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Ocarina of Time

von

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Seine letzte Schlacht

Link wusste nicht, wie lange er schon am Rand des Lavagrabens stand und zu den Überresten von Ganondorfs Festung herüberstarrte. Angesichts der Tatsache, dass die schwarze Burg inzwischen vollständig in sich zusammengefallen war, musste es sich um etliche Minuten handeln, aber der junge Mann hatte jedes Zeitgefühl verloren.

Er nahm ebenfalls nicht wahr, dass von Osten her dunkle Gewitterwolken heranzogen und orangerotes Wetterleuchten den Nachthimmel erleuchtete. Auch die ersten Regentropfen, die dem Gewitter vorausgingen, registrierte er nicht.

Links Geist war vollauf damit beschäftigt, zu begreifen, was er vollbracht hatte.

Der Großmeister des Bösen war besiegt und sie waren alle mit dem Leben davon gekommen!

Noch immer konnte der Herr der Zeiten nicht vollständig glauben, dass er sein Schicksal erfüllt hatte und er nun endlich Gelegenheit haben würde, sein eigenes Leben zu leben.

Ein wenig verstohlen warf er einen Blick über die Schulter zu Zelda, die noch immer neben dem umgestürzten Turm auf dem Boden saß und sich leise mit Navi unterhielt, die erschöpfter und ausgelaugter wirkte als Link sie je gesehen hatte.

Was würden die Beiden nun, da die Gefahr abgewendet war, wohl tun?

Wie würden sie ihre Zukunft gestalten?

Link hatte wenig Zweifel daran, dass Zelda ihr Erbe als Kronprinzessin antreten und den hylianischen Thron besteigen würde.

Obwohl er immer gewusst hatte, dass sie dazu bestimmt war, Regentin zu werden, fühlte sich der Gedanke, Zelda würde bald Königin werden, für Link komisch an – vor allem, wenn er daran dachte, was er mit ihrem Alter Ego Shiek alles erlebt hatte. Irgendwie konnte er sich Zelda besser als Anführerin einer Diebes- oder Piratenbande vorstellen denn als Königin.

Aber was würde Navi nun tun?

Ursprünglich hatte sie sich nur mit Link zusammengetan, weil der Deku-Baum dies von ihr verlangt hatte. Inzwischen waren die Beiden jedoch zu Freunden geworden – mehr noch, zu einem Duo zusammengewachsen – und Link konnte sich ein Leben ohne seine Fee kaum noch vorstellen.

Doch ging es ihr diesbezüglich ähnlich oder freute sie sich bereits darauf, endlich wieder eigene Wege gehen zu können?

Als hätte sie seine Gedanken gelesen oder zumindest seinen Blick auf sich gespürt, wandte Navi den Kopf, lächelte zu ihrem Schützling herüber und rief: „Willst du da eigentlich Wurzeln schlagen oder kommst du endlich her und überlegst dir mit uns, was wir jetzt machen?“

Das Strahlen in Navis Augen vertrieb die trüben Gedanken, die für einen kurzen Moment Links Herz bedrückt hatten. Selbst wenn Navi ihn nun, da ihr Abenteuer überstanden war, nicht mehr permanent begleiten würde, sie würden für immer Freunde bleiben und sich gegenseitig besuchen – da war sich der junge Mann vollkommen sicher.

Mit einem vergnügten Grinsen auf den Lippen überbrückte er die wenigen Schritte zu den beiden Frauen hinüber und ging in die Hocke, damit Zelda nicht den Kopf in den Nacken legen musste, wenn sie ihm ins Gesicht schauen wollte. „Dann schießt mal los“, forderte er von plötzlichem Tatendrang beseelt, „wie sehen eure Pläne aus?“

„Ich habe vorgeschlagen, zunächst nach Kakariko zu gehen und uns dort ein wenig auszuruhen“, sagte Navi. Zelda nickte und ergänzte: „Nachdem wir uns ein paar Tage Auszeit gegönnt haben, sollte ich mich auf Reisen begeben und die anderen Völker Hyrules besuchen. Fast alle von ihnen müssten einen neuen Herrscher ernennen und ich hoffe, dass ich ihnen dabei behilflich sein kann. Außerdem kann ich bei der Gelegenheit mein Anrecht auf den hylianischen Thron deklarieren. Ich halte es zwar für relativ unwahrscheinlich, dass mir jemand mein Erbe streitig machen wollen wird, aber es kann nicht schaden, die neuen Regenten der anderen Völker hinter mir zu haben.“

Bei diesen Worten grinste Link noch ein wenig breiter als zuvor und korrigierte seinen früheren Gedanken. Er konnte sich Zelda sehr gut als Piratenanführerin und als Königin vorstellen!

Lachend fragte er: „Und ich spiele die Leibwache und begleite dich? Es wäre schön, meine alten Freunde mal wiederzusehen, ohne ständig den Gedanken an Ganondorfs nächste Bösartigkeit im Hinterkopf zu haben.“

Während Navi angesichts von Links offensichtlich guten Laune wie ein Honigkuchenpferd strahlte und vergnügt „Oh ja!“ rief, schien Zelda diese überhaupt nicht zu bemerken. Sie nestelte nervös am Saum ihres Kleiderärmels und blickte mit einer Trauermiene, die vollkommen fehl am Platz wirkte, zu Boden.

Der Herr der Zeiten und seine Fee wechselten bei diesem Anblick irritierte Blicke, aber die Prinzessin ließ ihnen keine Zeit für Fragen.

Stattdessen fuhr sie mit der Planung ihrer nächsten Schritte fort: „Danach sollte ich nach Kakariko zurückkehren und mit der Rekrutierung einer neuen Armee beginnen. Vielleicht kann ich mir sogar ein paar Soldaten der anderen Völker ausleihen. Auf jeden Fall wird es Zeit, dass Hyrule-Stadt von diesen widerlichen Zombies gereinigt wird, damit wir es wieder neuaufbauen können.“

Link, der noch immer bemüht war, seinen Part dieses Plans zu entdecken, hakte nach: „Und Navi ist dabei deine strategische Beraterin und ich der Hauptmann deiner neuen Armee?“

Die Fee klatschte begeistert in die Hände und rief: „‚Strategische Beraterin‘ klingt super!“

Zelda jedoch schien die Freude erneut nicht teilen zu können. Stattdessen stahl sich ein gequälter Ausdruck auf ihr Gesicht, der Link alarmierte.

Besorgt streckte er eine Hand nach ihrem Kinn aus und zwang sie sanft, ihn anzusehen. „Was ist los? Warum guckst du wie sieben Tage Regenwetter, obwohl wir allen Grund zum Feiern haben?“

Als Zelda daraufhin stumm seinen Blick erwiderte, zuckte Link vor Schreck ein wenig zusammen. Er hatte noch nie Augen gesehen, in denen so viel Trostlosigkeit und Verzweiflung gestanden hatten.

Was quälte sie nur derart?

Der junge Mann suchte nach Worten, aber ihm wollte partout nichts einfallen, was er in dieser Situation hätte sagen können.

Auch Navi schien es ausnahmsweise die Sprache verschlagen zu haben. Sie schwebte neben Zeldas Gesicht in der Luft und blickte zwischen der Prinzessin und Link hin und her als rekonstruiere sie in Gedanken das vorangegangene Gespräch, um zu verstehen, was Zeldas Reaktion ausgelöst haben mochte.

Vielleicht, dachte der Recke und setzte sich dicht neben Zelda, waren Worte im Moment gar nicht so wichtig. Zaghaft, so als wäre er sich nicht ganz sicher, ob er sie berühren durfte, schob er einen Arm über die Schultern der Prinzessin und zog sie leicht an sich.

Zunächst versteifte Zelda sich unter der Berührung und Link war bereits drauf und dran, seinen Arm wieder zurückzuziehen. Dann aber warf sich die Prinzessin regelrecht in die Umarmung und klammerte sich am Kragen von Links Tunika fest als stürzte sie ohne diesen Anker in eine bodenlose Tiefe.

Der Herr der Zeiten und seine Fee sahen sich besorgt an.

Was war nur los?

Link strich Zelda in der Hoffnung, sie auf diese Weise ein wenig beruhigen zu können, sanft über den Rücken und murmelte: „Es ist alles gut. Wir haben es überstanden.“

Als ihm eine mögliche Erklärung für Zeldas Verhalten in den Sinn kam, fügte er an: „Du musst die Bürde der Krone nicht alleine tragen. Wir stehen dir jederzeit zur Seite, wenn du das möchtest.“ Navi nickte bekräftigend und sagte: „Stimmt genau. Oder du überlässt dem Thron einfach jemand anderem.“

Bei diesen Worten krümmte sich Zelda zusammen als hätte sie jemand in den Magen geboxt und sie konnte nur mit Mühe ein Schluchzen unterdrücken. Link sah hilflos zu Navi hoch, die genauso ratlos war wie er und mit den Schultern zuckte als wollte sie sagen: „Frag nicht mich.“

Da ihm nichts Besseres einfiel, zog Link Zelda noch ein wenig näher an sich heran und flüsterte verzweifelt: „Was hast du denn nur?“ Die Prinzessin schüttelte den Kopf und vergrub ihr Gesicht in seiner Halsbeuge.

Allmählich machte sie ihm ernsthaft Angst…

Doch bevor Link einen erneuten Versuch unternehmen konnte, Zeldas Verhalten zu ergründen, ertönte aus Richtung der zusammengefallenen Festung plötzlich das Geräusch aufeinanderschlagender Steine.

Sofort schnellten die Köpfe der Drei herum, um das Gelände mit den Augen nach der Ursache des Lautes abzusuchen. Als sie nichts entdecken konnten, mutmaßte Link: „Sieht so aus als wäre unser Mykono-Freund womöglich immer noch am Leben. Wirklich hartnäckig, diese Skelettkrieger!“

Mit einem Seufzen versuchte er, sich wieder aufzurichten, aber Zelda hielt ihn fest und flüsterte: „Nein, geh nicht weg! Ich… Ich brauche dich doch!“

Angesichts dieses Geständnisses machten sich zugleich Schmerz und Freude auf Links Gesicht breit und er sah erneut hilfesuchend zu seiner Fee, die ähnlich betroffen aus der Wäsche guckte wie er. „Aber Zelda“, hob Navi mit sanfter Stimme an, „Link muss gehen und diesem lästigen Stalfos ein für alle Mal den Garaus machen. Stell dir nur vor, wir würden jetzt gehen und das Monster so auf direktem Wege nach Kakariko führen!“

Für einen Moment sah Zelda aus als wollte sie erneut protestieren, aber dann glättete sich ihr Gesicht zu einer starren Maske und sie stieß Link regelrecht von sich. Dieser blinzelte ob ihres plötzlichen Stimmungsumschwungs irritiert, schüttelte dann jedoch den nur den Kopf und beschied, dass er keine Zeit hatte, sich darum Gedanken zu machen.

Vielleicht war derartiges Verhalten genau das, über was sich Ehemänner beschwerten, wenn sie über die Launen ihrer Gattinnen klagten. Link hatte dergleichen schon öfter gehört, wenn er in einem Wirtshaus gegessen oder durch die Straßen Hyrule-Stadts oder Kakarikos gegangen war.

Achselzuckend machte der Herr der Zeiten sich daran, den als Brücke fungierenden Turm zu erklimmen. Was immer der Grund für Zeldas Stimmungswechsel war, es war ihm in diesem Moment reichlich egal. Der Mykono-Bruder war ein ernstzunehmender Gegner und er brauchte jedes bisschen Konzentration, um als Sieger aus dem Gefecht herauszugehen.
 

Auf der anderen Seite des Lavagrabens angekommen, folgte der Recke dem immer wieder ertönenden Geräusch von Stein auf Stein. Es klang als würde jemand oder etwas versuchen, sich aus einem Trümmerhaufen herauszugraben, was Link in seiner Annahme, der Mykono-Bruder sei noch am Leben und Verursacher der Laute, noch bestärkte.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis Link die Geräuschquelle entdeckte: Es war ein riesiger Geröllhaufen in der Mitte des Geländes, in dessen Inneren sich etwas zu bewegen schien.

Routiniert zog Link sein Schwert und wartete.

So lange der Gegner noch von Schutt bedeckt war, hatte ein Angriff wenig Sinn. Also legte Link sich lieber auf die Lauer und hoffte auf eine Gelegenheit, blitzschnell zuzuschlagen, sobald sich das Monster freigewühlt hätte.

Doch plötzlich gab es einen lauten Knall wie bei einer Explosion und die Geröllbrocken schossen in alle Himmelsrichtungen davon. Es gelang Link nur knapp, seinen Kopf noch rechtzeitig einzuziehen und einem herumfliegenden Stück Wand auszuweichen.

Der wahre Schrecken fuhr dem Herrn der Zeiten jedoch erst in die Glieder als er den Kopf hob und sah, mit wem er es zu tun hatte. Lautes Keuchen aus Richtung Hyrule-Stadt bezeugte, dass Navi und Zelda den Feind ebenfalls entdeckt hatten.

Ganondorf!

Seine Augen, die zuvor trotz des Rotstiches in den Iriden stets menschlich gewirkt hatten, waren nun komplett rot, was ihm ein schauriges Aussehen verlieh. Seine Haare flatterten wie lodernde Flammen im Wind und seine Haut war von unzähligen Riss- und Schnittwunden übersät. Links Blick klebte jedoch am Schaft des Lichtpfeils, der noch immer in der Stirn Ganondorfs steckte.

Wie, im Namen der Göttinnen, konnte der Großmeister des Bösen noch leben?!

Link schüttelte leicht den Kopf und kniff sich möglichst unauffällig in den Oberschenkel, in der Hoffnung, sich in einem sehr realistischen Albtraum zu befinden. Der Schmerz, der seinen Schenkel augenblicklich durchzuckte, bewies ihm jedoch, dass er nicht träumte.

Das hier war die Realität…

Aber wie war das möglich…?

Ganondorf richtete seine blutrot glühenden Augen auf Link und keuchte wie nach einem langen Lauf. Offenbar bereitete ihm selbst diese minimale Bewegung große Schmerzen. Dennoch stahl sich ein kaltes Grinsen auf seine Lippen, als er den Herrn der Zeiten entdeckte.

„Hast du etwa geglaubt, es sei schon vorbei, Bürschchen? Ich lasse mich nicht besiegen – schon gar nicht von einem Kind wie dir! Nun wirst du die wahre Macht des Triforce-Fragments der Kraft erfahren!“ Der Gerudo brach in schallendes Gelächter aus und warf den Handschuh seiner linken Hand fort, bevor er Link den Rücken seiner Faust präsentierte.

Zuerst verstand dieser nicht, was er sah, aber dann erkannte er, dass Ganondorf – genau wie er selbst – ein Triforce-Mal auf dem linken Handrücken hatte. Doch anders als bei Link trat beim Großmeister des Bösen nicht das untere linke Fragment besonders deutlich hervor, sondern das obere.

Bevor sich der Herr der Zeiten fragen konnte, warum Ganondorf ihm sein Mal zeigte, begann dieses plötzlich zu leuchten und zu strahlen wie eine Supernova. Es war so hell, dass Link die Augen zukneifen und das Gesicht abwenden musste. Selbst Zelda und Navi, die das Geschehen vom Rand des Lavagrabens aus gespannt verfolgten, hoben die Arme, um ihre Augen abzuschirmen.

Link hatte keine Ahnung, was mit Ganondorf, der komplett von dem seltsamen Leuchten eingehüllt wurde, passierte, aber das Knirschen und Knacken, das wie das Brechen von Knochen klang, verhieß nichts Gutes.

Es dauerte mehrere Minuten, bis das blendende Leuchten endlich an Intensität verlor und Link einen erneuten Blick auf seinen Feind werfen konnte. Was er dabei zu sehen bekam, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren und er stolperte einige Schritte rückwärts, bis er sich daran erinnerte, dass er als Herr der Zeiten nicht fliehen durfte…

Vor ihm stand ein riesiges, unförmiges Monster, das abgesehen von der langen, feuerroten Mähne mit dem Gerudo von zuvor nichts mehr gemein hatte.

Es war höher als ein Haus, hatte stechende, gelbe Augen, eine Schweinsnase und ein schmallippiges Maul mit rasiermesserscharfen Zähnen. Sein Körper war von blau-grünen Schuppen besetzt und nur am Unterkörper von einem zottigen, schwarzbraunen Pelz bewachsen. Durch die krummen Oberschenkel konnte Link einen langen, umherpeitschenden Schwanz erkennen, der mit spitzen Stacheln besetzt war und groteskerweise in allen Farben des Regenbogens leuchtete.

Am beeindruckendsten waren jedoch die riesigen Schwerter mit goldfarbenen, leicht gezackten Klingen, die in etwa so lang waren wie Link hoch. Bei diesem Anblick wurden sämtliche Glieder des Herrn der Zeiten dermaßen weich, dass ihm beinah das Master-Schwert aus der Hand gerutscht wäre.

Ein knackendes Geräusch wie von brechenden Knochen erklang in mehrfacher Folge, während sich das Monstrum zu voller Größe aufrichtete und die Schultern straffte. Link musste den Kopf in den Nacken legen, um seinem Gegenüber ins Gesicht zu sehen, was diesen süffisant lächeln ließ. Offenbar gefiel es der Bestie, dass Link sich neben ihr fühlte wie ein hilfloses Kind.

„Warum dieses entsetzte Gesicht, Herr der Zeiten? Noch nie einen Schweinedämon gesehen?“ Das Monster lachte und Link wich noch einen Schritt zurück.

Obwohl sich sein Aussehen radikal verändert hatte, sprach Ganondorf noch immer mit seiner normalen, menschlichen Stimme. Dies wirkte derart grotesk, dass es Link noch mehr gruselte als das abstoßende, brutal wirkende Äußere der Bestie.

Als der Herr der Zeiten nicht antwortete, fuhr das Monster fort: „Gestatte mir, dass ich mich dir erneut vorstelle. Mein Name ist Ganon, Prinz der Schweinedämonen!“

Bei der Erwähnung dieses Namens ging ein Ruck durch Links Körper als wäre er vom Blitz getroffen worden und vor seinem geistigen Auge tauchten Bilder auf, die er zunächst nicht einzuordnen vermochte.

Er sah sich selbst wie er umringt von einer Schar Soldaten einer gigantischen Schweinebestie entgegen rannte – ähnlich jener, der er nun gegenüberstand. Schräg vor ihm ritt eine junge Frau mit rotblondem Haar auf einem Schimmel und reckte angriffslustig ein bereits blutbeflecktes Florett in die Höhe.

Im ersten Moment konnte sich Link nicht erklären, woher diese Bilder kamen, doch dann wandte die Reiterin ihm das Gesicht zu und ihm fiel wieder ein, wo er ihrer früher schon einmal ansichtig geworden war: Während seines magischen, siebenjährigen Schlafes hatte er im Traum Erinnerungen an die früheren Leben, die seine Lichtwelt-Seele bereits durchlebt hatte, gesehen.

Darunter war auch der Tod des ersten Herrn der Zeiten gewesen, der nach einer schweren Schlacht auf den Stufen vor dem Zeitfels verblutet war. An seiner Seite hatte die erste Weise der Harmonie gesessen und um ihn geweint. Es war dieselbe Frau gewesen, die in seiner jetzigen Vision mit ihm in den Kampf zog.

Plötzlich platzte Ganon mit seinem grollenden Lachen in seine Gedanken, ganz so als wären die Bilder vor Links geistigem Auge auch für ihn sichtbar gewesen: „Ja, wir sind uns bereits in einem früheren Leben begegnet, Herr der Zeiten. Damals konntest du meinen sterblichen Körper vernichten, was mich dazu zwang, mich zurückzuziehen, bis ich ein neues geeignetes Gefäß gefunden hatte. Du selbst hast in jenem Kampf dein Leben gelassen, obwohl du um einiges älter und reifer als heute, erfahrener im Kampf und von vielen Untergebenen unterstützt warst. Was, glaubst du, kannst du dieses Mal gegen mich ausrichten?“
 

Unterdessen beobachteten Zelda und Navi die Geschehnisse von der anderen Seite des Lavagrabens aus. Während die Prinzessin bang die Hände wrang und leise murmelnd zu den Göttinnen betete, um sie um Beistand zu bitten, war die Fee hin und her gerissen zwischen bleiben und zur Hilfe eilen.

Auf der einen Seite wusste sie ganz genau, dass Link sie in derartigen Situationen, in denen die Gefahr nicht einzuschätzen war, am liebsten in Sicherheit wusste. Dann konnte er sich voll auf den Kampf konzentrieren, ohne sich auch noch um sie sorgen zu müssen und aufzupassen, dass ihr kein Leid zugefügt wurde.

Andererseits konnte sie ihn aber auch nicht einfach im Stich lassen – schließlich war er ihr Freund!

Mit sich selbst ringend flog Navi am Rand des Lavagrabens hin und her und versuchte, die Situation einzuschätzen.

Sie konnte immer noch nicht glauben, dass sich Ganondorf vor ihren Augen zu einer gigantischen Bestie verwandelt hatte. Die bösartige Aura, die von dem Monstrum ausging, war dermaßen stark, dass es Navi die feinen Härchen an den Armen und im Nacken aufstellte, obwohl sie einige Meter entfernt war.

Dennoch schien der Dämon Link nicht angreifen zu wollen, zumindest noch nicht.

Navi verstand zwar kein Wort, konnte aber das Gemurmel von Stimmen hören, das ihr verriet, dass Krieger und Bestie für den Moment noch mit Reden beschäftigt waren. Die Feenfrau fragte sich, über was die beiden wohl sprachen.

Versuchte Ganondorf Link einzulullen und abzulenken?

Oder wollte Link sich ein wenig Zeit verschaffen, um einen Plan auszuhecken?

Diese letzte Überlegung brachte Navi endlich zu einer Entscheidung: Sie konnte Link nicht alleine lassen – nicht, wenn auch nur die geringste Möglichkeit bestand, dass sie ihm mit einem Tipp oder einer Beobachtung den entscheidenden Hinweis geben könnte.

Da sie selbst nicht aktiv in den Kampf eingebunden war, sah sie ganz andere Dinge als Link, der sich permanent darauf konzentrieren musste, am Leben zu bleiben.

„Ich…“, setzte die Fee an, um Zelda über ihr Vorhaben zu unterrichten, aber diese nickte, bevor Navi ihren Satz beenden konnte, und sagte: „Ich weiß. Geh und steh ihm zur Seite. Ich werde für euch beide beten.“

„Du willst nicht mitkommen? Mit deinen magischen Fähigkeiten könntest du Link bestimmt von Nutzen sein.“ Navi warf der Prinzessin einen Blick zu, der zwischen Vorwurf und Verständnis schwankte.

Zelda schüttelte den Kopf, sodass ihr langes, blondes Haar sanfte Wellen schlug. „Ich werde meine Kräfte noch brauchen, fürchte ich. Wenn wir Weisen ein Portal zur Schattenwelt schaffen wollen, um Ganon ein für alle mal in seine Heimat zu verbannen, muss ich so ausgeruht wie möglich sein – sonst geht der Zauber noch schief oder das Siegel wird zu schwach werden, um Ganon dauerhaft zu bannen.“

Einige Herzschläge lang wunderte sich Navi über diese Antwort.

Weshalb gingen die Weisen davon aus, dass der Dämon in jedem Fall mit Magie versiegelt werden musste?

Wäre es nicht sinnvoller, Link im Kampf zu unterstützen und so dafür zu sorgen, dass Ganon endgültig vernichtet würde?

Oder wussten die Weisen womöglich etwas, das sich Links und Navis Kenntnis entzog?

War diese Bestie womöglich unsterblich?

Nachdem sie einige Herzschläge lang vor der Prinzessin in der Luft gestanden und sie skeptisch gemustert hatte, entschied Navi schließlich, dass es ihr egal war, ob Zelda mitkam oder nicht.

Sie ließ Link auf jedenfalls nicht im Stich!

Also wandte sie sich ruckartig ab und flog in Richtung der eingestürzten Festung davon.
 

Link betrachtete die gewaltigen Schwerter Ganons und die dicken, festen Muskelstränge, die sich unter der schuppigen Haut abzeichneten. Allein die Oberarme des Schweinedämons hatten den Umfang von Links Brustkorb.

Der junge Krieger verspürte bei diesem Anblick mehr Furcht als je zuvor in seinem Leben…

Trotzdem richtete er den Blick fest auf die gelbglühenden Augen seines Gegenübers und antwortete wahrheitsgemäß: „Ich weiß es nicht. Vielleicht bin ich in diesem Leben zu schwach, um dir auch nur einen Kratzer zuzufügen. Vielleicht bin ich bereits in wenigen Minuten tot.“

Er zuckte mit den Achseln als wäre ihm sein eigenes Schicksal völlig egal, fasste dann jedoch das Master-Schwert fester und setzte eine entschlossene Miene auf, bevor er weitersprach: „Aber eines weiß ich ganz genau – ich werde dich bis zu meinem letzten Atemzug bekämpfen!“

Irgendwie hatte Link damit gerechnet, Ganon würde bei dieser Kampfansage in Lachen ausbrechen. Stattdessen überraschte der Schweinedämon ihn jedoch damit, dass ein freudiges Funkeln in seine Augen trat und er antwortete: „Nichts anderes habe ich erwartet, Herr der Zeiten!“

Dann bewegte sich die Bestie trotz ihrer gewaltigen Masse plötzlich derart schnell, dass Link kaum Zeit zum Reagieren blieb. Mit nur einem langen Schritt war Ganon direkt vor ihm und ließ eines seiner Schwerter auf ihn niedersausen.

Link riss im letzten Moment das Master-Schwert nach oben, um den Schlag abzulenken, unterschätzte jedoch die Kraft seines Gegners.

Das Aufeinandertreffen der beiden Klingen geschah mit so viel Wucht, dass Link seine Waffe regelrecht aus der Hand gerissen wurde. Das heilige Schwert flog in hohem Bogen durch die Luft als hätte der Herr der Zeiten es fortgeschleudert.

Navi, die die Flugbahn der Waffe kreuzte wurde beinah aufgespießt und starrte mit wild schlagendem Herzen dem Schwert hinterher, das sich neben Zelda in den Boden bohrte. Die Prinzessin stieß einen spitzen Schrei aus und machte vor Schreck einen Satz nach hinten.

Zu Links Erleichterung fasste sich Zelda jedoch schnell wieder und ergriff die heilige Klinge, um sie Link zuzuwerfen. Einige Herzschläge lang fragte sich die junge Frau, ob sie kräftig genug war, das Master-Schwert weit genug zu werfen. Mit einem energischen Kopfschütteln wischte sie jegliche Bedenken zur Seite. Selbst wenn sie das Schwert in den Lavagraben werfen sollte, war das kein Beinbruch – dann würde sie halt ihre telekinetischen Fähigkeiten nutzen, um es wieder nach oben zu holen!

Trotzdem atmeten alle drei Helden erleichtert auf, als das Master-Schwert mit lautem Scheppern auf der Festungsseite des Lavagrabens aufschlug und schlingernd zu liegen kam. Navi, die unbewusst die Daumen gedrückt hatte, löste die verkrampfte Haltung ihrer Hände und applaudierte, was Zelda mit einem Winken beantwortete.

Doch als Link sich ruckartig umwandte und in Richtung Lavagraben rannte, um seine heilige Waffe aufzusammeln, schlug die Erleichterung der Drei schnell wieder in Anspannung um.

Die Schweinebestie schüttelte ihren massiven Kopf und warnte: „Denk nicht mal dran!“ Dann schnippte sie mit den Fingern und zwischen dem Herrn der Zeiten und seiner Waffe flammte eine haushohe Feuerwand auf, die sich schnell ausbreitete.

Link konnte gerade noch rechtzeitig abstoppen und kam stolpernd zum Stehen. Dennoch verriet der unverwechselbare Gestank nach verbranntem Haar überdeutlich wie knapp der Recke dem Feuertod entkommen war. Dennoch hielt er nicht inne, sondern suchte nach einem anderen Weg zu seiner heiligen Waffe, bis Navi ihm zurief: „Das hat keinen Sinn!“

Durch ihre erhöhte Position erkannte die Fee sofort, was Link noch nicht begriffen hatte: Die Flammen hatten sich zu einem Ring geschlossen, der das Gelände der zusammengestürzten Festung komplett einschloss und so jeden Weg zum Rand der Festungsinsel abschnitt.

Link schluckte hart, als er begriff, was Navi ihm sagen wollte, und wandte sich mit heftig schlagendem Herzen wieder zu Ganon um. Er war allein, ohne seine Waffe und ohne die geringste Fluchtmöglichkeit, während er einem körperlich überlegenen Gegner gegenüberstand, der offenbar über magische Fähigkeiten besaß.

Der einzige positive Gedanke, der ihm in dieser Situation einfallen wollte, war, dass es unmöglich noch schlimmer kommen konnte…
 

Während Ganon mit schweren Schritten, die den Boden ringsum erzittern ließen, auf Link zu stapfte, schloss Navi endlich zu ihrem Schützling auf. In ihrem Gesicht spiegelte sich die gleiche Ratlosigkeit, die auch Link empfand, und sie bemerkte zur Begrüßung lakonisch: „Das… äh… ist ziemlich dumm gelaufen.“ Dabei fixierte sie das Master-Schwert, das trotz der prasselnden Flammen noch immer am Rand der Festungsinsel auf dem Boden zu erkennen war.

Link hingegen ließ seinen herannahenden Gegner nicht aus den Augen und antwortete: „Was du nicht sagst! Hast du vielleicht eine Idee, wie ich dieses Problem lösen kann oder bist du nur hier, um Offensichtliches festzustellen?“

Angesichts seiner harschen Wortwahl schnitt die Fee eine Grimasse in seine Richtung, wurde aber schnell wieder ernst und entgegnete: „So viel Dunkelheit wie ich in seiner Aura spüre, würde ich darauf wetten, dass du mit den Lichtpfeilen einigen Schaden anrichten kannst.“

Der Herr der Zeiten dachte an den Pfeil, der noch immer zwischen Ganons Augenbrauen saß und dem Schweinedämon offenbar nicht allzu viel ausmachte. Mit kraus gelegter Stirn hakte der junge Krieger deswegen nach: „Und worauf soll ich zielen? Die vermutlich empfindlichste Stelle habe ich schon getroffen – aber das scheint ihn eher noch stärker gemacht zu haben!“

Navi schüttelte den Kopf und wollte erklären, dass Ganondorfs Verwandlung in die riesige Bestie, der Link nun gegenüberstand, nichts mit dem Lichtpfeiltreffer zu tun hatte. Genau wie in dem Herr der Zeiten und den sieben Weisen hatte auch in Ganondorf eine uralte Seele gelebt, die jedoch aus der Welt der Schatten stammte und dem Bösen entsprungen war.

Es war diese Seele, die durch den Tod ihrer Mittelwelthülle entfesselt worden war und nun ihr wahres Gesicht zeigte.

Doch als Navi sah, wie nah Ganon bereits war, verlor sie kein Wort darüber. Stattdessen sagte sie nur: „Schieß einfach irgendwohin – Hauptsache, du triffst seinen Körper. Das Licht, das von den Pfeilen ausgeht, wird ihn über kurz oder lang von innen heraus vergiften.“

Link, der bereits eine Hand in seinem Wunderbeutel hatte, zog seinen Bogen und die verbliebenen Lichtpfeile in seinem Lederköcher hervor und knurrte mit Blick auf Ganon, der schon fast in Schlagweite war: „Hoffentlich eher kurz als lang…“

Navi warf einen Blick auf die wenigen goldenen Pfeile, die in dem Köcher lagen und nickte. Zelda hatte ihnen leider nur eine Handvoll der mit Lichtmagie verstärkten Munition gegeben und zwei Pfeile waren bereits verbraucht. Sie konnten nur hoffen, dass die noch verbliebenen Pfeile ausreichen würden, um Ganon in die Knie zu zwingen…
 

Dieser hatte die beiden Abenteurer inzwischen erreicht und höhnte: „Ich fürchte, ich muss eure heimelige Plauderei nun unterbrechen…“, bevor er Link mit einem seiner riesigen Schwerter attackierte. Dieser sprang jedoch in letzter Sekunde zur Seite und brachte sich so in Sicherheit.

Zum wiederholten Male staunte Navi stumm über die gelassene Routine mit der ihr Schützling solche Ausweichmanöver inzwischen durchführte. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie er bei seinen ersten Kämpfen wie Espenlaub gezittert hatte.

Damals hatte sie kaum daran glauben können, dass dieser zierliche Junge, den der Deku-Baum ihr anvertraut hatte, der Auserwählte sein sollte. Nie im Leben hätte sie sich träumen lassen, dass er eines Tages die Abgebrühtheit besitzen würde, mit dem Ausweichen bis zum allerletzten Moment zu warten, um den Gegner in falscher Sicherheit zu wiegen.

Auch Ganon war auf diese Verzögerungstaktik hereingefallen und hatte mit voller Wucht zugeschlagen, sodass sich die scharfe Schneide seines Schwertes tief in den Steinboden gegraben hatte, wo sie nun feststeckte.

Während der Schweinedämon am Heft seiner Waffe zog, um sie wieder aus dem Stein zu ziehen, wirbelte Link blitzschnell herum und schoss einen Pfeil in die Seite von Ganons Knie. Das Geschoss drang leicht schräg ein und durchschlug Haut, Sehnen und Fleisch, bevor es von hinten auf das Kniegelenk traf und stecken blieb.

Das getroffene Monster stieß einen fauchend klingenden Schrei aus und riss mit einem wütenden Funkeln in den Augen den Kopf herum, um den Herrn der Zeiten wieder zu fixieren. Dieser warf seiner Fee einen kurzen Seitenblick zu und murmelte: „Ich glaube, das hat ihn lediglich sauer gemacht. Toller Plan!“

Navi schluckte hart und bekam erste Zweifel an ihrer Theorie, das Licht aus den goldenen Pfeilen würde Ganon vergiften, als sie sah, dass sich die Bestie recht unbeeindruckt von dem Angriff zeigte. Zwar zog Ganon nun das rechte Bein leicht nach, aber das war auch schon alles.

Da der Fee jedoch keine andere Idee einfallen wollte, riet sie ihrem Schützling: „Gib nicht auf! Versuch es weiter!“ Dieser nickte und legte einen weiteren Pfeil ein, obwohl er alles andere als überzeugt wirkte.

Es war allein sein Vertrauen auf Navis Intelligenz, ihr strategisches Geschick und ihren Einfallsreichtum, das ihn weitermachen ließ.

Die Feenfrau krampfte nervös die Hände ineinander.

Was sollten sie bloß tun, wenn sie sich irrte?!
 

Inzwischen hatte Ganon sein Schwert wieder befreien können und das Monstrum wandte den Oberkörper, um eine erneute Attacke auf Link zu starten.

In diesem Moment ließ der Herr der Zeiten einen weiteren Pfeil von der Sehne sausen. Der Pfeil zischte von einem leisen Summen begleitet durch die Luft und bohrte sich tief in Ganons Augapfel.

Vor Schmerz ging die Bestie in die Knie und ließ eines ihrer Schwerter fallen, um nach dem verletzten Auge zu greifen. Ein gequältes Wimmern stieg aus ihrer Kehle hervor und drehte Link den Magen um.

Er hatte nie gerne gekämpft und Auseinandersetzungen wie diese, in denen er sich schmutziger Tricks oder besonderer Brutalität bedienen musste, um sein Leben zu retten, hasste er ganz besonders.

Obwohl Ganon bereits in seiner menschlichen Form nur Leid und Verderben über alle, die mit ihm in Kontakt gekommen waren, gebracht hatte, wollte Link ihm keine Grausamkeiten antun…

Während er die Göttinnen stumm für sein Schicksal, das ihn immer wieder in derlei Situationen brachte, verfluchte, jubelte Navi: „Hah! Siehst du? Es funktioniert doch!“

Die Heiterkeit der Fee verflog jedoch schnell, als Ganon sich wieder aufrichtete und sich den Pfeil mitsamt dem Augapfel, in dem er steckte, herausriss. Zähflüssiges, grünlich-schwarzes Blut schoss in einem dicken Schwall aus der leeren Augenhöhle und lief dem Dämon übers Gesicht, bevor es vom Kinn zu Boden tropfte.

Dort, wo Blutstropfen auf den Steinboden fielen, stiegen kleine Rauchsäulen auf, die verrieten, dass Ganons Blut sich in den Stein ätzte.

Link und Navi starrten die Schweinebestie gleichermaßen fassungslos wie geschockt an.

Die Schmerzen des Monsters mussten schier unerträglich sein…

Dennoch war Ganon sich offenbar noch immer sicher, die Oberhand zu haben. Mit zornverzerrtem Gesicht fauchte er Link an: „Wag das nie wieder oder ich zermalme jeden einzelnen Bewohner deines ach so kostbaren Hyrules zu Staub und lasse dich dabei zusehen!“

Der junge Recke machte einen unsicheren Schritt nach hinten. Seine Beine fühlten sich plötzlich weich und wackelig an. Er hatte keinerlei Zweifel daran, dass Ganon seine Drohung ohne mit der Wimper zu zucken wahrmachen würde.

Was also, wenn er, Link, diesen Kampf nicht gewinnen konnte?

Vielleicht war es ja das Klügste für Hyrule, wenn er einfach aufgab?

Dann wäre sein Leben zwar vorbei und Ganon würde das Land weiterhin ausbeuten, aber zumindest würden seine Bewohner weiterleben können.

Oder?

Navi hingegen schien von Ganons Drohung regelrecht beflügelt zu sein. Eine Faust auf die Fläche der anderen Hand schlagend rief sie: „Das ist es! Schieß ihm noch einen Pfeil ins andere Auge – dann ist er blind!“

Links Blick zuckte verunsichert zwischen seiner Fee und dem Schweinedämon hin und her. Weiterkämpfen und auf einen schier unmöglich erscheinenden Sieg hoffen oder aufgeben, das eigene Leben verschenken und hoffen, dass Ganon die Bewohner Hyrules verschonen würde?

Es war Salias Stimme, die ihn aus seiner Schockstarre befreite: „Gib nicht auf. Auch wenn es so aussehen mag – du bist nicht allein. Wir werden dir helfen, Ganon zu besiegen! Du musst es nur irgendwie schaffen, ihn so weit zu schwächen, dass unser Zauber wirken kann.“

Mit einem angedeuteten Nicken fasste Link seinen Bogen, den er beinah hätte zu Boden fallen lassen, wieder fester und griff nach einem weiteren Pfeil.

Salia hatte Recht!

Er durfte nicht aufgeben.

Er hatte schon oft in ausweglos erscheinenden Situationen gesteckt und es trotzdem irgendwie geschafft, als Sieger daraus hervorzugehen.

Also warum ließ er sich von diesem zu groß geratenen Rüsselvieh dermaßen einschüchtern?!

Mit neuem Selbstvertrauen drückte der Herr der Zeiten den Rücken durch und antwortete Ganon: „Dafür musst du erst einmal an mir vorbei!“

Der Schweinedämon hob überrascht die Augenbrauen, was einen erneuten Schwall Blut aus seiner leeren Augenhöhle drückte. Als wollte er seinem Gegner erklären, was er gemeint hatte, legte Link den bereits aus dem Köcher gezogenen Pfeil an und schoss ihn auf Ganons zweites Auge ab.

Dieses Mal schien das Monster jedoch mit der Attacke gerechnet zu haben und schaffte es, das Geschoss abzuwehren, indem es den Pfeil im Flug zur Seite wegschlug. Statt in Ganons Augapfel bohrte sich der Pfeil in die Überreste eines Pfeilers. Ein Lichtblitz wie von einer zerbrechenden Deku-Nuss verriet, dass der Lichtzauber des Geschosses verbraucht und der Pfeil damit nutzlos geworden war.

Ganon schnappte sich sein fallengelassenes Schwert und ging erneut auf Link zu, wobei er seine Waffen vor sich kreisen ließ wie zwei Flügel einer Windmühle. Der Herr der Zeiten wich langsam zurück und versuchte verzweifelt, einen weiteren guten Treffer zu laden.

Statt des Auges der Bestie traf der Recke jedoch nur ihren Hals, das Jochbein und vor allem den Unterarm, wenn sie diesen zum Abblocken des Angriffs nach oben gerissen hatte. Einige Pfeile wurden jedoch auch von dem Schweinemonster umgelenkt und verbrauchten ihren Lichtzauber an Festungstrümmern. Einmal traf ein Pfeil sogar beinah Navi, die sich glücklicherweise mit einem geschickten Flugmanöver gerade noch rechtzeitig retten konnte.

Als Link seine Hand ein weiteres Mal in den Köcher steckte und nur noch einen einzigen, letzten Pfeil ertastete, krampfte sich sein Herz schmerzhaft zusammen.

Jetzt kam es drauf an…

Mit zitternden Fingern legte der Herr der Zeiten den Pfeil an, während Ganon ihn mit seinen kreisenden Schwertern immer weiter zurücktrieb.

Eigentlich hätte Link zum Zielen gerne etwas mehr Abstand zu seinem Gegner gehabt, aber für jeden Schritt, den Ganon machte, musste er selbst mindestens fünf machen. Als er dann auch noch mit dem Rücken gegen eine noch fast vollständig stehende Wand der ehemaligen Festung stieß, war jede Hoffnung auf eine optimale Schussdistanz dahin.

Jetzt oder nie…

Link zielte auf Ganons zweites, gelbglühendes Auge und konzentrierte sich auf das rhythmische Kreisen seiner Schwerter. Er musste den Schuss zeitlich so abpassen, dass Ganon keine Gelegenheit mehr haben würde, ihn zu blocken, der Pfeil aber auch nicht an einer Schwertklinge abprallte.

Als er die Sehne losließ, kniff Link reflexartig die Lider zusammen und betete stumm. Navi hingegen starrte wie gebannt auf den Pfeil, der sich wie in Zeitlupe zu bewegen schien.

Das Geschoss flog schnurgerade durch die Luft, während es sich um die eigene Achse drehte. Es war ein schöner Schuss – kraftvoll, hoch, gerade.

Trotzdem war schon im Ansatz klar, dass der Pfeil Ganons Kopf um mehrere Zentimeter verfehlen würde. Aus Angst und Anspannung, daneben zu schießen, hatte Link den Bogen im letzten Augenblick verrissen…

Navi fragte sich bereits bang, was sie nun tun sollten, als der Pfeil plötzlich seine Flugbahn änderte. Wie ferngesteuert, flog das Geschoss plötzlich eine enge Kurve und bohrte sich doch noch in das Auge des Schweinedämons.

Dieser schrie aus Überraschung und Schmerz laut auf und schlug blind um sich, um Link irgendwie zu erwischen. Während der Herr der Zeiten, der beim Aufschrei des Monsters die Augen wieder aufgerissen hatte, den ziellosen Attacken mühelos auswich, suchte Navis Blick nach Zelda.

Sie hatte doch nicht etwa…?

Als sie die Prinzessin mit ausgestrecktem Arm am Rand des Lavagrabens entdeckte, bestätigte sich der Verdacht der Fee jedoch schnell – erst recht, als Zelda hochsah, bemerkte, dass Navi sie anstarrte und ihr grinsend zuwinkte.

Ganz offenbar hatte die Prinzessin ihre telekinetischen Fähigkeiten genutzt, um den letzten Pfeil sein Ziel finden zu lassen.

Navi lächelte breit zurück und deutete zum Dank eine Verbeugung an. Zelda hatte ihnen wirklich sehr geholfen! Ein blinder Gegner war weitaus weniger gefährlich als ein sehender.
 

Dennoch war Link noch weit von einem Sieg entfernt. Das wurde Navi spätestens dann klar, als ihr Schützling fragte: „Und was jetzt? Das Master-Schwert ist immer noch unerreichbar und ich habe keine Ahnung, wie ich Ganon ohne Lichtpfeile schaden soll!“

Navi musterte den Schweinedämon nachdenklich und beobachtete, wie er sich bewegte. Trotz seiner Blindheit schien er recht gut einschätzen zu können, wo sich Link befand. Zwar waren die Schwertschläge deutlich weniger präzise als zuvor, doch sie gingen stets in die richtige Richtung.

Wie konnte das sein?

„Vermutlich hört er, wo Link ist…“, überlegte die Fee, nachdem sie das Katz-und-Maus-Spiel der beiden für eine Weile beobachtet hatte.

Zudem fiel ihr jedoch noch etwas anderes an Ganons Bewegungen auf.

Also sauste sie so schnell sie konnte zu ihrem Schützling und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich glaube, Ganons Schwachpunkt ist sein Schwanz. Achte mal drauf, wie er ihn immer in der Nähe seiner Beine hält, um nicht versehentlich irgendwo mit ihm anzustoßen. Ich bin mir sicher, sein Schwanz ist sehr schmerzempfindlich!“

Link nickte langsam und entgegnete: „Ich glaube, ich kann zwischen seinen Beinen hindurchrutschen. Und dann schlag ich mit dem Goronenhammer auf seinen Schwanz ein!“

„Gute Idee“, bestätigte Navi, warnte ihren Freund jedoch noch: „Aber sei leise! Ich glaube, Ganon hört an deinen Schrittgeräuschen, wo du dich befindest.“

Link nickte erneut und ging sofort in die Knie, um seine Stiefel auszuziehen. So musste er zwar besser darauf achten, nicht in Scherben zu treten, aber er konnte sich auch deutlich leiser fortbewegen. Um Ganon zusätzlich in die Irre zu führen, warf er die ausgezogenen Stiefel einige Meter von sich.

Tatsächlich riss das Monster irritiert den Kopf zur Seite und hielt in der Bewegung inne. Wahrscheinlich überlegte es, so dachte Link bei sich, wie sich sein Gegner von jetzt auf gleich so weit von der Stelle bewegen konnte.

Die kurzfristige Verwirrung des Monstrums ausnutzend, schlich Link um es herum und holte seinen Goronenhammer hervor. Der Herr der Zeiten hob das mächtige Relikt hoch über den Kopf und betete stumm zu den Göttinnen, Navi habe Recht mit ihrer Vermutung. Diese drückte die Daumen und hielt angespannt die Luft an.

Doch bevor der Krieger zuschlagen konnte, peitsche Ganon plötzlich mit dem Schwanz. Der mit bunten Schuppen besetzte und mit Stacheln bewehrte Schweif des Dämons prallte so hart gegen Links Brust, dass dieser den Goronenhammer fallen ließ. Anschließend wurde der Recke von den Füßen gerissen und gegen einen in der Nähe stehenden Wandrest geschleudert.

Navi und Zelda keuchten vor Sorge und Überraschung und sahen mit Schrecken, dass Link wie ein nasser Sack von der Wand abprallte und zu Boden fiel, wo er reglos liegen blieb als wäre er ohnmächtig.

Oder Schlimmeres…

Putz und kleinere Steinchen bröselten von dem Mauerwerk, das dort, wo Link aufgeprallt war, erschreckend deutlich verschoben und eingedellt war, auf den Herrn der Zeiten nieder und bedeckten ihn mit weißlichgrauem Staub, so als würde er schon seit langer Zeit dort liegen.

Unterdessen ließ Ganon sein schauriges Lachen erklingen. „Ihr naiven Kinder! Habt ihr wirklich geglaubt, ich bräuchte meine Augen, um zu wissen, wo mein Gegner ist? Ich bin ein Schweinedämon! Ich rieche meine Kontrahenten!“

Navi starrte die Bestie aus weit aufgerissenen Augen entsetzt an.

Das hatte sie überhaupt nicht bedacht!

Es war ihre Schuld, dass Link in Ganons Falle getappt war.

Sie hatte diese gewissermaßen sogar vorbereitet!

Würde Link ihr das je verzeihen?

Konnte sie sich das je verzeihen?
 

Link dröhnte der Schädel und es fühlte sich an als hätte er sich jeden einzelnen Knochen im Körper gebrochen. Zudem schmeckte er Blut, obwohl er sich ziemlich sicher war, sich nicht auf die Zunge gebissen zu haben.

Trotzdem bemühte er sich schwerfällig wieder auf die Füße zu kommen, sobald der Schwindel nachgelassen und die Welt aufgehört hatte, sich vor seinen Augen zu drehen wie ein Brummkreisel.

Ein Stechen in seiner Flanke, das sich anfühlte als stecke ein Dolch in seiner Seite, verriet dem jungen Krieger, dass er sich tatsächlich mindestens eine Rippe gebrochen hatte. Bei jedem Atemzug bohrte sich die scharfe Bruchkante des Knochens in sein Fleisch und verursachte ihm grausame Schmerzen.

Navi schwebte neben seinem Gesicht in der Luft und murmelte eine Entschuldigung nach der anderen, obwohl er sich auf keine davon einen Reim machen konnte. Es war doch nicht ihre Schuld, dass er unvorsichtig gewesen war und sich zu sehr darauf verlassen hatte, ein blinder Gegner stelle keine Gefahr dar.

Als er ihr antworten und sie bitten wollte, mit den Selbstvwürfen aufzuhören, kam jedoch nur ein beängstigend großer Schwall Blut aus seinem Mund. Navi krampfte ängstlich ihre zierlichen Hände ineinander, während sie zusah wie sich ihr Schützling zitternd erbrach.

Schwarzrotes Blut, Reste des blauen Elixirs, schleimig-grüner Gallensaft und Magensäure vereinigten sich zu einer unappetitlich ausehenden, stinkenden Mischung.

Ganon brach währenddessen in Lachen aus, das noch schallender wurde, als er hörte wie Link stöhnend versuchte, sich wieder aufzurichten, nur um dann vor Schmerzen wieder zu Boden zu sinken.

„Du bist zäher als ich erwartet habe, Herr der Zeiten! Vielleicht habe ich doch nicht nur die Macht deines Triforce-Fragmentes unterschätzt… Aber das spielt nun auch keine Rolle mehr. Dein Leben wird schon bald enden!“ Mit diesen Worten setzte sich der Schweinedämon wieder in Bewegung und schickte sich an, seinem Gegner den Gnadenstoß zu versetzen.

Sich an der Wand hinter sich abstützend, kam Link endlich wieder auf die Füße und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Der rasende Schmerz, der in seinem Brustkorb und Kopf pulsierte, machte dies jedoch zu einer schier unmöglichen Aufgabe.

Glücklicherweise übernahm Navi das Denken für ihren Schützling: „Such den Goronenhammer! Ich versuche so lange, Ganon irgendwie abzulenken.“

Link nickte benommen, obwohl er nicht so recht wusste, wie er irgendetwas suchen sollte, während er das Gefühl hatte, nicht einmal geradeaus gucken zu können. Unterdessen stürzte Navi sich todesmutig auf die Schweinebestie und riss an dem noch immer in ihrem Augapfel steckenden Pfeilschaft.

Ganon brüllte vor Schmerz auf und schlug in der Hoffnung, Navi irgendwie zu erwischen, wild um sich. Der flinken Fee gelang es jedoch zum Glück recht mühelos, den Angriffen des Monsters auszuweichen.

Währenddessen suchte Link mit den Augen den Boden ab, wobei er immer wieder blinzeln musste, um seinen Blick scharf zu stellen. Unwillkürlich drängte sich ihm die Frage auf, ob er sich wohl eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte.

Doch der junge Recke hatte keine Zeit, sich um seine Verletzungen zu sorgen. Er musste so schnell wie möglich seine Waffe widerfinden, um Navi zur Hilfe zu kommen. Momentan schien Ganon ihr zwar nichts antun zu können, während sie an seinen Haaren, seinen Ohren und dem Pfeil in seinem Auge riss, aber Link wollte sich leider nicht darauf verlassen, dass der Dämon sich keine dreckigen Tricks einfallen lassen würde.

Die gebrochene Rippe bohrte sich bei jedem Schritt in sein Fleisch und ließ den Herrn der Zeiten immer wieder vor Schmerz innehalten. Allein gerade zu stehen schien bereits ein Ding der Unmöglichkeit zu sein und immer wieder drohten heftige Übelkeitswellen, die von dem Geschmack nach Blut begleitet wurden, ihn zu überwältigen.

Trotzdem suchte der Krieger weiterhin tapfer nach seiner verlorenen Waffe.
 

Unterdessen kniete Zelda mit geschlossenen Augen am Rand des Lavagrabens und murmelte ein Gebet. Nur zu gerne hätte sie das Geschehen auf der anderen Seite des Grabens besser im Blick behalten und gegebenenfalls erneut eingegriffen. Doch der Prinzessin war schmerzlich bewusst, dass sie ihre Kräfte auf anderes konzentrieren musste, wenn sie Ganon endgültig besiegen wollten.

Während Link und Navi das Einstürzen der Festung beobachtet hatten und sie gegen den als Brücke dienenden Turm gelehnt auf dem Boden gesessen hatte, hatte sich Rauru, der Weise des Lichts, auf telepathischem Wege mit ihr in Verbindung gesetzt. Er hatte gewusst, dass Links Kampf noch nicht vorbei gewesen war.

Doch der Weise hatte nicht Kontakt zu Zelda aufgenommen, um sie zu warnen, sondern um ihr zu verbieten an Links Seite in den Kampf zu ziehen.

Mit eindringlicher Stimme hatte er sie an den Plan erinnert, den Rauru schon vor Jahrhunderten, nach dem ersten Auftauchen Ganons ausgearbeitet hatte: Der Herr der Zeiten sollte gegen Ganon in den Kampf ziehen und ihn so weit schwächen, dass die Weisen mit vereinten Kräften einen Zauber über den Dämon sprechen und ihn so in die ewige Finsternis der Schattenwelt verbannen konnten.

Dafür würde die Prinzessin all ihre Kräfte brauchen, weshalb der Weise des Lichts ihr strikt untersagt hatte, sich in die Auseinandersetzung zwischen Held und Bestie einzumischen.

Bereits für das Ablenken des verschossenen Pfeils hatte sich Zelda eine Standpauke anhören müssen, die sich gewaschen hatte. Sie war sich augenblicklich wieder vorgekommen wie ein kleines Kind.

Die Kampfgeräusche und ihre damit verbundenen Sorgen auszublenden, erforderten jedoch mehr Konzentration als die junge Frau aufbringen konnte. Immer wieder hob sie blinzelnd die Augenlider, um sich zu vergewissern, dass Link und Navi noch lebten.

Nur zu gerne hätte sie die Beiden mit einem Schutzzauber belegt…

Aber sie hatte Angst, Rauru könnte Recht haben und sie würde dadurch im entscheidenden Moment womöglich zu erschöpft sein, um zusammen mit den anderen Weisen den Bannzauber über Ganon zu sprechen.

Also verharrte sie stumm und untätig in ihrer knienden Position und versuchte, durch Gebete ihre Kräfte zu sammeln und zu bündeln.
 

Als Link endlich den Goronenhammer entdeckte, stieß er einen leisen Fluch aus und wünschte, er hätte sich nicht zuvor seiner Stiefel entledigt, um leiser schleichen zu können: das Goronen-Relikt lag nämlich inmitten unzähliger Scherben, die dem Aussehen nach von den Buntglasscheiben des Turmzimmers stammten.

Einige Herzschläge lang sah sich der Recke nach seinem fortgeworfenen Schuhwerk um, aber als er es nicht in der Nähe entdecken konnte, biss er in den sauren Apfel und trat nur mit Socken bekleidet in den Scherbenhaufen.

Obwohl die dicke Wolle die kleineren Scherben abhielt, waren Links Fußsohlen bereits nach wenigen Schritten vollkommen zerschnitten. Jedes Auftreten tat höllisch weh und drückte die scharfkantigen Glasreste noch tiefer in das weiche Fußfleisch, bis der Recke nur noch humpeln konnte.

Dennoch kämpfte Link sich mutig vorwärts, bis er den Goronenhammer wieder an sich gebracht und den Scherbenhaufen wieder verlassen hatte. Dann zog er sich schnell die verbliebenen Splitter aus den Fußsohlen und rannte anschließend so schnell er auf seinen geschundenen, brennenden Füßen konnte zu Navi und Ganon herüber.

Die Fee war noch immer damit beschäftigt, den Schweinedämon zu triezen und musste zu ihrer Schande gestehen, dass es ihr sogar ein wenig Spaß machte, Ganon an der Nase herumzuführen und ihn vor Schmerzen schreien zu lassen, indem sie den Pfeil in seinem Auge bewegte.

Trotzdem war sie erleichtert, als sie sah, dass Link mit dem Goronenhammer angelaufen kam. Ihre Erleichterung vermischte sich jedoch mit Sorge, als sie die blutigen Fußabdrücke entdeckte, die ihr Schützling bei jedem Schritt hinterließ.

Navi wollte zu ihm herüberfliegen und fragen, was passiert war, doch in diesem Moment schloss sich plötzlich Ganons riesige Pranke um sie. Der kurze Moment der Unaufmerksamkeit hatte der Bestie ausgereicht, um ihre flinke Piesakerin endlich doch noch zu fassen zu bekommen.

Navi schrie in Panik auf, während Ganon seine klauenartigen Finger allmählich immer fester zusammenpresste. Offenbar wollte er sie in seiner Faust zermalmen – und dies auch noch so langsam, dass er jede Sekunde und jeden kleinen Schmerzenslaut auskosten konnte.

Vielleicht, überlegte Navi, war dies die Strafe dafür, dass sie beim Quälen des Monsters fast so etwas wie Freude empfunden hatte…

Trotzdem dachte die Fee nicht im Traum daran, sich kampflos in ihr Schicksal zu ergeben. Mit aller Kraft stemmte sie sich gegen Ganons Finger, biss und kratzte ihn und versuchte, durch einen Fingerzwischenraum zu entfliehen.

Ohne Erfolg…

Inzwischen hatte der Schweindämon seine Faust so fest zusammengepresst, dass Navi nur noch flach auf dem Rücken liegen konnte und kaum noch Luft bekam. Aus Richtung ihres Brustkorbs drang ein schauriges Knirschen, das das baldige Nachgeben ihrer Knochen ankündigte.

Doch gerade, als die Fee sich mit ihrem Ende abfinden wollte, stieß Ganon auf einmal einen trommelfellzerreißenden Schrei aus und stürzte wie ein gefällter Baum zu Boden, wobei er den Griff um Navi soweit lockerte, dass diese aus seiner Faust schlüpfen konnte.

Zunächst konnte sie sich keinen Reim auf ihre plötzliche Rettung machen, aber dann entdeckte sie Link, der breitbeinig über Ganons Schwanz stand und immer wieder mit dem Goronenhammer zuschlug. Bei jedem Schlag spritzte grün-schwarzes Blut und verätzte dem jungen Krieger das Gesicht. Sogar seine Arme wurden trotz des Kettenanzugs ein wenig in Mitleidenschaft gezogen.

Der Schweinedämon wand sich in offensichtlichen Qualen auf dem Boden, während sein Schwanz zu Brei geschlagen wurde. Bei diesem Anblick hatte Navi fast Mitleid mit ihm, obwohl er sie nur Sekunden zuvor hatte zerquetschen wollen. Sie kam auch nicht umhin, seinen Kampfeswillen zu bewundern.

Obwohl Ganon unübersehbar grausame Schmerzen durchlitt, schaffte er es, Link mit einem gezielten Tritt gegen die Brust von sich zu schleudern.

Der Herr der Zeiten flog einige Meter durch die Luft, bevor er auf den Boden aufschlug und sich mehrfach überschlug, bevor er schließlich vor Schmerzen stöhnend liegen blieb. Kleine Steinchen und Glassplitter rissen ihm Kleidung und Haut auf und ließen ihn aus unzähligen Wunden bluten.

Außerdem schien sich die gebrochene Rippe durch den Tritt in Links Lunge gebohrt zu haben, was den jungen Mann bei jedem Atemzug das Gesicht zu einer Fratze der Pein verziehen ließ.

Der Herr der Zeiten rappelte sich mühsam wieder auf und spuckte einen Mund voll Blut aus, bevor er seine Waffe fester packte und humpelnd wieder zum Angriff überging. Das Rasseln, das bei jedem Luftholen in seinem Brustkorb erklang, verriet ihm, dass sich seine Lunge langsam mit Blut füllte.

Wenn er den Kampf nicht schnell beendete, würde er ersticken.

An Land ertrunken an seinem eigenen Blut…
 

Plötzlich wurde der Himmel von einem gleisenden Blitz erhellt und die ersten Regentropfen, die sich innerhalb von Sekunden zu einem Wolkenbruch auswuchsen, fielen herab. Offenbar hatte das Gewitter, das sich im Osten über dem Todesberg zusammengebraut hatte, inzwischen Hyrule-Stadt erreicht.

Es dauerte keine Minute, bis Link bis auf die Knochen durchnässt war. Zu allem Überfluss machte der Regen den steinernen Boden rutschig und glitschig, was schnelle Ausweichmanöver zusätzlich zu den Verletzungsschmerzen noch erschwerte.

Ganon kämpfte sich mühselig wieder auf die Füße und warf einen gequälten Blick auf seinen Schwanz, von dem nur noch eine blutige, breiige Masse übrig war, die lose von Sehnen und Knochen zusammengehalten wurde. Als hätte dieser Anblick auf einmal den Zorn der Bestie heraufbeschworen, rannte Ganon plötzlich los und ließ seine Schwerter auf Link niedersausen.

Der Herr der Zeiten hatte kaum noch Zeit, den Goronenhammer hochzureißen, um den Schlag abzublocken. Bei dem Aufprall der Waffen ging eine Vibrationswelle durch Links Körper, die in jeder seiner Wunden ein schmerzhaftes Ziehen verursachte und ihn in die Knie zwang.

Mit einem schaurigen Grinsen drehte Ganon seine Handgelenke ein wenig und klemmte den Kopf des Goronenhammers zwischen den Klingen seiner beiden Schwerter ein. Dann machte er eine ruckartige Bewegung und riss Link das Goronen-Relikt aus den Händen.

Horror machte sich in dem Herrn der Zeiten und seiner Fee breit, als der Hammer in hohem Bogen über die Kante der Festungsinsel flog und mit einem unverwechselbaren Platschen in der Lava landete.

Schnell ging Navi im Geiste die restlichen Ausrüstungsgegenstände ihres Schützlings durch, doch egal wie sie es drehte und wendete – Link schien keine Waffe mehr zu besitzen, mit der er Ganon etwas anhaben konnte.

Er stand seinem Erzfeind nun vollkommen ohne Verteidigung gegenüber und war noch dazu bereits ziemlich angeschlagen…
 

Erschwerend kam hinzu. dass Ganon durch die Verstümmelung seines Schwanzes in Rage geraten zu sein schien.

Wie ein Berserker stürmte er hinter Link her, der zunehmend Schwierigkeiten mit dem Ausweichen hatte. Das Blut, das langsam seine Lunge füllte, machte jeden Atemzug mühsamer als den vorangegangenen und seine geschundenen Füße, schmerzten so sehr, dass er am liebsten gar nicht mehr aufgetreten wäre.

Zelda beobachtete unterdessen das Geschehen mit krampfendem Herzen von der anderen Seite des Lavagrabens aus und versuchte verzweifelt, sich auf ihre Gebete zu konzentrieren, um alle in ihr schlummernden Kräfte für den entscheidenden Moment zu mobilisieren.

Mehrere Minuten lang rannte Link trotz seiner Schmerzen von einem Ende der Festungsinsel zur anderen, immer in der Hoffnung, Ganon würde schneller ermüden als er. Der Schweinedämon schien jedoch noch lange nicht am Ende seiner Kräfte angelangt zu sein – ganz im Gegenteil!

Wann immer ihm ein Trümmerhaufen oder die Überreste einer Wand im Weg waren, rannte er das Hindernis einfach um als bestünde es lediglich aus Pappmasche.

Dem Herrn der Zeiten wurde ganz anders, als er sah wie die mächtigen Schwerter des Monsters durch Stein schnitten wie durch Butter. Er wollte sich lieber nicht vorstellen, was diese Klingen mit seinem Körper anstellen würden, sollte er es einmal nicht schaffen, ihnen auszuweichen…

Navi sah mit wachsender Sorge zu, wie ihr Schützling Haken schlagend über das Gelände der einstigen Festung spurtete, aber zunehmend langsamer wurde. Es würde nicht mehr lange dauern, bis Ganon ihn erwischen würde.

Obwohl ihr die beinah-Begegnung mit dem eigenen Tod noch in den Knochen steckte, stürzte sich die Fee mutig gegen den Schaft des Pfeils, der dem Monstrum noch immer im Auge steckte. Ganon blieb sofort wie angewurzelt stehen und fauchte vor Zorn und Qual, während Navi zu Link herüberschoss und rief: „Such dir ein Versteck! Schnell!“

Dem Herrn der Zeiten war zwar bewusst, dass sein Gegner sehr schnell erschnüffeln würde, wo er war, aber er war trotzdem dankbar für die kurze Verschnaufpause.

Mit einem Hechtsprung ging er hinter einem umgestürzten Pfeiler in Deckung, rollte sich ab und blieb auf dem Hintern sitzen. Tränen der Erleichterung stiegen ihm in die Augen, als er die Beine ausstreckte und seinen gepeinigten Füßen ein wenig Ruhe gönnte.

Navi schwebte neben seinem Gesicht und versuchte sich an einer aufmunternden Miene, die ihr jedoch gründlich misslang. Ihre Sorge und ihre Angst waren ihr deutlich ins Antlitz geschrieben.

Link legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und holte tief Luft, was ihn in trockenes Husten ausbrechen ließ. Navi musste sich auf die Unterlippe beißen, um nicht laut aufzuschluchzen, als ihr Schützling mit jedem Keuchen einige dicke, dunkelrote Blutstropfen aushustete.

Noch schlimmer war es, seine raue, von einem asthmatischen Pfeifen begleitete Stimme zu hören: „Ich glaube, dieses Mal schaffe ich es wirklich nicht… Ich kann nur hoffen, dass ich dieses Monstrum mit mir in den Tod reiße!“

An einem Kloß in ihrer Kehle schluckend schüttelte Navi den Kopf und flüsterte: „Sag doch soetwas nicht.“

Link blinzelte sie unter halb geöffneten Lidern hinweg an und seine Fee erschrak, wie glasig seine Pupillen bereits wirkten. Auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, ihr Freund stand bereits mit einem Bein im Grab.

Verzweifelt suchte die Fee nach Worten – nach irgendetwas, das sie sagen konnte, um ihm den Glauben an einen glorreichen Sieg zu geben – doch bevor ihr etwas einfallen wollte, tauchte Ganon mit erhobenen Schwertern hinter Links Versteck auf.

„Vorsicht!“ Am liebsten hätte Navi Link zur Seite gestoßen, um ihn aus der Gefahrenzone zu bringen, aber sie wusste nur zu genau, dass er es vermutlich kaum gespürt hätte, selbst wenn sie sich mit vollem Gewicht gegen ihn geworfen hätte.

Glücklicherweise funktionierten seine antrainierten Reflexe offenbar noch immer wunderbar: Der Herr der Zeiten warf sich augenblicklich zur Seite und rollte sich ab, bevor er wieder auf die Füße kam. Trotz der schnellen Reaktion rissen ihm umherfliegende, scharfkantige Steinsplitter die dünne Haut an Hals und Ohrmuscheln auf.

Sobald seine zerschnittenen Fußsohlen wieder den Boden berührten, verzog der junge Krieger das Gesicht zu einem Ausdruck tiefster Qual. Bei diesem Anblick zerriss es Navi endgültig das Herz und sie warf sich erneut auf Ganon, um notfalls den Kampf selbst zu beenden!

Doch der Schweinedämon erwies sich leider als lernfähig…

Mit einer unwirschen Handbewegung wischte er Navi einfach beiseite wie eine lästige Schmeißfliege und knurrte: „Nicht schon wieder!“

Die Fee wurde mit voller Wucht getroffen und knallte nach wenigen Metern hart gegen einen Trümmerhaufen. Die obersten Geröllstücke lösten sich, stürzten zu Boden und begruben Navi unter sich.

„Navi! NEIN!“ Link stand nur eine Schwertlänge von seinem Gegner entfernt, aber er nahm ihn gar nicht mehr wahr. Stattdessen starrte er mit weit aufgerissenen Augen auf die Trümmer, unter denen seine Fee begraben war.

Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie leichtsinnig es war, seinem Widersacher den Rücken zuzukehren, rannte Link zu dem Geröllhaufen herüber und begann, den Schutt beiseite zu schaffen.

Zelda bemerkte unterdessen mit Schrecken, dass Ganon sich anschickte, die Unaufmerksamkeit des Herrn der Zeiten auszunutzen. Mit einem gehässigen Grinsen auf den Lippen baute sich die Schweinebestie hinter dem knienden Krieger auf und hob eines ihrer Schwerter, um Link aufzuspießen wie einen besonders seltenen Schmetterling.

„Ach, zum Teufel mit Raurus Verbot!“ So schnell sie konnte, rappelte Zelda sich auf und konzentrierte sich auf einen besonders großen Pfeilerrest.

Vor Anstrengung traten ihr feine Schweißperlen auf die Schläfen, aber das nahm sie nur am Rande wahr. Ihre Aufmerksamkeit galt allein Link, der noch immer nach Navi grub, und Ganon, der gerade Maß nahm, um dem Herrn der Zeiten das Herz zu durchstoßen.

Genau in dem Moment, in dem der Dämon seine Waffe herabsausen ließ, riss Zelda ihre ausgestreckten Arme zur Seite.

Der Pfeilerrest flog zur Seite und erfasste Ganon, der in der letzten Sekunde noch den Kopf zur Seite riss, an der Flanke. Die riesige Schweinebestie wurde von der Wucht des Aufpralls mehrere Meter zur Seite geschoben, bevor sie schließlich das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte.

Link, der die Geschehnisse um ihn herum vor Sorge um Navi völlig ausgeblendet hatte, zuckte bei dem dumpfen Dröhnen erschrocken zusammen und wirbelte herum.

Als er erkannte, wie knapp er dem Tod entkommen war, richtete er sich schweren Herzens auf und wandte sich von dem Trümmerhaufen ab. „Du hast hier einen Kampf zu bestreiten – konzentrier dich!“, rief er sich selbst ins Gedächtnis, obwohl jede Faser seines Körpers darauf drängte, weiter nach Navi zu suchen.

„Sie würde dich auch nicht im Stich lassen!“, rief eine entrüstete Stimme in seinem Inneren. „Du kannst ihr sowieso nicht mehr helfen“, hielt der Pessimist in ihm dagegen, was den Realisten dazu veranlasste bestärkend anzufügen: „Also entehre ihr Opfer nicht, indem du dein Leben achtlos wegwirfst.“

Der Herr der Zeiten schüttelte leicht den Kopf, um die körperlosen Stimmen aus seinem Geist zu vertreiben.

Er konnte sich jetzt kein Zwiegespräch mit sich selbst erlauben.

Er musste zu allererst Ganon irgendwie ausschalten – dann hätte er vielleicht immer noch Zeit, Navi zur Hilfe zu eilen.
 

Unterdessen wurde der Regen noch stärker und ein Blitz jagte den nächsten über den pechschwarzen Himmel. Der Regenvorhang wurde dermaßen dicht, dass alles, das weiter als anderthalb oder zwei Meter entfernt war, dahinter verschwand. Wasser lief gurgelnd und Blasen werfend in kleinen Bächlein auf die Ränder der Festungsinsel zu und spülten kleine Steine und Glasscherben davon.

Ganon hievte sich schwerfällig wieder auf die Beine. Offenbar hatte sich bei seinem Sturz eine lange Metallstange in seinen Oberarm gebohrt und bereitete ihm nun Schmerzen. Link vermutete, der golden schimmernde Metallstab habe früher als Vorhangstange gedient.

Ein lautes Donnergrollen ließ die ganze Gegend erbeben und schluckte beinah Zeldas herübergerufene Worte: … erlischt!“

„WAS?“ Link versuchte, gegen den aufkommenden Wind anzubrüllen, ohne seinen Blick von Ganon zu nehmen, der sich die Stange aus dem Arm zog und damit nach Link warf.

Die Prinzessin schrie aus Leibeskräften, aber egal, wie sehr sie sich auch bemühte, bei Link kamen nur Bruchstücke dessen an, was sie ihm zurief: „… Feuer… -schwert hol–…“

Der Krieger schüttelte irritiert den Kopf.

Was immer Zelda ihm auch sagen wollte, er hatte keine Zeit, es zu enträtseln. Ganon stürmte bereits wieder auf ihn zu wie ein wildgewordener Stier.

Der Herr der Zeiten rannte so schnell er mit seiner protestierenden Lunge und seinen kaputten Füßen auf dem rutschigen Untergrund konnte davon und stolperte gleich mehrfach über Trümmerstücke, die er wegen des dichten Regens nicht gesehen hatte.

Während er stumm über den Regen fluchte, kam ihm dadurch jedoch eine Idee: Vielleicht konnte er Ganon ja dazu bringen, über die Kante der Festungsinsel in die Lava zu stürzen, wenn er ihn nah genug an den Rand lotste!

Ohne eine weitere Sekunde zu verschwenden, rannte der junge Mann auf den Lavagraben zu – und stieß beinah mit Zelda zusammen, die offenbar auf dem Weg ins Zentrum der ehemaligen Festung war.

„Was machst du denn hier?!“ Link starrte die Prinzessin an als hätte er einen Geist gesehen. Diese deutete auf den Rand der Festungsinsel und rief über den immer stärker werdenden Sturm hinweg: „Der Regen hat das Feuer gelöscht. Such das Master-Schwert. Ich kümmere mich um Navi!“

Vor Dankbarkeit, dass sie sich für seine Fee in die Gefahrenzone begab, wäre Link ihr am liebsten um den Hals gefallen. Stattdessen nickte er jedoch nur und rannte an der Kante der Insel entlang, um den Boden nach seiner heiligen Waffe abzusuchen.
 

Zelda ging unterdessen vor dem Trümmerhaufen, unter dem Navi begraben war, in die Knie und schaufelte mit bloßen Händen Gesteinsbrocken zur Seite.

Ganon hielt kurz darauf plötzlich in der Bewegung inne und schnüffelte, anstatt Link weiterhin zu verfolgen. Als er Zelda ganz in der Nähe witterte, huschte ein grimmiges Grinsen über sein Gesicht.

Es spielte für ihn keine Rolle, ob er zuerst den Herrn der Zeiten oder die Weise der Harmonie tötete. Er wollte nur, dass beide starben. In welcher Reihenfolge war egal.

In sich herein lachend brach er die Verfolgung Links ab und stapfte stattdessen auf die Prinzessin zu.

Als Link das Master-Schwert endlich entdeckte, rutschte ihm das Herz in die Hose.

Eines der Bächlein, die das Regenwasser von der Festungsinsel in den Lavagraben spülten, verlief direkt unter der heiligen Waffe und hatten sie bereits soweit über den Rand hinweg getragen, dass die kleinste Erschütterung ausreichen würde, um sie auf Nimmerwiedersehen in die Lava stürzen zu lassen.

Zelda riss sich beim Graben die Finger auf, bis sie bluteten, aber das hielt sie nicht auf. Stattdessen grub sie mit Feuereifer weiter und weiter, bis sie Navi endlich freigelegt hatte.

Ihr Feenglanz war erloschen, ein Flügel fast vollständig abgerissen und an ihrer Stirn prangte eine beeindruckend große Platzwunde. Zelda blieb bei diesem Anblick das Herz stehen, bis sie bemerkte, dass die Fee noch schwach atmete. Sofort streckte die Prinzessin ihre Hände nach Navi aus, um sie mit Hilfe eines Zaubers zu heilen.

Unterdessen kam Ganon unaufhaltsam näher.

Der Schweinedämon malte sich im Geist bereits aus wie er seine Schwerter in Zeldas Rücken rammte und das splitternde Geräusch ihres brechenden Rückgrats genoss.

Ohne lange nachzudenken, hechtete Link mit einem Bauchplatscher nach vorn und griff nach dem Heft des Master-Schwerts. Durch die Vibrationen des Aufpralls kippte die heilige Waffe nach vorn und der Herr der Zeiten hielt gespannt die Luft an.

Für den Bruchteil einer Sekunde schien das Schwert an der Inselkante festzuhängen, dann stürzte es in die Tiefe – doch genau in dem Moment schlossen sich Links Finger um das sich wohlig-vertraut anfühlende Heft.

Er hatte endlich seine Waffe zurück!

Obwohl er bei jedem Luftholen das Gefühl hatte durch einen feuchten Schwamm hindurch zu atmen und jede einzelne Faser seines Körpers schmerzte wie noch nie zuvor in seinem Leben, empfand er mit dem Master-Schwert in der Hand wieder ein wenig Zuversicht.

Navis Lider flatterten und sie schlug langsam die Augen auf. „P-Prinzessin… Ha-Haben wir…?“ Zu sprechen fiel der Fee noch immer sehr schwer, doch sie spürte wie das Leben allmählich wieder in sie zurückkehrte.

Zelda schüttelte den Kopf, wobei einige Strähnen ihres nassen Haares an ihrer Stirn kleben blieben. „Nein, Link kämpft noch immer.“

In diesem Moment erklang plötzlich Ganons schauriges Lachen im Rücken der Prinzessin: „Der Herr der Zeiten ist genauso verloren wie ihr!“

Zelda wirbelte erschrocken herum.

Sie hatte gewusst, dass sie sich einem Risiko aussetzte, indem sie sich in die Kampfzone wagte, aber sie hätte niemals erwartete, dass Ganon von Link ablassen würde.

Mit wild hämmerndem Herzen beobachteten Prinzessin und Fee wie der Schweinedämon seine Waffen hob, um mit nur einem Schlag Zeldas Körper in Zwei zu schlagen. Zelda murmelte einen Schutzzauber, war sich aber nicht sicher, ob sie ihn beenden konnte, bevor Ganon zuschlug.
 

Doch plötzlich tauchte aus dem Regenvorhang eine blaugewandete Gestalt mit einem blitzenden Schwert in der Hand auf.

Als Link erkannte, dass Ganon drauf und dran war, Zelda und Navi zu töten, handelte er ohne nachzudenken.

Todesmutig sprang er dem Schweinedämon von hinten auf den Rücken und kletterte an ihm bis zu den Schultern hinauf. Der Regen hatte die Schuppen des Ungetüms glitschig gemacht und dass Ganon versuchte, ihn irgendwie abzuschütteln, machte die Kletterpartie nicht gerade einfacher.

Zelda und Navi beobachteten mit angehaltenem Atem wie Link trotz Ganons Bemühungen, den Herrn der Zeiten loszuwerden, dessen Schulter erklomm und ihm das Master-Schwert tief in die Kehle stach.

Das Monster schrie fürchterlich und rannte plötzlich wie von der Tarantel gestochen los. Zuerst konnte Link sich keinen Reim auf diese Reaktion machen, aber als er die immer näher kommende Wand bemerkte, wurde ihm schlagartig klar, was Ganon vorhatte: Er wollte Link zwischen seinem Körper und der Wand zerquetschen.

Dem Herrn der Zeiten blieb nichts anderes übrig als sich zu Boden fallen zu lassen.

Das laute Knacken und der darauffolgende, stechende Schmerz verrieten dem jungen Krieger überdeutlich, dass er sich beim Aufprall den Knöchel gebrochen hatte.

Hinter sich hörte er Zelda irgendetwas murmeln, aber der Sturm um ihn herum war zu laut, um auch nur ein Wort zu verstehen.

Ganon wirbelte zu ihm herum und schlug mit seinen Schwertern auf den Herrn der Zeiten ein. Dieser konnte sich nur mit seinem Hylia-Schild verteidigen, der unter Ganons Hieben zunehmend verbeulte. Jegliche Zuversicht, die Link beim Wiedererhalt des Master-Schwerts verspürt hatte, löste sich schlagartig wieder auf.

Mit dem verletzten Knöchel würde er Ganons Attacken nicht ausweichen können und sobald der Hylia-Schild zerstört wäre, wäre es auch um ihn geschehen…
 

Unterdessen sprach Zelda mit Hilfe ihrer telepathischen Fähigkeiten zu den Weisen: „Ich bitte euch, ihr Weisen, leiht Link eure Kraft! Ich weiß, ihr glaubt, wir brauchen all unsere Macht, um ein Siegel zu erschaffen, dass Ganon auf ewig bannen kann – aber wenn wir dem Herrn der Zeiten jetzt nicht beistehen, werden wir niemals die Gelegenheit bekommen, irgendein Siegel zu schaffen, weil es dann keinen Sieg über Ganon geben wird!“

Ohne eine Antwort abzuwarten, legte die Prinzessin ihre Hände so aneinander, dass zwischen ihren Daumen und Zeigefingern ein Dreieck entstand und konzentrierte sich auf all die Energie in ihrem Inneren. Nur Sekunden später schoss plötzlich ein blendend helles, goldenes Licht aus ihren Händen hervor, das auf Ganons Rücken traf, ihn durchschlug und die gesamte Bestie einhüllte.

Link stolperte bei diesem Anblick erschrocken zurück und ließ beinah sein Schwert fallen, als dieses zuerst in den Farben der Weisen und dann golden aufleuchtete.

Wegen des Sturms wandte sich Zelda, die vor Anstrengung in die Knie ging, telepathisch an Link: „Schnell, versetz ihm den Gnadenstoß!“

Sogleich ließ der Herr der Zeiten seinen demolierten Schild fallen und humpelte auf den am Boden kauernden Ganon zu. Offenbar lähmte Zeldas Lichtmagie ihn und machte ihn so gut wie bewegungsunfähig.

Link nahm Maß, hob das Master-Schwert über den Kopf und trieb dem Schweinedämon die heilige Klinge tief ins Hirn.

Im ersten Moment war der junge Mann lediglich verblüfft darüber, dass er einen stechenden Schmerz im Brustkorb verspürte, als er Ganon das Master-Schwert in den Schädel rammte. Dann hörte er Navi und Zelda aufschreien und sah an sich herab.

In seiner Brust steckte die Spitze von Ganons Schwert und trotz des durchnässten Stoffes war der dunkelrote Fleck, der sich rundherum auf Links Tunika ausbreitete, gut zu erkennen.

Offenbar war der Dämon doch nicht vollständig gelähmt gewesen…

Link sah noch wie sich unter Ganons Körper ein weiß schimmerndes Portal auftat, dann gaben seine Knie nach und er stürzte zu Boden, wo er liegen blieb wie weggeworfene Flickenpuppe.

Während die restlichen sechs Weisen Ganon zurück in das Schattenreich schickten, aus dem er einst nach Hyrule gekommen war, stürzten Navi und Zelda zu Link herüber.

Der Herr der Zeiten lag auf dem Rücken und obwohl seine Augen geöffnet waren, sah er nicht wie sich die beiden Frauen weinend über ihn beugten. Auf seinen Lippen lag ein seltsam entrückt wirkendes Lächeln, das nicht recht zu seinen Verletzungen und vor allem dem klaffenden Loch in seiner Brust passen wollte.

Navi war jedoch sofort klar, was ihren ehemaligen Schützling lächeln ließ:

Seine Aufgabe war erfüllt, seine letzte Schlacht geschlagen…



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  obelix
2017-12-25T19:53:43+00:00 25.12.2017 20:53
Hi labrynna

Das Kapitel ist aufregend und spannend und traurig. Der Kampf ist intersannt und spannend . Du hast mich mit den Kapiteltitel reingelegt ich dachte das es sein letzte Kampf und dann happy end aber so ist es nicht . Link brauch ein wunder um das zu überleben . Ich finde es gut das Zelda auf das verbot gepfiffen hat und link geholfen hat.

Mfg Obi

Antwort von:  Labrynna
25.12.2017 20:59
Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, dass daß Kapitel (vorerst?) nicht das Happy End bringt, das der Titel verspricht.

Vor dem Kampf hatte ich beim Schreiben echt Respekt. Ich finde nämlich, dass zu lange Beschreibungen eines Kampfes schnell langweilig werden, aber das ist der letzte Kampf! Der sollte schon irgendwie episch sein...
Antwort von:  obelix
27.12.2017 19:40
ach ich nimm dir es nicht übel :). Es ist episch Kampf und es ist richtig das es lange ist weil es das letzte Kampf ist und es ist nicht langweilig es hat Drama und Action das passt. ;)
Antwort von:  Labrynna
27.12.2017 20:35
Gut. :)


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