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Wer bin ich?

von

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Kapitel 4

 

Erschöpft zog er seinen Schlüsselbund aus der Tasche, schloss auf und betrat seine Wohnung. Gähnend warf er die Tür hinter sich zu. Viel später als geplant hatte er den Rückweg antreten können. Zu guter Letzt musste er natürlich auch noch in einen Stau geraten. Stöhnend sah er kurz auf seine Armbanduhr. Eigentlich wollte er nicht erst so spät am Abend zurück in Tokio sein. Aber sich darüber aufzuregen brachte jetzt auch nichts. Schließlich war er endlich wieder zu Hause. Etwas mehr als zwei Tage war er nun fort gewesen. Zwei Tage, an denen er nicht zu Usagi ins Krankenhaus fahren konnte und, in der Hoffnung, sie würde jeden Moment ihre Augen öffnen, ihre Hand halten konnte. Der Lehrgang hatte ihn zwar gut abgelenkt, dennoch schweiften seine Gedanken immer wieder zu ihr.

Rasch schlüpfte er aus seinen Schuhen und stellte seine Tasche erst ein Mal zur Seite. Zum Auspacken hatte er heute absolut keine Lust mehr. Es war sonst nicht seine Art etwas liegen zulassen, aber er war einfach viel zu müde. Er wollte nur noch schnell unter die Dusche und dann in sein Bett. Da sich Usagis Eltern nicht gemeldet hatten und auch keine Nachricht für ihn im Hotel hinterlegt worden war, hatte sich somit nichts geändert. Er hatte den netten Damen am Empfang seines Hotels schon regelrecht Löcher in den Bauch gefragt gehabt, ob es neue Nachrichten für ihn geben würde. Er wusste nicht warum, aber er war irgendwie die gesamte Zeit unruhig gewesen. Irgendetwas stimmte nicht. Er hatte nur keine Ahnung, was es war. Heute war es aber auch schon zu spät, um selber bei den Tsukinos noch mal anzurufen. Daher beschloss er morgen nach dem Frühstück einfach gleich zu Usagi ins Krankenhaus zu fahren. Er wollte sich an ihr Bett setzen und hoffen. Hoffen, dass sie bald erwachen würde und er wieder in ihre wunderschönen blauen Augen schauen könnte, die er so sehr vermisste. Er musste morgen nicht arbeiten und hatte dadurch den ganzen Tag Zeit.

Schnell schnappte er sich noch seine mit hochgebrachte Post und legte sie auf dem Flurschrank ab. Das konnte er alles morgen öffnen. Irritiert runzelte er dann aber seine Stirn, als er am Telefon vorbeikam. Das rote Lämpchen des Anrufbeantworters blinkte. Was hatte Motoki denn nun schon wieder? Sein Freund war eigentlich der Einzige, der auf das kleine Gerät sprach. Alle anderen probierten es einfach noch ein Mal, wenn er nicht zu erreichen war. Sie hielten nichts davon, mit einer Maschine zu reden. Selbst Minako, die sonst alles und jeden in Grund und Boden reden konnte, wenn sie aufgeregt war.

Vermutlich waren es wieder irgendwelche Änderungen im Sitzplatz oder Ähnliches, schoss es ihm durch den Kopf. Er freute sich für seinen Freund, keine Frage, dass er nun endlich heiraten würde. Und natürlich hatte er auch direkt zugesagt, als Motoki ihn gefragt hatte, ob er sein Trauzeuge sein würde, doch hatte er eigentlich keinen Kopf gerade für so etwas. Er wollte es Motoki nicht zeigen, aber stimmte es ihn auch traurig. Vor drei Monaten plante er selbst doch noch seine Zukunft mit Usagi. Kurzerhand beschloss er also, sich erst morgen wieder dem Hochzeitswahn zu widmen.

 

Laut piepend wurde er nach einer kurzen Nacht von seinem Wecker geweckt. Er streckte alle viere von sich, warf die Decke zur Seite und schwang seine Beine über die Bettkante. Schlaftrunken schlurfte er in die Küche, füllte den Kaffeeautomaten mit Wasser und Kaffee und drückte den Knopf zum Anschalten. Laut blubbernd verrichtete das Gerät seine Arbeit und so huschte er schnell in sein Badezimmer.

Zurück in der Küche goss er sich gähnend eine große Tasse ein, kippte etwas Zucker hinein und musste erst ein Mal richtig wach werden.

Mit der Tasse in der Hand taperte in den Flur. Mit Kaffee gewappnet, war es Zeit, Motokis neueste Idee für ihn als Trauzeuge abzuhören. Ohne Umwege steuerte er das kleine Schränkchen, auf dem das Telefon stand, an. Pustend schlurfte er aus der Tasse, drückte auf den blinkenden Knopf und die Computerstimme ertönte.

„Sie haben eine neue Nachricht. Nachricht vom 10. Juli um 10.05 Uhr.“

 

Guten Tag Herr Chiba,

hier ist die Juntendo University.

Ich möchte Ihnen mitteilen, dass Miss Tsukino vor Kurzem erwacht ist.“

 

Zitternd rutschte ihm die Kaffeetasse aus der Hand und laut scheppernd landete sie neben ihm auf dem kleinen Vorläufer. Wie in Trance drückte er erneut auf den Knopf. Er hatte mit allen gerechnet, aber nicht damit. Er hörte sich die Nachricht noch einmal und noch einmal an. Er konnte es nicht glauben, sie war aufgewacht. Sie war tatsächlich wach.

Als er sich gesammelt hatte und verstand, was dies bedeutete, schnappte er sich seinen Schlüsselbund und verließ hastig die Wohnung. Wütend auf sich selbst, rannte er, als gäbe es keinen Morgen, die Treppen herunter. Warum hatte er das verdammte Ding nicht einfach gestern abgehört.

In der Tiefgarage angekommen stieg er auf sein Motorrad und fuhr los. Er konnte es kaum erwarten zum Krankenhaus zukommen.

 

In kürzester Zeit stand er nun auf dem Parkplatz des Krankenhauses, stellte sein Motorrad ab und eilte, ohne Zeit zu verlieren weiter zu dem großen Eingang. Da er seit Wochen zwischen seinem Arbeitsplatz, seiner Wohnung und hier hin und her pendelte, wusste er natürlich genau, wo er jetzt hin musste. Schnellen Schrittes eilte er durch die Flure, bis er schließlich vor Usagis Zimmer angekommen war. Außer Puste holte er noch ein Mal tief Luft, legte dann die Hand auf die Klinke und drückte sie langsam herunter. Voller Vorfreude öffnete er die Tür, doch stutzig blieb er dann mitten im Türrahmen stehen. Auf dem Bett lag nicht Usagi. Mit großen Augen sah ein Mann zu ihm herüber.

„Kann ich Ihnen helfen?“

„Entschuldigen Sie bitte, da habe ich mich wohl im Zimmer geirrt.“ Kurz verbeugte er sich, ging dann einen Schritt zurück und schloss leise wieder die Tür. Hatte er sich jetzt tatsächlich im Zimmer geirrt? Sofort sah er auf die Nummer. Sie stimmte. Es war das Zimmer, in dem sie seit Wochen lag. Was hatte das zu bedeuten? Hatte man sie verlegt? Verwirrt irrte er durch den langen Flur. Warum hatte man ihm das nicht mitgeteilt? Grübelnd steuerte er das Schwesternzimmer an und klopfte an der Tür. Nach wenigen Sekunden öffnete ihm lächelnd eine junge Krankenschwester und sah ihn fragen an.

„Entschuldigen Sie bitte. Ich bin Mamoru Chiba und ich suche Usagi Tsukino. Ich habe einen Anruf erhalten, dass sie aufgewacht ist. Sie wurde anscheinend verlegt. Könnten Sie vielleicht nachschauen wohin?“

„Ich schaue Mal im Computer nach. Usagi Tsukino sagten Sie?“

Nickend bestätigte er und so drehte sich die Schwester herum. Sie steuerte einen Computer an, setzte sich davor und tippte blitzschnell auf der Tastatur herum, bis ihre Finger immer langsamer wurden. Schlagartig änderte sich auch ihre fröhliche Miene und sie wirkte nun sichtlich gefasst. Was hatte sie denn jetzt? Langsam erhob sie sich wieder, schritt auf ihn zu und legte eine Hand auf seinen Arm.

„Hat Sie denn niemand informiert?“

Stutzig schüttelte er seinen Kopf. Er verstand überhaupt nicht, warum sie so ernst schaute. Er hatte doch nur gefragt, in welches Zimmer sie verlegt wurde. Er merkte, wie sie leise seufzte. Was ging hier vor? Sie zeigte auf zwei Stühle, die im Zimmer standen und deutete ihn an sich zu setzten.

„Wo liegt sie denn nun? Ich möchte doch nur-“

„Bitte setzen Sie sich“, unterbrach sie ihn und widerwillig nahm er also neben der Schwester Platz.

„Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen das nun mitteilen muss. Miss Tsukino ist zwar erwacht, es traten aber kurze Zeit später Komplikationen auf … Wir konnten leider nichts mehr für sie tun.“

Sofort riss er seine Augen auf. Er arbeitete selbst seit Kurzem als Arzt und diese Worte benutzen man nur, wenn man Angehörigen etwas ganz bestimmtes mitzuteilen hatte. Wollte sie ihm etwa gerade sagen, dass sie tot ist? „Soll das ein schlechter Scherz sein?“

Er konnte es einfach nicht glauben. Das konnte nur ein schlechter Scherz sein.

„Es tut mir wirklich leid. Miss Tsukino hat es leider nicht geschafft.“

Ruckartig sprang er auf und sah zu der Schwester herunter.

„Das kann doch überhaupt nicht sein. Sie müssen sich irren. Sehen Sie doch bitte noch ein Mal nach. Das muss eine Verwechslung sein.“

Ganz langsam erhob sich die Schwester und schüttelte bloß traurig ihren Kopf.

„Bedauerlicherweise nein. Miss Tsukino ist vor zwei Tagen verstorben. Es tut mir wirklich leid.“

„Aber …“

Nur ganz langsam verstand er, was ihm da gerade gesagt wurde. Er hatte das Gefühl sein Herz würde stehen bleiben. Ohne ein weiteres Wort sacke er zusammen und fiel zurück auf den Stuhl. Er hatte doch gerade erst die Nachricht erhalten, dass sie wach wäre. Und nun sollte er sie nie mehr wieder sehen können? Schweigend saß er einfach nur da und bewegte sich nicht. Er konnte es nicht. Mit leeren Augen sah er auf den Tisch. Er hatte das Gefühl, ihm wurde der Boden unter seinen Füßen weggerissen.

Minuten lang saß er einfach nur da. Immer wieder wiederholte er in seinen Gedanken die Worte der Schwester. Miss Tsukino hat es leider nicht geschafft.

„Möchten Sie vielleicht mit einem unserer Seelsorger reden?“ Fragend stand die Schwester neben ihm und strich ihn dabei sanft über den Arm.

„Ich möchte sie sehen.“

Ohne den Kopf zu heben, saß er weiter auf dem Stuhl.

„Was sagten Sie?“

Energisch sprang er auf und schaute der jungen Schwester direkt in die Augen.. „Ich möchte sie sehen.“

„Ich werde sehen, was ich machen kann.“

Schnell lief die Schwester zu einer weiteren Schwester und tonlos sah er ihr hinterher. Er war immer noch in einem Schockzustand und konnte keine klaren Gedanken mehr fassen. Er war wie betäubt und das Geschehen um ihn herum, rückte in weite Ferne. Wie durch Watte gepackt, hörte er irgendwelche Stimmen und bekam nur wage mit, wie die beiden Frauen wild diskutierten.

Als die Schwester zurückkam, bemerkte er sie erst gar nicht richtig. Erst als sie sanft ihre Hand auf seine Schulter legte.

„Herr Chiba? Hallo? Hören Sie mich?“

Nickend schaute er ihr wieder in die Augen und wartete darauf, was sie ihm jetzt sagen würde, wo er hin müsste.

„Ich habe bedauerlicherweise keine guten Nachrichten. Sie wurde schon abgeholt. Sie befindet sich daher nicht mehr hier im Krankenhaus.“

Er traute seinen Ohren nicht. Das konnte doch alles nicht sein. Was wurde hier für ein Spiel getrieben? Die Nachricht auf seinem Anrufbeantworter war doch nur gerade ein Mal zwei Tage her. Und nun sollte sie tot sein und er konnte sie nicht mal mehr sehen?

„Wo wurde sie hingebracht?“

Die junge Krankenschwester zuckte mit den Schultern. „Es tut mir wirklich leid. Die Akte ist diesbezüglich gesperrt. Ich darf Ihnen leider keine Auskunft geben.“

Er merkte, wie sich sein Schockzustand auflöste und einem ganz anderen Gefühl Platz machte. Wut. Er war sauer. Stinksauer. Warum durfte er nicht erfahren, wo sie war?

„Und warum bitte nicht? Ich bin ihr Verlobter!“

„Da sie nicht verheiratet sind, darf ich es Ihnen nicht sagen. Familie Tsukino erlaubt dies nicht. Warum kann ich Ihnen aber nicht sagen. Mir sind die Hände gebunden. Es tut mir wirklich leid.“

Er ballte seine Hände zu Fäusten und Tränen stiegen ihm in die Augen. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drehte er sich um und ging. Die junge Schwester rief ihm noch irgendetwas hinter her, doch dies hörte er schon nicht mehr wirklich.

Er lief hinaus zu seinem Motorrad und fuhr los. Er musste zu ihren Eltern. Sie waren ihm eine Antwort schuldig. Warum hatte man ihm nichts gesagt? Nicht gesagt, dass sie wach ist, nicht gesagt, dass sie es nicht geschafft hat. Sie hatten es ihm doch zugesichert.

Schnell fuhr er die Straßen entlang und kam nach kurzer Zeit beim Haus der Tsukinos an. Wie in Trance stieg er von seinem Gefährt, ging mit gesenktem Kopf zur Haustür und drückte auf den Klingelknopf. Er wartete einige Minuten, aber es rührte sich nichts im Haus. Niemand öffnete. Er klingelte noch mal. Wollten sie ihm absichtlich nicht öffnen? Wieder nichts. Erneut klingelte er und drückte ohne Pause den Knopf herunter. Da sich dadurch aber auch nichts rührte, begann er jetzt lautstark gegen die Tür zu klopfen.

„Macht die Tür auf! … Warum habt ihr nichts gesagt?“ Immer wütender schlug er gegen die Tür.

„Jetzt macht auf!“

„Die sind nicht zu Hause“, drang ihm plötzlich eine keifende Stimme in die Ohren und aufgeschreckt drehte er sich herum. Eine Nachbarin hatte das Fenster geöffnete und lugte mit ihrem Kopf heraus.

„Wann kommen sie denn wieder?“

„Das weiß ich doch nicht. Sie sind jedenfalls seit Tagen nicht nach Hause gekommen. Ihre Zeitung stapelt sich schon vor der Tür.“

Nun verstand er gar nichts mehr. Wo waren sie hin? Er bedankte sich, obwohl sie eigentlich nicht sehr nett war, bei der Nachbarin und ging zurück zu seinem Motorrad. Rei, schoss es ihm durch den Kopf. Er musste zu ihr. Vielleicht wusste sie oder die anderen ja etwas.

Viel zu schnell fuhr er durch die Straßen Tokios. Aber er konnte nicht anders. Wenn die anderen etwas wussten, warum hatten sie ihm dann nichts gesagt?

Immer schneller fuhr er. Es war ein Wunder, dass auf den überfüllten Straßen nichts passierte.

 

Endlich angekommen rannte er sofort die lange Treppe hoch. Auf halber Strecke blieb er dann allerdings stehen. Mit zusammengepressten Kiefern starrte er auf die Stufen herunter. Er stand nun direkt an der Stelle, an der alles angefangen hatte. An der er sie bewusstlos in seinen Armen gehalten hatte, bis die Sanitäter sie mitgenommen hatten.

Schnell schüttelte er dann aber den Kopf. Dafür war jetzt keine Zeit. Er musste mit Rei sprechen. Und so lief er weiter.

Oben angekommen rannte er ohne Pause weiter zu dem kleinen Häuschen, in dem sie wohnte.

„Rei, wo bist du?“, brüllte er über den Hof.

„Kann ich Ihnen helfen?“

Reis Großvater hatte ihn offenbar bemerkt und kam nun langsamen Schrittes auf ihn zu.

„Ich muss dringend mit Rei sprechen. Ist sie da?“

„Ich hole sie. Warte bitte hier.“

Nickend gab er Reis Großvater zu verstehen, dass er verstanden hatte und so verschwand dieser hinter einer Tür.

Nach einigen Minuten kam Rei dann auch aus dem kleinen Häuschen hinaus.

„Mamoru, was verschafft mir denn die Ehre?“

Sie lächelte ihn freudig an und umarmte ihn zur Begrüßung.

„Wann warst du das letzte Mal bei Usagi?“, platze es aus ihm heraus und Übergang die unnötigen Begrüßungsfloskeln.

„Ich glaube, das war vor vier Tagen, denke ich. Warum? Was ist denn los?“, fragte sie nun sichtlich irritiert.

„Rei … Sie ist … sie ist tot!“, stammelte er und er konnte es nicht verhindern, dass ihm die Tränen in die Augen stiegen.

„Was sagst du da? Das kann nicht sein. Ich war doch vor ein paar Tagen bei ihr. Ihr Zustand hatte sich nicht geändert. Es war doch alles wie immer. Sie kann nicht tot sein. Du musst dich irren!“

Mit großen Augen schüttelte sie ihren Kopf und ging dabei einen Schritt rückwärts.

„Meinst du, ich scherze mit so etwas?“ Wütend ballte er seine Hände, doch im selben Moment öffnete er sie wieder und senkte seinen Kopf. „Ich war gerade im Krankenhaus …“

Er erzählte ihr die ganze Geschichte, angefangen mit der Nachricht auf seinem Anrufbeantworter und endete mit dem Versuch ihre Eltern zusprechen.

 

Unfähig etwas zu sagen, starrte Rei Mamoru an. Nur langsam verstand sie, was er ihr gerade gesagt hatte. Tränen rollten ihr über die Wangen, als sie ihn jedoch ansah, fing sie sich schnell wieder. Er war kreidebleich und der Schock stand ihm sichtlich ins Gesicht geschrieben. Sie musste jetzt für ihn da sein. Sie wusste zwar selbst nicht, wie sie mit dieser Nachricht umgehen sollte, aber wenn sie Mamoru ansah, war es ein Wunder, dass er noch nicht zusammengebrochen war. Ohne ein weiteres Wort nahm sie ihn in dem Arm und streichelte ihm sanft über den Rücken.

„Möchtest du erst ein Mal hier bleiben?“

 

Er konnte nicht mehr. Er merkte, wie seine Fassade zu bröckeln begann. In den Armen von Rei ließ er seinen Gefühlen zum ersten Mal, seit er es erfahren hatte, freien Lauf. Seine Beine gaben nach und so sackte er auf den Boden. Bitterlich weinte er und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Er merkte, wie sich Rei neben ihn setzte und ihn wieder in den Arm nahm. Auch wenn er nicht hinsah, konnte er deutlich hören, wie auch sie weinte.

Eine gefühlte Ewigkeit saßen die beiden so da. Weder er noch sie sagte mehr etwas. Sie gaben sich einfach gegenseitig Trost, doch irgendwann hörte er, wie sie lautstark ihre Nase hochzog und sich zu räuspern begann.

„Wir … wir müssen es den anderen sagen … Soll … Soll ich das vielleicht Übernehmen?„

Dankend nickte er. Er hätte nicht gewusst, wie er das alles noch ein Mal erzählen hätte können, ohne direkt durchzudrehen.

Langsam erhob er sich und wollte sich gerade verabschieden, als er eine Hand an seinem Arm spürte „Du bleibst heute hier. Ich mache dir ein Zimmer zurecht. In deiner Versfassung solltest du nicht alleine sein.“

Schulterzuckend stimmte er zu. Er wusste, dass sie sowieso nicht nachgeben würde, bis er zustimmen würde.

 

 

Rei hatte alle für diesen Abend zu sich bestellt. Jetzt saßen sie hier und wussten nicht, warum sie hier waren. Dass es etwas Wichtiges sein musste, war allen klar, sonst hätten sie nicht gleich noch am selben Tag zu ihr kommen sollen. Alle bemerkten, dass mit Rei etwas nicht stimmte. Minako jedoch war die Erste, die anfing zu reden.

„Was ist los? Warum sitzen wir hier? Du bist schon die ganze Zeit nicht ganz bei dir Rei.“

Es war also an der Zeit. Rei schloss für einen kurzen Moment die Augen. Sie musste dabei die Fassung behalten, sonst würde sie es nicht schaffen ihnen diese Nachricht mitzuteilen. Wo sollte sie nur anfangen?

„Danke, dass ihr alle gekommen seid … Ich habe … Ich habe euch etwas Schlimmes zu sagen. Mamoru kam heute Vormittag zu mir und …“

Sie erzählte ihnen, wie Mamoru es zuvor ihr erzählte hatte, die ganze Geschichte. Als sie fertig war, herrschte Stille im ganzen Raum. Niemand traute sich etwas zusagen. Viel zu geschockt waren sie. Laut fing Minako dann aber an zu weinen und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Auch bei den anderen bildeten sich immer mehr die Tränen. Fassungslos saßen sie weiterhin in dem kleinen Raum.

Doch plötzlich, ohne Vorwarnung, hämmerte Haruka mit ihrer Faust auf dem Tisch und löste die anderen damit aus ihrer Starre.

„Verdammt, das ist doch alles nicht wahr!“, brüllte sie, sprang auf und verließ stürmisch den Raum. Michiru erhob sich ebenfalls und eilte ihr direkt hinter her. Setsuna und Hotaru standen nun auch auf und gingen Richtung Tür. Setsuna drehte sich zu den anderen herum und senkte traurig den Kopf.

„Wir sollten uns morgen wieder treffen, damit wir besprechen können, wie es weiter geht.“

Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, die allen im Kopf herumschwirrte, waren sie und Hotaru auch schon verschwunden.

Die Übrigen saßen einfach nur da und hingen ihren Gedanken nach. Jeder versuchte auf seine Weise mit dieser schrecklichen Nachricht umzugehen.

„Aber ist doch schon komisch, dass Usagis Familie einfach abgereist ist, ohne irgendjemandem Bescheid zu geben“, räusperte sich Ami mit einem Mal.

Alle nickten ihr zustimmend zu. Genau in diesem Moment stellte sich Mamoru auf die Türschwelle.

„Ich werde morgen wieder hinfahren und schauen, ob sie zurück sind. Sie können uns nicht verbieten, dass wir uns von ihr verabschieden“, sprach er mit brüchiger Stimme.

Alle starten auf den Boden und keiner sagte mehr etwas. Was sollten sie auch sagen. Ihre Freundin, Sailor Moon, ja ihre Prinzessin war für immer fort. Keiner wusste in diesem Moment, wie es weiter gehen sollte.

Schwer atmend drehte sich Mamoru wieder herum und schloss hinter sich die Tür. Die anderen folgten ihm nicht. Sie wussten, er brauchte jetzt Zeit für sich. Langsam lief er über den Hof, steuerte die lange Steintreppe an und setzte sich auf die erste Stufe. Mit leeren Augen starrte er hinauf. Draußen war es mittlerweile dunkel geworden und er betrachtete den, mit einigen Wolken bedeckten, Sternenhimmel. Aus einer Wolke schob sich langsam der Vollmond heraus. Der runde Mond strahlte ihn förmlich an. Gedankenverloren steckte er seine Hand in die Hosentasche und zuckte einen kleinen Moment zusammen. Er hatte ganz vergessen, dass sich die Brosche noch darin befand. Er hatte sie noch gar nicht wieder in die kleine Schachtel in seinem Nachtisch gepackt. Er zog die Brosche heraus und strich mit seinen Fingern darüber. Seine Tränen tropften mehr und mehr auf das kleine Schmuckstück. Wochenlang hatte er gehofft. Aber es war umsonst gewesen. Es war vorbei. Er hatte sie für immer verloren. Langsam hob er seinen Kopf und betrachtete wieder den Mond.

„Usako …“

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  G-Saite
2018-06-25T17:29:17+00:00 25.06.2018 19:29
Schön geschrieben. Ich verbleibe neugierig.
Antwort von:  Fiamma
25.06.2018 20:27
Vielen Dank und auch hier vielen Dank für deinen Kommi :)
Von:  mondhas
2018-05-28T14:24:06+00:00 28.05.2018 16:24
vielen lieben dank für das neue schöne kap.bin sehr gespannt wie es weiter geht
Antwort von:  Fiamma
29.05.2018 09:57
Huhu, vielen Dank für deinen Kommi :)


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