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Blindfold of Love

von

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Kapitel 2

Wie jeden Tag wird zur gleichen Zeit die Haustür aufgesperrt und Riza kommt mit frischen Frühstück hereinspaziert. Heute sind es Brötchen die sie mitbringt.

“Guten Morgen!” ruft sie in den Flur und sieht in Richtung Küche. Dort sitzt Roy grinsend auf dem Stuhl, ein Bein nach oben gelegt.

“Gerne würde ich jetzt eine Zeitung lesen und sagen: ´Willkommen zurück, Honey, die Neuigkeiten sind wie immer einfach bedrückend´ aber das ist leider nicht so einfach.” scherzt er und wuschelt Black Hayate durch das Fell, der schon wieder sofort angeflitzt kommt.

“Es ist eigentlich derzeit relativ ruhig in Amestris, mich beunruhigen eher die Aufstände im Süden der Stadt. Aber unser Militär ist ein gutes.”

“Sagt die Frau die eine ausbildung in Kampfkunst durchlaufen hat.” Riza lacht und stellt die Tüte Brötchen auf den Holztisch.

“Ich frage mich immer wieder, wie du es schaffst den Kaffee blind zu dosieren.” die Kaffeemaschine arbeitet bereits vor sich hin und macht die schwarze Brühe warm. Ohne das Koffeinhaltige Zeug würde so mancher Tag viel langweiliger und langsamer ablaufen.

“Ich habe es einfach im Gespür, ich kann es ja fühlen und mittlerweile bin ich es gewohnt, blind zu leben. Du erinnerst mich auch jeden Tag wieder daran.” Roy seufzt und denkt daran, wie es wohl wäre, wenn er wieder sehen könnte. Möglicherweise erstmal Riza ein Kompliment für ihr Aussehen machen, auch wenn er sie nie gesehen hat bisher. So nah wie sie sich in den Wochen, als sie mit ihm sich auf immer die gleiche Bank setzte, ist einfach schwierig ihre Ausstrahlung zu ignorieren. Ihre Stimme erfüllt immer den Raum und es ist schwer, sie dabei zu ignorieren. Auch die weichen Finger mit den spürbaren Zeichen der Abnutzung. Alles ist ein Gesamtbild in seinen Gedanken, umgeben mit der eigenen Farbe in seinem Kopf.

Der Stuhl kratzt über den Boden als sich Riza mit den Kaffetassen vor ihm setzt. Black Hayate läuft schwanzwedelnd zwischen ihre Beine.

“Sag mal, welche Farbe haben deine Haare?” fragt er mitten ins blaue hinein.

“Ich habe ein natürliches helles blond. Gerade halte ich sie eher kurz geschnitten.” sie antwortet, als ob es eine völlig normale Frage wäre.

“Dein Bart fängt wieder an zu wachsen, ich muss dir wohl ein wenig beim rasieren helfen.” meint Riza und nimmt einen Schluck Kaffee. Das ist eine ihrer besten Fähigkeiten, sie ist immer schlagfertig, ruhig und schafft es den noch so heißen Kaffee mit zu wenig Milch und Zucker herunterzuspülen.

“Ich kann das auch selbst, ich brauche eben ein wenig länger.” beschwert Roy sich schmollend.

“Ich bin kein Baby dass so viel Hilfe braucht, ich bin alt genug und komme schon damit klar.”

Wenn etwas ihn wütend macht, dann wenn er als unnütz und wie ein Kind behandelt. Wenn er falsches Mitleid erhält oder betätschelt wird als ob er überhaupt nichts mitreden dürfe an seiner Situation.

Schweigend wie so manchmal sitzen sie am Tisch und essen ihr Frühstück. Vielleicht liegt es an seiner schrecklichen Umgangsform mit Frauen, oder sie ist einfach ein wenig fürsorglicher. Trotzdem redet er sich ein, ihr gegenüber ein wenig höflicher und aufmerksamer zu sein.

“Ich gehe heute ein wenig früher einkaufen, ich möchte ausnahmsweise eine kleine Überraschung bereiten.” sie bricht die Stille und überrascht ihn. Riza plant etwas? Eine Überraschung für wen?

“Natürlich, ich sollte sowieso deinen Grandpa besuchen, ich habe es ihm versprochen.” Roy nimmt einen tiefen Schluck Kaffee. Er kann ein wenig wütend werden, wenn Roy nicht zu den versprochenen Tagen vorbeikommt und sich die neuesten Technologiesachen erklären lässt oder mit ihm über sein Leben spricht. Wie es ihm geht, ob er genug isst und Riza´s Gesellschaft immer noch eine angenehme ist. Mittlerweile ist sie mindestens ein halbes Jahr hier bei ihm, kommt jeden Tag vorbei und kümmert sich rührend um die Hausarbeiten die er nicht erledigen kann.

“Soll ich dir vorher noch helfen mit deinem Bart?” fragt sie mit einem leicht neckischen Unterton.

“Ist schon okay, vielen Dank.” Roy lächelt in ihre Richtung und versucht genauso neckisch herüberzukommen.

“Ich gebe dir Black Hayate mit, am Besten kommst du den Weg wieder zurück hierher. Aber du sagst ja selbst, du schaffst das.”

Roy seufzt tief. “Ich gehe jeden Tag den Weg hierher und zu Grandpa schon mindestens genauso oft.” Ein wenig angespannt schnappt er sich den Mantel von der Stuhllehne und schlüpft hinein. Auch ohne dem Blindenstock findet er den Weg einfach aus der Wohnung. Black Hayate flitzt hinter ihm her durch die zugehende Eingangstür. Wenigstens kann er seinen Haustürschlüssel ihr anvertrauen, es ist ein gegenseitiges Vertrauen. Auf der Straße ist heute ein wenig ruhigerer Verkehr. Amestris ist eigentlich eine lebhafte Stadt voller Eindrücke wenn man sich auf diese einlässt.

Jeder Laden an dem er vorbeigeht hat einen anderen Geruch, ob Obst oder Kleidungsladen. Über jede Straße braucht er immer die gleiche Anzahl von Schritten, was ihm hilft, den richtigen Weg zu finden. Niemand rempelt ihn an, sie sehen das Blindenzeichen und meiden ihn wahrscheinlich sofort. Aber er wahrt immer ein starkes Gesicht und orientiert sich mit seinen Ohren und Nase.

Grandpas Werkstatt hat ihren ganz eigenen Eindruck. Lautes Klirren von Metall, der Geruch von Motoröl und Benzinlösung vermischt mit männlichen Schweiß. Die Mitarbeiter grüßen ihn bereits als er am großen Schiebetor ist.

“Oh Roy, wieder Besuchstag?” kommt es von dem einen links. Seiner Stimme nach zu urteilen ist er ein wenig größer und hat eine tiefe Stimmlage.

“Grandpa ist wieder hinten und schraubt gerade an einem fremden Teil herum.” meint ein anderer vor ihm, er ist ziemlich nah. Black Hayate bellt einmal, dann flitzt er zum Wassernapf und schleckt freudig das Wasser auf.

“Roy, freut mich dass du hier bist!” Grandpas Stimme ist mit Abstand von allen die lauteste. Er raucht viel, seine Lungen werden immer schlechter mit jedem Jahr dass vorbeigeht. Aber aufhören will er nicht.

“Natürlich, wie kann ich dich nur vergessen!” Grandpas schmale Hand nimmt seine und schüttelt sie kräftig.

“Komm mit, ich habe noch ein paar Teile für Kunden aus dem Osten zu erledigen.” Es wird leiser als sie in den kleinen abgetrennten Raum für Grandpa Hawkeye gehen. Es riecht nach Automail und das Öl dazu.

Grandpa wühlt in einer Schraubenkiste herum und fügt ein letztes Teil zu dem Werk hinzu. Alleine durch den Geruch und den Geräuschen kann er sich erklären, dass es ein Stück aus Automail sein muss.

“Ich habe den Auftrag eines Automail-Armes erhalten. Der ist jetzt endlich fertig.” Stolz stemmt er seine Arme in die Hüften bevor er sich seinem Besucher zu wendet.

“Das wäre für mich einfach fantastisch, wenn du das hier sehen könntest. Meine kleine Werkstatt ist so gut gewachsen.”

“Das glaube ich dir aufs Wort.” winkt Roy ab. Es gibt mehr Kunden und laute Mitarbeiter die an Automobilen und Automailteilen schrauben.

“Und, wie schauts aus mit meiner wunderbaren Riza? Läuft doch alles fein, oder?”

Roy nickt. “Natürlich, wir verstehen uns ausgesprochen gut.”

Grandpa lacht mit seiner rauchigen Stimme. “Sie ist eine echt charmante, sie kann es dir nur nicht zeigen weil du sie nie ansehen wirst. Da muss man mit anderen Mitteln kämpfen.”

Roy merkt sofort, wie seine Wangen rot anlaufen. Untypisch für ihn, verdammt! Unauffällig sieht er sich um und tut so, als ob er wirklich abgelenkt ist.

“Ja sie ist nett und ich genieße ihre Gesellschaft.” antwortet er nach einer kurzen Atempause. Es klingt und eine weitere Schraube sitzt im Automailarm.

“Du magst sie, früher oder später tun sie das alle.” Old Hawkeye legt seinen Schlüssel beiseite und sieht seinen Besucher ernsthaft an. Er hat seine Haltung ein wenig verändert, scheint eingeknickt und nicht mehr so stolz erfüllt zu sein. Wunder Punkt, hmm?

“Dann geh du mal, besuch mich ja wohl auch nächsten Monat zur gleichen Zeit wieder!” droht er ihm und winkt ihm mit dem Schraubenzieher in der linken. Roy kann ihn zwar nicht sehen, aber kann sich schon gut vorstellen wie der Grandpa ihm nachwinkt. Schnell sucht er den Weg aus der Tür in die Garage.

“Ihr seit aber heute schnell fertig!” ruft der Laute.

“Das geht dich nichts an, mach einfach weiter Schulz!” brüllt Grandpa zurück und schiebt Roy sanft aber bestimmt weiter. Black Hayate ist sofort neben ihm und folgt Roy auf dem Fuß.

“Viel Spaß noch mit meiner Lieben!” brüllt er ihm noch nach als der junge Mann wieder auf der Straße ist.

“Danke, wir sehen uns!” er winkt in die Richtung der Stimme und geht ein wenig schneller zurück auf den Gehweg. Sie ist also wirklich eine gute schöne Frau, aber sie kann es ihm nicht zeigen? Das klingt einfach dämlich. Roy steckt sein Gesicht tiefer in den Mantelkragen. Vor einigen Tagen hat es das erste Mal geschneit, passend für Weihnachten in einer Woche. Nur wird er wieder eine Weihnacht lang keinen Schnee sehen und die Geschenke seiner Familie nur anfassen oder hören können.

Aber er ist nicht alleine, zuhause ist sie, die junge Frau dessen Geruch und Stimme sein Herz immer wieder höher schlagen lässt. Jemand dessen Persönlichkeit er besser als ihr Äußeres kennt. In Gedanken versunken geht er den längeren Weg nach Hause. An den Ampeln wo es kein Klingeln für grün gibt verlässt er sich auf das Geräusch der fahrenden Reifen und Black Hayate, wenn sein Hecheln sich ein wenig von ihm entfernt.

Eine Überraschung, für wen denn? Ihm kreist die Frage immer wieder im Kopf. Gerne würde er ihr auch eine Überraschung machen. Oder ihr zeigen, wie es ist genauso blind den Eindrücken ausgesetzt zu sein? Sofort merkt er wie die Gedanken wild rasen und seine Wangen rot anlaufen. Ein Experiment mit den Sinnen, das kann er aber schlecht machen da er selbst nichts sieht. Und einfach vorschlagen ist ja noch schrecklicher, Riza ist ja nicht seine Freundin sondern Assistentin.

“Verdammt…” flüstert er in den Mantel und ballt die Fäuste. So neugierig auf eine Person war er lange nicht mehr, nein irgendwie noch nie. Er möchte gerne ihr Gesicht berühren dürfen und in die Augen sehen und einen Blick zurück erhalten. Den Geruch der Haut einatmen und sich einfach wohl fühlen. Das ist was man wohl Liebe nennt…

Dem Gefühl nach ist er fast zuhause angekommen. Ist sie bereits zuhause? Was ist mit ihr, was ist wenn er total doof denkt und die Gefühle nicht erwidert werden? Roy hatte sein eigenes Gesicht gar nicht mehr gesehen, seine dunklen Haare und die Konturen die er immer mochte. Ein wenig unsportlich ist er auch geworden, aber die Spaziergänge haben ihm wieder geholfen ein wenig Speck abzubauen.

Black Hayate schnüffelt an seinen Schuhen als Roy stehen bleibt und den Kopf einmal durchschüttelt. Als ob es gegen wilde Gedanken helfen würde. Ein wenig gefasster öffnet er die Eingangstür und sucht mit dem Blindenstock den Weg zum Fahrstuhl. Wie immer drückt er die gleichen Knöpfe. Genauso wie sein Gefühlschaos jeden Tag das gleiche ist.



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