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-Eine andere Welt-

--Kushkepet--
von

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Nun sind schon 3 Tage vergangen, seitdem ich Sakito begegnet bin und meine Einträge beginnen, unregelmäßiger zu werden. Ich bin ein wenig von mir selbst enttäuscht, habe aber nichts anderes erwartet. Manchmal verfällt man eben in seine eigenen Muster zurück und da ich nie Tagebuch geschrieben habe, werde ich wohl auch niemals mit Disziplin dahinter stehen.

Nachdem ich mit meiner Begleitung in einem Hotel übernachtet habe, sind wir weiter ins Innere der Stadt gezogen und haben uns die Straßen angesehen. Ich fühle mich immer mehr, als sei ich am richtigen Ort angekommen, Saki gefällt meine Entwicklung sehr. In den letzten Tagen habe ich verschiedene Kunden kennen gelernt und mir ihre Tattoos angesehen. Ich finde es mittlerweile Recht entspannend, Saki bei der Arbeit über die Schulter zu sehen und die Motive sind wirklich gelungen. Mich beschleicht der leise Gedanke, ob ich nicht auch mal ein Tattoo haben möchte, aber ich wüsste nicht welches oder wohin. Für mich muss ein Tattoo eine tiefere Bedeutung haben, daher schiebe ich den Gedanken erstmal beiseite. Stattdessen folge ich Sakito weiter, der wieder schnurstracks zu einem neuen Auftrag läuft. Ich habe herausgefunden, das seine Kunden ihn per Handy kontaktieren, oder die Termine schon lange vorher geplant werden. Manchmal schaue er wohl auch spontan vorbei, erzählte er mir gestern. Langsam wird es kälter, der Winter rückt näher und ich ziehe meine Yacke ein wenig mehr zu.

„Ist dir kalt Großer?“

„Es zieht ziemlich hier. Hast du etwa kein Kälteempfinden?“

„Doch klar, aber ich bin da abgehärtet. Kushkepet härter ab Lima. Egal worum es geht! Aber ich bin froh, das du noch da bist.“

„Was hast du den erwartet? Das ich nach zwei Tagen umkehre und wieder in die heile Welt zurückkehre?“

„So ungefähr, ya. Ich bin ein bisschen begeistert, das es dir hier zu gefallen scheint. Wahrscheinlich bist du im Grunde ein guter Mensch, der einfach nur in der falschen Welt gelebt hat und sich nun durchfragen muss, wie ein kleines Kind.“

Ich nicke nur und folge ihm weiter. Die Straßen der Stadt sehen wirklich so ziemlich gleich aus. Dunkle Gassen, Essensstände, verkommene Geishas ab einer gewissen Uhrzeit, Leuchtreklame, heruntergekommene Gebäude. Untergrund eben. Im Moment ist es noch hell, Sakito hat mich heute sehr früh geweckt, da er früh zu einem Kunden müsse, wie er sagte. Ich habe seit heute Morgen das Gefühl, die Laune des Kleinen sei heute besonders schlecht. Zwar war er bisher nicht zickig oder sonst irgendwie aufmüpfig geworden, aber meine innere Stimme sagte mir, das etwas nicht stimmt.

„Wir sind gleich da, der erste Yob dauert nicht lange.“

„Was wirst du den heute für ein Motiv stechen?“

„Garkeins.“

Ich sehe ihn verwirrt an, doch Sakito geht einfach weiter. Schließlich seufzt er.

„Der Kerl bekommt ein Piercing. Also zumindest denke ich das. Hat sich etwas unklar ausgedrückt, als ich mit ihm telefoniert hab.“

„Verstehe.“

Es kommt mir komisch vor, wie ungenau Sakito Bescheid weiß, aber ich sage nichts dazu, sondern folge ihm, bis wir an einem entsprechenden Haus ankommen und eintretten. Sofort schlägt mir der Geruch von abgestandenen Zigaretten entgegen. Im schummerigen Licht sitzen ein paar Männer und handeln gerade irgendwelche Preise aus. Einer erhebt sich und kommt auf uns zu, stellt sich nicht vor, begrüßt mich nicht. Er nimmt einfach Sakito an der Schulter und geht mit uns in den Nebenraum, in welchem er endlich beginnt zu sprechen.

„Ich wusste garnicht, das du eine Begleitung hast Sakito.“

„Stört dich das etwa?“

Der Mann sieht mich abschätzig an. Er ist groß, gut gebräunt und hat einen Bierbauch. Zudem trägt er einen gelben, abgetragenen Anzug und eine Zigarette hängt in seinem Mundwinkel. Auf mich macht er einen eher ungepflegten Eindruck.

„Mein Name ist Lima.“

„Freut mich, Lima. Nun, Sakito hier hat einen Yob zu erledigen, würdest du also bitte den Raum verlassen?“

Ich sehe verwirrt zu dem Mann, dann zu Saki. Dieser seufzt.

„Geh schon Lima. Kunde ist König und so weiter.“

Der Mann grinst mich an und seine dreckigen Zähne werden sichtbar. Da ich keine Lust auf Streit habe, verlasse ich den Raum. Die Männer am Tisch sehen sich nicht nach mir um, sondern handeln weiter, diskutieren über Dinge die ich nicht verstehe. Ich erkenne Sehett zwischen ihnen, der mir kurz zuwinkt und dann wieder in die Verhandlung einsteigt.

Ich lehne mich gegen die Wand und denke darüber nach, warum ich rausgeschickt wurde. Ob es dem Mann unangenehm war, beim piercen gesehen zu werden? Oder war die Stelle vielleicht ein wenig anzüglich? Ich kann mir sowieso nicht erklären, wieso ein solcher Mann ein Piercing haben möchte, also verlaufen auch meine Gedanken ins nichts. Unweigerlich denke ich an das Abendessen. Vielleicht würde sich Sakis Stimmung ein wenig bessern, wenn wir heute in einem Hotel zu Abend essen? Mein kleiner Begleiter isst gerne, auch wenn man es ihm nicht ansieht.

„Ich hole nur schnell mein Geld, dann kannst du gehen!“

Die Stimme des Kunden reißt mich aus meinen Gedanken und ich sehe zu Tür. Er kommt gerade aus dem Nebenraum, ohne ein sichtbares Piercing und geht an mir vorbei. Ich gehe sofort zu Sakito, der gerade seine Handschuhe auszieht. Auf dem Tisch steht ein Kästchen, voll mit irgendwelchen sterilen Piercings. Meine Reisebegleitung sieht unzufrieden aus.

„Hast du ihm doch nichts gestochen?“

„Doch klar, wie kommts du drauf?“

„Weil man nichts sieht.“

„Du kannst ihn ya fragen, ob er dir seinen Schwanz zeigt, dann hast du was zu sehen!“

Auf diese patzige Antwort war ich nicht vorbereitet und schweige sofort. Ein Intimpiercing? Ya, das passt zu dem Kerl. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, bevor der Kunde wieder den Raum betritt, Sakito achtlos das Geld auf den Tisch wirft und ohne ein weiteres Wort wieder geht. Unfreundlicher Arsch. Saki packt alles sorgfältig weg und schultert seinen Rucksack.

„Lass uns schnell von hier verschwinden!“

Er rennt schon fast nach draußen, ich folge ihm ohne auf die anderen Männer zu achten. Auf der Straße nimmt Sakito sich erstmal eine Zigarette und raucht, ich stelle mich zu ihm und warte ab. In dieser Laune wollte ich nicht der Dumme sein und irgendetwas falsches sagen. Eine ganze Weile schweigen wir, doch dann meldet sich Saki zu Wort.

„Tut mir Leid das ich dich dadrin so angefahren habe, passiert nicht wieder. Ich nehme keine Yobs mehr von dem Kerl an.“

„So schlimm dadrin? Obwohl es nur ein Piercing war?“

Ein langsames Nicken, ein Zug an der Zigarette, bevor er weiter spricht.

„Er wollte das ich ihm einen Blowjob gebe, aber ich mache das nicht mehr. Ya, ich gebe es zu und ich weiß das du das eklig findest, aber ich gebe manchmal mit Kerlen für Geld ins Bett ok? Wenn man so aussieht wie ich, ist das leicht verdientes Geld. Nun urteilst du innerlich über mich, ich weiß das. Tut mir Leid Lima, aber das ist nunmal die wahre Seite an Kushkepet. Ich hatte damals kein Geld und heute... Ich suche mir meine Kunden genau aus und er gehört sicherlich nicht mehr zu diesem Kreis. Er ist eklig und wer weiß was der rumschleppt an Krankheiten. Geht garnicht!“

Er schüttelt sich und raucht weiter, ohne mich anzusehen. Und natürlich hat er Recht. Als er mir die Wahrheit über sich sagte, empfand ich Ekel. Wirklichen Ekel davor, das der kleine Saki mal mit einem Kerl wie diesem geschlafen haben sollte. Und das er daran auch noch Geld verdient hat. Ich atme tief durch, bevor ich ihn wieder ansehe, aber er starrt nur nach unten und raucht. Als die Zigarette zuende ist, nimmt er sich einfach die nächste und macht weiter. Schließlich bin ich deryenige, der wieder spricht.

„Es belastet dich sicher sehr. Deswegen warst du auch so sauer wegen der Geishas nicht wahr?“

„Schön war es nicht..“

Ohne ein weiteres Wort, nehme ich Saki in den Arm. Ich spüre zuerst ein Zucken, doch dann lässt er sich gegen mich fallen.

„Weißt du, Sakito, ich hab dich gern. Du lebst ein Leben, von dem ich immer geträumt habe. Vollkommene Freiheit. Und ich bin froh dich zu kennen ok? Es gibt eigentlich kaum etwas, womit du mich wirklich vertreiben kannst.“

„Mein Name ist Saki!“

Er sagt es fast wieder patzig und ich muss lächeln. Dann richtet er sich wieder auf und flüstert ein leises „Danke“, bevor er wieder seine Sachen nimmt und einfach weiter geht, als sei nichts passiert.

„Du zerstörst auch yede Romantik oder?“

„Ich hasse Romantik!“

Ich muss unweigerlich lachen und folge ihm wieder. Hoffentlich wird der nächste Kunde nicht so ein harter Brocken. Wieder muss ich meine Yacke etwas zuziehen. Verdammt, bald wird es anfangen zu schneien, wenn die Temperatuten weiter fielen.

„Hast du gleich noch einen Kunden oder haben wir etwas Zeit?“

„Viel Zeit Lima, wieso was ist denn?“

Mit einem entschuldigenden Blick sehe ich ihn an.

„Ich brauche etwas zum anziehen, einen Schal oder sowas.“

Sakito sieht mich fast schon geschockt an, dann schüttelt er den Kopf und biegt sofort in eine andere Straße ab.

„Du bist eine verdammte Mimose Lima.“

„Ich danke dir.“

Wir gehen weiter, bis Sakito auf eine Reklame zeigt und ich sofort verstehe. Ein Klamottenladen.

Im Innern ist es nicht viel anders wie in den anderen Läden, überall liegen Klamotten herum, ungefaltet und hauptsächlich schwarz. Zudem findet man an yeder Ecke Schmuck und Tücher, viele Spiegel stehen irgendwo im Raum verteilt. Ich muss erstmal schlucken, bevor ich alles erfassen kann.

„Willkommen auf deiner ersten Shoppingtour Großer.“

Saki lächelt mich wieder an und ich lächle zurück. Gut das ich mit meiner Verzweiflung ein wenig die schlechte Laune vertreiben kann! Sofort wühle ich mich durch die verschiedenen Tische und finde schließlich einen schwarz melierten Schal, den ich sofort anziehe. Er ist gemütlich und ich will schon zur Theke gehen, hinter der eine dicke Frau Zeitung liest, als Saki hinter mir in die Höhe springt und mir einen schwarzen Hut mit breiter Krempe aufsetzt. Ich sehe ihn verwirrt an, doch er deutet zu einem Spiegel.

„Sieh dir das an Lima, der würde dir super stehen!“

Zunächst skeptisch gehe ich zum Spiegel und betrachte mich. Saki hat Recht, auch wenn ich noch nie einen solchen Hut getragen habe, gefällt er mir wirklich. Ich richte vorsichtig den Hut und drehe mich um, um ihn von allen Seiten zu begutachten.

„Und? Kaufst du ihn?“

Sakito starrt mich an und ich nicke.

„Ya, ich denke schon.“

„Super!“

Der kleinere grinst wieder breit und begleitet mich zur Kasse, wo ich alles bezahle und dann mit Hut und Schal nach draußen gehe. Ich spüre ein motivierendes Gefühl. Endlich beginne ich auch, meinen eigenen Kleidungsstil zu entwickeln. Auch Saki sieht besser gelaunt aus.

„Also auf zu deinem nächsten Yob?“

„Diesmal wieder ein Piercing, aber ich denke, du darfst drin bleiben. Es ist ein cooler Typ, der wird dich mögen! Aber ein bisschen behindert, sag also nichts falsches ok?“

„Alles klar.“

Die Umschreibung, ein bisschen behindert, war zwar ein wenig befremdlich, aber dennoch vertraue ich Sakito mittlerweile so sehr, das ich mir den Kerl in ungefähr vorstellen kann, den wir gleich besuchen werden. Es ist ein gutes Gefühl und meine neuen Accesoires halten mich ein wenig warm. Wir brauchen nicht lange, da betreten wir auch schon ein kleines Motel.

„Wir bleiben über Nacht hier. Mein Kunde ist auch da, also können wir das gleich erledigen.“

Ich lasse Sakito vor, der geht hoch in die erste Etage, klopft an der ersten Tür, bezahlt unser Zimmer, bevor wir weiter gehen und unsere Sachen in einem der Zimmer abstellen. Saki nimmt das Werkzeug für Piercings aus deinem Rucksack und steht auf.

„Du kommst mit oder?“

Ich nicke nur und Sakito bedeutet mir, ihm zu folgen. Wir gehen wieder in die untere Etage, die unbewohnt zu sein scheint, wie üblich. Allerdings geht Sakito ziemlich direkt zu einer verschlossenen Tür und klopft. Bevor ich fragen kann, wird geöffnet und ein yunger Mann sitzt vor uns. Er scheint im gleichen Alter wie Sakito zu sein, seine Haare sind hellblau gefärbt und er ist bunt geschminkt. Sein Gesicht wird schon von vielen Piercings geziert, ich frage mich unweigerlich, wo wohl das nächste hinkommen soll? Dann fällt mir das rechte Auge auf, welches einen komplett schwarzen Augapfel hat und ich zucke kurz. Das war selbst für Kushkepet nicht normal! Der yunge Mann lächelt und bittet uns herein, fährt mit seinem Rollstuhl zur Seite.

„Saki! Ich hab schon auf dich gewartet!“

„Tut mit Leid Tomoe, ich hatte ein paar Kunden mehr als erwartet und Lima hier ist neu und alles, du kennst das ya!“

Die beiden umarmen sich, scheinen sich wohl schon sehr lange zu kennen. Dann sieht Tomoe zu mir und hält mir die Hand hin.

„Tomoe.“

„Lima.“

Ich schüttle seine Hand und lächle ihn an, er lächelt zurück. Dann nehme ich auf einem Stuhl platz, während Sakito alles vorbereitet und Tomoe ihm in kurzen Sätzen erklärt, was er diesmal möchte. Mir fallen seine vielen Tattoos sofort auf. Ich bleibe wie immer im Hintergrund und beobachte, wie Saki alles desinfiziert und Tomoe einen Ring durch die Nase sticht. Tomoe zuckt nichtmal dabei, er ist wohl schon daran gewöhnt. Als Saki seinen Yob beendet hat, rollt Tomoe wieder nach hinten und nimmt sich einen Teddy vom Schrank, den er sich auf den Schoß setzt.

„Danke Saki-kun.“

Saki nickt nur und macht sauber. Plötzlich kommt mir eine Idee und ohne weitere Gedanken daran zu verschwenden, spreche ich es aus,

„Saki, würdest du mir auch was stechen?“

„Dir?“

Ich nicke und sehe ihn an, er scheint verwundert zu sein. Klar bei so einem Normalo wie mir.

„Was schwebt dir den so vor?“

„Keine Ahnung, irgendwas. Vielleicht in die Lippe? Ein Stecker?“

„Der ist cool!“

Tomoe kommentiert mein Vorhaben und ich sehe Saki weiterhin an, der immernoch skeptisch ist, doch irgendwann einfach lächelt.

„Warum nicht, wohin willst du es haben?“

Er malt mit einem Stift einen Punkt auf meine Unterlippe, mittig, dann bereitet er alles vor und zeigt mir einen Stecker. Mein Herz raßt wie das eines Kindes. Mein erstes Piercing! Ob ich mir danach noch weitere stechen lasse? Mal sehen ob mir dieses überhaupt gefällt! Übermannt von meiner heutigen Styling-Motivation lasse ich Sakito die Stelle desinfizieren. Er nimmt die lange Nadel zur Hand, die ich eben schon bei Tomoe gesehen habe und mir wird ganz anders. Ich zucke zusammen, doch Saki gibt mir sanft eine Ohrfeige.

„Hey! Reiß dich zusammen, das tut nicht weh!“

„Es ist eben ungewohnt für mich.“

Mein Begleiter sticht zu und ich entlarve seine Lüge. Es tut verdammt weh, ich verkrampfe meine Hände, reiße mich aber ansonsten zusammen. Schließlich dreht Sakito etwas ein und legt die Nadel weg.

„Fertig!“

Er legt den Kopf schief und sieht mich an.

„Das steht dir. Nein echt, du fängst an mir zu gefallen! Dreh dich mal zu Tomoe.“

Ich sehe in Tomoes Richtung, dieser zeigt mit dem Daumen nach oben. Schließlich stehe ich auf und gehe zu einem Spiegel. Das Piercing ist verdammt ungewohnt, aber es gefällt mir sehr gut.

„Du bist kein guter Einfluss für mich Sakito. Ich merke es.“

„Ich heiße Saki, verdammt!“

Tomoe kichert und auch ich lächle. Dann nehme ich wieder auf meinem Stuhl platz und spiele an meinem Piercing herum, auch wenn Saki mich ständig dazu anhält, das zu lassen. Er räumt alles auf, wärmt wie selbstverständlich etwas zu Essen aus und setzt sich schließlich ebenfalls hin, redet mit Tomoe.

Während sie darüber sprechen, das Tomoe wegen seiner Behinderung keine Reisebegleitung gefunden hat, sehe ich den Bären an, welcher mich penetrant von Tomoes Schoß aus anstarrt. Ein Teddybär? Wie alt war Tomoe überhaupt? Irgendwie machen mich diese toten Bärenaugen nervös, wie sie immernoch auf mich starren, als sei ich ein Aussetziger. Dämlicher Bär! Schließlich steht Saki auf.

„Es ist spät, wir müssen langsam mal ins Bett. Sollen wir dir noch irgendwie helfen?“

„Ich komm klar. Wollt ihr heute nicht lieber hier bleiben?“

Tomoe sieht uns an und mir wird schlagartig klar, das ihn dasselbe Schicksal ereilt hat wie Sakito. Er ist einsam. Mit dem Unterschied, das er nicht als erfolgreicher Tätowierer durch Kushkepet wandert, sondern im Rollstuhl sein Leben bezwingen muss. Sowieso ist es bestimmt nicht einfach mit Behinderung, ob nun Kushkepet oder nicht. Immerhin muss er wohl immer in den unteren Etagen schlafen und hat auch sonst sicher großer Probleme, wenn ein Hindernis vor ihm steht. Und das er keine Reisebegleitung gefunden hat, tut mir ein wenig leid. Ob ich ihn angenommen hätte? Sicherlich, so voller Tatendrang hätte ich wohl yeden angenommen! Ich nicke und Sakito lächelt mich an.

„Super Großer! Dann hole ich schnell unsere Sachen!“

Saki sprintet nach oben wie ein Kind, dem man erlaubt hat bei einem Freund zu übernachten. Ich sehe Tomoe an, dieser lächelt.

„Darf ich fragen, warum du ein schwarzes Auge hast?“

„Das ist kein echtes Auge.“

Er nimmt das Glasauge aus der Augenhöhle und zeigt mir den schwarzen Ball. Ich betrachte ihn und nicke. Ein Glasauge also. Meine Güte, dieser Kerl war noch viel ärmer dran, als ich anfangs dachte. Tomoe legte das Glasauge in ein Wasserglas und sah mich wieder an, die Augenhöhle geschlossen. Dennoch konnte man deutlich erkennen, das sie leer war.

„Da Saki-kun schlafen will, könntest du die Futons ausbreiten?“

Ich nicke und gehe zum Schrank, ziehe Futons und Decken heraus und lege diese aus, bestücke yedes Bett mit einem Kissen. Nun kommt auch Sakito zurück und lächelt, als er sieht wie ich seinem Freund helfe.

Nachdem Tomoe im Bad war, geht Saki. Ich sehe, wie der yunge Mann die Bremsen des Rollstuhls betätigt und sich aus diesem herausschwingt und geübt auf dem Futon platz nimmt. Dann nimmt er seine offenbar unbeweglichen Beine und legt diese unter die Bettdecke. Schließlich kuschelt er sich ein und flüstert.

„Gute Nacht Lima, Gute Nacht Button!“

„Gute Nacht Tomoe!“

Kurz habe ich mich gefragt, wer Button ist, dann fielen mir die starren Augen wieder ein. Der Kerl liebt seinen Teddy eben.

Nachdem auch ich mich im Bad fertig gemacht habe und die anderen beiden sich eingekuschelt haben, nehme ich mein Tagebuch zur Hand und schreibe wieder ein wenig weiter. Kushkepet hat wirklich immer wieder neue Dinge zu bieten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Futuhiro
2017-10-05T16:31:16+00:00 05.10.2017 18:31
Gott, Sakito tut mir gerade voll leid. X_x
Wo der bierbäuchige Kerl mit seinem Piercing Lima rausgeschickt hat, hatte ich echt Angst, daß er Sakito was antun und sich an ihm vergreifen will. Man hatte schon, lange bevor es überhaupt zur Sprache kam, den Eindruck, daß der auf irgendwas aus ist. Wahrscheinlich, weil er Sakito an der Schulter geschnappt und durch die Gegend geschoben hat, nehme ich an. Ich bin gerade echt froh, daß Sakito da unbeschadet rauskam. An Limas Stelle hätte ich die zwei niemals allein gelassen. O_o

Mir fällt erst jetzt so richtig auf, daß du in der Gegenwart schreibst (Also "Ich gehe da-und-da-hin." statt in der Vergangenheit "Ich ging da-und-da-hin."). Hab direkt nochmal in ältere Kapitel gucken müssen, ob das schon die ganze Zeit so war. Echt gut, daß du das so fließend und natürlich schreiben kannst, daß es nicht stört. Normalerweise irritiert mich in Gegenwart erzählter Text immer tierisch. Aber hier klingt es vom Ausdruck her wirklich super.
Antwort von:  PInku
05.10.2017 19:26
Das tat mir weh zu schreiben. Lima war wahrscheinlich erstmal geschockt, wie dieser namenlose Mann auf sie zukam. Er ist übrigens absichtlich namenlos geblieben, dieser Kerl ist einer von vielen, denen Sakito begegnet ist. Ich habe ihn eingebracht um Lima zu zeigen, was dahinter steht und das Sakito kein unschuldiger kleiner Kerl ist. Aber ich bin auch froh, das der kleine es nicht mehr nötig hat...

Ha wirklich? Mir fällt das extrem schwer, da ich immer in der vergangenheit schreibe! Aber ich dachte, Lima sagte am Anfang der geschichte, er will irgendwann dieses buch aufschlagen, darin lesen und sich so fühlen, als würde das alles nochmal passieren. Deswegen schreibt Lima bewusst in der Gegenwart und ich halte das dann natürlich ein. Ich mache mir wesentlich mehr gedanken um die story als man denkt. :3
Antwort von: Futuhiro
05.10.2017 19:30
Ja, nee, für unschuldig hätte ich Sakito auch nicht gehalten. Aber durchaus für ein Opfer eines Gewaltverbrechens. Also unfreiwillig, ohne daß er Geld dafür kriegt, geschweige denn einverstanden ist.

Das du dir viele Gedanken um die Story machst, merkt man durchaus. O_~
Antwort von:  PInku
05.10.2017 19:32
Ich drücks mal so aus: Egal wie illegal und uneinvernehmlich es anfangs war, wenn er davon leben kann ist er wahrscheinlich damit einverstanden. Sein Stolz ist ziemlich gering

das freut mich :3
Antwort von:  PInku
05.10.2017 19:35
btw was hälst du eigentlich von tomoe, sakis komischem freund?
Antwort von: Futuhiro
05.10.2017 19:57
Mich würde mal die Gesetzeslage in Kushkepet interessieren, zu diesem Thema. ^^° (Ich geh wohl mal davon aus, daß das offiziell rechtsfreier Raum ist. Die Tokyoter Polizei wird da ja sicher nicht reingehen und für Ordnung sorgen. Also haben die sicherlich ihre eigenen Gesetze.

Nja, Tomoe ist schon süß, aber erinnert mich zu sehr an Meto von Mejibray. Und da ich von Meto nicht so der große Fan bin ... ^^°
Aber ich bin sicher, daß er als Charakter noch interessant werden kann oder noch wird. Hat vielleicht noch Einfluss auf die Handlung, wenn er mit Saki so dicke ist. Wohlmöglich treffen sie ihn mal wieder.
Antwort von:  PInku
05.10.2017 20:08
Kushkepets Gesetze sind ziemlich simpel: Friss oder Stirb. Da es, wie du richtig gesagt hast ein rechtsfreier raum ist, kümmert man sich da anders drum. Aber dazu mehr in einem anderen Kapitel... Man hat auch dort Mittel und Wege

Ya, das ist richtig. Tomoe wird nicht groß sein in der Story, aber er ist eine Omage an meine Freundin, die wirklich an einer behinderung leidet, ähnlich wie er und ein großer Metofan ist. Ich dachte, es wäre ganz cool das so einzubringen. Und ich benutzte ihn halt, um zu erklären, wie man da mit behinderten umgeht.
Antwort von: Futuhiro
05.10.2017 20:19
Klar, wenn du so einen Charakter mit einbringst, für ne Freundin die Fan davon ist, ist das doch absolut in Ordnung. Dazu sind Geschichten ja da, um anderen eine Freude zu machen. Und es muss auch nicht jeder jeden Chara mögen. Ich halt mich vorläufig mehr an meinen Sakito, und dann bin ich auch glücklich. ^u^

Geht man da mit Behinderten gesondert um? Bisher klang Kushkepet für mich so, als hätte dort jeder seine Daseinsberechtigung und jeder wäre willkommen. Da bin ich mal gespannt, was sie mit dem Kerlchen machen werden.
Antwort von:  PInku
05.10.2017 20:21
Ya das stimmt :3 Aber wie gesagt, mit Tomoe habe ich nciht wirklich viel vor, noch nicht xD Saki ist ya mein herzblatt >_>

Das schon, aber mich hat interessiert, wie das mit Hilfe ist. Er braucht offensichtlich hilfe, kann keine stufen gehen usw. Alleine kommt er ya nichtmal die treppe nach draußen wieder hoch. Und dann sollte man bedenken, das es kerle wie diesen dicken bierbauch-schmuddel gibt. Der würde so einen kleinen auch nciht in ruhe lassen, denke ich. Daher habe ich das eingebracht.
Antwort von: Futuhiro
05.10.2017 20:27
Aber es gibt dort ja nicht NUR so Typen wie den Bierbäuchigen. Ich denke doch, die Leute haben nicht gleich ihre ganze Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit vergessen, nur weil sie dort leben. Gibt sicher auch genug vernünftige Leute da, wie man an Sakito sieht. (Obwohl die Zwillinge im Reisebüro ihn ja auch als "total kaputt im Kopf" beschrieben haben. Sicher weiß man von Sakito auch noch nicht alles, der hat bestimmt noch Geheimnisse.)
Antwort von:  PInku
05.10.2017 20:30
Das stimmt, deswegen ist er dabei :D
Ach ya, ich mochte die Zwillinge, einfach weil die den mit abstand komischsten ersten eindruck für diese stadt geben konnten!
Aber ya, sakito ist ein stilles wasser, ein tiefes stilles wasser. Ich denke, du bist gespannt darauf :D

Gibt es generell noch etwas, das dich besonders interessiert? Aus eigener Neugier heraus
Antwort von: Futuhiro
05.10.2017 20:42
Hmmmm ... mich würde gerade ganz brennend interessieren, ob wirklich ganz Kushkepet so runtergekommen ist, oder ob es auch dort eine luxuriöse High Society gibt, die in sauberen, neuen Häusern wohnen und viel Geld haben und u.U. vielleicht die politischen Strippen ziehen. Wenn es so eine reiche Oberschicht gibt, dann könnte Lima ja als nächstes mal mit denen in Kontakt kommen. :)
Antwort von:  PInku
05.10.2017 20:44
Ach krass, ya zu dem thema ist etwas geplant, allerdings wird das wieder ein wenig anders werden, wie alles in Kushkepet. Ich war mir noch nicht sicher, in welchem Kapitel ich das einbringe, aber ich denke, die reise könnte sicher dahingehend weiter gehen :D Das passt von deren route her ganz gut rein.
Antwort von: Futuhiro
05.10.2017 20:49
Ansonsten würde mich auch die Speisekarte in Kushkepet mal interessieren. Man ist ja im Bilde, was Japaner so auf den Tisch kriegen. Sushi, Reis, Fisch und typischen Süßkram. Welche Lebensmittel kursieren dort? Die sind ja wohlmöglich nicht an die nationalen Handelsketten wie Discounter und Kaufhäuser angeschlossen. Da gibt´s bestimmt keine Konbinis (was bei uns Lidl oder Aldi wäre XD) Wo kriegen die überhaupt ihr Essen her? Und was essen die? Entspricht das den hygienischen Standards? Vermisst Lima sein ordentliches Essen, was er von früher gewohnt ist?
Antwort von:  PInku
05.10.2017 20:53
Verstehe, das bekomme ich unter :D Aber interessant ist es schon ;D
Ich erinnere mich, das es Lima im Hotel egschmeckt hat, aber das hotel hatte ya auch einen anderen standtart als sonst wo
Antwort von: Futuhiro
05.10.2017 20:56
Ja, aber was genau Lima da gegessen hat, hat man auch nicht erfahren. :D
Antwort von:  PInku
05.10.2017 20:58
Stimmt das hat er nicht erwähnt, er war von der Musik abgelenkt xD
Aber mich persönlich freut es auch, wenn ich wieder ein wenig über sakitos umstände schreiben kann, wie seine familiären verhältnisse und die zeit ausßerhalb. Oder seine Kindheit in kushkepet
Antwort von: Futuhiro
05.10.2017 21:01
Nja, man sollte Charaktere aber auch nicht komplett enträtseln. Ein paar Geheimnisse sollten sie noch behalten dürfen, sonst werden sie uninteressant. ^^
Antwort von:  PInku
05.10.2017 21:04
Das ist allerdings wahr, aber da brauchst du dir keine Gedanken zu machen, Sakito ist so einer, der hat noch enthüllungen auf der letzten seite und dennoch weiß man nicht mal die hälfte von ihm. Und auch wenn ich selbst weiß, was passieren wird, wird es eine frage geben, die ich bewusst offen lassen werde und nur auf nachfrage am ende der story lösen werde. Einfach weil ich denke, das es so besser passt


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