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Struggle

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieser Teil ist eine Songfic und basiert auf dem Song ,,Still Here" von Digital Daggers. Ich dachte, dieser Song würde Jeans Gefühle gut beschreiben. Komplett anzeigen

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Ghosts

Jean hatte ihn verloren. Er hatte Marco verloren. Seinen Engel. Sein Ein und Alles. Dabei war Marco noch so jung gewesen und hatte sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Er hatte es einfach nicht verdient.

 

Lieber wäre Jean jetzt an seiner Stelle. Oder noch besser: Er hätte einfach bei ihm bleiben und ihn beschützen sollen. Zusammen hätten sie die Titanen bestimmt besiegt.

 

Deshalb musste Jean einfach dem Aufklärungstrupp beitreten. Für Marco. Für sonst keinen. Er musste diese Biester aus der Welt schaffen. Nur für Marco. Und für sonst keinen. Aber niemand verstand ihn. Doch das war ihm auch egal, solange sie ihn unterstützten.

 

Der Aufklärungstrupp war voller komischer Käuze, aber das störte den Brünetten eher weniger. Er sah sofort, dass die Leute kompetent waren, also musste er ihnen vertrauen.

 

Nur gab es oft diese Tage... Diese Tage, an denen er Marcos Nähe immer noch ganz deutlich spürte. Manchmal, wenn er nicht genau hinsah, konnte er noch seine Umrisse neben sich im Bett sehen. Aber dann traf ihn immer wieder die Realität, dass seine Augen es ihm nur vorgaukelten. Sein Herz schmerzte, aber er konnte nichts dagegen tun.

 

Dennoch schaffte er es sein Leid vor den Anderen gut zu verbergen. Er wusste, dass sie ihn unterstützt, getröstet und aufgebaut hatten, aber das ging nur Marco und ihn etwas an.

 

Manchmal sah er ihn noch in seinen Träumen, wie er einfach lächelte, mit ihm sprach. Der Inhalt war dabei weniger wichtig als der Klang seiner Stimme. Aber Jean spürte, dass er ihm beistehen wollte, ihn tröstete, Sachen erklärte und beriet, als wäre er nie fort. In diesen Träumen war alles so wie früher.

 

Und sobald er aufwachte, war alles vorbei. Er war wieder allein in der kalten Dunkelheit. Angesichts der Realität verzog er das Gesicht und vergrub es in seinem Kissen, während er sich in die Bettlaken krallte. Schon längst hatten seine Tränen die Versuche aufgegeben den Schmerz zu lindern.

 

Doch das schlimmste Gefühl trat ein, wenn er seine Präsenz auch mitten am Tag neben sich spüren konnte und es einfach nicht mit sich ausmachen konnte, ob es jetzt Einbildung oder real war. Es trieb ihn immer wieder in den Wahnsinn.

 

,,Warum musst du mich nur so quälen!?" Er fiel auf die Knie, kniff die Augen zusammen und griff sich in sein kurzes Haar, welches Marco immer so gern mit seinen Fingern gekämmt und gestylt hatte. Er befand sich mitten auf dem Trainingsgelände, während des Unterrichts, aber das kümmerte in Momenten wie diesen nicht.

 

,,Kirstein, alles in Ordnung?", erkundigte sich sofort Mike Zacharias, der heute die Aufsicht hatte.

 

Ein kurzer Blick hinter sich bestätigte Jean, dass dort wie immer keiner war.

 

Er schaute zum Abteilungsleiter auf und antwortete ernst: ,,Ja, alles gut, Sir. Danke" Mike nickte ihm wortlos zu und zog wieder seine Runden.

 

Plötzlich setzte sich Eren, sein Trainingspartner, neben ihn auf den staubigen Boden und stützte sich mit einer Hand neben sich am Boden ab. Anstatt seinen Partner anzusehen war sein Kopf zur Seite geneigt und sein Blick starr auf den Grund vor sich gerichtet, die Augen deutlich schmaler als sonst.

 

,,Ist es wegen Marco?", fragte er einfach. Natürlich kannte er die Antwort längst, jeder kannte sie. Selbst Mike wusste mittlerweile, dass es dem Jungen nicht gut ging. Deshalb machte Jean sich auch nicht die Mühe zu antworten.

 

,,Ich verstehe, wie du dich fühlst", fuhr der Jäger-Junge fort und Jean sah ihn nur interessiert an, ,,Immerhin habe ich meine Mutter auch an diese Biester verloren. Es ist vor meinen Augen passiert..."

 

Eine Pause trat ein, in der Eren Jean die Zeit zum Reagieren gab, aber als nichts kam, erzählte er weiter: ,,Es fällt mir manchmal wirklich schwer mich abzulenken. Immer, wenn ich das Wort ,Titan' auch nur höre, schießen mir diese Bilder in den Kopf zusammen mit vielen anderen Erinnerungen an sie. Ich wünsche mir auch, dass sie jetzt noch an meiner Seite wäre. Ich bereue so viel... Aber jeder hier wird von seinen eigenen Dämonen verfolgt. Ich kann mir zum Beispiel auch gar nicht vorstellen, was für einen Abscheu Armin gegenüber der Regierung in sich tragen muss oder wie Mikasa damit leben kann, dass sie keinem über den Weg trauen kann, egal ob Freund oder Feind. Aber wir müssen alle weiter machen und dürfen niemals aufgeben, wenn wir uns jemals von diesem Druck befreien wollen." Er schenkte Jean ein unsicheres Lächeln, aber es erfüllte seinen Zweck.

 

,,Ich hätte nicht erwartet, dass du dich tatsächlich auch erwachsen verhalten kannst. Aber du scheinst doch gar nicht so blöd zu sein, wie ich früher mal dachte. Du hast recht. Danke dir" Jean erwiderte den Blickkontakt und das Lächeln. Er meinte das, was er sagte.

 

Eren lachte auf. ,,Marco würde sich bestimmt darüber freuen, was auch aus dir geworden ist. Nicht nur ich bin älter geworden" Jean wurde es plötzlich warm ums Herz. Er legte seine rechte Hand auf sein schlagendes Herz, schloss die Augen und nahm einen tiefen Atemzug. ,,Das tut er gerade auch. Ich kann es deutlich spüren"

 

Ab diesem Moment begriff er, dass es keine Einbildung war. Marco war immer da, wenn er ihn brauchte, um ihm Mut und Kraft zu geben, oder um ihm einfach nur Gesellschaft zu leisten. Auf die Weise war Jean nie allein und konnte auch mit dem Verlust deutlich besser umgehen, denn er hatte ihn ja nicht komplett verloren. Marco lebte weiterhin mit ihm, in ihm, solange er am Leben war und an ihn denken konnte.

 

Am klarsten war die Präsenz, wenn Jean zu den Klingen griff. Es war, als würde Marco ihn leiten und ihn vor Fehltritten bewahren. Jedes Mal spürte er den geisterhaften Griff an seinen Armen, die danach automatisch zu wissen schienen, was zu tun war.

 

Also nutzte Jean diese Momente und zeigte seine Teilnahme sowohl als auch seine Dankbarkeit, indem er zuerst den Schwertgriff küsste, wenn er die Klingen für den Kampf zog. Was für die Anderen schien wie eine einfache Angewohnheit um vielleicht seinen Mut zu sammeln, hatte für ihn und den Schwarzhaarigen eine ganz besondere Bedeutung; es hielt sie verbunden.

 

Manchmal fragte Jean sich, ob dieses Schicksal eine Strafe für irgendetwas aus seiner Vergangenheit sein sollte, oder gar aus einem vorherigen Leben, und diese Gedanken quälten ihn ständig. Es fühlte sich an, als wäre alles von Anfang an vergebens gewesen und hätte keinen Sinn. Doch Marco gab ihm einst ein Versprechen. Eins, an das er sich leider viel zu spät wieder erinnert hatte.

 

,,Irgendwann, da wird sich sowieso keine Sau mehr an uns erinnern. Hat es dann überhaupt irgendeinen Sinn?" ,,Die Zeit wird uns niemals ausradieren, da bin ich mir ganz sicher", hatte der Junge mit seinem schönsten Lächeln gesagt.

 

Erst, als Jean diese Situation in einem Traum im Halbschlaf nochmals durchlebt hatte, konnte er viele seiner trüben Bedenken abschütteln. Denn er war fest davon überzeugt, dass Marco immer recht hatte. Dass er selbst nach seinem Ableben noch über ihn wachte, schien mehr als Beweis genug. Solange Jean ihn in seinem Herz behielt, würde er in seiner Erinnerung weiterleben... Aber in wem würde Jean weiterleben? Wer würde dann auch Marco bei sich aufnehmen?

 

Seit Marco nicht mehr da war, fühlte er sich mit keinem anderen Kameraden mehr verbunden, nicht mal im geringsten, obgleich Armin sich wirklich Mühe gab ihn zu verstehen und ihm beizustehen. Und das schätzte Jean auch. Nur konnte er es nicht zeigen. Also konzentrierte er sich auf sein Training. Auch wenn es vorbei war, kehrte er immer wieder allein zum Platz zurück und konzentrierte sich darauf, besser zu werden. Doch diesmal nicht mehr um ein sicheres Leben hinter den Mauern zu führen, sondern die Welt möglichst schnell von den Titanen zu erlösen.

 

Eines Tages, wenn alles vorbei wäre, würde man sich an sie zurückerinnern. Zumindest hoffte Jean, dass er noch so lange durchhielt. Sobald er eine höhere Position kriegen würde, würde er alles versuchen um es zu beenden, selbst wenn es hieße, über Leichen zu gehen...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Sekunde... *Realisation* Fml war es bei Erwin etwa so ähnlich?

Mir ist vor allem aufgefallen, wie ich, nachdem ich die Szene zwischen Jean und Eren geschrieben habe, Eren und Mikasa viel besser verstehen konnte, obwohl sie mich sonst eher genervt haben, und Armin mehr Tiefe und Sinn gegeben habe. Vielleicht sollte ich öfter über Charaktere schreiben, mit denen ich auf den ersten Blick nicht empathisieren kann, um sie besser zu verstehen. Komplett anzeigen

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