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Ai no Scenario

von

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Es war bereits spät am Abend und die Sonne begann unter zu gehen, doch bis zur Öffnung des Carpe Noctem dauerte es noch eine Weile. Shinichi saß mit einigen Mitgliedern seines Clans zusammen, seine Handflächen aneinandergepresst, sein Körper angespannt.

Miyoko legte ihm eine Hand auf die Schulter und begann sie sanft zu reiben. „Keine Sorge“, wisperte sie mit ruhiger Stimme. „Ihm wird schon nichts passieren. Er ist doch bis jetzt immer davon gekommen.“

„Wenn er seinem Ziel nahe kommt kann es sein, dass es unvorsichtig wird“, presste Shinichi zwischen den Lippen hervor und schloss die Augen. Akihito zu seiner Linken seufzte: „Er ist Kaitou KID. Er wird das Kind schon schaukeln.“

„Außerdem solltest du nicht jedes Wort für bare Münze nehmen, dass dir eine Hexe sagt. Vor allem nicht, wenn es um Prophezeiungen geht“, murrte Shigure, welcher mit einer Blutkonserve in der Hand hinter der Bar auftauchte. Er trat näher an seine Gäste heran und gab die Konserve an Shinichi weiter, welcher sie dankend entgegen nahm.

„Was meinst du damit?“, fragte der Oberschüler unsicher, ehe er ein Loch in die Verpackung bohrte und zu trinken begann. Shigure seufzte auf und lehnte sich gegen den Tresen seiner Bar. Den Blick auf dem Schüler ruhend begann er zu erklären: „Hexen schließen Pakte mit Dämonen. Sie befehligen Dämonen und je stärker die Hexe, desto stärker der Dämon den sie beschwören. Diese Dämonen sind die Quelle der Prophezeiungen. Und auch, wenn die Dämonen durch den Pakt einer Wahrheitspflicht unterliegen, heißt das nicht, dass sie die Wahrheit nicht umschreiben dürfen um die Hexe zu verwirren.“

„Du klingst, als würdest du dich gut mit Hexen auskennen, Shigure-san“, bemerkte Shinichi. Der Vampire winkte ab. „Ich bin alt, Junge. Und ich habe so meine Erfahrungen mit den Weibern gemacht.“

„Ich weiß, du redest nicht gern darüber“, mischte sich Akihito ein, „Aber du solltest dem Jungen erklären was du meinst.“

Der großgewachsene Vampir verzog leicht das Gesicht, nickte dann jedoch zustimmend. Er verschränkte seine Arme vor der Brust und fixierte Shinichi mit seinen kühlen, stahlblauen Augen bevor er weitersprach: „Prophezeiungen sind nie so klar, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Was genau hat diese Hexe am Telefon zu dir gesagt?“

„Sie sagte ‚Wenn Kaitou KID sein Ziel erreicht wird er sterben‘… und, dass er bei seinem nächsten Überfall dieses Ziel erreichen wird.“

„Meint sie damit, dass er den Stein finden wird, den er so verzweifelt sucht?“, fragte Akihito überrascht und der Oberschüler nickte. „Jedenfalls denke ich, dass sie das meint.“

„Ein perfektes Beispiel“, murrte Shigure und lehnte sich leicht nach vorne. „Du gehst davon aus, dass der Junge sterben wird, nicht wahr? Dass er sich diesen Stein schnappen und damit sein Leben verwirken wird.“

Shinichi nickte leicht. Shigure machte einen verächtlichen Laut.

„Natürlich glaubst du das“, seine Stimme triefte nur so vor Abscheu, „Das ist genau das, was diese Dämonen wollen. Aber was, wenn diese Prophezeiung gar nicht bedeutet, dass der Junge stirbt? Was, wenn es lediglich bedeutet, dass sein Alter Ego stirbt?“

„Sein Alter Ego?“, wiederholte Shinichi überrascht. Shigure nickte. „Was, denkst du, wird der Junge machen, wenn er den Stein, den er schon die ganze Zeit über sucht, findet? Was wird mit Kaitou KID passieren?“

„Ich nehme an, dass er seine zweite Identität aufgibt? Was- ah.“

Shinichi’s Augen weiteten sich leicht vor Überraschung. Er verstand, was Shigure ihm sagen wollte. Die Prophezeiung besagte lediglich, dass Kaitou KID sterben würde. Sie sprach nicht davon, dass auch Kaito Kuroba etwas geschah.

Shinichi entspannte sich und ließ das leere Plastik auf den Tresen sinken. Ein tiefer Seufzer verließ seine Lippen.

„Zum Glück“, auch Miyoko klang erleichtert, „Dann bedeutet die Prophezeiung lediglich, dass der Junge endlich sein Ziel erreicht. Das ist doch großartig.“

„Freut euch nicht zu früh“, murrte Shigure und wandte sich von seinen Freunden ab um mit den Vorbereitungen für die Eröffnung zu beginnen. „Es kann natürlich auch sein, dass es tatsächlich so gemeint war und der Junge verliert sein Leben. Das ist das Problem mit Hexen. Man weiß nie, woran man ist.“
 

 

„Wie wär’s, wenn wir morgen was zu viert unternehmen?“, schlug Sonoko überschwänglich vor und erhaschte damit einen überraschten Blick von Shinichi und Ran. Seit dem seltsamen Anruf der Hexe waren bereits einige Tage vergangen und, nachdem er sich mit seinem Clan beraten hatte, hatte Shinichi beschlossen etwas länger über die Prophezeiung nachzudenken bevor er entschied, was er tat. Nachdem die Hexe den Dieb bereits gewarnt hatte dürfte KID die drohende Gefahr wohl kennen. Und wollte der Schülerdetektiv wirklich Schuld daran sein, dass KID sein Ziel nicht erreichte? Dass Kaito sein Dasein als Dieb doch nicht beenden konnte? Wollte er tatsächlich seine Zukunft zerstören?

„Sonoko, morgen ist doch Valentinstag“, erwiderte Ran, ein klein wenig verunsichert. Shinichi hatte sich nicht bei dem Jungen gemeldet und hatte auch von der Hexe nichts mehr gehört. Er hatte beschlossen, das Risiko einzugehen und nicht an dem Überfall teilzunehmen, trotz der erneuten Einladung von Inspektor Megure.

„Ja, ich weiß. Makoto-san und ich gehen essen und ich dachte mir, es wäre doch nett wenn du und Shinichi mitkommt! So wie ein Doppel-Date!“

Ran seufzte auf und auch der Schülerdetektiv rollte leicht mit den Augen. „Sonoko“, er klang genervt, „Wir haben dir doch inzwischen oft genug gesagt, dass wir nur Freunde sind. Wann wirst du endlich aufhören uns verkuppeln zu wollen?“

Die junge Erbin verzog das Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust. Es war eindeutig, dass sie nicht gewillt war ihre Hoffnungen auf diese Pärchen-Konstellation aufzugeben, obwohl die beiden Beteiligten ihr schon mehrfach das Gegenteil mitgeteilt hatten.

„Aber was willst du denn sonst morgen machen, Ran?“, fragte das Mädchen nun direkt an ihre beste Freundin gewandt und wirkte plötzlich mehr als nur ein wenig besorgt. „Ein Mädchen kann doch nicht an so einem wichtigen Tag wie dem Valentinstag alleine bleiben!“

„Ich werde schon eine Beschäftigung finden, keine Sorge“, winkte Ran ab. „Ich werde für Paps ein leckeres Abendessen kochen und mir vielleicht einen Film im Fernsehen ansehen. Ganz gemütlich, mit einer Tasse Tee.“

„Oh Ran“, Sonoko schluchzte gekünstelt auf, „Das ist so absolut gar nicht romantisch.“

„Na na, ich werde einen unromantischen Valentinstag überleben.“

Sonoko wirkte immer noch nicht begeistert, aber sie schien sich geschlagen zu geben. Da sie die Kreuzung, an der sich ihre Wege trennten, erreicht hatten verabschiedete sich die junge Suzuki-Erbin von ihren beiden Freunden, ehe sie ihren Heimweg antrat. Shinichi und Ran sahen ihr noch eine Weile nach, wandten sich dann jedoch ab und schlugen ihren eigenen Heimweg ein. Sie liefen schweigend nebeneinander her, aber es war kein unangenehmes Schweigen. Shinichi genoss die Stille, genoss den Komfort, welchen die Anwesenheit seiner besten Freundin ihm gab. Er fühlte sich entspannter als wenn er alleine war, fühlte sich sicherer.

„Sag mal, Ran“, er beobachtete wie seine Kindheitsfreundin überrascht den Kopf hob. „Was hast du morgen wirklich vor?“

„Ich weiß nicht, was du meinst“, erwiderte Ran und legte den Kopf leicht schief. „Ich habe doch schon gesagt, dass ich nichts Besonderes geplant habe.“

„Keine Dates?“, hakte Shinichi nach, „Keine Verehrer, die dich irgendwohin eingeladen haben?“

Ran schüttelte leicht den Kopf. Shinichi hielt in seinem Schritt inne und auch Ran blieb stehen, sah ihn verwirrt an: „Was ist denn los, Shinichi?“

„Ich wollte dich vorhin, in Sonoko’s Anwesenheit, nicht fragen, weil sie es vermutlich wieder in den falschen Hals kriegen würde, aber… wollen wir morgen etwas zusammen unternehmen?“

Ran’s Augen weiteten sich vor Überraschung. Dann wurde ihr Blick plötzlich ernst und sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Nutzt du mich etwa schon wieder als Ausflucht, um dich nicht deinen Gefühlen stellen zu müssen?“, fragte sie, und ihre Stimme klang als würde sie mit Conan reden, der schon wieder irgendwo ungefragt seine Nase hineingesteckt hatte. Shinichi hob, aus einem Reflex heraus, abwehrend die Hände und hielt zugleich auch seine Tasche wie einen schützenden Schild vor sich.

„Das war auf keinen Fall meine Intention, ich schwöre! Außerdem… außerdem habe ich das Gespräch bereits hinter mich gebracht, so wie ich es dir versprochen hatte.“

Das entwaffnete Ran’s bösen Blick und ihre Haltung entspannte sich etwas. „Ihr habt geredet?“, fragte sie, erneut überrascht, „Wie ist es ausgegangen?“

Shinichi verzog leicht das Gesicht. „Was denkst du wohl?“

„Nicht so gut, wenn du den Valentinstag mit mir verbringen willst, oder?“

Der Schülerdetektiv sah keinen Grund einen Hehl daraus zu machen und schüttelte leicht den Kopf. Er setzte sich langsam wieder in Bewegung, wissend, dass Ran ihm ohnehin folgen würde. „Wir haben geredet aber am Ende ist es doch vergeblich gewesen. Wir sind einfach zu unterschiedlich, auch unsere Ziele und Vorstellungen vom Leben sind… zu wirr. Wir können nicht zusammen sein.“

„Shinichi…“, wisperte Ran und ihre Stimme klang so voller Trauer. Der Junge schüttelte schnell den Kopf und schenkte ihr ein sanftes Lächeln: „Es ist in Ordnung, Ran. Keine Sorge.“

Erneut legte sich Stille über die beiden Oberschüler und sie hingen jeder ihren eigenen Gedanken nach, bis Ran schließlich meinte: „Ich habe bei einem Gewinnspiel gewonnen, weißt du? Zwei Karten für den Valentinstag. Für ein Event in der Sunshine City. Ich wollte sie eigentlich Sonoko schenken, aber sie meinte wohl das Makoto-san bereits eigene Pläne für sie hat, darum hat sie abgelehnt. Ich wollte die Tickets eigentlich verfallen lassen, aber wenn wir beide jetzt sowieso Zeit haben…“

Shinichi sah seine Kindheitsfreundin an und grinste leicht: „Ein Fake-Date zum Valentinstag?“

Ran schmunzelte: „Warum nicht? Aber lass es uns besser vor Sonoko geheim halten, sonst interpretiert sie am Ende wieder viel zu viel hinein.“

Der Detektiv konnte nur zustimmen. So gern er die junge Erbin auch mochte, wenn ihre Fantasie mit ihr durchging konnte es wirklich überaus anstrengend werden.

Als sie die Detektei Mori erreicht hatten verabschiedeten sich die beiden voneinander. Shinichi ließ es sich nicht nehmen seine Kindheitsfreundin nach Hause zu bringen. Er genoss es Zeit mit ihr zu verbringen, solange er das noch konnte und Ran’s Anwesenheit bewahrte ihn davor irgendwelchen düsteren Gedanken zu verfallen. Als sie jedoch im Inneren des Gebäudes verschwunden war und Shinichi sich alleine auf den Heimweg machte konnte ihn nichts mehr davon abhalten an KID und die Prophezeiung der Hexe denken.

Er hatte sich dafür entschieden nicht zum Überfall des Diebes zu gehen und darauf zu vertrauen, dass Kaito geschickt genug war um sein Ziel zu erreichen, ohne dabei zu Schaden zu kommen. Shigure’s Worte, einer Hexe nicht blind zu vertrauen, hallten in seinem Kopf wider. Und trotzdem wurde er dieses unangenehme Gefühl nicht los, diese beklemmende Angst, dass etwas schiefging, dass nicht nur KID sterben würde, sondern das auch Kaito zu Schaden kam.

Als Shinichi sein stilles und dunkles Haus betrat überkam ihn die Angst wie eine Flutwelle. Er zog seine Schuhe und Jacke aus und machte sich schnurstracks auf den Weg in sein Schlafzimmer. Er hatte den Raum nicht mehr betreten seit er Kaito in seinem Bett schlafend vorgefunden hatte, hatte die Nächte, die er nicht bei Akihito verbracht hatte, im Schlafzimmer seiner Eltern verbracht. Lautlos öffnete er die Tür, fast schon in Erwartung den schlafenden Kaito in seinem Bett vorzufinden, doch der Raum war leer. Langsam trat Shinichi ein, bewegte sich zum Bett und ließ sich dort auf der Bettkante niedersinken.

Zum ersten Mal, seit er das Gebäude betreten hatte, atmete er tief durch. Kaito’s Fährte begrüßte ihn, schwach, aber doch präsent.

Shinichi senkte den Blick und zog das Telefon aus seiner Hosentasche. Er öffnete den Chatverlauf mit Kaito. Seit er dem Magier das Herz gebrochen hatte, hatte dieser sich nicht mehr bei ihm gemeldet, ihm keine belanglosen aber liebevollen Nachrichten mehr geschrieben.

Der Schülerdetektiv zögerte etwas, nicht sicher, ob es so klug war Kaito zu schreiben nachdem er ihn so kalt behandelt hatte, aber die Sorge um den Meisterdieb und die Sehnsucht nach ihm überwogen.

Ich bitte dich, pass auf dich auf. Ich möchte nicht, dass dir morgen Abend etwas zustößt.

Er sendete die Nachricht bevor seine Vernunft ihn aufhalten konnte. Ohne auf eine Antwort zu warten legte Shinichi das Telefon zur Seite und erhob sich von dem Bett. Er verließ das Schlafzimmer einmal mehr um in der Küche zu Abend zu essen, gönnte sich auch eine heiße Dusche danach, ehe er ins Schlafzimmer zurückkehrte. Sein Telefon lag immer noch regungslos am Nachtkästchen, es gab kein Signal von sich, dass er eine neue Nachricht erhalten hätte. Er wandte sich ab und legte sich ins Bett. Es war zwar erst früh am Abend und die Sonne war noch nicht ganz verschwunden, aber die Müdigkeit überrollte ihn so schnell, dass er in nur wenigen Augenblicken auch schon in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen war.
 

 

Kaito hatte auch am nächsten Morgen nicht zurückgeschrieben und Shinichi wusste, dass er seine Hoffnungen auf eine Antwort aufgeben konnte. Vermutlich hatte der Magier ihn einfach ignoriert, so wie Shinichi es auch mit ihm getan hatte. Nicht aus Wut oder Rache, sondern einfach, weil er Shinichi’s Entscheidung getrennte Wege zu gehen hinnahm. Er hoffte, dass er Kaito mit seiner Nachricht nicht verletzt hatte.

Da er früh genug aufgewacht war beschloss er, dass er Ran von der Detektei Mori abholte. Das würde ihm auch die Ablenkung verschaffen, die er so dringend brauchte. Seine Kindheitsfreundin war überrascht als Shinichi vor der Tür stand, beschwerte sich aber nicht im Geringsten darüber, dass sie gemeinsam zur Schule gingen. Der Schülerdetektiv wirkte, trotz seiner blassen Haut, motiviert und fröhlich: „Wie sieht der Plan für heute Abend aus? Wann genau müssen wir wo sein?“

Die Oberschülerin zog den Brief für das Gewinnspiel aus ihrer Schultasche und warf einen kurzen Blick darauf. „Also, hier drinnen steht das wir ab 17 Uhr in der Sunshine City gegen Vorzeigen unserer Eintrittskarten an dem Valentinsevent teilnehmen können. Scheint als hätten normale Besucher nur eingeschränkt Zutritt zu den Attraktionen…“

„Ich bin überrascht, dass die Sunshine City sich auf so etwas einlässt.“

„Die Tickets für die Verlosung sind weggegangen wie warme Semmeln“, Ran steckte den Brief wieder in ihre Schultasche, ehe sie Shinichi ein breites Lächeln schenkte. „Ich bin immer noch überrascht, dass ich mit lediglich einem Ticket gewonnen habe.“

„Ich bin überhaupt überrascht, dass du dir ein Ticket gekauft hast“, erwiderte der Oberschülerdetektiv amüsiert. „Habe ich nicht. Mama hat es mir geschenkt.“

Als sie in einiger Entfernung Sonoko sahen beenden sie das Gespräch über ihre Pläne für den Nachmittag. Glücklicherweise sorgte die junge Erbin auch gleich dafür, dass die Gruppe ein neues Gesprächsthema fand: Der perfekte Valentinstag mit Makoto!

Shinichi klinkte sich aus dem Gespräch aus. Es war ein Thema für Mädchen, eines in dem Shinichi als Mann nichts mitzureden hatte. Er warf lediglich ein, zweimal seine Meinung mit in den Raum, wurde jedoch von Sonoko mit bösen Blicken zum Schweigen gebracht.

Er störte sich nicht daran, auch wenn es ihm lieber gewesen wäre sich am Gespräch beteiligen zu können. Seine Hand glitt wie von selbst in die Tasche seiner Hose, die Fingerspitzen berührten das Telefon darin und er musste dem Drang widerstehen das Telefon rauszuholen und einen Blick auf mögliche eingegangene Nachrichten zu werfen.

„Trotzdem ist es ärgerlich, dass wir nicht zu KID’s Raubzug gehen können!“ Sonoko’s beleidigte Stimme riss ihn aus seine Gedanken und sofort war seine Aufmerksamkeit wieder auf die beiden Mädchen gerichtet. Wie es schien war der Valentinstag schon nicht mehr interessant und das Thema war gekippt.

„Ich meine, du könntest immer noch hingehen, Ran. Und du könntest KID einen Brief von mir geben! Wäre das nichts?!“

„Ich bezweifle, dass KID die Zeit hätte einen Brief von mir entgegen zu nehmen“, erwiderte Ran und seufzte schwer. „Außerdem ist doch niemand zugelassen zum Ausstellungsraum, oder? Paps meinte, dein Onkel Jirokichi hat alle Hebel in Bewegung gesetzt um das Museum zu einer Mausefalle für KID umzufunktionieren. Und mit der Hilfe von Hakuba-kun und der KID-Task Force werden sie ihn doch sicher schnappen.“

„Ich hoffe nicht“, jammerte Sonoko und warf dramatisch die Hände über den Kopf, „Meinen geliebten KID darf man nicht einsperren! Seine Schönheit muss in Freiheit bewundert werden!“

„Ich denke, es wäre besser für ihn, wenn er den Überfall absagt. Ein Mensch kann doch alleine niemals gegen so viele Polizisten und Detektive ankommen, oder?“

Shinichi spürte, wie das flaue Gefühl in seinem Magen wuchs. Er versuchte den Gedanken an das Polizeiaufgebot von sich zu schieben. KID war ein hervorragender Dieb und Magier, er würde schon auf sich aufpassen. Außerdem hatte die Hexe anklingen lassen, dass sie versucht hatte KID aufzuhalten. Er würde über die Prophezeiung Bescheid wissen und dementsprechend auf der Hut sein.

Der Gedanke war tröstlich und er schaffte es tatsächlich den jungen Meisterdieb aus seinen Gedanken zu verbannen als sie schließlich die Schule erreichten. Er hatte gerade zwei Schritte in das Schulgebäude getan als er auch schon vom ersten Mädchen aufgehalten wurde, welches ihm mit hochroten Kopf Schokolade überreichte.

Er nahm die Schokolade dankend entgegen, ließ sie jedoch achtlos in seiner Schultasche verschwinden sobald das Mädchen außer Sicht war.

„Keine 5 Minuten in der Schule und schon die erste Schokolade abgestaubt“, stellte Sonoko anerkennend fest. „Kein schlechter Start in den Tag, du großer Meisterdetektiv.“

„Lass gut sein, Sonoko“, murrte Shinichi leise. Er öffnete sein Schuhfach und stieß einen schweren Seufzer aus. Da war noch mehr Schokolade. „Wieso? Freust du dich nicht über die ganzen Geschenke?“

„Nein“, murrte Shinichi erneut und ließ auch diese Schokolade in der Schultasche verschwinden ehe er seine Schuhe umzog. „Ich bin kein Freund von Schokolade, okay?“

„Wirklich?“, Ran wirkte überrascht. „Dabei dachte ich immer, du magst Schokolade.“ Natürlich wusste Ran, dass er Schokolade mochte. Auch, wenn er sie nie in Unmengen genossen hatte, ab und zu ein Stück Schokolade hatte Shinichi noch nie abgelehnt. Aber die Dinge hatten sich nun mal geändert. Er schenkte seiner Kindheitsfreundin ein freches Grinsen: „Seit ich deine Valentinsschokolade gekostet habe schmeckt alles andere nicht mehr lecker. Wenn du welche für mich hättest würde ich sie dankend akzeptieren!“

Ran errötete leicht und Sonoko stieß einen triumphierenden Laut aus: „Also doch! Du magst Ran, gibt’s zu!“

„Natürlich mag ich sie“, erwiderte der Detektiv völlig selbstverständlich, „Sie ist immerhin meine beste Freundin.“ Sonoko stieß ein frustriertes Stöhnen aus, doch Shinichi störte sich nicht daran. Er machte sich auf den Weg ins Klassenzimmer, immerhin wollte er nicht zu spät zu Unterrichtsbeginn kommen. Dass er auf dem Weg dorthin noch zweimal aufgehalten wurde machte es nicht gerade einfacher. Shinichi erreichte seinen Platz gerade noch rechtzeitig zum Klingeln der Glocke. Er verfluchte den Valentinstag innerlich und fragte sich, ob es Kaito wohl genauso ging wie ihm.

Der Junge war gutaussehend und charmant. Wahrscheinlich wurde er nur so überschüttet mit Schokolade von seinen Verehrerinnen.
 

 

Als der Unterricht zu Ende war und die meisten bereits das Gebäude verlassen hatte wartete Shinichi vor dem Schultor auf Ran. Sie hatte für einen der Lehrer noch Unterlagen ins Lehrerzimmer gebracht und er war inzwischen vorgegangen, in der Hoffnung so weitere Schokolade-Geschenke vermeiden zu können. Seine Tasche war jetzt schon um einiges Schwerer als sie es eigentlich sein sollte, aber da er als Vampir auch kräftiger war als früher störte ihn das zusätzliche Gewicht nicht. Er fand es lediglich schade, dass er die Schokolade wohl wegschmeißen musste.

Ran lief aus der Schule direkt auf den Detektiv zu und blieb, schwer atmend, neben ihm stehen: „Tut mir leid, dass du warten musstest!“

„Kein Problem“, er wartete, bis das Mädchen ein paarmal tief Luft geholt hatte, ehe sie sich auf den Weg Richtung Sunshine City machten.

„Ich hoffe nur, dass uns niemand aus unserer Schule sieht.“

„Ich denke nicht, dass das problematisch sein wird“, erwiderte Shinichi grinsend, „Sonoko ist die Einzige, die uns weiterhin zu verkuppeln versucht. Die anderen werden sich vermutlich gar nichts dabei denken, wenn sie uns zusammen sehen.“ Auch Ran schenkte dem Detektiv ein Lächeln: „Wahrscheinlich hast du Recht.“

Der Weg von der Teitan Oberschule nach Ikebukuro war entspannend. Die Temperaturen wurden immer wärmer und auch, wenn Shinichi immer noch den Schal, welchen Ran ihm geschenkt hatte, trug, so wusste er, dass er diesen bald zuhause lassen konnte. Auch Ran schien das schöne Wetter und die warmen Sonnenstrahlen gut zu tun. Sie wirkte fröhlich, wirkte so, als würde sie sich wirklich auf das Date freuen. Auch, wenn es nur zwischen guten Freunden war.

Shinichi lächelte, doch seine Gedanken drifteten ab. Es waren nur noch wenige Stunden bis zu Kaitou KID’s Überfall und erneut versuchte er sich mit Ran’s Hilfe abzulenken. Wie schon vor fast zwei Wochen, als er mit ihr ins Kino gegangen war, nur, damit er nicht an KID denken musste, nicht in Versuchung kam dem Überfall beizuwohnen.

Ran wäre vermutlich stinksauer auf ihn, wenn sie wüsste, dass sie schon wieder eine Ablenkung für ihn war. Eine willkommene, schöne Ablenkung, natürlich, aber trotzdem eine Ablenkung.

Shinichi ließ den Blick über die Straße und die Menschen gleiten, welche ihnen entgegenkamen. Er atmete durch, nahm die Gerüche, welche über ihn hereinbrachen in sich auf. All die Fährten, die verschiedene Arten von Blut, aber niemand roch so gut wie Kaito.

Er fragte sich, was der Magier wohl gerade tat. Bereitete er sich auf seinen Überfall vor? Oder hatte er sich auch ein Date organisiert und verbrachte die letzten Stunden mit einem hübschen Mädchen?

Shinichi konnte nicht widerstehen und zog das Telefon aus seiner Tasche um einen kurzen Blick auf den Chatverlauf mit Kaito zu werfen, doch die Nachricht, die der Detektiv ihm geschickt hatte war immer noch unbeantwortet.

Seufzend ließ er das Telefon in seine Hosentasche gleiten.

„Wartest du auf ihren Anruf?“, fragte Ran mit einer gewissen Neugierde und Shinichi fühlte sich sofort ertappt. „Nein. Ich meine, nicht direkt. Ich- Moment. Du veräppelst mich doch.“

Das Mädchen grinste ihn schelmisch an, wandte sich dann aber wieder ab. „Man sieht es deinen Augen an“, erklärte sie ruhig, „Wenn du an sie denkst, dann bekommst du diesen verträumten, aber auch traurigen Blick.“

Der Schülerdetektiv wandte den Blick ab. Er fühlte sich ertappt. „Da bin ich so gut darin, andere zu durchschauen, und dann schaff ich es nicht mal meine Gefühle vor dir zu verstecken.“

„Darin warst du noch nie gut, Shinichi. Deine Augen sind zu ehrlich, man kann in ihnen immer die Wahrheit finden.“

Kaito konnte das nicht, schoss es dem Detektiv durch den Kopf und er verzog leicht das Gesicht, so als hätte er Schmerzen. Er war, als würde ihm etwas die Brust zuschnüren und die Leere, die er schon so lange nicht mehr gefühlt hatte füllte ihn vollends aus. Erst Ran’s warme Hand an der seinen Riss ihn aus der Trance, in welche er gefallen war. Er wandte den Kopf zur Seite und fokussierte seinen Blick auf sie.

„Alles in Ordnung?“, fragte Ran besorgt und Shinichi wollte schon Nicken, besann sich dann jedoch eines Besseren. Er schüttelte leicht den Kopf. Er spürte, wie sie seine Hand drückte, so als wolle so ihm Trost spenden. Die Leere in seinem Inneren begann sich mit einem Gefühl der Wärme und Dankbarkeit für seine beste Freundin zu füllen. Er schenkte ihr ein ehrliches Lächeln und erwiderte den Druck der warmen Hand leicht.

„Komm, beeilen wir uns. Das Eröffnungsevent in der Sunshine City fängt bald an.“
 

 

Die Sonne war bereits untergegangen, und Shinichi hatte den Abend in vollen Zügen genossen, als er sein Mobiltelefon vibrieren spürte. Er zog das Telefon aus seiner Tasche, schneller als es vielleicht vernünftig gewesen war und öffnete die Nachricht. Er spürte die Anspannung in seinem Körper, die Hoffnung, aber es war nicht Kaito, der ihm geschrieben hatte.

Die Nachricht kam, überraschenderweise, von Hakuba.

Er wird uns diesmal nicht entkommen, aber hier treiben sich seltsame Gestalten herum. Ich befürchte, dass KID sich Unterstützung geholt hat. Wir brauche deine Hilfe, Kudo.

Shinichi verzog leicht das Gesicht. Dass selbst Hakuba versuchte ihn zum Überfall zu beordern war ungewöhnlich, aber es würde an Shinichi’s Entscheidung nichts ändern. Er tippte ein kurzes Ihr schafft das ohne mich in sein Telefon und ließ es zurück in seine Hosentasche gleiten. Selbst wenn er sich sofort auf den Weg machen würde, selbst wenn er seine Schnelligkeit als Vampir nutzen würde, der Überfall fand in weniger als 30 Minuten statt. Er würde es niemals rechtzeitig schaffen.

Der Schülerdetektiv wandte sich Ran zu, welche gerade mit zwei Getränken zurückkam, ein breites Lächeln auf den Lippen.

„Was machen wir als nächstes?“, fragte sie, während sie Shinichi eine der beiden Flaschen reichte. Dieser nahm sie dankend entgegen, zuckte jedoch auf die Frage hin nur die Schultern: „Was immer du möchtest.“

Ran’s Augen begannen zu Strahlen vor Freude, ein Anblick, den Shinichi schon seit ihrer Kindheit genoss. Egal ob er sie liebte oder nicht, Ran glücklich zu sehen war etwas, dass ihm Sicherheit und Geborgenheit gab. Etwas, dass sein aufgekratztes Selbst beruhigte.

„Dann lass uns ins Observatorium gehen! Dort haben sie angeblich eine spezielle Valentinsausstellung!“

Shinichi nickte lediglich und folgte dem Mädchen zu den Aufzügen, wo sich bereits mehrere Pärchen um einen Platz im nächsten Fahrstuhl drängten. Sie hatten sich gerade in der Schlange eingereiht, als ein junges Mädchen mit langen, dunklen Haaren auf die Schlange zustürmte. Ihr Blick hatte etwas Wildes, etwas Brennendes, Gefährliches. Fast schon aus einem Reflex heraus schob er Ran ein Stück hinter sich um sie notfalls mit seinem Körper zu schützen.

Aber das Mädchen würde garantiert nichts von ihnen wollen, oder? Sie hatte vermutlich ihren Freund dabei erwischt, wie er sie mit einer anderen betrog und pickte sich den Schuldigen aus der Menschenmenge vor dem Aufzug heraus.

Als sich ihre Nägel in sein Shirt gruben und sie ihn näher zu sich zog erstarrte Shinichi.

„Du verdammter, bescheuerter Vollidiot!“, fauchte sie Shinichi ins Gesicht, „Was in Lucifers Namen machst du hier?!“

Shinichi’s Gesicht verdüsterte sich. Er spürte Gefahr von der jungen Frau ausgehen und wusste, dass er sie loswerden musste. Behutsam umfasste er ihre Handgelenke und zwang sie, mithilfe seiner Kräfte als Vampir, ihn loszulassen.

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst“, erwiderte er mit ruhiger Stimme, „Und ich hab keine Ahnung, wer du überhaupt bist. Hier muss es sich um eine Verwechslung handeln.“

„Shinichi“, Ran trat behutsam einen Schritt nach vorne, legte ihre Hand auf den Oberarm des Oberschülers. Natürlich wusste Shinichi, dass Ran sich gut selbst verteidigen konnte. Sie war nicht ohne Grund Siegerin der Oberschüler-Meisterschaften im Karate. Sie trainierte hart und oft, sodass sie sich gegen die Angriffe einer jungen, hysterischen Frau garantiert problemlos wehren konnte.

Der Blick besagter jungen Frau glitt zu Ran und die Wut in ihren Augen brannte noch heißer, beinahe wie Feuer.

„Ist sie der Grund?!“, die fremde Frau wurde lauter, ungehaltener. Die umstehenden Menschen begannen zu starren, aber Shinichi störte sich daran nicht. „Ist sie diejenige, weshalb du nicht auf mich gehört hast?! Lässt du ihn ihretwegen im Stich?!“

„Ich weiß nicht, wovon du redest“, erwiderte Shinichi abwehrend. Er wollte sich gerade abwenden als er eine brodelnde Energie spürte, so wild und ungezähmt wie es oft seine Instinkte waren, wenn der Vampir überhand nahm. Überrascht starrte er die junge Frau an. Eine Aura umgab sie, wie er es noch nie zuvor gespürt hatte.

„Die Prophezeiung“, ihre Stimme war plötzlich ganz leise, so leise, dass er selbst mit seinen geschärften Sinnen Probleme hatte zu hören, was sie da sagte.

„Du lässt ihn im Stich! Du brichst ihm das Herz und jetzt lässt du ihn in seinen Untergang laufen! Ich schwöre dir, Oberschülerdetektiv Shinichi Kudo – wenn Kaito heute Abend etwas passiert, dann werde ich dich jagen und ich werde dich vernichten.“

Plötzlich machte alles Sinn. Wer diese Frau war, warum sie eine so unheimliche Aura besaß, wie sie Shinichi erkennen konnte obwohl er sie doch zuvor noch nie in seinem Leben gesehen hatte.

Diese Frau war die Hexe, die ihn angerufen hatte. Die ihn vor KID’s Tod gewarnt hatte.

„Kaito? Etwa Kuroba Kaito?“

Shinichi’s Kopf flog herum und er starrte Ran entsetzt an. Auch die Hexe schien überrascht, denn die bedrohliche Aura nahm mit einem Mal rasant ab.

„Woher kennst du Kaito?“, fragte Shinichi, und er hörte, wie seine Stimme sich überschlug.

„Er war an unserer Schule um sich nach dir zu erkundigen“, Ran sah Shinichi fest in die Augen und er wusste, sie erkannte die Wahrheit. Sie las in seinem Blick, las in seinen Gefühlen, doch er konnte genauso in ihr lesen. Der verletzte Blick, das kurze Flattern der Wimpern, und dann, das Mitleid, die Trauer, das Verständnis.

„Er ist es, oder? Kuroba-kun ist derjenige, vor dem du wegläufst.“

Shinichi wandte den Blick ab. Er wollte weder Ran, noch die Hexe ansehen.

„Das ist irrelevant“, erwiderte er lediglich. Dann hob er den Blick und fixierte die Frau mit den dunklen Haaren, sein Blick streng.

„Genauso irrelevant wie die Prophezeiung. Selbst wenn er sein Ziel erreicht, Kaito wird nichts passieren. Es ist der andere, der verschwinden wird.“

„Du Trottel“, zischte Akako und lehnte sich näher zu Shinichi, sprach in einer Lautstärke, sodass nur der Vampir und niemand sonst seine Worte hören konnte: „Es ist nicht das Alter Ego, das verschwinden wird. Es ist der Mensch. Kaito wird heute Nacht sterben und du hast es zugelassen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Stevielein
2022-08-04T23:56:40+00:00 05.08.2022 01:56
Wow, ich habe deine Story entdeckt und war von den ersten Momenten an gefesselt. Du hast einen wahnsinnig guten Schreibstil und man taucht sofort in das Geschehen ein und es lässt einen auch nicht so schnell wieder los.
Ich bin sehr gespannt wie es weitergeht und erst recht wie es enden wird.


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