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Scars from Past

von

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Chapter 8 - Perlen und Kugeln

Levi erwacht, wenn es draußen anfängt zu dämmern. Mehrmals muss er blinzeln, bis seine Sicht sich komplett klärt. Sein Blick fällt auf die sich öffnende Tür. Erwins sperrige Gestalt betritt den Raum mit einem Tablett in den Händen.

 

,,Bist du schon lange wach?", fragt er und lächelt, als gäbe es nichts Böses in der Welt. ,,Nein, ich bin jetzt erst aufgewacht", antwortet der Schwarzhaarige mit verschlafener Stimme. ,,Ich hoffe, du hast Hunger", sagt der Blonde und setzt sich auf die Bettkante.

 

Auf dem Tablett befinden sich die besten Speisen, die man beim Aufklärungstrupp kriegen kann. Auf einem Teller liegen dampfende Bratkartoffeln mit Basilikum und gegrilltes Schweinefleisch. Daneben steht noch eine Untertasse mit einem Stück Brot und paar Scheiben Wurst und Käse drauf. Daneben liegt noch ein kleines Stückchen Butter.

 

Aber Levi ergreift sofort die heiße Teetasse und beäugt das Tablett vor sich. Seine Augen glitzern, denn er hat noch nie so gutes Essen gesehen. Er könnte gar nicht sagen, wie so etwas zubereitet wird. Gabel und Messer liegen auch schon parat.

 

,,Erwin... Woher hast du das?", er schaut mit großen Augen zu ihm rauf. Doch Jener lacht nur auf und erklärt: ,,Mit meinem Rang hat man gewisse Vorzüge", und lächelt süffisant. ,,Ist das nicht irgendwie unfair?", fragt Levi, aber will sich nicht beschweren, da es ihm nach einer Kostprobe doch sehr gefällt. ,,Wie man's nimmt", antwortet der Blonde, ,,Ich habe es mir ja irgendwie verdient"

 

Er sieht den Kleineren an, der zufrieden seine Kartoffeln mampft. ,,Schmeckt's?", erkundigt er sich mit einem liebevollen Lächeln. Als Antwort erhält er nur ein Nicken, aber mit einem so strahlendem Grau, als würde man ein poliertes Schwert in die Mittagssonne halten. Erwin hat diesen Blick schon einmal gesehen. Er kann sich noch genau daran erinnern, als Levi die Badewanne in seinem neuen Zuhause entdeckt hat, da haben diese Stahlkugeln ihn schon nicht zum ersten Mal verzaubert.

 

Nein. Das erste Mal, dass er sich in ihnen verloren hat, war im Untergrund, als er ihn verfolgt hat. Doch waren diese ausdrucksvollen Augen in dem Moment eine eiserne, kalte Glut, die eigentlich abschrecken sollte, Erwin aber nur wie ein Magnet anzog.

 

Jetzt ist es nicht anders. Egal, ob kindlich strahlend oder mit einem Killerblick, er liebt diese Augen einfach und würde am liebsten den ganzen Tag darin tauchen. Nur hat er auch noch an andere Sachen zu denken.

 

Erwin überkommt es, als würde sein Leben davon abhängen, und er umarmt den Kleineren und küsst ihn auf die Stirn, dann legt er sein Kinn auf ihm ab. Dabei passt er auch darauf auf nichts umzuwerfen. Levi ist erst etwas perplex, aber lässt sich dann vom Duft des Blonden in seinen Bann ziehen und inhaliert diesen betörenden Geruch, der ihn sofort entspannt.

 

,,Du hast mir die ganze Zeit so gefehlt", flüstert Erwin und greift mit einer Hand in die weichen, schwarzen Strähnen. Daraufhin seufzt deren Träger und will etwas fragen, aber der Blonde kommt ihm noch zuvor: ,,Du warst immer so zum Greifen nah, aber ich konnte dich nie erreichen. Du warst immer wie ein Stern für mich... und jetzt bist du endlich zu mir auf den Boden gefallen."

 

,,Du hast mich immer erreicht, Erwin", entgegnet Levi etwas ernst, ,,Du hast mein Herz immer mit allem erreicht, das du tatst oder sprachst. Nur deshalb bin ich jetzt hier." Er sieht zu dem Anderen rauf, der mit glänzenden Augen zu Levi runter blickt. Sind das etwa Tränen? fragt er sich, aber im nächsten Moment schnellt eine von Erwins Händen hoch und wischt die kleinen Perlen aus den Augenwinkeln.

 

,,Weinst du etwa?", fragt Levi, der gar nicht versteht, was an seinen Worten jetzt so rührend gewesen sein soll. ,,Nein", entgegnet Erwin und lächelt wie die Sonne selbst, ,,Ich bin einfach nur so unglaublich glücklich, ich glaube, das war ich noch nie" Nun lächelt Levi auch. Irgendwie fühlt es sich komisch an, dass er bei diesem immer kalten Mann solche Emotionen hervorrufen kann. Aber irgendwie fühlt es sich auch richtig an, als müsste es so sein.

 

Erwin wirft seine Arme wieder um Levi und presst seine Wange an Levis, sodass dieser seinen heißen Atem spüren kann, der aber etwas lauter wird. Levi merkt es ganz klar, das leichte Zittern, dass dieser gigantische Körper nicht verbergen kann. Der Schwarzhaarige ist überrascht, aber die Situation ist mittlerweile nichts neues für ihn. Nur kann er jetzt nicht verstehen, woher der Gefühlswechsel kommt. Automatisch wandert eine Hand zu Erwins breitem Rücken und die andere zu dessen unmenschlich weichem, blonden Haar. Langsam streichelt er den Hünen und spielt mit seinen Strähnen, wodurch er die perfekte Arbeitsfrisur ruiniert.

 

  ,,Was ist los, Erwin? Was lässt dir keine Ruhe?", Levi kann sich denken, was die Antwort  ist. Immerhin spürt er das Gleiche, jeden Tag.

 

Erwin versucht eine Antwort zu bilden, aber das Einzige, was er ordentlich herausbringen kann, ist ,,Angst". Levis Lider werden schwerer, die Augen trüber bei diesem leisen, aber unglaublich starken Wort. Es kann einen Menschen wirklich zu allem bringen.

 

,,Wovor hast du denn Angst?", redet der junge Mann weiter auf ihn ein, damit er sich wenigstens die Last von der Seele spricht. Was Erwin niemals zulassen würde, wäre noch, dass Levi wenigstens einen Teil der Last auf sich nimmt. Nicht nur, weil es Erwin dann leichter hätte, sondern auch, weil es sie auf eine besondere Weise noch stärker aneinander binden würde, wenn sie alles gemeinsam durchstehen würden. Genau das ist jetzt Levis Ziel. Er will Erwin helfen, sowie Erwin ihm geholfen hat und auch in Zukunft immer helfen wird. Er ist sich sicher, dass sie zusammen sogar die Weltherrschaft an sich reißen könnten, wenn sie es sich nur in den Kopf setzten.

 

,,Dich zu verlieren", antwortet der Blonde und presst den Kleineren noch weiter an sich. Er weiß genau, dass er ihn nicht so leicht zerquetschen kann. ,,Levi, ich habe Angst dich zu verlieren" Das Zittern nimmt zu, bis es sogar Levi mitschüttelt. ,,Hab keine Angst, mein Großer. Mir passiert schon nichts. Ich habe mehr Angst um dich, weil du nie an dein eigenes Wohl denkst", sagt Levi mit dem Ziel ihn zu beruhigen.

 

,,Ich soll nie am mein Wohl denken?", spricht Erwin plötzlich mit schroffer Stimme. ,,Mein Egoismus ist doch das, was dich hier her gebracht hat! Ich habe dich hier in diese Hölle gezogen, gegen deinen Willen, nur weil, als ich dich das erste Mal gesehen habe, ich dich unbedingt haben wollte!" Levi blitzt sofort ein Bild vor seinem inneren Auge auf. Es ist der Moment, als er im Untergrund von dem Aufklärungstrupp gejagt worden ist und Erwin über ihm vorbei flog. An diesen Moment erinnert er sich wie in Zeitlupe, wenn der Blonde sein Gesicht zu ihm dreht und zum ersten Mal seine kristallblauen Augen auf ihn richtet. Diese Freude, dieses wahnsinnige Verlangen in diesen Augen, so besitzergreifend, er hat sich in dem Augenblick sogar davor erschreckt.

 

Aber Levi hat jetzt keine Angst mehr vor Erwin und wird es hoffentlich auch nie wieder haben - nur um ihn, selbstverständlich.

 

,,Nur weil ich damals nur an mich gedacht habe, musstest du bis jetzt diese ganze Scheiße erleben. Und weißt du was? Diese Scheiße wird nicht aufhören. Sie wird nicht aufhören, verstehst du?" Er klingt schuldig und verzweifelt, die Reue liegt schwer in seiner Stimme, und der Fakt, dass er sich mittlerweile richtig an diesen kleinen Körper gekrallt hat, macht es nicht besser.

 

,,Erwin", beginnt Levi mit ruhiger Stimme, ,,Gib dir nicht die Schuld dafür. Das Schicksal wollte es so. Ich bin hier, weil ich hier sein muss", er schmunzelt, ,,Außerdem hat mir ein großer Mann mal gesagt, dass man seine Entscheidungen nicht bereuen darf, denn man weiß vorher nie, was passiert" ,,Leider ist dieser Mann nur wortwörtlich groß, weiter nicht...", meint derjenige, um den es geht. ,,Nein!", sagt Levi mit langsam wachsender Wut und drückt den warmen Koloss endlich von sich weg und starrt ihm durchdringend in die Augen, ,,Ich kenne dich zwar noch nicht lange, aber du bist definitiv der größte Mann, der mir je begegnet ist. Du hast ein großes Herz und einen genialen Verstand. Wenn du es nicht schaffst die Menschheit an den Sieg zu führen, dann wird es kein Anderer schaffen" Sein Blick ist fest entschlossen. Es schmerzt Erwin sogar zu sehen, wie sehr er von ihm überzeugt ist.

 

,,Levi, bitte, du verstehst es nicht", er klingt einfach bemitleidenswert in Levis Ohren - er hasst es,  ,,ich will doch nur, dass alle ein schönes Leben führen. Aber ich schaffe es einfach nicht. Und ich habe noch mehr Angst davor, dass ich es nicht schaffen werde. Und was ist, wenn es nie jemand schaffen wird!?"

 

Ein lautes Klatschen. Erst Momente später beginnt das Feuer auf Erwins linker Wange an zu blühen. Erst prickelt es, dann glüht und lodert es, bis er endlich realisiert, was passiert ist. Levi hat ihn geschlagen. Und er hat ihn nicht einfach nur geschlagen, er hat ihn richtig feste geschlagen.

 

Er dreht sein Gesicht wieder zu Levi - wann es überhaupt zur Seite geflogen ist, weiß er gar nicht - und trifft Levis erzürnten Blick. Am liebsten wäre er im Erboden versunken. Das muss wohl der Blick sein, den jeder kassiert, der es wagt einen Witz über Levi zu machen oder etwas dreckig macht. Es lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren. Eigentlich hilft es seinen Schuldgefühlen nicht wirklich, aber das Zeichen ist klar und deutlich: Erwin muss sich zusammenreißen.

 

,,Zieh doch endlich den Kopf aus dem Arsch, Erwin Smith!" Angesprochener schluckt schwer, sodass sein großer Adamsapfel beachtlich hin und her springt. Aber Levi blendet diesen Anblick aus, auch wenn er an seinem Verstand nagt. Jetzt gibt es Wichtigeres zu tun. Immerhin muss er einen erwachsenen Mann erziehen! Okay, hätte ihm das irgendwer auch nur drei Monate früher erzählt, hätte er denjenigen trocken ausgelacht. Und jetzt... ist er immer noch fassungslos.

 

,,Levi, es tut mir-", jetzt wurde er von einer eisernen Rückhand auf der rechten Gesichtshälfte unterbrochen. Diesmal nicht so stark, aber warnend. ,,Du hast nichts, wofür du dich entschuldigen musst!", sagt Levi herrisch, aber das ist genau das, was der Abteilungsleiter braucht: Eine feste Hand, die ihn in allen Situationen am Boden hält; und das kann Levi gut.

 

Der Blonde will gerade wieder den Mund aufmachen - diesmal um sich zu bedanken - da presst sein Gegenüber einen Finger auf Erwins Lippen. ,,Sag jetzt lieber nichts, bevor du dir wieder eine Backpfeife einhandelst", sagt Levi mit einer sanften Stimme und beendet somit das Gespräch. Er sieht an Erwins Reaktion, welche ein entzücktes und dankbares Lächeln ist, dass er es jetzt endlich verstanden hat und sich die Worte seines Freundes zu Herzen nehmen wird; so wie dieser es mit seinen getan hat.

 

Das beabsichtigte Schweigen wird durch ein Klopfen an der Bürotür unterbrochen. Erwin steht sofort auf und sagt: ,,Bin bald wieder da" Er zwinkert noch und will gehen, aber Levi hält ihn nochmal auf: ,,Warte!", dann streicht er Erwins Haare wieder glatt und dieser haucht ihm ein ,,Danke", ehe er in den Nebenraum verschwindet und die Tür hinter sich schließt.

 

An Erwins eher heiterer Begrüßung erkennt Levi, dass es Mike ist, der nun das Büro betritt. Doch bevor sein Essen völlig kalt wird, entscheidet sich der Schwarzhaarige es noch schnell aufzuessen. Selbstverständlich hat er vor die beiden Kolosse dabei zu belauschen; er ist ja nicht blond.

 

Aber wie erwartet ist es nichts wirklich spannendes: Erwin erklärt Mike nur, dass er ihn zum Abteilungsleiter befördern wird, um seinen Platz einzunehmen. Jeder, der länger als ein paar Wochen im Korps ist, kann sich denken, dass Mike erwählt wird. Er ist einer der Wenigen, der überhaupt in Frage käme, plus er ist seit Langem Erwins bester Freund und rechte Hand, also würde sich das wohl weiterhin nicht ändern.

 

Da der Plausch noch lange kein Ende nehmen wird, sammelt Levi seine ganzen Sachen ein, die dank Erwin im ganzen Zimmer verstreut sind, zieht sich an und verlässt das Zimmer durch die einzige Tür. ,,Abend, Köter. Bis später, Erwin", sagt er steril und geht jetzt auch durch die letzte Tür, denn er will nur noch dringend eine Dusche.

 

Wenn die Tür hinter ihm zu fällt, dreht sich Mike mit einem wissenden Lächeln wieder zu Erwin und lässt die Atmosphäre auf diesen einwirken. ,,Was starrst du mich jetzt so an?", fragt Erwin leicht gereizt, weil er schüchtern ist, und wendet seinen Blick von den grüngrauen Augen ab. ,,Ich habe dir ja sehr gefehlt", meint der Größere nur, der sich mit verschränkten Armen einfach amüsiert. ,,Ach, halt den Rand, Mike." Der Spürhund kann nur langsam den Kopf schütteln und ein Lachen durch die Nase schnauben bei Erwins rosigen Wangen...



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