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Mephisto

denn sie wissen nicht, was sie tun
von

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Hey!

“Jetzt echt?! Du hast dem Alten hier den Arsch gerettet?! Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich dir nicht mit Schlägen gedroht! Siehst gar nicht so aus, als wärst du so stark, dass du den Kerl hier tragen kannst…aber na ja, dann bist du wohl in Ordnung!“

Der Mann namens Hidan grinste ihn breit an und schlug ihm einmal fest gegen die Schulter, was Itachi gezwungenermaßen zuließ. Sie hatten sich vom Markt entfernt und waren nun auf dem Weg zum Unterschlupf der Truppe, welcher durch einen dichten Wald führte. Während Kisame ihnen die Kurzform seiner Geschichte erzählt und dabei seine Kräfte ausgelassen hatte, entgingen ihm die stechenden Blicke der beiden anderen nicht. Hidan war zwar laut und aufbrausend, jedoch schien er ein einfaches Gemüt zu besitzen, wenn er ihn sofort als einen Verbündeten ansah. Deidara und Kakuzu begegneten ihm weiterhin mit gesundem Misstrauen, das ihm sogar lieber war, als Hidans Überschwänglichkeit.

„Wenn wir heute Abend Kisames Auferstehung feiern und ordentlich saufen, erzähl ich dir alles über Jashin-sama!“, plapperte dieser wieder los. „Vielleicht bist du ja empfänglicher als der alte Sack, der sich mein Partner schimpft.“

„Niemand bei Verstand würde sich auf deine beschränkte Religion einlassen, Hidan. Also geh uns nicht auf die Nerven“, kam es ruhig von Kakuzu zurück.

„Oi! Nennst du mich dumm, du Mumie?!“

Hidan ließ sich zurückfallen, sodass er nun neben seinem Partner ging, und drohte diesem mit der Faust.

„Bisher nicht. Allerdings kann ich nicht leugnen, dass deine Bildung zu wünschen übrig lässt“, erwiderte Kakuzu trocken.

„Was hast du gesagt?!“

Itachi zog die Brauen ein wenig mehr zusammen, fragte sich, was diese beiden für eine eigenartige Beziehung hegten. Sie wirkten nicht wie Kameraden, schienen sich nicht einmal leiden zu können, doch da Kisame ihn bereits vorgewarnt hatte und er sich nicht einmischen wollte, blieb er still.

„Das ist normal bei den beiden. Einfach ignorieren. Spätestens heute Abend kriegen die sich wieder ein“, meinte Kisame, der wieder zu ihm aufschloss.

Deidara schnaubte, warf einen Blick über die Schulter zu den beiden.

„Einkriegen…so kann man das auch nennen, hmm“, kommentierte er es leise, ehe er sich wieder Kisame zuwandte. „Auch, wenn er dir geholfen hat, Kisame…bist du sicher, dass es klug ist, ihn zu unserem Unterschlupf zu führen? Er ist praktisch ein Fremder, hmm!“

Dabei nickte Deidara mit dem Kopf in seine Richtung, so als würde er das Gespräch nicht mitanhören können, was es unhöflich machte. Kisame empfand das wohl ebenso wie er, denn der Ärger zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Dann legte er eine Pranke auf Itachis Schulter, drückte diese fest.

„Ich übernehme die volle Verantwortung für Itachi“, gab er zurück. „Ich würde ihm jederzeit mein Leben anvertrauen.“

Die Worte lösten eine angenehme Wärme in dem Uchiha aus, sodass sich seine Anspannung automatisch lockerte. Er musste dem Impuls, die Hand zu drücken, widerstehen; schließlich wusste er nicht, ob es in Ordnung war, seine Zuneigung so offen vor dessen Kameraden zu zeigen. Er war sich auch nicht sicher, ob er selbst dies wollte.

Deidara beeindruckte es scheinbar nicht, denn er schnaubte abermals und verschränkte die Arme.

„Große Worte dafür, dass ihr euch erst seit Kurzem kennt, hmm.“

Kisame nahm seine Hand zurück, funkelte den Blonden an.

„Warum so spöttisch, Deidara? Pass auf, dass Sasoris Verhalten nicht zu sehr auf dich abfärbt. Du bist zu jung für Verbitterung, ne?“

Anscheinend nahm das dem Angesprochenen den Wind aus den Segeln, denn er starrte ihn erst perplex an und wurde dann rot.

„W-Was?! Das stimmt doch gar nicht!! Das hat nichts mit…ich bin nur misstrauisch!! Sasori no Danna färbt überhaupt nicht auf mich ab, hmm!!“

Kisames Grinsen wurde eine Spur breiter, vermutlich weil auch er erkannte, dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.

„Na, dann ist ja gut. Erzähl mir lieber, wie es den anderen geht. Hoffe, ihr habt nicht nach mir suchen lassen?“

Die Taktik funktionierte, denn Deidara schien froh über den Themenwechsel zu sein.

„Suigetsu wollte nach dir suchen, aber Pain und Konan haben ihm einen Riegel vorgeschoben. Wir anderen haben das akzeptiert, auch wenn Zabuza stinksauer war. Na ja, du weißt ja, wie er ist. Jedenfalls haben wir nicht damit gedacht, dass es Sinn machen würde, dir zur Hilfe zu kommen – du hast einen Daimyo getötet. Niemand lässt so ein Verbrechen ungesühnt, hmm.“

Kisame zuckte mit den Schultern, blickte nachdenklich vor sich hin.

„Das stimmt wohl. Sie haben mich entsprechend dafür bestraft und nun, wie gesagt, wäre Itachi nicht gewesen, wäre ich hingerichtet worden. Ein glücklicher Zufall.“

Bei dem Wort Zufall fixierte ihn Deidaras Blick erneut auf eine Weise, die Itachi nicht gefiel.

„Ja…Zufall…“, hörte er ihn leise wiederholen, beließ es aber dabei.

Dass Deidara ihm weder traute noch ihn sonderlich mochte, stand jedenfalls außer Frage. Zumindest beruhte dies auf Gegenseitigkeit.
 

Der Unterschlupf von Kisames Leuten war recht gut getarnt, wie er schon bald feststellte. Der Weg durch den Wald führte sie zu einem Wasserfall, hinter dem sich der Eingang zu einer Höhle befand. Um die Höhle betreten zu können, musste man einen Schalter an der Wand umlegen, der einen Mechanismus betätigte, welcher wiederrum einen Felsbrocken beiseiteschob.

Itachi hatte solch etwas noch nie gesehen und Kisame, dem dieser Gedanke wohl auch eben kam, berührte leicht seine Schulter. Sie gingen nebeneinander, wobei man nicht viel erkennen konnte, doch es schien, als würde es nur einen Weg geradeaus geben.

„Nicht schlecht, oder? Sasori ist zwar ein komischer Kauz, aber er hat ne Menge Ahnung von diesem Technik-Gedöns. Für den Notfall hat er auf der anderen Seite eine Vorrichtung gebaut, mit der man aus der Ferne Sprengstoff aktivieren kann – natürlich gibt es für uns einen zweiten Ausgang, damit wir nicht in der Falle sitzen.“

Deidara, der direkt hinter ihnen ging, schnaubte hörbar.

„Und wer hat den Sprengstoff für Sasori no Danna hergestellt und angebracht, damit seine tolle Falle überhaupt funktioniert, hmm?“

„Jaja, das hätte ich ihm ja als nächstes erklärt“, wiegelte Kisame ab und man hörte das Schmunzeln in seiner Stimme.

„Als ob…“

„Deidara ist unser Experte für Schwarzpulver und alles, was damit zu tun hat“, fuhr der Hüne fort, woraufhin Hidan ein gackerndes Lachen von sich gab.

„Seine liebste Beschäftigung ist es, Dinge – oder Menschen in die Luft zu jagen.“

„Na und? Deine liebste Beschäftigung ist es, Menschen aufzuschlitzen und dich mit ihrem Blut einzuschmieren. Also tu nicht so, als sei ich der Irre, hmm!“

„Das nennt sich Opfer, du Ketzer!!“

„Das-“

„Wenn ihr mit dem kindischen Gezanke nicht gleich aufhört, sorge ich dafür, dass die Wände von eurem Blut beschmiert werden“, unterbrach Kakuzu den Streit gereizt.

Daraufhin herrschte kurzzeitige Stille, ehe leises Murmeln folgte. Itachi fragte sich unweigerlich, ob die Worte der Wahrheit entsprachen. Er wusste, dass Akatsuki aus Söldnern bestand, hatte sich schon darauf eingestellt, dass diese Menschen recht kaltblütig waren, was Mord anbelangte. Dennoch empfand er die Aussagen als makaber, auch wenn er nichts dazu sagte.

„Ihr seid wirklich unfassbar schlecht darin, einen ersten guten Eindruck zu vermitteln“, kam es trocken von Kisame, der kurz seine Schulter drückte.

„Das wusstest du vorher, also beschwer dich nicht“, brummte Kakuzu finster zurück.

„Eh? Ihr meint, der Neue lässt sich davon abschrecken? Oi! Enttäusch mich nicht, Itachi-chan!“, krakeelte Hidan los und man sah ihn in der Dunkelheit mit den Armen herumrudern.

Die Anrede kommentierte er lieber nicht.

„Hidan…es steht noch gar nicht fest, ob er bei uns einsteigen darf, hmm“, kam es genervt von Deidara.

„Ich habe nie gesagt, dass ich bei euch einsteigen werde“, fügte Itachi monoton hinzu.

„Eh?! Warum nicht? Wir sind voll liebenswert! Wenn du uns erstmal besser kennenlernst, wirst du drum betteln, bei uns mitmachen zu dürfen!“

„Sicher wird er das“, brummte Kakuzu sarkastisch.

„Oi! Klappe, Kakuzu! Wenn er keinen Bock auf uns hat, dann nur, weil deine fiese Fresse ihn vertrei – Au, verdammt!! Spinnst du?!“

Itachi wusste nicht, ob er froh darüber sein sollte, dass der Ausgang der Höhle nahte, denn Tageslicht erhellte diese plötzlich – sodass man Hidan erkennen konnte, wie er sich die Nase hielt. Anscheinend hatte Kakuzu ihm mitten ins Gesicht geschlagen. Waren diese Leute nicht Kameraden? Gehörte es sich so, dass man sich untereinander beleidigte und prügelte?

Dann freute er sich ja schon richtig auf den Rest der Truppe…
 

Der eigentliche Unterschlupf entpuppte sich als Grünfläche inmitten von Bäumen und Sträuchern, welche von hohen Felswänden eingerahmt war. Das zweistöckige Haus lag in der Mitte, nahe dem Ufer eines kleinen Sees, zu dem ein Steg gehörte. Ein Junge mit hellen Haaren saß auf diesem und warf Steine ins Wasser, welche über die Oberfläche hüpften, ehe sie versanken.

Suigetsu. Kisames Partner, dem er das Leben gerettet hatte.

Kurz warf Itachi einen Blick zum Himmel, entspannte sich merklich, als er Amaterasu ihre Kreise über ihnen ziehen sah, ehe sie in einer der Baumkronen verschwand. Sie würde in seiner Nähe bleiben, das wusste er. Er selbst blieb hinter der Truppe, wollte nicht direkt die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Doch kaum dass Suigetsu sie entdeckt hatte, schien sowieso nur eine Person von Wichtigkeit zu sein.

Wie erstarrt saß er dort mit großen, violetten Augen am Steg, während sie näher kamen…dann sprang er plötzlich auf und kam ihnen entgegen. Immer schneller, bis er rannte, wobei er niemandem groß Beachtung schenkte – außer Kisame. Eigentlich hatte Itachi damit gerechnet, dass der Junge Kisame umarmen würde, doch stattdessen holte er aus und hieb nach dessen Gesicht. Der Hüne schien das erwartet zu haben, denn er fing die Faust ab, hielt ihn am Handgelenk fest und grinste breit.

„Ich freu mich auch, dich wiederzusehen, Kurzer.“

„Du verdammter…!! Du warst die ganze Zeit am Leben?! Wieso…wieso bist du erst jetzt hier?! Konntest du dich nicht verdammt noch mal eher melden?! Ich hab mir scheiß viele Vorwürfe gemacht!! Ich dachte…Scheiße…!!“

Kisame musterte den Jungen, dessen Stimme bei den letzten Worten brach. Es machte deutlich, wie wichtig der Hüne für ihn war. Dieser zog ihn einfach an seine Brust, wuschelte ihm durch die weißen Haare.

„Tut mir leid. Ich hätte mich ja eher gemeldet, aber die haben mich ziemlich in die Mangel genommen. Ohne Itachi hätte ich nicht zurückkommen können. Er hat mir das Leben gerettet.“

Suigetsu schluckte hart, blieb für einen Moment so, ehe er sich löste und anschließend ihn fixierte. Abschätzend. Für ein paar Sekunden sagte niemand etwas.

„Im Ernst? Der da hat dir das Leben gerettet? Der sieht gar nicht so stark aus…“

„Das hab ich auch schon gesagt!“, stimmte Hidan ihm etwas nasal zu. „Aber na ja, Deidara sieht auch aus wie n halbes Hemd…“

„Ich bin durchtrainiert, du Mistkerl, hmm!“, fauchte der Blonde.

Kisame knurrte, ehe er Suigetsu fest in die Wange kniff, was diesen aufschreien ließ.

„Bedank dich gefälligst, anstatt ihn zu beurteilen! Hat hier eigentlich niemand Manieren?!“

„Au!! Ist ja gut, au! Lass los…nh…danke!!“, zeterte der Jüngere und rieb sich die gerötete Wange, als Kisame ihn losließ.

Dieser setzte gerade zum Sprechen an, als eine weitere Person dazu kam, soeben auf der Veranda um die Ecke bog. Es war eine Frau mittleren Alters mit blauen Haaren, in denen eine weiße Papierblume steckte. Ihre bernsteinfarbenen Augen weiteten sich für einen Moment, ehe ihre Mimik wieder recht stoisch wurde. Jedoch legte sich ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen, als sie näher kam, wobei sie ihn nur eines kurzen Blickes würdigte, ehe sie sich an Kisame wandte.
 

„Anscheinend haben wir zu früh Abschied genommen.“

Kisame grinste schief.

„Was soll ich sagen? Unkraut vergeht nicht. Das weißt du doch, Konan.“

Sie schmunzelte leicht, ehe sie nickte.

„Es ist gut, dich wiederzusehen, Kisame. Vergib uns, dass wir niemanden geschickt haben.“

„Ach was…ich habe es vorhin schon den anderen gesagt; wäre Itachi nicht gewesen, hätte ich nicht zu euch zurückkehren können.“

Konan schaute ihn nun direkt an, musterte ihn wie auch die anderen es schon getan hatten. Ihr stechender Blick machte es zwar unangenehm, doch es war nur natürlich, einem Fremden mit Misstrauen zu begegnen. Kisame hatte ihn schließlich in ihr Versteck gebracht – und mit einem Mal kam Itachi der Gedanke, ob sie ihn überhaupt gehen lassen würden, nachdem er es kannte. Falls nicht, würde das unschön enden, aber das war seinem Weggefährten doch sicher vorher bewusst gewesen?

„Du musst ihm sehr vertrauen, wenn du ihn hierher bringst“, mutmaßte sie, woraufhin Kisame nickte.

„Das tue ich. Daher bitte ich euch darum, mir zu glauben, dass er keine Bedrohung für uns ist. Falls er sich entscheidet zu bleiben, wird er dagegen eine Bereicherung für uns sein.“

Itachi hätte wiedersprechen können, doch er ließ es fürs Erste bleiben. Da er diese Leute nach wie vor nicht richtig einzuschätzen vermochte, würde er sie erstmal in dem Glauben lassen. Vielleicht dachte Kisame ähnlich, denn er kannte seine Meinung ja. Abgesehen davon war Itachi noch nicht bereit, sich von dem Hünen zu trennen.

„Wir sollten das mit Pain besprechen“, erwiderte sie ruhig, ehe sie sich direkt an ihn wandte. „Ich hoffe, du nimmst uns unsere Bedenken nicht übel. Ich denke, wir sind dir alle sehr dankbar, dass du Kisames Leben gerettet hast, jedoch sind uns nicht alle Leute wohlgesonnen.“

Dies verstand Itachi vermutlich besser, als sie sich vorstellen konnte, doch er nickte nur.

„Mein Name ist Konan. Ich bin Pains rechte Hand. Am besten folgt ihr beide mir direkt, damit wir diese Angelegenheit klären können.“

„Bis später dann! Wir karren schon mal den Sake ran, damit wir nachher ordentlich feiern können!“, rief Hidan ihnen hinterher.

„Du weißt noch nicht mal, ob es was zu feiern gibt, hmm.“

„Seit wann bist du so eine Spaßbremse, Deidara-chan?!“

Kisame musste bei dem Gezeter lachen, legte ihm kurz die Hand auf den Rücken, ehe er ihm bedeutete, dass sie Konan folgen sollten. Anscheinend machte sich der Hüne nicht die geringsten Sorgen, dass man ihn davonjagen könnte. Jedenfalls wirkte er recht gelassen, während sie das Haus betraten, in dem es so einige Zimmer zu geben schien. Es wirkte sehr geräumig, war mit teuer aussehenden Vasen und Pflanzen dekoriert, die es einladender machten. Konan führte sie die Treppen hoch, wobei Itachis Blick die kunstvollen Malereien von Landschaften an den Wänden streifte. Auf der oberen Etage gab es noch mehr Schiebetüren, doch der Anführer der Gruppe schien sich im Zimmer ganz am Ende des Flurs zu befinden.
 

Konan räusperte sich vernehmlich, ehe sie die Tür beiseiteschob.

„Nagato? Hier ist ein alter Freund, der dich sprechen möchte.“

Kisame grinste bei den Worten und ging an ihr vorbei, um den Raum zu betreten.

„Werde ich nun schon senil und sehe Geister…oder bist du es wirklich, Kisame?“, hörte Itachi eine heisere Stimme sagen.

„Tut mir ja leid, aber so einfach werdet ihr mich nicht los“, erwiderte der Angesprochene belustigt. „Ich bekam unerwartet Hilfe, sodass ich dem Tod noch einmal entkommen bin.“

„Zum Glück. Wir haben nicht erwartet, dich wiederzusehen. Vergib uns, dass wir dich aufgegeben haben, aber du wirst verstehen, dass wir keine Wahl hatten.“

„Ich trage euch nichts nach. Das habe ich auch schon Konan gesagt. Es war tatsächlich Glück, dass mich jemand vor der Hinrichtung bewahrt hat. Ich hatte schon abgeschlossen.“

Bei den Worten bedeutete Konan ihm, dass er ebenfalls eintreten sollte, was er auch tat. Nur flüchtig schaute sich der Uchiha im Zimmer um, erfasste unweigerlich die große Karte, die an der Wand befestigt war und in der einige Nadeln steckten.

Itachi konnte nicht einschätzen, wie alt der Mann, welcher am Tisch saß und ihn aus seinen grauen Augen scharf musterte, sein mochte. Sein Gesicht wirkte ausgemergelt, die Wangen waren eingefallen und einzig die roten, halblangen Haare gaben ihm etwas Farbe. Der schwarze Haori, den er über seinem Yukata trug, verhüllte seinen Körper fast gänzlich, nur das knochige Brustbein stach hervor. Er wusste nicht ganz, was er von dem Mann halten sollte, aber angesichts seiner kränklichen Erscheinung hätte er ihn nicht für einen Anführer gehalten. Sein wacher Blick jedoch machte deutlich, dass man ihn besser nicht unterschätzte.

Konan setzte sich neben ihn, deutete ihnen mit einem Kopfnicken an, sich ebenfalls zu setzen und sowohl Kisame als auch Itachi kamen der stillen Forderung nach.

„Ich nehme an, du bist derjenige, dem wir Kisames Heimkehr zu verdanken haben?“, sprach ihn der Rothaarige an und ein Lächeln spannte sich über seine spröden Lippen.

„Ja. Mein Name ist Itachi.“

„Itachi also. Mich nennt man Pain. Ich bin der Anführer dieser Gruppe, die sich Akatsuki nennt. Konan unterstützt mich dabei als meine Partnerin.“

Ihm entging nicht, dass Konan ihn nicht eine Sekunde aus den Augen ließ, so als erwartete sie jede Sekunde einen Angriff auf den Rothaarigen. Vielleicht war auch genau das der Fall.

„Wir sind dir sehr dankbar, dass du einen unserer loyalsten und fähigsten Männer zu uns zurückgebracht hast. Wenn Kisame dich hergebracht hat, scheint er ein großes Vertrauen in dich zu setzen.“

Bei dieser Annahme glitt sein Blick zu besagtem Hünen, der ernst nickte.

„Ihr kennt mich. Beide. Ihr wisst, dass ich nicht leichtfertig jemanden herbringe. Hätte ich auch nur den geringsten Zweifel an ihm, wäre ich allein zurückgekehrt. Itachi genießt mein vollstes Vertrauen.“

Um seine Worte, die bei Itachi ohnehin schon eine angenehme Wärme auslösten, zu unterstreichen, legte der Hüne die Hand auf seine Schulter. Es war nicht so, dass es den Uchiha überraschte, aber es so direkt zu hören, ließ seine Gefühle für Kisame auflodern. Es erinnerte ihn daran, warum er mit ihm gegangen war. Warum er diesen Weg noch nicht wieder verlassen wollte.

„Ihr habt sicher eine ganze Menge erlebt, das euch verbindet“, murmelte Nagato, ehe er einen Seitenblick zu seiner Partnerin warf. „Und hätte Konan ernsthafte Bedenken, was dich betrifft, Itachi, dann hättest du niemals die Schwelle unseres Hauses überschritten.“

Konan, die bisher still geblieben war, fixierte ihn nun aus ihren ausdrucksstarken Augen, die ihn an einen Raubvogel erinnerten.

„In der Tat“, bestätigte sie. „Das Einzige, das ich bei dir wahrgenommen habe, ist Vorsicht. Du hältst dich zurück, orientierst dich an Kisame…da ist eine Verbundenheit zwischen euch, die seine Gründe haben wird, ebenso wie deine Zurückhaltung. Oder du bist einfach nur sehr höflich. Wie auch immer, da ich Kisames Urteil vertraue, denke ich, dass du keine Gefahr für uns darstellst. Sollte sich dies als Irrtum herausstellen, so glaube mir, dass ich dich persönlich von deinem Leben erlösen werde.“

Itachi wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Das soeben war sowohl Beurteilung, als auch Drohung – und die Erlaubnis, bleiben zu dürfen. Er wich ihrem Blick nicht aus, hielt dies für einen Fehler, sondern nickte als Zeichen, dass er verstanden hatte.

„Ich sehe das wie Konan“, pflichtete Pain ihr bei. „Wir schulden dir etwas, daher bieten wir dir an, bei uns zu bleiben. Durch Kisame weißt du sicher, womit wir unser Geld verdienen. Es sind unterschiedliche Aufträge, die wir annehmen – mal mehr, mal weniger lukrativ. Mal mehr, mal weniger moralisch, aber wir halten uns in der Regel in der Mitte. Wenn du es geschafft hast, Kisame aus einem Kerker zu holen, der sicher streng bewacht wurde, wirst du über nützliche Fähigkeiten verfügen – es würde mich daher freuen, heute Abend mehr darüber zu erfahren.“

Neben ihm grinste Kisame noch breiter, anscheinend freute er sich darüber, dass genau das eintraf, was er beabsichtigt hatte. Nun, es lief in der Tat sehr viel positiver ab, als Itachi befürchtet hatte. Niemals hätte Madara jemanden in ihrer Mitte willkommen geheißen. Kisame hatte ihm damals das Leben gerettet und Madaras Großzügigkeit bestand darin, ihn nicht zu töten. Vielleicht war es ein wenig unfair, das zu vergleichen, aber dennoch…er hatte das nicht erwartet.

„Das ist sehr großzügig von Euch“, erwiderte er daher höflich. „Ich nehme die Einladung sehr gern an und bleibe fürs Erste bei euch. Noch kann ich mich nicht endgültig entscheiden. Ich hoffe diesbezüglich auf Euer Verständnis.“

Zumal die Angst in ihm aufkam, dass Madara an diesem Ort erscheinen und das Haus samt ihrer Bewohner niederbrennen könnte, wenn er einfach hier blieb. Das konnte nicht gut ausgehen, aber den Gedanken behielt er natürlich für sich.

„Das verstehen wir“, antwortete Pain mit einem Lächeln. „Lerne uns erst einmal kennen. Du wirst merken, dass wir vielleicht etwas sonderbar sind, doch hier können wir uns aufeinander verlassen. Wir haben keine Familien mehr, sind zum Teil Ausgestoßene und Gejagte. Oder wie in meinem Fall nicht mehr körperlich unversehrt.“

Konan neben ihm legte eine Hand auf seine und drückte diese fest, schaute dabei aber Itachi an.

„Dafür bin ich an seiner Seite“, erwiderte sie knapp, woraufhin er sie mit einem warmen Blick bedachte.

„Und dafür bin ich dir sehr dankbar.“

Itachi fragte sich, was der Rothaarige damit meinte. So ausgemergelt, wie er aussah, war er wahrscheinlich krank. Jedoch hielt er es für taktlos, genauer nachzufragen. Was er jedoch merkte, war, dass die beiden sich sehr nahe standen.

„Nun, ihr könnt gern schon herunter zu den anderen gehen. Wir schließen uns euch in Kürze an“, wandte sich Pain erneut an sie beide, woraufhin sie sich erhoben.
 

Draußen grinste Kisame ihn gut gelaunt an.

„Siehst du? War doch halb so schlimm, oder?“

„…es lief besser, als erwartet“, gab Itachi ehrlich zurück. „Auch wenn du dich ein bisschen zu sehr darüber freust. Du kennst meine Meinung.“

„Und ich respektiere sie“, erwiderte der Hüne gelassen, ehe er den Arm um seine Schultern legte. „Dennoch freut es mich, dass wir diese Option überhaupt haben, also lass mir meine Freude, hm?“

Itachi ließ die Berührung zu, auch wenn es ihn innerlich ein wenig ärgerte, wie schnell ihn diese besänftigte. Wegen so etwas seine Prinzipien infrage zu stellen…Madara würde ihn verprügeln.

„Heute Abend feiern wir erstmal meine Rückkehr, essen und trinken – und du lernst unsere Truppe etwas besser kennen. Wobei…dann willst du vielleicht erst recht gehen…“

Itachi verstand den Scherz und er tat Kisame den Gefallen, darüber zu lächeln, was diesen merklich erfreute. Leicht machte es ihm der andere wirklich nicht…

Als sie heruntergingen, sahen sie Deidara und Hidan bereits auf der Veranda sitzen, wo sie anscheinend alles fürs Abendessen vorbereiteten. Der Blonde blickte auf, als er ihre Schritte hörte und verengte sogleich das sichtbare Auge, ehe er die geschälte Kartoffel in die Schüssel warf.

„Und?“, fragte er mit lauerndem Unterton, während Hidan eher aufgeregt wirkte.

„Er darf bleiben!“, verkündete Kisame grinsend, woraufhin sich Deidaras Miene verdüsterte.

„Ah ja. Einfach so. Ohne Abstimmung? Vielleicht haben ja einige etwas dagegen, hmm?“

„Ich hab nichts dagegen!“, krakeelte Hidan sofort los.

„Hidan…“

„Was denn? Sei nicht so, Deidara-chan! Er hat Kisame den Arsch gerettet, da kann er so verkehrt doch gar nicht sein!“

„Wer soll deiner Meinung was dagegen haben, Deidara?“, fragte Kisame und verschränkte die Arme. „Pain und Konan waren dafür, Hidan und ich ebenfalls – hey Suigetsu!“

„Ja, Sempai?“, rief der Angesprochene, der in einiger Entfernung vor der Feuerstelle kniete und Holz schichtete, zurück.

„Was dagegen, dass Itachi bleibt?“

„Nö, warum? Wird schon in Ordnung sein, wenn du ihn magst!“

Kisame lächelte Deidara breit an, entblößte seine Zähne.

„Damit sind es schon fünf von uns, die ganz gut damit leben können, Deidara.“

„Fehlen noch Zabuza, Haku, Kakuzu und Sasori no Danna“, gab der andere kühl zurück. „Wir sollten warten, bis sie zurück sind – und dann sehen, ob es wirklich für alle in Ordnung ist.“

„Bei dir gab’s damals auch keine Abstimmung und du hast geklaut wie‘ ne Elster. Also Schluss mit dem Mist“, knurrte Kisame gereizter.

Deidara schnaubte.

„Das ist eine nützliche Fähigkeit, die bloß für mich gesprochen hat, hmm!“

„Genau wie das Herumhuren…“, murmelte Hidan, woraufhin ihm Deidara eine Kartoffel gegen den Kopf warf.

„Au, verdammt!! Lass den Scheiß!!“

„Dann rede gefälligst nicht so über mich, hmm!“, blaffte Deidara zurück.

Itachi blickte von einem zum anderen, nicht wissend, ob er sich einmischen sollte oder nicht. Er schien für den Blonden ein rotes Tuch zu sein, so wie dieser sich aufregte. Was auch immer diesen so störte. War er einfach jedem Neuen gegenüber so misstrauisch?

„Wenn ihr abstimmen wollt…gut“, meinte er schließlich. „Ich möchte niemanden mit meiner Anwesenheit belästigen.“

Während Deidara daraufhin zufrieden lächelte, schien es Kisame die Laune zu verderben, so wie er ihn nun anfunkelte.

„Das ist doch Unsinn. Pain hat entschieden und gut ist.“

„Für den Neuen ist es kein Problem, Kisame. Befürchtest du, dass du überstimmt wirst, hmm?“, fragte Deidara und grinste diesen an.

Scheinbar hatte er damit den Nagel auf den Kopf getroffen, denn Kisames Miene wurde noch grimmiger. Wenn man bedachte, dass weder Zabuza, noch Haku ihn besonders gut leiden konnten, wunderte dies Itachi nicht. Allerdings hatte er auch keine Lust, an einem Ort zu verweilen, an dem ihm die Hälfte der Leute feindselig gesinnt war. Er wollte keinen Keil zwischen sie treiben, daher war die Abstimmung vielleicht keine schlechte Idee. Er würde sich fügen.

„Fein“, knirschte Kisame zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Stimmen wir ab, sobald wir vollständig versammelt sind.“

Itachi widerstand dem Drang, Kisames Hand zu streifen, nur schwer, doch er wollte das Feuer nicht noch mehr schüren. Es würde schon alles gutgehen. Warum er plötzlich diese innere Ruhe verspürte, wusste er selbst nicht…oder ob dies ein gutes Zeichen war. Es würde sich zeigen.
 

Die letzten Tage waren überraschend langweilig gewesen – auch wenn sie sich nicht sicher war, ob sie dafür dankbar sein sollte oder nicht. Wegen ihrer Verletzung musste sie ihr Bein schonen, weswegen sie die Hütte bloß für ihre Notdurft oder um sich zu waschen verlassen hatte. Nicht mal ein Buch hatte sie hier, um sich die Zeit zu vertreiben – Sasuke hatte ihre Bitte danach mit einem abfälligen Schnauben kommentiert und die Tür hinter sich zugeschlagen. Er suchte nach wie vor selten ihre Nähe, kam meistens, um ihr etwas zu essen zu bringen oder um sie zu kontrollieren. Nach wie vor gab er sich wortkarg, strafte sie mit Verachtung in seinem Blick – und sie hasste es. Vor allem weil sie sich nicht dagegen wehren konnte. Nun gut, verbal versuchte sie es zumindest, doch er schmetterte ihre Worte jedes Mal ab. Vielleicht war er ja wenigstens von ihrem Mut beeindruckt…

Sakura seufzte leise, während sie in den dunklen Nachthimmel sah, an dem die unzähligen Sterne leuchteten. Sie hatte sich nach draußen gesetzt und an die Wand der Hütte gelehnt, um so ein bisschen frische Luft zu schnappen. Es beruhigte ihr aufgewühltes Gemüt ein wenig, sodass sie sich ausnahmsweise entspannte.

Vermutlich sollte sie sich glücklich schätzen, dass es nur Sasuke war, der nach ihr sah. Dessen gruseliger Onkel machte ihr immer noch eine Heidenangst. Wenn sie doch nur irgendwie einen Draht zu ihm finden könnte…schließlich schien da eine Seite in ihm zu sein, die verletzlich war. Sie zeigte sich selten, doch sie war da. Vielleicht wäre es sogar gut, wenn sein älterer Bruder zurückkam, immerhin meinten die zwei ja, dieser sei zu weich. Möglicherweise war dieser ihre Chance auf Freiheit. Mehr als darauf hoffen, konnte sie nicht – oder darauf, dass Sasuke und sein Monster von Onkel den Kürzeren gegen die nächsten Eindringlinge zogen…

Sie zuckte zusammen, als sie viel zu nahe den Schrei eines Vogels vernahm und etwas durchs Geäst raste. Oh Gott, ihr Herz! Sie atmete durch, sah in die Dunkelheit des Waldes, aus dem sie ein Rascheln vernahm. Dann ein schreckliches Kreischen, das ihr durch Mark und Bein fuhr.

Sakura schluckte hart, während sie mit sich haderte, ob sie einfach still sitzen bleiben oder nachsehen sollte. Das bald darauffolgende Fiepen war jedoch so mitleiderregend, dass sie sich aufrichtete und in die Richtung humpelte, aus der das Geräusch kam. Lange musste sie zumindest nicht suchen, bis den zappelnden Vogel erblickte, der sich vergeblich vom Boden abzustoßen versuchte.

Ein Falke. Ein besonders schöner noch dazu, auch wenn die Federn der rechten Schwinge vom Blut rot gefärbt waren. Etwas musste das Tier angegriffen haben, doch sie würde erst mehr sagen können, wenn sie näher herankam, ohne dass es ihr den Schnabel in die Hände rammte.
 

„Scht…“, machte sie vorsichtig und kniete sich neben den Falken. „Du musst aufhören, dich zu bewegen, mein Kleiner.“

Der Vogel starrte sie aus seinen runden, bernsteinfarbenen Augen gehetzt an, zappelte und fiepte weiter. Natürlich. Warum sollte er schon auf sie hören, geschweige denn, dass er sie verstand.

„Ich will dir helfen, aber du musst mich lassen, hm?“, versuchte sie es dennoch erneut.

Vielleicht wurde sie durch ihre Gefangenschaft langsam verrückt. Was jedoch noch verrückter war, war die Tatsache, dass das Tier plötzlich ganz still wurde. Die hektischen Bewegungen erlahmten, während sich die Bernsteinaugen fest auf sie richteten. Es war beinahe gruselig, wie menschlich der Falke in diesem Moment auf sie wirkte.

Sie schluckte einmal, ehe sie ihren Mut zusammennahm und sich ihm näherte. Ganz sachte beugte sie sich etwas vor und fuhr mit dem Handrücken über seinen Kopf. Er ließ sie gewähren, blieb ganz ruhig, so als wüsste er, dass sie keine bösen Absichten hatte.

„So ist gut, mein Hübscher…“, lobte sie ihn sanft und wandte sich dem blutigen Flügel zu.

Vorsichtig zog sie die Schwinge etwas auseinander, erkannte recht schnell die Wunde, die das Tier wohl aus der Luft geholt hatte. Vielleicht stammte sie von einem Bolzen aus einer Armbrust oder Ähnlichem. Der Knochen schien nicht gebrochen zu sein, eher ein Streifschuss, doch es tat sicherlich sehr weh.

„Das versorgen wir lieber oder was meinst du?“, sprach sie mit dem Tier. „Du kannst sicher bald wieder fliegen, aber du solltest dich schonen.“

Der Falke gab ein leises Brummen von sich, als würde er sich seinem Schicksal ergeben. Faszinierend. Sie wusste, dass Vögel schlaue Tiere waren, aber dieses hier war noch mal eine ganz andere Nummer.

Sachte umfasste sie den Falken mit den Händen, sodass die Flügel eng am Körper anlagen. So würde er sich nicht mehr Schmerzen als nötig zufügen, dann drückte sie ihn an ihre Brust und erhob sich. Sie würde ihn mit in die Hütte nehmen und dort…

„Was denkst du, was du da tust?“

Die schneidende Stimme ließ sie zusammenzucken, woraufhin der Falke einen protestierenden Laut von sich gab. Sakura drehte sich um, erkannte Sasuke, der langsam auf sie zukam, die schwarzen Augen kalt wie Eis. Sie erkannte Blutflecken auf seiner Kleidung, was sie direkt einen Schritt zurückweichen ließ.

„Er ist verletzt“, erwiderte sie und drückte das Tier weiter an sich. „Ich werde ihm helfen.“

Sie klang selbstbewusster, als sie sich wirklich fühlte, doch fürchtete sie, dass Sasuke das Tier auf seine eigene Weise von seinem Schmerz erlösen würde. Mitgefühl schien diesem ja fremd zu sein.

„Ist das so“, meinte dieser nur und etwas in seinem Blick konnte sie nicht deuten.

Irgendwie wurde seine Mimik plötzlich etwas…milder? Gleichzeitig gab der Falke einen Schrei von sich, der weder panisch, noch warnend klang. Viel eher…freudig? Sie blinzelte irritiert, als Sasuke die Hand hob, um dem Vogel über den Kopf zu streichen. Es machte einen fast schon liebevollen Eindruck und auch der Falke gurrte wohlig, schloss sogar die Augen dabei.

„Uhm…“, entkam es ihr ratlos.

„Susanoo ist mein Partner. Du kümmerst dich besser gut um ihn, verstanden?“, meinte Sasuke, ohne sie dabei anzusehen.

Sakura musste sich erst einmal von dem Schrecken erholen, dass der Uchiha eine Gefühlsregung zeigte, die nicht voller Groll oder Arroganz strotzte.

„Hatte ich vor“, murmelte sie und vernahm sein knappes Nicken, ehe er zur Hütte ging.

Anscheinend würde er dabei bleiben wollen. Gut. Nur kein Druck. Innerlich seufzte sie, während sie zu dem Falken in ihren Armen heruntersah, welcher nun völlig entspannt wirkte. Hatte dieser solch ein großes Vertrauen in Sasuke? Und in…sie?
 

Als sie wenig später vorsichtig die Wunde reinigte und mit einer Salbe aus zerstoßenen Kräutern, die Sasuke ihr gebracht hatte, bestrich, fühlte sie sich etwas ruhiger. Kurz schweifte ihr Blick zu dem Uchiha, der damit beschäftigt war, das Blut aus seinem Gewand zu reiben.

„Bist du ebenfalls verletzt?“

Erst schien es, als hätte er die Frage nicht gehört, sah er sie doch nicht einmal an.

„Nein. Sie waren Schwächlinge. Susanoo hat einem von ihnen die Augen ausgekratzt – ein anderer hat ihn dann mit der Armbrust erwischt. Ich konnte es nicht rechtzeitig abwehren.“

Das hörte sich regelrecht schuldbewusst an. Mit seinem Vogel hatte er Mitleid, mit jeglichen anderen Lebewesen anscheinend nicht. Sasuke war ein seltsamer Junge. Oder was er auch war.

„Er bedeutet dir viel.“

Sie hatte keine Antwort darauf erwartet, doch scheinbar sammelte sie gerade ein paar Pluspunkte, dafür, dass sie seinem Partner half.

„Ja. Er war noch jung, als wir einander trafen. Damals konnte er noch nicht gut fliegen und jagen. Ich habe ihm dabei geholfen, bis er es allein konnte. Das hat er mir nie vergessen.“

Sakura griff nach den Verbänden, brachte diesen am verletzten Flügel an, während sie ihm zuhörte. Er musste ihm viel bedeuten, wenn er deswegen normal mit ihr sprach. Vielleicht sollte sie das nutzen. Warum genau Sasuke und sein Vogel hatten kämpfen müssen, wollte sie ohnehin lieber nicht wissen. Es gab wohl keine Überlebenden.

„Ich hielt dich nicht für einen Tierfreund.“

„…Tiere sind mir lieber als Menschen.“

„Und das zeigst du ja auch gelegentlich ganz dezent…“

„Sarkasmus. Ich frage mich nur, was du eigentlich erwartest“, erwiderte Sasuke und wandte sich ihr nun doch zu. „Soll ich dir ins Gesicht lächeln und vorgeben, dich zu mögen?“

Sakura blies kurz die Backen auf, während sie den Verband richtig anlegte – und dabei ihre aufkeimende Wut und Frustration herunterzuschlucken versuchte.

„Das hab ich gar nicht…arg! Vielleicht versuchst du einfach, mich nicht andauernd zu beleidigen und mir zu drohen. Nur für einen Tag. Versuch wenigstens, mich kennenzulernen, immerhin kümmere ich mich gerade um deinen Freund oder nicht?“

Sie streichelte diesem über den Kopf, als sie fertig war, woraufhin der Falke leise brummte, als würde er ihr zustimmen wollen. Niedlich war er ja schon.

Sasuke dagegen sah aus, als hätte er soeben auf eine Zitrone gebissen. Da zeigte ja jemand wieder ehrliche Begeisterung…

„Damit wir quitt sind.“

Sakura blinzelte, als er sich doch noch zu einer Antwort herabließ. War das etwa seine Zustimmung? Das kam unerwartet.

„Du behandelst mich nicht mehr wie Abschaum?“

„…fürs Erste.“

„Du drohst mir nicht mehr damit, mich umzubringen?“

„Das wäre ohnehin gegen Madaras Willen.“

„Wenn ich etwas wünsche, versuchst du, mir entgegenzukommen?“

„Nimm dir zu viel heraus und diese Vereinbarung ist hinfällig“, warnte Sasuke sie und verengte die Augen.

Sakura konnte nichts gegen das breite Lächeln auf ihren Lippen tun, denn irgendwie fühlte sich das wie ein kleiner Erfolg an. Der erste Erfolg seit…wie lange auch immer sie hier war. Mal sehen, was sich aus diesem kleinen Gefallen heraus ergab.

„Würde ich nie wagen.“

Sasukes skeptischer Blick machte deutlich, was er davon hielt...aber Abmachung war Abmachung. Vielleicht ließ er die Zügel irgendwann so locker, dass sie doch noch die Flucht schaffte.

Man musste schließlich positiv denken…



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