln lassen, den leichten Sommerwind auf ihrer Haut spüren zu können.

Wie so oft, wenn sie am Meer war, hatte sie das Gefühl freier atmen zu können und schloss ihre Augen. Bewusst nahm sie einige tiefe Atemzüge, die ihre beruhigende Wirkung auch dieses Mal nicht verfehlten. Ataru begann leise eine unbestimmte Melodie zu summen, versuchte ihre Gedanken frei schweifen zu lassen, ohne länger als nötig darüber nachzudenken, dass sie hier wohl nie als das akzeptiert werden würde, was sie war, ganz egal wie viel oder wenig sie sich äußerlich veränderte. Aber sie würde nicht für immer hier leben und irgendwo da draußen würde sie ihr Glück finden. Sie musste nur daran glauben, so schwer ihr das auch manchmal fiel.
 

Gerade begann Ataru sich dieses so ferne Glück in den buntesten Farben auszumalen, als ein unvermitteltes, lautes Platschen sie aus ihren Gedanken riss. Ihre erste Vermutung war, dass es ein Fisch gewesen sein musste – auch wenn es ihr dafür eigentlich zu laut vorgekommen war. Kaum hatte sie dies gedacht, folgte ein erneutes Platschen und daraufhin ein Laut, den sie nur als Fauchen beschreiben konnte.

Was?

Einen Moment lang blieb es fast schon verdächtig still und sie lehnte sich ein wenig nach vorn, um über den Stegrand nach unten sehen zu können, aber sie hatte die Bewegung kaum zu Ende geführt-

 

„Hast du mich gerade wirklich angefaucht?“, von irgendwo unter dem Steg unterbrach eine dunkle, hörbar belustigte Stimme die abendliche Stille, bevor Ataru erneut heftige Bewegungen im Wasser hören konnte, dann etwas, das verdächtig nach einem Prusten klang.

Schwamm da etwa jemand im Dunkeln?
 

„…hallo?“, fragte sie schließlich zögerlich in die nun wieder herrschende Stille hinein, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten.

Vielleicht hatte sie sich das ja gerade nur eingebildet?

 

Jedenfalls war für den Moment nichts mehr zu hören und sie wollte sich gerade wieder entspannt ein wenig zurücklehnen, als es im Wasser unter ihr doch wieder laut platschte, fast als wäre dort ein kleines Gerangel ausgebrochen.

Sollte das irgendeine Art von Scherz sein? Wenn dem so war, dann wusste sie wirklich nicht, wo die Pointe liegen sollte. Allerdings, das musste sie zugeben, packte sie langsam die Neugier, vor allem als sie jetzt wieder diesen seltsam fauchenden Laut hörte.

Möglichst lautlos zog sie ihre Beine an und veränderte ihre Position so, dass sie schließlich auf dem Bauch liegen und so über das Steg-Ende nach unten ins Wasser schauen konnte. Allerdings war es vermutlich sowieso viel zu dunkel, um irgendwas zu erkennen und wieso sollte hier jemand schwimmen gehen? Jeder, der hier wohnte, kannte doch die Gefahren, die die Strömungen nachts darstellten.

Sie war so sehr damit beschäftigt sich selbst einzureden, dass sie nichts sehen würde, dass es einige Sekunden dauerte, bis sie begriff, dass sich da unter dem Steg tatsächlich zwei Gestalten im Wasser tummelten. Für einen Moment meinte sie unter der Oberfläche einen goldenen Schimmer zu erkennen, der sich seltsam vertraut anfühlte, dann stoben die beiden Schemen auseinander und begannen sich halb geflüstert zu unterhalten.

[LEFT]Wenn man diesen Austausch eine Unterhaltung nennen konnte, zumindest.
 

„Halt mir noch einmal den Mund zu und es wird Konsequenzen haben, ohne Scheiß.“
 

„Oh, ich zittere.“ Der Sarkasmus in der Stimme des Fremden war geradezu körperlich spürbar. „Ich dachte nur, dass dort oben jemand war. Willst du riskieren, dass man uns hört, oder was? Das kannst du dann nämlich den anderen erklären, mein Lieber.“
 

Die Beiden näherten sich einander, schienen nun ein wenig besänftigt zu sein, auch wenn das hier für Ataru immer noch nicht viel Sinn ergab. Und vermutlich sollte sie einfach ganz still und leise aufstehen und verschwinden, damit auch sie nicht entdeckt wurde. Aber so dumm es war, irgendwie hatte sie gerade wirklich keine Lust darauf, ihr ganzes Leben darauf auszurichten sich nicht in gefährliche Situationen zu begeben. Und kaum war ihr dieser Gedanke durch den Kopf geschossen, hörte sie auch schon ihre eigene, leicht unsicher klingende Stimme.
 

„Was wäre denn so schlimm daran, wenn euch jemand hört?“ Die Blicke der Beiden schossen so schnell zu ihr, dass es beinahe komisch wirkte und sie konnte nicht anders, als zu lächeln. „Vielleicht solltet ihr ein bisschen vorsichtiger sein, wenn das so wichtig ist, mh? Und leiser vor allem.“
 

Einen Moment lang passierte nichts, dann stieß einer der Beiden nur ein abgrundtiefes Seufzen aus und strich sich mit einer Hand seine dunklen Haare aus dem Gesicht, während der andere näherkam. Oder näherschwamm, auch wenn die Bewegung merkwürdig fließend wirkte, nicht nach Schwimmzügen aussah. Als er aus dem Schatten des Stegs auftauchte, konnte sie im Mondlicht sehen, dass sein Haar ihm bis weit über die Schultern fiel. Und obwohl sie die beiden ja ganz offensichtlich überrascht hatte, lag ein amüsiertes Lächeln auf seinen Lippen.
 

„Da sagt man mir immer, dass ich zu neugierig bin, aber ihr Menschen seid definitiv schlimmer, was das angeht.“ Seine Stimme klang warm und melodisch, schien sie geradezu einzuladen ein Gespräch mit ihm zu beginnen. Ataru legte sich etwas bequemer hin, sodass sie sich mit den Unterarmen auf dem warmen Holz abstützen konnte und zuckte mit den Schultern, auch wenn sie nicht sicher war, ob ihr Gegenüber dies sehen konnte. Oder was genau der Fremde mit dieser ein wenig seltsamen Abgrenzung gemeint hatte.
 

„Ihr wart wirklich nicht gerade leise, wenn ich ehrlich bin. Ich wollte hier ja eigentlich nur ein bisschen die Stille genießen.“
 

Nun gesellte sich auch der zweite Unbekannte zu ihrer Unterhaltung hinzu. Er legte einen Arm um die Schulter seines Gefährten und zog ihn so ein wenig an sich.
 

„Alles seine Schuld. Die hier wollte unbedingt das Feuerwerk anschauen.“
 

„Kann ich verstehen, an so einer klaren Nacht wie heute.“ Sie schenkte Die ein kleines Lächeln, das dieser sofort unbefangen erwiderte, legte dann aber fragend den Kopf schief. „Aber warum vom Wasser aus?“
 

Erneut tauschten die Beiden einen Blick, der vermutlich vielsagend war, aber in Atarus Gedanken nur noch mehr Fragezeichen auftauchen ließ. Schließlich war es erneut der Schwarzhaarige, der antwortete.
 

„Wie du schon sagst, hier ist es einfach ruhiger. Das passt besser, findest du nicht?“
 

Nun konnte sie nicht anders, als zu nicken.
 

„Stimmt…“ Ein wenig nachdenklich schweiften Atarus Blicke den Weg entlang, den sie gekommen war. In der Ferne konnte sie noch immer problemlos das bunte Treiben ausmachen, dem sie entflohen war und ein leises Seufzen entkam ihren Lippen. „...würde...es euch stören, wenn ich mir das Feuerwerk auch von hier aus ansehe?“, fragte sie schließlich leise, wollte sich auf keinen Fall aufdrängen. Aber ebenso wenig wollte sie im Moment alleine sein, wenn sie ehrlich war. Und auch wenn sie die Beiden nicht kannte, immerhin schienen sie sie ebenfalls nicht durch Hörensagen zu kennen und abzulehnen. Was mehr war, als sie hier sonst oft erfuhr.
 

„Sicher, warum nicht.“ Diesmal war es Die, der ihr antwortete, ihr erneut eines dieser unbefangenen Lächeln schenkte, das sie ganz automatisch erwiderte, fast als wäre es ansteckend. „Aber nur, wenn du uns sagst, wie du heißt?“[/LEFT]

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~*~

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[LEFT]Noch spät in der Nacht lag Ataru wach, sah aus der halb geöffneten Verandatür ihres Zimmers hinaus in die Nacht, wo der Mond silberne Bilder auf das ruhige Meer zeichnete. Obwohl sie innerlich aufgewühlt war, konnte sie auch jetzt nicht aufhören zu lächeln, hatte sie doch nie vermutet, dass dieser Abend noch eine solche Wende nehmen würde. Dass sie ihn tatsächlich würde genießen können.

Unter ihrer leichten Bettdecke zog sie die Beine an, machte sich ganz klein, als wollte sie die Freude und Wärme, die sie gerade spürte, dicht bei sich behalten.

Auch wenn sie noch immer nicht wirklich wusste, wer Die und Toshiya eigentlich waren, sie hätte nicht sagen können, wann sie sich das letzte Mal so entspannt mit Fremden hatte unterhalten können. Nicht nur das Beide so angenehm melodische Stimmen hatten, dass sie ihnen auch die ganze Nacht lang zugehört hätte, sie waren tatsächlich gute und unterhaltsame Gesprächspartner gewesen. Selbst die Stille, die hin und wieder geherrscht hatte, war nicht erdrückend, sondern angenehm gewesen, als wäre auch sie ein Teil ihrer Unterhaltung. Fast, als wären sie sich heute nicht zum ersten Mal begegnet.

Das Feuerwerk war tatsächlich traumhaft schön gewesen und die bunten Farben der im Himmel explodierenden Blumen hatte sich im Wasser genauso gespiegelt, wie in den Augen ihrer ungewöhnlichen Begleiter.[/LEFT]

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Unwillkürlich presste Ataru ihre Augen etwas zusammen, als sie bei diesem Gedanken ein kleines, flatterndes Ziehen in ihrer Magengegend verspürte. Natürlich hatte sie die beiden attraktiv gefunden, aber das hätte vermutlich jeder Mensch so gesehen, der Augen im Kopf hatte. Und genauso offensichtlich wie ihr gutes Aussehen, war auch die Tatsache gewesen, dass die beiden eine ungewöhnlich offene und enge Bindung zueinander hatten. Nicht, dass sie selbst unter anderen Umständen je eine Chance bei einem von ihnen gehabt hätte. Nicht jemand wie sie.

Sie seufzte leise. Immerhin träumen konnte sie ja, selbst wenn diese Träume nie wahr werden würden. Vermutlich würde sie weder Toshiya noch Die jemals wiedersehen, aber immerhin würde sie diesen Abend in ihrem Herzen bewahren können und davon zehren, wenn ihre Umgebung ihr das Leben wieder einmal schwerer machte, als es sein müsste.

Mit diesem Gedanken drehte sie sich in ihrem Bett um, weg vom Licht des Mondes und schloss die Augen, in der Hoffnung nun doch noch etwas Ruhe zu finden.[/LEFT]

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~*~

[LEFT] [/LEFT]

[LEFT]Obwohl sie wusste, dass sie träumte, konnte sie nicht anders als die Geborgenheit zu genießen, die sie zu umfangen schien, fast als würde sie jemand in einer schützenden Umarmung halten. Langsam, blinzelnd öffnete Ataru ihre Augen und war umgeben von tiefem, warmen Blau, das sich in alle Richtungen auszudehnen schien. Sie hob ihren Kopf und konnte die Sonnenstrahlen ausmachen, die von oben ins Meer fielen, sich in den Wellen brachen und das klare Wasser in tausenden Schattierungen erstrahlen ließen.

Ohne, dass sie genau sagen konnte warum, stieß sie ein befreiendes, geradezu jubelndes Lachen aus, bewegte sich spielerisch durch die Wellen, die sie umfingen, fast als wollten sie sie willkommen heißen. Und so sehr ihr bewusst war, dass sie Angst haben sollte, weil sie keine Möglichkeit hatte unter Wasser zu atmen – sie fühlte sich vollkommen sicher, als sei das hier einfach gut und richtig und schon immer so gewesen.

Aus dem Augenwinkel sah sie eine Bewegung, einen goldenen Glanz, den sie zu kennen glaubte, doch als sie sich umdrehte, waren da nur Fischschwärme, die in der Ferne ihre Kreise zogen. Erneut sah sie nach oben, doch auch hier war nichts außer dem Sonnenlicht zu erkennen – und dann erneut goldene Reflexionen am Rande ihres Sichtfeldes. Als sie sich diesmal umwandte, glaubte sie, eine Bewegung zu erkennen, der sie folgen konnte. Doch wer immer da war, bewegte sich zu schnell, als dass sie hätte näher kommen können. Einmal glaubte sie eine gold-glimmende Schwanzflosse erkannt zu haben, aber nichts was sie tat, brachte sie näher, um genauer nachsehen zu können. Vielleicht hätte sie enttäuscht sein sollen, aber für den Moment genoss sie die Geborgenheit des Meeres viel zu sehr, hätte nicht sagen können, wann sie sich das letzte Mal so wohl und ruhig gefühlt hatte, so als sei sie endlich an dem Ort angekommen, nach dem sie so viele Jahre gesucht hatte.[/LEFT]



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