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Starlight

von

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Kapitel 1 - Erinnerungen (überarbeitet)

Kapitel 1 - Erinnerungen

 

 

Xenos starrte in die feiernde Menge. Es wurde zu Musik getanzt und die Götter feierten ausgelassen. Es war ein überaus festlicher Ballabend im Weißen Palast – seit Jahrzehnten schien es endlich so als könnten die Götter 'die Dunklen', die Kreaturen der Finsternis endlich zurückschlagen gegen die sie schon so lange kämpften.

Der langhaarige Gott beäugte kritisch die zuckende Personenmasse vor ihm – er fand es lächerlich einige wenige Siege der letzten Zeit so zu feiern. Für ihn gab es bei weitem keinen Grund für dieses Spektakel, doch die anderen Götter schienen keinen wirklichen Grund zu brauchen um etwas zu feiern. Xenos schnaufte abfällig und sah zu Boden. Etwas betreten klackte er die Fußspitze seiner hohen Stiefel gegen den Marmorboden.

Er musste jedoch zugeben das eine kurze Pause von den ständigen Kämpfen durchaus erholsam war, jedoch verabscheute er solche Veranstaltungen – er fühlte sich einfach fehl am Platz.

 

Er vermied es normalerweise mit den anderen Göttern zu tun zu haben, denn er spürte ihre Blicke. Er spürte wie sie ihn verspotteten - wegen dem was er war. Und doch fürchteten sie seine Macht zu sehr und versteckten sich so hinter ihren lächelnden Gesichtern und leeren Worten. Sie trugen diese Falschheit wie Masken, hinter denen sie ihre wahren Gefühle und Absichten verbargen. Wenn Xenos Gesellschaft suchen würde, dann sicher nicht die dieser Lügner.

 

So stand der Gott der Sterne bereits den ganzen Abend abseits der überfüllten Tanzfläche an einem der großen Fenster. Er lehnte sich an das angenehm kühle Fensterglas und drehte sein Getränkeglas lustlos zwischen seinen Händen. Hin und wieder spürte er die Blicke der anderen – nicht alle waren negativ. Einige schienen eher erstaunt über sein Auftreten, denn er hatte sich für seine Verhältnisse ziemlich herausgeputzt. Ein langes, nachtblaues Abendkleid schmiegte sich um seinen trainierten Körper - die Ränder wurden von den Kristallen gesäumt die von selben Farbe wie die glühenden Kristalle an den Seiten seiner Stirn prangten. In der gleichen Farbe des schulterfreien Abendkleides hatte er leicht glänzende, lange Handschuhe – und durch den langen seitlichen Schlitz im Rockteil konnte man seine hohen, mit Metall verzierten Stiefel sehen.

Doch auch die irritierten und amüsierten Blicke entgingen ihm nicht.

Er glaubte es hören zu können wie immer wieder über ihn getuschelt wurde.

 

Aber so war es nun einmal. Er war weder vollständig männlich, noch weiblich. Er war ein Hermaphrodit, ein Zwitter. Seine langen, blauschwarzen Haare die sonst fast den Boden berührten, hatte er hochgesteckt, sein feminines Gesicht war leicht geschminkt.

Sein Oberkörper war der eines Mannes, und sein Kleid lag eng über seinem schlanken Oberkörper an. Er selbst betrachtete seine ausladenden Hüften und prallen Oberschenkel als seine persönlichen Problemzonen, und die hohen Absätze die er stets an seinem Schuhwerk trug, brachten einige zusätzliche Zentimeter zu seiner klein gewachsenen Gestalt. Doch im Gegensatz zu seiner größtenteils weiblichen Erscheinung drang aus seiner zarten Kehle eine tiefe, männliche Stimme. Dichte, lange Wimpern umrahmten seine fast schwarzen Augen, welche in einem starken Kontrast zu den citrinfarbenen Iriden standen. Wie die Augen einer Raubkatze verengten sie ihren Blick als er erneut abfällig zischte.

 

Die losen Strähnen seines langen Ponys wippten sanft mit als er leicht den Kopf schüttelte.„Warum bin ich überhaupt hergekommen?“ er bereute es wirklich das er der Einladung nachgekommen war. Festlichkeiten lagen ihm nicht und er hatte weder wirkliche Freunde noch Familie – egal was er auch tat, er wurde von den Meisten gemieden.

Doch wenn er ehrlich zu sich selbst war, war der Grund für seine schlechte Laune die pure Eifersucht. Auch wenn sie vielleicht nur gespielt waren – ihn machten die ganzen glücklichen Gesichter neidisch, während sie graziös und anmutig im großen Saal tanzten. Es gab eine Zeit, in der er genauso glücklich gewesen war. Doch diese Zeit lag lange zurück und überschattete sein Leben noch immer.

Er überblickte die Masse und sein aufmerksamer Blick blieb an dem kurzen, feuerroten Haar hängen welches ein braungebranntes, zartes Gesicht umrahmte.

 

'….Deshalb. Weil er mir die Einladung zukommen lies. Arc.'

Der Gott, welcher Xenos Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, war der Hochgott Arc.

Fliederfarbene Kristalle zierten seine Stirn wie ein Diadem, das feuerrote Haar welches wild nach rechts gekämmt war, umspielte sein jugendliches Gesicht. Seine göttlichen Symbole, welche quer über seine Nase verliefen, leuchteten in der gleichen Farbe wie seine sanften, fliederfarbenen Augen welche von dunkler Schminke umrahmt waren.

Er strahlte eine Erhabenheit aus wie man sie von dem Anführer der Götter erwartete.

Sein schlanker Körper war in ein hautenges, schwarzes Gewand gehüllt und an seinem Hals und Armen trug er wie immer goldene Hals- und Armreife.

Der rothaarige Gott unterhielt sich mit anderen Göttern und schien amüsiert – doch er strahlte diese kalte Unnahbarkeit und Gefühlslosigkeit aus, welche die Hochgötter seit jeher umgab.

Und doch versetzte es Xenos' Herzen einen Stich, als er sah wie er mit den Anderen lachte und sich gut zu unterhalten schien. Einst waren sie sich so nah gewesen. Doch das war vor nun bestimmt schon bald 600 Jahren gewesen. Von dem Tag seiner Geburt bis zu dem Tag als Arc zum Hochgott erhoben wurde.

 

Xenos wand seinen Blick schmerzerfüllt ab.

'Warum sollte ich herkommen… wenn du mich nicht einmal ansiehst?'

Ein Kälteschauer jagte durch seinen Körper und er schlang wärmend seine zitternden Arme um sich. 'Ich… bin das alles leid. Ich... muss mir das nicht länger antun...'

Er wand sich von der Menge ab und eilte aus dem Ballsaal hinaus in die Gärten.

Doch als er so übereilt hinausstürme konnte Xenos nicht sehen wie zwei fliederfarbene Augen an ihm hafteten, bis sie ihn nicht mehr sehen konnten. Ein seltsames Lächeln lag auf den Lippen des Hochgottes, als dieser sich wieder seinen Bewunderern zu wand.

 

 

„SOLL ER SICH SEINE SCHEIß EINLADUNG DOCH SONST WOHIN STECKEN!!!“

Der Gott der Sterne stand an der Brüstung der Terrasse und brüllte seinen Frust in die Nacht hinaus. Außer ihm schien sich niemand hier aufzuhalten, denn die Gärten lagen etwas abseits der Großen Halle in der die Hauptfeier stattfand. Aber es war ihm nur Recht - er wollte niemanden sehen und einfach nur seine Ruhe von all dem haben.

„Ihr… ihr könnt mir alle gestohlen bleiben…“ seine Stimme wurde fast von den Tränen erstickt die er verzweifelt versuchte zurückzuhalten.

Er würde nicht wegen wegen den Anderen in Tränen ausbrechen. Er würde nicht wegen Arc weinen, für den er nun nicht mehr als Luft war. Sie waren es nicht wert das er für sie seine Schwäche zeigen würde.

Seine Hände verkrallten sich in das Geländer aus weißem Stein und seine Arme zitterten.

Er hatte dies alles so satt. Warum… warum war er immer allein und wurde immer wieder so verletzt? Sein Frust verwandelte sich in Wut und trieb ihm noch immer fast die Tränen in die Augen, doch er schluckte es wie immer herunter. Darin war er sonst so gut – seine Gefühle verstecken. So zu tun, als kümmerten ihn die Meinungen der Anderen nicht.

Je länger er darüber nachdachte, umso mehr kam er zu der Erkenntnis das er um keinen Deut besser war als die anderen Götter – er verbarg sein wahres Ich ebenfalls aus Angst wieder verletzt zu werden.

„Argh….. SCHEIßE!!!“ er konnte sich nicht länger zurückhalten und fluchte laut während er mit seiner Faust auf das Steingeländer schlug.

 

Xenos erschrak, als etwas gegen seinen Fuß stieß. Erschrocken blickte er herab, nur um völlig überraschend einen sanft glühenden Ball zu sehen.

'Was? Wo kommt der denn her?' er hatte den Gedanken noch nicht beendet als er irritiert aufblickte und kurz vor sich einen kleinen Junggott stehen sah.

Der kleine Junge zuckte verängstigt unter seinem Blick zusammen und begann sich zitternd zu entschuldigen.

„Ver… verzeiht mir, ich wollte euch nicht belästigen. Vergebt mir!“

 

Xenos hätte sich selbst ohrfeigen können. Er hatte den Jungen nicht kommen hören - er musste den Kleinen ja schrecklich verängstigt haben, so wie er hier herumgebrüllt hatte.

„Nein, ich muss mich bei dir entschuldigen, ich... wollte dir keine Angst machen…. äh….“

Auf Xenos Ratlosigkeit schien ihm ins Gesicht geschrieben zu sein, da er nicht wusste wer der kleine Gott vor ihm war – doch dieser antwortete nur „Mein Name ist Ares. Verzeiht, dass ich euch belästigt habe...“

Der kleine Gott blickte verängstigt zu Boden, als wollte er Xenos musternden Blicken ausweichen. Als würde er erwarten das Xenos mit ihm Schimpfen würde.

 

Der Gott der Sterne erinnerte sich, den Namen Ares schon einmal gehört zu haben.

Er brauchte zwar einen kurzen Moment um ihn zu zuordnen, doch dann half ihm sein Gedächtnis auf die Sprünge.

Ares, das Kind von Adamas der Göttin des Stahls und einem sterblichen Drachenwesen. Sie war ihrem Ehegatten Khion, dem Gott des Eises untreu gewesen – und als diesem einen Seitensprung hatte sie ein Kind empfangen und ausgetragen.

Dies war Ares - ein Halbgott.

Er wirkte fast wie ein gewöhnlicher Junggott – aschblondes Haar, leicht gebräunte Haut auf welcher feuerrot die göttlichen Male glühten.

Und dann sah man, das er alles Andere war als ein gewöhnlicher Gott.

Braune Hörner, die scheinbar wild zwischen den blondem Haar hervorbrachen. Pupillenlose, goldene Augen welche aufmerksam alles um sich herum betrachteten.

Doch das auffälligste war der linke Arm des Jungen, denn anstatt einer normalen Hand war dort ab der Mitte des Oberarmes die Pranke wie die eines Drachen. Schwarze Schuppen und hellbraune, Krallen formten den leicht größer gewachsenen Arm.

Durch die Schuppen hindurch waren vereinzelt kleine Hörner und kleine rote Kristalle dabei sich durch die Oberfläche zu bohren.

 

 

Verunsichert von Xenos Blicken huschten die kleinen bernsteinfarbenen Augen von Links nach Rechts, als wüsste der kleine Gott nicht was er tun sollte.

Xenos ging in die Knie und hob den glühenden Ball auf. Eine seltsame Kraft strömte aus dem Spielzeug und durchfuhr ihn. Er spürte eine Hitzewelle durch seinen Körper strömen, doch es war keineswegs unangenehm. Leicht irritiert starrte er den Ball an – doch dann schüttelte er leicht den Kopf.

Er ging auf Ares zu und beugte sich zu dem kleinen Junggott hinunter während er ihm seinen Ball reichte. „Hier Kleiner…“ Aus dem verunsicherten Ausdruck auf Ares Gesicht wurde ein strahlendes Lächeln.

„Nenn mich einfach Xenos. Und du brauchst mich nicht so hochgestochen anreden. 'Du' reicht vollkommen aus.“

Der Kleine blickte etwas verunsichert auf, doch nun konnte Xenos ihm endlich in seine schönen, endlos wirkenden Augen blicken.

„Pass gut auf den Ball auf. Ich spüre eine starke Magie in ihm.“

„Ich danke eu-…. Ich meine… Dankeschön Xenos. Ich… Meine Mama hat mir gesagt, das die Macht in dem Ball mich beschützt.“

 

Auf einmal strahlte der kleine Gott Xenos an – er war unglaublich stolz auf seinen magischen Ball und schien seine Mutter wirklich über alles zu lieben. Zumindest konnte man das ihm ansehen als er über sie sprach.

Jetzt wo er darüber nachdachte, konnte Xenos sich erinnern sie und Khion im Saal gesehen zu haben – die Beiden hatten auch etwas abseits gestanden und nur dem bunten Treiben zugesehen. Adamas schien sich unwohl gefühlt zu haben – und Khion konnte man sowieso nie ansehen, was gerade in ihm vorging. Passend zu seinem Element Eis war dieser Gott emotional mehr als nur unterkühlt und zeigte selten Emotionen.

Aber nun kam ihm eine Frage in den Sinn.

„Sag Ares… Warum spielst du nicht mit den anderen Junggöttern?“

Doch schon als er sie ausgesprochen hatte, bereute Xenos seine Frage.

Das warme Lächeln aus Ares' kleinem Gesicht verschwand, er blickte wieder zitternd zu Boden, während sich Tränen in seinen Augen sammelten.

„Die… die Anderen wollen nicht mit mir spielen… sie… sie sagen ich bin… ein Monster...“

 

'Du bist ein Monster'

'Du Missgeburt'

Xenos kannte diese Worte nur zu gut. Seine Brust schnürte sich zusammen, als das kleine Häufchen Elend vor ihm zitternd weitersprach.

 

„Sie… hassen mich…. aber ich hab ihnen doch gar nichts getan...“

Der Junggott konnte seine Tränen nicht länger zurückhalten

„Sie sagen mich dürfte es gar nicht geben!“

Es war als sähe er sich selbst vor sich. Früher als er noch jung war. Als Reiner Gott hatte er keine richtigen 'Eltern' die für ihn da gewesen wären.

Aber… damals hatte er noch Personen gehabt, die er Freunde nennen konnte.

Freyan, der damalige Hochgott, der für ihn wie ein großer Bruder war. Und … Arc…

Tränen stiegen ihm selbst in in seine hellgelben Augen, Tränen sammelten sich und er schloss den kleinen Ares fest in seine Arme – welcher vor Schreck erneut seinen Ball fallen lies.

„X….Xenos?“ schluchzte der Kleine mehr als überrascht.

Xenos versuchte seine eigenen Tränen und aufkeimende Erinnerungen zu unterdrücken.

„Hör nicht auf sie Ares!…. Du… du bist perfekt so wie du bist!“

Xenos drückte ihn noch fester an sich.

„Was wissen die schon über dich?… Und wenn es sonst niemand tut… ich weis wie du dich fühlst… Und ich verspreche dir… ich werde für dich da sein…auch wenn es sonst keiner ist!“

 

'Ich… ich will nicht, dass du das durchmachen musst, was ich durchleiden musste… Ich… will für dich da sein.'

Xenos selbst war überrascht, wie nah ihm das Schicksal des kleines Halbgottes ging – doch so viel erinnerte ihn an seine eigene, schwere Vergangenheit. Und er wollte nicht, dass Ares dies auch durchstehen musste. Auch wenn seine Mutter ihn liebte… manchmal brauchte es einfach einen Freund, der für einen da war.

Er spürte wie die schmalen Arme von Ares sich so weit sie es vermochten um seinen Rücken legten, die Hand und Pranke verkrallten sich in dem Stoff seines Kleides, während Ares hemmungslos all seine Tränen, die er bisher verborgen hatte hinaus weinte.

Sanft strich Xenos über Ares aschblonden Wuschelkopf, während dieser noch immer in sein Kleid schluchzte.

 

Sie saßen Beide am Boden und lehnten sich an das Terrassengeländer als das Feuerwerk begann.

Beide drehten sich um, damit sie die bunten Farben die den Nachthimmel schmückten sehen konnten.

„Geht es wieder?“ fragte Xenos sanft nach.

„Ja… danke...“

Ares' Augen waren noch rot vom Weinen, aber jetzt schien es ihm viel besser zu gehen. Mit großen Augen beobachtete er das Schauspiel am Himmel.

Doch dann blickte er Xenos an „Sag mal… sind wir Freunde?“

Xenos schmunzelte den kleinen Halbgott nur an und schenkte ihm ein freundliches Lächeln

„Na klar! Und weist du was? Da wir jetzt Freunde sind... lass uns was spielen gehen!“

Ares blickte fragend zur Halle, wo die Feier noch immer immer im vollen Gange war.

„Musst du denn nicht zurück zur Feier?“

Xenos blickte nachdenklich in die Richtung des Ballsaals. Er schüttelte seinen Kopf und erwiderte nur knapp „Die brauchen mich nicht – da bin ich lieber bei dir.“

Ares blickte ihn erstaunt an, doch dann grinste er über das ganze Gesicht „Dann hab ich dich also ganz für mich, ja?“ stellte er kleine Junggott kichernd fest.

„Aber tut mir leid dass ich dein schönes Kleid kaputt gemacht hab…“ entschuldigte sich Ares ganz betroffen – als er Xenos zuvor so umklammert hatte, hatten seine Drachenkralle den dünnen Stoff am Rücken des Abendkleides etwas zerrissen.

„Ach, um den Fummel ist es nicht schade. Jetzt komm, wir machen die Gärten unsicher“

lachte Xenos nur seinem neuen, kleinen Freund entgegen.

Er stand auf und streckte Ares seine Hand entgegen, jedoch zögerte der kleine Halbgott noch.

„Na los – lass uns gehen!“

Und Ares gab sich einen Ruck und seine Drachenhand griff nach der von Xenos.

„Du Xenos? Ich hab dich echt lieb!“ sprudelte es auf einmal aus dem Kleinen heraus – er strahlte den Älteren so an, das es dem Gott der Sterne selbst ganz warm um sein Herz wurde.

„Ich hab dich auch lieb Ares.“ antwortete der ältere Gott nur liebevoll zurück.

Noch während sie nun loszogen platzte es aus Ares heraus.

„Sag mal, darf ich dich heiraten wenn ich groß bin? Meine Mama hat gesagt das man jemanden, den man ganz doll lieb hat irgendwann heiratet““

Xenos war kurz sprachlos doch dann lachte er herzhaft auf 'Dieses Kind… so unschuldig…'

Er war überrascht wie der kleine Halbgott es in der kurzen Zeit es geschafft hatte, ihn so aus seiner Reserve zu locken. Er grinste Ares nur an und antwortete:

„Sag das nicht so leichtfertig, sonst nehme ich dich noch beim Wort!“

 

*

 

Xenos blickte auf und sein müder Blick schweifte über die zerklüftete, kahle Landschaft vor ihm. Das tote Land war von Schluchten durchzogen und die absolute Stille machte es zu einem surrealen Ort. Kein einziger Luftzug wehte über die steilen Klippen, einzig wenn Gesteinsbrocken herabfielen wurde etwas Luft und Staub aufgewirbelt.

Dieser Planet war tot, von den Dunklen so zerstört das wahrscheinlich nie wieder hier Leben entstehen konnte. Es würde ihn nicht stören wenn Xenos hier noch einen Augenblick ruhen würde, so blieb der Gott der Sterne noch einen Moment auf dem staubigen Felsboden sitzen. Er strich sich durch sein langes dunkelblaues, fast schwarzes Haar welches glatt herabhing und auf dem Boden lag.

Er hatte von der Vergangenheit geträumt. Wie lange war das nun schon her? Wie lange war er von zu Hause fort? 100 Jahre? 200 Jahre? Oder noch länger?

Seine tiefe Stimme durchbrach die unwirkliche Stille dieses Ortes „Ares...“

Ein melancholisches Seufzen drang aus seiner Kehle.

„Ich bin schon so lange fort… Ares… wieso muss ich gerade jetzt an damals denken?“

Xenos spürte wie sein Herz sich zusammenkrampfte und fasste sich an die Brust. Es war kaum mehr als ein Flüstern das in der Totenstille dieser Welt einfach verhallte „Ich… ich würde dich gerne wiedersehen. Ich vermisse dich.“

 

*

 

Xenos und Ares waren viel zusammen. Sie spielten, lasen oder hatten einfach auch überraschend reife Gesprächsthemen über verschiedene Dinge, die Xenos immer wieder erstaunten. Der kleine Halbgott war ein so wundervolles Wesen – und er verstand es nicht, dass er nur aufgrund seiner Herkunft so diskriminiert und gemieden wurde.

Ihre Schöpfer hatten es ihnen verboten sich mit Sterblichen Wesen einzulassen – aber Xenos sah den Hauptgrund für diese Regel darin, das die Nachkommen einer solchen Vereinigung oft Probleme hatten ihre Macht zu kontrollieren.

Er hatte von Mischlingen gehört, die dem Wahnsinn verfielen oder jene deren Macht einfach zu stark für ihren Körper war und sie daran zerbrachen.

Manche wiederum erbten nichts von ihrem göttlichen Elternteil. Doch Xenos sah sich trotz allem mit ihnen allen auf einer Ebene. Er war ein Reiner Gott, er wurde von den Schöpferseelen selbst geboren – er hatte keine leiblichen Eltern. Doch obwohl er von seiner Geburt an einen der höchsten Ränge belegte, war er bei weitem nicht perfekt.

Niemand war perfekt – doch im Moment war der kleine Halbgott, der so um seinen Platz in dieser Welt kämpfte das Perfekteste, das er je gesehen hatte. Jemand, für den er kämpfen würde um ihn zu beschützen.

 

Denn der kurze Moment des Friedens hielt nicht lange an. Die Dunklen griffen erneut an, doch diesmal noch aggressiver und unnachgiebiger als zuvor. Die Götter hatten schwere Verluste zu erleiden – mehrere ranghohe Götter fielen in den Schlachten um einige der Welten oder wurden nach den Schlachtenden vermisst.

So rief der Hochgott zu einer Krisensitzung. Er versammelte die verbliebenen ranghohen Götter und delegierte die Befehle die ihm die Schöpfer aufgetragen hatten.

Vielen wurde nun erst richtig bewusst wie ernst die Lage war.

Würde sich das Blatt nicht wenden, steuerten die Götter unweigerlich auf ihren Untergang zu. Niemand würde mehr da sein, um die dunkle Bedrohung zu bekämpfen oder das Licht in den zahllosen Welten zu beschützen. Niemand würde mehr die Gebete der Sterblichen erhören und ihnen beistehen. Alle wären früher oder später verloren in der Dunkelheit.

 

Xenos erhielt von Arc persönlich die Aufgabe den Ursprung der Kreaturen zu finden.

Denn egal wie viele man erschlug, für jede Getötete folgte zahlreicher Ersatz.

Es schien wie ein endloser Kampf, als würde man Kieselsteine in die Brandung des Ozeans werfen. Dem Gott der Sterne war bewusst das er Erfolg haben musste, denn wenn sie nicht in Erfahrung bringen konnten wie diese bösartigen Wesen entstanden hatten sie keine Chance dies zu unterbinden.

Arc, so kalt und distanziert wie immer bestätigte nochmals die Wichtigkeit dieser Mission.

Xenos hatte eigentlich noch einige wenige Worte mit ihm sprechen wollen, doch für den Hochgott war das Gespräch beendet. Er hatte Xenos seine Aufgabe überbracht und der Gott der Sterne musste diese annehmen.

Er würde im Geheimen und unauffällig zwischen all den Welten umherreisen um den Ursprung der Dunklen zu ergründen.

Xenos würde es sich erst erlauben können zurückzukehren, wenn er brauchbare Ergebnisse vorzuweisen hätte – es fühlte sich weniger wie eine Mission an, mehr als eine Verbannung oder ein Exil. Der Gedanke das Arc ihn einfach loswerden wollte schien allgegenwärtig, doch er lies sich davon nicht übermannen.

Er würde diese Mission erfolgreich beenden.

Er würde seinen Wert beweisen.

Doch er würde alleine gehen.

 

Das bedeutete das er das zurücklassen musste, was ihm so unglaublich lieb und teuer geworden war. Ares. Doch auch wenn ihn allein der Gedanke schmerzte, war der kleine Halbgott auch einer der Gründe der ihn antrieb.

Denn würde er versagen, würde die Weiße Stadt früher oder später fallen. Die Dunklen würden die Welten überrennen und Chaos und Terror würden herrschen. Die Sterblichen würden in Angst und Verzweiflung um Erlösung beten, doch niemand würde sie je wieder erhören können. Es wäre das Ende alles Lebens wie man es kannte. Eine Zukunft ohne Licht, in der alles in der endlosen Dunkelheit versinken würde.

 

Er wollte es seinem kleinen Freund erklären, doch Ares verstand es nicht oder wollte es nicht verstehen. Er war zu jung um das alles zu begreifen und zog sich beleidigt und verletzt zurück. Egal was Xenos auch sagte, der junge Halbgott blockte alles ab – er war zu enttäuscht und traurig das sein einziger Freund ihn verlassen würde.

 

Als Xenos schließlich aufbrechen musste um seine Pflicht zu erfüllen, wartete Ares an den Toren der Weißen Stadt, seine Mutter stand wachend hinter ihm.

Xenos schmerzte es ebenso, den kleinen Halbgott so gebrochen und traurig zu sehen. Er glaubte dass ein kurzer, schneller Abschied das beste für sie Beide wäre. Doch als er nach knappen Worten des Abschieds aus den Toren schreiten wollte, wollte Ares ihn nicht gehen lassen.

Tränen rannten seine gebräunten Wangen hinunter als er Xenos hinterhereilen wollte, doch seine Mutter hielt ihn zurück. Er schrie herzerweichend, flehte Xenos an nicht zu gehen. Er entschuldigte sich, dass er so egoistisch gewesen war und nicht wollte das Xenos ihn verlassen würde. Sein schwaches Flehen wurde jedoch bald von den Tränen erstickt die aus den bernsteinfarbenen Augen flossen.

 

„Es tut mir leid… Aber ich muss gehen...“ Xenos selbst schmerzte es genauso sehr die Seite des Jungen verlassen zu müssen, denn in der kurzen Zeit die er mit ihm geteilt hatte, war der junge Halbgott ihm unglaublich nah an sein Herz gewachsen.

Er schloss Ares ein letztes Mal in seine Arme und suchte nach den richtigen Worten.

„Ich… ich bin immer bei dir...“ nachdem diese zitternden Worte über seine Lippen gekommen waren, lies er Ares los und schritt aus dem Tor.

„Versprich es mir! Versprich mir dass du zurück kommst!“ die Stimme des Junggottes zitterte als er Xenos hinterherrief.

„...Ich schwöre es dir...“ doch Xenos drehte sich nicht um. Denn wenn er noch einmal zurückblicken würde… hätte er nicht mehr die Kraft und Entschlossenheit seine Mission zu anzutreten.

 

*

 

Ein Grollen lies Xenos aufhorchen. Die Erde zitterte und vibrierte unter den Füßen einer gigantischen, pechschwarzen Kreatur.

Der spröde Fels splitterte unter ihrem Gewicht als der Dunkle sich vor Xenos aufbaute. Die blutroten Augen leuchteten dämonisch auf, während es aggressiv mit seinen rießigen Pranken im Boden scharrte – die dunkle Aura umhüllte ihn wie ein dicker Nebel und der Boden bebte als die Kreatur sein ohrenbetäubendes Gebrüll ausstieß.

 

„Versuch es gar nicht erst. Du machst mir keine Angst.“ entgegnete der Gott nur trocken.

Xenos lies seine Halbmaske erscheinen die den unteren Teil seines Gesichts schützte.

An seiner rechten Hand bildete sich eine schwebende Sphäre mit welcher er in seine Kampfhaltung wechselte. Er hatte schon unzählige dieser Wesen erschlagen – dies würde nur eine Weitere sein. Sie beängstigen ihn schon lange nicht mehr.

 

Die Kreatur schlug nach ihm doch er wich geschickt aus und schlitterte über den sandigen Boden.

Er sprintete nach vorn und schleuderte die geballte Energie in seiner Hand nach den kräftigen Beinen des Dunklen. Es war ein widerliches Geräusch, als das Fleisch der Kreatur zerfetzt und herausgerissen wurde.

Xenos wich dem spritzenden, schwarzen Blut aus welches sich zischend in den Boden ätze.

Das Monster brüllte vor Schmerz auf, doch es wurde nur aggressiver. Wie in blinder Wut schlug es nach Xenos der Mühe hatte den schnellen Hieben auszuweichen. Die kräftigen Kiefer schnappten einige Male nur knapp an ihm vorbei und zertrümmerten sogar das Gestein, welches sie an seiner Stelle erwischten.

Xenos war einen kurzen Moment erschrocken, als der Felsblock neben ihm zwischen den Kiefern geradezu zermalmt wurde das er den Hieb des langen Schwanzes nicht kommen sah.

 

Der schnelle Hieb traf ihn in die Seite und schleuderte ihn über den Boden.

Er rutschte über den aufgerissenen Boden und kam erst zum Halten, als sein Rücken ungebremst gegen einen der größeren Felsblöcke schlug.

Sterne tanzten vor seinen Augen und seine Sicht war verschwommen – doch auch durch all den aufgewirbelten Staub konnte er spüren das sich ihm der Dunkle näherte.

Der blutige Geschmack in seinem Mund lies in ihm leichte Übelkeit hochsteigen, doch er kämpfte sich erneut auf die Beine.

Sein Atem ging schwer und er versuchte den Schmerz zu verdrängen als er durch die sich langsam legende Staubwolke zwei rot glühende Augen erkennen konnte.

Er biss sich auf die Lippen und konzentrierte seinen Geist – dieser Angriff musste das Ende herbeiführen oder es sah schlecht für ihn aus. Er hatte seinen Gegner unterschätzt.

 

An seiner rechten Hand sammelte sich erneut die schimmernde Sphäre, deren sanftes Glühen an das Licht der Sterne erinnerte. Und die Kreatur lies seine Pranken erneut auf ihn niederfahren.

Er hechtete zur Seite und sprang hoch, die schwebende Kugel wechselte ihre Form und wurde eine Klinge aus purer Energie.

„Ich kann hier nicht sterben! Ich werde heimkehren!“

Der Dunkle sein Maul auf und Xenos konnte den messerscharfen Reißzähnen der Kreatur nicht mehr ausweichen.

 

Vor Xenos geistigen Auge blitzte die Gestalt des jungen Halbgottes auf.

Ares stand einfach da und lächelte ihn an.

„Du hast es mir versprochen. Du hast versprochen das du zurück kommst.“

Die Augen des kleinen Halbgottes blicken ihn warm an. Xenos fühlte die Kraft, die ihm seine Verbindung zu dem Anderen gab.

 

„Denn… ich habe jemanden der auf mich wartet!“ schrie er seinem Feind entgegen und lies seine Klinge niederfahren.

Kapitel 2 - Heimkehr (überarbeitet)

Kapitel 2 - Heimkehr

 

 

Es dauerte einen Moment bis sich die gigantische Staubwolke gelegt hatte, nachdem der Körper der Kreatur auf dem Boden aufgeschlagen war. Xenos zog schwer atmend die Lichtklinge aus der Kreatur, die leblos unter ihm zusammengebrochen war.

Wie alle dieser Geschöpfe löste sich ihr verstorbener Körper langsam in einen mysteriösen schwarzen Nebel auf, welcher sich nach und nach verflüchtigte.

Keine Spur blieben von dem Geschöpf zurück und erinnerten daran, das sie je existiert hatte. Der Gott lies seine Waffe ebenso wie seine Kampfmaske wieder verschwinden, um besser zu Atem zu kommen. Er stützte seine Arme auf seine Oberschenkel und langsam normalisierte sich auch seine Atmung wieder.

Dieses mal war es knapp gewesen – Die Reißzähne des Dunklen hatten ihn nur knapp verfehlt, aber er hatte gesiegt. Der Sieg war jedoch knapp gewesen, für seinen Geschmack zu knapp. Ein winziger Fehler und er könnte nur noch das Innere dieser Kreaturen erforschen.

Xenos konnte nichts gegen die immer wieder aufkommenden Zweifel in ihm tun.

'Wie… wie viele muss ich noch abschlachten, bis es aufhört? Bis ich meiner Aufgabe auch nur ein Stück näher komme?' Er hatte bereits so viele Male dem Tod ins Auge gesehen, das er aufgehört hatte zu zählen, und trotz allem fühlte sich das Alles so sinnlos an. Er drehte sich auf der Stelle und kam dem Ziel seiner Mission keinen Schritt näher.

 

Erschöpft blickte er in den nun klar sichtbaren Sternenhimmel und beobachtete die letzten Flocken des schwarzen Nebels, bis sie nicht mehr zu sehen waren.

Ein intensiver Kopfschmerz lies ihn auf einmal zusammenfahren.

Der Schmerz war wie Krallen, die sich in das Innere seines Kopf bohrten. Blutige Tränen tropften aus seinen Augen und er glaubte das sein ganzer Körper unter dem Schmerz zerbrechen würde. Von dem plötzlichen Schmerz wie gelähmt kam nur ein krächzender Schmerzensschrei aus seiner Kehle als er auf dem Boden zusammenbrach.

'W...Was … passiert ...hier? .. Hil….fe…'

Mit einem Mal hörte er sie. Eine Stimme die er nicht kannte, aber ihm so unglaublich vertraut wirkte. Es war vielmehr ein Flüstern, wie die Gedanken eines Anderen.

'X...no… wo ...i..t du…'

Doch Xenos konnte die Stimme nicht klar verstehen.

'I..h brau...e d..ch! ..tte! K...mm zurü...k! S..nst ...“

 

Und dann war es fort. Xenos kämpfte sich zurück auf seine Knie, seine Arme zitterten noch immer und kalter Schweiß bedeckte seinen ganzen Körper. Wie in Trance wischte er sich das Blut aus seinem Gesicht.

„...Was zum Teufel war das?...“

Es erinnerte ihn an die Gebete der Sterblichen – wenn diese stark genug glaubten drangen ihre Wünsche und Hoffnungen bis zu den Göttern vor – doch es war Ewigkeiten her, das er zuletzt ein solches Gebet hören konnte. Xenos hasste es – es waren Stimmen und fremde Gedanken, die sich in den Köpfen der Götter festsetzten und es war auch nicht ungefährlich.

Die Schöpfer hatten sie zwar erschaffen das die Gebete ihrer Schützlinge sie erreichen würden, doch bösartige Gedanken und fanatische, unreine Gebete konnten ihren Geist ebenso verletzen und zerstören wie eine Seuche.

Doch diese Stimme hatte nach ihm gerufen, nach ihm persönlich. Er hatte sich seit Jahrhunderten von den Sterblichen ferngehalten, daher war es ihm schleierhaft wie ihn ein Gebet erreichen konnte. Es hatte ihn völlig unvorbereitet getroffen und sein Körper hatte nach all der Zeit Schwierigkeiten gehabt es zu erhören – sein Geist hatte es unterbewusst versucht abzublocken, zumindest konnte Xenos sich nur so seinen beinahe erlebten Zusammenbruch erklären. Ironischerweise dachte er daran was geschehen wäre, wenn es ihn nur einige Minuten zuvor erreicht hätte – das wäre das Letzte gewesen, das er jemals gehört hätte.

 

Seine zittrigen Hände an seine Stirn gepresst, versuchte er seine Gedanken zu ordnen und noch immer zu ergründen, was gerade geschehen war.

„Wer… hat mich… gerufen?“

Langsam kämpfte er sich zurück auf die Beine, klopfte sich grob den Staub von seinem Körper. Das Zittern wich langsam aus seinen Schenkeln und bald war sein Stand wieder fest wie zuvor.

Mit einem Mal überkam ihn der Drang zurückzukehren. Es war vielmehr ein Zwang der seinen Körper dazu drängte nach Hause zurück zu kehren.

Denn er war sich sicher – jemand hatte ihn gerufen. Hatte so verzweifelt nach ihm gerufen, dass es ihn erreicht hatte – wenn auch auf eine eher unangenehme Art.

'Das nächste mal sollen sie mir lieber eine Ansichtskarte oder einen Brief schicken, das ich zurückkehren soll...'

Xenos strich gedankenverloren über eine seiner langen Haarsträhnen.

Die Stimme die er zuvor gehört hatte kam ihm so vertraut vor und doch konnte er sie nicht zuordnen.

Je mehr er an seine Heimat dachte umso stärker breitete sich ein unangenehmes Gefühl in ihm aus, das Gefühl das etwas im Argen lag.

 

Er musste dem nachgehen, denn als er nachdachte wurde ihm bewusst dass er schon eine Ewigkeit weder Nachrichten erhalten noch einen Boten getroffen hatte.

„Wenn da irgendeine Scheiße vor sich geht, muss ich mit ein paar Göttern ein ernstes Wort reden.“ stellte er angespannt fest.

Doch sein Entschluss stand fest – auch wenn seine Mission noch nicht erfüllt war, würde er heimkehren. Zwar würde es sicher eine unangenehme Konfrontation mit Arc nach sich ziehen, doch er würde es darauf ankommen lassen.

Es war nicht mehr als eine Handbewegung mit der sich ein großer, flackernder Riss in der Luft vor ihm auftat. Die Götter nannten diese zwar Tore, doch es waren vielmehr Risse und Verbindungen in den Dimensionen, die ihnen erlaubten große Strecken zwischen den unzähligen Welten im Bruchteil einer Sekunde zurückzulegen.

Doch er war so weit entfernt, das er auch mit Hilfe der Tore einige Zeit brauchen würde, bis er die Weiße Stadt erreichen würde.

 

„Na dann… ab nach Hause...“ es war kaum mehr als ein Flüstern. Denn mit einem Mal breitete sich Angst in der Brust des Gottes der Sterne aus.

Er hatte Angst was ihn dort erwarten würde. Er hatte Angst Arc gegenüber zu stehen und berichten zu müssen, das er rein gar nichts erreicht hatte. Er hatte Angst Ares wieder zu sehen, den er all die Jahre allein gelassen hatte.

Doch Xenos schüttelte seinen Kopf als wollte er diese Gedanken abwerfen und stürmte durch das nun hell leuchtende Tor – und kaum das sie letzte Strähne seines langen Haares hinter ihm hindurchgezogen wurde schloss sich der Spalt, als hätte er nie existiert.

 

Er hastete durch unzählige Tore, durchquerte mit ihnen unzählige Welten – es kümmerte ihn auch nicht das er einige Male von Sterblichen entdeckt wurde, denn zu stark war der Drang in seiner Brust so schnell wie es ihm möglich war zurück zu kehren.

Xenos hinterließ nicht wenige völlig verwunderte Sterbliche in ihren Welten. Ein flackerndes Tor öffnete sich und ein menschenähnliches Wesen, geschmückt mit leuchtenden Zeichnungen und Kristallen sprang heraus, sprintete in seinen hohen Absatzstiefeln wie auf der Flucht los, nur um kurz darauf erneut in einem anderen Dimensionstor zu verschwinden. Xenos hatte nicht die Zeit, sich mit den völlig verstörten Bewohnern der Welten zu befassen. Vielleicht würde er sich irgendwann bei ihnen entschuldigen, ein solches Chaos verursacht zu haben.

 

Nach zahllosen Dimensionssprüngen erreichte er den steinernen Pfad, der in die Stadt der Götter führte. Ihre eigene Welt ähnelte einer schwebenden Insel – umgeben nur von dem endlos wirkenden Universum und dessen Sternen, thronte die Weiße Stadt über allem.

Für einen kurzen Moment hielt Xenos den Atem an – er war so lange fort gewesen und trotz allem war noch alles unverändert von seiner Erinnerung.

Die Türme aus dem glatten, weißen Stein erstreckten sich hoch in die Lüfte und im Herzen der Insel wachte der Weiße Palast über die gesamte Stadt.

Seine Beine zitterten als er den ersten Schritt tat, doch dann konnte er den Drang nicht mehr unterbinden loszurennen. Alle Zweifel waren mit einem Mal wie fortgeblasen und er konnte es nicht erwarten den kleinen Ares wieder zu sehen.

 

Doch je näher er kam, umso mehr wurde die Vorfreude verdrängt. Nach den Jahrhunderten in denen er auf Reise war stand er wieder vor den Mauern der Weißen Stadt und das erste das er bemerkte war die herrschende Totenstille. Jede Faser seines Körper schrie in ihm 'Gefahr!' als er den Torbogen der Stadtmauern erreichte.

„...V...Verdammt!“ zischte er angespannt in sich hinein.

Über der ganzen Stadt hing eine bösartige, dunkle Atmosphäre wie ein Schatten.

Es war ihm so fremd das seine Sinne sich bis aufs Äußerste anspannten und seine Nackenhaare sich aufstellten. Gänsehaut jagte über seinen Körper und ein kalter Schauer lies ihn bis ins Mark zittern. Er schluckte schwer und setzte den ersten Fuß in die Weiße Stadt.

Zaghaft schritt er durch die Tore und sein ungutes Gefühl wurde noch stärker - denn die Tore waren unbewacht. Die mächtigen Torflügel waren aus ihren Angeln gerissen und lagen zerborsten über dem ganzen Vorplatz verteilt. Weit und breit konnte er keine Gottheit sehen. Alles was er sah waren Spuren einer erbitterten Schlacht. Zerstörte Mauern, Gebäude und Wege… zahlreiche Blutspuren die nichts Gutes verheißen konnten.

„W...was ist hier geschehen?!“ Ungläubig blickte er auf die Zerstörung vor ihm.

„Bin… ich zu spät?“

 

Ein leises Knacken lies ihn aufschrecken – als er herumwirbelte sah er nur noch erschrocken in die rotglühenden Augen einer riesige, hundeähnlichen dunklen Kreatur die ihn mit gefletschten Zähnen ansprang. Ihr weit aufgerissenes Maul entblößte ihre scharfen Zähne und Xenos glaubte schon spüren zu können, wie sich diese in sein Fleisch bohrten.

Er riss seine Arme nach oben um sein Gesicht zu schützen, doch der erwartete Angriff blieb aus – stattdessen hörte er ein ohrenbetäubendes Krachen mit dem das Biest vor ihm zu Boden geschmettert wurde. Vor Schreck wie gelähmt drang das Geräusch der zerberstenden Knochen nur noch lauter in sein Ohr vor, während er nur ungläubig beobachten konnte was vor ihm geschah.

 

Xenos war mehr als verwundert – das Monster war tot, zerschmettert von einem einzigen Hieb. Ein paar Zentimeter von seinem Körper entfernt zuckte die Kreatur noch nach, der Boden um sie herum war ebenfalls von der Wucht des Hiebes aufgebrochen und lag in Splittern.

Doch Xenos Aufmerksamkeit lag ganz allein auf der Waffe, die dies verursacht hatte.

Es war die große, stählerne Kugel eines flammenden Morgensternes. Als wollten die mit langen Stacheln bewehrten Stahlbänder die Flammen selbst gefangenhalten umschlossen sie den hell lodernden Flammenkern. Xenos Blick folgte der langen Stahlkette um den Träger der ungewöhnlichen Waffe ausfindig machen zu können.

 

„...Xenos?“

Die Stimme eines jungen Mannes lies den Angesprochenen aufschrecken.

Eine hünenhafte Gestalt trat aus den Schatten zwischen den Gebäuden hervor.

Jetzt konnte Xenos Denjenigen erkennen, der ihn gerade gerettet hatte.

Es war ein muskulöser, groß gewachsener junger Mann – er war mindestens eineinhalb Köpfe größer als er und seine Haut war gebräunt. Das aschblonde Haar war bis auf die Strähnen im Nacken kurz und wild verstrubbelt, durch die minimalistische Rüstung drängten sich wie aus der Stirn prachtvolle Hörner an die Oberfläche. Göttermale leuchteten in einem feurigen Rot, ebenso wie die Kristalle, die aus der drachenhaften Pranke wuchsen.

Eine Gesichtsmaske aus Stahl lies nur den Blick auf die bernsteinfarbenen Augen zu, in denen Xenos glaubte sich zu verlieren.

Der Krieger lies die Kette seines Morgensterns klirrend fallen und stand nun unmittelbar vor Xenos. Seine menschliche Hand berührte zaghaft die Wange des Sternengottes, als glaubte er eine Halluzination zu sehen. Xenos wurde bewusst wer vor ihm stand.

'Kann… kann das sein? War ich... wirklich so lange fort gewesen?'

 

„Ich… bin zurück… Ares...“ Tränen stiegen ihm in die Augen als er diese Worte flüsterte, denn zu mehr war seine Stimme nicht fähig.

Als eine einzelne Träne über Xenos' Wange rollte wischte die starke Hand diese sanft fort und Xenos blickte mit noch immer wässrigen Augen in das Gesicht der blonden Gottheit.

Ares nahm seine Maske ab und Xenos konnte endlich sein ganzes Gesicht sehen. Auf dem Gesicht des Anderen lag ein Lächeln, das einem die Knie ganz weich werden lies.

Ares legte seine starken Arme um den kleineren Gott und drückte ihn fest an sich, als glaubte er dass Xenos wieder verschwinden würde wenn er ihn nicht festhalten würde.

„Ich habe gebetet dass du zurückkehrst. Jeden Tag... und nun bist du endlich wieder da. Wie du es versprochen hattest. Den Schöpfern sei Dank...“

 

Xenos war zwar auch mehr als berührt Ares nach all den Jahren wieder zu sehen – doch er war noch zu schockiert, zu was für einem eindrucksvollen Mann er herangewachsen war.

Xenos wusste gar nicht wohin mit seinen Händen, denn egal wo er Ares berührte spürten seine Finger nur die trainierten Muskeln die unter seiner Berührung leicht zuckten.

Zudem zeigte Ares' Kleidung fast schon mehr, als dass sie verdeckte.

Er versuchte krampfhaft sich daran zu erinnern dass dies immer noch der kleine Halbgott war der ihm so ans Herz gewachsen war! Der kleine Junge, dem er geschworen hatte, dass er immer für ihn da sein würde! Doch nun da er vor ihm stand – wallten ganz andere Gefühle in ihm auf.

Seine Gedanken wirbelten wild durcheinander und er musste sich eines eingestehen.

'Verdammt… warum… ist er einfach so… heiß?' Dabei bezog er sich keineswegs auf das feurige Element des starken Halbgottes vor ihm.

Xenos konnte spüren wie die Röte in seine Wangen stieg,als er sich endlich aus Ares Umarmung befreien konnte, um nicht länger in seinen starken Armen zu liegen wie einer Jungfrau in Nöten. Der andere Gott schien jedoch, als hätte er ihn noch gerne länger gehalten, was Xenos nicht dabei weiterhalf seine Gefühle wieder zu ordnen.

 

Doch Ares lächelte ihn einfach nur selig an. Das war es das Xenos all die Zeit so sehr vermisst hatte. Das unschuldige, warme Lächeln dieses Halbgottes, der einen ganz besonderen Platz in seinem Herzen hatte.

Die Stille die zwischen ihnen lag, war Xenos mehr als unangenehm – zudem er sich immer wieder ins Gedächtnis rufen musste das der junge Gott vor ihm Ares war und nicht irgendein anderer, dahergelaufener Kerl. Alle Gedanken in dem Gott der Sterne die über Freundschaft hinausgingen, wirkten auf ihn so unglaublich falsch – er durfte nicht zulassen das sich diese neuen Gefühle noch weiter vertieften.

„Ares… sag mir… wie lange war ich überhaupt fort?“ fragte Xenos zaghaft um die Stille zu durchbrechen. „Du… bist.. groß geworden.“

 

Ares lachte leise und blickte Xenos nur mit seinen sanften Augen an.

„Und du bist immer noch so schön wie damals...“ Xenos starrte ihn nur entsetzt an, doch bevor er etwas auf dieses Kompliment entgegnen konnte, sprach der große Blondschopf vor ihm bereits weiter.

„Es sind genau 413 Jahre, 5 Monate und 18 Tage seit du aufgebrochen bist.“

Der blauhaarige Gott sah Ares irritiert an „… Hast du sonst nichts zu tun gehabt als jede Stunde zu zählen?“

Ares kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Nun ja… bis auf meine Kampfausbildung nicht wirklich...“ lachte er leicht verlegen, doch dann nahm sein Gesicht einen düsteren Ausdruck an.

„Aber… ich bin froh dass du hier bist. Ich... weis nicht mehr, was ich tun soll… die Stadt… wurde von den Dunklen überrannt. Und ich kann keinen der höheren Götter finden!“ In Ares zuvor so glücklichem und freundlichen Gesicht spiegelte sich nun Ratlosigkeit und tiefe Besorgnis.

„Vater wurde kurz nachdem die Angriffe begonnen hatten ins Heiligtum beordert. Nachdem er nicht zurückkehrte folgte Mutter ihm, um nach dem Rechten zu sehen.

Seit diesem Zeitpunkt habe ich nichts mehr von Beiden gehört.“ Xenos konnte erkennen wie sehr Ares sich um seine Eltern sorgte – Der Gott der Sterne konnte nur ahnen wie schwer es sein musste, in solcher Angst um jemanden zu leben der einem so viel bedeutete da er nie echte Eltern gehabt hatte.

 

„Das.. hört sich überhaupt nicht gut an…“ stellte der blauhaarige Gott nüchtern fest. „Aber du kannst mir doch nicht weismachen dass du hier die ganze Zeit alleine gekämpft hast!“

Ares schüttelte seinen Wuschelkopf „Nein, als vor drei Tagen die Angriffe begannen wurde meine Einheit hergeschickt um die Stadtgrenzen zu verteidigen. Doch die Feinde… waren in der Überzahl. Wir haben erbittert gekämpft doch es nahm einfach kein Ende.“

Ares biss sich angespannt auf seine Lippen doch er sprach weiter „Ich wurde von einem magischen Angriff getroffen und fortgeschleudert – das Gebäude gegen das ich prallte stürzte über mir halb zusammen und ich verlor das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir kam und ich glücklicherweise befreien konnte… war…“ der blonde Gott schluckte schwer „...da war niemand mehr da… ich war der Einzige der übrig war...“

 

Xenos sah die Verzweiflung in den Augen des jüngeren Gottes. Er hatte seine Kameraden verloren und die ganze Zeit alleine weitergekämpft. Er wusste nicht was mit seiner Familie war, ob seine Eltern überhaupt noch lebten. Xenos konnte nur erahnen wie groß die Last war, die auf den Schultern des jungen Halbgottes lag. Er konnte es nicht ertragen Ares noch länger so zu sehen – doch er würde ihn nicht wieder allein lassen. Er würde versuchen ihm einen Teil dieser Last abzunehmen.

 

Ares zuckte leicht erschrocken zusammen, als Xenos plötzlich entschlossen seine Hand packte, scheinbar hatte er nicht damit gerechnet. Doch der Sternengott fühlte sich als ständen sie wieder in den Gärten des Weißen Palastes, in der Nacht als sie sich das erste Mal getroffen hatten.

„Ich bin für dich da Ares – und so lange du es willst werde ich deine Seite nie wieder verlassen. Du bist nicht länger allein.“ sprach Xenos mit seiner ruhigen, tiefen Stimme auf den Jüngeren ein.

Ares Augen glänzten wässrig, doch der große Krieger versuchte es einfach weg zu blinzeln und zwang sich zu einem Lächeln.

„Wir gehen in den Palast – und wir holen uns ein paar Antworten!“

Xenos tiefe, entschlossene Stimme hallte in den verlassenen Straßen gespenstisch nach, doch Ares schniefte kurz und nickte schließlich zustimmend.

„Ja, lass uns gehen. Ich… ich will auch wissen was hier vor sich geht! Und ich muss Mutter und Vater finden!“

Damit war ihr Ziel also beschlossen und Ares schien bereits neue Zuversicht zu schöpfen, doch Xenos betrachtete das Ganze kritischer – er konnte nicht einschätzen was sie im Weißen Palast erwarten würde.

 

Sie eilten die Straßen und Gassen entlang ohne zurückzublicken – Xenos lief voraus während Ares noch immer seine Hand hielt und dem kleineren Gott auf Schritt und Tritt folgte. Dem blauhaarigen Gott schien es so, als wollte der jüngere Halbgott seine Hand gar nicht mehr loslassen. Es war zwar ein sehr niedliches Verhalten, doch es gab mit Sicherheit ein witziges Bild, wie er Ares Hand in Hand hinter sich durch die Gegend zog – wobei außer einigen vereinzelten dunklen Kreaturen niemand da war, der es sehen konnte.

 

Einzig für die Kämpfe gegen die Dunklen löste sich Ares von Xenos und preschte mit seinem flammenden Morgenstern nach vorn und stürzte sich auf seine Feinde. Xenos magische Angriffe setzten ihren Widersachern nach und sie schafften es immer wieder die Kreaturen niederzustrecken. Xenos musste amüsiert zugeben, das er und Ares ein gutes Team waren – sie brauchten keine Worte um zu verstehen was der Andere plante oder dachte. Sie ergänzten sich im Kampf so perfekt, das es fast schon unheimlich war.

Sobald die Kämpfe jedoch vorüber waren eilte Ares wieder an seine Seite und seine Hand suchte die von Xenos, die im Gegensatz zu früher nun viel kleiner war als die des Halbgottes.

Xenos spürte wie seine Wangen jedes Mal rot wurden, als Ares wie selbstverständlich seine Hand ergriff, doch dieser Körperkontakt war keineswegs unangenehm.

In den Handlungen des Halbgottes lagen keinerlei Hintergedanken, nur absolutes Vertrauen.

Doch er vertraute Ares ebenso. Die Zuneigung die der junge Blonde ihm schenkte gab ihm Kraft und er spürte wie die Funken der Hoffnung in ihm aufflammten. Die Hoffnung das es noch nicht zu spät war um diejenigen zu retten, die ihnen am Herzen lagen.

 

Xenos wurde schmerzhaft bewusst das Hoffnung das Einzige war das sie nicht verlieren durften, als sie den zerstörten Vorhof des Weißen Palastes erreichten. Die prunkvollen Säulen welche die Seiten des gepflasterten Weges zierten lagen nun zertrümmert über die Fläche verteilt, der Weg übersät mit Kratern und Gesteinsbrocken welche aus den Außenmauern des Gebäudes gebrochen waren. Auch wenn Xenos all die Zeit geglaubt hatte das er sich mit seiner Heimat nie wirklich verbunden gefühlt hatte, erschütterte ihn der Anblick all dieser sinnlosen Zerstörung zutiefst. Immer wieder ertappte er sich bei dem Gedanken das er bereits zu spät sein könnte – doch dann spürte er die Wärme der Hand des anderen Gottes und verdrängte diesen negativen Gedanken. Xenos blickte nach vorn und schritt mit Ares in die Eingangshalle des Palastes ein.

 

Die vorsichtigen Schritte der beiden Götter verhallten in der Leere die sie vorfanden. Auch innerhalb des Gebäudes setzte sich die Spur der Zerstörung fort, doch zu Xenos Enttäuschung war auch hier keine Spur einer weiteren Gottheit zu sehen.

Ares materialisierte mit einem Mal seinen Morgenstern und starrte angespannt in den Korridor, der links von ihnen in einen weiteren Raum führte.

Auf Xenos verwundertes Gesicht flüsterte der Blonde nur „Psst… es kommt.“

Der Gott der Sterne beschwor gerade seine Sphäre als er ebenfalls das Geräusch wahrnahm, das Ares schon lange zuvor gehört hatte. Ein Klacken, das ihm seltsam bekannt vorkam. Xenos verwandelte seine fliegende Energiekugel in seine Lichtklinge – er erkannte das Geräusch als das Klacken von Tierkrallen auf dem harten Marmorboden.

Die Dunklen waren innerhalb des Weißen Palastes.

 

Die dunkle Kreatur schien sich der Anwesenheit der beiden Götter noch nicht bewusst zu sein, denn sie schien gelassen immer näher zu trotten. Ares und Xenos nutzten die Chance und positionierten sich neben den Türrahmen um das Biest zu überraschen.

Xenos war jedoch überrascht das die sonst hell lodernde Waffe Ares' mit einem Mal ganz schwach brannte, ganz so als wollte sie nicht die Aufmerksamkeit des unachtsamen Feindes auf sich ziehen. Es wirkte fast schon so, als hätte der stachelbewehrte Morgenstern seinen eigenen Willen.

Ares deutete Xenos still zu sein als die Kreatur schon in den Raum trat. Größer als erwartet war ihre Schulterhöhe auf der Höhe von Xenos Kopf und die Krallen, die immer wieder über den Boden kratzen so lang wie eine Handfläche. Der Dunkle schien die Beiden tatsächlich noch nicht bemerkt zu haben denn er setzte seinen Weg unbeirrt fort.

Fast zeitgleich mit Ares Kampfschrei flammte sein Morgenstern hell auf und die Kreatur wusste gar nicht was ihr geschah, als sich die langen Stahldornen schon in ihre Seite schlugen und die unglaubliche Hitze ihr Fleisch verbrannte.

Der Kampf war so plötzlich vorbei wie er begonnen hatte. Xenos erschrak kurz als Ares auf die tote Bestie zuging, die verwobene Stahlkugel mit beiden Händen packte und ruckartig aus dem Kadaver zog. Die wild lodernden Flammen schlangen sich um seine Hände doch Ares schien die Hitze gar nicht zu spüren. Ares lächelte sanft als er die riesige Kugel in seinen Händen hielt und schien mit den Gedanken abzuschweifen während er in die stetigen Flammen sah.

 

„Das ist eine beeindruckende Waffe Ares.“ Xenos Kommentar schien den jüngeren Blondschopf aus seinen Gedanken gerissen zu haben, denn er wand sich dem Älteren zu

„Oh, du meinst Rha'Ki? Er ist auch etwas ganz Besonderes.“

Xenos war noch immer überrascht das Ares sich an der glühenden Waffe nicht verbrannte, doch es schien als wollte die innewohnende Macht den jungen Gott nicht verletzten.

Sein Blick wechselte erneut zu Ares „Rha'Ki? Die Waffe hat einen Namen?“ hakte Xenos neugierig nach.

Ares lächelte sanft, als er mit seiner Drachenpranke behutsam über die den Morgenstern strich, drauf achtend die Stahlstacheln nicht zu berühren.

 

„Nein, das ist der Name meines Vaters.“ auf Xenos Verwunderung sprach er weiter „Der Name meines leiblichen Vaters. Seine Seele, die mich beschützt. Du erinnerst dich vielleicht noch an meinen Ball als ich klein war? Das war damals seine Gestalt. Das Herz des Fegefeuer-Drakaan, der noch immer über mich wacht… Mutter hat ihn mir geschmiedet, damit seine Macht mir helfen kann.“

Xenos erinnerte sich gehört zu haben das vor einigen Jahrhunderten ein Sterblicher in die Weiße Stadt gebracht wurde um gerichtet zu werden. Er hatte damals nicht beigewohnt, da es ihn nichts angegangen hatte, doch es musste kurz nach Ares' Geburt gewesen sein.

Arc hatte im Sinne der Schöpfer über das sterbliche Drachenwesen Gericht gehalten, da er Ares Mutter 'befleckt' hatte.

Er wusste nicht was genau bei diesem Gericht geschehen war, doch ihm war damals zu Ohren gekommen das die Stärke der Seele des Drachenkriegers anerkannt wurde. Sein Körper wurde zwar zum Ursprung zurückgesandt, doch seine Seele erhielt scheinbar die Aufgabe über seinen Sohn zu wachen.

 

Das erklärte warum das Feuer Ares nicht schadete – dafür Alles was ihm Böses wollte zu Asche verbrannte. Ares richtete seinen Blick auf und lächelte Xenos an.

„Du hattest damals an dem Abend der Feier Recht Xenos… er ist etwas ganz Besonderes. Mein leiblicher Vater gibt mir die Kraft die zu beschützen die ich liebe. Meine Mutter, meinen Vater...“

Ares unterbrach seinen Satz als suchte er die richtigen Worte und als er endlich weitersprach schlich sich eine leichte Röte auf seine Wangen „...und auch dich Xenos… ich... liebe dich so sehr.“

 

Xenos glaubte dass sämtliches Blut in seinem Körper erneut in seinen Kopf gestiegen war. Ares konnte doch nicht einfach so sagen dass er ihn liebte. Als Kind war es etwas anderes, doch nun da er Erwachsen war gab es dann doch mehrere Arten der Liebe. Und Xenos war sich sicher das Ares eine andere Art meinte als die, deren Erblühen Xenos in seinem Herzen versuchte zu unterbinden.

Es war schon schlimm genug das der Gott der Sterne sich mit seinen fast 1.300 Jahren eingestehen musste, das er mehr als Freundschaft für diesen jungen Halbgott empfand. Wenn Ares nun auch noch weiter so unbedachte Worte aussprach, würde der Blauhaarige seine so lange verdrängten Gefühle nicht mehr unter Kontrolle bringen können.

'Wenn er solche Dinge sagt… wie soll mein Herz da nicht wieder etwas empfinden? Aber… wenn er doch etwas Anderes meint... ich weis nicht ob mein Herz noch eine weitere Enttäuschung verkraftet…'

Xenos schluckte schwer, als er über seine eigenen Gefühle nachdachte. Sein Herz war schon einmal gebrochen worden und er hatte es nie richtig verarbeiten können.

Würde Ares nun auch nur mit ihm spielen wusste er nicht, ob er noch die Kraft hätte weiterzuleben.

 

Er drehte sich in die Richtung aus der die Bestie gekommen war – der Weg führte weiter ins Innere des Palastes. „K...Komm, lass uns weiter nach innen gehen...“ stammelte Xenos noch immer mit hochrotem Kopf und schritt los, während Ares ihm hinterhereilte und wie zuvor erneut nach seiner Hand griff.

Die weiteren Räume und Gänge durchquerten sie ohne Zwischenfälle und die Anspannung fiel langsam von Ihnen ab bis sie erneut durch einen großen Türbogen schritten.

Vor ihnen lag ein langer Gang welcher kunstvoll von verzierten Säulen umrahmt wurde. Er wirkte edel und beeindruckend und doch lag eine bedrückende Atmosphäre in der Luft, die Ares verunsichert wirken lies. Dies war eine der vielen unsichtbaren Barrieren die das Innere des Weißen Palastes vor unbefugten Zutritt schützen sollten. Es war wie eine unsichtbare Wand die ein einfacher Halbgott aufgrund seines niederen Ranges nicht überwinden konnte.

 

Xenos starrte ins Leere als Ares das Wort ergriff „Bis hierher kam ich bereits... aber die Bereiche die weiter innen liegen, sind mir verwehrt.“

'Da war ja was. 'Niedere' Götter können die inneren Bereiche des Palastes nicht betreten.“

rief Xenos sich ins Gedächtnis. 'Außer…'

Der Blauhaarige verfestigte seinen Griff und zog Ares mit sich welcher nur irritiert hinterher stolperte. Zielstrebig schritten die Beiden auf die unsichtbare Barriere zu, die Ares bisher den Pfad versperrt hatte. „Lass meine Hand nicht los, ja?“ Xenos Stimme war bestimmend, wobei er inzwischen glaubte das Ares es sowieso nicht freiwillig tun würde.

„Okay…?“ Ares Stimme klang verunsichert doch sein Körper schien sich gegen jeden weiteren Schritt zu wehren. Doch Xenos durchschritt die Barriere und zog Ares mit einem Ruck hinterher.

 

Erstaunt blickte sich der Halbgott um, da er nun einfach hatte hindurch schreiten können. Zwar verspürte er ein unangenehmes Kribbeln auf seiner Haut doch es wurde ebenso schwächer die die bedrückende Atmosphäre.

Xenos lächelte ihn zufrieden an „Ich habe dir die 'Erlaubnis' erteilt mit mir in die inneren Bereiche einzutreten. Wir können nun fast bis ins Heiligtum.“

Ares nickte eifrig und schien wieder voller Motivation zu sein „Dann lass uns gehen!“

Sie folgten dem Gang weiter ins Innere als sie Geräusche wahrnahmen.

Xenos spitzte seine Ohren und Ares lauschte bereits angestrengt.

 

'Das… klingt nach einem Kampf… aber wer-' Xenos konnte seinen Gedanken nicht zu Ende führen, als ein der laute Schrei einer Frau seine Gedanken durchriss. Xenos konnte gar nicht so schnell reagieren, wie Ares in die Richtung in die Richtung des Schreies losrannte und „MUTTER!!!“ brüllte.

Xenos zischte nur ein „Verdammt!!!“ als auch er losrannte und Ares hinterhereilte.

Er betete zu den Schöpfern das sie noch nicht zu spät waren.

 

Kapitel 3 - Schritt für Schritt

Kapitel 3 – Schritt für Schritt

 

 

Sie war gigantisch. Die Kreatur, die vor ihnen stand reichte fast bis an die kunstvoll verzierte Decke der Halle. Ihre Gestalt erinnerte an eine überdimensionale Eidechse oder etwas Drachenartiges. Aus dem Maul triefte der schwarze Speichel, welcher zischend zu Boden tropfte und sich in den Marmor fraß.

 

'Säure. Ganz toll, mal was anderes.' Xenos wusste nicht, was er ohne seinen Sarkasmus machen würde. Er war immer da und brachte ihn dazu, ein unangebrachtes Kommentar abzugeben.

 

Doch jetzt hatten er und Ares andere Probleme. Diese Riesenechse zum Beispiel.

Das Biest brüllte auf und schleuderte die Person weg, die bereits gegen sie ankämpfte.

Ares sprang los und schaffte es gerade noch so die Frau aufzufangen, bevor sie gegen die Wand der Halle geprallt wäre.

Keuchend versucht er zu der Person in seinen Armen durchzudringen, die von dem Hieb noch ganz benommen schien

„Mutter!“

Die Frau mit dem silbernen Haar öffnete ihre Augen und die Überraschung schien ihr ins Gesicht geschrieben „Ares? Was? Wie kommst du hierher?!“

 

Xenos unterbrach die Göttin jedoch mit einem „Diskutieren können wir, wen das Vieh tot ist!“ während er der Bestie entgegensprang.

„Kannst du stehen?“ hakte Ares besorgt nach, als seine Mutter sich wieder versuchte aufzurichten. „Ich kann sogar noch kämpfen mein lieber Junge. Jetzt lass uns dem Vieh eine Lektion erteilen!“

Ein Grinsen zog sich über Adamas' jugendliches Gesicht. Ares nickte nur kurz und stürmte mit Rha'Ki auf die Echse los.

 

Xenos wehrte gerade den Versuch ab gefressen zu werden – es klang einfacher als es war, denn der Speichel der auf ihn tropfte brannte wie Säure. Seine Arme zitterten unter der Anstrengung während er den Kiefer der Kreatur hielt und mit ihr rang, während ihm immer wieder die Säure auf den Körper tropfte. Seine Kleidung würde er mit seiner Götterkraft einfach wiederherstellen können, aber mit Löchern in seinem Körper sah das Ganze schon anders aus. 'Warum meinen diese Scheißviecher immer mich fressen zu wollen?! Ich glaube nicht dass ich so gut schmecke!' In der letzten Zeit war es ihm etwas zu oft passiert, dass er fast im Magen einer dieser Kreaturen gelandet wäre.

 

Die Echse bäumte sich plötzlich auf, als Die Göttin des Stahls ihren Bidenhänder in den Hals des dunklen Reptils rammte. Es lies von Xenos ab und versuchte die Schwertkämpferin hinter sich von sich zu schleudern, als es auch schon von den mächtigen Hieben von Ares Morgenstern getroffen wurde.

Es schien, als wollte die Dunkle Echste Energie in seinem Maul für einen Angriff sammeln, doch Xenos beendete es mit einem Energieball, den er direkt durch den Rachen der Kreatur hindurch feuerte.

Der Hals der Echse wurde regelrecht zerfetzt und die Erde erzitterte, als der leblose Körper auf dem Boden aufschlug.

 

Adamas schnaufte durch und wischte sich den Schweiß von ihrer Stirn.

„Ich danke euch beiden… Ich… bin etwas aus der Form fürchte ich.“

Sie wand sich nun Xenos zu. Ein paar ihrer silbernen Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Haarknoten gelöst und hingen nun frech ihn ihrem Gesicht. Ihre hellgrauen Augen strahlten die Beiden an und zum ersten Mal war Xenos bewusst einen Blick auf ihre Göttermale. Wie bei allen, zogen sich die sanft glühenden Linien über ihren Körper, doch anstatt Kristalle oder Hörner, wirkten einige Stellen ihrer Haut selbst wie Metall.

Nicht zuletzt an der starken Stahlrüstung und den Panzerhandschuhen und stark gerüsteten Stiefeln konnte man ihre starke Verbundenheit zu den Metallen aller Art erkennen. Xenos blickte auf, als Adamas ihn plötzlich ansprach.

 

„...Ich hätte dich als Letztes hier erwartet Xenos. Aber ich bin froh dass du hier bist.“

Ares rannte derweil um seine Mutter herum wie eine Glucke um ihr Küken. Es war immer wieder seltsam anzusehen, wenn Götter und ihre leiblichen Kinder äußerlich fast gleich alt schienen. Aber so war es eben – die Körper der Götter alterten, bis sie die Macht eines Gottes optimal ausschöpfen konnten – und dann hörten sie einfach auf älter zu werden. So waren die meisten der Götter eben in der Gestalt von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen.

 

Adamas zog ihren Jungen in ihre Arme und nun schien Ares sich endlich zu beruhigen. Man konnte sehen, dass die Beiden sich unglaublich nahe standen.

„Jetzt beruhig' dich doch wieder Ares. Mir geht es gut.“

 

Xenos würde 'gut' jetzt anders definieren aber das war nicht weiter wichtig. Ihre Stahlrüstung war an manchen Stellen ziemlich in Mitleidenschaft gezogen, der bordeauxfarbene Stoff ihres Rockes hing in Fetzen. Hier und da zierten blutige Schrammen und blaue Flecken die blasse Haut. Aber sie lebte. Das war im Moment das Wichtigste.

 

„Wie kam der Dunkle überhaupt hier her? Die Barrieren waren doch intakt. Ares konnte sie erst mit meiner Hilfe durchschreiten...“ unterbrach Xenos die Wiedervereinigung von Mutter und Sohn. „Ich weis es nicht. Irgendetwas stimmt hier nicht. Aber ich kann dir nicht sagen was… Tut mir leid...“ bedauerte die Göttin des Stahls.

Sie Blick wechselte zwischen Ares und Xenos hin und her, während sie weitersprach „Dein Vater, Khion… wurde ins Heiligtum zitiert. Er wusste selbst nicht warum, daher konnte er es mir auch nicht sagen.“

 

„Arc hat ihn herbestellt?“ die Stimme des Sternengottes wirkte misstrauisch. Je mehr er darüber nachdachte, umso mehr wollte er ein paar Antworten von Arc. Wenn er nicht wusste was hier vor sich ging, dann würde es niemand wissen.

 

Adamas nickte. „Er war schon einige Zeit fort und ich machte mir Sorgen, weil er noch nicht wieder zurückgekehrt war. Ich lies Ares eine Nachricht zukommen und wollte selbst nach dem Rechten sehen. Doch ich konnte diese Barriere nicht überwinden. Und dann griff mich der Dunkle ohne Vorwarnung an. Er erschien einfach wie aus dem Nichts. Ich glaube… irgendwie können diese Kreaturen die Schutzmechanismen umgehen.“

die Frau mit den sanften, hellgrauen Augen blickte zu Boden. Man konnte sehen dass sie es bedauerte, nicht mehr helfen zu können. Doch das war alles, was sie wusste.

 

„Was ist mit den anderen Göttern? Die können doch unmöglich alle tot sein!“

meldete sich jetzt auch Ares wieder zu Wort – ein guter Einwand.

 

„Ich glaube einige der hohen Götter wurden zu Arc beordert, wie Khion. Einige haben sich sicher versteckt. Manche sind auf ihren Missionen und wissen sicher nicht einmal, was hier vor sich geht. Aber die Meisten… sind wahrscheinlich tot… auch wenn ich für ihre Sicherheit bete…“

 

Xenos fluchte leise während er den Boden mit Blicken strafte. Konnte es sein? Das sein halbes Volk von einem einzelnen verdammten Angriff des Feindes fast ausgelöscht wurde?

Was war mit den Schöpfern? Warum… warum taten sie nichts? Sie waren doch da zum die Götter zu leiten. Warum? Warum waren sie dann allein in der Dunkelheit?! Warum halfen sie ihnen nicht?! Der Zorn kochte so stark in ihm hoch, dass er sich kaum noch beherrschen konnte.

 

„Ich… ich muss zu Arc! Jetzt!… Ich muss ihn sehen, mit ihm sprechen!“ brach es aus dem Gott der Sterne heraus.

 

„Arc?… Er… soll die letzte Zeit verändert gewesen sein.“ sprach Adamas mit ihrer sanften Stimme in der so viel Sorge mitschwang.

„...Verändert?“ Xenos horchte auf, Adamas nickte kurz und sprach weiter „Zumindest hat Khion das gesagt. Er konnte nicht beschreiben wie, doch er meinte… das irgendetwas im Argen läge… er wirkte angeblich nicht wie er selbst.“

 

Xenos verstand es nicht. Hatte Arc mit alldem hier zu tun?

'Oh Arc… was… ist mit dir geschehen?' Auch wenn es Jahrhunderte her war – er hatte Arc nie wirklich loslassen können. Sie hatten sich geliebt. Wollten für immer zusammen bleiben. Doch dann fiel Freyan, der Hochgott in der Schlacht gegen die Dunklen. Allein dieser Verlust überschattete die Beiden schon so sehr – Freyan war wie ein Bruder für sie gewesen. Er hatte für Arc einen Angriff abgefangen und starb noch in den Armes des Gottes der Leere. Und Arc wurde von den Schöpfern zu dem neuen Medium ernannt.

Aber er wollte es nicht. Er wollte diesen Platz nicht einnehmen – doch er hatte damals keine Wahl gehabt.

 

Und dann geschah es. Sie stritten sich. Als Hochgott hätte Arc nicht mehr mit ihm zusammen sein können, so stieß er ihn von sich. Und in dem großen Streit war Xenos ihm Vorwürfe an den Kopf, die er nicht so gemeint hatte. Worte, die er seit jeher so sehr bereut hatte. Für die er sich hatte entschuldigen wollen. Doch nach der Erhebung war Arc nicht mehr der selbe.

 

Sein freundliches Lächeln war fort. Als er ihn damals auf der Anhöhe hinter dem Palast traf und sich entschuldigte sah Arc ihn an, als sähe er ihn das erste Mal. Als hätte sie beide nie etwas verbunden. Xenos hatte nie verstehen können, was damals geschehen war. Er wusste nur das sein geliebter Arc fort war. Und er würde nie wieder zurückkehren.

Er hatte sich verändert. Er war kalt und emotionslos. Und es zerbrach ihm sein Herz.

 

Er selbst schwor sich nie wieder jemanden so nah an sich heranzulassen. Denn noch einmal so verletzt zu werden… das würde er nicht noch einmal verkraften. Und doch hatte es ein Halbgott geschafft, sich einen Platz in seinem kalten Herzen zu erkämpfen... 

 

„Dann lasst uns gehen. Mit etwas Glück finden wir noch ein paar andere überlebende Götter und unseren Hochgott. Xenos, du sagtest du könntest uns bis zum Heiligtum bringen?“

Ares riss Xenos aus seinen Gedanken.

„Wenn Vater bei Arc sein sollte, bin ich sicher dass es ihnen gut geht. Wir müssen zu ihnen stoßen und einen Weg finden dieses Chaos zu beenden.

Ares feste Stimme zeigte, dass er ein Ziel vor Augen hatte.

Seine Mutter befürwortete das nächste Ziel des Trios. „Ja, ich sorge mich so um Khion. Lasst uns weiter nach innen vordringen… Wobei… wir brauchen deine Hilfe Xenos. Ich als Geborene Göttin komme hier auch nicht weiter...“

 

„Na dann los…wir haben noch ein Stück vor uns.“

 

So setzten sie sich in Bewegung. Ares ging neben ihm, während Adamas ihnen in einem gewissen Abstand folgte.

„Ich… bin dir so unglaublich dankbar Xenos.“ sagte Ares mit seiner sanften Stimme

„Wieso das denn?“ Xenos konnte sich nicht erinnern, etwas Besonderes getan zu haben.

„Nur dank dir konnte ich Mutter retten. Nur weil du da warst.“

„Hör auf, ich werd' ja noch rot. Ich habe nichts besonderes gemacht, wirklich.“

Ares lächelte ihn an „Du hast ein großes Herz, weist du? Du hilfst denen, die Hilfe brauchen und willst nichts als Dank. Ich hoffe dass ich noch immer einen Platz in deinem Herzen habe – denn das Meine wird auf ewig dir gehören.“

Röte spiegelte sich auf Ares Wangen und er beschleunigte seinen Schritt – er lief nun einige Meter voraus und lies den völlig überrumpelten Sternengott stehen.

'W…..Wie bitte…? Hab… ich das gerade richtig gehört?' Xenos versuchte gerade festzustellen, ob Ares ihm eben wirklich eine Liebeserklärung gegeben hatte.
 

„Er bewundert dich wirklich sehr.“ Xenos zuckte kurz erschrocken zusammen, als Adamas auf einmal die Stille durchbrach. Da Ares ja nun voraus lief und auf Gefahren achtete, trotteten er und Adamas hinterher.

„Ahja?“ Xenos wusste schon, dass ihm dieses Gespräch mehr als unangenehm werden würde.
 

Die Göttin des Stahls lächelte in sich hinein. „Auch wenn du dir dessen nicht bewusst bist… die Freundschaft zu dir hat ihm Kraft gegeben – Kraft sich seinem Schicksal entgegenzustellen. Als Halbgott sich einen Platz zu verdienen. Du hättest ihn damals sehen sollen. Er hat Tag und Nacht nur von dir geredet. Und dass er dich heiraten will.“ Xenos war froh dass die Göttin neben ihm ihn nicht ansah. Sein Kopf war sicher wieder so rot wie eine Tomate, und er wusste sich einfach nicht zu helfen.

„Und ich glaube dass dies noch immer sein Wunsch ist. Du wirst es sehen, er ist zu einem wundervollen Mann herangewachsen.“

 

Auf einmal lachte sie los „Ohje, ich klinge ja schon wie eine alte Frau, verzeih mir dass ich angefangen habe dir solche Dinge zu erzählen!“

Sie sah Xenos nur lächelnd an „Aber weist du? Ich wünsche mir nur, dass mein geliebter Sohn glücklich wird. Er verdient es – und du auch...“

 

„Ich kann dich übrigens hören, Mutter.“

 

Ares Stimme lies Adamas zusammenschrecken.

„Ohhh du Flegel!“ schimpfte die Göttin, eilte los und sprang ihren Sohn von hinten an und schlang die Arme um seinen starken Nacken. „Hast du keine Manieren mich zu belauschen?“

„Mutter du erwürgst mich noch!“ krächzte Ares gespielt. „Und die guten Manieren muss ich ja wohl von dir haben, denn Vater hat seine noch!“

„Du Bengel, dir zieh ich deine Ohren länger als sie eh schon sind!!!“

 

Xenos konnte nicht anders als schmunzeln, als er das spielerische Gerangel von Ares und Adamas sah. Tief in seinem Inneren wünschte er sich, auch eine Mutter wie sie gehabt zu haben. Doch als Reiner Gott hatte er so jemanden nie gehabt. Er hatte damals nur Arc und Freyan gehabt, welcher eher wie ein großer Bruder gewesen war.

 

Doch die Beiden so zu sehen, beruhigte auch sein eigenes Herz. Vor einem Moment war es noch gefüllt mit Zweifeln und auch mit Angst. Doch jetzt glaubte er sogar dass, egal was geschehen würde – sie würden es schon schaffen. Vielleicht könnte er sich dann auch überwinden und Ares sagen, was er empfand. Aber das würde er sich vornehmen wenn sie alle das überleben würden. Und inzwischen schwang auch ein Funken Zuversicht mit.

Besonders wenn der blonde Halbgott ihn so anlächelte wie in diesem Moment.

Xenos konnte es nicht länger verleugnen. Ares war sein Licht, alles was ihn antrieb. Die Wärme, die seine bisherigen Verluste aus seinem Herzen trieb. Derjenige, mit dem er gerne den Rest seiner Zeit zusammen sein wollte.

 

So holte er zu den Zweien auf, als sie kurz vor der nächsten Barriere standen. Bald würden sie hoffentlich das Heiligtum erreichen und auf den Hochgott treffen. Und Arc sollte besser einige gute Antworten parat haben. Nicht mehr weit, und sie würden das Heiligtum erreichen. Xenos hoffte nur, dass Arc sie auch hinein lassen würde. Ansonsten hätten sie ein Problem.

 

Ohne weitere Zwischenfälle erreichten sie die nächste Barriere. Mit Xenos' Hilfe konnten Ares und Adamas eintreten

 

Und dann erreichten sie ihn. Den Vorraum des Heiligtums – es war eine eher kleinere Halle im Vergleich zu den bisherigen. Doch viel erschreckender war der Anblick, der sich hier vor Ihnen bot. Überall auf dem Boden lagen Kadaver der Dunklen aller Arten. Teilweise lösten sie sich schon in Nebel auf, doch andere schienen gerade erst frisch erschlagen.

 

Und inmitten dieses Leichenberges stand ein einzelner Gott.

 

Die Gruppe hielt erstaunt inne, als sie erkannte wer inmitten der erschlagenen Dunklen Kreaturen stand. Es war ein schlanker, großer Gott mit langem Haar, weiß wie frisch gefallener Schnee. Der Blick war auf den Boden vor sich gerichtet, als hätte er die Ankunft der Anderen noch gar nicht bemerkt.

„VATER!!“

„KHION!!“

schrie es aus Adamas und Ares heraus. Sie wollten zu ihm eilen, doch Xenos schrie nur „NEIN! BLEIBT ZURÜCK!“

Die Beiden hielten inne und blickten irritiert zwischen dem Gott der Sterne und dem Gott des Eises hin und her. „A...Aber was…“

 

Und dann regte sich etwas in Khion. Langsam hob er seinen Kopf. Adamas und Ares schreckten zurück. Seine eisblauen Augen waren weit aufgerissen und starrten sie an. Als wären es Tränen, tropfte eine seltsame, schwarze Flüssigkeit aus seinen Augen, ebenso aus Nase und Mundwinkeln. Er schien auch nicht zu erkennen, wer vor ihm stand.

 

„Xenos! Was ist mit ihm?!“ schrie Ares ihn an „Verdammt! Ich weis es doch auch nicht! Aber… er ist nicht er selbst!“ zischte Xenos zurück.

 

Auf einmal erfüllte eine unwirkliche Kälte den Raum. Eisblumen breiteten sich über die Mauern aus und wie aus dem Nichts, war der gesamte Raum in einen eisigen Schneesturm gehüllt.

Khion schritt auf sie zu, den Kopf seltsam schräg haltend. Als hätte wäre er eine Marionette an Fäden, deren Puppenspieler sie nicht beherrschte. Und dann zog er seine Klinge aus Eis.

„Khion! Nicht! Wir sind es! Erkennst du uns denn nicht?!“ schrie Adamas ihrem Mann tränenüberströmt entgegen, doch der Angesprochene reagierte nicht.

Dann verfestigte der weißhaarige Gott seinen Griff an der Klinge und stürmte auf die Anderen los.

Intermezzo des Lichts - Freyan

Intermezzo des Lichts – Freyan

 

Freyan blickte etwas ungläubig die zwei kleinen Götter an, die ihn mit großen Augen anstrahlten. Sie waren neu geborene Reine Götter, so war es seine Aufgabe, sie unter seine Fittiche zu nehmen. Doch bisher wusste er nur dass der Name des aufgeweckten Rotschopfes mit den kleinen Schwingen auf dem Rücken Arc lautete, und der etwas schüchterne, blauhaarige Junggott Xenos war.

 

Sie standen einige Zeit dort. Sahen sich einfach nur an. Bis die Kleinen sich angrinsten und beschlossen, dass es Zeit zum spielen wäre. Und Freyan unbedingt teilhaben musste.

 

Der Hochgott fragte sich, worauf er sich da eingelassen hatte. Nach einigen Spielen, deren Sinn sich ihm nicht erschlossen hatten, wollten die Junggötter dass er ihnen etwas vorlesen sollte.

So saßen sie nun auf einem gemütlichen Sessel, auf jedem seiner Oberschenkel saß einer der Junggötter und er las in einem großen Buch über die Geschichte der Götter.

Er las und las bis Arc auf einmal mit seinen kleinen Händen seine Mundwinkel nach oben zog.

„Arc was tust du da? Hör auf Freyan zu ärgern!“ schimpfte Xenos mit seiner mädchenhaften Stimme während Arc nur meinte „Aber er lächelt viel zu wenig! Deswegen muss ich ihm zeigen wie man das macht.“

 

Es sah eher beängstigend als lächelnd aus – Arc zog Freyans Lippen so hoch, dass dessen spitze Eckzähne sichtbar wurden – und doch störte es den Hochgott nicht wirklich. Das einzige was er als unangenehm empfand war, dass sein Mund langsam austrocknete.

 

Arc lies ihn los. Die fliederfarbenen, großen Augen starrten ihn an.

„Sag Freyan… warum lächelst du nie?“ Gespannt schienen die Beiden Junggötter eine Antwort zu erwarten.

Freyan schien in Gedanken. 'Warum? Darüber… habe ich nie nachgedacht…'

„Ich… fürchte ich habe wohl vergessen wie es geht.“ musste der Hochgott mit dem kurzen, tiefschwarzen Haar sich eingestehen.

Außerdem sollte es diese Junggötter nicht belasten, was einen Hochgott ausmachte.

 

Die Jahrhunderte vergingen und Freyan meinte immer eine angenehme Wärme in seiner Brust zu spüren, wenn er Xenos und Arc erblickte – sie hatten sich zu vielversprechenden jungen Göttern entwickelt – sie hörten nie auf zu lernen und ihre Fähigkeiten zu trainieren. Und doch lachten und strahlten sie ihn an, sobald sie ihn erblickten.

Inzwischen waren die Beiden auch zwischen ein bis zwei Köpfe größer als er.

 

Nicht selten neckten sie ihn damit „Ha, wir sind inzwischen schon größer als du, Freyan“

Das Einzige, was er auf diese Sticheleien nur monoton antworten konnte war „Es ist nicht schwer größer als ich zu sein.“ Und das stimmte – er ging den meisten Göttern gerade mal bis zur Brust – doch in ihm lag ungeheure Kraft. Anders als seine Erscheinung es vermuten lies, war er ein Gott des Lichts. Einzig die weiß leuchtenden Hörner aus Kristall und seine göttlichen Symbole liesen darauf schließen – denn die pechschwarzen Haare, die schwarzen Augen, in deren Mitte seine Iriden magentafarben leuchteten… umrahmt von tiefen Augenringen. Ja, das war seine Gestalt. Nicht gerade eindrucksvoll, doch ebenso wie Arc und Xenos einzigartig waren, so war es auch er.
 

Er fühlte sich mit den Beiden verbunden. Vor allem mit Xenos, der so mit seiner Gestalt zu kämpfen hatte. Er konnte seine Zweigeschlechtlichkeit nicht annehmen, anders als Arc, der seinen Kindheitsfreund sogar sehr zu lieben schien. Und so unterstützte er die Beiden wo er nur konnte. Er wollte dass die Beiden glücklich waren.

Ihre Freude gab ihm Kraft. Denn die Zeiten waren alles andere als einfach.

 

Wie aus dem Nichts war ein Feind erschienen. Erst hatte man versucht, mit diesen in Dunkelheit gehüllten Wesen friedlich zu verhandeln, doch ohne Erfolg.

Es kam zu einem Krieg. Die Wesen, die sie inzwischen die „Dunklen“ nannten, breiteten sich über die Welten wie eine Epidemie aus und unterwarfen sie. Sie verbreiteten Angst und Schrecken.

 

Und die Schöpferseelen, die nur mit Freyan in Kontakt traten, gaben ihm erneut eindeutige Befehle 'Vernichtet diese Dunkle Brut', 'Erobere die Welten zurück', 'Vernichte jede Einzelne dieser Kreaturen'

 

Doch eines Tages schienen die Schöpfer aufgebracht

Freyan machte ihnen wie immer seine Aufwartung, doch seine Gedanken waren bei den beiden Junggöttern – heute sollten auch sie das erste Mal mit in die Schlacht ziehen.

und etwas in ihm fürchtete, dass die Beiden nicht zurückkehren könnten.

 

'Du bist schwach geworden'

Freyan horchte auf. 'Ich… bin schwach… geworden?'

„Was meint ihr damit?“

Eine andere Stimme drang zu ihm vor

'Du hängst zu sehr an diesen Jünglingen'

'Trenne dich nach der Schlacht von ihnen'

'Sie sind stark genug ohne dich' mischte sich einer weitere Stimme ein.

„Wie ihr befehlt. Nun denn, entschuldigt mich. Wir treffen gerade die letzten Vorbereitungen...“

Mit diesen Worten lies er die Schöpfer einfach stehen. Sie riefen ihm erbost hinterher doch der kleine, schwarzhaarige Gott mit den weiß glühenden Hörnern reagierte gar nicht mehr.

 

„Sie… wollen sie mir wegnehmen. Jetzt… wo ich nach über 4.000 Jahren… wieder glaube etwas fühlen zu können… „

 

Es war kurz vor dem Ende der Schlacht. Freyans Pfeil hatte gerade einen der Dunklen durchbohrt, als er sah wie eine der Kreaturen aus Arc's toten Winkel angiff. Der Gott der Leere wirbelte erschrocken herum, doch als die riesigen Krallen niederfuhren war es nicht sein Fleisch das zerrissen wurde.

 

Die Krallen hatten Freyans Oberkörper regelrecht zerfetzt, Blut strömte aus den klaffenden Wunden, er spukte Blut und rang röchelnd nach Luft. Doch Freyan spürte den Schmerz gar nicht mehr. Er merkte nur noch dass Arc den letzten Dunklen mit einem Strahl aus reiner Energie vernichtete, dann fiel er neben ihm auf die Knie und riss ihn in seine Arme.

Seine Sicht verschwamm, und er konnte seinen Schützling kaum noch erkennen.

Arc schrie ihn an dass er durchhalten sollte, dass er nicht sterben dürfte – doch seine Stimme klang so weit entfernt.

 

Plötzlich war um ihn herum alles schwarz. Und dann konnte er es sehen. Ein sanftes Licht, Personen, die er schon längst vergessen hatte… sie warteten auf ihn, winkten ihm zu. Er erkannte sie wieder. Freunde. Familie.

Die, die er einst zurücklassen musste, als er zum Hochgott erwählt wurde.

Freyan erhob sich und rannte los – Lachend sprang er seinen alten Freunden in die Arme, Tränen der Erleichterung rannten über seine blassen Wangen.

 

„Ich.. bin… frei…“

 

Arc war wie versteinert. Die letzten Worte, die Freyan gesprochen hatte. Das erste und letzte Mal, dass er ihn hatte lächeln sehen. Was… machte einen Hochgott aus, dass er nur im Tod frei sein konnte? Was… hatte man Freyan angetan, dass der Tod eine Erlösung für ihn war? Weinend hielt er den blutüberströmten Körper des Anderen in den Armen, bis er sich auflöste und vollständig zum Ursprung zurückgekehrt war.
 

Zitternd kauerte er am Boden und schrie seinen Frust und seinen Schmerz des Verlustes hinaus.

Kapitel 4 - Herzen aus Eis

Kapitel 4 – Herzen aus Eis

 

Der Gott des Eises schrie auf, als Rha'Ki seinen Arm streifte und die Hitze der Flammen seine Haut verbrannte.

„Verdammt! Vater! Komm zu dir!“ schrie Ares verzweifelt auf während er versuchte seinen Vater zu hindern, sie weiterhin anzugreifen. Doch wie eine Maschine lies dieser nicht nach und stürzte sich immer wieder auf die anderen Götter. Jeder Hieb, den er einsteckte schien wirkungslos - als würde er dem Schmerz nicht länger verspüren.

 

Xenos erinnerte sich was Ares über seine Waffe erzählt hatte. Sie beschützt die die er liebt. Und die, die ihm Böses wollte verbrannte sie ohne Gnade.

Khion, oder wer immer ihn auch befehligte, schien sie wirklich töten zu wollen.

 

Khion war schnell - verdammt schnell wie Xenos feststellen musste. Er hatte große Mühe seinen Schwertstreichen auszuweichen, immer wieder fuhr die Klinge nur Millimeter an seinem Körper vorbei ins Leere.

Ares packte seinen Vater von Hinten und versuchte ihn festzuhalten – doch der Eisgott wand sich aus dem festen Griff seines Sohnes und verpasste ihm einen kräftigen Hieb in den Magen. Ares sackte in sich zusammen, doch Khion setzte bereits nach.

Da er bei weitem nicht so wendig wie Xenos war, blieb dem Halbgott nichts außer den Versuchen, die Angriffe zu parieren.

„Vater! Hör auf damit!“

Xenos, der versuchte Ares zur Hilfe zu eilen, hatte ebenfalls Schwierigkeiten den Attacken auszuweichen. Der Gott es Eises nahm es ohne Probleme mit ihnen beiden gleichzeitig auf.

 

Khion setzte gerade an um Ares seine Klinge in die Brust zu rammen, als ihn ein kräftiger Faustschlag in sein Gesicht zurückschlug.

Adamas keuchte und schrie ihren Gatten an „ES REICHT! KHION! ICH LASSE NICHT ZU DASS DU UNSEREN SOHN WEITER VERLETZT!“ Es folgte ein weiterer Schlag ihres Panzerhandschuhs in seine Magengrube. Der Gott taumelte zurück – er krümmte sich und erbrach plötzlich eine große Menge der seltsamen schwarzen Flüssigkeit, die schon die ganze Zeit aus seinem Gesicht drang.

Sein starrer Blick hastete zwischen Xenos, Ares und Adamas hin und her.

Doch im Gegensatz zu den Drei Göttern schien der andauernde Kampf ihn nicht im geringsten zu ermüden.

Als er erneut einen Angriff startete, wich Xenos geschickt aus während die Göttin des Stahls einen Stoß mit ihrem Schwertgriff konterte.

 

Keuchend sackte der weißhaarige Gott in die Knie.

Tränen standen in Adamas Augen, als sie zu ihm schritt.

„Liebster… ich bitte dich… hör auf damit!“ flehte sie und Khion sah sie an.

Fast schien es, als würde sich etwas in den Augen des Gottes regen, doch es war so schnell wieder fort wie es gekommen war.

 

„MUTTER!“

Ares schrie auf, als sein Vater sich aufbäumte und die Klinge gegen seine Frau erhob.

Seine Mutter, vor Schreck wie gelähmt konnte ihren Mann nur ungläubig anstarren.

 

„Khion. Genug. Komm zurück.“

Eine ruhige Stimme erfüllte mit einem Mal den Raum. Und als wäre dies das Einzige, das er hören würde, stoppte Khion noch in der Bewegung. Als würde er von jemand anderen gesteuert, drehte er sich um und taumelte in die Richtung des großen Tors, der letzten Barriere die die Götter von den Hallen des Heiligtums trennte.

Und die Torflügel des Heiligtums öffneten sich.

 

„Und vergiss unsere Gäste nicht.“

Khion drehte den Kopf fast schon unnatürlich nach hinten und starrte die Anderen an.

Und wartete. Der starre Blick seiner weit aufgerissenen eisblauen Augen jagte Xenos kalte Schauer über den Rücken. Doch der weißhaarige Gott schien alle Feindseligkeit abgelegt zu haben – starrend schien er auf etwas zu warten.

„Will er… dass wir ihm folgen? Was geht hier vor? Khion...“ flüsterte Adamas. Sie konnte noch immer nicht verstehen was mit ihrem geliebten Mann geschehen war. Konnte nicht glauben, dass er sie… hatte töten wollen. Doch auch keiner der anderen Anwesenden konnte verstehen, was hier vor sich ging.

 

„Diese Stimme… war das… Arc?“ Xenos war mehr als verwirrt. Konnte es wirklich sein das Arc… Khion irgendwie kontrollierte? Was war dieses schwarze Zeug? Warum hatte er sie angegriffen? Zu viele Fragen schwirrten dem Gott der Sterne durch den Kopf. Doch es würde ihn nicht weiterbringen über Dinge zu grübeln, deren Antwort er nie selbst finden konnte.

 

„Die Barriere ist offen. Lasst uns gehen.“

Ares Stimme bebte. Xenos konnte sehen wie der feurige Zorn in seinen Augen glühte. Er würde denjenigen, der seinem Vater dies angetan hatte ohne Gnade vernichten.

So schritten sie vorsichtig näher. Noch immer auf der Hut und mit gezückten Waffen traten sie näher an den Eisgott heran in Richtung des offenen Tores.

Als sie anscheinend nah genug waren, wand Khion sich ab und Schritt vor ihnen ins Innere des Heiligtums. Gerade als die Drei eingetreten waren, knallten hinter ihnen Die Türflügel in ihre Schlösser - selbst wenn sie wollten konnten sie nun nicht mehr umkehren. Sie saßen in der Falle.

 

Das Heiligtum selbst schien ein großer, runder Raum zu sein. Polierter, weißer Marmor zierte den Boden, eine Decke war nicht erkennbar. In der Mitte erhoben sich flache Stufen die zu einem Podest reichten, wo der leere Thron des Hochgottes stand. Jedoch war hinter dem Thron alles in völliger Dunkelheit gehüllt, die jegliches Licht verschluckte.

Khion schritt zielstrebig die Stufen hinauf und ging vor dem Thron in die Knie. Ergeben senkte er sein Haupt, als eine Gestalt aus den Schatten schritt.

 

Das feuerrote Haar, das Xenos überall erkennen würde. Die sanften fliederfarbenen Augen, die braungebrannte Haut, welche größtenteils von eng anliegendem, schwarzen Stoff bedeckt war. Das sanfte, helle Glühen welches von den Symbolen und den Kristallen ausging. Er reichte Khion seine Hand, welche Khion küsste, bevor Arc sich gemütlich auf seinen Weißen Thron fallen lies. Khion erhob sich und stand nun neben Arc leicht schwankend wache, doch sein starrer Blick lies nicht von den verwirrten Göttern vor ihm ab.

 

„Arc.“

Xenos schluckte. Ares hatte sich schützend vor seine Mutter gestellt, doch man konnte seine Anspannung sehen. Doch Adamas schob sich um die schützende Hand ihres Sohnes herum und ihre stahlgrauen Augen funkelten ihrem Hochgott grimmig entgegen.

„Lord Arc, was habt ihr mit meinem Gemahl getan!“ schrie sie Arc an.

Dieser lächelte nur sarkastisch als er erwiderte „Ich habe etwas… Besseres aus ihm gemacht.“

Xenos lief es eiskalt den Rücken hinab.

„Du… hast ihn 'verbessert'?! Bist du wahnsinnig?!“ Platzte es aus dem Blauhaarigen heraus.

 

Amüsiert stützte Arc sein Kinn auf seiner Hand ab „Na na na, wer wird denn gleich laut werden?“ Ein unheimliches Lachen drang aus der Kehle des Hochgottes „Seht ihn euch doch an! Absoluter Gehorsam. Keine Gnade. Der perfekte Krieger! So haben die Dunklen keinerlei Chance. Wir werden sie vernichten!“

Der Wahnsinn blitzte in Arcs Augen auf, während er aufsprang und nun auch einen Teil des Dunkels hinter sich verschwinden lies.

 

Den drei Göttern stockte der Atem als sie sahen, was dort bisher verborgen war.

Zahlreiche Götter, verschiedenster Ränge… standen dort, wie Khion. Völlig regungslos auf Befehle wartend. Allen quoll diese widerliche schwarze Flüssigkeit aus den Gesichtern und sie schienen nicht bei Sinne zu sein.

„DU BASTARD! WAS HAST DU GETAN!“ brüllte Ares seinem Hochgott entgegen.

Arc's Lächeln verschwand und sein Gesicht nahm grimmige Züge an. „Bastard? Wenn jemand ein Bastard ist, dann du.“

„Es reicht Arc! Was hast du vor?!“ mischte sich nun auch Xenos ein „Bitte hör auf mit diesem Wahnsinn!“

 

„Wahnsinn? Glaube mir mein Lieber, mein Verstand war seit Jahrhunderten nie klarer.

Mit dieser Macht versehen, kann selbst ein schwacher Halbgott Hunderte der Dunklen alleine vernichten!“ ein manisches Lachen erfüllte den Raum.

„Das einzige Problem ist, dass sie die Macht freiwillig annehmen müssen. Ich musste einiges an Überzeugungsarbeit leisten.“

„Wie bitte?“ Xenos war entsetzt. Arc wollte also alle Götter in diese willenlosen Waffen verwandeln? In dem Glauben die Dunklen so endlich besiegen zu können?

Arc setzte nach, während er auf Ares und Adamas zeigte

„Ich musste ihm nur nahelegen, das ich dieses Frauenzimmer und diese Missgeburt töten würde. Und schon hat er ohne Gegenwehr die Macht in sich aufgenommen, welche mir großzügigerweise geschenkt wurde!“

 

„ICH BRING DICH UM!!!!“ brüllte Ares heraus, als er plötzlich auf Arc losging. Sein Zorn war nicht mehr zu zügeln und er stürzte sich blindlings in den Kampf.

Arc lächelte amüsiert und auch Khions starrer Blick folgte kaum merkbar dem jungen Halbgott.

Doch mit einem Mal schien der Gott des Eises sich zu bewegen.

 

„Du hast hier nichts zu sagen. Verschwinde einfach!“ zischte Arc in Ares' Richtung.

Völlig ohne Vorwarnung lies er ein Geschoss aus reiner Energie in die Richtung des Halbgottes los – Ares riss schützend seine Arme nach oben, doch er war viel zu nah.

„ARES!“ Xenos konnte gar nicht so schnell reagieren, wie es auch schon wieder vorbei war. Wie erstarrt konnte er nur zusehen, was vor sich vor seinen Augen abspielte.

 

Arc schnaubte abfällig „Allesamt für nichts zu gebrauchen.“

Und Ares blickte auf. Denn der erwartete Schlag war ausgeblieben.

Stattdessen sah er langes, weißes Haar, welches sanft hin und her wippte. Eine kühle Hand, die liebevoll über seine Wange strich. Rotes Blut, welches aus der großen Wunde aus Khion's Rücken quoll. Das tiefrote Blut vermischte sich mit den Resten der schwarzen Substanz die zäh zu Boden tropfte.

„V… Vater?“ Ares Stimme zitterte, doch es schien als wäre Arc's Kontrolle über den Gott des Eises gebrochen. Er lächelte seinen 'Sohn' an und sprach mit schwacher Stimme

„Dir… geht es gut… das… ist das Wichtigste...“

„Vater!“ schrie Ares heraus, als Khion das Bewusstsein verlor und vornüber kippte.

Ares konnte seinen Vater gerade noch auffangen und kauerte mit ihm auf dem Boden.

 

*

 

Es war Ares Stimme, die verzweifelt versuchte durch den Nebel in Khions Kopf zu ihm durch zu dringen...

„...Ares..? bist du... verletzt?“ er strich mit der Hand über die Wange des Halbgottes.

Das Kind seiner Frau und eines Anderen. Doch nun war dies nebensächlich.

 

Ares konnte nichts dafür. Er konnte nichts für seine Herkunft oder seine Gestalt. Am Anfang mied Khion ihn, wo er nur konnte – allein der Anblick des winzigen Halbgottes schmerzte ihn. Doch irgendwann verging es. Die kleine fröhliche Gestalt die durch das Anwesen tappste, die kleinen Hände die sich jedoch nicht trauten nach ihm zu greifen.

Es war eines Tages, als Ares sicher schon die Gestalt eines 9-jährigen Menschenkindes hatte. Als Khion aus seinem Zimmer schritt, stand der kleine Halbgott verunsichert vor ihm - es schien als hatte er genau in dem Moment in dem er aus dem Zimmer schritt anklopfen wollen.

 

Die großen, bernsteinfarbenen Augen blickten ihn unsicher an und er kauerte sich etwas zusammen, als hätte er etwas Verbotenes gemacht und erwartete gerügt zu werden.

Und dann strich Khion Ares über den Kopf. Das aschblonde Haar des Jünglings war seidenweich, die kleinen Hörner würden bald groß und stark auf seinem Haupt thronen.
 

Erst von der zärtlichen Berührung überrascht schlich sich ein Lächeln auf das Gesicht des Götter-Kindes. Khions feste Stimme drang durch die Stille „Geh vor – richte deiner Mutter aus, dass ich gleich nachkomme.“

Ares nickte und rannte aufgeregt den Flur entlang.

Khions eisblaue Augen verfolgten den kleinen Wirbelwind, bis er um die Ecke bog und nicht mehr zu sehen war.

Sein Mund verzog sich zu einem Schmunzeln.

'Wer hätte gedacht dass er selbst bis in mein kaltes Herz vordringt?'

 

*

„Khion! Nein!“ Seine Mutter eilte zu Ares und übernahm seinen Platz, bettete den Kopf des Bewusstlosen auf ihrem Schoß. „Er… er lebt!“ platzte es aus ihr heraus. Tränen rannten über die Wangen der Stahlgöttin als sie ihren schwer verletzten Mann so hielt.

„Erbärmlich.“

Arc's Worte liesen Ares aufspringen. Wut flammte erneut in dem Halbgott auf und er war kaum noch in der Lage sich zurückzuhalten.

„Was hast du gesagt?!“ schrie er dem Rothaarigen entgegen.

„Erbärmlich. Er hätte als einer der Meinen leben können. Aber nein, er opfert sich lieber für einen Bastard und ein schamloses Flittchen.“

„SPRICH NICHT SO RESPEKTLOS ÜBER MEINE MUTTER UND VATER!“ Ares war außer sich vor Wut.

 

Arc lachte nur zynisch „Dein 'Vater'? Bring mich nicht zum Lachen. Das Einzige das ihr beide teilt ist eure Naivität und Dummheit!“

Dieser letzte Tropfen lies das Fass überlaufen. Ares stürmte erneut auf den Gott zu, schrie seine Wut hinaus und lies seinen Morgenstern niederschmettern. Doch ein Schild aus Licht lies seinen Angriff einfach abprallen und schleuderte den Halbgott zurück. Ungebremst wurde er über den Boden geschleudert und bremste erst, als er seine Drachenklauen in den Boden schlug. Keuchend blickte der Halbgott auf.

 

Arc stand einfach nur da. Aus seinen leuchtenden Göttermalen waren drei Flügelpaare gewachsen, die nun mächtig ihre volle Größe entfaltet hatten.

Endlich aus seiner Starre gerissen mischte sich nun auch Xenos wieder ein.

„ARC! Ich bitte dich! Hör auf mit dem Wahnsinn! Ist das wirklich der Wille der Schöpfer?!“

Seine verzweifelte Stimme erstickte regelrecht, als Arc auf einmal seinen Kopf herumriss und ihm tief in die Augen starrte.

 

Ein diabolisches Lächeln zierte Arc's Lippen. Seine Augen weit aufgerissen, konnte man sehen wie Nah die Seele des Hochgottes am Abgrund stand. Die Spannung die in der Luft lag, wurde immer stärker. „Eure Schöpfer?“ Ein manisches Lachen durchzog das Heiligtum „Diese widerlichen Kreaturen sind fort! Sie werden euch nicht erhören!“

 

„Was hat das zu bedeuten?! Arc! Sag endlich was hier vor sich geht!“ Xenos schrie ihn an – was war geschehen? Warum tat er das? Was hatte seinen einst geliebten Arc so sehr verändert?

 

Mit einem Mal hielt Arc inne und sein hysterisches Lachen verstummte. Er presste seine Hände an seinen Kopf, als würde dieser sonst zerspringen. Er begann zu sprechen. Der Wahnsinn schwang in seiner Stimme mit, als wäre er ein Teil von ihm.

„Sie haben mich zerstört. Mich ausgehöhlt. Sie haben meinen Geist zerrissen, mir meine Erinnerungen und Gefühle genommen. Also habe ich sie vernichtet!“

 

Intermezzo der Leere - Arc

Intermezzo der Leere – Arc

 

Arc kauerte in seinem Raum. Alle Tränen die er hatte, waren bereits vergossen.

„..Was habe ich getan um so ein Schicksal zu verdienen?… Xenos… hilf mir doch...“

Er vergrub sein von dem vielen Weinen gerötetes Gesicht in seinen Armen. Seine Flügel legten sich schützend um sich, wie ein Kokon.

„Ich… will dich nicht verlieren… ich liebe dich doch so sehr…“

Danach erstickte seine Stimme wieder an dem dicken Kloß, den er glaubte in seinem Hals zu spüren.

 

Freyans Tod hatte ihn sehr getroffen. Er war wie ein großer Bruder gewesen, ein Vater - seine Familie. Wäre er selbst nur vorsichtiger gewesen, würde er noch leben. Aber egal wie viele Vorwürfe er sich machen würde – es änderte nichts an der Tatsache dass Freyan, der Gott des Lichts, welcher seit fast 4.000 Jahren die Götter angeführt hatte tot war. Er war im Kampf gegen die Dunklen gefallen als er sein Leben für ihn gegeben hatte.

 

Fast noch schlimmer machte es die weitere Tatsache, dass er selbst von den Schöpfern als neues Medium erwählt worden war. Er sollte Freyans Platz übernehmen und die Schar der Götter anführen. Es spielte keine Rolle das er dies nicht wollte – er hatte keine Wahl.

Er hörte bereits die Stimmen der Schöpferseelen in seinem Kopf. Wie ein leises Flüstern das immer da war und ihn nie ruhen lies. Stimmen, die ihm befahlen sein bisheriges Leben hinter sich zu lassen, sich von seinen Freunden loszusagen um frei zu sein um das neue Medium zu werden. Warum sollte er alles aufgeben was er hatte? Warum sollte er den Dingen entsagen die ihm Kraft und Halt gaben? Er verstand es nicht.

 

Er wollte nicht. Wollte sein Leben nicht aufgeben um der Diener irgendwelcher körperlosen Seelen zu werden. Besonders Xenos wollte er nicht verlieren – den Gott, den er so sehr liebte. Doch ihm blieb keine Wahl. Auch wenn er fortrennen würde, wäre es zwecklos. Die Stimmen würden ihn finden und ihm ihren Willen unterwerfen. Er konnte nicht entkommen „Was… soll ich nur tun…?“

 

Er wollte mit Xenos darüber sprechen, doch die Stimmen liesen nicht zu das auch nur eines der Worte, das er ihm anvertrauen wollte, über seine Lippen ging. Der Gott der Sterne glaubte, dass er ihn einfach fallen lies. Das all das, was sie verbunden hatte nur gespielt war. Er wollte ihn in die Arme schließen, ihm sagen dass es nicht so war! Doch als würde ihn eine unbekannte Macht zurückhalten, blieb er still. Tat gar nichts. Außer seinen Geliebten genau damit so sehr zu verletzen.

Xenos war außer sich, Tränen standen in den Augen des Sternengottes. Er wollte nicht verstehen, dass sie nicht mehr zusammen sein konnten, wenn Arc erst zum Hochgott erhoben würde. Er schrie, dass Arc doch nur einen Grund suchte ihn fallen zu lassen – und Arc versetzte es Stiche ins Herz, als hätte man ihm einen Dolch durch seine Brust gestoßen. Er wollte Xenos nicht verlieren. Er wollte mit ihm für immer zusammen sein. Doch es war ihm nicht vergönnt.

 

Xenos schrie ihn noch weiter an, versuchte seinen eigenen Schmerz über ihre Trennung hinauszuschreien. Doch Arc reagierte nicht mehr. Zu sehr schmerzte es ihn, Xenos so gebrochen zu sehen. Das er den Gott, den er mehr liebte als sein eigenes Leben so verletzt zu haben.

Er verfluchte sich, sein Schicksal und seine eigenen Schöpfer.

Er blieb alleine zurück, nachdem Xenos weinend davongerannt war.

Aber was konnte er tun? Am Ende konnte er sich nicht gegen den Willen seiner Schöpfer stellen. Bereits jetzt war er nicht mehr als eine Marionette die an unsichtbaren Fäden gezogen wurde.

 

Und so kam der Tag der Erhebung. Die Hohen Götter beglückwünschten Arc, als er zum Heiligtum schritt. Für ihn selbst fühlte es sich an, als ginge er zu seiner eigenen Hinrichtung. Wohin er auch in die Mengen blickte, Xenos war nicht zu sehen. Es schmerzte ihn, doch er hatte keine Tränen mehr die er vergießen konnte.

'Das hier… ist schlimmer als der Tod.' Es war der einzige Gedanke der annähernd das ausdrückte, was er im Moment fühlte.

 

Und dann trat er ins Heiligtum ein. Die Tore schlossen sich, und der ganze Raum war in Schwärze getaucht. Angst breitete sich in seinem Herzen aus, doch es gab kein zurück mehr – er fühlte sich wie ein Tier in der Falle, wartend auf seinen Tod.

Mit einem Mal erschienen unzählige Gestalten aus strahlendem Licht. Sie standen um ihn im Kreis, sich bewegende Schemen die entfernt an die Form von Göttern oder menschlichen Wesen erinnerten.

 

'Nun lasst uns beginnen' hörte Arc eine leise Stimme sagen.

 

Und dann war nur noch Schmerz.

Es waren Krallen, die an seinem Geist zerrten, die versuchten seine Seele auseinander zu reißen. Stück für Stück entrissen sie ihm einen Teil seiner Selbst.

Unter Qualen schreiend brach Arc zusammen, wand sich wie ein sterbendes Tier am Boden. Blutige Tränen traten aus seinen Augen, er glaubte das sein Herz zerbersten würde, denn es schlug so laut und stark das es schmerzte.

 

'Wehr dich nicht'

'Diese Erinnerung brauchst du nicht'

'Unwichtig'

'Überflüssig'

Die Schöpfer zerrten an seinem Geist und entrissen ihm alles, das sie für unnötig erachteten. Sie wollten sich ihr perfektes Medium schaffen.

 

Blut tropfte von seinen aufgebissenen Lippen und seine Hände, die er so verkrampft an seinem Kopf presste, zuckten immer wieder und rissen sich Strähnen seiner feuerroten Haare aus.

 

'Du gehörst jetzt uns'

 

„NEIN!!!“ schrie Arc verzweifelt auf. Sein Widerstand verstärkte die Schmerzen nur noch – sein Geist glich einem Stück Fleisch, dass von einer Meute ausgehungerter Wölfe zerfleischt wurde.

„ICH GEHÖR… NUR MIR!!!“

 

'Warum machst du es dir unnötig schwer'

'Lass einfach los'

 

In seinen Gedanken erschien Xenos vor seinem geistigen Auge. Er lächelte ihn an.

„Xenos… Hilf mir…!“

 

'Er klammert zu sehr'

'Wie schwach'

„..ich … verliere mich...“

'Du musst deine Gefühle aufgeben'

„Ich... will das nicht!!“ brüllte Arc hinaus.

'Das ist nicht von Bedeutung'

„Raus aus meinem Kopf!“ schrie der Gott der Leere den Lichtgestalten mit letzter Kraft entgegen.

 

Und mit einem Mal war der Schmerz fort. Arc atmete schwer und krümmte sich noch immer am Boden. War es etwa der Grund warum Freyan nie gelacht hatte? Nicht lachen konnte? Weil es ihm wie jedes andere Gefühl einfach geraubt worden war? Einfach aus ihm herausgerissen, als unwichtig empfunden und weggeworfen worden war? War ein Hochgott nicht mehr als eine leere, gefühllose Marionette welche sich ihre 'Schöpfer' zurecht geschnitzt hatten?

 

'Etwas stört'

'Er hält zu sehr fest'

'Hält er dieses lächerliche Gefühl etwa für so wichtig'

'Liebe ist nicht von Bedeutung'

 

Arc horchte auf. In seinem Geist waren so viele weiße, leere Stellen an denen einst Gefühle und Erinnerungen waren, die ihm nun entrissen worden waren. Aber noch war er er selbst, zumindest das, was von ihm übrig war.

Stärker als je zuvor bäumte sich sein Wille gegen sein 'Schicksal' auf.

 

Das Einzige, das noch vollkommen unberührt in seinem Geist war, war die Erinnerung an Xenos. Seine Liebe war so stark, dass selbst die Schöpfer es bisher nicht geschafft hatten, etwas davon loszureißen.

 

'Es ist dieser andere Gott'

'Er stört'

'Was sollen wir dagegen tun'

'Wie egoistisch'

'Wie schwach'

'Er war sowieso nur ein Fehlschlag'

'Er muss verschwinden'

Die Schöpferseelen diskutierten eifrig darüber, wie sie ihr neues Medium so schnell wie möglich erhalten konnten.

 

'Töte ihn'

 

„Was?“ Arc war entsetzt über das, was die Seelen planten.

 

'Töte ihn, dann bist du frei'

 

„Nein, ihr könnt mich das nicht zwingen“

Erneut dröhnte der heftige Schmerz in seinem Kopf. Arc biss so sehr seine Zähne zusammen, dass diese begannen unter dem Druck zu knirschen.

'Du wirst dich unserem Willen beugen'

'Wir beherrschen dich'

„Nein! Nicht ihn... nehmt von mir aus alles andere, aber nehmt ihn mir nicht weg!!“ flehte Arc, doch die Schöpfer hörten ihn nicht an.

 

'Er hindert dich'

'Er macht dich schwach'

 

Arc sah erneut Xenos lächelndes Gesicht vor seinem geistigen Auge, der langhaarige Gott gab ihm einen Kuss auf die Stirn, sein Blick war voller Wärme und Liebe. Arc konnte ihn regelrecht sagen hören: „Ich glaube an dich. Befreie dich.“

 

„Ich.... ich will ich selbst bleiben... und… ICH WILL DICH NICHT VERLIEREN VERDAMMT!

TÖTET MICH EINFACH IHR BASTARDE! “

 

Und die Schmerzen wurden stärker – dröhnender und intensiver als zuvor. Unter Qualen wand sich Arc erneut wie ein sterbendes Tier am Boden, doch er konnte dem Schmerz nicht entkommen.

 

'Ist das dein Wunsch' fragte eine der Seelen.

'Leider brauchen wir dich' antwortete eine eine andere abschätzig.

'Nur du bist mächtig genug'

'Wenn auch völlig ungeeignet'

'Aber gut'

'Dann müssen wir es jemand anderen übertragen'

'Der Andere muss verschwinden'

'Der Gott der Sterne muss sterben'

'Vernichtet ihn'

 

„SCHWEIGT!“

Arc bäumte sich auf und schrie die Kreaturen um ihn herum an

„WAGT ES NICHT IHN AUCH NUR ZU BERÜHREN!“

Und er erhob sich. Voller Zorn breitete er seine Schwingen aus und griff die Gestalten aus Licht an. Der Schmerz der so übermächtig war lähmte ihn nicht länger. Er schlug einen Energieball auf eine der Schemen, welche kreischend zerplatzte. Die anderen der Kreaturen schienen vor Entsetzen regelrecht gelähmt.

 

'Wie kannst du es wagen'

'Weist du was du getan hast'

'Du minderwertige Kreatur'

 

Doch Arc hörte den Wesen nicht länger zu – der Schmerz verlieh ihm neue Kräfte – und er schlachtete eine Lichtgestalt nach der anderen ab. Er riss sie auseinander, so wie sie es mit seinem Geist getan hatten. Sein Geist gierte nur noch nach Rache, und er setzte alles drauf jeden seiner 'Schöpfer' niederzustrecken.

Doch die blinde Wut schwächte seine Deckung und immer wieder wurde ihm ein Teil seines Selbst entrissen.

Die letzte Gestalt die sich ihm entgegen stellte riss mit ihrem letzten Hieb den letzten ungeschützten Teil aus seinen Gefühlen heraus, bevor sie sich kreischend auflöste. Arc wurde schwarz vor Augen und er verlor das Bewusstsein.

 

Keiner war Zeuge, als eine seltsame kleine Kreatur immer näher schritt.

Ihre Gestalt ähnelte einem Menschenkind. Ihr tiefschwarzes langes Haar umspielte ihr kindliches Gesicht, als sie direkt vor Arc stand ging sie in die Hocke und streichelte sanft über das feuerrote Haar.

 

Als er wieder zu Sinnen kam, saß er in völliger Dunkelheit. Nur das stetige Glühen seiner Kristalle und Göttersymbole spendete Licht – doch es war nichts da, was hätte erhellt werden können.

Sein Geist war so weiß wie eine unberührte Leinwand. Er fühlte sich so leer – es gab nichts, das ihn antrieb. Nichts, das er fühlte.

 

Sein Körper war übersät von Schrammen und Wunden doch er spürte keinen Schmerz. Die Flügel, die ihn einst hatten tragen konnten hingen schlaff zu Boden, gerupft und blutverschmiert wie die eines toten Vogels.

Seine Erinnerungen waren verschwommen und kaum mehr als ein Flüstern kam über seine aufgeplatzten Lippen.

„… was habe ich getan?“

Er spürte dass er anders war. Nach und nach kamen auch die Erinnerung der letzten Ereignisse wieder. Er hatte die Schöpferseelen vernichtet und ihre Macht in sich aufgenommen. Sie wollten ihn aushöhlen, ihn zu einer Marionette ihres Willens machen.

 

Sie wollten Xenos töten... Xenos, den er... ja... warum hing er eigentlich so an diesem Gott? Er konnte sich nicht erinnern, warum ihm dieser Gott so wichtig war.

Er spürte noch ein seltsames Verlangen in sich, doch er wusste nicht, was es ihm sagen wollte.

 

Auf einmal lies die sanfte Stimme es Mädchens Arc aufhorchen.

 

„Da hast du ganz schön gewütet, junger Gott. Was meinst du werden die anderen machen, wenn sie das herausfinden? Du hast schließlich deine eigenen Schöpfer getötet und verschlungen. Ich glaube eine Erhebung sieht sonst anders aus“

„Wer bist du?“ Arc's Kopf fühlte sich so leer an. Es fehlte einfach so viel.

„Ich habe keinen Namen – aber ich kann dir helfen“

„Mir helfen? Wie... ich bin.. nur noch ein Schatten meiner selbst. Ich bin nicht komplett.“

Die fremde Stimme nahm nun vor ihm Gestalt an - ein kleines Mädchen, mit langen, schwarzen Haaren und einem luftigen roten Kleidchen ging vor ihm in die Hocke. Während sie mit ihrer kleinen, fast schneeweißen Hand über seine Wange strich, ruhten ihre blutroten Augen sanft auf ihm.

 

„Dann lass mich dir helfen – vielleicht kann ich die Lücken wieder füllen... wenn du versprichst mir dafür auch zu helfen“

 

Arcs emotionsloser Blick hob sich und blickte dem fremden Mädchen tief in die Augen „Was soll ich tun?“

Das Mädchen lachte leise „Ach ich will mich nur an meinen Brüdern und Schwestern rächen... sie haben mich immer verspottet... weil ich so schwach war.“

Früher hätte sich nun sicher Mitgefühl in Arcs Blick gespiegelt, doch nun war es einfach so teilnahmslos wie zuvor.

„Und dafür hilft du mir, mich wieder vollständig zu machen?“

„Ja, ich werde alles tun, was ich kann“

„Dann.... haben wir einen Pakt.“

 

Das Mädchen lächelte, ehe es sich in Nebel auflöste und sich von Arcs geschundenem Körper aufnehmen lies.

Arc fühlte, ja er spürte regelrecht wie die leeren Flecken in seinem Geist verschwanden. Einige Stellen fühlten sich zwar nicht ganz richtig an - er hatte das Gefühl es war vorher anders... aber er war zufrieden wie es jetzt war. Er war wieder mehr 'Er' als zuvor.

 

Er stand auf, streckte sich bis in die letzte Feder seiner Schwingen und atmete tief durch.

Seine Wunden waren verheilt. Mit erhobenen Haupt stand er dort, seine mächtigen Flügel konnten es kaum erwarten ihn wieder zu tragen.

 

'Und fühlst du dich wieder besser?' fragte sie sanfte Stimme in seinem Kopf.

„Ja... ich danke dir... aber irgendetwas scheint trotzdem zu fehlen...“

'Was? Ich habe alles gefüllt so gut ich konnte.. hmmm... du kannst echt froh sein dass ich dich gefunden habe. Du warst ja völlig kaputt. Tolle 'Schöpfer' hattet ihr da, und da sagen alle immer wir sind die Bö- … ups! Vergiss dass einfach mein Arc. Auf jeden Fall brauchen wir einen Plan. Deinesgleichen wird nicht erfreut sein, wenn sie merken dass du eure Schöpfer getötet hast – auch wenn sie nicht wissen wie sie wirklich drauf waren.“

 

Das Mädchen verstummte kurz „Außerdem musst du erst mehr Macht sammeln, bevor ich mich an meiner Familie rächen kann“

Arc lächelte. Rache. Ja, das klang nach einem Anfang. Er selbst wollte nur zu gern jeden restlichen Einfluss seiner alten Herrscher ausmerzen. Sie hatten ihn zerstört. Ihm alles genommen, selbst die Erinnerung daran. Er wusste nicht wie viele es von Ihnen vielleicht noch gab. Aber er würde sie finden. Egal in welchen Welten sie sich auch verkriechen würden.

„Ich spiele einfach ihren Hochgott. Keiner wird mein Wort in Frage stellen. Ich habe sowieso die Vermutung dass deine 'Familie' nicht erfreut über unser Bündnis sein wird. Und sie werden versuchen es zu zerstören. Uns zu zerstören.“

Er spürte etwas wie Angst in seinem Herzen – aber dieser Teil gehörte nicht ihm, er gehörte...
 

„Wie lautet dein Name?“ Die Stimme des Mädchens schien verstummt, doch dann antwortete sie Arc kleinlaut '… Ich habe keinen Namen…'

Der Gott der Leere war erstaunt – Niemand hatte ihr je einen Namen gegeben? Er spürte wie verunsichert der Geist des jungen Mädchens war.

 

„Shereena“

 

'Was?'

„Ich dachte das wäre vielleicht ein schöner Name für dich. Er bedeutet 'Die, die vor dem Bösen beschützt wird'. Ich werde dich beschützen – ich werde dein Schwert sein.“

 

Das Mädchen in seinem Kopf verstummte kurz.

'Mein Name... ja... das klingt gut.'

Sie klang etwas verlegen 'Ich glaube euresgleichen sagt in diesem Fall 'Danke'.'

Hörbar zufrieden kicherte sie kindlich.

'Aber lass uns mal von hier verschwinden – ich will deine Welt sehen. Hier ist es wirklich deprimierend... und überall stinkt es nach diesen widerlichen Schöpfern…'

 

Arc teleportierte sich. Er stand auf einem Hügel, unweit vom Weißen Palast entfernt. Eine warme Brise strich über seine Haut, das grüne Gras umspielte seine Zehen. Wieder zu neuer Kraft erlangt, sah er so makellos aus wie immer – und einem Blick so erhaben, wie sich die anderen einen neuen Hochgott vorstellten.

Doch dann zog etwas seine Aufmerksamkeit auf sich – ein junger Gott.. oder eine war es eine Göttin? Er konnte es nicht richtig deuten – rannte auf ihn zu.

 

„Arc!“

 

Wie von selbst kam der Name „Xenos“ über seine Lippen - wie ein Flüstern, welches sofort vom Wind davongetragen wurde

'Kennst du ihn?' hakte Shereena neugierig nach.

'Ich weiß es nicht – irgendetwas in mir... sagt mir dass er mir sehr wichtig war. Aber es fehlt. Und ich weiß nicht was es war…'

Arc wurde aus seinem inneren Gespräch mit Shereena gerissen, als Xenos ihn außer Atem erreichte.

 

Seine tiefe Stimme keuchte ihm noch immer nach Luft ringend entgegen „Ich dachte du wärst bei der Erhebung?? Ich habe dich gesucht! Ich.. Ich muss mich bei dir entschuldigen! Ich habe das alles nicht so gemeint!“ Tränen rannen aus seinen wunderschönen gelb-schwarzen Augen, der Blick schuldig zu Boden gerichtet.

 

'Zu dumm dass du gerade keine Ahnung hast, wovon er eigentlich redet. Da haben sie gute Arbeit geleistet, deinen Geist und Erinnerungen zu zerstören' kommentierte Shereena leicht betreten. Scheinbar war sie etwas niedergeschlagen, weil sie nicht so viel wieder herstellen konnte, wie sie gehofft hatte.

„Xenos...“ Arc strich mit der Hand über die Wange des anderen Gottes, hob sanft dessen Kinn an, um ihn in die Augen zu sehen.

'Warum schnürt es mich so zusammen, ihn so zu sehen?'

Doch als Arc Xenos so in die Augen starrte, merkte er dass sich der Blick des anderen Gottes veränderte.

Verzweiflung schlich sich in seine klaren Augen, Angst lag in seiner Stimme.

„Was haben sie dir angetan?“ flüsterten seine Lippen, von denen Arc seinen Blick nicht abwenden konnte.

 

'Denk an deinen Plan – du bist ein Hochgott. Du stehst über ihnen. Über ihm. Über allem.' erinnerte ihn die Mädchenstimme in seinem Kopf.

Arc schluckte den den Kloß, den er meinte in seinem Hals zu spüren hinunter und erwiderte nur

„Was auch immer uns beide verband ist nicht länger von Bedeutung. Widme dich wieder deinen Pflichten. Ich… habe wichtige Dinge zu tun.“

mit diesen kalten Worten lies er Xenos' Kinn los, welcher nun unter Tränen zusammenbrach. Arc wand sich ab, und schritt unbeirrt in seinen Palast. Verschiedene Götter stürmten auf ihn zu, zeigten ihm den Respekt der ihm gebührte.

 

Ja... er würde das Spiel mitspielen. Doch zuerst brauchte er mehr Informationen. Und vor allem eines. Mehr Macht.

Kapitel 5 - Neue Pfade

Kapitel 5 - Neue Pfade

 

 

„Sie vernichtet? Was… was hat das zu bedeuten?“ Ares Stimme war aufgebracht, als er sich auf die Beine kämpfte, Adamas kniete noch immer bei ihrem verwundeten Mann - sie versuchte schluchzend, die tiefe Wunde notdürftig zu versorgen – Khion selbst schien nicht bei Bewusstsein zu sein.

Xenos stand nur dort – die Erkenntnis hatte ihn wie ein Schlag getroffen. Das war also damals geschehen? So vieles ergab auf einmal Sinn - Arc wurde seiner Gefühle und Erinnerungen beraubt. Deswegen hatte er ihn… damals nicht einmal mehr erkannt. Deswegen war er so kalt. Nicht weil er ihn gehasst hatte oder zornig auf ihn gewesen war. Weil die Liebe, genau wie jedes andere Gefühl ihm entrissen worden war.

 

„Sie wollten ein perfektes Medium – und wer keine Gefühle besitzt kann sich nicht widersetzen. Hast du dich nie gewundert warum Freyan nie gelächelt hat?! Er konnte es nicht! Ihm wurde genauso alles genommen wie mir! Erst im Tod konnte er frei sein!“

 

Man konnte die Anspannung die in der Luft lag fast greifen. Der Hochgott stand wirklich am Rande des Wahnsinns.

„Ich habe sie vernichtet. Und ich habe geschworen alle von ihnen zu jagen und niederzustrecken – egal wo in den Welten sie sich wie Ratten verkriechen! Sie hatten keine Gnade für mich, also werden sie auch keine erfahren!“ sprach der Gott der Leere voll blindem Zorn weiter. Nichts schien sein Herz noch zu berühren, außer der unstillbare Durst nach Rache. Und erneut schmerzte es Xenos, seinen einstigen Freund und Geliebten so zu sehen. Doch er wusste nicht, wie er Arc helfen konnte. Ob er ihm überhaupt noch helfen konnte.

Arc fletschte die Zähne und brüllte voller Hass in die Richtung der anderen Götter

„Ich wollte nie ein Hochgott sein! Ich wollte... nur ein normales Leben! Doch sie haben mir alles genommen! Sie haben mich zerrissen und zerstört bis nichts mehr von mir übrig war! Ohne… ohne Shereena wäre nichts von 'mir' übrig!“

 

Xenos horchte auf „Shereena?“ Er hatte diesen Namen noch nie zuvor gehört.

 

Arc lächelte. „Die Einzige die mir geholfen hat. Die Einzige mir beistand. Ich werde alles tun, um ihre Wünsche zu erfüllen. Ich bin ihr Schwert.“

Ares blickte verunsichert zu dem Gott der Sterne „Xenos… was geht hier vor?!“ Doch der ältere Gott hatte keine Antwort für seinen Gefährten. Zu viele Gedanken rangen in seinem Kopf, als das er einen Klaren hätte fassen können.

 

Auf einmal schlangen sich wie aus dem Nichts zwei zarte Arme um Arc's Nacken und eine Gestalt trat aus dem Schatten des Hochgottes. Sie gehörte einer jungen Frau - auf den ersten Blick wirkte sie so zerbrechlich und unschuldig. Doch in ihren blutroten Augen spiegelte sich der Hass und der Blutdurst, während ihr Gesicht von ihrem langen, schwarzen Haar umrahmt wurde.

Eine verführerische Stimme durchzog die Stille.

„Shh… mein liebster Arc… sie verstehen dich nicht. Sie werden es nie verstehen. Dein Leid, deine Angst…deine Qualen… dein Schicksal dass dir zu unrecht auferlegt wurde.“

Arc schien sich durch ihre Worte zu beruhigen – sein Gesicht entspannte sich und seine Atmung normalisierte sich. Als wäre das Feuer seines Zornes einfach erloschen, begann er sanft zu antworten.

„Verzeih mir… ich… habe mich getäuscht. Ich dachte sie könnten es verstehen, meine Liebe...“ Arc sprach mit der Frau, als ständen sich die Beiden unglaublich nahe.

 

Xenos Brust zog sich zusammen - es machte ihn wütend diese Fremde so an Arc hängen zu sehen, zu sehen wie sehr sie ihn scheinbar beeinflusste und kontrollierte.

„Wer zum Teufel bist du? Du bist keine Göttin oder?!“ zischte der Sternengott ihr entgegen.

Die junge Frau zischte abfällig und lies Arc los. Sie ging einige Schritte in Xenos' Richtung und stelle sich herausfordernd vor den Hochgott. Ein dämonisches Lächeln umspielte ihre rot geschminkten Lippen.

„Nein. Ich bin keine von euch armseligen Kreaturen. Ich bin eine, die ihr die Dunklen nennt. Und ich werde nicht ruhen, bis ich nicht meine Rache an meiner Familie vollendet habe. Ich werde sie vernichten… jeden Einzelnen!“

Während sie sprach, sickerte die Dunkelheit aus dem Boden – die Götter erkannten die Flüssigkeit wieder, denn es war die Selbe die zuvor auch aus dem Gott des Eises getreten war. Als wäre sie lebendig, schlang die flüssige Masse sich um Shereenas Körper und die Dunkle fauchte den Göttern entgegen.

„Ihr seid mir und Arc im Weg! Daher werdet ihr das gleiche Schicksal teilen!“ Sie zischte abfällig in die Richtung der anderen Götter welche das, was gerade geschah noch nicht begreifen konnten.

 

Ares überlies seinen Vater in der Obhut seiner Mutter und eilte an Xenos' Seite. Er umklammerte fest die Kette seines flammenden Morgensternes. Rha'Ki`s Flammen brannten so heiß und stark wie nie zuvor – doch das Feuer richtete sich gegen die Beiden, die vor dem Thron standen. Xenos schützende Kampfmaske materialisierte sich, während eine Lichtkugel erschien und in seiner rechten Hand eine Klinge formte.

„Ich werde nicht zulassen, das ihr alles vernichtet was mir lieb und teuer ist! Ich werde nicht kampflos aufgeben!“ Ares Stimme wirkte gefasst, doch Xenos sah, dass der Jüngere zitterte.

Ihre Chancen standen mehr als schlecht. Ein Gott und ein Halbgott gegen den Hochgott, der selbst die Schöpfer vernichtet hatte und eine Dunkle, deren Macht unbekannt war.

 

„Scheiße.“

Ares blickte Xenos überrascht an – diesem war erst jetzt bewusst dass er seinen Gedanken laut ausgesprochen hatte.

„Äh….“ Dem Gott der Sterne war diese Situation deutlich unangenehm. Er hätte etwas Motivierenderes als 'Scheiße' sagen können. Irgendetwas Aufbauendes. Oder einfach irgendetwas Anderes!

 

Doch Ares erleichtertes Lachen riss ihn aus seinen Gedanken.

„Genau das liebe ich so an dir. Immer so optimistisch.“

Xenos lachte still in sich hinein. Ihm wurde wieder bewusst, dass Ares ihn so akzeptierte wie er war – nicht so wie er sein sollte. Solange er den blonden Halbgott hatte, war er nicht mehr allein. „Dann lass uns loslegen mein Lieber, bevor ich es mir anders überlege.“

 

Und so begann es. Ares wirbelte in Arc's Richtung, doch dieser wich geschickt den Hieben des Halbgottes aus. Xenos versuchte Shereena in Schach zu halten, doch er wurde immer wieder von der Dunkelheit getroffen, die sie kontrollierte. Die Hiebe trafen ihn hart und es fühlte sich an, als würden seine Muskeln von seinen Knochen gepellt werden. Doch im Glauben zu gewinnen wurde die Dunkle unachtsam – und Xenos fand eine Lücke in ihrer Verteidigung. Er holte aus und stach zu.

 

Ein erstickter Schrei hallte wider.

„SHEREENA!“ Arc brüllte ihren Namen, während er Ares von sich schleuderte. Dieser prallte ungebremst an die Wand, welche bröckelnd über ihm nachgab. Die Kette seines Morgensternes war aus seiner Hand gerissen und die feurige Waffe lag nun außerhalb der Reichweite des Halbgottes. Mühsam rappelte sich der junge Krieger auf und schüttelte den Schutt von seinem Körper, der unter Schmerzen auf ächzte.

Und dann sah er es.
 

Xenos hatte der Dunklen die Klinge durch ihren Unterleib gerammt – sie versuchte sich zu befreien, doch der blauhaarige Gott der Sterne gab nicht nach.

Doch er war so auf die Dunkle konzentriert, das er den Angriff nicht kommen sah.

Ein riesiger Ball aus purer Energie traf ihn in seine Seite und schleuderte ihn quer durch den Raum. Blut spritzte und formte eine Spur, welche sich bis zu Xenos regungslosen Körper zog. Überall lagen Splitter der Kristalle, die einst ein Teil des Gottes der Sterne waren. Regungslos lag der Gott am Boden während seine göttlichen Male nur noch schwach glühten. Fassungslos starrte Ares auf Xenos Körper der sich nicht mehr rührte, doch er riss sich aus seiner Starre und sprang erneut auf.

 

Arc eilte derweil zu Shereena – und als er sah wie schlecht es um seine Gefährtin stand, ging auch der letzte Rest seines Verstandes in die Brüche.

Er schrie den Schmerz den er verspürte aus sich heraus, während er sich auf Xenos stürzen wollte, der noch immer nicht bei Bewusstsein schien.

 

Ares stürzte nach vorn und bekam noch einen der Flügel des Hochgottes zu packen, riss deren Träger zurück und schleuderte ihn fort. Das Geräusch von reißenden Muskeln und splitternden Knochen kam ihm noch lauter vor als der schmerzerfüllte Schrei des rothaarigen Gottes. Arc wurde über den Boden geschleudert und riss dabei eine Furche in das harte Gestein.

Den ausgerissenen Flügel zu Boden werfend, rang Ares nach Atem – er wusste nicht, ob er genug Kraft haben würde, noch viel länger gegen Arc zu bestehen. Der Hochgott war einfach viel zu mächtig, als das ein Halbgott gegen ihn bestehen könnte.

Doch als Arc versuchte sich erneut zu erheben erblickte Ares etwas, das er nicht vermutet hatte.

 

Als wäre der rothaarige Gott nur eine Puppe aus Porzellan, überzogen Risse sein Gesicht und seinen Körper. An manchen Stellen brachen Stellen heraus, wie Scherben eines kaputten Spiegels – und im Inneren war… einfach nichts. Nur die Dunkelheit, die jegliches Licht verschluckte. Arc schrie – er breitete seine verbleibenden Flügel aus und sammelte Energie. Arc setzte all seine verbleibende Macht in diesen letzten Schlag.

Ares steckte in der Klemme - Rha'Ki war außerhalb seiner Reichweite, er würde ihn nicht rechtzeitig erreichen – außerdem würde er Xenos schutzlos zurücklassen. Doch würde er einen frontalen Angriff mit bloßen Händen abwehren können? Wahrscheinlich nicht.

„ARES!“ die ihm wohlbekannte Stimme seiner Mutter durchriss jäh seine Gedanken.

Er wirbelte herum und fing instinktiv die Waffe, die Adamas ihm zugeworfen hatte – ihr riesiges Schwert.

 

Er hörte nur noch, wie Arc vor Zorn brüllend seine Energie entlud – Ares legte seine ganze Kraft in den Schwerthieb der das Energiegeschoss konterte – ein Teil der Energie wurde auf den Hochgott zurückgeworfen, welcher zurückgeworfen wurde. Doch die Restliche Energie bohrte sich in Ares Körper wie Pfeile – doch er stemmte sich dagegen und glaubte dass seine Muskeln unter der Anstrengung rissen, doch sein Körper hielt stand.

Er schaffte es den Angriff des Hochgottes abzuwehren, doch schließlich war auch er am Ende seiner Kräfte. Die Belastung, unter der Ares Körper stand forderte seinen Tribut. Seine Muskeln gaben unter der Überbelastung nach und er glaubte sich übergeben zu müssen. Er war mit seiner Kraft am Ende und doch bewegte sich Arc noch immer – auch wenn er selbst auch am Ende war.

Ares' sammelte seine letzte Kraft, die nur noch einen Schwerthieb zulassen würde – und dieser musste die Entscheidung über alles bringen.

Von Schnittwunden übersät stützte er sich schwer atmend auf die Klinge – während er auf den am Boden kauernden Hochgott zuschritt.

 

„Nein!… Ich… ich kann nicht verlieren…! E...r…. ist nur ein… Halbgott…!!!“ fluchte Arc, während er versuchte sich aufzurappeln. Doch sein Körper splitterte immer mehr und gab immer wieder unter ihm nach. Seine verbleibenden Flügel waren zerfetzt und gebrochen - sie konnten ihn nicht länger tragen. Entsetzt blickte er in die bernsteinfarbenen, zornigen Augen die ihn fixierten.

„Du… hast genug Unheil über uns gebracht…!“

Und Ares holte zum alles entscheidenden Hieb aus.

 

Doch die Klinge stoppte. Blut tropfte.

Arc riss den Kopf nach oben, als er erkannte was gerade geschah.

Es war Shereena – sie hatte die Klinge mit ihren bloßen Händen gestoppt. Dunkelrotes, fast schwarzes Blut rannte ihre Handflächen und Unterarme hinab – doch was dann geschah lies allen den Atem stocken.

Sie weinte. Tränen, klar wie Kristall wanderten ihre Wangen hinab. Sie zitterte und biss sich auf ihre inzwischen blutigen Lippen. Die Dunkle weinte. Blut sickerte dickflüssig stetig aus ihrer Stichwunde im Unterleib. Jeder konnte sehen, dass sie ihre letzte Kraft aufbrachte Arc zu beschützen. Dass sie versuchte den Todesstoß abzuwenden. Sie, eine der Dunklen beschützte einen Gott.

 

Und dann schrie sie den anderen Göttern mit zitternder Stimme entgegen.

„Hört auf! Tut… tut ihm nicht noch mehr weh!“

Ares erstarrte, doch er lies die Klinge nicht los.

Arc wollte aufstehen und an Shereenas Seite eilen, doch seine Beine konnten den Körper nicht mehr tragen, seine Flügel waren zerschmettert. Er versuchte über den Boden zu kriechen, doch selbst dazu fehlte ihm die Kraft. Blut lief aus seinen Augen und Nase. Er war am Ende und doch krächzte er voller Verzweiflung ihren Namen „Sh…. Shereena!“

 

„Ihr und eure verdammten Schöpfer habt ihm schon genug angetan! Es… es ist ohne mich doch sowieso schon nichts mehr von ihm übrig!“

Die Wut die in ihrer Stimme bebte, trieb noch mehr Tränen aus ihren blutroten Augen.

„Was hat er euch getan, dass er so leiden muss! Ihr habt ihm alles genommen!“

schluchzend lies sie ihren Kopf hängen, doch ihre Hände umklammerten die Klinge nur noch stärker. Der Druck des Schwertes lies den Boden unter ihren Füßen aufbrechen, sie wurde in die Knie gezwängt und doch gab sie nicht nach.

 

Keiner der Beiden bemerkte, dass sich unweit von ihnen etwas regte. Xenos kam wieder zu Bewusstsein und blickte verwirrt umher. Als er Ares und Shereena sah wollte zu ihnen eilen und dies sinnlose Blutvergießen endlich aufhalten, doch Adamas hielt ihn an seinem Arm zurück. Gerade als er sie anschreien wollte, das sie ihn loslassen sollte blickte er nur in ihr trauriges Gesicht. Sie schüttelte den Kopf und ihre silbernen Haarsträhnen folgten der Bewegung. Es war vorbei.

 

Denn Ares lies von Shereena ab. Er lies die Klinge seiner Mutter sinken und schien in Gedanken. Er starrte die Dunkle vor ihm an, seine bernsteinfarbenen Augen zeigten… etwas wie Mitgefühl.

„Du… du liebst ihn wirklich, nicht wahr?“

Shereena verstummte - sie fiel auf die Knie, krümmte sich zusammen.

„Er…. er war der Erste… der etwas von Wert in… mir sah… „

Ihr Körper kippte mit einmal seitlich weg und schlug ungebremst auf dem Boden auf – ihr schlanker, blutüberströmter Körper zuckte, als wollte er sich aus ihren Todesqualen winden.

 

„Shereena! SHEREENA!“ Arc schrie voller Schmerz auf und spuckte Blut während sein Körper immer weiter zerbrach. Er versuchte zu der Dunklen zu kriechen, doch selbst das lies sein sterbender Körper nicht mehr zu.

 

Ares blickte ihn an – und die Stahlklinge klirrte auf dem Boden während sie ihm aus der Hand glitt und aufschlug. Seine starken Arme hoben Shereenas Körper an und er schritt auf den sterbenden Hochgott zu.

Sanft legte er das Mädchen neben ihm ab.

Arc's fliederfarben Augen starrten den Halbgott irritiert an, doch dann zog er das sterbende Mädchen in seine Arme. Er presste seine Stirn an die ihre und aus seinen Augen traten Tränen der Trauer.

Ein leises Flüstern schlich über die blutverschmierten Lippen der Dunklen.

„Tut mir leid… ich… war dir wohl doch… keine Hilfe…“ sie schloss ihre Augen die voller Traurigkeit waren.

Tränen vermischten sich mit dem Blut, das über Arcs Wangen lief.

„Nein… mir tut es leid… ich konnte meinen Teil des Versprechens nicht halten.“ erwiderte Arc nur mit seiner schwachen, immer mehr schwindenden Stimme.

Ein Lächeln schlich sich auf Shereenas Gesicht, dann war sie fort. Beginnend bei ihren Füßen wurde ihr Körper zu schwarzem Nebel. Wie ein Schatten hing er in der Luft – als würde auf etwas warten.

Auch Arc's Körper, oder besser das was davon übrig war löste sich langsam auf.

Seine Kräfte waren aufgezehrt, sein Körper zerstört und ohne Shereena war nichts mehr da, was ihn aufrecht erhielt.
 

Kleine Flocken aus Licht lösten sich nach und nach aus dem geschundenen Körper und schwebten empor.

Xenos schritt an seine Seite, strich ihm sanft durch seine rote Mähne.

„Es tut mir leid… das es so Enden musste.“ Tränen rannten über Xenos Wangen, in seinen schwarz-gelben Augen spiegelte sich der Schmerz welcher ihn erfüllte.

Arc blickte ihn an. Sein verbliebener Arm hob sich, und die kraftlose Hand strich einige der Tränen von der Wange des Sternengottes. Er blickte ihm tief in seine Augen.

„Nein. Es ist gut so. Endlich… bin ich frei… und ich… bin.. ja nicht… alleine.“

Shereena würde mit ihm zurückkehren – der schwarze Schatten umspielte das Licht, das von Arc ausging.

Ein befreites Lächeln lag auf Arcs Lippen und er löste sich vollends in strahlendes Licht auf.

 

„Leb wohl…“

Es war mehr ein Flüstern, den Xenos Stimme verließ die Kraft. Der Strom der Tränen die sich ihren Weg an die Oberfläche bahnten, schien nicht enden zu wollen.

Doch Arc war fort. Er hatte ihm nie sagen können, was er ihm so lange hatte sagen wollen. Wie sehr er ihn damals geliebt hatte und wie sehr ihm seine unbedachten Worte damals reuten und ihn all die Jahrhunderte verfolgt hatten.

 

Doch dann suchten einige der Lichter seine Aufmerksamkeit. Arc war noch hier.

Er blieb noch einen Moment bei dem Gott der Sterne – und Xenos vernahm seine sanfte Stimme, in der die längst vergessene Wärme lag.

„Jetzt erinnere ich mich wieder. An alles. Tut mir leid, dass ich dir so viel Kummer bereitet habe. Aber… dieses Mal hast du den Richtigen an deiner Seite – also beweg deinen Arsch und schnapp' ihn dir endlich!“

Xenos musste lachen. Letztendlich war Arc am Ende wieder er selbst.

„Ich werde dich nie vergessen. Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder. Ich danke dir.“

Mit diesen Worten verabschiedete sich Xenos und die Seele des Gottes der Leere begab sich auf den Weg. Die Lichter schwebten noch einen Moment durch den Raum- es glich einem klaren Sternenhimmel - und dann verblassten sie.

Es war vorbei. Arc, Gott der Leere und Shereena, die Dunkle waren fort.

Sie waren zum Ursprung zurückgekehrt. Dort würden sie ruhen, bis sie für ihre Wiedergeburt bereit wären. Xenos betete dafür das die Beiden zusammen sein konnten – auch wenn er nicht wusste ob es noch jemanden gab, der seine Gebete erhören würde.

 

Keiner wagte es ein Wort zu sagen. Ares legte sanft seine Arme um den trauernden Xenos.

Adamas schluchzte erleichtert auf, als auch Khion schwerfällig die Augen öffnete. Auch der Bann, der über den anderen Göttern gelegen hatte, schien gebrochen - schmerzend hielten sie sich ihre Körper, versuchten zu verstehen was geschehen war. Nachdem Einfluss von Arc und Shereena gebrochen war, kamen sie scheinbar wieder zu Sinnen.

 

Xenos flüsterte etwas und Ares nickte ihm bestätigend zu. Beide erhoben sich und Xenos wandte sich an die anderen Götter, welche langsam realisierten was geschehen war.

 

„Unser Stolz und unser blindes Vertrauen hat uns fast in unseren Untergang geführt. Unsere Traditionen haben so unglaublich große Opfer gefordert, dass wir die Unseren in ihr Verderben getrieben haben. Die Schöpfer die uns leiten sollten, haben uns hintergangen.“ Xenos tiefe Stimme hallte stark durch die Halle des Heiligtums, die nach dem Kampf nunmehr fast in Trümmern lag.

Einer der Götter meldete verunsichert sich zu Wort. „Was… was sollen wir jetzt tun?… Wir haben niemanden mehr… der uns anführt.“ Auch in den Gesichtern der anderen überlebenden Göttern breitete sich die Unsicherheit aus.

 

Ares starke Stimme durchdrang den Raum und wies die zweifelnden Götter zurecht

„Jetzt reißt euch verdammt nochmal zusammen! Wir sind sind nicht alleine! Wenn wir zusammenhalten sind wir stark! Wir dürfen uns nicht länger durch Herkunft oder Ränge abgrenzen… wenn wir fest zusammenstehen... als eine Einheit, können wir noch immer gewinnen!“

Xenos stimmte dem Halbgott zu „Wenn wir alle zusammenarbeiten können wir noch viel mehr erreichen! Niemand… Niemand soll sich mehr opfern müssen, alles aufgeben müssen was er ist! Es darf nie wieder Opfer wie Arc… oder Freyan geben!“

Xenos Stimme zitterte – doch mit einem Mal spürte er wie Ares nach seiner Hand griff und ihm Halt gab.

Der Gott der Sterne atmete tief durch bevor er weitersprach „Wir haben heute so unglaublich viel verloren. Aber… wir haben auch eine Chance erhalten.“

Er umklammerte die Hand des Halbgottes noch fester „Die Chance unser Schicksal in unsere eigene Hand zu nehmen. Unsere Freiheit.“

 

Ares spürte die Unsicherheit in dem kleineren Gott. Er wusste nicht, was er tun konnte um ihm beizustehen, doch mit einem Mal durchdrangen unzählige, aufgebrachte Stimmen die Stille. Die verbleibenden Götter diskutierten zustimmend ihre neu gewonnene Zukunft. Aus der Unsicherheit wurde Hoffnung. Ares blickte etwas fassungslos auf all die Götter und Halbgötter die zusammen voller Aufregung Pläne schmiedeten. Eine der Halbgöttinnen mit heilenden Kräften eilte zu seinen Eltern um Khions Wunde notdürftig zu heilen.

So wie es aussah würden es die restlichen Götter wohl schaffen ihrer gemeinsamen, ungewissen Zukunft entgegenzutreten. Es erfüllte ihn mit einer unbeschreiblichen Freude zu sehen, wie alle miteinander versuchten sich zu helfen, ihre Wunden versorgten und sich Mut zusprachen.

 

Xenos schrie erschrocken auf als er von Ares starken Armen nach oben gerissen wurde. „WA--- Ares! Was tust du da?!“ stammelte der Sternengott.

Doch Ares lies ihn nicht los – er hielt ihn in seinen starken Armen und sah ihm tief in die Augen. Und dann sah Xenos es wieder – dieses sanfte Lächeln, das der Halbgott nur ihm schenkte und seine Beine ganz weich werden lies.

„Ich liebe dich.“

Erst war Xenos etwas überrumpelt, doch dann lag auch auf seinen sonst so grimmigen Gesicht ein glückliches Lächeln.

„...Und ich liebe dich...“

Xenos schloss seine Augen, als sich seine Lippen sanft auf die von Ares legten.

 

Die anderen Götter jubelten den Beiden zu, als der Gott der Sterne und der Halbgott sich zärtlich küssten. Nach einigen zustimmenden Pfiffen liesen sie jedoch peinlich berührt voneinander ab. Adamas nickte zustimmend während sie Khion sanft über sein schneeweißes Haar strich. Ihr Sohn und Xenos würden diesen ersten Schritt in ihre Zukunft zusammen gehen, dessen war sie sich sicher.

 

Epilog

Epilog - Familie

 

 

Adamas reichte Xenos eine Tasse mit heißem Tee, welche er dankend annahm.

Der Kampf mit Arc lag nun schon eine Woche zurück und seither war es zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen. Gemeinsam hatten die überlebenden Götter es geschafft ihre Stadt wieder zurück zu erobern.

Nach ihrem hart erkämpften Sieg hatten sie nun etwas Zeit um ihre Wunden zu kurieren – der Angriff der Dunklen hatte vorerst geendet – scheinbar hatte Shereena die Horden der Dunklen angezogen. Nun da sie fort war, schienen die dunklen Kreaturen Abstand zu halten und zu beobachten.

 

Xenos hatte beschlossen Ares und seine Eltern zu besuchen – denn er hatte etwas, das er unbedingt loswerden musste. Adamas hatte sich gefreut ihn zu sehen und ihn gleich angeboten, zum Tee zu bleiben.

Als sie sich zu ihm setze zuckte sie etwas zusammen – scheinbar waren ihre Wunden noch nicht vollständig verheilt.

„Alles in Ordnung? Kann ich dir irgendwie… helfen?“

 

Die Göttin des Stahls sah in überrascht an, doch dann lächelte sie „Nein, es geht schon – aber ich danke dir für deine Sorge. Ich denke bald wird alles verheilt sein.“

 

Xenos nippte an seiner Tasse „Dann ist gut. Aber… wenn etwas ist… bin ich für euch da...“ es war ihm peinlich. Xenos war kein Teil dieser Familie – und doch glaubte er, das es sich so anfühlen musste, wenn man eine hatte.

Die Göttin neben ihm auf den Sitzkissen lächelte, während sie einige Stücke Zucker in ihren Tee rührte.

„Aber du bist doch sicher nicht hergekommen um mir anzubieten, mich zu bemuttern oder?“ Genussvoll nippte sie elegant an ihrer Tasse und schien auf eine Antwort zu warten.

Sie hatte recht. Das war er nicht. Sein Blick wanderte durch die offenen Glastüren hinaus in den Wintergarten, wo Ares und Khion nebeneinander auf einer filigran gearbeiteten Metallbank saßen – man konnte nicht hören worüber die Beiden redeten, doch vielleicht war das so ein berühmter Vater-und-Sohn-Moment.

Xenos seufzte. Er kam sich so unglaublich dumm vor. Verlegen vergrub er sein Gesicht, auf dem noch immer blaue Flecken zu sehen waren in seinen Händen.

 

Auf einmal wurde er von Adamas' Lachen aus den Gedanken gerissen. „Hab ich's doch gewusst!“ Sie stellte ihre Tasse hastig ab und schlang ihre Arme um Xenos – welcher nun total verwirrt war. Als sie ihn wieder aus ihrer Umarmung frei lies, konterte sie auf das irriterte Gesicht des Blauhaarigen nur: „Du brauchst doch keine Erlaubnis von mir, um mit Ares zusammen zu sein.“

 

Xenos brauchte sie. Glaubte er zumindest. Er kannte Ares, seit dieser ein Junggott war – Er selbst war über 800 Jahre älter! Es kam ihm so falsch vor, so unglaublich in einen um so viel jüngeren Gott verliebt zu sein. Beschämt vergrub er sein Gesicht erneut in seine Handflächen.

„Weist du, ich wollte mich eigentlich schon lange bei dir entschuldigen.“

Xenos blickte Adamas an – für was wollte sie sich entschuldigen? Er konnte sich an nichts erinnern, was dies rechtfertigen würde.

 

Sie begann zu erzählen. „Es war damals auf dem Ball. Auch wenn Arc damals meinen Fehltritt als nicht weiter von Bedeutung abstempelte – wir wurden gemieden. Ich, Ares… und Khion. Nach außen hin lächelten zwar alle, doch ich wusste sie zerrissen sich hinter unseren Rücken ihre Mäuler.“

Ihre Hände umfassten sich verkrampft. Ihre Stimme zitterte leicht, als sie weitersprach.

„Ich war die Hure und das Flittchen, dass meinen Mann betrogen hatte. Die einen Bastard geboren hatte. Aber ich konnte damit leben. Doch genauso fielen sie über Khion her. Weil er an meiner Seite blieb und auch noch das von ihnen so verabscheute Kind annahm. Doch Ares hatte es am Schlimmsten – obgleich ihn keinerlei Schuld traf.

Die Götter verachteten ihn, und die Junggötter die es nicht anders von ihren Eltern sahen, taten es ihnen gleich. Er hatte nicht einen einzigen Freund. Er versuchte es zwar immer hinter seinem Lächeln zu verbergen, aber er war sehr einsam und unglücklich.“

Ihre Hände begannen zu zittern – es schien sie unglaublich aufzuwühlen über die Vergangenheit zu reden, doch sie schien es endlich aussprechen zu müssen.

Xenos legte eine Hand auf die ihre und sprach mit seiner tiefen Stimme.

„Und warum genau willst du dich bei mir entschuldigen?“

„Weil du auch dort warst. Du warst genauso allein. Ebenso ein Ausgestoßener. Ich wollte dich damals eigentlich ansprechen… doch ich fürchtete dass dann alles für meine Familie noch schlimmer werden würde. Ich hatte nicht den Mut mich gegen den Einfluss der anderen Götter zu wehren. Nicht wie du... deinen eigenen Weg zu gehen, egal was Andere über einen erzählten.“

 

Xenos seufzte „Das ist nichts wofür du dich entschuldigen musst. Ich befürchte ich war damals so schlecht drauf, dass ich dich ohnehin abgewiesen hätte. Ich war so furchtbar verbittert, das mir alles egal war. Bis ich ihn getroffen habe...“

Adamas schmunzelte „Ich danke dir. Aber weist du was? Ich bin dir damals gefolgt. Auf die Terrassen. Und da habe ich dich mit Ares gesehen. Und… ich hatte meinen Sohn vorher noch nie so glücklich gesehen.“

 

„Du bist alles für ihn. Sein Vorbild. Seine große Liebe. Selbst nachdem du fortgeschickt wurdest – allein seine Gedanken an dich haben ihm Kraft gegeben. Die Kraft sich gegen sein Schicksal zu stellen. Dank dir ist er zu diesem wunderbaren Mann herangewachsen.“

Xenos zog seine Hand weg und strich verlegen eine seiner blauschwarzen Haarsträhnen hinter sein Ohr.

„Ich… ich kann mich nicht erinnern, ihn dermaßen beeinflusst zu haben.“

hastig griff er nach seiner Tasse und schlürfte etwas von dem heißen Kräutertee.

Adamas nahm ebenfalls ihre Tasse und nippte an dem duftenden Tee.

„Du selbst vielleicht nicht, aber seine unglaublich reine Liebe zu dir.“

Xenos zuckte zusammen. Seine Wangen mussten knallrot sein, so warm wie sie sich anfühlten.

 

Khion starrte auf die verschiedenen Pflanzen die seine Frau hier pflegte. Man konnte sehen, das jede Einzelne mit Sorgfalt und Geduld großgezogen wurde.

Er merkte gar nicht, das Ares sich neben ihn gesetzt hatte, bis dieser zu sprechen begann.

„Wie… geht es deinen Verletzungen, Vater?“

Khion biss auf seine blassen Lippen. „Vater?… Nein… ich war alles andere als ein Vater für dich…“ es folgte ein kurzer Moment der Stille. Er schlang seine bandagierten Arme um seinen Oberkörper als müsste er sich selbst festhalten um nicht die Fassung zu verlieren.

„Ich… ich habe es nicht verdient dass du mich so nennst.“

Khions Stimme klang verletzt und bedauernd.

 

Doch Ares sah ihn nur überrascht an. Kein Zögern oder Zweifel lag in seiner festen Stimme als er seinem Vater entgegnete: „Wie kommst du darauf?“

 

Khion blickte ihn an – eine einzelne Träne lief über das schmale Gesicht, rollte zielstrebig an den Kristallen entlang über seine eisblauen Göttersymbole um am Ende von seinem Kinn zu tropfen. Ares sprach unbeirrt weiter.

 

„Auch wenn wir nicht das gleiche Blut teilen… du warst immer mein Vater. Ich weiß, du hast aus dem Hintergrund über mich und Mutter gewacht. Du hattest es selbst nicht leicht.

Anfangs... glaubte ich dass du nie etwas Anderes in mir sehen könntest als ein Monster. Ein fremdes Kind, dass in deine Familie geboren wurde.

Doch ich hatte mich geirrt. Manchmal hast du mich angelächelt – ich glaube du hattest das selbst gar nicht bemerkt. Du hast mir über den Kopf gestrichen und mich stets aufgebaut. Du hast mich alles gelehrt. Ohne dich hätte ich unsere Familie nicht beschützen können.“

 

Ein sanftes Lächeln lag auf Ares Lippen.

„Ich weis, dass die Seele meines leiblichen Vaters über mich wacht und mir Kraft gibt. Doch mein richtiger Vater, meine Familie, bist du.“

 

Nun schlich sich auch auf Khions Lippen ein Lächeln. „Und du bist mein Sohn. Ich bin unglaublich stolz auf dich Ares.“ Es erschien dem Gott des Eises mit einem Mal so lächerlich, dass er das was zwischen ihnen war, je in Frage gestellt hatte.

„Außerdem glaube ich nicht, dass du dich für jeden Beliebigen in einen von Arc's Energiebällen geworfen hättest!“ kicherte der großgewachsene Blondschopf.

Khion schien es peinlich zu sein – er stammelte mit roten Wangen nur zurück „Natürlich! Denkst du ich beschütze die, die ich liebe nicht? Du vorlauter Bengel!“

 

Sie gecksten sich hin und her – und es endete in einer spielerischen Rauferei. Xenos und Adamas beobachteten das bunte Treiben aus sicher Entfernung. Khion schien Ares durchaus noch körperlich ebenbürtig zu sein - obwohl der Gott des Eises viel kleiner und schmächtiger war. Aber sie lachten und schienen beide so unglaublich viel Spaß zu haben.

 

Xenos fiel fast seine Tasse aus der Hand, als Adamas plötzlich aufsprang und ihren Mann anfeuerte „Los Schatz! Zeig unserem Jungen mal wo der Hammer hängt!“

„Was?! IEKS! DAS IST EISIG! NIMM DEINE KALTEN PFOTEN WEG!“ schrie Ares auf, als Khion ihn mit einer eisigen Hände am Bauch kitzelte.

„Dann solltest du dich endlich mal wärmer anziehen! Du rennst immer halbnackt herum!“

 

Auch Xenos musste nun über dieses unglaublich witzige Bild, das sich vor ihm abspielte herzhaft lachen. Er fragte sich in diesem Moment nur, in was für eine Familie er da nun hineingeraten war. Aber er wollte nirgendwo anders sein. Hier war sein Platz, den er nun endlich gefunden hatte. Ein Zuhause.

 

„Xenos! Hilfe!“ Ares rief beleidigt nach Hilfe, nachdem sein Vater ihn mit seinen eiskalten Händen immer wieder zusammenfahren lies – Adamas und Xenos grinsten sich nur an – und stürzten sich auf die rangelnden Götter. „Platz da, jetzt kommen wir!“

Sicher, die Zukunft auf die sie alle zusteuerten war ungewiss. Doch erging es nicht allen Lebenden so?

 

Egal welche Probleme und Widrigkeiten sich ihnen in den Weg stellen würden – zusammen würden sie diese überwinden können. Dessen war sich der Gott der Sterne sicher.

Bonus - Chroniken des Fegefeuers

Starlight – Chronicles of the Purgatory

 

 

Adamas senkte traurig ihren Kopf.

„Ich habe ihn enttäuscht als er mich am Meisten gebraucht hätte. Sein Geist war krank – und ich war vor Egoismus unfähig das zu erkennen.“ Xenos war sich nicht sicher, ob er der geeignete Zuhörer für Adamas Sorgen war, doch die Göttin des Stahls schien ihm diesen Teil ihrer Vergangenheit anzuvertrauen wollen.

 

Xenos hatte nur zufällig das Thema um Ares leiblichen Vater angekratzt als er die Familie eines Partners besuchen wollte - nur um festzustellen dass Ares und Khion unterwegs waren und die schwangere Adamas zurückgelassen hatten. Die Göttin langweilte sich furchtbar, da ihr Mann es ihr verboten hatte zu kämpfen – Xenos ging es selbst nicht besser. Er selbst war ein seltsames Mitglied in diesem „Club der werdenden Mütter“ wie er es selbst bezeichnete – er hatte auch nie erwartet schwanger werden zu können – aber scheinbar konnte selbst er mit seinen über 1000 Jahren noch immer wieder etwas über sich selbst lernen.

 

Jedoch hätte er auf die ständigen Rückenschmerzen, Stimmungsschwankungen und die allgegenwärtige Übelkeit dankend verzichten können.

Auf der anderen Seite machte es ihn unglaublich glücklich die Mutter von Ares Kind sein zu dürfen. Er hoffte nur das ihr Kind nicht nach ihm selbst kommen würde, denn einer von seiner Sorte reichte aus.

Ares umsorgte ihn die ganze Zeit aufgeregt wie eine Glucke ihre Küken, so war ein Moment der Ruhe durchaus erholsam.

Er beneidete Adamas darum das sie scheinbar weniger Probleme mit der Schwangerschaft hatte als er, doch er glaubte das es einfach daran lag das sie eine richtige Frau war und kein Zwitter wie er selbst. Sein Körper wusste scheinbar einfach nicht was er mit dieser Situation anfangen sollte.

 

So saß der Gott der Sterne nun bei Adamas auf ihrer Couch - sie tranken wie so oft Tee und redeten einfach über verschiedene Sachen. Sie war immer wieder überrascht dass Xenos scheinbar ebenfalls Kinder gebären konnte und stand ihm mit Rat hilfreich zur Seite.

Doch irgendwie lenkte das Gesprächsthema auf ihre Schwangerschaft mit Ares um – und Xenos rutschte die Frage heraus wie es eigentlich dazu gekommen war, denn dies hatte ihn insgeheim schon länger beschäftigt.

Die Göttin des Stahls schien erst lange zu überlegen, doch dann atmete sie tief durch

„Ich… vielleicht sollte ich mich endlich jemanden anvertrauen… ich trage es schon so lange mit mir herum...“

Sie sah Xenos in die Augen und lächelte gequält „Es ist aber eine längere Geschichte, das ist dir hoffentlich bewusst?“

Xenos griff sich ein Kissen und stopfte es hinter seinen Rücken um seine Sitzposition angenehmer zu gestalten „Ich hab Zeit… gibt im Moment ja eh nichts, was ich sonst tun könnte...“

Adamas lachte herzhaft als sie Xenos so beobachtete und begann zu erzählen.

„Hmmm… wo fange ich am Besten an?“

 

„Khion war schon immer sehr ruhig gewesen… er zeigte seine Gefühle selten offen - so war er nun einmal. Aber er war stets so freundlich und höflich, so kamen wir uns näher und verliebten uns schließlich ineinander.“

Ein bitteres Lächeln lag auf den Lippen der silberhaarigen Göttin als sie weitersprach.

„Ich war so glücklich als er um meine Hand anhielt, denn ich liebte ihn über alles andere – doch es dauerte nicht lange bis ich erkannte das auch er eine schwere Bürde auf seinen Schultern trug.“

Xenos blickte sie fragend an und Adamas biss sich auf ihre Lippen. „Er litt unter schweren Depressionen. Ich war mir anfangs nicht sicher was der Grund dafür war… später fand ich heraus das es die Last der Gebete war, an der er fast zerbrach. Doch es ist auch egal, es ändert nichts an der Tatsache das ich ihn damit konfrontiert habe.“

Xenos blickte an Adamas vorbei und vermutete an der Art wie sie sprach das diese Aussprache wohl nicht so verlaufen war wie sie damals erhofft hatte.

„Ich weis gar nicht mehr worüber ich mich geärgert hatte – es war eine Kleinigkeit, doch es hatte mich so geärgert das Khion erneut eine dieser depressiven Phasen hatte, in der er sich komplett zurückzog und ich gar nicht mehr zu ihm durchdrang. Und dann ist es passiert.“

 

„Rede doch einfach mit mir!“ ihre Stimme war aufgebracht als Adamas mit ihrem Mann sprach, der sich mit jedem Wort das sie aussprach nur mehr abzuschirmen schien.

Es wirkte als würde er nach den richtigen Worten suchen, als die Göttin des Stahls erneut nachhakte „Vertraust du mir so wenig?! Sag etwas! Khion!“

Adamas war so in Rage das ihre Stimme laut wurde – und sie nicht einmal bemerkte wie ihre Worte Khion in die Enge trieben.

Doch sie konnte so vieles einfach nicht verstehen. Und all die Dinge platzten einfach so aus ihr heraus, ohne das sie ihre Worte bedachte.

Ihre Gedanken überschlugen sich und übersteigerten sich immer mehr während sie sich verselbstständigten.

Warum er seine Sorgen in sich hineinfraß und nicht mit ihr darüber sprach.

Warum er sich so verändert hatte.

War er überhaupt glücklich in ihrer Ehe?

Liebte er sie überhaupt wirklich?

Als Khion einige Schritte von seiner aufgebrachten Frau zurückwich und sie ihm folgte geschah es.

Sie drängte ihn zu antworten als sie ihn erneut anschrie „Rede endlich mit mir!“

Der Gott des Eises kauerte sich zusammen und hielt sich seine Ohren zu, als könnte er all die Vorwürfe nicht länger ertragen als die sonst so sanfte Stimme seiner Frau ihn anschrie.

 

„Warum….“ Khions Stimme zitterte bis auch seine verzweifelte Stimme schließlich Adamas entgegen schrie „Warum verstehst du nicht das ich das nicht kann!!!“

Adamas wich erschrocken zurück denn es war das erste Mal das Khion seine Stimme gegen sie erhoben hatte.

 

Sie blickte schuldbewusst auf ihren Mann herab und fragte sich was sie hier eigentlich tat.

Sie hatte ihm doch nur helfen und sagen wollen das sie für ihn da war – und nun war ihr Temperament mit ihr durchgegangen und sie hatte ihn wie ein Tier in die Enge getrieben.

Ihre Aufgabe wäre es gewesen ihm aus seinen Depressionen zu helfen, nicht ihn noch anzuschreien und zu beschuldigen. Er hatte keine Schuld an seinem Zustand und gab sicherlich schon sein Bestes dagegen anzukämpfen. Sie hatte ihn enttäuscht und verletzt als er ihr Verständnis am meisten gebraucht hätte.

Sie hatte kein Recht an seiner Seite zu sein.

 

Tränen traten in ihre grauen Augen und ihre Stimme zitterte.

Khion kauerte noch immer wie erstarrt am Boden und blickte erst auf als Adamas Stimme fast von Tränen erstickt zu ihm sprach.

„Ver…verzeih mir… ich… ich wollte nicht...“ doch dann wandte sie sich beschämt von ihm ab und öffnete eines der Tore in eine andere Welt. Khion sprang auf und wollte sie zurückhalten, doch seine Finger griffen einfach in die Leere als das Tor sich bereits wieder schloss. Ungläubig starrte der blasse Gott auf die Stelle an der Adamas gestanden hatte.

Er hatte sie nicht fortjagen wollen.

Es gab so vieles was er ihr hatte sagen wollen, doch er hatte es nicht über seine Lippen gebracht. Er liebte Adamas so sehr und doch hatte er sie zum Weinen gebracht.

Erneut rutschte er zu Boden und kauerte sich zusammen als er erneut die Stimmen hörte, die ihn fast in den Wahnsinn trieben. Die Gebete der Sterblichen Wesen waren stark und sollten ein Quell der Hoffnung und Kraft sein – doch jene die ihn erreichten fühlten sich falsch an. Wie ein Schatten lagen sie über seinem Geist und lähmten ihn. Er wollte nach seiner geliebten Frau suchen, doch sein Körper lies es nicht zu. So saß der Gott einfach nur am Boden und verlor sich in seiner eigenen Unfähigkeit etwas zu unternehmen.

 

Der junge Halbdrache stand auf einer der Anhöhen auf der weitläufigen Grasebene. Er strich sich durch sein blondes Haar und lies den Blick seiner feuerroten Augen über die Ebene schweifen.

Sein Körper ähnelte denen von Menschen und doch war er grundverschieden. Tiefschwarze Schuppen bedeckten Teile seiner gebräunte Haut und aus seinem Kopf wuchsen eindrucksvolle Hörner. Seine Beine waren jene eines Drachen und auch seine Hände erinnerten an die der majestätischen Echsen. Er ging in die Hocke sodass sein bodenlanger Schweif auf dem langen Gras auflag.

Er schnaubte genervt aus als er beobachtete wie der Wind über das hohe Gras strich.

Die dunklen Krallen seiner eher schmalen Hände kratzten nervös über seine Armschuppen, als er sich in erneut in seinen Gedanken verlor.

 

'Sie sollen mich einfach in Ruhe lassen. Ich will mir meine Partnerin selbst aussuchen und nicht mit Irgendeiner den Bund eingehen, nur um es Vater recht zu machen.'

Sein Vater hatte ihn erneut dazu gedrängt eine Braut zu wählen. Er meinte es sicher nur gut und wollte das sein Sohn bald seine Position als Clan-Oberhaupt übernehmen konnte – doch er liebte diese Frauen nicht.

Er wollte nicht bis an das Ende seiner Tage mit jemanden zusammen leben müssen, für den er nichts empfand. Er würde nicht mehr er selbst sein und könnte so nicht glücklich sein. Und doch drängte ihn sein Vater immer wieder und immer entschlossener, das er bald eine Wahl treffen müsste.

Ein helles Lichtspiel unmittelbar vor ihm riss ihn aus seinen Gedanken, als er auch schon von Jemanden umgeworfen wurde.

 

„IEEEK!!!“ Adamas Schrei hallte schrill durch die Ebene, als sie erschrocken in den jungen Sterblichen stürzte. Völlig unvorbereitet warf sie ihn um und lag nun der Länge nach auf dem Körper des anderen.

Als sie versuchte sich aufzurichten spürte sie die Wärme die der teilweise geschuppte Körper unter ihr ausstrahlte und dann traf ihr Blick den der erstaunten, tiefroten Drachenaugen.

Peinlich berührt versuchte sie von dem sterblichen Wesen zu steigen, doch sie rutschte ab und lag erneut auf der starken Brust des Halbdrachen, welcher noch immer wie erstarrt unter ihr lag. „V...v...verzeiht… verzeiht mir!“ stotterte Adamas dem Fremden entgegen.

 

Es schien als wollte die Frau die auf ihm saß am liebsten im Erdboden versinken.

Er konnte sich nicht erklären wer die Frau war oder woher sie kam – sie war anders als alle die er bisher getroffen hatte. Sie gehörte nicht zum Drachenvolk oder zu einer anderen Rasse die in seiner Welt existierten. Er erinnerte sich an alte Legenden über ein Volk das jenseits des Himmels wohnte und über sie alle wachte.

Vorsichtig hob er seine geschuppte Hand und strich der Fremden vorsichtig durch eine ihrer silbern schimmernden Haarsträhnen, welche sich aus ihrem geflochtenen Zopf gelöst hatte.

„Ihr… ihr seid eine Göttin nicht wahr?“ seine tiefe Stimme richtete sich nur an die wunderschöne Frau, die sich nun leider von ihm löste – die junge Göttin hatte ihn bereits so in ihren Bann gezogen das er sich wünschte noch längere ihre Berührung spüren zu können.

 

Der leidenschaftliche Blick des Halbdrachen lies Adamas das Blut in ihre blassen Wangen steigen und lies die verschiedensten Gefühle in ihr aufwallen.

Doch sie schüttelte sich kurz als wollte sie diese Gedanken abwerfen.

Sie stand auf und reichte dem Sterblichen freundschaftlich die Hand „J...ja, verzeiht mir – es war nicht meine Absicht euch zu erschrecken.“

Der junge Halbdrache sah ihr tief in die Augen als er ihre Hand ergriff und Adamas ihn wieder auf die Beine zog.

„Es gibt nichts, für das ihr euch entschuldigen müsst. Mein Name ist Rha'Ki – wie ist der eure edle Göttin?“

Adamas Herz machte einen Sprung als der Halbdrache nun in seiner vollen Größe vor ihr Stand und sicher zwei Kopf größer war als sie selbst – und doch fühlte sie sich so seltsam wohl in seiner Nähe, das sie noch immer seine Hand nicht los lies.

„Ich… ich bin Adamas. Die Göttin des Stahls.“

 

„Hey, lach mich nicht aus!“ fauchte Rha'Ki leicht beleidigt, als Adamas herzhaft zu lachen begann. Die Beiden saßen schon so lange dort und redeten, das die Sonne bereits untergegangen war. der Halbdrache hatte bereits ein kleines Lagerfeuer entzündet und schon saßen sie beieinander und genossen die Gesellschaft des anderen.

Adamas kam es mit einem Mal seltsam vor das sie nicht öfters die Sterblichen besuchte, denn auch wenn sie anders aussahen wie sie – die meisten waren wirklich so liebenswerte Geschöpfe, wie der junge Drache vor ihr den sie bereits fest in ihr Herz geschlossen hatte.

Er brachte sie zum Lachen und überraschte sie immer wieder mit charmanten Komplimenten – sie fühlte seit langem wieder diese Wärme die sich in ihrem Herzen ausbreitete, die sie einst mit Khion verband.

Khion. Was er wohl gerade tat?

Der Gedanke an ihren Mann lies ihr liebevolles Lächeln aus ihrem Gesicht schwinden.

'Ich habe ihn verletzt… aber… ich habe Angst zurückzukehren. Was soll ich tun falls er mich ablehnt nachdem er diese hässliche Seite von mir gesehen hat?'

 

„Geht es euch gut?“ Rha'Ki sorgte sich um die Göttin neben ihm – sie hatte all die Zeit in seiner Gegenwart so glücklich gewirkt, doch mit einem Mal schien sie voller Sorge und Zweifel zu sein. Er konnte sich kaum vorstellen, welche Sorgen auf den Schultern der jungen Frau liegen mussten und doch wünschte er sich ihr einen Teil dieser Sorgen abnehmen zu können. Er wusste das sie eine Göttin war, so viel mächtiger und wahrscheinlich älter als er selbst. Doch er konnte es nicht länger verleugnen das er sein sterbliches Herz an die silberhaarige Göttin mit den sanften stahlgrauen Augen verloren hatte. Umso mehr ihm dies bewusst wurde, desto mehr schmerzte es ihn sie so voller Sorge zu sehen.

 

„Ich… ich habe jemanden sehr verletzt der mir so unglaublich wichtig ist...“ ihre schlanken Hände begannen zu zittern als sie in die Flammen starrte „...ich habe Angst zurück zu kehren...“

Obwohl es eine warme Sommernacht war meinte Adamas zu erfrieren – ihr war mit einem Mal so kalt das ihr ganzer Körper zu zittern begann.

„Dann bleibt. Bleibt bei mir.“ verwundert drehte sie sich zu dem Halbdrachen neben sich und sah in seine ernsten Augen.

Etwas in ihr fühlte sich zu dem impulsiven jungen Mann hingezogen, der vorsichtig über ihre Wange strich und sie näher zu sich zog.

„N...nein… ich kann nicht… wir… dürfen nicht...“ Adamas war zu aufgewühlt um klare Sätze zu bilden. Es war eines der strengsten Gesetzte der Götter sich nicht mit Sterblichen einzulassen. Doch es war ihr in diesem Moment egal. Es war ihr egal das sie bereits vergeben war. In diesem Moment wollte sie nur die Wärme und Nähe des Anderen spüren und für einen Moment ihre Sorgen und Ängste verdrängen.

 

Khion zupfte nervös an seinen Fingern während er wartete das Adamas zurückkehren würde. Der Drang seine Frau zu suchen machte ihn fast wahnsinnig, doch er wollte sie nicht verpassen wenn sie zurückkehren würde. 'Falls sie zurückkommt…' berichtigte er sich selbst in Gedanken.

Er sah ein das er einiges wieder gut zu machen hatte. Es gab so vieles was er ihr sagen wollte sobald sie wieder bei ihm war. Doch er konnte nun nichts anderes tun als zu warten und zu hoffen, das es noch immer etwas gab das sie beide verband. Erneut verspürte er wie sich die Hoffnungslosigkeit in ihm ausbreiten wollte, doch dieses Mal würde er nicht nachgeben.

Er würde sich aus dieser Dunkelheit befreien die über ihm lag, auch für Adamas die er so sehr liebte.

 

Die Göttin des Stahls starrte in den klaren Sternenhimmel als sie noch immer in den starken Armen des Halbdrachens lag. Vorsichtig richtete sie sich auf um Rha'Ki nicht zu wecken und versuchte ihr wild durcheinander gebrachtes Haar zu richten.

Eben noch hatte sie sich so glücklich gefühlt, doch nun brach ihr schlechtes Gewissen über sie herein wie die Flut.

Sie hatte ihren Mann betrogen. Sie hatte mit einem Sterblichen geschlafen und eines der höchsten Gesetze gebrochen die den Göttern auferlegt waren.

Doch das sie Khions Vertrauen missbraucht hatte, traf sie viel schwerer als ihr Gesetzesübertritt.

'Ich muss zurück… ich liebe dich so sehr Khion… ich hoffe das du mir jemals verzeihen kannst….'

Sie war so in Gedanken das sie nicht bemerkt hatte das Rha'Ki sie die ganze Zeit beobachtet hatte „Du gehst?“

Erschrocken drehte sie sich zu dem jungen Halbdrachen herum, doch wandte beschämt ihren Blick ab „Es tut mir leid… aber ich habe etwas das ich Richtig stellen muss.“

Der Drache streckte sich und sah der Göttin tief in ihre Augen.

Zu Adamas Überraschung zog er sie erneut in seine Arme und küsste sie auf ihre Stirn „Dann hoffe ich von ganzem Herzen das du glücklich wirst.“

Tränen brachen aus der Göttin hervor die sich nicht stoppen liesen. Rha'Ki wusste das sie nicht zurückkehren würde und es schmerzte sie das Herz des jungen Sterblichen zu brechen. Doch er schien bereits zu ahnen das sie an die Seite eines Anderen gehörte.

„Verzeih mir… ich werde dich nie vergessen...“

 

und noch bevor er ein Wort des Abschiedes sagen konnte, öffnete sich erneut ein strahlender Riss in der Luft und Adamas flüchtete regelrecht hindurch.

Trotz seiner Worte hätte er sie am liebsten aufgehalten, doch noch bevor er sie greifen konnte hatte sich das Tor bereits wieder geschlossen.

Rha'Ki biss sich auf seine Lippen bis ein Blutstropfen über seine Lippen rollte.

Etwas in dem jungen Drachen sagte ihm das er sie nie wiedersehen würde und es lies sein Herz so sehr schmerzen das er glaubte es würde zerbrechen.

„Ich…. ich werde dich auch nie vergessen…. Adamas, Göttin des Stahls… mein Herz wird auf ewig dir gehören.“

Fast schon glaubte er das alles nur ein Traum gewesen war, doch der Schmerz seines gebrochenen Herzens belehrte ihn eines Besseren. Voller Schmerz blickte der blonde Halbdrache in den mondlosen Sternenhimmel und hoffte trotz allem das er eines Tages die Göttin wiedersehen würde, an die er sein Herz verloren hatte.

 

Als Adamas in ihr Heim schritt hielt sie den Atem an – doch es war kein Laut zu hören.

'Ist… ist Khion nicht da?' fragte sie sich in Gedanken als ihre Stimme unsicher die Stille durchbrach „Khion? Bist du da?“

Doch sie erhielt keine Antwort und schritt vorsichtig in eines der Wohnzimmer.

Sie entzündete eine der kleinen magischen Flammen, die nun den Raum etwas erhellte – und Adamas erschrak als sie Khion an dem kleinen Tisch sitzen saß.

Besser gesagt schlief er tief und fest – er schien sie noch nicht bemerkt zu haben, denn er rührte sich kaum und hatte seinen Kopf noch immer in seinen Armen vergraben.

Vorsichtig trat Adamas näher und strich ihrem Mann liebevoll über sein langes, weißes Haar, welches er zu einem lockeren Pferdeschwanz zurückgebunden hatte.

Auch wenn er immer sehr blass war, schien Khion ausgelaugt und kraftlos, tiefe Augenringe prangten unter seinen Augen und vervollständigten sein kränkliches Erscheinungsbild.

Ein kalter Schauer jagte ihren Rücken hinunter als sie seine aufgekratzten und blutigen Finger sah welche er notdürftig verbunden hatte.

Von Schuldgefühlen zerfressen legte sie ihre Hand sanft auf die Verletzte ihres schlafenden Mannes, welcher leicht aufstöhnte aber noch immer weiterschlief.

'Verzeih mir… ich hätte für dich da sein müssen…' sie wollte sich bei Khion entschuldigen, doch sie konnte es nicht laut aussprechen. Sie hatte ihn betrogen. Auch wenn Rha'Ki ebenfalls einen Platz in ihrem Herzen hatte – im Moment fühlte sie sich vor Reue schmutzig und wertlos.

Doch etwas unter seiner rechten Hand zog ihre Aufmerksamkeit auf sich – vorsichtig zog sie den Papierbogen unter Khion's Hand hervor um ihn nicht zu wecken.

Als sie die Handschrift ihres Mannes las, stiegen die Tränen in ihre Augen.

Er hatte ihr all das geschrieben das er nicht hatte sagen können.

Wie er unter der Last der Gebete beinahe zerbrach. Wie sehr er versuchte dagegen anzukämpfen. Wie sehr er sie liebte. Er bat sie um Verzeihung und wollte sie nicht verlieren.

 

Adamas wischte sich einige der Tränen aus dem Gesicht und schob das Papier vorsichtig wieder zurück. Einen Moment beobachtete sie ihren tief schlafenden Partner, als sie sich entschlossen umdrehte und aus dem Anwesen eilte. Sie musste einen Weg finden ihrem Geliebten zu helfen – sie würde alles tun um sein Leid zu mindern.

Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel schrak Khion mit einem Mal auf und blickte verwirrt umher. Er brauchte einen Moment um zu sich zu finden um rieb sich seine Müden Augen.

Adamas schien noch immer nicht zurück zu sein und doch glaubte er ihre Nähe spüren zu können. Als er sich versuchte hoch zu stemmen rutschte seine Hand auf dem Blatt Papier fast weg und er schaffte es gerade noch sich zu fangen.

Unsicher nahm er den Brief an seine Frau in seine Hände und blickte auf seine geschriebenen Worte.

Kopfschüttelnd knüllte er den Papierbogen zusammen und lies ihn achtlos auf den Boden fallen.

„Wenn du zurückkehrst werde ich es dir persönlich sagen… bitte… bitte kehr zu mir zurück...“

Doch mit einem Mal ballte er seine Fäuste und blickte mit funkelnden Augen auf.

„Ich werde kämpfen. Für dich und unsere Liebe. Ich verspreche es dir.“

Er eilte aus dem Zimmer und stürmte regelrecht aus der Villa in der er sich seit so langer Zeit gefangen fühlte und doch nicht die Kraft hatte sie zu verlassen. Voller neu geschöpfter Kraft rannte er die Straßen hinunter um seine Geliebte zu finden.

 

„Ich bin überrascht dich hier zu sehen – was kann ich denn für dich tun?“

Asklena schien überrascht das Adamas sie aufsuchte. Als Göttin der Heilung kamen überwiegend Krieger zu ihr um ihre Wunden heilen zu lassen, doch die Göttin des Stahls schien kerngesund zu sein.

Jedoch war es kaum zu übersehen das der jungen Göttin etwas große Sorgen bereitete. „Es geht nicht um mich…. es geht um Khion. Ich brauche deine Hilfe Asklena...“

Tränen stiegen erneut in die geröteten Augen der Göttin des Stahls und die grünhaarige Göttin der Heilung legte nur ihre Arme als sie begann beruhigend auf sie einzureden.

„Am Besten du erzählst mir alles von Anfang an meine Liebe...“

Und das tat Adamas, jedoch lies sie geschickt ihre romantische Begegnung mit dem Halbdrachen außen vor, denn dieses Geheimnis würde sie mit in ihr Grab nehmen.

Die Heilgöttin mit den grasgrünen Augen folgte ihren Worten aufmerksam und schien angestrengt zu überlegen.

„Ich glaube auch das es die Gebete sind, die Khion so krank machen. Eine solche Reaktion ist zwar ausgesprochen selten, doch in der Geschichte der Götter ist er kein Einzelfall. Es gibt einige magische Runen die den Fluss der Gebete stören und unterbinden können – ich kann sie zwar herstellen, doch ich brauche ein geeignetes Medium auf das ich ihre Macht übertragen kann…“

Adamas grübelte angestrengt nach, doch mit einem Mal kam ihr eine Idee – und noch als sie Asklena davon erzählte, nickte die grünhaarige Göttin begeistert und klatschte in ihre Hände „Das ist eine hervorragende Idee Adamas! Das könnte funktionieren!“

„Dann lass uns bitte keine Zeit verlieren… Ich brauche sie so schnell wie möglich!“ auf Adamas Bitte nickte Asklena nur eifrig und die beiden Göttinnen machten sich ans Werk.

 

„Ich danke dir Asklena. Ich werde sie ihm sofort überbringen.“

Nervös umklammerte sie das kleine Satinbeutelchen, in dem sich das Ergebnis der Arbeit der letzten Stunden befand. Mehrere mit dünnen Ketten verbundene Ohrringe – gestärkt durch die Macht der uralten Runen sollten sie hoffentlich fähig sein Khion zu helfen.

Die Göttin des Stahls verbeugte sich dankbar und wollte sich gerade auf den Weg machen als die Göttin der Heilung noch ein anderes Thema ansprach.

„Du kannst übrigens auch gerne zu mir kommen, falls du dich schlecht fühlen solltest. Es ist schließlich auch für Göttinnen nicht leicht ein Kind auszutragen. Ich freue mich für euch Beide!“

 

Adamas entglitten ihre Gesichtszüge und mit Entsetzen in ihrem Gesicht starrte sie die andere Göttin an. „….W…. was sagst du da?“ stotterte Adamas ihr ungläubig mit einem nervösen Lachen entgegen.

Asklena hielt sich erstaunt ihre Hand vor den Mund „Oh verzeih – ich dachte du wüsstest es bereits! Ich spüre so etwas - du… du erwartest ein Kind! Das ist doch etwas Wundervolles! Ich würde zu gerne Khion sehen wenn du es ihm erzählst! Er wird sicher außer sich sein vor Freude!“

Trotz Asklenas Worten brach in diesem Moment eine Welt für die Göttin des Stahls zusammen. Es war nur eine Nacht gewesen und doch schien das Schicksal darauf aus zu sein, ihr immer größer werdende Steine in den Weg zu legen.

Sie würde ihren Fehltritt nicht verheimlichen können. Zuvor war sie voller Hoffnung und Zuversicht, doch nun legte sich erneut der Schatten der Angst über den Geist der jungen Göttin, die das uneheliche Kind eines Sterblichen in sich trug. Erneut nagte in ihr die Angst ihrem Mann gegenüber zu treten.

„Ja… er wird… sicher überrascht sein...“

'Bei den Schöpfern… was soll ich nur tun?' fragte sie sich verzweifelt als sie den kleinen Stoffbeutel an ihre Brust drückte und zögerlich in Richtung ihres Zuhauses aufbrach.

 

Adamas war kaum durch die Tür geschritten, als Khion auf sie zustürmte und sie fest in seine Arme schloss. Als sie ihn anblickte, sah sie nur seine wässrigen Augen und sein freundliches Lächeln als er sie begrüßte „Willkommen daheim… Ich bin so froh das du wieder da bist.“

Seine Frau rang mit ihren Gefühlen, doch schließlich rollten Tränen der Erleichterung über ihre zarten Wangen als sie ihre Arme um seinen Hals schlang und seine Umarmung erwiderte „Ich… ich bin daheim...“

Khion kämpfte mit sich selbst als er versuchte die Worte die ihm auf der Zunge lagen über seine Lippen zu bringen. „Ich muss dich um Verzeihung bitten… ich… ich werde mit dir über alles reden… das hätte ich schon längst tun sollen...“

 

Als hätte seine Geliebte einen Geistesblitz, löste sie sich jedoch aus der Umarmung und sah betreten zu Boden. „Nein, du brauchst dich für nichts zu entschuldigen. Glaub mir… ich bin diejenige die ihre Schuld nie wieder gutmachen kann...“

Khion verstand nicht worauf seine geliebte Frau hinaus wollte, doch so wie sie sprach breitete sich in ihm immer mehr Unbehagen aus.

„Was… was redest du da? Was sollte ich dir denn nie verzeihen können?“

Doch anstatt darauf zu antworten streckte ihm seine Frau einen kleinen Beutel aus glänzendem Satin entgegen.

Verwundert öffnete Khion das Bändchen und lies den Inhalt auf seine Handfläche rutschen. Irritiert starrte er auf die beiden Schmuckstücke aus Metall welche eine seltsame Aura verströmten. „Für dich… sie… sie sind ein Geschenk...“ doch Adamas Stimme klang noch immer so sorgenvoll, das Khion sich gar nicht richtig über ihr Geschenk freuen konnte.

 

„Für mich?“ Khion starrte auf auf die beiden Ohrringe, die seine Frau ihm in seine Hand gedrückt hatte.

„Ja. Ich habe sie mit Hilfe von Asklena für dich geschmiedet. Sie sollten dir helfen die Gebete zu verdrängen. Sie… sie machen dich so krank das ich es nicht ertrage dich länger leiden zu sehen… bitte leg sie an!“

Khion schien überrascht das Adamas nicht nur scheinbar herausgefunden hatte was seinen Geist so kränkte, sondern auch noch etwas erschaffen hatte um ihm zu helfen.

Und doch sah er in ihren nervösen Augen das sie etwas vor ihm verbarg.

 

„Warum jetzt?… Was ist wirklich geschehen als du fort warst?“

Adamas fürchtete sich ihrem Mann in die Augen zu sehen, doch als sie ihn flüchtig ansah sah sie nur die Sorge in seinen Augen. Die hellen, klaren Augen die sie so sehr liebte und trotz allem hintergangen hatte.

Khion streckte seine freie Hand nach ihr aus, doch seine Frau zuckte nur zurück „Nicht!“

Verstört blickte der Gott des Eises seine Frau an, denn er verstand nicht was vor sich ging. „Was?… Ist meine Berührung denn so unerträglich für dich? Verzeih mir...“

Der Eisgott blickte niedergeschlagen zu Boden doch dann platzte es aus Adamas heraus

„Nein ich liebe dich über alles!… Aber… ich… ich bin es nicht wert von dir geliebt zu werden!“

Sie schlang ihre Arme schützend um ihren Oberkörper als sie weitersprach „Ich bin unrein… ich verstehe es wenn du mir das nie verzeihen kannst… doch ich… ich trage ein Kind in mir.“

 

Khions Augen weiteten sich vor Entsetzen und starrten seine Frau fassungslos an.

'Sie… hat … mich… betrogen?…' Khions Gedanken waren wie gelähmt als er versuchte das Gehörte zu verarbeiten. Seine Fäuste ballten sich voller Zorn und zitterten vor Anspannung.

„Ich... verstehe.“ dies waren die einzigen Worte die knapp über die Lippen des Weißhaarigen kamen, denn anschließend biss er sich auf Lippen und wandte seinen Blick ab.

Adamas konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und versuchte trotz ihrer bebenden Stimme sich zu erklären.

„Es.. es tut mir so leid Khion… das… das war nie meine Absicht gewesen!“

Sie griff ihrem schockierten Mann an seine Weste und krallte ihre schmalen Hände hinein „Ich war so wütend… so traurig… und … und dann habe ich diesen Sterblichen getroffen-“

Adamas konnte ihren Satz gar nicht beenden, da Khion sie fest in seine Arme schloss.

„Sprich nicht weiter. Es… es ist auch meine Schuld…“

Doch dann löste es sich von seiner Frau und sprach mit zitternder Stimme weiter „Ich... werde das Kind als das meine annehmen. Aber das ist auch alles, das ich dir versprechen kann...“

Sein schneeweißes Haar wirbelte umher, als er seinen Blick von seiner Ehefrau abwandt und aus dem Zimmer eilte ohne noch einmal zurück zu blicken.

Weinend sank die sonst so starke Göttin in die Knie, ihre Arme fest um ihren zitternden Körper geschlungen.

„...Das ist mehr als ich verdiene… Khion... es tut mir so leid...“

Ihre Stimme wurde von ihrem bitterlichen Weinen erstickt und so saß sie nun am Boden und verteufelte ihre eigene Dummheit.

„...Ich... ich habe dich nicht verdient.... Khion... bitte vergib mir.....“

 

Khion stand im Zentrum des Eissturms – was nicht weiter ungewöhnlich gewesen wäre, hätte er nicht inmitten in einem der abgelegenen Gästezimmer seines Hauses gestanden. Die eisige Luft peitschte durch seine Haare, doch selbst die unnatürliche Kälte in der er sich befand, konnte sein aufgebrachtes Herz nicht beruhigen.

Hatte seine Schwäche letztendlich bewirkt das Adamas sich in die Arme eines Anderen geflüchtet hatte und nun auch noch dessen Kind in sich trug?

Ihm war durchaus bewusst, dass er alles andere als gut seine Gefühle zeigen konnte.

Er wusste das er sich die letzte Zeit sehr zurückgezogen hatte, doch er hatte nichts Anderes tun können. Zuletzt hatte ihm die Kraft gefehlt seine Missionen anzutreten und es hatte nichts gegeben das er dagegen tun konnte.

Einzig Adamas hatte für ihn noch einen Grund dargestellt weiter zu leben.

Doch auch wenn vielleicht nur für einen Moment, hatte selbst sie sich nun schlussendlich von ihm abgewandt. Er war wahrhaftig allein.

 

Erst als blutige Tropfen von seiner Hand perlten sah Khion das er die Ohrringe in seiner Hand zusammen gekrampft hatte und das sich das kalte Metall in seine Haut gebohrt hatte. Von einer Sekunde auf die andere herrschte absolute Stille. Fast schwerelos fielen vereinzelt Schneeflocken auf den Boden, als der Gott des Eises seinen Rücken scheinbar kraftlos gegen die Zimmertür drückte. Langsam rutschte er an der Tür entlang auf den Boden, während seine Beine immer mehr nachgaben.

Vereinzelt rannen kalte Tränen über seine Wangen während seine eisblauen Augen auf die blutverschmierten Ohrringe in seiner Hand blickten.

„Warum? WARUM VERDAMMT?! WARUM...?“ sein wütender Aufschrei wurde von seinen Tränen erstickt, die nun einfach aus ihm herausflossen.

Khion kauerte sich zusammen und vergrub das Gesicht in den Armen.

„Ich will dich nicht verlieren… ich liebe dich doch…“

Es war kaum mehr als ein Flüstern als Khion erneut seinen Kopf in seinen Armen vergrub „...ich brauche dich… ohne dich… bin ich nichts...“

 

Die Zeit verging, die Jahreszeiten wechselten und jedes Jahr erblühte die Natur immer wieder aufs Neue. Rha'Ki liebte diese Zeit besonders, wenn sich die ersten Knospen der Bäume und Sträuche öffneten und die letzten Überreste des harten Winters vertrieben.

Er hatte seinen Stamm verlassen und lebte sein Leben als Einzelgänger, doch das reichte ihm. Er schuldete niemanden Rechenschaft für Dinge die er tat oder nicht.

Sein Haar war inzwischen so lang gewachsen, dass er es zu einem langen Zopf geflochten trug und selbst dieser schon fast den Boden berührte.

Er saß wie so oft am Ufer eines kleinen Flusses auf dessen Oberfläche die letzten Eisschollen losgerissen und flussabwärts getrieben wurden. Der Halbdrache genoss sichtlich die absolute Stille die ihn umgab.

Es störte ihn nicht allein zu sein, doch es verging auch kein Tag an den er nicht an sie dachte. Adamas.

Die Göttin an die er sein Herz verloren hatte, hatte er seit dieser Nacht vor vielen Jahren nie wieder gesehen.

Es war kurze Zeit nachdem sie ihn verlassen hatte, das er erneut einen Streit mit seinem Vater hatte – das Ergebnis war das er seinen Clan verlassen hatte um sein eigenes Leben nach seinem Willen zu leben.

Er bereute nichts. Nicht, das er sein altes Leben hinter sich gelassen hatte.

Nicht, das er Adamas diese Nacht geliebt hatte.

 

Das Knacken eines Astes durchriss die Stelle und Rha'Ki wirbelte herum, nur um zwei kalte Stahlklingen an seinem Hals zu spüren.

„Keine Bewegung, Sterblicher.“

Er blickte in die kalten Augen zweier gepanzerten Krieger. Auf den Stellen der sichtbaren Haut verliefen leicht glühende Linien und formten unterschiedliche Muster.

Rha'Ki schluckte angespannt, doch sprang vor den Klingen zurück und überraschte seine Angreifer, welche scheinbar nicht mit Gegenwehr gerechnet hatten.

Flammen brachen aus seiner geschuppten Haut hervor und schmiegten sich an seinen Körper.

Die starken Flammen welche die Fremden zurückschrecken liesen, waren ein Teil von ihm. Nie würde das magische Feuer ihm Schaden zufügen.

Wer auch immer diese Fremden waren – sie hatten den Zorn eines Erben der Fegefeuer-Drakaan auf sich gezogen. Er würde nicht kampflos aufgeben.

So stürzte sich Rha'Ki sich auf seine Gegner noch während er voller Kampflust aufbrüllte.

 

Adamas hielt das kleine Stoffbündel in ihren Armen. Sanft strich sie über den kleinen Körper, den der weiche Stoff umwickelte.

Sie hatte einen Sohn geboren. Sie hatte teilweise große gesundheitliche Probleme durchstehen müssen, doch am Ende war alles gut überstanden und sie hatte einen gesunden Halbgott geboren.

 

Die winzige Hand ihre Sohnes griff nach ihrem Finger und klammerte sich fest an seine Mutter. Der kleine Junge hatte seidenweiches, blondes Haar und hatte einen sonnengebräunten Hautton – doch sein linker Arm war geradezu abstrakt. Im Gegensatz zu seinem Rechten war er nicht menschlich, es war die kleine schwarze Pranke eines Drachen und auf seinem Kopf waren bereits jetzt die Ansätze winziger Hörner erkennbar.

Adamas schmerzte ihr Herz als ihr immer wieder bewusst wurde wie ähnlich ihr Sohn seinem Vater sah. Er konnte seinen Erzeuger nicht verleugnen, auch wenn auf seinem Körper ebenso feuerrote, göttliche Symbole verliefen.

Sie hatte ihm den Namen Ares gegeben. Den starken Namen eines Kriegers – denn er würde es alles andere als leicht haben.

 

Doch im Moment stand ihr ganzes Leben auf Messers Schneide. Natürlich hatte sie es nicht lange verheimlichen können, das Ares der Sohn eines Sterblichen war.

Sie hatte ich der Anklage des Hochgottes stellen müssen, das Gesetz gebrochen und ihr Volk entehrt zu haben.

Für all die Anderen Götter war sie nun nicht mehr als ein Schandfleck, ein Flittchen das ihren Mann betrogen hatte und nun auch noch einen Bastard geboren hatte.

Doch Khion hatte es genauso, wenn nicht noch schwerer getroffen.

 

Weil er an ihrer Seite geblieben war. Er hatte sie weder abgelehnt noch verurteilt und dies lag außerhalb des Verständnisses der meisten Götter.

Zwar war die Beziehung zwischen ihnen deutlich abgekühlt, doch Adamas war ihrem Mann dankbar, das er noch immer an ihrer Seite geblieben war.

Auch wenn zwischen ihnen nichts mehr so war wie zuvor – es stimmte sie glücklich zu sehen wie es ihrem Mann stetig besser ging.

Zuerst war sie überrascht gewesen, das Khion tatsächlich die Ohrringe trug die sie ihm geschmiedet hatte – sie hatte erwartet gehabt das er sie weggeworfen hatte.
 

Erst schien es jedoch, als hätten sie keinerlei Wirkung – doch nach einiger Zeit wurde es offensichtlich das es dem Gott des Eises jeden Tag etwas besser ging. Manchmal waren die Veränderungen kaum merkbar und dann glaubte sie wieder den jungen Gott vor sich stehen zu haben in den sie sich einst als Junggöttin verliebt hatte.

Auch wenn ihr Fehltritt wie ein Schatten über ihrer Beziehung hing, liebte sie ihren Mann über alles – ebenso wie ihren neugeborenen Sohn, der schlafend ihn ihren Armen lag.

 

Khion stand am Fenster des Wohnzimmers und starrte in die Ferne während Adamas mit dem kleinen schlafenden Ares auf der kleinen Sitzgruppe saß, als ein lautes Hämmern an ihrer Türe alle zusammenfahren lies.

„Bleib hier – ich gehe nachsehen.“ antwortete Khion kühl während Adamas versuchte ihren Sohn zu beruhigen, welcher vor Schreck das Weinen angefangen hatte.

Sie blickte Khion hinterher, doch bereits jetzt schnürte die Angst ihre Brust so zusammen, das sie glaubte nicht mehr atmen zu können. Sie drückte ihren kleinen Sohn verängstigt an sich, als Khion von zwei Wächtern gefolgt wieder ins Zimmer trat.

 

„Ist… es soweit?“ ihre Stimme war kaum hörbar, den die Angst vor dem was sie erwartete lähmte sie. Khion nickte nur angespannt „Sie haben ihn. Es ist Zeit.“

Adamas Körper zitterte als sie aufstand und auf ihren Mann zuschritt.

Der Hochgott Arc würde über Sie und Ares richten. Ebenso über den Sterblichen, der sie angeblich entehrt hatte. Adamas wusste weder was sie erwarten würde, noch was geschehen würde wenn Arc sie und Ares verurteilen würde.

Doch als sie zwischen den Wachen sich zum Weißen Palast begab, spürte sie wie Khion nach ihrer Hand griff. Zwar sah er sie nicht an, doch sie konnte in seinem Gesicht sehen das er genauso in Sorge war vor dem was geschehen würde.

Sie drückte die Hand ihres Mannes fester und war erneut dankbar noch immer an seiner Seite sein zu dürfen.

 

Rha'Ki Arme waren hinter seinem Rücken gefesselt und trotz aller Bemühungen schaffte er es nicht sich zu befreien.

Er hatte die Beiden Angreifer gut in Schach gehalten, doch wie aus dem Nichts waren aus einem Lichttor noch weitere Krieger erschienen und überwältigten ihn schlussendlich. Zu seiner Verwunderung töteten ihn die fremden Wesen nicht – sie fesselten ihn mit Magie und schleppten ihn mit sich. Für seine Versuche sich zu befreien oder sonstige Gegenwehr erntete Rha'Ki nur schmerzhafte Hiebe und Tritte – irgendwann fehlte dem Fegefeuerdrakaan einfach die Kraft sich weiter zu widersetzen und bis auf ein gelegentliches Knurren hatte er seinen Angreifern nichts mehr zu entgegnen.

Die magischen Fesseln unterdrückten seine Magie, so blieb ihm nichts anderes übrig als den Anweisungen der fremden Wesen folge zu leisten.

 

Sein Körper sträubte sich als sich vor ihm eines der seltsamen, leuchtend weißen Tore auftat und die Fremden ihn anwiesen hindurch zu schreiten. Er taumelte etwas zurück als er auch schon spürte wie ihn einer der Männer nach vorne stieß und ihn in das helle Licht schubste. Erst von dem hellen Licht geblendet riss Rha'Ki seine Augen auf als er erneut weitergeschoben wurde „Bewegung Drache – Du wirst bereits erwartet.“ knurrte ihn die tiefe Stimme von einem der Krieger genervt an.

Sein Körper fühlte sich an als wäre er gelähmt, jede Faser seines Körpers warnte ihn das er nicht an diesem Ort sein sollte.

Es war eine strahlend weiße Stadt, erbaut auf dunklem Fels. Die hohen Türme der Gebäude erstreckten sich in den klaren Sternenhimmel der sich über alles erstreckte was sein Auge erblickte. Er wusste nicht was dies für ein Ort war – doch er fühlte instinktiv das er nicht hier sein sollte. Kein sterbliches Wesen sollte das sein.

Mit jedem Schritt den er auf den weißen Stein setzte spürte er das dies Alles kein gutes Ende nehmen würde.

 

Der Weg führte in das große Gebäude im Zentrum der fremden Stadt – entlang der angelegten Wege wurde er durch die riesigen Gärten in den Palast hinein geschoben.

Seine Wachen zerrten ihn durch verschiedene Korridore und Zimmer und der Drache wusste nicht wo er zuerst hinschauen sollte. Alles das er hier erblickte erschien ihn so fremd das seine Vermutung ihm immer sicherer erschien – er musste sich in der Stadt der Götter befinden. Der Heimat seiner geliebten Adamas.

„Wohin bringt ihr mich?“ Rha'Ki erwartete eigentlich keine Antwort auf seine Frage, denn bisher hatten ihm die Fremden auch nie geantwortet, doch einer der Krieger seufzte schließlich bevor er zu sprechen begann.

„Du wirst für deine Taten von unserem obersten Gott vor Gericht gestellt. Unserem Hochgott, Lord Arc.“

Rha'Ki verstand es nicht „M… meine Taten? Was… was soll ich denn bitte getan haben?!“

seine Stimme wurde laut, denn er war sich keinerlei Schuld bewusst die all dies rechtfertigen würde. Er hatte noch nie auch nur davon gehört das jemand von Göttern entführt und gerichtet wurde.

Die kalte Stimme eines Anderen verunsicherte den jungen Drachenkrieger jedoch erneut „Mäßige deinen Ton. Du solltest dem höchsten der Götter mit Respekt entgegentreten… sonst wirst du es bereuen.“

Der Tonfall des Gottes lies keinen Zweifel offen dass Rha'Ki es wohl mit seinem Leben bezahlen würde, wenn er sich vor ihrem mysteriösen Anführer nicht angemessen verhalten würde. Der blonde Drache schluckte angespannt als die großen Torflügel geöffnet wurden und er in den großen Saal geführt wurde.

Auf beiden Seiten standen einige Götter, die ihn kritisch musterten. Manche Blicke waren voller Abscheu, andere wirkten neugierig und manche sogar überrascht oder beeindruckt.
 

„Auf die Knie Sterblicher.“ Rha'Ki leistete verunsichert den Anweisungen seiner Entführer folge, als er den Fuß der Marmorstufen erreichte.

Als drückte ihn eine unsichtbare Macht zu Boden konnte er kaum seinen Kopf heben um die Stufen hinauf zu dem Thron zu blicken.

Fliederfarbene, ausdruckslose Augen starrten ihn an während die Person gelangweilt durch sein kurzes, feuerrotes Haar strich. Aus der Stirn des Fremden wuchsen amethystfarbene Kristalle die ein sanftes Glühen ausstrahlten, ebenso die Linien die sein Gesicht zierten.

Doch Rha'Ki war viel mehr von den großen Schwingen beeindruckt, welche aus dem Rücken des Gottes wuchsen. Drei Flügelpaare ragten aus dessen Körper und strahlten eine Erhabenheit aus, die selbst Rha'Ki Respekt einflöste. Doch der kalte ausdruckslose Blick des Gottes lies eine Kälte durch seinen Körper jagen die er noch nie verspürt hatte.

Er kannte sich mit Göttern nicht aus – doch sein Instinkt sagte ihm das etwas mit diesem Rotschopf nicht stimmte.

 

„Willkommen in unserem Reich Drache. Mein Name ist Arc, Gott der Leere. Wie nennt man euch sterbliches Wesen?“ Die Stimme des Gottes war überraschend weich und sanft, doch Rha'Ki spürte darin nichts. Zwar versuchte er wohl freundlich zu klingen, doch selbst er konnte spüren das keinerlei Emotion in seiner Stimme steckte.

Doch Rha'Ki wagte es nicht sich diesem Hochgott zu widersetzen „Man… man gab mir den Namen Rha'Ki, Sohn des Shkar'Ki, Stammesführer der Fegefeuer-Drakaan.“

Der Drache meinte in den leblosen fliederfarbenen Augen des Andern etwas wie Neugierde zu sehen, doch es war genauso schnell fort wie es aufgeblitzt hatte.

 

„Nun denn Rha'Ki… ist dir bekannt weshalb du hier bist? Du darfst frei sprechen… es gibt keinen Grund für Förmlichkeiten.“

Rha'Ki war überrascht ebenso wie die anderen Götter im Saal das Arc keinen Wert auf irgendwelche Sitten und Förmlichkeiten hielt.

„Nun, kannst du meine Frage beantworten Drache?“

Rha'Ki fühlte sich wie ein Tier vor der Schlachtbank und machte es ihm fast unmöglich klare Worte zu fassen. Das alle Anwesenden ihn voller Erwarten beobachteten, machte dies auch nicht leichter.

„Nein...“ presste der Drache aus seiner trockenen Kehle. Kalter Schweiß rannte seine Stirn hinab und sein Atem ging unnatürlich schwer. Als spürte er einen unerträglichen Druck auf seinen Lungen, war es mehr ein schwerfälliges Keuchen das aus seinem Körper stieß.

 

Auf Arcs Lippen legte sich etwas, das einem Lächeln ähnelte.

„Dann lass es mich dir zeigen Drache.“

Er schnippte mit seinen dünnen Fingern und aus einer Tür hinter ihm wurde eine Frau vorgeführt.

Rha'Ki glaubte das sein Herz stehen bleiben würde. Nie könnte er dieses sanfte Gesicht und das glänzende Haar wie aus Silber vergessen. Nach all den Jahren schien sie keinen Tag gealtert und war noch schöner als in seiner Erinnerung an sie. Unmittelbar neben Arc stand die Göttin des Stahls. Adamas. Die Frau die er all die Zeit nie vergessen konnte und noch immer so sehr liebte wie in dieser schicksalshaften Nacht.

 

Doch das was sie in ihren Armen hielt weckte seine Aufmerksamkeit.

Es war ein Kind. Als würde er in einen Spiegel blicken erkannte er es als das Seine. Das blonde Haar, die kleine schwarzgeschuppte Hand eines Drakaan… und doch erkannte er das göttliche das durch die Adern des Kindes pulsierte. Die feuerroten Symbole die sich über die gebräunte Haut zogen. Das Kind öffnete die Augen und sah in seine Richtung.

Rha'Ki konnte es nicht fassen. Er hatte ein Kind, von dem er all die Jahre nichts gewusst hatte. Die kleinen bernsteinfarben, pupillenlosen Augen sahen ihn neugierig an, doch dann kuschelte es sich erneut an die Brust seiner Mutter, die es fest in ihren dünnen Armen hielt.

 

„Dies ist Ares… euer Sohn, Drache.“ Arcs harte Stimme durchdrang hart die Stille.

„… Und euer Verbrechen. Ihr habt es gewagt eine Göttin zu entehren. Darauf steht seit Urzeiten die Todesstrafe. Für euch, die Göttin die dieses Vergehen aus freien Willen begangen hat und das Mischlingskind das nicht existieren dürfte. Das ist die Strafe für jene, die eines unserer wichtigsten Gesetze gebrochen haben.“

Rha'Ki wollte aufspringen, doch die fesselnde Macht hielt ihn noch immer regelrecht am Boden gekettet „NEIN!! DAS KÖNNT IHR NICHT MACHEN!!!“ brüllte der Drache Arc entgegen.

„Kann ich nicht?“ Arc schien amüsiert über Rha'Kis Gefühlsausbruch und sprach weiter „Ich kann es… aber ich möchte unnötiges Töten der Meinen gerne vermeiden. Daher mache ich dir ein Angebot...“

 

Rha'Kis Blick wechselte flink zwischen dem Hochgott und seiner Geliebten, die ihn schmerzerfüllt anblickte und ihren gemeinsamen Sohn fest umklammerte.

Egal was Arc verlangen würde, Rha'Ki würde es tun. Er würde alles aufgeben wenn er dadurch nur Adamas und seinen kleinen Sohn retten könnte.

„Und das wäre?“ zischte der Drachenkrieger in die Richtung des Hochgottes. Das Getuschel und Raunen das durch den Raum ging erstarb als der Gott erneut sprach „Beweise mir deinen Wert Drache. Ich werde über die Stärke deiner Seele und deines Herzens richten.“

„W… wie bitte?!“ Rha'Ki verstand es nicht was Arc von ihm verlangte 'Die Stärke meiner Seele? Wie… wie soll ich das bitte machen?!' verzweifelt blickte er Adamas an, die jedoch mit Tränen in ihren Augen seinem Blick auswich. Wie sollte er sie retten können wenn er nicht einmal wusste wie der diese Forderung erfüllen sollte?

 

„Khion, tritt hervor.“ wies Arc an und ein junger Krieger trat neben dem Hochgott einige Schritte vor. Langsam näherte er sich Rha'Ki und der Drache konnte die unwirkliche Kälte spüren die der Gott ausstrahlte. Seine weißes Haar glich frisch gefallenem Schnee und der klare Blick der eisblauen Augen fixierte ihn angespannt.

Er erkannte den Zorn der in den kalten Augen loderte.

Doch da war noch etwas anderes - Unsicherheit und Angst.

Rha'Ki spürte das dieser weißhaarige Gott dies hier weder guthieß noch als gerecht empfand. Die Augen des Gottes zuckten nervös als sich in seiner rechten Hand eine Klinge aus Eis formte.

Der Drachenkrieger konnte an Adamas verzweifelten Augen erkennen, was sie und diesen Eisgott verband. Rha'Ki erkannte das dies Adamas Gemahl sein musste. Es war seine Frau, die er in jener Nacht geliebt hatte. Er war diese unglaublich wichtige Person in Adamas Leben gewesen, die sie an jenem Abend erwähnt hatte.

Beide Hände des Gottes legten sich um den Griff seines Schwertes und er holte aus – Rha'Ki kniff seine Augen zusammen und konnte schon den Schmerz spüren wie die Eisklinge durch seinen Körper gestoßen wurde.

Doch nichts geschah, es folgte kein Schlag. Verwirrt öffnete der Halbdrache die Augen und sah in die verunsicherten Augen des zitternden Gottes.

 

„Warum zögerst du? Es... ist mein Kind das deine Frau austrug.“ Rha'Kis Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Das hier ging niemanden etwas an außer sie Beide.

„Es.. ist genauso meine Schuld… dass Adamas sich in deine Arme flüchtete… ich will das hier nicht… ich… ich hege keinen Groll gegen dich Sterblicher.“

Rha'Ki war wahrhaftig erstaunt. Immerhin sprach er hier mit dem Mann, mit dessen Frau er ihn betrogen hatte und nun auch noch seinen Sohn geboren hatte.

Doch als er dem blassen Gott in seine eisblauen Augen starrte konnte Rha'Ki sehen, das er es ernst meinte.

Der weißhaarige Gott sprach jedoch noch weiter „...Aber wenn ich es nicht tue, werden sie und Ares verurteilt. Weil sie unser Volk 'entehrt' haben.“

Hin und Hergerissen zwischen seinen eigenen Gefühlen fasste Rha'Ki einen Entschluss. Dies war ein guter Mann mit einem großen Herzen – er würde über seine Geliebte und seinen Sohn wachen, dessen war er sich sicher. Mit all seiner Kraft stemmte er sich gegen die fesselnde Magie und griff mit seinen Pranken nach der Eisklinge.

 

Geschockt blickte Khion auf den Drachen unter sich und starrte auf das helle, rote Blut das aus der Wunde in seiner Brust strömte. Der Drache brüllte auf, als er Khions Klinge nur noch weiter durch seinen Körper trieb. Khion konnte hören wie seine Frau voller Schmerz schrie und weinte, doch er konnte seinen Blick nicht von dem Mann vor sich abwenden.

Erst als ein Schwall Blut über seine Hand lief, welche noch immer den Griff der Waffe festhielt lösten sich seine verkrampften Finger.

„W...wieso?“ Khion verstand es nicht warum der Andere das getan hatte, warum er sich selbst die Klinge durch die Brust gejagt hatte und doch sah er das Feuer das in den roten Augen des anderen glühte, das Feuer eines unbeugsamen Willens.

 

Rha'Kis sterbender Körper spuckte Blut als er in Khions verständnisloses Gesicht starrte.

Trotz seiner Qualen lachte der Drachenkrieger kurz auf.

„ Ich bereue nichts... aber ich bitte dich... Pass auf sie auf… und… auf.. meinen Sohn… ihn trifft keine Schuld...“ Rha'Kis Sicht begann zu verschwimmen und sein Blick wanderte ein letztes Mal zu Adamas und seinem Sohn. Wie gerne hätte er ihn wenigstens einmal in seinen Armen gehalten. Er konnte die Beiden kaum noch erkennen als er vornüber fiel und in einem See seines eigenen Blutes lag. Er glaubte das es jeden Moment vorbei wäre, doch die Stimme des Hochgottes durchdrang die Stille in seinem Kopf.

„Du hast die Stärke deiner Seele bewiesen Drache.“

Rha'Ki meinte zu spüren wie schlanke Finger sanft durch sein Haar strichen und er versuchte schwerfällig seine Augen zu öffnen.

Der rothaarige Gott saß vor ihm in der Hocke und schien sehr zufrieden zu sein.

„Ein unbeugsamer Wille, nicht zögernd alles zu opfern um die Seinen zu beschützen. Adamas und das Kind dürfen Leben – du hast weder sie noch unser Volk entehrt.“

Rha'Ki versuchte den Worten des Hochgottes zu lauschen, doch er war so unglaublich müde und wollte nur noch seine Augen schließen als Arc ihm erneut über seinen Kopf strich. Eine eigenartige, fremde Macht strömte durch seinen Körper doch es war nicht länger von Bedeutung.

 

Rah'Kis Körper wurde hoch in die Luft getragen und Arcs Magie durchflutete die sterblichen Überreste des Drachenkriegers.

„Tut mir leid, aber du wirst nicht zum Ursprung zurückkehren. Auch wenn Adamas und Khion freigesprochen sind, musst du trotz allem deine Strafe erfahren. Du wirst bis ans Ende der Zeit über deinen Sohn wachen.“

Sein toter Körper wurde von einem hellen Licht verschlungen und mit einem Mal verblasste das Licht um eine stetig glühende Sphäre zurück zu lassen.

Arc griff sie aus der Luft und sprach weiter „Ich meine es ist eine ertragbare Strafe für immer mit denen zusammen zu sein die man liebt.“

Die Macht in der Sphäre flammte auf und Flammenzungen griffen auf Arcs Arme über.

Der Hochgott verzog leicht das Gesicht als sich das Feuer in seine Haut brannte, doch trotz allem schien er sehr zufrieden.

„Ich kann es dir nicht übelnehmen, das du trotz allem einen Groll gegen mich hegst… unsterbliche Seele des Fegefeuers… Verbrenne alles zu Asche was sich in deinen Weg stellt.“ Sein Grinsen verzog sich kurzfristig zu einer gehässigen Fratze nur um gleich wieder in seine ausdruckslose Mimik zu wechseln.

 

Arc drehte sich um und gab seinen Wachen ein Zeichen und die Zeugen wurden aus dem Saal geführt, nur noch Adamas, Khion und der kleine Ares verblieben in dem Saal.

Adamas hielt noch immer Ares in ihren Armen und Khion stand betreten an ihrer Seite.

Der Gott des Eises schrak auf als sein Hochgott ihm mit einem Mal die feurige Sphäre in die Hände warf - doch zu seinem Erstaunen fühlte er keinen Schmerz.

Kleine Flammen züngelten sich zwar um seine Hände, doch sie verbrannten ihn nicht.

Adamas Blick lag traurig auf der Sphäre während sie in Gedanken bei dem Fegefeuer-Drakaan zu verweilen schien. Er wollte sie und ihre Familie nicht verletzen. Er würde sie beschützen, bis ans Ende der Zeit.

 

Rha'Kis Seele wachte über seinen Sohn, eingeschlossen in einem kleinen Ball.

Er zerschmetterte und versengte seine Feinde als flammender Morgenstern.

Egal wohin Ares auch gehen würde – sein leiblicher Vater würde immer bei ihm sein und über ihn wachen.

 

Xenos rührte in seinem Tee herum, der inzwischen schon eiskalt geworden war.

Er war damals nicht anwesend – auch wenn er dankbar war, das er diesen Teil der Vergangenheit nun endlich erfahren hatte stimmte es ihn traurig.

Adamas, die zu unrecht verteufelt worden war weil sie ihrem Herzen gefolgt war.

Khion der so sehr unter der Last der Gebete gelitten hatte ohne sich jemanden anvertrauen zu können.

Ares, der in all dies hineingeboren wurde von von Geburt an von den Anderen als Schande betrachtet worden war.

Arc… dessen Beweggründe wie damals während ihrem Kampf ein einziges Rätsel waren.

Wenn er damals selbst nicht so egoistisch in Selbstmitleid versunken wäre und nur versucht hätte mit anderen zu interagieren hätte vieles anders verlaufen können. Manche Personen, die ihnen wichtig waren könnten noch leben. Anderen hätte vielleicht viel früher geholfen werden können. Ihnen hätte überhaupt geholfen werden können.

 

Er spürte wie seine Hände sich zornig verkrampften und stellte die Tasse lieber auf den schlichten Tisch bevor er sie noch zerbrechen würde.

Adamas schien ihn die ganze Zeit beobachtet zu haben, denn sie lächelte ihn sanft an und legte ihre Hand behutsam auf die von Xenos.

„Ich bin inzwischen sehr glücklich, und ich bin mir sicher Ares ist es auch. Die Vergangenheit ist ein Teil von uns – sie ist das was uns ausmacht und antreibt. Verliere dich nicht in Gedanken was du hättest ändern können. Ich denke oft das ich nie einen so wundervollen Sohn hätte, wenn ich damals nicht davon gestürmt wäre. Khion wäre vielleicht nie wieder gesund geworden. Du wärst wahrscheinlich nie ein Teil unserer Familie geworden.“

Xenos blickte erstaunt in die stahlgrauen Augen der anderen Göttin „Ich bin mit dem was ich habe überglücklich. Und ich denke du bist es auch.“

 

Xenos war es peinlich das die Göttin des Stahls so offensichtlich sehen konnte, welche Gedanken durch seinen Kopf gingen.

„J...ja… ich bin es… ich bin es wirklich… ich bin so glücklich euch alle zu haben…. ughhh….“ stotterte der Gott der Sterne heraus, während Tränen über seine Wangen rollten und es immer mehr in ein verschnupftes Heulen überging.

Irritiert aufgrund seines Gefühlsausbruches versuchte er die Tränen fort zu wischen, doch es hörte einfach nicht auf. Mit laufender Nase fluchte er nur vor sich hin „Ich werd' noch wahnsinnig… diese… diese verdammten Stimmungsschwankungen… ich glaub ich halt das nicht mehr lange aus...“

Adamas setzte sich neben ihn und strich ihm lachend über den Rücken und der Gott der Sterne schien sich scheinbar auch zu beruhigen.

Das Geräusch der sich öffnenden Tür lies die Beiden aufhorchen. Als Ares und Khion eintraten staunten sie, ihre Partner zusammen sitzen zu sehen.

Xenos sprang auf und rannte Ares so schwungvoll in die Arme das dieser kurz glaubte zu stürzen – doch dann schloss er den Gott der Sterne fest in seine Arme und küsste ihn sanft auf die Stirn „Ich bin zurück...“

 

Adamas lehnte sich an Khions Brust, welcher sich hinter ihr über das Sofa gebeugt hatte.

„Wie geht es dir meine Liebe?“ erkundigte sich der Eisgott liebevoll.

„Mir geht es gut – ich glaube nur das meine alte Geschichte Xenos etwas emotional aufgewühlt hat...“ lachte sie ihren Mann verlegen an. Khion beobachtete nur irritiert wie Xenos die ganze Zeit auf sich selbst wütend war das er nicht aufhören konnte zu weinen, während Ares ihn die ganze Zeit damit neckte.

Er ging herum und setzte sich neben seine Frau auf die Sitzgruppe und lächelte sie nur an.

„Wenn ich die Möglichkeit hätte in der Vergangenheit etwas zu ändern… ich würde alles genauso machen.“

Adamas sah ihren Mann etwas verwundert an, doch dann nickte sie zustimmend.

„Es ist alles gut so wie es ist, nicht wahr?“


Nachwort zu diesem Kapitel:
die überarbeitete Version des 1. Kapitels - im Schreibprogramm sind es ganze 2 Seiten mehr geworden :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, hier nun die Hintergrundgeschichte rund um Ares, seine Familie und seinen leiblichen Vater - ich hoffe das Kapitel bringt etwas Licht ins Dunkel und gefällt euch.


edit - lol beim Upload erstmal die Hälfte vom Text vergessen :D Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von: Calafinwe
2018-08-23T10:20:55+00:00 23.08.2018 12:20
Also, ich hab btw. das gestern endlich mal geschafft zu Ende zu lesen. :3
 
Um dann heute festzustellen, dass es ja noch ein Extrakapitel gibt. Aber das klammer ich jetzt einfach mal aus.

Mir hat die Geschichte im weiteren Verlauf ziemlich gut gefallen, nur zum Ende hin wurde es etwas arg kitschig ^^" Generell finde ich den Ansatz, dass Götter auch von jemandem geschaffen werden, ziemlich interessant. Dramatisch, wie ihre Erschaffer quasi eine willenlose Marionette erzeugen, um ein Medium zu haben. Da fragt man sich, ob eine Porzellanfigur nicht sinnvoller gewesen wäre. Arc hatte es ja nicht leicht, bzw. die Götter im allgemeinen. War er schon immer der Gott der Leere? Hatte irgendwie den Eindruck, dass das erst relativ spät in der Geschichte kam und mit der leeren Hülle von ihm hat es ja auch irgendwie gepasst. War der davor von etwas anderem die Gottheit?

Schreibtechnisch gilt eigentlich mehr oder minder noch das Selbe aus meinem ersten Kommentar, von daher spar ich mir den Aspekt.

Mal schauen, ob ich mir das Zusatzkapitel noch auf den eReader gezogen bekommen :3

LG
Calafinwe
Antwort von:  eternal-shiva
24.08.2018 09:07
Erst einmal Dankeschön für dein Review :D ich hab mich sehr gefreut!

Lol, ich denke ich werde das Ende nochmal etwas überarbeiten, aber im großen und Ganzen wird es so bleiben... die Charaktere haben sich etwas wie ein Happy End verdient, zumindest möchte ich es ihnen gerne geben xD ...
Leider bin ich die letzte Zeit nicht zum schreiben/ bearbeiten gekommen, deswegen sind auch noch die ganzen Fehler vorhanden, die du erwähnt hattest :D aber das korrigiere ich sobald ich dazu komme~ (hab jetzt ja Urlaub und so xD)

Hmmm.. eine Porzellanfigur kann schlecht für einen in die Schlacht ziehen und Feinde vermöbeln - die ollen Seelen möchten sich sicher sein, das ihre Befehle ausgeführt werden, daher bevorzugten sie es wohl eher eine Marionette zu besitzen die kaum mehr einen eigenen Willen hat - was bei Arc (zum Glück?) nicht geklappt hat.

Arc wurde als Gott der Leere betitelt da er keinem Element zugehörig ist, wie z.B. Feuer oder Eis. Auch bezieht er seine Kraft nicht aus der 'Energie' der Sterne wie z.B. Xenos - Er schöpft seine Kraft aus die Leere die sich in vielen Aspekten wiederfindet wie die unbelebte Weite des Weltraums oder in den Herzen der Sterblichen. Im Gegensatz dazu war quoll er selbst fast über vor Emotionen - vielleicht ja um diese Leere zu füllen?

Wie gesagt, ich werde sobald ich dazu komme noch die Grammatikfehler überarbeiten (und beim überarbeiten der neuen Versionen gleich beachten)

Liebe Grüße
Antwort von: Calafinwe
24.08.2018 09:45
Hi noch mal,

vielleicht komm ich auch dazu, die Geschichte nach der Überarbeitung noch mal zu lesen. Ich hatte tatsächlich den Eindruck, dass es ab Kapitel 4 oder so abrupt weniger Rechtschreibfehler wurden ^^" Wie gesagt, ich weiß nicht, wie aktuell meine Version auf dem eReader noch ist.

Vielen Dank auch für die Hintergrundinformationen zu Arc. Gibt ja genügend schwarze Löcher da draußen, woraus er seine Energie ziehen kann, da ist es wohl auch nicht verwunderlich, dass er als nächster Hochgott ausgewählt wurde.

LG
Antwort von:  eternal-shiva
24.08.2018 10:10
Das war dann wahrscheinlich Zufall :D
überarbeitet ist es erst bis Kapitel 2, aber ich hoffe dass ich bald dazu komme weiter zu machen xDDD... bei den überarbeiteten Versionen steht auf jeden Fall "überarbeitet" im Kapitelnamen, da kannst du ganz genau sehen was die neue und welches noch die alter Version ist :D

... ist das jetzt böse wenn ich sage das er sicher auch genug Energie aus den Köpfen mancher Menschen schöpfen kann? xDD... bei manchen scheint da ziemliche Leere zu herrschen x'D

Liebe Grüße
Antwort von: Calafinwe
24.08.2018 11:38
Ja, da kenn ich auch wen...

.__.'
Von: Calafinwe
2018-08-01T16:50:56+00:00 01.08.2018 18:50
Hallo,
 
ich habe deine Geschichte schon vor einigen Tagen von den Schreifaltern empfohlen bekommen und es jetzt endlich mal geschafft, das erste Kapitel zu lesen. Jedoch war das noch in der nicht überarbeiteten Version, falls also unpassende Anmerkungen kommen, kann es daran liegen ;-)

Der Einstieg hat mir bisher sehr gut gefallen. Xenos wird vorgestellt, seine Beziehung zu den anderen Göttern und insbesondere seine Beziehung zu Ares veranschaulichst du sehr gut, ohne zu viel gleich am Anfang zu verraten. Selbiges gilt für die Dunklen, von denen man nur weiß, dass es sie gibt und dass die Götter durch sie in arger Bedrängnis sind. Man möchte auf jeden Fall gleich mehr wissen, wie es mit ihm und den Göttern weiter geht :)
 
Dein Schreibstil ist leicht zugänglich, keine komplizierten Wörter, keine zu schwierigen Satzkonstruktionen. So etwas finde ich immer gut, da ich sonst häufig schnell die Lust zu lesen verliere.
 
Werde schauen, dass ich diese Woche mind. noch das zweite Kapitel lese :)

Liebe Grüße
Antwort von:  eternal-shiva
02.08.2018 07:00
Vielen Dank ^^
bei mir kommt es auch oft vor dass sich Leichtsinnsfehler einschleichen (frei nach dem Motto: ich weis ja was da stehen soll)... da kommt schon mal vor das es auf einmal um ein Gesammeltes oder Schmerzendes geht, worauf nicht weiter eingegangen wird xD

Und ich freue mich das dir das erste Kapitel bisher schon in der alten Version gefallen hat :)
In der neuen Version wird eigentlich vieles nur noch etwas ausführlicher erklärt bzw. etwas mehr Hintergrundwissen eingearbeitet.

Und ich freue mich über jegliche konstruktive Art von Rückmeldungen, wenn du also etwas zu bemängeln hast, darfst du mir das auch gerne schreiben, denn nur so weis ich wo ich Fehler eingebaut habe und ich mich verbessern kann ;)


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