Zum Inhalt der Seite

SPACE 2064 - 01

Die Grauen Falken
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Hinterhalt

Um Punkt 07:00 Uhr Bordzeit war der Große Briefingraum der SARATOGA gefüllt mit den Piloten des Bordgeschwaders und den Marines der Bodentruppen. Zwar stand nicht fest, ob Letztere benötigt werden würden, doch da damit zumindest zu rechnen war, waren auch sie hierher befohlen worden, um in die Planung des bevorstehenden Kampfeinsatzes mit eingewiesen zu werden.

Auf der Bühne, vor den Sitzreihen, hatten sich am Rednerpult, neben Commodore Ross und dem neuen CAG Nathan West und Cooper Hawkes aufgebaut. Letzterer fühlte sich, wie immer bei solchen Anlässen ziemlich unwohl. Der In-Vitro mochte solche Massenaufgebote nicht. Umso weniger, wenn er dabei im Zentrum des Interesses stand.

Nachdem unter den Anwesenden Ruhe eingekehrt war, trat der Commodore ans Rednerpult und räusperte sich leise, bevor er mit tragender Stimme in das Mikrophon sprach: „Guten Morgen, Ladies und Gentlemen. Ich habe Sie hierher befohlen, damit Sie mit der Planung des kommenden Kampfeinsatzes vertraut gemacht werden. Doch vorher möchte ich Ihnen den neuen Commander-Air-Group vorstellen, der das Briefing durchführen wird. Bei ihm handelt es sich um Lieutenant-Colonel James Anthony Doraner. Bis vor kurzem hat der Lieutenant-Colonel die Fliegenden Verbände des Trägerschlachtschiffs COLIN POWELL befehligt. Bevor der CAG mit seinem Briefing beginnt ist es mir jedoch eine besondere Freude, zwei Offiziere aus Ihrer Mitte, aufgrund ihrer wiederholt überragenden Leistungen, jeweils in den Rang eines Captains befördern zu dürfen. Im Zuge dieser Beförderung, wird Captain Nathan West die Funktion des Staffelführers der Wildcards übernehmen und Captain Cooper Hawkes die Funktion des Staffelführers der Sundown Raiders. Diese beiden Staffeln werden beim kommenden Einsatz den Flankenschutz unserer Kampfgruppe übernehmen, unter dem Befehl des neuen CAG.“

Damit wandte sich Ross zu den beiden Piloten neben sich. „Lieutenants, bitte treten Sie einen Schritt vor. Ich befördere Sie hiermit in den Rang eines Captain der Marines, mit allen sich daraus ergebenden Pflichten und Privilegien.“

Der Commodore, der Doraner vor diesem Treffen die Rangabzeichen für einen der beiden Piloten gegeben hatte, nickte dem Blonden, der auf der anderen Seite der beiden Piloten Aufstellung genommen hatte, dabei zu.

Während Ross die alten Rangabzeichen am Kragen von Nathan Wests Uniform entfernte, um die eines Captain anzubringen, tat es ihm Doraner bei Hawkes nach.

Als Ross und Doraner die Rangabzeichen angebracht hatten, trat der Commodore zurück zum Rednerpult und befahl: „Bitte erheben Sie sich. Auf die frisch Beförderten ein dreifaches Hipp-Hipp…!!“

Die Antwort war ein, aus über zweihundert Kehlen, ohrenbetäubendes: „Hurra!“

„Hipp-Hipp!“

„Hurra!“

„Hipp-Hipp!“

„Hurra!“

Ross ließ seinen Blick kurz über die Männer und Frauen schweifen, bevor er zufrieden die Anweisung gab: „Bitte nehmen Sie wieder Platz.“

Der Flaggoffizier gab West und Hawkes nacheinander die Hand und forderte sie auf, ebenfalls nun bei ihren Kameraden, in der ersten Reihe, wo ihnen zwei Sitze freigehalten worden waren, Platz zu nehmen. Danach wandte er sich Doraner zu. „Bitte übernehmen Sie nun, Lieutenant-Colonel.“

„Danke, Commodore.“

Glen van Ross verließ unauffällig den Briefingraum, während sich Doraner nun zum Rednerpult begab. Er verharrte einen Moment lang und sagte dann mit sonorer Stimme: „Bevor ich zur eigentlichen Einsatzbesprechung komme, möchte ich einige persönliche Worte an Sie alle richten. Ich lernte meinen Vorgänger, Lieutenant-Colonel McQueen, im letzten Jahr auf der COLIN POWELL kennen, als er dort für eine Zeitlang stationiert war. Ich habe ihn dort als fähigen Taktiker und Strategen kennengelernt. Wem von Ihnen momentan das Wort Ersetzen durch den Sinn geht, dem möchte ich sagen, dass ich meinen Vorgänger nicht ersetzen kann, noch ihn ersetzen will. Ich kann ihm nur nachfolgen, und das werde ich tun. Mit aller Kraft, die ich habe.“

Doraner machte eine kleine Pause und sah in die angespannten Gesichter der Männer und Frauen. Viele von ihnen gerade mal zwanzig Jahre alt. Dann hob er, mit leicht verändertem Tonfall wieder an: „Kommen wir zum verdammten Krieg zurück. Die SARATOGA befindet sich momentan weniger, als eine Stunde von Planet 2063-Y entfernt. Dort kreuzt der deutsche Träger BISMARCK.“

Ein Raunen ging durch die Reihen und Doraner wartete einen Augenblick, bis es verklungen war. „Der Träger galt als vermisst. Wir erhielten gestern Abend von ihm die Nachricht, dass ein Trägerschiff der Chigs auf den Planet zuhält. Der Grund dafür ist ein automatisches Notrufsignal, dass vom abgesprengten Cockpit eines unserer Transporter abgegeben wurde, nachdem es dort, vor einigen Tagen, notlanden musste. Wie wir inzwischen durch den Funkspruch von der BISMARCK erfuhren, haben die beiden Pilotinnen des Transporters überlebt. Die Deutschen werden sie retten, so schnell es geht.“

Unglaube, Freude und Überraschung lag auf den Gesichter der meisten Anwesenden, denn Vansen und Damphousse, das wussten die meisten der anwesenden Männer und Frauen, wurden seit Tagen vermisst und kaum einer hatte noch die Hoffnung gehabt, dass sie leben. Diesmal dauerte es etwas länger, bis sich das Gemurmel legte.

Doraner räusperte sich vernehmlich und als wieder Stille eingekehrt war, erklärte er: „Der Kontakt mit der BISMARCK verlief bisher einseitig, da wir den Chigs nicht auf ihre Aliennasen binden wollen, dass wir unterwegs sind, um ihnen einen überraschenden und heißen Empfang zu bereiten. An dieser Stelle kommen Sie ins Spiel, meine Damen und Herren. Die Marines der Bodentruppen halten sich, in der Nähe der ihnen zugewiesenen Transporter, in Bereitschaft. Ob es zu einem Bodeneinsatz kommt ist noch unklar. Klar ist hingegen, dass die verbleibenden Staffeln dieses Trägers in den Einsatz gehen werden, sobald wir uns dem Planet angenähert haben. Da die Deutschen nicht wissen, dass wir kommen, werden sie vermutlich eine defensive Taktik wählen, und bei 2063-Yankee, im Ortungsschatten des Planeten, auf den Feind lauern. Die Vikings und die Killer Bees werden dabei die Angriffsspitzen bilden. Ihre Aufgabe wird es sein, alle anfliegenden Jäger und besonders die feindlichen Bomber, die von den Chigs sicherlich gegen uns geschickt werden, abzufangen und auszuschalten. Sorgen Sie dafür, dass unsere Kanonenboote und besonders unsere beiden Schlachtkreuzer in Schussweite des feindlichen Trägers gelangen. Wenn es uns gelingt, wenigstens einen der kampfstarken Chig-Träger aus dem Spiel zu nehmen, dann wäre das ein wichtiger Punkt für uns. Gibt es von Ihrer Seite dazu Fragen?“

Doraner wartete einige Sekunden, doch wie erwartet meldete sich Niemand zu Wort, und so befahl er: „Dann treten Sie weg, auf Ihre Kampfstationen, bis auf die Wildcards und die Sundown Raiders.“

Die Männer und Frauen strebten murmelnd den beiden Ausgängen zu.

James Doraner verließ währenddessen die Bühne um sich zu den verbliebenen fünfzehn Piloten und Pilotinnen zu gesellen, die er mit einer dynamisch wirkenden Geste zu sich winkte. Die Wildcards bestanden momentan, trotz der Umstrukturierung durch Commodore Ross, nur aus sieben, statt aus acht Piloten. Den verbleibenden Platz würde Vanessa Damphousse, nach ihrer Genesung, einnehmen.

Doraner sah in die angespannten Gesichter und erklärte den Verbliebenen: „Wir werden bei diesem Einsatz die letzte Verteidigungslinie bilden. Auf Befehl des Commodores. Ich weiß, dass Sie alle, so wie auch ich, lieber an vorderster Front kämpfen würden, doch unsere Aufgabe ist nicht weniger wichtig, also hören Sie gut zu: Die Wildcards, denen ich mich für diesen Einsatz anschließen werde, fliegen mit leichter Überhöhung, und nach Steuerbord versetzt, dem Verband etwa einen Klick voraus. Die Sundown Raiders werden, leicht nach unten versetzt und einen Klick hinter dem Verband, an Backbord operieren. Egal was auch passiert, dort werden Sie die Position halten, bis ich etwas Anderes befehle. Ach, und Captain Hawkes: Keine Punkrock-Musik oder Extratouren während des Einsatzes.“

Die Ohren des In-Vitros nahmen eine intensive, rötliche Färbung an. Er erinnerte sich an seinen ersten Kampfeinsatz – damals bei Jupiter, zu Beginn des Krieges. Das Jagdgeschwader der SARATOGA hatte den anfliegenden Chigs dort, in einem kleinen Asteroidenfeld, eine Falle gestellt. Als der Feindverband jedoch abzudrehen drohte, hatte er eine, auf dem Mars gefundene CD einer alten Punkrock-Gruppe, aus den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, eingelegt und war mit deren Song Blitzkrieg Bop, und quasi auf eigene Faust, in den Kampf geflogen. Offensichtlich hatte sich dieses Ereignis weiter herumgesprochen, als Hawkes es je vermutet hätte. Betreten sah er seinen neuen CAG an, der sich ein Grinsen erlaubte.

„Kennt man ja“, bemerkte der Lieutenant-Colonel und beließ es dann dabei. Er sah in die Runde. „Wenn Sie Fragen dazu habe, dann stellen Sie sie jetzt. Ansonsten: Gute Jagd, und machen Sie sich mit Ihren Flügelleuten vertraut.“

Damit ging der CAG, und Hawkes warf im einen langen Blick nach. „Was hat der eigentlich gegen gute Musik?“

West grinste breit. „Das frage ich mich allerdings auch. War doch gar nicht so schlecht. Hey ho - let´s go…!!“

Auch die Miene von Michelle Low wirkte belustigt, und an den Reaktionen der anderen Männer und Frauen erkannte Hawkes, dass mindestens der Hälfte von ihnen diese Anekdote bereits bekannt gewesen war.

„Toll“, grummelte der In-Vitro, „Sundown Raiders, zu mir.“

Nachdem sich Hawkes, mit den Männern und Frauen seiner Staffel etwas abgesetzt hatte, um sich mit ihnen bekannt zu machen, sah West zu den neuen fünf Piloten und Pilotinnen der Wildcards. Da war zu seiner Rechten First-Lieutenant Yasmin Aragon, Rufname: Kreuz-Dame, eine Frau mit venezolanischen Wurzeln, deren Augen beinahe ebenso dunkel waren, wie ihr rabenschwarzes, schulterlanges Haar. Neben ihr stand Second-Lieutenant Erin Andrews, Rufname: Herz-Dame, eine Frau mit langen, blonden Haaren und durchscheinend blauen Augen. Als nächster in der Runde stand ein kräftig aussehender, dunkelhaariger Mann neben ihr. Second-Lieutenant Jefferson Kendall, Rufname: Karo-Bube, dessen Augen beinahe einen Bernsteinton besaßen. Dann folgte Second-Lieutenant Jason Travis, Rufname: Kreuz-Ass, ein lang aufgeschossener, schlanker Mann mit schwarzem Haar und grauen Augen. Den Abschluss der Neuen, neben Michelle Low, die ihren alten Rufnamen Pik-Ass angenommen hatte, bildete Franklin Scott-Thomas, Rufname: Kreuz-König, ein etwas schmächtig wirkender Second-Lieutenant mit sanften braunen Augen und kurzen dunkelblonden Haaren, der gerade mal 1,68 Meter maß.

„Also schön“, begann West. „Ihr habt unseren neuen CAG gehört. Wir werden uns also mit dem herumschlagen, was unsere Kameraden nicht aufhalten können. Bleibt während der gesamten Zeit trotzdem wachsam. Ich erwarte jeden von euch, nach diesem Einsatz, wieder zurück an Bord. Wer fehlt, der wird eine Menge Ärger bekommen.“

Einige der Neuen lachten bei seinen letzten Worten unterdrückt, und West fühlte sich genötigt hinzuzufügen: „Das habe ich ernst gemeint. Passt da draußen gut auf euch auf, das ist ein Befehl.“

Nathan West blickte kurz zu Hawkes, der ebenfalls die letzten Anweisungen erteilte, und er stellte mit einem schwachen Schmunzeln fest, dass der In-Vitro ganz ähnliche Worte dabei fand. Dann konzentrierte er sich wieder und wies seine Piloten an: „Okay, dann macht euch fertig für den Einsatz.“
 

* * *
 

In demselben Moment herrschte auf der BISMARCK eine Mischung aus Anspannung und Hochbetrieb. Der anfliegende Träger der Chigs war nun bis auf eine halbe Stunde heran. Zum Unglück für die beiden abgestürzten Pilotinnen der Amerikaner würde sich die Absturzstelle des Transporter-Cockpits erst in etwa zwei Minuten wieder in den Ortungsschatten drehen, so dass erst dann eine Rettungsaktion möglich war, ohne eine frühzeitige Entdeckung zu riskieren. Zweifellos hätten die Chigs in diesem Fall nachgesehen, was los ist, womit den beiden Abgestürzten nicht gedient gewesen wäre.

Brigadegeneral Carina Lerach war sich darüber vollkommen im Klaren, und dennoch passte es ihr ganz und gar nicht, die beiden Frauen so lange auf der Oberfläche des Planeten schmoren zu lassen. Vor fünf Minuten hatte sie sich, zum dritten Mal innerhalb der letzten zehn Minuten, bei Frank von Wedel erkundigt, ob die beiden Rettungstransporter startbereit seien, und hatte dafür beim letzten Mal einen fragenden Blick von ihm geerntet. Nach Außen hin Ruhe ausstrahlend schritt sie im Kommandozentrum des Trägers langsam auf und ab. Dabei verrieten nur einige sparsame Handbewegungen hier oder ein Zucken der Mundwinkel da, wie es in ihrem Innern aussah.

Der CAG schritt mit langsamen Schritten zu seiner Vorgesetzten und meldete von sich aus: „Noch etwas mehr als eine Minute, General, dann kann das Rettungskommando endlich starten, ohne dass es bei der Landung zu früh bemerkt wird. Zwar werden die Chigs die Streustrahlung der Transporter immer noch anmessen, bevor sie gelandet sein werden, doch die beiden Teams müssten es schaffen relativ unbehelligt vom Feind, die beiden abgestürzten Pilotinnen der Amerikaner aufzusammeln.“

Carina Lerach nickte in Gedanken und wandte sich dann erst dem Mann zu. „Die Männer und Frauen der Zwo-Einundsiebziger sind erfahrene Spezialisten für Operationen in heißen Landezonen. Die werden es schaffen.“

Frank von Wedel nickte zustimmend. Er hatte bereits dutzende Male diverse Einsätze mit den Soldaten der 271. Raumlandeeinheit, Schulter an Schulter, durchgeführt. Deswegen vertraute er darauf, dass sie auch diesmal erfolgreich sein würden.

Beide Offiziere wurden aus ihren Gedanken gerissen, als die Ortungsspezialistin, Feldwebel Stefanie Seidel, die links von Julian Körner saß, alarmierend meldete: „General, soeben erscheint ein zweiter Träger der Chigs im System. Abstand vom ersten Träger der Chigs: Etwas mehr als eine Million Kilometer, auf Grün. Damit steht er drei Grad über dem Horizont des Planeten. Zweifellos hat er uns bereits in der Ortung.“

Von einem Moment zum anderen warf Carina Lerach die bisherige Planung um. Sie wandte sich zum Oberstleutnant: „Alle Jagdstaffeln alarmieren und umgehend starten lassen! Die Transporter los, wir holen die beiden Pilotinnen jetzt sofort da raus! Drei Staffeln bleiben beim Verband. Der Rest geht auf Abfangposition, auf die andere Seite des Planeten, zwischen uns und den beiden feindlichen Trägern. Sie leiten das Ganze von hier aus!“

Noch während Frank von Wedel bestätigte wandte sich die Kommandeurin bereits zu Julian Körner. „Oberleutnant Körner, Sie berechnen den nächstmöglichen, sicheren Tangential-Kurs für unsere drei Schiffe, um den Planeten herum. Daten zum Steuermann überspielen, sobald sie berechnet sind.“

„Verstanden, General!“

Carina Lerach machte einen raschen Schritt nach Rechts und gab die nächsten Befehle. „Oberfeld Yildirim: Bringen sie die BISMARCK auf Äußerste Geschwindigkeit! Folgen Sie den einlaufenden Koordinaten des Navigators, sobald sie da sind! Funkoffizier: Geben Sie Nachricht an die BLÜCHER und an die ARCONA, sich nach Angriffsplan Omega-Delta zu formieren!“

Die Angesprochenen bestätigten, während fast gleichzeitig die Alarmsirenen einsetzten und mit nervenzerfetzendem Lärm durch den Träger gellten. Spätestens jetzt wusste auch der Letzte an Bord, dass einmal mehr unruhige Zeiten bevorstanden.

Carina Lerach schritt eilig zu ihrem Geschwader-Kommandeur, der sich bereits an seine Kommunikationskonsole, an der hinteren Steuerbordwand, begeben hatte. Im Moment war ihm nicht anzusehen, ob es ihm missfiel, diesmal an Bord bleiben zu müssen. Doch Brigadegeneral Carina Lerach war sich sicher, dass seine Stellvertreterin hervorragende Arbeit leisten würde. Bei einer geteilten Mission, wie dieser, war der CAG an Bord der BISMARCK sinnvoller eingesetzt.

Das wusste natürlich auch Frank von Wedel, doch wie alle Geschwader-Kommandeure fiel es ihm schwer nicht dabei zu sein, wenn seine Piloten ins Gefecht flogen. So stand er angespannt an der Wandkonsole und hielt sowohl mit den beiden Transportern, als auch mit seiner Stellvertreterin, Funkkontakt. Von dieser Station aus konnte sie selbst ebenfalls Kontakt zu den beiden Geleitschiffen aufnehmen, wenn Anlass dazu bestand.

Doch es würde noch eine Weile dauern, bis es zum ersten Feindkontakt kam, und so trat die Kommandeurin des deutschen Kampfverbandes an die Seite ihres CAG und hörte ihm dabei zu, wenn er knappe Anweisungen an die beiden Fliegenden Verbände gab.

Nach einer Weile sah Frank von Wedel zu Lerach und sagte ruhig: „Ich habe die Grauen Falken angewiesen das Landegebiet des abgestürzten Transporter-Cockpits zu sichern. Sie werden den beiden Transportern im Notfall Luftunterstützung geben.“

„Sehr gut, Oberstleutnant.“

Die Siebenundvierzigjährige legte ihre Hände auf den Rücken und blickte für einen Moment lang auf das bronzene Schild, neben der Borduhr an der Stirnwand. Darauf stand das Motto dieses Trägerschlachtschiffs: Klagt nicht, kämpft.

Das hatten sich die Männer und Frauen dieses Verbandes, in den letzten eineinhalb Jahren, viel zu oft sagen müssen. Sie hatten diesem Leitspruch Ehre gemacht und mutig gekämpft, statt zu klagen. Für den Fortbestand der Menschheit, denn um nicht Weniger, als das, ging es in diesem Krieg. In Momenten wie diesem dachte sie stets an ihren Ehemann, Stefan und an ihre beiden Kinder, ihren Sohn Henning und ihre Tochter Dominique. Während Henning bereits weitgehend aus dem Gröbsten heraus war, machte ihre Tochter gerade eine Phase durch, in der sie ihr gerne mehr zur Seite gestanden hätte. Doch diese Rolle erfüllte ihr Mann vorbildlich.

Überhaupt war Stefan stets der Verständnisvolle von ihnen beiden gewesen. So hatte er ihren Beruf von Beginn an voll respektiert, obwohl er, als Arzt, einen sehr entgegengesetzten Beruf ausübte. Gerade zu Beginn ihrer Beziehung hatten sie sich darüber sehr oft unterhalten, doch Stefan hatte nie kritisiert was sie beruflich tat, und er hatte niemals von ihr verlangt, dass sie ihren Beruf aufgeben soll. Auch dann nicht, als ihre beiden Kinder da waren. Für ihren Mann war es selbstverständlich, dass er hauptsächlich die Rolle des Erziehers ausübte, während sie monatelang im Einsatz war.

Nachdem sie, gegen Ende des Jahres 2061, zum Brigadegeneral befördert wurde, hatte der Chef des Stabes darauf gedrängt, dass sie das Kommando über den neu in Dienst gestellten Träger, die GRS BISMARCK, und ihre Geleitschiffe, übernehmen soll. Sie hatte daraufhin diesen Vorschlag mit ihrer Familie, besonders aber natürlich mit ihrem Mann, besprochen. Dafür, dass er ihren Wunsch respektiert und ihr den Rücken gestärkt hatte, auch ihren beiden Kindern gegenüber, war sie ihm unendlich dankbar.

Er hatte ihr auch nie zum Vorwurf gemacht, dass sie ihr Leben dabei aufs Spiel setzte. Darum liebte sie ihn auch nach zweiundzwanzig Jahren, von denen sie neunzehn miteinander verheiratet waren, noch immer mit derselben Leidenschaft. Nein, im Grunde noch sehr viel mehr als zum Beginn ihrer Beziehung.

Die Gedanken des Brigadegenerals kehrten ins Hier und Jetzt zurück, als der Oberstleutnant unterdrückt bemerkte: „Wir werden denen schon zeigen, was eine Harke ist.“

Ein flüchtiges Lächeln umspielte die Lippen der Frau, als sie zu Von Wedel sah und ebenso leise erwiderte: „Na, was denn sonst.“

In Momenten wie diesem bewunderte Carina Lerach die Empathie des Oberleutnants, der im Einsatz gegen den Feind schon so oft mit kompromissloser Härte vorgegangen war. Wer den CAG nur aus diesen Einsätzen kannte, der wäre niemals auf die Idee gekommen, wie feinfühlig dieser Mann sein konnte. Sie wusste um seine beinahe geschwisterliche Kameradschaft, die ihn mit Melanie Oberleitner verband, und auch, wie sich dieses besondere Verhältnis entwickelt hatte. Damals hatte sie diese Entwicklung etwas argwöhnisch beobachtet, doch sie hatte sehr schnell erkannt, dass Frank von Wedel ein aufrechter Mensch ist, der die damalige Trauer der jungen Frau niemals für seine eigenen Zwecke missbraucht hätte. Darum mochte sie den Oberstleutnant auch aus ganzem Herzen. Gesagt hatte sie ihm das nie. Vielleicht ein Fehler, doch sie hatte im Dienst stets eine gewisse Distanz gewahrt. Das gab ihr, nicht zuletzt, eine gewisse Sicherheit.

„General, mehrere Landeraumschiffe und Jäger der Chigs nähern sich dem Planeten“, drangen die Worte des Oberstleutnants in die Gedanken der Frau. „Ich habe den Grauen Falken und den Transportern bereits Bescheid gegeben.“

„Die wollen uns wohl die beiden Pilotinnen nicht kampflos überlassen, schätze ich.“

Frank von Wedel gab ein Schnauben von sich. Dann meinte er grimmig: „Ja, ich fürchte, das wird ein ganz heißer Tanz für das Ladekommando und für die Falken.“

Frank von Wedel ahnte nicht, dass dies nur ein Hilfsausdruck dafür sein sollte, was den gesamten Verband tatsächlich erwartete.
 

* * *
 

Major Ernestyna Strogoff hatte es sich nicht nehmen lassen diesen Bodeneinsatz selbst anzuführen. Zusammen mit neunzehn ihrer kampferprobten Männer und Frauen saß sie, bewaffnet und in voller Kampfmontur, auf der Bank, nahe des Ausstiegs. So, wie die übrigen Soldaten der 271. Raumlandeeinheit. Lediglich ihre Helme hatten sie alle noch in ihren Händen. Sie aufzusetzen, sobald der Transporter in die oberen Schichten der Atmosphäre eindrang, war früh genug.

Sie wechselte einen schnellen Blick mit ihrem untersetzten, vierschrötigen Hauptfeldwebel, Krystian Mazur, der mit grimmiger Miene neben ihr hockte. Trotz aller Unterschiede war den Männern und Frauen eins mit ihm und ihr gemeinsam: Der harte Blick derer, die dem Tod bereits oftmals ins Auge geblickt hatten.

Dabei wirkte die drahtige, zweiunddreißigjährige Anführerin dieser Eliteeinheit, mit gerade einmal 1,65 Metern Körpergröße und dem edel geschnittenen Gesicht, so gar nicht wie eine knallharte Kämpferin. Doch dieser Eindruck täuschte. Ernestyna Strogoff war seit dem Ausbruch des Krieges bereits mehrmals durch die Hölle gegangen. Unter anderem war sie einem Gefangenenlager der Chigs entkommen, in dem sie, und eine Handvoll ihrer Leute, zu Beginn des Krieges, nach einer missglückten Aufklärungsmission, gelandet waren. Stümperhafte Aufklärung der Luftwaffe war damals daran Schuld gewesen. Weshalb sie, als Angehörige der Luftlandetruppen des Heeres, seit dieser Zeit ein paar Vorbehalte hatte, in Bezug auf die Fähigkeit von Luftwaffenangehörigen.

Von der zwischenzeitlichen Gefangenschaft zeugte eine lange Narbe, die sich von der Stirn, über die rechte Augenbraue und das Auge hinweg, bis zu ihrer Wange hinunter zog. Trotz dieser leichten Entstellung besaß ihr Gesicht immer noch eine fast ätherische Schönheit. Die rotblonde Frau hatte sich bisher standhaft geweigert, diese Narbe im Zuge einer Schönheitsoperation ganz beseitigen zu lassen. Was nicht darin begründet lag, dass der Frau daran gelegen war, mit dieser Narbe anzugeben, wie es manche Männer und Frauen an Bord der BISMARCK vermuteten, die sie nicht näher kannten. Nein, Ernestyna Strogoff war schlicht nicht eitel genug, um sich einer solchen Operation zu unterziehen - und es war ihr herzlich egal, was Menschen empfanden, wenn sie in ihr Gesicht sahen. Denn mit Menschen, die sich von Äußerlichkeiten blenden ließen, wollte sie ohnehin nichts zu tun haben.

Als die Stimme des Co-Piloten aus dem Lautsprecher des Transporter-Moduls ertönte, und darüber Auskunft gab, dass der Eintritt in die Atmosphäre des Planeten unmittelbar bevorstand, gab Ernestyna Strogoff den Befehl, die Helme anzulegen. Sie selbst machte sich noch an ihrem eigenen Helm zu schaffen, als die Zelle des Transporter-Moduls zu vibrieren begann. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Transporter die oberen Schichten der planetaren Lufthülle durchflog.

Kaum hatte Major Strogoff ihren Helm verschlossen und die Anschlüsse der Sauerstoffversorgung kontrolliert, wurde von den Außenmikrofonen des Helms eine weitere Durchsage des Co-Piloten übertragen. Mehrere Landeschiffe der Chigs befanden sich offensichtlich im Anflug auf die Absturzstelle.

Die Frau sah grimmig zu Hauptfeldwebel Mazur und wandte sich über Helmfunk grimmig an ihr Team: „Das wird die gesamte Operation keinesfalls langweiliger machen, würde ich sagen. Ausstieg nach Muster Tango-Lima, sobald wir unten sind. Wir werden versuchen, den Aufenthalt so kurz wie nur möglich zu gestalten. Sie alle wissen, worum es geht – wir sammeln die beiden amerikanischen Pilotinnen ein und bringen sie sicher zur BISMARCK. Also: Glück ab!“

„Glück ab!“, gaben die Männer und Frauen den traditionellen Gruß der Landetruppen zurück und Ernestyna Strogoff lächelte kurz.

Die Vibrationen nahmen kurzzeitig zu, und Irgendwer kommentierte dies mit: „Die sind auch schon mal besser geflogen!“

„Funkdisziplin wahren!“, sagte Strogoff streng in ihr Mikro und Ruhe kehrte ein.

Nach einer Weile ließen die Vibrationen nach und eine weitere Meldung erreichte die Männer und Frauen der Raumlandetruppe.

„Landung: X minus dreißig Sekunden!“

Ernestyna Strogoff erhob sich und gab den Männern und Frauen unter ihrem Kommando das Zeichen, es ihr nachzutun. So, wie sie es immer wieder trainiert, und dutzende Male im Einsatz durchgeführt hatten, nahmen die Soldaten Aufstellung – bereit für Alles, was sie nach der Landung erwarten konnte.

Die dunkelbraunen Augen der Frau glitzerten kalt, während sie den Chronometer an ihrem Anzug im Auge behielt: „Noch zehn Sekunden!“

Die letzten Fünf Sekunden zählte sie einzeln herunter, und bei Null ging gleichzeitig ein Ruck durch den Transporter. Sie waren unten.

Krystian Mazur, der dem Major gegenüber Aufstellung genommen hatte, betätigte den schwarzen Druckknopf der Schott-Verriegelung, und einen Moment später glitt das Schott zur Seite.

Der Hauptfeldwebel sprang zuerst aus dem Transporter, dicht gefolgt von Ernestyna Strogoff. Er warf einen Blick auf das Scanner-Display an seinem M-590-Sturmgewehr, deutete mit der Linken vier Grad nach Rechts und setzte sich in Bewegung. Dabei sagte der Mann, der seine Vorgesetzte um gut einen Kopf überragte, knapp: „Laut der Information von den Grauen Falken befinden sich die beiden Gesuchten hinter einem Felsvorsprung, etwa Einhundertundzehn in dieser Richtung.

Sechs Soldaten übernahmen die Sicherung zu beiden Seiten des Ausstiegs, während der Rest dem Feldwebel und dem Major folgte. Fast gleichzeitig landete der zweite Transporter mit aufheulenden Triebwerken. Über Funk gab Ernestyna Strogoff den Befehl, dass die Soldaten des zweiten Transporters an Bord in Bereitschaft bleiben sollten. Nur für den Fall, dass sie den direkten Befehl dazu gab, sollten sie in das Geschehen eingreifen. Sie bildeten die Reserve, und Strogoff hoffte, sie nicht zu benötigen.

Im Laufschritt näherten sich die vierzehn Männer und Frauen der angegebenen Position, sich dabei permanent umschauend und zu allen Seiten sichernd. Nach nicht einmal einer halben Minute erreichte die Gruppe den Felsen und zwei am Boden liegende Gestalten wurden für Ernestyna Strogoff erkennbar. Bei Erreichen der beiden, wie leblos da liegenden, Gestalten kniete sie sich ab und rüttelte eine von ihnen heftig an der Schulter.

Eine schwache Bewegung war die Reaktion und nachdem Strogoff die Gestalt im Raumanzug halb herumgedreht hatte, blickte sie in das abwesend wirkende Gesicht einer Afroamerikanerin.

„Ich bin Major Ernestyna Strogoff, können Sie mich verstehen?“

Die dunkelhäutige Frau nickte schwach und Strogoff atmete erleichtert aus. Dabei warf sie einen Blick zum Hauptfeldwebel, der sich um die andere Pilotin kümmerte. Er hielt seinen Daumen nach oben und Strogoff gab über Helmfunk die Anweisung an vier ihrer Leute, den beiden Frauen aufzuhelfen, und sie zum Transporter zu schaffen.

In demselben Augenblick begann das obere Abwehrgeschütz des Transporters zu feuern, und als dicht bei den Männern und Frauen des Landekommandos mehrere Energiestrahlen einschlugen, ahnten sie warum.

Gleichzeitig senkte sich ein länglicher, schwarzer Schatten aus dem Himmel herab und ging, kaum einhundert Meter von ihrer Position entfernt nieder.

„Trupp Zwei: Den Transporter verlassen! Bodentruppen der Chigs sind gelandet. Rechnet mit heftigem Feindfeuer!“

Das Geschütz des zweiten Transporters setzte ein, während in demselben Moment die Insassen aus dem Transporter-Modul strömten und Stellung bezogen. Gleichzeitig kam vom Pilot die Meldung, dass sie bereits Jägerunterstützung angefordert hatten.

Die ersten Chigs quollen aus dem Innern des gelandeten, feindlichen Transportschiffs. Sie eröffneten umgehend das Feuer auf die Soldaten der terranischen Raumlandeeinheit und Energieschüsse fegten an ihnen vorbei, oder dicht über sie hinweg.

Ernestyna Strogoff ging stehend in Anschlag und feuerte mit ihrer M-590 über die Köpfe der vor ihr knienden Männer und Frauen hinweg. Mazur, der sich an ihrer Seite hielt, tat es ihr nach. Mit ihren ersten Geschossgarben erwischten beide jeweils einen der angreifenden Chigs.

Ein junger Raumlandesoldat, der sich an der anderen Seite von Strogoff postiert hatte, registrierte anerkennend, die kühle Ruhe, mit der seine beiden Vorgesetzten schnell und sicher ein Ziel nach dem anderen anvisierten und kurze, gezielte Feuerstöße abgaben, ohne sich um die Energieladungen zu scheren, die dicht an ihnen vorbei jagten.

„Langsam zu den Transportern zurückziehen!“, wies Ernestyna Strogoff die beiden Teams an. „Überschlagende Vorgehensweise. Team Zwei – los!“

Das Team des zweiten Transporters zog sich als erstes zu seinem Transporter zurück, während das Team, das mit Ernestyna Strogoff angekommen war, Sperrfeuer schoss. Noch während es sich zurückzog, orgelten zwei Raketen aus dem Himmel herab und detonierten mitten unter den Chigs. Zwei weitere Raketen schlugen in der Hülle des feindlichen Transporters ein, der mit einem Donnern explodierte. Um die Soldaten der Raumlandeeinheit herum schlugen Wrackteile ein und wie durch ein Wunder wurde niemand getroffen.

Ernestyna Strogoff rief rau in ihr Helm-Mikrofon: „Transporter Zwei: Das Bodenteam an Bord nehmen und sofort starten, bevor noch mehr Chigs durchbrechen und hier auftauchen. Sie übernehmen die Luftsicherung.“

Wenig später kam die Rückmeldung: „Verstanden, wir heben ab!“

Die Triebwerke des angerufenen Transporters heulten erneut auf und mit Notwerten hob die Maschine ab, während sie von zwei Energieschüssen einiger überlebender Chigs knapp verfehlt wurden. Im nächsten Moment war er bereits im Grün der dichten Atmosphäre des Planeten verschwunden.

Mazur erwischte den letzten noch lebenden Chig und sah fragend zu seiner Vorgesetzten. „Wir sollten uns langsam verkrümeln!“

„Zurück zum Transporter!“, gab Strogoff das Kommando und zusammen mit dem Hauptfeldwebel bildete sie die Nachhut. Die vier Soldaten, die beim Angriff der Chigs mit den beiden Überlebenden in Deckung gegangen waren, erhoben sich nun wieder. Dabei störte sich Strogoff nicht daran, dass die beiden amerikanischen Pilotinnen von vier ihrer Männer mehr zu der Maschine geschleift wurden, als dass sie selbst gingen. „Tempo, Leute!“

Zwei der ursprünglich sechs Soldaten, die am Schott des Transporters, beim Aussteigen, Stellung bezogen hatten, sicherten immer noch, als die beiden Abgestürzten an Bord gebracht wurden. Strogoff und der Hauptfeldwebel hetzten an ihnen vorbei und sprangen ins Innere des Transporters. Danach folgten die beiden Soldaten und Hauptfeldwebel Mazur drückte den roten Knopf der Schottverriegelung.

Aus dem Augenwinkel nahm Ernestyna Strogoff einen hellen Blitz, durch das sich schließende Schott, wahr. Gefolgt von einem dumpfen Grollen. Als sie einen Moment später, vom Pilot, die Meldung erhielt, dass es sich um den Abschuss eines zweiten Chig-Transporters handelte, atmete sie erleichtert auf.

„Nichts wie weg von diesem verdammten Planeten!“, gab Strogoff Anweisung und nahm ihren Helm ab, kaum dass der Druckausgleich erfolgt war. Sie bahnte sich einen Weg zum Sanitäter des Teams, der sich um die beiden Geretteten kümmerte.

„Wie geht es den beiden Frauen, Sani?“

Der Obergefreite Maximilian Schell sah kurz zu Strogoff auf: „Beide Frauen leiden unter einer deutlichen Dehydrierung. Ich werde jetzt eine Infusion vorgenommen. Das wird sie etwas stabilisieren, bis wir die BISMARCK erreicht haben.“

Sich bereits wieder den beiden Frauen zu wendend fuhr der Sanitätsgefreite fort: „Dennoch sollten die beiden Frauen so schnell wie möglich ins Rettungszentrum gebracht werden, sobald wir an Bord sind. Ich habe zwar keine Anzeichen äußerer Verletzungen finden können, doch wer weiß, ob es innere Verletzungen gibt?“

Ernestyna Strogoff nickte. „Tun Sie, was Sie können, Obergefreiter.“

Der Sanitäter bestätigte und die Kommandeurin der Raumlandetruppen schritt zu Hauptfeldwebel Mazur. Während sie sich zu ihm setzte, meinte sie: „Wir haben unseren Teil erledigt, aber ob es die beiden Frauen bei uns wirklich besser haben ist noch nicht raus. Es mit zwei Trägern der Chigs aufzunehmen ist bestenfalls riskant.“

„Wird schon schiefgehen“, verbreitete Mazur einen Optimismus, den er tief in seinem Innern nicht empfand. Denn er wusste nur zu genau, dass Strogoff Recht hatte. Dabei fragte er sich, was Brigadegeneral Lerach wohl momentan durch den Sinn gehen mochte.
 

* * *
 

Carina Lerach stemmte mit grimmiger Miene ihre Hände in die Hüften und sah, mit brennenden Augen auf die Taktische Anzeige des Waffenoffiziers. Eine Phalanx feindlicher Bomber und Jäger näherte sich den vorausfliegenden Jägerstaffeln der BISMARCK.

„Bei dem, was da auf uns zu kommt, habe ich ein ganz mieses Gefühl“, sprach Leutnant Larissa Krüger das aus, was sie selbst eben gedacht hatte und deutete auf den Bildschirm. „Die werden versuchen, uns aus mindestens drei verschiedenen Vektoren in die Zange nehmen. Ich frage mich nur, warum die kein Umfassungsmanöver versuchen?“

„Vielleicht sollten wir denen einen Tipp geben und dabei durchblicken lassen, dass sie taktisch nicht viel los haben“, gab Carina Lerach ironisch zurück.

Larissa Krüger biss sich auf die Unterlippe, bevor sie sich dazu entschloss zu erwidern: „Spotten Sie nur, General, aber irgendetwas stimmt da nicht. Zumindest würde ich versuchen unsere Jägerstaffeln weiter auseinander zu reißen, damit die Bomber eine größere Chance haben durchzubrechen. Bisher haben sich die Chigs auch nicht als unfähig erwiesen. Deshalb befürchte ich, dass da noch etwas Anderes im Busch ist.“

Noch bevor Carina Lerach etwas darauf antworten konnte, klang die aufgeregte Stimme von Stefanie Seidel auf. „Ein weiteres kapitales Raumschiff ist soeben im System erschienen! Koordinaten: Minus drei zu einhundertachtundsiebzig Grad. Der Ortungsanalyse nach ein weiterer Träger der Chigs!“

Brigadegeneral Lerach wandte sich der Ortungsspezialistin „Was sagen Sie da?“

„Ein dritter Chig-Träger hält von Achtern Kurs auf uns, General.“

„Verstanden“, erwiderte Carina Lerach tonlos und wandte sich Frank von Wedel zu, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte. „Sieht so aus, als kämen Sie doch noch zu ihrem Kampfeinsatz, Oberstleutnant. Starten Sie mit unseren verbliebenen vier Staffeln und tun Sie was Sie können um unsere rückwärtige Flanke zu sichern.“

„Das werde ich, General“, gab der Mann zurück und entfernte sich rasch.

Carina Lerach sah im sinnend nach und überschlug in Gedanken ihre Optionen. Normalerweise hätte sie dem Verband den Rückzug befohlen, doch ein Weiterflug mit den beschädigten Aggregaten der drei Großkampfschiffe war viel zu gefährlich. Also blieb nur die Alternative, sich zum Kampf zu stellen. Einem ungleichen Kampf, denn der Feind war ihnen mindestens drei zu eins überlegen, was den Jägereinsatz betraf. Zudem würden ihnen schon bald ihre gefährlichen roten Bomber die Hölle heiß machen.

Brigadegeneral Lerach wusste, wie schlecht ihre Chancen standen, aber aufgeben war für sie keine Option. Leider hatten sich die Amerikaner nicht gemeldet, wie sie gehofft hatte. Hieß das, dass die Chigs sie ebenfalls angegriffen hatten? Das würde bedeuten, dass die Chigs mehr Träger in diesem Raumsektor besaßen, als bisher angenommen.

Carina Lerach fällte eine Entscheidung. Sich an den Funkoffizier wendend, befahl sie rau: „Signal an unsere Geleitschiffe: Wir folgen dem Gros unserer Jäger. Damit schieben wir den Moment, in dem uns der dritte Träger angreifen kann, noch etwas hinaus, und vielleicht gelingt es uns, durch dieses Manöver, den anfliegenden Chigs den Schneid abzukaufen.“

Den letzten Halbsatz hatte sie einzig und allein für die Anwesenden in diesem Kommandozentrum angehängt, in der Hoffnung, ihnen damit Mut machen zu können. Sie schritt zu Oberfeldwebel Yildirim und blieb hinter seinem Sitz, am Geländer, stehen.

„Holen Sie aus den beschädigten Triebwerken heraus, was geht, Feldwebel“, wies Brigadegeneral Lerach den Steuermann an. „Halten Sie die BISMARCK aus dem Feuerbereich des dritten Trägers, solange es irgendwie geht.“

„Verstanden, General!“

Lerach schritt bereits zum Waffenoffizier des Trägers. „Leutnant Krüger, Ihr mieses Gefühl hat Recht behalten. Herzlichen Glückwunsch. Die hinteren Geschütze werden unseren drei Staffeln in diesem Vektor so viel Feuerschutz geben, wie nur irgend möglich. Primäre Ziele sind dabei natürlich die Bomber der Chigs, die sie zweifellos aussenden werden.“

„Verstanden, General“, bestätigte die Frau und sah konzentriert auf ihre Anzeigen. Sie wusste, dass der Rummel schon sehr bald losgehen würde.
 

* * *
 

Auf der SARATOGA stand Commodore Ross im Kommandozentrum und beobachtete die Besatzung dabei, wie sie ihren Dienst versahen. Momentan war er zum Abwarten verdammt. Etwas, das ihm noch nie sonderlich gefallen hatte. Viel lieber hätte er etwas sinnvolles zu tun gehabt. Doch Glen van Ross wusste, dass dieser Zustand nur noch etwa zwei Minuten anhalten würde, und so konzentrierte er sich darauf, was schon bald auf ihn, oder besser auf seine Fähigkeit diesen Verband zu kommandieren, zukommen würde.

Schließlich schritt er an der Reihe seiner Offiziere und Unteroffiziere entlang. Hinter dem Platz des Ortungsoffiziers stehen bleibend sah er angespannt auf dessen Anzeigen. Der Verband, dessen Flaggschiff die SARATOGA war, näherte sich unaufhaltsam dem imaginären Punkt im Weltall, von dem aus er Kontakt zur BISMARCK herzustellen gedachte. Diesen Punkt hatte Ross deshalb so gewählt, weil der Verband dort die maximale Ortungsreichweite des zuletzt aufgetauchten Chig-Trägers unterschreiten würde. Gleichzeitig sollten an diesem Punkt die Jäger des Trägers starten.

Auf dem Hauptbildschirm des Ortungsoffiziers verfolgte er den überraschend aufgetauchten zweiten und dritten Träger der Chigs. Damit hatte sich das Kräfteverhältnis massiv zu ihren Ungunsten verschoben. Nachdem Ross davon erfuhr hatte er die anfängliche Planung umgestoßen. Ein Beweis für den geflügelten Spruch, dass kein Schlachtplan den ersten Feindkontakt überstand.

Ross verwünschte die Tatsache, dass die neuen Wurmlochgeneratoren, an Bord der Träger, keine wirklich exakten Verbindungen zuließ. Die neuen Aggregate, die dazu in der Lage waren, ein künstliches Wurmloch zwischen zwei massiven Gravitationsquellen zu erzeugen, schufen eine Verbindung, deren Ausgang bei Planeten zwischen 0,5 und 10 Mega-Solar-Kilometern lag. Bei Sternen, deren Störungen des Raumes beträchtlich größer ausfielen, lag der Austrittspunkt bei wenigsten 50 MSK Entfernung zum Stern. So konnte zwar kein Raumschiff versehentlich einer dieser Gravitationsquellen zu nahe kommen – doch andererseits war es, bis zu einem gewissen Grad, ein Glücksspiel wo exakt man nach einer Passage von Sternensystem zu Sternensystem landete. Eine Verbindung zu weit ab von einem Stern oder einem Planeten war nicht möglich, so dass man mit dieser Technik nur aus einem Sternensystem heraus, in ein anderes Sternensystem hinein fliegen konnte. Dabei waren kleinere Raumschiffe darauf angewiesen, dass das Wurmloch von einem Träger erzeugt wurde, da die Aggregate die Energieerzeuger kleinerer Raumschiffe überlastete.

Mit 7,3 MSK Entfernung zu Planet 2063-Yankee war der Trägerverband zwar nicht in der optimalen Entfernung im System erschienen, dafür aber in einem relativ günstigen Angriffswinkel zum zuletzt erschienenen Träger der Chigs.

Als die Scanner-Distanz des Feindträgers unterschritten wurde, gab Ross dem Funker der SARATOGA das Kommando, die BISMARCK anzurufen. Es dauerte einen Moment, bis sich Master-Sergeant Walker zu Ross umwandte und meldete: „Funkverbindung steht, Commodore! Sie können sprechen!“

Ross nickte knapp und sprach mit tragender Stimme: „Hier spricht Commodore Ross, von der SARATOGA. Spreche ich mit Brigadegeneral Lerach?“

Es dauerte einige Sekunden, bis die Antwort eintraf. „Hier Brigadegeneral Carina Lerach, von der BISMARCK. Sie haben unseren Notruf also doch empfangen, aber nicht geantwortet, um die Chigs nicht zu warnen. Ich bin froh, dass Sie da sind, Commodore.“

„Und ich muss Ihnen nicht sagen, dass Ihre momentane Taktik ein riskantes Spiel ist.“

„Nein“, kam die knappe Erwiderung. „Aber ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie sich um den Träger kümmern, der uns im Nacken sitzt. Außerdem wären wir dankbar, wenn Sie vielleicht einen Schlachtkreuzer und ein paar Kanonenboote zu unserer Unterstützung schicken würden, Commodore.“

Glen van Ross rieb sich mit der Linken den Nacken und war froh darüber, dass ihn Carina Lerach nur hören konnte. Schnell entschied er: „Also schön. Ich schicke Ihnen den Schlachtkreuzer PERSHING und die Kanonenboote NIAGARA und MISSOURI. Die Schiffe sollten es schaffen, Sie rechtzeitig zu erreichen um an Ihrer Seite wirkungsvoll in den Kampf eingreifen zu können.“

Die Erleichterung in der Stimme von Carina Lerach war für Ross herauszuhören, als sie erwiderte: „Ich danke Ihnen, Commodore Ross. Mit dieser Unterstützung sollte es uns gelingen, dem Feind Paroli zu bieten. Der günstigste Angriffskurs für Ihre drei Raumschiffe wäre, von Ihrer jetzigen Position aus, sieben Grad zu dreihundertundsieben Grad.“

Ross sah kurz zu seinem Taktischen Offizier, der eine zustimmende Geste machte. „In Ordnung, Brigadegeneral. Die drei Kriegsschiffe sind unterwegs. Ross, Ende!“

Carina Lerach bestätigte und die Verbindung wurde unterbrochen.

Glen van Ross gab Anweisung an den Funker, die drei genannten Kriegsschiffe der 15. Flotte von seiner Anweisung zu unterrichten. Er verschränkte mit unbewegter Miene seine Arme vor der Brust und rief sich das eben geführte Gespräch in Erinnerung. Diese Deutsche hatte sehr ruhig und sehr beherrscht geklungen. Mehr, als würde sie zu einem Picknick aufbrechen, als zu einer Schlacht gegen einen momentan noch überlegenen Feind antreten. Selbst mit der von ihm ausgesandten Unterstützung würde es noch schwer werden für den deutschen Verband. Ross fragte sich, ob Carina Lerach sich nur den Anschein gegeben hatte, oder ob viel mehr das, was sein Urgroßvater gelegentlich behauptet hatte, zutraf. Der hatte, während des Zweiten Weltkriegs, gegen die Deutschen gekämpft, und er hatte gelegentlich von der Kaltblütigkeit und dem Mut der Deutschen, im Kampf, erzählt.

Der Commodore vermutete, dass sein Urgroßvater vielleicht hier und da übertrieben hatte. Eins war jedoch unwiderlegbar: Die 47. Staffel, die auf der BISMARCK stationiert war, hatte noch einige Abschüsse mehr auf dem Konto, als die Wildcards.

Die Grauen Falken.

Diese Staffel hatte sich, während des Krieges, einen ebenso legendären Ruf erworben, wie die Angry Angels, vor deren, beinahe vollständigen, Auslöschung bei der Schlacht über der Erde. Er verwarf diese fruchtlosen Gedanken und schritt zum Ortungsoffizier.

Auf dem Bildschirm konnte Ross erkennen, wie die PERSHING und die beiden Kanonenboote den Kurs änderten. Mit einem seltsamen Gefühl im Magen wandte er sich schließlich ab. Er witterte eine Gefahr, ohne sagen zu können, worin sie bestand, oder aus welcher Ecke sie zuschlagen würde. Es war eben nur ein nicht zu fassendes Gefühl. Vielleicht war es Admiral David Broden ganz ähnlich ergangen, als er ihn darum gebeten hatte, mit der SARATOGA und der Hälfte der Flotte losfliegen zu dürfen, um dem deutschen Verband zu Hilfe zu kommen. Momentan konnte er nichts weiter tun, als abwarten.
 

* * *
 

An der Spitze der Jagdverbände flogen die Grauen Falken ihrem Mutterschiff und deren beiden Geleitschiffen voraus. Und mit ihnen fünfzehn weitere Jagdstaffeln. Dabei waren die einzelnen Staffeln zu einem breiten Sperrriegel aufgefächert. Sie bildeten dabei die rechte, untere Flanke des Sperrriegels.

Melanie Oberleitner sah aufmerksam auf ihre Instrumente, hauptsächlich aber auf ihr Head-Up-Display, auf dem die anfliegenden Feindjäger als rote Punkte abgebildet wurden. Lange würde es nun nicht mehr dauern, bis sie sich mitten in einem wilden Gefecht befinden würden, wie schon so oft zuvor, in den letzten achtzehn Monaten.

Es war Hagen Gronau, der sich über Funk meldete und sie aus der Konzentration riss. „Silberfalke, hier Graufalke: Ich habe den Feind in der Ortung. Allerdings habe ich eben auf dem Hauptmonitor der Raumortung eine seltsame Verzerrung aufgefangen. Nur für einen Moment, danach war wieder alles, wie gehabt.“

„Hier Silberfalke“, meldete sich die Frau. „Bist du sicher, dass es sich nicht vielleicht um einen Fehler in deinem Ortungssystem handelt?“

Hagen Gronau gab ein Brummen von sich. „Möglich, aber ein erster Kontroll-Check verlief negativ.“

Im nächsten Moment wurde Melanie Oberleitner abgelenkt. Für einen kurzen Augenblick veränderte sich die Anzeige ihres Ortungsmonitors, ohne dass ein Ziel darauf erkennbar wurde. Nur ganz schwach. Gerade so, als würde das Display aus Wasser bestehen. Im nächsten Moment war alles wie zuvor, und die blonde Frau rief Hagen an. „Jetzt habe ich es auch gesehen, Graufalke. Weiter im Auge behalten, vielleicht haben die Chigs ein neues Radarstör-System, von dem wir nichts wissen.“

Melanie Oberleitner beobachtete misstrauisch von nun an immer wieder den Monitor, doch das seltsame Phänomen wiederholte sich nicht, und langsam beruhigte sie sich wieder. Vielleicht lag es an irgendwelchen Anomalien im All, die noch nie von Menschen erlebt oder erforscht worden waren. Sie verwarf schließlich den Gedanken daran und konzentrierte sich wieder auf das Naheliegende.

Weder die Staffelführerin der Grauen Falken, noch sonst einer der Jagdpiloten sah kommen, wie das Unheil über die Jagdstaffeln der BISMARCK hereinbrach. Ganz plötzlich, wie aus dem Nichts waren sie da – zwei Chig-Jäger. Wendiger, größer und tödlicher, als alle Anderen, denen sie jemals in diesem Krieg begegnet waren.

Einigen der Piloten und Pilotinnen ging durch den Sinn, was sie vor einigen Monaten vage gehört hatten. Von einem gewissen Chiggy von Richthofen, und einem nahezu unbesiegbaren Jäger mit vernichtender Wirkung. Nun waren zwei von ihnen da.

Die ersten, grellen Plasmaschüsse der so plötzlich aufgetauchten Feindmaschinen richteten bereits schreckliche Verluste unter den Jägern der BISMARCK an, noch bevor sich die Staffeln der Terraner zu einzelnen Rotten auflösen konnten. Grelle Explosionen zeigten jeweils das Ende einer SA-43 an. Wieder und wieder leuchteten sie auf.

Der Teil von Melanie Oberleitner, der stets kühl und sachlich blieb gewann nach einem Moment des Schreckens endlich die Oberhand, und sie wies Hagen Gronau über Funk an: „Graufalke, an meinen rechten Flügel. Warnung an die Flotte, was da auf uns zu kommt.“

Noch während sie beide eine harte Kehre flogen und Kurs auf einen der beiden neuartigen Jäger nahmen, gab sie bereits die nächsten Anweisungen: „Turmfalke und Buntfalke, ihr deckt unsere rechte Flanke – der Rest formiert sich an Backbord. Mir nach!“

In geschlossener Formation jagten die sieben HAMMERHEADS durch den Raum. Rings um sie herum tobte das Chaos, in das die stellvertretende Geschwaderführerin, Major Kristin Dochow gerade resolut Ordnung brachte. Einige der terranischen Jäger, die aus einem ersten Reflex heraus versucht hatten von den Gegnern abzudrehen, waren von den beiden Stealth-Jägern der Chigs abgeschossen worden.

Einige von ihnen waren gute Kameraden gewesen, konstatierte Melanie Oberleitner mit eben jenem Teil ihres Verstandes, der gerade wieder das Kommando übernommen hatte. Der Rest von ihr war einerseits aufgewühlt, andererseits konzentrierte er sich auf die Auseinandersetzung mit den Chigs.

„Feind auf zehn Uhr tief, Steppenfalke!“, rief sie über Funk. „Nehmt die Verfolgung auf und blast den Mistkerl aus dem All!“

Der angerufene Fredrick Reimers hängte sich an die Fersen des genannten Ziels, dicht gefolgt von Leonie Benning und Andreas Immanuel Kant.

Sie selbst hatte sich an das Heck eines der so plötzlich aufgetauchten Jägers gehängt, flog eine so enge Fassrolle, dass Hagen Gronau Schwierigkeiten bekam, ihr zu folgen, und feuerte vier Raketen auf den Feind ab, als sie ihn genau im Visier hatte.

Der Jäger brach in einer Energiekaskade auseinander und Trümmer wirbelten davon. Melanie Oberleitner überlegte, dass die so plötzlich aufgetauchten Jäger zwar dieselben überragenden Fähigkeiten zu haben schienen, wie der erste Jäger dieser Klasse – jedoch nicht seine Piloten. Zum Glück, denn ansonsten hätte ihnen wohl ein Debakel gedroht. Dennoch schien es ihr geraten, auf der Hut zu sein.

Der Anruf von Kristin Dochow alarmierte sie.

Roter Drache an alle Jägerpiloten: Der zweite Feindjäger und mehrere Bomber brechen durch und fliegen auf den amerikanischen Schlachtkreuzer PERSHING, und seine Geleitschiffe zu. Wir folgen denen und werden sie stellen, koste es, was es wolle. Die Staffeln Vier-Acht, Vier-Neun, Fünf-Drei und Fünf-Vier decken hingegen weiterhin den Anflug unserer Schiffe auf die beiden gegnerischen Träger. Graue Falken, Sie sind am nächsten dran – geben Sie ihr Bestes um die Mistkerle abzufangen.“

„Verstanden, Roter Drache“, antwortete Melanie Oberleitner und richtete sich mit ihrem nächsten Funkspruch an ihre Flügelleute. „Ihr habt es gehört Falken. Holt ihn euch!“
 

* * *
 

Cooper Hawkes wollte seinen Ohren nicht trauen, als er über Funk mit anhören musste, was sich in der Nähe des deutschen Kampfverbandes abspielte. Er erinnerte sich daran, wie ihnen, vor einem halben Jahr, ein Stealth-Jäger der Chigs übel mitgespielt hatte. Und nun waren gleich zwei von ihnen auf den Plan getreten.

Damals hatte Lieutenant-Colonel McQueen höchst persönlich diese Gefahr gebannt, kurz nachdem bei einem Einsatz ihrer Staffel, gegen diese Bedrohung, der Leiter dieses Einsatzes, Colonel Schrader, und eine Kameradin, First-Lieutenant Kelly Anne Winslow, abgeschossen worden waren.

Hawkes umklammerte das Steuerhorn des Jägers fester, bei diesen Gedanken. Er hatte Kelly sehr gemocht – als Kameradin. Er erinnerte sich daran, dass sie stets unbekümmert und voller Zuversicht die Dinge angegangen war.

Winslow war tot und McQueen lag verwundet in einem Krankenhaus, auf der Erde. Und jetzt, da sich die Gelegenheit zu einer Revanche ergab, war er dazu verdammt in der Nähe der SARATOGA zu bleiben. Dabei war sich Hawkes sicher, dass es seinem Kameraden West im Moment ganz ähnlich erging.

Hawkes vermutete, dass er vor einem Jahr nicht gezögert hätte seine Befehle über Bord zu werfen und loszufliegen, um sich ins Kampfgeschehen zu stürzen. Doch mittlerweile war er gereift. Vielleicht hatte auch etwas von McQueens taktischem Verständnis auf ihn abgefärbt, wer konnte das schon wissen.

Die Stimme des neuen CAG der SARATOGA drang in seine Gedanken, als er die Piloten dazu aufforderte, den Monitor des Raumscanners im Auge zu behalten und besonders auf Verzerrungen der Bildschirm-Anzeige zu achten.

Black-Sun, hier Blue-Sun. Ich habe da etwas wahrgenommen!“, krachte die helle, aufgeregte Stimme von Second-Lieutenant Daun-Marie Darrow aus dem Empfänger und Hawkes brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass er angesprochen war. An seinen neuen Rufnamen musste er sich noch gewöhnen.

„Ganz ruhig, Blue-Sun. Gib mir den Vektor an!“

Immer noch aufgeregt klingend gab die Pilotin zurück: „Äh… Ja… Nach dem schwachen Energieeinfall zu urteilen kam ein Energieecho aus Einhundertunddreiundsiebzig zu Vierundzwanzig.“

Fast gleichzeitig sah Cooper Hawkes auf dem Scanner-Bildschirm seines Jägers jene Verzerrung, die er schon einmal vor etwa einem halben Jahr gesehen hatte. Rasch rief er seine Piloten an: „Black-Sun an Alle – Feind kommt von Achtern hoch! Break-Formation und zu Rotten formieren, Ausführung!“

Noch während Hawkes aus der scharfen 180-Grad-Wende kam, sah er den Feind schwach gegen den Sternenhintergrund, und rief über Funk: „Hinter dir, Blue-Sun!“

Doch bevor die junge Pilotin reagieren konnte feuerte der, wie aus dem Nichts aufgetauchte Stealth-Jäger der Chigs aus seinen Plasma-Kanonen.

Hawkes sah den Jäger der Kameradin, in einem grellen Feuerball explodieren – sah sie sterben, und der Zorn schnürte ihm die Kehle zu. Schließlich schaffte er es doch, seinen Zorn herauszuschreien und er nahm seinerseits den Feindjäger unter Feuer.

Der Pilot, mit dem Rufnamen Red-Sun formierte ihm an seinem linken Flügel um ihm Deckung geben zu können. Dabei hörte er seinen Staffelführer fluchen: „Der gehört mir!“

Eine weitere Rotte seiner Staffel schloss auf und der wendige Chig-Jäger suchte sein Heil in der Flucht, vermutlich um später, aus einer besseren Position heraus, erneut über die Terraner herfallen zu können. Hawkes und seine drei Begleiter jagten hinterher, wie Racheengel. Wie sich der Feind auch drehte und wendete, die terranischen Jäger blieben dran, und für einen Moment lang realisierte der In-Vitro grimmig lächelnd, dass die Sundown Raiders etwas konnten. Die Triebwerke der SA-43 HAMMERHEADS arbeiteten mit Maximalwerten und Hawkes spürte das Vibrieren der Jägerzelle.

Hawkes kam heran und er feuerte mit seiner Bordkanone. Dabei traf er einen der drei Flügel des Feindjägers, erzielte jedoch dadurch keinen nennenswerten Schaden.

Während, entgegen seines wütenden Ausrufs von eben, nun auch seine Flügelpiloten das Feuer eröffneten, folgte Hawkes dem Feind in eine enge Kehre und feuerte intuitiv ein paar Raketen auf den Punkt, an dem der Feind sein musste, wenn sie ebenfalls dort waren.

Es gab einen grellen Blitz, und gleich darauf zerriss es den Feindjäger.

Die beiden terranischen Jäger-Rotten wichen den Trümmern aus und suchten nach dem nächsten Feind.

Über Funk hörte Hawkes die Stimme seines Kameraden Nathan West, als er jubelnd verkündete: „Wir haben die normalen Jäger und die Handvoll Bomber, die sie begleitet haben, gestellt und vernichtet. Keine Verluste unter den Wildcards. Es hat fast den Anschein, als hätten jeder der drei Chig-Träger nur einen der neuen Jäger an Bord gehabt.“

„Nur ist gut!“, knurrte Hawkes finster. „Mir hat es gereicht. Wir haben Blue-Sun verloren, bei der Attacke des Stealth-Jägers.“

Er wollte noch etwas hinzufügen, als die Stimme des CAG aus dem Empfänger aufklang: „Eben hat uns ein Kanonenboot der Fünfzehnten Flotte erreicht. Das Flaggschiff der Flotte, die BUNKER HILL, hat ein künstliches Wurmloch für den Kurier geöffnet. Admiral Broden berichtet von überlegenen Feindkräften, die bei Demios aufgetaucht sind. Die Flotte gibt das System auf und zieht sich nach Ixion zurück. Wir haben Order, zum Trägerverband der Deutschen aufzuschließen, und mit ihm ebenfalls Ixion anzufliegen. Die Kampfhandlungen sind bis zu unserem Rückzug auf ein Minimum zu reduzieren.“

Toll, fluchte Hawkes in Gedanken. Wenn es kommt, dann meistens knüppeldick.
 

* * *
 

Zur selben Zeit schoss Hagen Gronau einen der feindlichen Bomber ab, die dem Stealth-Jäger folgten und unbeirrbar Kurs auf die PERSHING hielten.

„Erwischt!“, jubelte er und sah sich dabei bereits nach dem nächsten der durchgebrochenen Feinde um.

„Bestätigt, Graufalke!“, stimmte Melanie Oberleitner über Funk zu. „Aber werde jetzt deswegen nicht größenwahnsinnig. Vermutlich war das wieder mal reiner Dusel!“

„Danke, für die netten Worte, das baut richtig auf“, erwiderte Gronau verstimmt. „Lass mich den Moment doch einfach mal genießen!“

„Der Moment ist vorbei!“

Melanie Oberleitner versuchte sich vorzustellen, welches Gesicht Hagen in diesem Moment zog, und ein Grinsen stahl sich, trotz des Ernstes der Lage, auf ihr Gesicht. Dabei gönnte sie ihm den Erfolg, doch sie hatte, während sie gemeinsam dienten, gelegentlich den Eindruck gewonnen, dass er manchmal zu einem gewissen Übermut neigte, und so konnte es nichts schaden, ihn hin und wieder zu erden, wenn er drohte abzuheben. Einen Augenblick später wirkte sie wieder so ernst und angespannt, wie zuvor. Noch immer war dieser Stealth-Jäger im Anflug auf die PERSHING, und bei der erschreckend guten Bewaffnung dieser Maschine konnte er bestimmt eine Menge Schaden anrichten. Selbst auf einem so großen Raumschiff, wie einem Schlachtkreuzer der LONDON-KLASSE.

Einer der verbliebenen vier Bomber, die den neuen Jäger begleiteten, tauchte allmählich in Feuerreichweite auf, und er begann damit wilde Ausweichmanöver zu fliegen.

Melanie befürchtete, dass dieser Bomber ihre Staffel dazu verleiten wollte, von seinen Kameraden abzulassen, doch da hatte er die Rechnung ohne sie gemacht. Über Funk wies sie die Piloten ihrer Staffel an: „Hagen, du hältst mit den Falken weiter auf den Jäger und seine Bomber zu, Andreas und ich werden uns um den Ausreißer kümmern!“

Ein kurzes Zögern entstand, bevor Hagen bestätigte.

Die blonde Frau ahnte warum der Kamerad nicht augenblicklich bestätigt hatte und sie gab ein unwilliges brummen von sich. Dabei dachte sie: Dass ich Andreas mitnehme passt ihm nicht. Persönliche Gefühle haben bei einem Raumgefecht keinen Platz. Darüber werde ich noch einmal mit ihm reden müssen, wenn wir wieder an Bord der BISMARCK sind.

Andreas Immanuel Kant formierte sich an ihrem rechten Flügel und gemeinsam nahmen sie die Verfolgung des einzelnen Bombers auf.

Mit einer fast unmöglich engen Wende zog der Chig-Pilot seinen Bomber herum und jagte mit irrwitzigem Tempo auf die beiden Jäger zu.

Melanie Oberleitner presste die Zähne aufeinander. Weniger erfahrene Piloten währen bei diesem tollkühnen Manöver vermutlich in Panik verfallen. Selbst sie spürte ein Gefühl in ihrer Magengegend, bei dem sie normalerweise mit Volldampf zur Toilette gerannt wäre. Doch unbeirrbar hielten sie und Kant Kurs und sie hörte ihren Kameraden über Funk grimmig sagen: „Friss Stahl!“

Beide HAMMERHEADS nahmen den Chig-Jäger mit Raketen und Bordgeschützen unter Feuer. Zwei Kilometer vor ihnen zerbarst die düsterrote Maschine und es verblieben ihnen nur Sekundenbruchteile um dem Vernichtungswerk auszuweichen.

Ein hell schabendes Geräusch machte Melanie bewusst, wie knapp es diesmal gewesen war. Zum Glück hatte das Trümmerstück, das dieses Geräusch auf der Hülle erzeugt hatte, ihren Jäger nur gestreift. Sie und Kant schlugen bereits wieder den ursprünglichen Kurs ein, als der Funkverkehr deutlich zunahm.

Durch die Scheibe ihres Cockpits konnten die beiden deutschen Piloten, trotz der gewaltigen Entfernung, auch den Grund dafür erkennen. Offensichtlich hatten es die übrigen Bomber und der Jäger der Chigs geschafft, bis zur PERSHING vorzudringen. Von dem Schlachtkreuzer gingen mehrere grelle Explosionen aus, für Waffenfeuer viel zu hell. Erst nach einem Moment hörten Oberleitner und Kant heraus, dass zwei der drei Feindbomber einen Kamikaze-Einsatz geflogen hatten, und sowohl in die Brücke als auch in den Antriebssektor eingeschlagen waren. Der verbleibende Stealth-Jäger hatte dem terranischen Großkampfschiff noch verheerende Schäden beibringen können, bevor er, von Hagen Gronau, gestellt und vernichtet worden war.

Melanie Oberleitner gab ihrem Flügelmann den Befehl sich vom amerikanischen Schlachtkreuzer fernzuhalten. Gleichzeitig bremste sie selbst ihren Jäger ab und zwang ihn auf einen anderen Kurs, gerade in dem Moment, als die PERSHING in einer Energieorgie zerrissen wurde. Geblendet wandte sie den Kopf zur Seite und hauchte: „Oh, mein Gott.“ Dabei fragte sie sich, was sich momentan bei der BISMARCK abspielen mochte.
 

* * *
 

Carina Lerach stand mit geradezu unnatürlicher Ruhe im Kommandozentrum der BISMARCK, als die Meldung von der Vernichtung der PERSHING einlief. Die Vernichtung dieses Kreuzers war eine Katastrophe, doch im Moment durfte sie sich nicht von dieser Hiobsbotschaft ablenken lassen. Vor dem Träger und den beiden Geleitschiffen, über die sie den Oberbefehl inne hatte, geriet einer der Chig-Träger in Schussweite. Obwohl sich ihr ein Gefühl von Rache aufdrängte, gab sie ihm nicht nach. Nichts war, während einer Raumschlacht, so gefährlich wie überbordende Emotionen.

Auf den Bildschirmen beobachtete die Befehlshaberin des deutschen Verbandes, wie die beiden markanten 900-Megawatt-Laser der BLÜCHER, die an breiten Pylonen am Bug des Schlachtkreuzers montiert waren, zu feuern begannen. Gleich darauf setzten die Frontgeschütze und die Raketenwerfer der ARCONA mit ein.

Die grellen, turmdicken Laserstrahlen der BLÜCHER trafen den hohen, schlanken Träger der Chigs mittschiffs. Knapp daneben schlugen die Raketen und Plasmaschüsse der ARCONA in die bläulichen, dreieckigen Panzerplatten des feindlichen Trägers ein.

Carina Lerach gab Oberst Kiesewetter ein Zeichen. Auf den Befehl des hageren Mannes, mit dem markant zerfurchten Gesicht, hin begannen die Geschütze des Trägers und die beiden Raketenwerfer ebenfalls damit auf den Träger der Chigs zu feuern. Wie immer, wenn Kiesewetter anwesend war, bemerkte man den ruhigen, schwarzhaarigen Mann, mit den manchmal seltsam starr wirkenden, eisgrauen Augen, kaum.

Nach der sechsten Rakete der BISMARCK schien sich die Hülle des Chig-Trägers plötzlich zu verformen und nach Außen zu wölben. Mehrere Folgeexplosionen blendeten Carina Lerach und einen Moment später wirbelten große Teile des Feindträgers davon. Weitere Explosionen zerrissen den Rest des gewaltigen Schiffes.

Fast in demselben Moment lief von der SARATOGA der Rückzugsbefehl ein.

Carina Lerach hob während der Meldung lediglich etwas ihre Augenbrauen, wechselte dabei einen vielsagenden Blick mit Oberst Kiesewetter und gab direkt nach dem Ende der Nachricht den Befehl an ihren Verband, den Rendezvous anzusteuern, den der Commodore des amerikanischen Trägers ihr genannt hatte. Obwohl es ihr gar nicht passte, den zweiten Träger nicht auch noch in die Mangel nehmen zu können. Dann jedoch überflog sie die Schadensmeldungen der BLÜCHER und der ARCONA und ihr wurde klar, dass der Ausgang eines weiteren Gefechtes mit einem dieser kampfstarken Chig-Träger ziemlich ungewiss sein würde. Deshalb klang ihre Stimme auch weniger rau, als noch zuvor, als sie gleichfalls den Befehl an die Stellvertretende Geschwaderleiterin der Jäger gab, sich schnellstmöglich vom Feind zu lösen und auf der BISMARCK zu landen.

Es dauerte kaum fünfzehn Minuten, bis der letzte terranische Jäger gelandet war, und der zusammengewürfelte Verband eine Formation eingenommen hatte, nach deren Einnahme die SARATOGA den Wurmlochgenerator aktivieren konnte, um dem gesamten Verband eine sichere Passage nach Ixion zu gewähren.

Der Wurmlochdurchgang dauerte kaum eine halbe Minute. Dann befand sich der gemischte Kampfverband, gut zehn Million Kilometer, oder auch 10 MSK, vom Planet Ixion entfernt. Der Planet wurde von den Terranern gegenwärtig als vorgeschobener, stark befestigter Flottenstützpunkt genutzt. Neben der BUNKER HILL und dem Rest der 15. Flotte befanden nun zwei weitere Träger und deren Geleitschiffe vor Ort – eine beachtliche Streitmacht, die die Wichtigkeit dieses Systems, im Krieg gegen die Chigs, unterstrich. Ixion musste um jeden Preis gehalten werden. Darum war bereits weitere Verstärkung zu diesem Sonnensystem unterwegs, wie Carina Lerach mittlerweile erfahren hatte.

Nun, demnächst würde wohl Admiral Broden zu einer Zusammenkunft der anwesenden Kommandeure bitten. Doch zuvor, so nahm sich Lerach vor, würde sie die Zeit nutzen, um sich etwas auszuruhen. Außerdem war ihre Uniform durchgeschwitzt, und so würde eine Dusche eine willkommene Abwechslung bedeuten. Vorerst befand sich ihr Verband, zum ersten Mal seit zwei Wochen, in relativer Sicherheit.

Brigadegeneral Lerach übergab das Kommando über den Verband an Oberst Gernot Kiesewetter, wobei sie einmal mehr überlegte, dass es wohl keinen Menschen in diesem Universum gab, der mehr Falten im Gesicht trug, als er. Eine Falte für jede Sorge die ihn umtrieb, hieß es auf der BISMARCK. Sie hatte bereits sehr oft das Schicksal des gesamten Verbandes in seine Hände gelegt, und stets hatte sich der ruhige, geradezu wortkarge Mann als verlässlich erwiesen. Eine Eigenschaft, die vor allen anderen schätzte.

Ein letztes Mal ließ sie ihren Blick über die Anwesenden schweifen, bevor sie sich endlich, langsam und sehr nachdenklich, auf den Weg zu ihrem Quartier machte.



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück