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Wer bin ich?

von

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Kapitel 14

 

Was war das nur für ein Wetter. Seufzend huschte sie die nassen Straßen entlang und beeilte sich. Sie war schon ziemlich spät dran.

Abgehetzt kam sie kurze Zeit später im Büro bei Kenta an. Außer Atem trat sie hinein und sah, dass er noch an seinem Schreibtisch saß. Leise schlich sie zu ihm herüber. Sie wollte ihn überraschen. Er war so in seine Arbeit vertieft, dass er sie gar nicht bemerkte. Direkt hinter ihm stehend, nahm sie ihre Arme hoch und legte sie mit einem Schwung über seine Augen.

„Klopf, klopf.“ Kichernd beugte sie ihren Kopf zu ihm herunter.

 

Kenta erkannte gleich, wer es war. Ihre weichen Hände und der süßliche Duft von Vanille waren unverkennbar. „Usagi.“ Freudig drehte er sich zu ihr herum.

„Ich bin sofort fertig und dann kann es losgehen. Könntest du mir kurz einen Gefallen tun? Dann können wir schneller los.“

„Natürlich. Was soll ich denn machen?“

Er kramte auf seinem Tisch herum und fischte einen kleinen Briefumschlag unter einem Stapel hervor. „Könntest du mir den kurz zum Briefkasten bringen? Der ist hier gleich um die Ecke. Ich würde dann schnell meine Sachen einpacken und das Auto holen.“

Nickend schnappte sie sich den Brief und ging Richtung Tür.

„Dann sehen wir uns gleich draußen.“

 

Langsam ging sie die Stufen des Treppenhauses hinunter und schaute dabei aus den Fenstern. Es hatte kurz aufgehört zu regnen, aber nun prasselte es wieder ohne Ende auf die Straße.

Vor der Tür spannte sie ihren Schirm und wollte schon loslaufen, als sie bemerkte, dass ihr Kenta gar nicht gesagt hatte, ob sie rechts- oder linksherum musste.

Schnell entschied sie sich für links und ging ein paar Minuten die Straße entlang. Weit und breit aber kein Briefkasten in Sicht. Soweit weg war er bestimmt nicht, wenn er um die Ecke sein sollte. Ein Stück weiter führte die Straße zu einer kleinen Kreuzung und so sie beschloss sie, es dort einfach noch mal zu versuchen. Flink bog sie hinein, doch nach ein paar Metern kehrte sie wieder um. Hier war nirgends ein Briefkasten zusehen.

Stöhnend schaute sie auf ihre Uhr. Sie war mittlerweile schon zehn Minuten unterwegs. Der Weg war definitiv falsch. Schnell ging sie zurück.

Stirnrunzelnd blickte sie auf den Brief herunter. Trotz des Regenschirms war er schon etwas nass geworfen. In ihrer Tasche war er wohl besser aufgehoben. Mit einer Hand öffnete sie ihre Tasche und wollte gerade den Brief hineinpacken, als plötzlich jemand mit voller Wucht, ohne Vorwarnung, in sie hineinlief. Sie konnte gar nichts machen und fiel durch den Aufprall zu Boden. Na toll. Auch das noch, schimpfte sie innerlich. Ihre Tasche landete so ungünstig auf dem Boden, dass ihr Inhalt hinausfiel.

„Toll … meine Sachen … alles nass … “, murmelte sie leise vor sich hin und begann alles wieder einzusammeln.

Den Verursacher beachtete sie dabei nicht. Sie musste sich beeilen, damit ihre Papiere nicht komplett durchweichten. Um selbst nicht nass zu werden, hielt sie ihren Schirm vor ihr Gesicht. Sie konnte daher nicht sehen, wer sie da so anrempelte. Nach der Stimme zur urteilen, war es aber wohl ein Mann. Schon wieder sagte er irgendetwas zu ihr, doch sie hörte nicht zu. Es war ihr auch egal. Sie wollte einfach nur schnell ihren Kram wieder einpacken und dann weiter.

Um an einen etwas weiter wegliegenden Zettel heranzukommen, streckte sie ihre Hand weiter vor. Sie wollte ihn gerade aufheben, als sie auf ein Mal Finger auf ihrem Handrücken spürte. Ganz leicht berührten die Fingerspitzen ihre Haut. Es war nur ganz kurz, nicht ein Mal einen Atemzug lang und doch, in diesem Moment, traf es sie wie ein elektrischer Schlag. Es kribbelte durch ihren ganzen Körper. Wärme breitete sich in ihrem Herzen aus und es begann mit einem Mal, wie wild in ihrer Brust zuschlagen. Was war das? Ihre Atemzüge wurden immer hastiger und sie hatte das Gefühl, ihr Herz würde ihr aus ihrer Brust springen. Alles begann sich zu drehen. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Wie versteinert saß sie da. Die Zeit schien für einen kleinen Moment still zustehen. Was hatte das nur zu bedeuten? Sie konnte es sich nicht erklären. Sie hatte nicht ein Mal sein Gesicht gesehen, und trotzdem wollte sie aus irgendeinem Grund seine Nähe spüren. Dass er sie in den Armen hielt. Dass er sie küsste. Ihr gesamter Körper verlangte danach. Sie musste ihn sehen. Langsam, kaum merkbar, senkte sie gerade ihre Hand, als plötzlich eine Stimme hinter ihr, sie zusammenzucken ließ. Abrupt holte die Stimme sie ins Hier und Jetzt zurück.

„Hier bist du also. Komm schnell ins Auto. Bevor dein Husten noch schlimmer wird.“

Kenta, schoss es ihr in den Kopf. Panisch sammelte sie die restlichen Papiere ein, stopfte sie in ihre Tasche und stand auf. Sofort lief sie in seine Arme.

„Was machst du denn da unten auf dem Boden?“

„Meine Tasche ist ausgekippt.“

Kopfschüttelnd begann Kenta zu grinsen und deutete auf sein Auto. „Kleiner Tollpatsch. Na los steig ein.“

Flink ließ sie sich auf den Sitz fallen und bemerkte nur im Augenwinkel, wie Kenta ebenfalls eingestiegen war und den Wagen startete. Irgendetwas schien er auch zu ihr zu sagen, doch sie konnte ihm nicht zu hören. Völlig in ihren Gedanken versunken, starrte sie auf ihre Hand. Sie verstand einfach nicht, was dort eben passiert war. Ihr war immer noch ganz warm ums Herz und nur langsam beruhigte sie sich wieder.

 

Kenta bemerkte sofort, dass sie irgendwie abwesend war. „Ist mit dir alles in Ordnung? Du bist so rot um die Wangen, geht es dir gut?“

„Hm … Hast du was gesagt?“ Stutzig runzelte er seine Stirn. Langsam wunderte er sich wirklich, was mit ihr los war. „Usagi. Geht es dir nicht gut?“

„Oh e-entschuldige. I-ich habe keinen Briefkasten gefunden“, stotterte sie und zog einen Brief aus ihrer Tasche heraus.

Das reichte ihm. Irgendetwas stimmte hier doch nicht. Sofort fuhr an den Straßenrand und hielt an.

 

Verwundert sah sie aus dem Fenster. Warum hielt Kenta hier an?

„Was ist los? Du bist gar nicht bei dir.“ Erschrocken blickte sie kurz zu ihm, nur um danach krampfhaft auf ihre Füße zu starren. Damit er nicht sah, wie sie zitterte, vergrub sie ihre Hände tief in den Jackentaschen. Was machte sie denn jetzt? Sie konnte ihm doch nicht sagen, was los war. Sie verstand es ja selber nicht und sie würde ihm bestimmt nicht erzählen, dass sie sich kurz, bevor er kam, gewünscht hatte, von einem Unbekannten geküsst zu werden. Wo sie ihn noch nicht ein Mal küsste. Nein, das würde sie ihrem Verlobten mit Sicherheit nicht sagen.

Sie merkte, wie sie erneut husten musste, und da kam ihr eine Idee.

„Du Kenta, ich glaube, mir geht es nicht so gut. Der Regen war wohl nicht so gut für meinen Husten. Können wir vielleicht nach Hause fahren?“ Sie hatte jetzt einfach keinen Kopf mehr, um durch die Läden zu bummeln. Viel zu sehr beschäftigte sie der Fremde.

Ganz gelogen war es auch nicht. Sie hatte seit Tagen Husten und fühlte sich seit heute Morgen schon nicht so richtig wohl und kraftlos.

 

Kenta glaubte ihr zwar nicht, dass dies wirklich der Grund war, ließ es jedoch erst mal auf sich beruhen. „Natürlich“, antwortete er ihr nur knapp, startete den Motor und drehte um. Die Fahrt über ließ er sie in Ruhe. Vielleicht war sie auch wirklich nur krank.

 

Sie waren schon fast zu Hause angekommen, als sie erneut ihre Hand betrachtete und danach unbemerkt zu Kenta blickte. So ein Gefühl wie eben hatte sie bei ihm noch nie verspürt. Hatte sie es früher mal?

Bevor sie allerdings weiter darüber nachgrübeln konnte, bemerkte sie, dass sie schon unten in der Tiefgarage standen und Kenta das Auto geparkt hatte.

 

„Komm, du legst dich gleich ins Bett und ich mach dir eine Suppe.“

Nickend stieg sie aus. Er würde es zwar nie zugeben, aber er machte sich wirklich Sorgen um sie. So verwirrt hatte er sie die ganze Zeit, die sie jetzt bei ihm war, nicht gesehen.

In der Wohnung angekommen, legte sie sich, ohne groß etwas zu sagen, sofort ins Bett.

 

Eingerollt in ihrer Decke sah sie zum Fenster. Draußen regnete es immer noch. Seufzend wandte sie sich vom Fenster ab und sah zur Decke hinauf. Wieder schwirrte ihr der unbekannte Mann im Kopf herum. Hätte sie ihn doch nur ein Mal sehen können.

In der Küche hörte man Kenta mit Geschirr klappern. Immer wieder kam er zwischendurch zu ihr ins Zimmer und fragte sie, ob sie etwas bräuchte. Ein schlechtes Gewissen überkam sie. Kenta kümmerte sich so rührend um sie, und was machte sie? Sie dachte nur an diesen geheimnisvollen Mann von der Straße.

Schwungvoll warf sie die Bettdecke beiseite. Vielleicht konnte sie ihm etwas in der Küche helfen. Sie musste den Fremden einfach vergessen. Wie bescheuert war das überhaupt. Sie hatte ihn doch nicht mal gesehen.

Behutsam rutschte sie mit ihren Beinen über die Bettkante und stand auf. Langsam ging sie ein paar Schritte in Richtung der Tür, als sich plötzlich alles um sie herum drehte und dunkler wurde. Was war denn jetzt los? Sie konnte nur noch Kentas Namen rufen, bevor alles komplett schwarz vor ihren Augen wurde und sie merkte, wie sie nach hinten kippte.

 

„Ja? Möchtest du … Usagi!“

Erschrocken rannte er zu ihr und zog ihren Oberkörper auf seinen Schoß.

Blinzelnd sah sie zu ihm herauf. „W-was … was ist passiert?“

Sanft strich er ihr über die Stirn und zuckte augenblicklich zusammen.

„Du glühst ja! Warum sagst du denn nichts?“

Sofort nahm er sie in den Arm, hob sie hoch und trug sie herüber zum Bett. Behutsam legte er sie hinein. Sie schien hohes Fieber zu haben. Hastig rannte er in die Küche, holte ein kühles Tuch und legte es ihr auf ihre Stirn.

„Am besten du schläfst jetzt und ich rufe Doktor Yamamoto an.“

 

„Okay“, flüsterte sie nur noch. Ihr war so warm und gleichzeitig eiskalt, dass sie die Decke enger um sich wickelte. Schlafen war gar keine schlechte Idee. Keine Sekunde später fielen ihr auch schon die Augen zu.

 

Seit langer Zeit träumte sie wieder von dem Palast auf dem Mond.

Sie stand mitten in einem riesigen Saal. Er war festlich geschmückt und schöne Klaviermusik ertönte durch den gesamten Raum. Überall tanzten Leute um sie herum. Als sie sich die Menschen genauer ansah, bemerkte sie, dass fast jeder eine Maske trug. Ein Maskenball. Freudig hüpfte sie auf ihren Zehenspitzen auf und ab. Sie konnte nicht anders und begann auch zu tanzen.

Ohne ihr zutun, drehte sie sich aus dem Saal heraus, und tanzte weiter durch die großen Flure. Sie war glücklich und hatte das Gefühl zu schweben. Immer weiter drehte sie sich durch die Flure, bis ihre Füße sie ganz automatisch auf einen riesigen Balkon hinaustrugen.

Oh wie schön“, flüsterte sie leise und legte ihre Hände auf ihre Brust. Mit großen Augen betrachtete sie den riesigen blauen Planeten am Firmament. Das musste die Erde sein.

Ein weiteres Mal drehte sie sich summend im Kreis und wollte wieder hinein, als sie nicht weit von sich, schemenhaft eine männliche Gestalt vernahm. Es war fast nur ein Schatten. Sie konnte nicht erkennen, wer er war, aber ihr wurde plötzlich ganz warm ums Herz. Es klopfte auf ein Mal viel zu schnell in ihrer Brust. Ein Kribbeln zog durch ihren gesamten Körper. Irgendwie kam ihr das alles so seltsam vertraut vor. Nur woher? Sie spürte plötzlich eine Sehnsucht in sich, die sie fast zu erdrücken drohte. Sie musste unbedingt zu ihm gelangen. Mit zitternden Beinen ging sie Schritt für Schritt auf ihn zu. Doch, je näher sie dem Schatten kam, umso weiter entfernte er sich von ihr.

Warte … bitte warte doch.“

Der Schatten jedoch schien sich immer weiter von ihr zu entfernen.

Traurig blieb sie stehen. Sie schaffte es einfach nicht zu ihm zu gelangen. Allmählich stiegen ihr die Tränen in die Augen. Sie wollte doch zu ihm. Schluchzend kullerte ihr eine einzelne Träne über ihre Wange. Auf dem Weg zum Boden fing sie plötzlich an zu leuchten.

Ich wollte doch zu dir“, flüsterte sie ganz leise.

Der Schatten blieb stehen und schien sich ihr sogar wieder zu nähern. Mit jedem Schritt auf sie zu, bekam er immer deutlichere Formen und mittlerweile konnte sie sogar einen Mann im Smoking erkennen. Eine Maske verdeckte allerdings sein Gesicht. Lächelnd streckte er seine Hand nach ihr aus. Doch sie traute sich erst nicht nach ihr zu greifen. Nicht, dass er wieder verschwand. Ohne ein Wort zu sagen, stand er einfach vor ihr und hielt ihr immer noch seine Hand entgegen.

Wild pochend schlug ihr Herz in ihrer Brust und sie konnte nicht mehr anders. Auch auf die Gefahr hin, dass er wieder verschwand, machte sie einen Schritt auf ihn zu. Er blieb stehen. Lächelnd überwand sie die wenigen Meter, die sie voneinander trennten, und legte zaghaft ihre Hand in seine. Augenblicklich durchströmte wieder so eine angenehme Wärme ihren Körper. Alles war in diesem Moment einfach perfekt. So, als hätte etwas zusammengefunden, was vom Schicksal vorherbestimmt war. Sie konnte es sich selbst nicht erklären.

Lächelnd beugte er sich ganz langsam zu ihrem Gesicht herunter. Wollte er sie etwa küssen? Ihr Herz hatte einen kleinen Aussetzer, nur um danach um so schneller zu schlagen. Schüchtern schloss sie ihre Augen und wartete, dass seine Lippen ihre berühren würden.

Doch es passierte nichts. Stattdessen war er ganz nah an sie herangetreten und sie spürte ganz sanft seinen Atem an ihrem Ohr.

Du musst dich erinnern …“, hauchte er ihr zu.

Woran … woran muss ich mich erinnern? Bitte sag es mir doch“, flüsterte sie zurück und traute sich nicht ihre Augen zu öffnen.

Mit einem Mal spürte sie seinen Mund, der ihr sanft einen Kuss auf die Wange gab. Keine Sekunde später zog er sie in eine Umarmung und drückte sie fest an sich. „Erinnere dich … Serenity …“

Blitzartig öffnete sie wieder ihre Lider. Mit großen Augen blickte sie um sich. Aber der Mann war verschwunden. Stutzig legte sie ihre Hand auf ihre Wange.

Serenity?“

 

 

Usagi war schweißgebadet. Immer wieder wechselte Kenta das Tuch auf ihrer Stirn. Davon bekam sie allerdings nichts mit. Sie schlief tief und fest. Ungeduldig wartete er auf den Doktor.

Eine halbe Stunde später traf der dann auch endlich ein. Schnell führte er ihn ins Schlafzimmer.

„Ich glaube, sie hat hohes Fieber und-“

Der Arzt legte seine Hand auf seine Schulter. „Keine Angst, ich kümmere mich darum.“

Sofort hockte er sich neben das Bett, fühlte ihren Puls, öffnete seinen Arztkoffer und wühlte darin herum. „Ah, da ist es ja“, murmelte er.

Er nahm sein Stethoskop heraus und horchte ihren Brustkorb ab. Danach kramte er ein Fieberthermometer aus seinem Koffer und legte es unter ihre Zunge. Kurz wartete er, sah dann auf das kleine Display und wurde schlagartig hektisch.

„Was ist den los?“ Nervös sah er dem Arzt über die Schulter. Doch Doktor Yamamoto antwortete ihm nicht und suchte stattdessen nach irgendetwas.

Abwechselnd sah er zu ihm und zu Usagi und versuchte ein weiteres Mal zu fragen, warum dieser so hektisch wurde.

„Sie hat sehr hohes Fieber. Ich werde ihr etwas Fiebersenkendes spritzen und hoffen, dass es schnell sinkt. Sonst …“

Schwer atmend setzte er sich neben Usagi auf die Bettkante und nahm ihre Hand. „Was sonst?“, brummte er. Es nervte ihn, dass er dem Arzt alles aus der Nase ziehen musste.

„Sonst könnte es gefährlich werden, wenn die Temperatur nur ein wenig weiter steigt … Warum haben Sie mich denn nicht schon früher geholt?“

Sanft strich er Usagi über die Wange und zuckte dann mit seinen Schultern. „Sie hat seit einiger Zeit über Husten geklagt, sonst ging es ihr aber gut.“

Doktor Yamamoto kramte weiter in seiner Tasche und nuschelte irgendetwas vor sich hin.

„Lieber wäre es mir, wenn wir sie in ein Krankenhaus bringen würden.“

Abrupt sprang er auf und sah den Arzt finster an.

„Sie wissen genau, dass das nicht geht. Sie wollen doch bestimmt nicht, dass ich meine Schwester hole“, knurrte er ihn an.

„Nein schon gut. Ich meinte ja nur … Sie hat wirklich sehr sehr hohes Fieber und ...“

„Sie bleibt hier und ich will nichts mehr von einem Krankenhaus hören“, unterbrach er ihn barsch.

Stumm nickte Doktor Yamamoto. Aufgebracht stürmte Kenta zur Tür hinaus und knallte sie hinter sich zu. Er durfte dem Arzt nicht zeigen, dass er sich Sorgen um sie machte. Er würde es sonst noch seiner Schwester erzählen.

Sie hatte Doktor Yamamoto damals ausgesucht, um Usagi untersuchen zu lassen. Sie hatte ihn mit ihrem Amulett gefügig gemacht, dass er keine Fragen stellte. Yamamoto hatte Angst vor seiner Schwester und machte alles, was sie sagte.

Usagi durfte auf keinen Fall ins Krankenhaus. Wenn jemand mitbekam, dass sie noch lebte, könnten die anderen Sailor Kriegerinnen nachher darauf aufmerksam werden. Sie waren zwar weit von Tokio entfernt und Mamiko hatte die Erinnerungen der Angestellten des Krankenhauses so manipuliert, dass Usagi gestorben war, aber man konnte nicht vorsichtig genug sein.

Schnaufend stampfte er ins Wohnzimmer herüber. Schwungvoll ließ er sich auf einen Stuhl am Esstisch fallen und legte seinen Kopf in seine Hände.

„Ach verdammt!“ Ruckartig sprang er wieder auf und lief zurück ins Schlafzimmer. Doktor Yamamoto saß noch immer neben dem Bett und beobachtete Usagi.

„Und was hat die jetzt?“, fragte er genervt. Er achtete gut darauf, wie er es sagte, damit Yamamoto nichts ahnte. Er hatte sich vorhin schon nicht ganz im Griff gehabt, als er Usagi untersucht hatte, und hoffte jetzt, dass es Yamamoto in der Hektik nicht mitbekommen hatte.

„Ich kann nur Vermutungen anstellen … Ich habe hier, einfach nicht die nötigen Geräte … Ich vermute, dass sie eine Pneumonie hat.“

„Eine was?“

„Ich kann wirklich nur Vermutungen anstellen, aber ich gehe … Vom dem, was ich … Was ich hier mit meinen beschränkten Mitteln, nur schwer diagnostizieren kann … Ich glaube, sie hat eine Lungenentzündung.“

Genervt verdrehte er seine Augen. Mussten Ärzte immer so um den heißen Brei herumreden?

„Ich habe ihr etwas Fiebersenkendes und vorsorglich Antibiotika gespritzt … sofern es bakteriell sein sollte, … hoffe ich auch, dass es das Richtige ist und anschlagen wird. Ich kann hier leider keine Erreger bestimmen … Wie gesagt, sie müsste besser in eine Arztpraxis oder in ein Kranken-“

„Ich sage es ein letztes Mal, keine Arztpraxen oder Krankenhäuser!“

„Dann müssen wir jetzt abwarten und sehen, ob es hilft“, sprach der Arzt mehr zu sich selbst, als zu ihm.

Kenta wollte ihn, so schnell es ging, los werden. Er nervte ihn. Außerdem machte er sich große Sorgen um Usagi. „Wenn sie dann heute nichts weiter machen können, abwarten kann ich auch alleine.“

Wortlos packte Yamamoto seinen Koffer zusammen, verließ das Schlafzimmer und steuerte, gefolgt von Kenta, die Haustür an.

„Ich habe ihr heute alles verabreicht, was in meiner Macht steht. Ich würde, wenn es recht ist, dann morgen früh nach ihr sehen.“

Nickend schob er ihn zur Tür hinaus. „Bis Morgen“, brummte er und knallte die Haustür zu.

Schnell eilte danach zurück zu Usagi. Sie schlief immer noch, jedoch zunehmend unruhiger. Sie wälzte sich hin und her und die Schweißperlen tropften ihr nur so von der Stirn hinunter. Plötzlich begann sie sogar irgendetwas im Schlaf zu flüstern. Er konnte aber erst nicht verstehen, was sie sagte. Doch dann wurde es immer deutlicher.

„Se... Serenity …“, flüsterte sie immer öfter.

Erschrocken stolperte er rückwärts vom Bett weg. Erinnerte sie sich? Panisch ging er im Schlafzimmer auf und ab.

„Verdammt! Verdammt!“

Sich die Haare raufend, stampfte er weiterhin hin und her. Er musste sich beruhigen. Es war ja nicht sicher, dass sie sich wirklich erinnerte. Er schloss die Augen und atmete ein paar Mal tief durch.

„Warum läufst du hier so nervös auf und ab?“, krächzte es vom Bett aus und sofort zuckte er zusammen. Langsam öffnete er wieder seine Lider und sah zu Usagi. Sie war wieder wach. Wann war sie denn aufgewacht? Er dufte jetzt keine Panik bekommen.

„Du bist ja wach. Wie geht es dir?“, fragte er mit zittriger Stimme und traute sich noch immer nicht zu ihr zu gehen. Stöhnend strich sie sich über den Kopf und versuchte sich aufzurichten.

„Ich weiß nicht … ich bin so müde und mir tut alles weh. Kenta, was ist denn hier los?“

Aufatmend ging er auf sie zu und setzte sich neben sie. Sie erinnerte sich anscheinend nicht und sie war wieder wach.

„Weißt du nicht mehr? Du bist umgekippt. Du hast sehr hohes Fieber. Doktor Yamamoto war hier und hat dich untersucht. Wie es aussieht, hast du eine Lungenentzündung.“

Bevor Usagi jedoch antworten konnte, bekam sie einen weiteren Hustenanfall und drückte verkrampft ihre Hand gegen ihren Brustkorb.

„Du legst dich sofort wieder hin. Ich hole dir etwas zu trinken.“

 

Als Kenta zurück ins Schlafzimmer kam, war sie schon wieder eingeschlafen. Leise stellte er das Glas Wasser auf den kleinen Nachttisch und fühlte sanft mit seiner Hand auf ihrer Stirn. Sie war zwar noch sehr warm, aber nicht mehr so schlimm, wie noch kurz zuvor. Das Mittel schien zu wirken. Erleichtert legte er sich vorsichtig neben sie aufs Bett. Er wollte sie nicht wecken, und so bewachte er einfach nur ihren Schlaf.

Es hatte aber nicht lange gedauert und er war selber eingeschlafen.

 

Mitten in der Nacht wurde sie wach und sah Kenta friedlich neben ihr schlafen. Er musste wohl ausversehen eingeschlafen sein, da er noch seine Arbeitshose trug. Grinsend zog sie die Decke über seinen Oberkörper, was für sie schwieriger war, als gedacht. Ihr schmerzte alles furchtbar und ihr war immer noch so warm. Nachdenklich musterte sie ihn und unweigerlich musste sie dadurch an die Begegnung mit dem Fremden denken. Dazwischen mischten sich Fetzen ihres letzten Traums.

Grübelnd dachte sie über ihn nach. Sie konnte sich nur noch bruchstückhaft erinnern. Wie war das noch … Si... Se... Serenity … ja genau … Serenity … Wer war das? Der Name sagte ihr gar nichts.

Bevor sie allerdings weiter darüber nachdenken konnte, bekam sie erneut einen Hustenanfall, wodurch auch Kenta wach wurde. Sofort saß er senkrecht und legte seine Hand auf ihren Rücken.

„Leg dich lieber wieder hin und versuch zu schlafen“, flüsterte er besorgt.

Ohne etwas zu sagen, tat sie das auch. Sie war wirklich sehr müde und erschöpft. Darüber nachgrübeln konnte sie auch morgen noch. Keine Sekunde später war sie auch schon wieder eingeschlafen.

 

Kenta flitzte schnell ins Badezimmer und zog sich bequeme Sachen zum Schlafen an. Leise schlich er danach zurück ins Bett.

Da er nicht mehr einschlafen konnte, beobachtete er sie einfach nur. Sie sah, obwohl sie krank war, so hübsch und liebreizend aus. Er konnte seinen Blick einfach nicht abwenden. Das Mondlicht schimmerte ins Zimmer und schien genau auf das Bett.

Zaghaft streichelte er ihr über die Wange, als sie sich ein Stück zur Seite drehte. Das Licht des Mondes schien ihr nun mitten ins Gesicht und lies es glänzen.

Ruckartig nahm er seine Hand zurück. Das durfte nicht wahr sein. Nein, das konnte nicht sein. Kopflos sprang er aus dem Bett. Immer wieder schüttelte er seinen Kopf und sah dabei herüber zu Usagi.

Doch so sehr er sich auch selber dagegen wehrte, er musste es sich eingestehen. Er konnte es einfach nicht mehr unterdrücken. Er musste der Wahrheit ins Auge blicken. Er hatte sich in die Person, die er eigentlich am meisten hassen musste, genau in die Person, hatte er sich verliebt …

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  G-Saite
2018-06-27T09:26:47+00:00 27.06.2018 11:26
Und sie spielen Bäumchen wechsel Dich. (;

Hach, diese Spannung.
Antwort von:  Fiamma
27.06.2018 12:24
Die Spannung wird denke ich mal auch noch ein wenig bleiben, hoffe ich doch zumindest °-° :)

Vielen Dank für deine Kommis :)
Liebe Grüße,
Fiamma ^^
Von:  mondhas
2018-06-06T13:38:58+00:00 06.06.2018 15:38
vielen dank für die neuen sehr schönen kap.eine sehr schöne story.bin gespannt wie es weiter geht
Antwort von:  Fiamma
06.06.2018 21:01
Huhu,
vielen Dank fürs Kommi :)

Gleich geht es auch weiter ^^

Liebe Grüße,
Fiamma :)
Von:  obelix
2018-06-06T10:56:56+00:00 06.06.2018 12:56
Hi
Die Geschichte ist interessant. Ich freue mich auf das nächste Kapitel.

Mfg obi
Antwort von:  Fiamma
06.06.2018 21:01
Huhu,
vielen Dank für deinen Kommi :)

Freut mich, wenn es interessant ist ^^ Gleich geht es auch weiter :)

Liebe Grüße,
Fiamma :)


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