Zum Inhalt der Seite

Wer bin ich?

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 9
 

„Seit zwei Wochen verschanzt du dich hier nach der Arbeit vor dem Haus. Das kann doch nicht so weitergehen.“

Besorgt beugte sich Rei zu Mamoru herunter, strich ihm über den Arm und versuchte ihn zu beruhigen.

„Irgendwann müssen sie ja wiederkommen.“

Schwer atmend setzte sie sich neben ihn vor die Haustür und zog ihre Tasche auf ihren Schoß.

„Du hast doch schon alle Nachbarn gefragt. Es weiß einfach niemand, wo sie sind. Mach dich nicht weiter fertig damit. Wir müssen uns mit der Tatsache abfinden, egal wie schwer es ist. Usagi ist fort und wird nie wiederkommen. Ob du nun mit ihren Eltern noch ein Mal sprichst oder nicht.“ Sie konnte deutlich sehen, wie er seine Hände zu Fäusten ballte und sein gesamter Körper dabei begann zu zittern. Es tat ihr auch unendlich leid, ihm das so ins Gesicht zu sagen. Sie war selbst mehr als nur sauer, was Usagis Eltern da abgezogen hatten, aber Mamoru musste endlich akzeptieren, was passiert war, sonst würde er daran noch zugrunde gehen.

„Rei. Sie haben sie uns weggenommen!“ Wütend sprang er auf und lief aufgeregt hin und her, wodurch sie sich nun auch langsam wieder erhob.

„Sie haben sie uns nicht weggenommen. Usagi ist an den Folgen ihres Unfalls gestorben. Sie haben es mit Sicherheit nicht mehr hier ausgehalten und haben es nicht ertragen hier zu bleiben, wo sie alles an Usagi erinnert“, argumentierte sie sachlich und versuchte selbst ihre Emotionen dabei Unterkontrolle zu halten. Sie würde ihm nicht helfen, wenn sie nun auch ausrasten würde. Auch wenn die ganze Sache sehr rätselhaft war. Irgendetwas stimmte nicht. Seit kurzer Zeit hatte sie auch wieder seltsame Visionen, welche sie aber nicht deuten konnte. Sie sah verschwommen vier kleine Kinder, die um etwas herum standen, etwas in die Hand nahmen und dann wurde es dunkel. Eine unheimliche Vorahnung beschlich sie. So als stünden sie bald einem neuen Gegner entgegen. Sie stellte auch schon insgeheim Nachforschungen an, was dies alles bedeuten könnte. Den anderen sagte sie aber noch nichts. Sie wollte sie nicht unnötig beunruhigen, wenn nachher doch nichts war.

„Und jetzt? Soll ich so tun, als wäre nichts?“

„Nein natürlich nicht … Minako kam gestern zu mir … Und ich finde die Idee eigentlich ganz schön ...“, stammelte sie und klammerte ihre Finger um den Gurt ihrer Tasche, „Daher hab ich dich auch gesucht.“

Abrupt blieb er stehen und sah sie nun fragend an. „Was?“

„Sie hat vorgeschlagen, dass wir uns alle für eine kleine Gedenkfeier für Usagi im Tempel treffen … Dann können wir uns wenigsten so von ihr verabschieden.“
 

Langsam ging er Stufe für Stufe herauf. Da er und die anderen mit der Gedenkfeier einverstanden waren, trafen sie sich nun alle bei Rei im Tempel. Er hatte die anderen, bis auf Rei, seitdem sie sich, nachdem sie die schlimme Nachricht erhalten hatten, noch ein Mal getroffen hatten, nicht mehr gesehen. Sie hatten versucht zu überlegen, wie es weiter gehen würde, aber keiner wusste es. Wenn nun neue Feinde auftauchen würden, wären sie ohne ihre Prinzessin vermutlich nicht stark genug. Niemand von ihnen war in der Lage mit dem Silberkristall umzugehen. Da es zum Glück schon Jahre friedlich nach Galaxia auf Erden war, hofften alle, dass es so bleiben würde. Aber bei einer Sache waren sie sich einig. Falls doch wieder Gegner auftauchten, würden sie diese mit allen ihren Kräften bekämpfen.
 

Stumm saßen sie jetzt alle bei Rei im Tempel. Sie und ihr Großvater hatten alles vorbereitet. Im ganzen Raum standen Vasen mit weißen Blumen. Eine kleine Staffelei mit einem Bild von Usagi war in der Mitte des Raumes aufgestellt und daneben einige Kerzen verteilt.

„Das habt ihr wirklich sehr schön gemacht“, räusperte sich Minako dann nach einiger Zeit.

Sie wussten alle nicht so richtig, was sie sagen sollten. Doch nach und nach sprach dann jeder ein paar Worte über Usagi und sie erzählten sich kleine Anekdoten, wo sie sogar für einen kleinen Moment, obwohl jeder von ihnen bis auf Mamoru weinte, schmunzeln musste. Das war einfach ihre Usagi.
 

 

Stumm saß Mamoru etwas abseits der anderen. Er merkte selbst, dass es ihm von Tag zu Tag schlechter ging. Aber er konnte und wollte einfach nicht hier vor den anderen weinen. Sie riefen ihn schon so oft genug an, und fragten, ob alles in Ordnung wäre. Es war ja lieb von ihnen gemeint, aber er versuchte doch einfach nur jeden Tag aufs neue den Tag zu überstehen. Er schob oft Doppelschichten oder schlief im Krankenhaus, nur um sich abzulenken. Zu Hause erinnerte ihn einfach viel zu viel an Usagi. Er verdrängte die Tatsache, dass sie nie wieder kommen würde. Auch wenn er wusste, dass er sich damit auseinandersetzen musste.
 

 

Schon über eine Stunde saßen sie zusammen und mittlerweile sagte niemand mehr ein Wort. Sie hingen alle in ihren Gedanken bei Usagi und dachten an all die schönen Dinge, die sie zusammen erlebt hatten.

Ami dachte an den Tag, an dem sie Usagi kennengelernt hatte und, wie einsam sie doch vorher gewesen war. Rei dachte an die unzähligen Streitereien, die sie mit ihr gehabt hatte, und musste anfangen zu lächeln. „Ach Usagi“, seufzte sie leise und strich sich ihre Tränen aus dem Gesicht. Makoto dachte daran, wie sie versucht hatte, ihr Mal wieder zu erklären, wie man einen Kuchen backt und sie dabei die komplette Küche ins Chaos stürzte. Der Gedanke ließ sie schmunzeln, doch direkt darauf kullerten ihr wieder zig Tränen über die Wangen.

Auch die anderen dachten an viele solcher kleinen Dinge, die sie mit ihr erlebt hatten.

Mamoru schloss seine Augen. Er wusste nicht warum, aber er musste an den Augenblick denken, als sie ihn kurz, nachdem Galaxia besiegt wurde, gefragt hatte, wie sehr er sie liebe würde. Er hatte ihr dann geantwortet, dass er sie nun niemals mehr alleine lassen würde. Zitternd ballte er seine Hände zu Fäusten. Warum musste er ausgerechnet jetzt daran denken? Bebend presste er seine Lippen aufeinander. Doch egal, was er versuchte, er konnte es nicht mehr verhindern, dass ihm seine Tränen ungehindert herunterliefen. Mit einem Satz sprang er dann plötzlich auf und ging ein Stück auf das Bild von Usagi zu.

„Jetzt hast du mich alleine gelassen!“, schrie er das Bild an und keine Sekunde später rannte er einfach hinaus. Auf dem Hof angekommen, gaben seine Beine nach und er sackte einfach auf allen Vieren zusammen. Bitterlich weinend schlug er mit den Fäusten auf den Boden. Immer und immer wieder. „Warum hast du mich alleine gelassen … Warum?“
 

 

Rei und Minako waren ihm hinterher gegangen und standen jetzt ein paar Meter von ihm entfernt.

„Komm, wir gehen wieder zu den anderen. Er muss jetzt allein sein.“ Erstaunt drehte sich Minako zu Rei. „Wir können ihn doch so nicht alleine lassen?“

Rei nahm Minakos Hand und zog sie ein Stück weiter, damit sie wieder reingehen konnten.

„Jeder geht anders mit seiner Trauer um. Mamoru muss es einmal rauslassen, sonst wird er nie darüber wegkommen. Weißt du … keiner von uns soll sie je vergessen, aber wir müssen nun mal alle weiter leben. Egal, wie schwer es auch ist …“

Seufzend nickte Minako zögerlich und so gingen sie wieder in den Tempel.
 

 

Mamoru hatte die beiden nicht bemerkt, zu sehr war er in seiner eigenen Gedankenwelt gefangen.

Wäre er doch nur nicht vorgegangen … Wäre er mit ihr zusammen die Treppe hinuntergelaufen … Vielleicht hätte … Vielleicht hätte er dann … Wäre er doch nur nicht weggefahren … Warum war er nicht da, als sie wach wurde? …

Seine Tränen liefen ihm über die Wangen und tropften herunter auf seine Hände. Zitternd grub er seine Finger in den Boden. Er hätte da sein müssen, als sie wach wurde.

Regungslos kauerte er noch eine ganze Weile dort auf dem Boden. Erst als er sich etwas beruhigt hatte, ging er zurück in den Tempel und setzte sich schweigend zu den anderen.
 

 

Früh am Abend verließen alle nach und nach den Tempel. Schwer atmend stand er nun vor Rei.

„Danke … Es-“

„Ich weiß. Du brauchst nichts zu sagen.“ Nickend verabschiedete er sich von ihr und verließ alleine den kleinen Raum. Er war heute zu Fuß zum Tempel gegangen. Er war dadurch zwar sehr lange unterwegs, aber genau das wollte er auch so.

Langsam ging er durch die Straßen, eilig hatte er es nicht. Zu Hause fiel ihm nur die Decke auf den Kopf. Gedankenversunken nahm er ihre Brosche aus seiner Tasche und sah sie sich genau an. Warum, warum ließ ihn das Gefühl einfach nicht los, dass sie noch lebte?

Krampfhaft klammerte er seine Finger um die Brosche. Rei hatte recht, er musste der Tatsache endlich ins Auge sehen. Mit einem tiefen Seufzer steckte er die Brosche wieder ein.

Er war fast zu Hause und so beschloss er den Rest durch den Park zu gehen. Von weiten sah er ein verliebtes Paar auf einer kleinen Parkbank sitzen. Man sah schon von hier, wie sie turtelten. Es verpasste ihm einen Stich im Herzen. Genau dort saß er auch immer mit ihr. Er musste daran denken, wie sie sich den einen Tag schmollend weggedreht hatte, als er sie ausversehen angerempelt hatte, und ihr dadurch ihr Eis aus der Hand fiel. Sie hatte so lange gemuckelt, bis er ihr ein Neues besorgt hatte.

Traurig schaute er das Paar an. De Frau musste natürlich auch noch ausgerechnet genau so lange blonde Haare, wie Usagi haben, allerdings trug sie ihre offen. Sofort beschleunigte er seinen Schritt. Er wollte nur noch weg hier, raus aus dem Park. Als er das Pärchen beinahe erreicht hatte, lief ganz plötzlich eine seltsame Frau vor ihm. Er hatte sie gar nicht kommen sehen. Wie aus dem Nichts schien sie aufgetaucht zu sein. Sie ging mit schnellen Schritten an der Bank vorbei, schaute kurz zu den Verliebten und ging weiter. Ein paar Meter weiter bog sie dann in einen kleinen Trampelpfad ein und kurze Zeit später war sie nicht mehr zusehen. Schulterzuckend dachte er sich nichts weiter dabei und setzte seinen Weg fort. In seinen Gedanken ganz woanders hatte er den Park schon fast verlassen, als ihn lautes Geschrei zusammenzucken ließ. Sofort drehte er sich um und sah, wie das eben noch so turtelnde Paar, sich lautstark Stritt. Sie wurden immer lauter und brüllten sich an. „Seltsam“, murmelte er und wollte schon weitergehen, als der Mann plötzlich mit seiner Hand ausholte und seine Freundin so heftig ins Gesicht schlug, dass sie zu Boden fiel. Das konnte er sich nicht weiter mit ansehen und lief zurück. In der Zeit stand die junge Frau auch schon wieder auf und wurde jetzt auch handgreiflich. Sie hob einen Stein, der neben ihr lag, auf und wollte damit auf ihren Freund losgehen. Gerade rechtzeitig erreichte er die beiden und stellte sich abwehrend zwischen sie.

„Es reicht. Hört auf damit!“ Abwechselnd schaute er zu ihr und ihm. „Was ist denn hier los?“

Die junge Frau ließ den Stein wieder auf den Boden fallen und brüllte ihn an.

„Das würde ich den Idioten da drüben fragen!“

Sie zeigte dabei auf ihren Freund, zog sich dabei einen Ring vom Finger und warf ihn direkt vor seine Füße.

„Mit dir bin ich fertig“, wurde sie noch ein Mal laut und lief davon. Der junge Mann drehte sich ohne ihn weiter zu beachten um und ging ebenfalls davon.

„Blödes Miststück“, murmelte er noch und schon verschwand er aus seiner Reichweite.

Perplex blieb er zurück. Was war das denn gerade? Sichtlich irritiert ging er dann aber auch nach Haus.
 

 

Makoto stand in ihrem Blumenladen und bediente eine ältere Dame. Sie hatte den Laden erst vor einem halben Jahr von ihrer Vorgängerin übernommen, da diese in den Ruhestand ging. Sie freute sich über jeden einzelnen Kunden, da es vor ihrer Übernahme nicht besonders gut lief. Sie arbeitete schon einige Zeit hier und ihre Chefin war für sie eine gute Freundin geworden und so war es für sie selbstverständlich gewesen ihn zu übernehmen.

Sie band gerade einen riesigen Blumenstrauß für die Dame zusammen, als Minako aufgeregt das Geschäft betrat.

„Makoto! Stell dir vor, was eben im Crown los war.“

Aufgeregt hüpfte ihre Freundin vor ihr herum.

„Minako, einen kleinen Moment bitte, ich habe Kundschaft. Warte doch bitte hinten auf mich.“

„Ist gut, aber ich habe nicht viel Zeit. Meine Pause ist gleich vorbei.“
 

 

Minako verschwand in dem kleinen Hinterzimmer und setze sich auf einen kleinen Hocker, der vor einem kleinen Holztisch stand. Auf dem Tisch lagen über all Blumen und die neusten Fachzeitschriften herum. Um sich die Zeit zuvertreiben, begann sie darin herumzublättern.

Nach fünf Minuten kam Makoto dann auch hinterher.

„So, was ist denn nun passiert?“

Makoto setzte sich neben sie und reichte ihr ein Glas mit Wasser. Minako trank einen Schluck und fing an zu erzählen.

„Ich bin eben in meiner Mittagspause ins Crown, da ich mit Motoki verabredet war. Ich sollte ihm meinen Song zeigen. Er wollte entscheiden, ob er geeignet für seine Hochzeit ist.“
 

 

Makoto nickte stumm, sie war sehr stolz auf ihre Freundin. So lange hatte sie schon am Empfang des Tonstudios gearbeitet und gehofft endlich selber einen Song aufnehmen zu dürfen. Vor ein paar Wochen konnte sie dann endlich ihren Chef von sich und einen ihrer Songs überzeugen.

Gespannt hörte Makoto ihrer Freundin weiter zu.

„Als wir fast fertig mit der Besprechung waren, fingen plötzlich zwei Männer an zu streiten. Der eine behauptete, dass sein Eisbecher viel kleiner wäre, als von seinem Freund. Er war richtig sauer, könnte man sagen. Sie saßen eigentlich ganz friedlich zusammen. Sie haben vorher sogar noch zusammen gelacht.“

Verwundert schüttelte Makoto ihren Kopf.

„Aber das ist doch nichts Ungewöhnliches. Das kann schon mal vorkommen.“

„Da hast du recht, aber das Seltsame kommt ja noch. Die beiden wurden immer lauter und gingen richtig aufeinander los. Als Motoki die Streithähne auseinander bringen wollte, fingen auch andere Gäste an sich zu beschweren und begannen sich sogar sich zu prügeln. Hör zu, die gesamten Gäste, die dort waren, gingen plötzlich alle aufeinander los. Motoki musste die Polizei holen, da er alleine nicht mehr damit fertig wurde. Er hat sogar ein Glas im Gesicht abbekommen, was eine wütende Frau nach ihm geworfen hatte. Zum Glück hat er nur eine kleine Platzwunde unterm Auge davongetragen.“

Ihre Augen weiteten sich. Das war schon etwas Ungewöhnliches, so etwas war dort noch nie passiert. Und da fiel ihr etwas ein, sie hatte nicht weiter darüber nachgedacht.

„Gestern kam ein Pärchen in den Laden. Sie wollten Blumen für ihre Hochzeit aussuchen. Erst war auch noch alles in Ordnung, doch plötzlich fingen sie an zu streiten. Der Mann stürmte aus dem Laden, griff vor der Tür noch einen Mann an und lief weg. Die Frau schimpfte noch ein paar Minuten und haute dann auch ab. Ich hab gar nicht weiter darüber nachgedacht. Dachte mir nur ein merkwürdiges Paar, bestimmt der Hochzeitsstress. Aber jetzt, als du mir nun von der Sache im Crown erzählt hast. Mehr als seltsam.“

Minako stellte ihr Glas beiseite und lehnte sich ein Stück zu ihr herüber.

„Was mir gerade noch einfällt, Ami kam mich letzte Woche vor ihrer Schicht besuchen. Sie sah sehr müde aus und ich habe sie gefragt, ob alles Okay mit ihr wäre. Sie erzählte mir, dass seit einiger Zeit ziemlich viel los in der Klinik wäre. Es wurden verstärkt Patienten eingeliefert, die wegen irgendwelcher Prügeleien verletzt worden. Sie kämen gar nicht mehr hinterher mit den Behandlungen.“

Makoto sah Minako direkt in die Augen. Hier stimmte etwas nicht.

„Da ist etwas mehr als faul Minako. Ich hoffe, dass es alles nur blöde Zufälle sind. Aber wir sollten auf der Hut sein.“

Zustimmend stand Minako auf und ging Richtung Tür.

„Ich muss nun leider wieder los. Meine Pause ist vorbei, aber wir sollten das im Auge behalten und mit den anderen besprechen.“
 

 

Mamoru und die anderen hatten lange zusammengesessen und waren zu dem Ergebnis gekommen, dass dies keine Zufälle mehr sein konnten. Rei hatte den anderen auch von ihren seltsamen Visionen erzählt und, dass sie Nachforschungen angefangen hatte. Leider führten diese noch zu keinem Erfolg. Mamoru hatte auch die Situation im Park erzählt. Sie waren jetzt alle in Alarmbereitschaft, auch wenn sie noch nicht wussten, wer oder was und geschweige denn warum, dies mit den Menschen passierte. Es erinnerte sie stark an Vorfälle damals mit der Familie des schwarzen Mondes. Aber die konnten es nicht sein. Sie wurden damals besiegt, daran bestand kein Zweifel.
 

 

Die letzte Zeit wurde es immer heißer und es war keine Abkühlung in Sicht. Mamoru wollte gerade seine Schicht nach einer langen Nacht beenden, die mehr als anstrengend in dieser Hitze war, als eine junge Frau mit tiefen Schnittwunden eingeliefert wurde. Gähnend nahm er sich ein Klemmbrett und wollte ihr die üblichen Fragen stellen. Langsam sah er dazu zu ihr herauf und erschrak. Das war die Frau aus dem Park.

„War das ihr Freund? Hat er sie so zugerichtet?“ Eilig untersuchte er ihre Wunden und versorgte sie. Die Frau jedoch sagte keinen Ton und lachte stattdessen nur spöttisch. Sie war voller Hass und in ihren Augen konnte man nichts Freundliches erkennen.

„Dieser Waschlappen wäre doch zu so etwas gar nicht in der Lage. Die dämliche Kassiererin war mir einfach zu langsam, da hab ich ihr eine verpasst. Tja, da hat sie ein Messer gezückt und ist auf mich losgegangen. Aber keine Sorge, sie sieht auch nicht besser aus.“ Laut lachte sie wieder auf, wodurch er sie nur geschockt anstarren konnte. Offenbar wurde sie nach dem Vorfall im Park nicht wieder normal, sondern es verschlimmerte sich sogar. Als alle Wunden versorgt waren, stand die Frau auf und lächelte ihn plötzlich schief an.

„Du bist also Arzt. So so … Eigentlich siehst du gar nicht mal so schlecht aus, ist mir damals im Park gar nicht aufgefallen.“

Immer näher ging sie an ihn heran.

„Da ich den Versager von Verlobten in den Wind geschossen habe, wie wäre es denn mit uns? Wäre doch eine gute Partie.“

Sie hob ihre Arme, legte sie auf seine Schultern, stellte sich auf die Zehenspitzen und näherte sich seinem Gesicht. Sie versuchte ihn zu küssen und krallte sich dazu mit ihren Fingern in seinen Arztkittel. Im ersten Moment war er total überrumpelt von ihrem Handeln. Als er aber begriff, was sie vorhatte, schnappte er sie vorsichtig an ihren Handgelenken und schob sie ein Stück zurück. „Es tut mir leid, aber ich kann sie nicht küssen.“

„Wie kannst du es wagen, mich abzuwehren. Das wirst du bereuen!“

Zitternd schrie sie auf und gab ihm einen kräftigen Stoß mit ihren Händen. Er hatte nicht damit gerechnet und fiel rücklings auf den Boden. Wie konnte so eine kleine zierliche Person, wie sie es war, so viel Kraft entwickeln?

„Beruhigen Sie sich doch. Was ist denn mit Ihnen los?“ Schnell rappelte er sich auf und hob beschwichtigend seine Hände in die Höhe.

Böse funkelte sie ihn an und schnappte sich, so schnell konnte er gar nicht gucken, ein Skalpell vom Behandlungstisch. Ganz langsam ging sie jetzt damit auf ihn zu. Er konnte sehen, wie sich ihre Augen mit einem Mal verfärbten. Sie waren auf einen Schlag komplett rot geworden und sie umgab plötzlich ein seltsamer schwarzer Nebel. Was ging hier nur vor?

„Beruhigen Sie sich doch. Ich kann ihnen bestimmt helfen.“

„Halt die Klappe! Du hast deine Chance verpasst.“ Schief grinsend zeigte sie mit dem Skalpell direkt auf ihn und hob die andere Hand in die Höhe. „Jetzt bist du fällig!“

Wie von Geisterhand schwebte er mit einem Mal ein Stück über den Boden. Wie war das möglich? Panisch legte er dann aber seine Hände auf seinen Hals. Ihm schnürte es auf einen Schlag die Kehle zu. Er hatte das Gefühl ersticken zu müssen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er die Frau an. Es sah so aus, als würde sie ihn mit ihrer Hand würgen, dabei berührte sie ihn kein Stück.

Allmählich merkte er, wie ihm schwarz vor Augen wurde und er langsam aber sicher das Bewusstsein verlor.

Laut lachend wurde er von der Frau gegen die Wand geschleudert, wodurch er ganz langsam daran hinunterrutschte. Bei dem Aufprall fiel Usagis Brosche aus seiner Tasche und lag nun nicht weit von ihm entfernt auf dem Boden. Die junge Frau ging triumphierend auf ihn zu. Immer noch lag Mamoru regungslos an Ort und Stelle. Die Frau packte ihn an seinen Haaren, hob sein Kopf damit ein Stück hoch und holte mit dem Skalpell aus. Sie zielte direkt auf seine Kehle.

Doch kurz bevor die Messerspitze Mamorus Hals erwischte, leuchtete die Brosche auf ein Mal auf. Sie erhellte den ganzen Raum und Wärme durchflutete alles. Die Frau kniff dadurch die Augen zusammen und ließ zitternd das Messer fallen.

„Was ist das für ein Licht? Ich kann überhaupt nichts mehr sehen.“

Sie krampfte regelrecht zusammen, sackte zu Boden und hielt sich ihren Kopf fest. Sie schrie aus voller Kehle und kippte bewusstlos zusammen. Keine Sekunde später entwich auf der Höhe ihres Herzens ein schwarzer Schatten ihren Körper. Er schwebte ein Stück über ihr und löste sich dann einfach in Luft auf.

Mamoru, der vor wenigen Sekunden wach geworden war, hatte alles beobachtet. Keuchend rutschte er zur Brosche, steckte sie ein und stand wankend auf. Taumelnd ging er zu der Frau und setzte sich neben sie. Sie öffnete gerade blinzelnd ihre Augen.

„Wa… was ist passiert? Wo bin ich? Wo ist Fudo?“
 

 

Die Frau erzählte ihm, dass das Letzte, woran sie sich erinnern würde, wäre, dass sie mit ihrem Verlobten im Park saß und sie ihre Hochzeit planten und danach sei alles schwarz in ihrer Erinnerung. Sie fing an zu weinen und verstand überhaupt nicht, was hier los war.

„Beruhigen Sie sich. Nun wird alles wieder gut.“

Er untersuchte sie sicherheitshalber noch ein Mal. Nicht, dass sie noch irgendwelche Verletzungen davon trug, und nahm sie stationär auf. So verwirrt, wie sie noch war, konnte sie noch nicht nach Hause gehen.

Als der Papierkram erledigt war, konnte er endlich Feierabend machen.

Nach dem er zu Hause angekommen war, trommelte er sofort alle für den Abend bei Rei zusammen. Sie hatten es tatsächlich mit einem neuen Feind zu tun. Die ganze Zeit hatte er gehofft, dass sie sich irren würden und es nur blöde Zufälle waren, aber dem war leider nicht so.
 

 

„Dann hat dich der Kristall also beschützt und die Frau wieder zurückverwandelt“, murmelte Minako nachdenklich und tippte auf der Brosche herum, die Mamoru mitten auf den Tisch gelegt hatte.

Alle, bis auf Haruka und Michiru, saßen um den kleinen Tisch in Reis Zimmer herum. Die beiden standen ein Stück abseits, nahe der Tür. Setsuna und Hotaru konnten heute leider nicht dabei sein, aber Ami hatte ihnen versichert, wenn es etwas Neues gäbe, ihnen es sofort mitzuteilen.

Lange diskutierten sie, wer der neue Feind sein könnte. Außerdem versuchten sie einen Weg zu finden, wie sie den betroffenen Menschen helfen könnten. Aber niemand hatte so recht eine Idee.

„Mamoru meinst du, du könntest mit dem Kristall den Menschen helfen? Heute hat es ja schon ein Mal geklappt.“

„Ich glaube nicht, dass es so einfach ist, Makoto. Ich denke, es war eher Zufall oder vielmehr wurde Mamoru von dem Kristall beschützt. Er hat ihn ja nicht benutzt“, gab Ami einwendend zurück und tippte dabei irgendwelche Daten in ihren Minicomputer.

Nervös stand Minako auf und ging auf und ab.

„Mit unsern Kräften verletzen wir sie nachher, das können wir nicht riskieren. Aber irgendwie müssen wir den Menschen doch helfen können. Wozu sind wir denn sonst Sailor Kriegerinnen …Wäre Usagi doch nur hier.“

Außer sich meldete sich jetzt auch Haruka zu Wort. Sie war mittlerweile sehr angespannt und aufgewühlt.

„Sie ist aber nicht hier und sie wird auch nie wieder kommen, wie du weißt. Unsere Aufgabe ist es diesen Planeten zu beschützen. Vergesst das nicht! Wir müssen ihn mit allen, was in unserer Macht steht verteidigen. Koste es, was es wolle!“

Alle rissen die Augen auf.

„Das meinst du doch nicht wirklich ernst. Wir können doch nicht einfach unschuldige Menschen in Gefahr bringen.“ Wütend starrte Minako Haruka an.

Haruka wurde immer aufbrausender, sie verstand einfach nicht, dass sie nach alledem, was sie erlebt hatten, immer noch so naiv waren.

„Unsere Aufgabe ist es nun mal diesen Planeten zu beschützen. Wenn dafür Opfer nötig sind, damit der gesamte Planet weiter existieren kann, dann ist das nun Mal so.“

Haruka hatte keine Lust hier weiter sinnlos herumzudiskutieren und verabschiedete sich mit den Worten, dass sie heute eh zu keiner Einigung mehr kommen würden, und verließ stürmisch den Raum. Seufzend sah Michiru zu den anderen.

„Ihr wisst doch, wie sie ist. Nehmt es ihr nicht übel. Ihr macht der Tod der Prinzessin ziemlich zu schaffen. Am besten besprechen wir alles in Ruhe noch ein Mal … Aber ihr wisst auch, dass sie schon auf eine gewisse Art recht hat.“ Kaum hatte Michiru die Worte ausgesprochen, eilte sie Haruka hinter her.

Wortlos blieben die anderen zurück. Sie dachten über ihre Worte nach.
 

Mamoru wollte nicht unhöflich sein, verabschiedete sich dann aber auch. Er hatte nach der Nachtschicht noch nicht geschlafen und war mittlerweile so müde, dass er nur noch nach Hause wollte. Sonst hatte er es nicht eilig genau dort hinzukommen, aber so erschöpft, wie er war, hoffte er, dass er heute einfach mal seit Langem durchschlafen würde. Er hatte sich morgen wieder zu einer Doppelschicht eingetragen.

„Wir sehen uns dann morgen bei Motoki“, rief er schon halb aus der Tür und schon lief er davon.

In der Zeit, in der sie alle im Tempel waren, zog es sich ziemlich zu. Dicke schwarze Wolken bedeckten den Himmel. Er war mit dem Motorrad gekommen und beeilte sich jetzt lieber. Nicht, dass er noch in einen Schauer hineinfuhr.

Zu Hause angekommen ging er ohne Umwege in sein Bett. Er war seit langem Mal wieder viel zu müde, um noch irgendetwas zu machen. Ohne Probleme schlief er auch sofort ein.
 

 

Mitten in der Nacht wütete ein schweres Gewitter über Tokio. Zunächst bekam er davon gar nichts mit. Doch es donnerte immer lauter, dass es ihn aufweckte. Einige Minuten lag er wach in seinem Bett und versuchte wieder einzuschlafen. Aber es half alles nichts. Also stand er auf und ging zum Fenster. Traurig betrachte er die Blitze und schmerzlich zog sich sein Herz zusammen. Es erinnerte ihn an Usagi. Sie hatte immer solch eine Angst, wenn es gewitterte, dass er sie immer ganz fest in den Armen hielt. Die Blitze tobten nur so über der Stadt und der Regen prasselte gegen seine Fenster. Langsam ging er dann aber wieder zurück in sein Bett, er musste noch schlafen. Morgen ging es mit einer Doppelschicht im Krankenhaus weiter und mit ihrem neuen Feind waren sie auch noch kein Stück weiter …



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  G-Saite
2018-06-26T16:58:56+00:00 26.06.2018 18:58
„Der neue Feind.“
Och. Da wird mir doch das Herz warm, wenn ich die Wortwahl aus der Serie hier lese. Generell ist das hier für mich die reinste Achterbahnfahrt der Erinnerungen.
Antwort von:  Fiamma
27.06.2018 12:20
Ich hoffe doch nur im positiven Sinne :D
Von:  Onlyknow3
2018-06-15T21:26:23+00:00 15.06.2018 23:26
Die ganze Story ist sehr zeihend, man kommt fast nicht davon weg.
Freue mich schon auf die anderen Kapitel.
Weiter so, mir gefällt die FF.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  Fiamma
16.06.2018 09:56
Huhu,
vielen Dank für deinen Kommi :) Freut mich sehr, wenn es dir gefällt :)

Liebe Grüße,
Fiamma :)


Zurück