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go to hell

karashima / heaven&hell crossover
von

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Ruri

Der Song ging zu Ende. Ruri zog auf seiner E-Gitarre konsequent und ohne Unterbrechung ins nächste Lied weiter. Der Rest der Instrumentalos fluchte und maulte leise, als sie hektisch darum ruderten, den Einstieg ebenfalls noch irgendwie zu kriegen. Der einzige, der sofort mitzog, war Katorihito, der Sänger. Ihn brachten solche Aktionen nicht aus dem Konzept, da war er Profi. Beziehungsweise war er mit Ruri eingespielt genug, um niemals den Anschluss zu verlieren.

Das Publikum kreischte auf, als sie den Song schon anhand der ersten, markanten Akkorde erkannten.

Ruri sprang nach vorn ins Zentrum der Bühne.

Katori machte ihm mit einem Lächeln auch bereitwillig Platz, damit der Gitarrist sich feiern lassen konnte.

Die Fans gingen ab wie die Hölle. Ruri konnte die Massen echt rocken, wenn er wollte. Nur leider wollte er in so kleinen Hallen meistens nicht. Diese Clubs mit kaum 200 Zuschauern langweilten ihn fürchterlich, er wollte größeres. Er war es gewohnt, in Stadien mit fünfstelligen Besucherzahlen zu stehen. Das machte ihm Laune, von der Bezahlung ganz zu schweigen. Damit die Ego-Kanone in so kleinen Locations wie dieser hier wenigstens so tat, als hätte er Spaß an seiner Musik, musste man ihm schon wirklich gut zureden.

Katori selber sah das entspannter. Er mochte auch die kleinen, familiären Clubs ganz gern. Da hielt sich sein Lampenfieber zumindest so weit in Grenzen, daß es ihn nicht aus dem Rennen zu nehmen drohte.

Und der Rest der Band ... naja ... wurde nicht gefragt. Der Bassist und der Drummer waren beide Nachwuchs-Musiker, um einiges unerfahrener und unprofessioneller als Ruri und Katori, und auch um Jahre jünger. Für Ruri waren sie nur ein notwendiges Übel, weil eine Band ohne Bass und Schlagzeug halt nicht funktionierte. Katori ging mit ihnen sehr viel kollegialer und freundschaftlicher um, sorgte aber ebenfalls dafür, daß die beiden die Klappe hielten und in der Bandpolitik nicht mitmischten. Die machten Ruri und Katori unter sich aus. Nur überzeugte Katori die beiden lieber mit Sachkompetenz und Erfahrung. Ruri machte sich diese Mühe nicht, er fuhr einfach diktatorische Methoden auf und dann hatten die Nesthäkchen ihre Meinung für sich zu behalten.

Die Band war in so ziemlich allen Dingen in diese zwei Lager gespalten, nicht nur im Alter und Professionalitäts-Grad der Mitglieder. Während Katori und Ruri die klassischen Rocker waren, die viel in schwarzem Leder und Nietenbeschlag herumliefen, waren die anderen beiden eher legere, bunte, fröhliche Mode-Typen. Während Katori und Ruri mehr hartes Trash Metal predigten, waren die anderen beiden Fans von melodischen Klängen. Während Katori und Ruri ein verschworenes Team bildeten, waren der Bassist und der Drummer nur simple Arbeitskollegen, die außerhalb der Proben nicht mehr viel mit dem Rest der Band zu tun haben wollten. Nun gut, letzteres war vielleicht auch ihren familiären Umständen geschuldet. Im Gegensatz zu Katori und Ruri hatten die beiden noch ein privates Leben abseits der Bühne und keine gemeinsame Vergangenheit.

Katorihito hatte inzwischen die zweite Strophe des Songs beendet und hatte nun in der Bridge kurz Pause. Ruri tourte noch weiter hoch. Sein Gitarren-Solo. Da gab er sich keine Blöße. Da musste jeder Ton zelebriert werden und auf den Punkt genagelt sitzen. Auch wenn das Publikum es mangels Fachwissen nicht würdigte.

Katori war auch klug genug, ihm nicht dazwischen zu quatschen, solange er in der Gegend rumsolierte. Normalerweise nutzte der Vocal Textpausen ganz gern mal dazu, das Publikum mit 'Go! Go! Go!'-Rufen, 'come on'-Aufforderungen oder ähnlichem weiter aufzuheizen. Aber jetzt ließ er Ruri seinen Spaß und ließ ihn ungestört seine Show abziehen. Am Rande bekam er mit, wie ihr Bassist mit den Augen rollte.

Ruri kam mit seinem Solo zu Ende und wetzte zu seinem Mikrophon zurück. „Vielen Dank, daß ihr da wart! Besucht uns bald wieder!“, gröhlte er dem Publikum zu, wofür er sein Gitarrenspiel auf ein Minimum reduzierte. Ein simpler Akkord-Shredder in monotonem Takt und ohne Griffwechsel. Nicht etwa, weil er nicht gleichzeitig hätte reden und spielen können, sondern reinweg als Test, wie der Rest der Band reagierte. „Ihr wart super! Vielen Dank, Leute! Wenn wir dürfen, kommen wir gern mal wieder!“ Dabei gab er dem Tontechniker ein kryptisches Handzeichen, was dieser auch zu verstehen schien und sofort emsig an seinem Pult herumregelte. Demnach war es vorher abgesprochen gewesen. Auch so etwas, was Ruri und Katori von den anderen beiden unterschied. Die dachten weit genug mit, sich vorher mit ihrer Crew abzustimmen, damit alles bestmöglich funktionieren konnte.

Die Fans jubelten laut. Obwohl es das letzte Lied der Zugabe war, gaben sie nochmal alles und rockten, als wären sie noch taufrisch.

Der Sänger nahm mit einem Lächeln die Bühnenmitte wieder selber ein und taktete die letzte Strophe des Songs und damit das Finale auf. Danach war Sense, das Konzert war vorbei. Schade eigentlich. Er hätte gern noch ein bisschen weiter gemacht. Aber in so kleinen Clubs würde sich Ruri nie und nimmer zu noch einer zweiten Zugabe breitschlagen lassen. Der war froh, wenn das hier vorbei war, egal was er dem Publikum gerade gesagt hatte. Ruri nahm sich ja viel raus, aber so knallhart, den Fans zu sagen, daß sie ihn langweilten, war er dann Gott sei Dank doch nicht.
 

Mit einem Seufzen kam Katori in den Backstage-Bereich zurück und zog sich den Schal vom Hals. Im Visual Kei waren Optik und schicke Accessoires alles, aber es war echt eine dämliche Idee gewesen, zu diesem Outfit ausgerechnet einen Schal zu wählen. Auch wenn es nur ein dünner Seidenschal war, starb er damit auf der Bühne unter den Backofen-Scheinwerfern immer fast ab. Aber nun gehörte der Schal halt einmal dazu, nun musste er ihn auch tragen. Zum Glück behielten sie im Visual Kei ihre Outfits ja nie lange. Der nächste Wechsel kam bestimmt.

Ruri, der schon eher von der Bühne verschwunden war als der Vocal, stellte gerade seine E-Gitarre zur Seite. Er schmunzelte Katorihito verzeihungsheichend an. „Ich hab dich verwirrt, oder?“, wollte er wissen.

„Ja, was war denn los, sag mal?“, gab der zurück und ließ sich erschöpft auf irgendeinen Sitzplatz fallen. „Du hast andauernd signalisiert, daß du unzufrieden bist. Aber ich wusste nicht, warum. Mir ist irgendwann nichts mehr eingefallen, was ich noch anders hätte machen können.“

„Das Signal war gar nicht für dich bestimmt. Mich hat Haruko gestört“, erklärte er und ließ den blonden Bassisten damit fragend herumfahren. „Mir ist nur erst nach ner ganzen Weile aufgegangen, daß er meine Rüge nicht kapiert.“

Harukos Augenbraue rutschte sauer nach oben. Diese Wortwahl war wieder so typisch für Ruri. Nicht kapiert! Als sei der Bassist einfach zu dumm für die Welt. Signale für Unmut? Haruko wusste nichts von irgendwelchen Signalen. Wie bitte sollte er denn etwas mitbekommen, was nie abgesprochen worden war?

„Tut mir leid, wenn ich dich damit verunsichert habe. Das wollte ich nicht“, fuhr Ruri an seinen Sänger gewandt fort. Da war es wieder. Katori war der einzige Mensch auf Erden, der jemals eine Entschuldigung – und sei sie nur rethorisch – von Ruri zu hören bekommen hatte. An andere? Undenkbar!

„Was hat dich denn so tierisch an mir gestört?“, mischte sich der Bassist angefressen von der Seite ein.

Ruri zischelte amüsiert, weil es für ein richtiges Lachen nicht reichte. „Wo soll ich da anfangen? Aufzuzählen, was mir gefallen hat, ginge schneller: Nichts! Was mir nicht gefallen hat: Der ganze Rest.“

„Du bist so ein Wichser, Ruri!“, jaulte Haruko empört auf. Seine Lautstärke stieg sprunghaft an. Er war schon immer ein kleines Pulverfass gewesen, wenn er sich über irgendwas aufregte. „Du lässt uns auf der Bühne voll reinfallen, indem du unvorgewarnt von einem Song in den nächsten springst, oder Songs einfach mal arschlochmäßig einen Halbton tiefer spielst, so daß mein Bass nicht mehr dazu passt, oder indem du aufs Timing pfeifst und uns damit sämtliche Einsätze verpassen lässt ... und du beschwerst dich über UNS!?“

„Ja! Weil ihr Pfeifen seid!“, bescheinigte Ruri ihm humorlos. „Ihr beide spielt nicht als Band zusammen und miteinander, als eine Einheit. Ihr spielt nur nebeneinander her und macht jeder euren eigenen Stiefel. Ihr müsst mal ein bisschen drauf achten, was die anderen auf der Bühne so treiben. Und, die Fähigkeit, sich an Melodie und Timing anzupassen, setze ich als Grundfertigkeit voraus. Das sind basics für jeden Musiker, der sich 'Profi' nennen will und auf der Bühne steht! Katori kann´s doch auch! Hast du ihn bei all meinem Rumgezauber jemals einen Einsatz verkacken hören? Und dich muss ich ja auch regelmäßig auffangen, wenn du mal wieder zwischen den Takten landest.“

„Aber mit welchem Recht spielst du Songs einfach mal in ner anderen Tonart!?“, motzte Haruko wütend weiter. „Das hast du heute bei den letzten beiden Songs auch wieder gemacht, du Idiot!“

Ihr Drummer setzte sich derweile vor den Spiegel und begann sich in aller Seelenruhe abzuschminken, als ginge ihn nichts etwas an. Und Schminke hatten sie als Visual Kei Band immer mehr als genug im Gesicht. Vor allen Dingen Katori. Der lief zum Beispiel gerade mit goldenen Drachenschuppen um die Schläfen- und Augenpartien herum. Im Gegensatz zu Haruko hatte der Schlagzeuger es sich schon lange abgewöhnt, mit Ruri streiten zu wollen. Ruri war keiner gewachsen. Der verhängte bestenfalls Sanktionen, wenn es ihm zu bunt wurde und er die Nase voll hatte.

„Hast du Katoris Stimme nicht gehört?“, gab Ruri ernst aber ruhig zurück. Harukos explosive Art lockte ihn nicht aus der Reserve.

„Was, Katoris Stimme?“ Haruko schaute sich kurz nach dem Sänger um, der den Zoff interessiert verfolgte, sich aber nicht einmischte. „Nein!? Und überhaupt, was hat das damit zu tun?“

„Ihm ist in der Zugabe die Stimme abgeschmiert. Wir mussten eine etwas bequemere Tonlage spielen, damit er die Töne noch sauber treffen kann. Ich wollte ihm damit nur helfen. Das meine ich, wenn ich sage, ihr müsst auch mal drauf achten, was der Rest der Band treibt. Dann würdet ihr sowas auch mitkriegen!“

„Katori hat total sauber gesungen! Du bildest dir in deinem krankhaften Perfektionswahn schon Fehler ein, wo gar keine sind!“

Als Ruri sich entrüstet mit Luft vollsaugte, um einen Gewittersturm loszulassen, schritt Katori doch lieber selber ein und ging mit einem „Ruri hat Recht“ dazwischen, bevor hier irgendwas richtig eskalierte. „Mir ist wirklich die Stimme flöten gegangen. Ich hab sie nur noch mit Technik gehalten. Mit der Korrektur um einen Halbton nach unten hat er mir das Leben echt leichter gemacht.“

„Und das war wohl auch abgesprochen, was!?“, keifte Haruko. Noch immer lauter und böser als nötig.

„War es. Ich habe es Ruri zu verstehen gegeben, daß er das bitte so machen soll.“

„Wann denn!? Und wie!? Ich hab euch nicht reden oder Zeichen machen sehen! Ihr rühmt euch immer mit euren hochgeheiligten Signalen, die ihr untereinander austauschen würdet! Ich sehe nie welche!“

„Weil du eine blinde, taube Nuss bist, ich sag´s ja!“, streute Ruri zornig ein.

„Die gehen auch sehr ins Subtile hinein“, versuchte der Sänger das Gespräch weiter diplomatisch und Haruko weiter ruhig zu halten. „Meistens ist es nicht mehr als ein unmerklicher Atemzug im richtigen Moment, der mich wissen lässt, daß Ruri mir in den Gesang reinhaken wird oder ich ihn wieder selber übernehmen soll. Oder ein kurzes Niederschlagen des Blickes auf den Gitarrenhals, was mir sagt, daß Ruri ein improvisiertes Leitthema abbrechen und was neues anfangen wird. Mitunter sogar ein bloßer zusätzlicher Ton auf der Gitarre, der da nicht hingehört, oder eine Betonung. Das ist nichts, was man offensichtlich mitbekommen würde. Das Publikum soll es ja nicht sehen.“

Haruko winkte genervt ab und begann sich endlich aus seinen verschwitzten Show-Klamotten zu schälen. „Ja-ja, ihr zwei seid Profis, und wir nur Plinsen, schon klar.“

„Willst du das etwa abstreiten?“, schoss Ruri zurück.

„Ruri!“, mahnte Katorihito tadelnd.

„Was denn!? Ich lasse es mir nicht bieten, daß Haruko seine eigene Unfähigkeit aufwiegt, indem er sie MIR anzukreiden versucht.“

„Schon gut. Ich glaube, das hat er verstanden.“

„Glaub ich nicht. Das versuche ich seit 2 Jahren erfolglos, ihm begreiflich zu machen.“

Katori rollte nur mit den Augen und gab es ebenfalls auf.
 

Nachdem endlich alles abgebaut und verstaut war, verkrümelten sich Katori und Ruri aus der Konzerthalle. Das Equipment war in einen Transporter gestopft worden und würde von einem Staff zum Probenraum gebracht werden. Entladen würden sie den Transporter aber erst morgen. Dafür war es heute entschieden zu spät. Sie wollten allesamt nur noch nach Hause. Ruri fuhr seinen Chevrolet-Oldtimer, den er mit viel Geld und Liebe in Schuss hielt, und Katori lungerte müde auf dem Beifahrersitz herum. Der Gitarrist fuhr ihn nach Hause. Sie beide bildeten meistens eine Fahrgemeinschaft, denn sie liebten die gemeinsame Zeit zum ungezwungenen Plaudern ohne den Rest der Band. Mal fuhr Ruri, mal fuhr Katori. Manchmal fuhr Ruri auch mit Katoris Auto, denn der hatte einen fixen Sportwagen, den der Gitarrist ziemlich für seine PS-Zahl und Geschwindigkeit hypte, die er sonst nur von seiner eigenen Kawasaki Ninja kannte. Katori liebte es auch, sich auf der Ninja mitnehmen zu lassen. Er hatte sogar einen eigenen Motorradhelm, extra dafür. Aber auf Konzertreisen, wenn sie mit Instrumenten unterwegs waren, war das unpraktikabel. Ruri nahm seine Gitarren immer mit, die ließ er nie im Probenraum oder gar über Nacht in einem Transporter.

„Bist du immer noch so grummelig wegen Haruko?“, wollte Katori mit einem unterschwelligen Schmunzeln wissen. Er amüsierte sich immer wieder über Ruris schlechte Laune, solange sie nicht ihm galt. Sein Styling hatte er komplett abgelegt. Die schwarzen Haare waren sauber ausgebürstet, das wilde Visual Kei MakeUp war weg. In natura sah er recht süß aus, wenn auch unscheinbar.

Ruri dagegen fiel immer auf, ob in Aufputz oder nicht. Obwohl, so gänzlich ohne Aufputz ging es bei Ruri ja nie. Seine markanten, blonden Strähnen in der wuscheligen Löwenmähnen-Frisur erkannte man selbst aus fünfzig Metern Entfernung noch zweifelsfrei. Das diese Haare schön effektvoll stachelten, dafür sorgte er zu jeder Tages- und Nachtzeit, selbst daheim. Sein Ego erlaubte ihm keine optischen Nachlässigkeiten. Und seine schmalen Augen wirkten immer ein wenig überheblich, auch ganz ohne betonenden Kajal drum herum. Ruri schnaubte leise auf die Frage. „Seine große Klappe macht mich noch wahnsinnig.“

„Da dürftest du dich aber als letzter drüber beschweren.“

„He!“, begehrte Ruri empört auf. „Haruko hat die große Klappe, aber nichts auf der Pfanne. Das ist bei mir ja wohl was anderes. Ich kann mir das leisten!“

Katori kicherte nur gut gelaunt. Ruri und sein berühmtes Ego. Bedauerlicherweise war es berechtigt. Weder mit seinem praktischen Können, noch mit seinem theoretischen Wissen war er jemals von irgendwem an die Wand gespielt worden. Ruri war wirklich meisterhaft. Gut, er, Katori, war das auch. Aber er ließ es nicht so selbstgefällig raushängen.

„Du hast ja keine Ahnung, was du mir damit angetan hast, mich in diese Band zu holen, Ka. Und ich versteh auch bis heute nicht, was DU hier willst.“

„Wäre es dir lieber, unsere alte Band wieder ins Rollen zu bringen?“

„Gott, nein! Das gäbe Tote“, keuchte Ruri. „Aber gibt es denn da draußen nichts besseres als Haruko und Satsu?“

„Ich weiß nicht, was du im Grunde gegen die beiden hast“, meinte der Vocal mild und schaute beim Nachdenken melancholisch aus dem Fenster. „Ja, wir sind älter und routinierter als die zwei. Wir beherrschen unsere Posten in der Band besser als sie ihre. Aber, meine Güte, irgendwo müssen die 20 Jahre musikalische Laufbahn ja hin sein, die wir ihnen voraus haben. Du kannst nicht verlangen, daß sie die innerhalb von wenigen Wochen nachholen und mit uns gleichziehen.“

„Ist ja nicht so, als ob wir uns keine Musiker suchen könnten, von denen uns keine 20 Jahre Vorsprung trennen.“

„Satsu ist der Grund, warum ich überhaupt wieder auf der Bühne stehe. Sei etwas nachsichtiger, komm schon“, bat Katori versöhnlich. Er war schon immer eine eher sanftmütige Seele gewesen. Wenn er auf der Bühne hochdrehte, um dem harten Musikstil gerecht zu werden, dann war das nur gut gespielte Show. „Und ich war jetzt auch nicht böse darüber, erstmal wieder klein anzufangen. Ich hätte mich nicht schlagartig wieder vor eine ausverkaufte Yokohama Arena stellen müssen.“

Ruri bog in die Straße ein, in der der Sänger wohnte, und fuhr an die Seite ran. Den Motor ließ er laufen. „Da wären wir. Bist du mir böse, wenn ich mit Blick auf die Uhr nicht nochmal mit rauf komme?“

„Nein, natürlich nicht. Es ist spät genug. Danke für´s Heimbringen“, entgegnete Katori vergnügt lächelnd.

„Dann schönen Abend noch.“

„Dir auch. Komm gut nach Hause.“ Der Sänger stieg aus, warf die Autotür mit einem Knallen von außen zu – bei diesem Oldtimer brauchte man dafür etwas mehr Schwung, sonst ging sie nicht zu – und winkte Ruri nochmal fröhlich, bevor er auf seinen Wohnblock zustiefelte.

Ruri konnte sich ebenfalls ein Lächeln nicht verkneifen, während er einen Gang einlegte und weiterfuhr. Er mochte es, Katori heiter und freudestrahlend zu sehen. Das war ja noch nicht lange so. Der war erst in den letzten anderthalb bis zwei Jahren wieder so aufgeblüht. Was das anging, hatte diese Nachwuchs-Band ihm wirklich gut getan. So sehr diese halbseidene, erfolgsunwillige Hobby-Truppe Ruri auch ankotzte, aber das musste er Satsu und Haruko zu gute halten: mit ihrem Sänger gaben sie sich Mühe. Langsam, aber immer deutlicher, kam der gutherzige und liebe Sonnenschein-Charakter wieder durch, der eigentlich in seiner Natur lag.

Da waren Ruri und Katori übrigens wie Tag und Nacht. Optisch mochten sie sich zwar nicht groß unterscheiden. Sie liefen beide gern in schwarzer, nietenbesetzter Rocker-Lederkombi rum. Aber während Katori eher niedlich, harmlos und harmoniebedürftig war, ständig ein Lächeln auf den Lippen hatte und keine sms ohne smiley davonkommen ließ, war Ruri der selbstgefällige, starke und leider meistens etwas herrische Gegenpol dazu. Das hatte auch seinen Grund. Er war Katoris Schutzschild, denn der war noch nicht lange wieder in der Lage, auf sich selber aufzupassen. ... Aber das war ein anderes Kapitel. Fakt war, sie beide waren wie Pech und Schwefel, trotz ihrer so unterschiedlichen Persönlichkeiten.



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