"Sie ist bewusstlos", stellte Jin fest, als er Adriana auffing. "Soll ich hinterher?", fragte Tezou. "Nein, ich möchte nicht noch mehr Ärger mit ihr", antwortete Jin darauf. "Fliegen wir zurück, es ist Abend."
In ihrer 'Basis' hatten sie Verstärkung angefordert, die am nächsten Tag ankommen sollte. Um einen Plan zu machen und ihn geheim zu halten, mussten sie wieder nach Tokio.
Dort gingen sie in die gemietete WG. Behutsam legten sie das Mädchen auf ein freies Bett. "Sie wird bestimmt durchschlafen und sich ausruhen. Tezou, versorge ihr Verletzungen. Wenn sie innere Blutungen hat, fahr sie sofort ins Krankenhaus." Tezou guckte zwar erst etwas verwirrt, nickte dann aber knapp. "Wir legen uns schon mal hin!" grinste Jin.
Tezou war grade fertig, als eine Turmuhr Mitternacht schlug. Also ging auch er sich seinen wohlverdienten Schlaf holen.
Eine Stunde später wachte Adriana aus einem Alptraum auf. Sie hatte starke Kopfschmerzen. "Hab wohl eine Gehirnerschütterung, 'ne leichte, glaub ich. Ich brauche unbedingt frische Luft... Zurückverwandelt habe ich mich wohl auch wieder... Ich glaube, ich bin wieder in Tokio... Wo alles begann..." Mit diesen Worten stand sie auf und zog die Winterklamotten wieder an, die ihr wohl irgend jemand ausgezogen hatte.
Die breiten Straßen waren schneebedeckt, die kühle Luft fühlte sich angenehm an.
Heute hatte Adriana keine Lust, ihrem Spieltrieb freien Lauf zu lassen; das heißt sie hatte keine Lust, jemanden zu töten.
In den ersten Momenten dachte sie nur über das nach, was Hige gesagt hatte.
Irgendwann waren ihr Tränen in die Augen getreten. Sie begann zu rennen. Der seelische Schmerz war schlimm, sie konnte nur davonrennen... Die Straßen hinab...
Irgendwann wurde ihr bewusst, wie man sie in ihrer 'Kindheit' überhaupt behandelt hatte... Adriana war verwirrt, es tat immer mehr weh, und wenn sie daran dachte, sich umzubringen, konnte sie es vergessen.
Eine innere Stimme sagte "Nein!". Das war wohl der Engel in ihr... Diese Kraft war stark, es tat ihr immer mehr weh... Sie hatte unheimliche Kräfte in sich schlummern, dessen war sie sich aber nicht bewusst. Adriana war stark...
'Warum sollte ich für die Menschen kämpfen? Warum für die Engel? Warum hassen mich alle??' Sie lies sich an der Waldklippe auf die Knie fallen, blickte auf die große Stadt hinab, In der noch einige Lichter glänzten.
"WARUM BIN ICH SO ANDERS??? ICH WILL KEINE GEFÜHLE HABEN!!! WARUM? PAPA?! WARUM HABE ICH EINEN ENGEL IN MEINEM STAMBAUM??? WARUM? Ich bekomme... Gefühle... Ich wehre mich, doch trotzdem habe ich eine Seele..." Sie schrie es in die Nacht, wütend, so laut sie nur schreien konnte. Doch zum Schluss wurde ihre Stimme immer leiser.
"Glaub mir Gefühle sind etwas schönes... Du kannst Liebe spüren, Glück empfinden... Es macht nichts, dass in deiner Familie ein Engel ist. Das heißt für dich, auch du wirst in deinem Leben Glück erfahren können..." Jin stand mit seiner kleinen Gruppe Engel hinter ihr und blickte sie ernst an.
"Du lügst!!! ICH HABE NIEMALS GLÜCK, SIEH MICH DOCH AN!!! ICH BIN ENGEL, GEMISCHT MIT DÄMON UND VAMPIER!!!"
"Dämonen können auch Gefühle empfinden, wenn sie nur wollen. Überleg doch nur mal, warum du ein halber bist. Dein Vater hat deine Mutter geliebt. Er hat Gefühle für sie gehegt. Sonst wäre ja kein Engel in deiner Familie... Jetzt weißt du bloß nicht, was du machen sollst. Weil es eine neue Situation ist", erklärte Tezou geduldig.
Adriana blickte die Engel an. "Wie habt ihr mich gefunden?"
"Mit deiner Aura, der Ausstrahlung deines Köpers. Gemerkt, dass du weg warst, haben wir nach zehn Minuten, weil du so laut warst!", lächelte Ling-chan.
Die Nacht war kurz, wenn man bedenkt, was Adriana alles durch machen musste.
"Warte bis wir wiederkommen, beschäftige dich mit irgendwas. Willst du noch mehr lernen?", fragte Ling Adriana.
"Ist gut....nein ich möchte nicht mehr lernen, nur den Kampf!", erklärte sie mürrisch. "Dann eben nicht", sagte die Ältere.
Die Engel gingen nun zu ihrer Arbeit, und die Kleine hatte oder bekam sie auch bei dem Morgenfernsehen, wo sie ein Programm ab sechzehn einschaltete.
Schade eigentlich, jagen konnte sie nur nachts. Doch sie hatte immer noch keinen klaren Kopf, es machte sie echt fertig. Ryuichi hatte sich gestern auch so seltsam verhalten... Das brachte sie noch mehr aus dem Konzept, je mehr sie darüber nachdachte.
'Aber sie... Nein, nicht schon wieder! Diese Gedanken und Gefühle... Sie zwingen mich... Es tut mir weh... Ist das vielleicht... wenn die Engelsgefühle die dämonischen und die vampirischen... bekämpfen? Wenn ich das jeden Tag erlebe... will ich nicht mehr leben!' Adriana konnte nicht mehr still da sitzen, sie durchsuchte das Bad nach Schmerzmitteln. Dort! Da waren welche! Schnell nahm einige der Tabletten ein, zog sich an und lief zu sich nach Hause durch die bereits überfüllten Straßen.
Die Mittel zeigten keine Wirkung... Wahrscheinlich hatte sie Recht und ihre Gefühle bekämpfen sich.
Aus der Jacketasche holte sie den Hausschlüssel, schloss die Tür auf, stürmte rein und knallte die Tür wieder zu. Nun suchte sie nach ihrem kleine japanischen Dolch, den sie in ihrem Nachttisch aufbewahrte, schmiss die Jacke beiseite und zog die Ärmeln des Pullovers hoch.
Adriana ritzte sich...
'Aber warum merke ich nur den altbekannten Schmerz? ICH WILL IHN LOSWERDEN!!! Die Schmerztablette!... "OHHH GOTT, HILF MIR!!!", stöhne das Mädchen. 'Warum immer ich? Tu was, bitte!!!'
Ihr kam plötzlich eine Idee. Nun ging die Kleine auf Klo, steckte den Finger in den Hals und hoffte das die Schmerzmittel mit raus kommen würde...
Adriana versuchte es noch einmal mit dem Dolch, es klappte! Der körperliche Schmerz übertünchte den seelischen. Dadurch konnte sie sich endlich 'entspannen' und lies sich aufs Bett fallen. Sie schlief ein.
"Hey! Bin wieder da! Wo bist du?!", rief Tezou durchs Haus. Keine Antwort. "Wo ist sie nur wieder?! Adriana... Könnte wieder bei der Lichtung sein! Mal gucken, ob ich ihre Aura finde..." Tezou fand sie dort nicht, sie war ja nicht doof.
Er flog dann in die Basis die er nach einer Stunde ereichte hatte. Die Verstärkung war schon angekommen, ein Mann mit orangebraunen Haaren, der ungefähr so viel Muskeln wie Jin besaß.
Tezou wusste auch, wer dieser Mann war. "Hallo! Na? Wie geht's? Raphael?!" Der andere setzte ein breites Grinsen auf. "Ganz gut, und dir?! Was ist mit dem Mädchen?"
"Na, ja Adriana hat es wohl sehr mitgenommen, ich finde sie nicht mehr. Gestern Abend ist sie uns auch schon ausgebüxt..."
Als Tezou das sagte blickte er in Raphaels blauen Augen. Der neue schien zwar 25 zu sein, zwei Jahre jünger als Jin, aber er hatte mehr Erfahrung als der, mit der Ausbildung zum Engel hat er eher angefangen.
Raphael schüttelte nur mit dem Kopf. "Schade eigentlich, ich dachte ich könnte gleich anfangen ihre Kräfte zu wecken..."
"Bist du VERRÜCKT?! Das macht sie doch nicht mit! Du vergisst, sie ist nur zu einem Viertel Engel und nicht so brav wie unsere Kinder"
Raphael brach in Gelächter aus. "Oh Alter, du regst dich ja immer noch so schnell auf! Wie geht es meiner Schwester?"
"Ach, Ling-chan geht's gut... Wieso?" "Darf man etwa nicht mal fragen, wie es seiner Schwester geht?! Fliegen wir nach unten, Tezou?"
"Ja, können wir. Komm!"
By Jessica Dean
(beta-read by Khana ^^)
Kommis, bittebitte!! *smile*
