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Smallville-Expanded - 07

Foresight
von

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Familienbande


 

4.

FAMILIENBANDE
 

Christian von Falkenhayn sah lange zu Diane Bennings, nachdem sie den gesamten Vormittag gebraucht hatte, um den Jungen im Manne auf einen einigermaßen aktuellen Stand zu bringen, um zwei Tage unbeschadet in dieser Zeit verbringen zu können. Dann kam er auf etwas zurück, das Diane ziemlich zum Ende hin gesagt hatte. „Wie hast du das eben gemeint, als du sagtest, Alicia wäre nicht erfreut über mein Abendessen mit der Geschäftsführerin dieses komischen Elektronik-Zulieferers. Alicia ist doch nicht etwa eifersüchtig?“

„Mit der Geschäftsführerin von Spectrum-Holobyte“, verbesserte Diane schmunzelnd und wurde danach wieder ernst. „Du vergisst offensichtlich, dass du, mittlerweile seit achtzehn Jahren, mit ihr verheiratet bist. Oder besser gesagt: Dein älteres Ich ist seit dieser Zeitspanne mit ihr verheiratet.“

„Na und?“

Diane Bennings lachte amüsiert. „So kann wirklich nur ein Teenager fragen. Alicia ist mittlerweile über Vierzig. In dem Alter fragen sich Frauen, hin und wieder, ob sie für ihren Partner noch attraktiv sind.“

Etwas erschrocken sah Christian zu Diane. „Habe ich Alicia etwa vernachlässigt?“

Die Frau machte eine beruhigende Geste. „Nein, das hast du nicht. Du warst zwar kein perfekter Ehemann, aber ganz bestimmt ein vorbildlicher Ehemann. Und, nur um dich auch dahingehend zu beruhigen, ebenfalls ein guter Vater.“

Erleichtert aufatmend blickte Christian auf seine Armbanduhr und meinte ironisch: „Aber vielleicht kein guter Geschäftsmann, denn es ist bereits nach elf Uhr, und ich war noch nicht im Büro.“

„Für heute hast du dir frei genommen. Ansonsten: Der Laden läuft ja auch dann, wenn du auf Geschäftsreisen bist, nicht wahr?“

„Woher soll ich das denn wissen?“

Bei der Gegenfrage nickte Diane zustimmend. „Richtig, woher solltest du. Aber ich kann dir versichern, dass dein Unternehmen bei Leah van Cleef in den besten Händen ist.“

Christian lachte trocken. „Wenn man bedenkt, dass sie mich, bei unserem ersten Zusammentreffen, in die Postabteilung geschickt hat.“

„Das hast du ihr auch noch mehrmals auf´s Butterbrot geschmiert“, erwiderte Diane. „Mittlerweile versteht ihr euch geschäftlich blind, und du kannst froh darüber sein, dass du so eine Mitarbeiterin an deiner Seite hast.“

Christian lächelte schwach. „Ich vermute, das werde ich sein. In etwa fünfundzwanzig Jahren zumindest.“

Diane Bennings machte eine zustimmende Geste. Dann erhob sie sich von ihrem Sessel und meinte, mit einem Blick zur Uhr: „Es wird Zeit, mich zu verabschieden, und du selbst solltest dich langsam fertig machen, um dich von Jeremy zum Flughafen fahren zu lassen. Es wäre unpassend, wenn du Alicia nicht bei ihrer Rückkehr aus Paris empfangen würdest. In dem Fall hättest du überdies ein Problem, würde ich vermuten.“

Christian grinste breit. „Das vermute ich auch. Du wirst vielleicht darüber den Kopf schütteln, doch ich spüre, bei dem Gedanken daran, ihr in einer Stunde zu begegnen, Hummeln im Bauch. Ich frage mich, trotz allem, was du mir über die Chefin des Labor- und Entwicklungs-Segments von Falken-Industries erzählt hast, wie sie sich entwickelt hat.

Die Augenbrauen der Frau hoben sich. „Hast du etwa Angst vor ihr? Das wäre aber so gar nicht der Christian von Falkenhayn, den ich kenne. Hör zu, von Christian – dem älteren jetzt – weiß ich, dass du die Situation meistern wirst. Also Schluss mit den Bedenken.“

Etwas beruhigt lächelnd gab Christian zurück: „Ich danke dir, Diane. Erinnere den älteren Christian, wenn er wieder zurück ist, daran, dass er dir was schuldet.“

Diane Bennings schmunzelte nur und trat zu dem Blonden. Ihn zum Abschied flüchtig umarmend meinte sie: „Vielleicht mache ich das wirklich. Wir sehen uns.“

Damit ging sie, und Christian sah ihr sinnend nach, bevor er sich wieder daran erinnerte, was Diane sagte, in Bezug auf das Abholen seiner Frau.
 

* * *
 

Am Flughafen angekommen stellte Christian fest, dass es wirklich höchste Zeit gewesen war, hierher aufzubrechen. Denn kaum, dass er aus dem Font der Limousine ausgestiegen war, rollte bereits der gelandete Firmenjet von Falken-Industries heran. Mit einer Mischung aus Vorfreude und Anspannung beobachtete er, wie der Jet zum Stehen kam. Während er sich der Maschine näherte, öffnete der Steward die Seitenluke, stieg aus der Maschine und half dann einer Frau, im eleganten, anthrazitfarbenen Kostüm beim Verlassen der Maschine, indem er ihr seine Hand reichte.

Die Frau dankte dem Mann mit verbindlichem Lächeln und sah dann zu Christian, der sie fast erreicht hatte. Mit einem leicht missbilligendem Blick umarmte sie ihn sacht, gab ihm einen Kuss auf die Wange und flüsterte ihm dabei ironisch ins Ohr: „Wie immer bist du so verdammt pünktlich, dass man die Uhr danach stellen kann.“

Christian, der drauf und dran war, sich darüber zu beschweren, dass nicht mehr drin war, als dieser Wangenkuss, erinnerte sich gerade noch rechtzeitig an die Worte von Diane Bennings, in Bezug darauf, dass Personen wie sie, nicht in der Öffentlichkeit herumknutschten, wie Teenager. Darum erwiderte er lediglich: „Ich freue mich, dass du wieder da bist. Wie war Paris?“

„Anstrengend und verregnet“, seufzte die Frau, die unter den Umständen, die Christian normalerweise gewohnt war, seine Mutter hätte sein können. Als sie sich ganz selbstverständlich bei ihm einhakte, während sie zur Limousine schritten, musterte Christian sie interessiert von der Seite. Die dunkelhäutige Frau an seinem Arm strahlte etwas aus, dass ihm unbewusst Respekt abnötigte. Sie trug das Haar etwas länger, als zu seiner Gegenwart, was ihr, nach seiner Ansicht, wirklich sehr gut stand. Dabei, so fand Christian, sah sie noch nicht aus, wie über Vierzig. Ohne Vorkenntnisse hätte er diese Alicia allenfalls auf Mitte Dreißig geschätzt. Nur in ihren Augen ließ sich ihr wahres Alter ablesen, denn in ihnen spiegelte sich die Erfahrung einer gestandenen Ehefrau und zweifachen Mutter. Für einen kurzen Augenblick beneidete er sein älteres ich um sie. Doch dann sagte er sich, dass er ja irgendwann tatsächlich in diesem Alter sein würde, und dann würde er mit exakt dieser Frau zusammen sein. Dieser Gedanke zauberte einen glücklichen Ausdruck auf sein Gesicht.

Als sie beide die Limousine erreicht hatten, und der Chauffeur den Schlag für sie öffnete, sah Alicia ihren Mann mit fragender Miene an. „Du scheinst ja in geradezu prächtiger Laune zu sein? Ist es wegen deinem geschäftlichen Abendessen?“

Christian stieg nach Alicia in den Font des Wagens ein. Nachdem Jeremy den Schlag geschlossen hatte, sah er zu Alicia und echte Verwirrung wegen dieser Frage lag in seinem Blick. „Nein, es ist, weil du wieder bei mir bist, Alicia.“

Etwas leiser, damit nur sie ihn verstehen konnte, fragte er dann: „Was soll denn die unbegründete Eifersucht? Du müsstest doch inzwischen wissen, dass ich nur dich liebe. Lange genug verheiratet sind wir ja.“

Alicia bedachte ihn mit dem Blick, den sie immer dann aufsetzte, wenn sie sich einer Sache nicht ganz sicher war. Dann wurde aus dem Blick das Lächeln, dass von Beginn an stets ein besonderes Gefühl von aufrichtiger Zuneigung in Christian hervorgerufen hatte.

Seine Hand auf ihre legend und sie sanft drückend versicherte Christian: „Das Essen ist etwas rein Geschäftliches, Alicia. So, wie dein Essen heute Abend, mit diesem… na, wie heißt er noch gleich?“

„Jefferson Kendrick. Seine Firma liefert die Additive für den von unserem Labor neu entwickelten Kunststoff.“

Christian erinnerte sich an das Briefing von Diane und so fragte er: „Dann hat in Paris also alles geklappt?“

Alicia nickte zufrieden lächelnd. „Hattest du etwa Zweifel daran? Der Firmenchef von Du-Pont hat mir außerdem zugesichert, dass wir einen besonders günstigen Preis bekommen werden, wenn wir den neuen Kunststoff bei ihnen in Lohngranulierung produzieren lassen.“

Die Nachricht an sich ließ Christian eher kalt. Was ihn hingegen begeisterte, in diesem Augenblick, das war die Ausstrahlung von Alicia. Energisch, sicher, und erfolgreich. Nichts erinnerte ihn in diesem Moment an jene manchmal deutlich spürbare Unsicherheit der Alicia, die er aus seiner Zeit kannte. Diese Alicia hatte sich toll entwickelt. Beinahe überwältigt von seinen Gefühlen sah er Alicia nur an und misstrauisch fragte sie schließlich: „Was denn, kein ironischer Kommentar von Rechts?“

Nachdenklich erwiderte Christian: „Warum denn? Du würdest bestimmt auch Eskimos dazu bringen, Kühlschränke zu produzieren.“

Das Lächeln wurde erneut zu dem Blick. „Irgendetwas stimmt heute nicht, mit dir. Du bist schon lange nicht mehr so zuckersüß gewesen. Bist du etwa eifersüchtig darauf, dass ich heute Abend mit Kendrick essen gehe?“

„Ach was“, erwiderte Christian prompt, und bemerkte in demselben Augenblick, dass das nicht wirklich eine zufriedenstellende Reaktion für Alicia gewesen war. Sie ging jedoch nicht weiter darauf ein, sondern verschränkte nur ihre Arme vor der Brust.

Tolle Entwicklung hin oder her, aber diese Frau ist auch ziemlich kompliziert. Damit klarzukommen wird vermutlich fünfundzwanzig Jahre dauern. Mit diesen Gedanken beobachtete er Alicia und er ahnte in diesem Moment, warum Diane ihn am liebsten für zwei Tage weggesperrt hätte. Nur allzu leicht konnte er etwas auslösen, was sein älteres Ich später auszubaden hatte. Er nahm sich vor, ab jetzt noch umsichtiger vorzugehen, was Alicia, aber auch, was seine beiden Töchter betraf, um seinem älteren Ich kein Ei zu legen.
 

* * *
 

Zu Christians Erleichterung normalisierte sich das Verhalten von Alicia, ihm gegenüber, nachdem sie Zuhause waren, und gemeinsam zu Mittag gegessen hatten.

Die Köchin, Maria Gonzales, wie er von Diane wusste, die während seiner Abwesenheit ihre Arbeit im Haus aufgenommen haben musste, hatte eine geradezu köstliche Pilzsuppe, und als Hauptgericht ein scharfes Gulasch, gekocht.

Als sie beim Nachtisch waren, deutete Alicia mit ihrem Löffel auf Christian und erkundigte sich: „Hast du dir den gesamten Tag frei genommen?“

Christian sah die Frau an und meinte zustimmend: „Ja, Leah van Cleef hat den Laden fest im Griff. Ich dachte mir, ein langes Wochenende kann nicht schaden.“

„Die Kinder werden sich freuen, dass sie mal etwas mehr von dir haben“, stimmte Alicia zu und löffelte den Rest ihres Puddings aus der Schale.

Etwas misstrauisch gab Christian zurück: „Was ist mit dir? Freust du dich auch, dass ich da bin, oder...?“

Mit entschuldigendem Blick erhob sich Alicia, schritt schnell zu ihm und umarmte ihn von Hinten, wobei sie ihm einen gehauchten Kuss auf den Hals gab. „Hey, komm schon, du alter Grummelbär. Du bist doch sonst nicht so nachtragend. Ich war, vorhin im Wagen, vielleicht wirklich etwas eifersüchtig, das ist Alles.“

Christian legte den Löffel zur Seite, erhob sich und drehte sich in den Armen seiner Frau um. Verlegen lächelnd erwiderte er: „Dazu besteht wirklich kein Grund, denn ich liebe dich, das solltest du wissen, mein Engel.“

Alicias Gesichtsausdruck wurde fraulich weich, als sie Christian in die Augen sah. Er hatte seine Worte so gemeint, wie er sie gesagt hatte, und Alicia kannte ihren Mann lange genug, um diese Tatsache zu erkennen.

„Und ich liebe dich“, flüsterte Alicia, bevor sie ihre Augen schloss und den Mann in ihren Armen sanft küsste.

Christian warf seine anfänglichen Bedenken über Bord und erwiderte den Kuss. Alicia war seine Frau, auch wenn er selbst nicht in diesen Körper gehörte. Doch es war etwas Anderes, als seinerzeit, als Clark mit ihm den Körper getauscht hatte, genau in dem Moment, als er mit Alicia intim gewesen war. Diesmal blieb es quasi in der Familie.

Sie bekamen nicht mit, wie die Tür sich öffnete, und Jemand herein kam.

„Mom, Dad! Müsst ihr zwei ausgerechnet hier unten herummachen?“

Die beiden Erwachsenen fuhren überrascht auseinander und sahen ihre beiden Töchter an. Es war Andrea gewesen, die sie angesprochen hatte, und nun legte Eireen nach. „Habt ihr keine Angst, dass euer Verhalten für uns ein Schock für´s Leben sein könnte?“

Alicia zog ironisch die Augenbrauen zusammen und konterte gelassen: „Ja klar, genau so seht ihr Zwei aus. Seht lieber zu, dass ihr etwas zu Mittag esst und danach um eure Hausaufgaben kümmert, statt hier faule Witze zu reißen.“

Die beiden Mädchen grinsten beide gleichermaßen und Alicia nahm Christian an die Hand. Ihn mit sich ziehend flüsterte sie ihm zu: „Und wir Zwei verschwinden jetzt mal kurz in den Garten, denn ich war eben noch nicht fertig mit dir.“

Die beiden Erwachsenen durchquerten den Wohnraum, betraten die Bibliothek, und schritten zur großen Glasfront. Christian öffnete die Tür, die hinausführte in den Garten, und Alicia folgte ihm, kaum dass er nach draußen getreten war. Auf der Terrassen schmiegte sich Alicia wieder eng an Christian und gurrte scheinheilig: „Also, wo waren wir, bevor uns die Mädchen so rüde unterbrochen haben?“

Mit einem breiten Grinsen zog Christian Alicia enger zu sich heran und sagte leise: „Ich habe da so eine Ahnung.“

Im nächsten Moment küssten sie sich erneut, und Christian vergaß in diesem Moment, dass diese Alicia mehr als doppelt so alt war, wie er selbst. Er beruhigte sich mit dem Gedanken daran, dass das im Grunde nicht vollkommen stimmte, denn grundsätzlich war es nur die Seele dieses Mannes, die jünger war. Was zum Glück niemand sehen konnte. Sanft streichelte er der Frau, in seinen Armen über den Rücken und über die Wange.

Erst nach einer ganzen Weile lösten sie sich voneinander und sie sahen sich für eine Zeitlang nur schweigend in die Augen, bevor Alicia leise sagte: „Dieses spontane Herumknutschen haben wir schon viel zu lange nicht mehr getan. Das sollten wir vielleicht in Zukunft wieder öfter wieder aufnehmen.“

„Da widerspreche ich dir nicht“, stimmte Christian zu.

Alicia wand sich geschmeidig aus den Armen ihres Mannes und nahm in an die Hand. Langsam mit ihm über die weite Wiese gehend fragte sie, mit veränderter Stimmlage: „Ich habe mich noch nicht entschieden, in welchem Restaurant ich mich heute Abend mit Kendrick treffen werde. Was hältst du vom La Grenouille?“

Christian kannte dieses bereits sehr alte Restaurant. Das gab es auch zu seiner Zeit schon. „Da wirst du kurzfristig keinen Tisch bekommen. Es sei denn, du kennst Jemanden der Beziehungen hat.“

Christian zwinkerte Alicia belustigt zu, und sie schnitt ihm eine Grimasse. „Du denkst also, ich hätte keine Beziehungen?“

Der Deutsche hob seine Augenbrauen. „Möchtest du mir vielleicht davon erzählen?“

Ausweichend meinte Alicia: „Na, mir wird schon ein passender Laden einfallen. Wann triffst du dich mit Amanda Ingram?“

Christian erinnerte sich an das Gespräch mit Diane Bennings. „Wir treffen uns um zwanzig Uhr im Restaurant. Ich denke, dass das Essen mit ihr nicht länger als zwei bis drei Stunden dauern wird. Was ist mit dir und Kendrick?“

„Kendrick will mich gegen Halb-Acht hier abholen. Ich denke, dass ich ebenfalls spätestens um elf Uhr wieder hier bin.“

Christian blickte seine Frau überlegend an und meinte spontan: „Danach könnten wir zwei ja noch etwas gemeinsam unternehmen. Wenn wir uns ohnehin schon mal in Schale werfen. Findest du nicht?“

„Warten wir ab, wie lange unsere Verabredungen uns wirklich aufhalten“, bremste Alicia den Enthusiasmus ihres Mannes. „Außerdem hatte ich Andrea versprochen, dass ich mit ihr morgen shoppen gehe. Aber was hältst du davon, wenn wir morgen Abend Metropolis unsicher machen?“

„Ernsthaft? Ich bin begeistert von der Idee.“

Alicia lachte leise und gab Christian einen leichten Nasenstüber. „Dann haben wir also ein Date, morgen Abend?“

Christian küsste sie schnell auf den Mund und erwiderte zufrieden. „Das haben wir.“

„Dann entschuldige mich jetzt bitte, ich muss noch einen Tisch bestellen, für heute Abend. Und du kümmerst dich um den Tisch, für morgen Abend.“

Mit wiegenden Hüften schritt Alicia zur Terrasse zurück und verschwand in der Villa. Dafür tauchte Eireen auf der Terrasse auf. Im Dress der Amerikanischen Fußball-Nationalelf. Lachend sah sie zu ihrem Vater und rief: „Zieh dich um, Paps! Wir haben schon ewig keine Zeit mehr gehabt, um im Garten etwas Fußball zu spielen!“

Christian überlegte kurz und grinste dann. „Alles klar, gib mir zehn Minuten!“
 

* * *
 

Eine Viertelstunde später tollte Christian mit Eireen über den Rasen des weitläufigen Gartens, der zur Villa gehörte, und im Grunde den Begriff Park eher verdient gehabt hätte.

Zu seiner gelinden Überraschung hatte er entsprechende Shorts und Shirts, in den Farben der Deutschen National-Elf in seinem Kleiderschrank gefunden.

Lachend dribbelte er seiner Tochter den Ball ab und lief, ihn eng am Fuß führend, zum Haus hin. Verfolgt von Eireen, die ihm den Ball wieder abjagen wollte. Im Moment machte ihm das Familienleben eine Menge Spaß. Zum Glück lagen die Tricks, die er fußballerisch drauf hatte, momentan noch nicht allzu lange in seiner Erinnerung zurück, so dass Eireen ihre liebe Mühe hatte, an den Ball zu kommen. Obwohl sie ausgezeichnet spielte, wie Christian neidlos zugeben musste. Diane hatte ihm verraten, dass sie seit zwei Jahren in einem Verein, hier in Metropolis, spielte. Bei den Metropolis-Eagles. Dabei gab es diesen Fußball-Verein selbst kaum länger.

Lachend täuschte er nach Links an und drehte sich dann nach Rechts herum von dem Mädchen weg. Sich den Ball vorlegend wollte er los sprinten, doch im nächsten Moment traf ihn ihr Fuß schmerzhaft am rechten Knöchel. Er stürzte zu Boden und hörte Eireen lachen, während sie an ihm vorbei stürmen, hinter dem Ball her.

Wütend rief Christian ihr nach: „Hey, du Nieselpriem! Hat dir eigentlich niemand beigebracht, deinen Gegenspieler sauber vom Ball zu trennen?! Das war garantiert das letzte Mal, dass ich mit dir Fußball gespielt habe!“

Er setzte sich auf und rieb sich mit beiden Händen den schmerzenden Knöchel. Erst als ein Schatten auf sein Gesicht fiel, sah er auf und bemerkte, dass das Mädchen völlig aufgelöst zu sein schien. Erst jetzt wurde ihm wieder bewusst, dass er für Eireen kein gleichaltriger Teenie war, sondern ihr Vater, dessen Worte eine ganz andere Wirkung hatten, als die eines Mitschülers, oder eines Vereinskameraden.

Christian schluckte seinen Ärger hinunter, als er Tränen in den Augen des Mädchens glitzern sah. Innerlich immer noch erschrocken, über die Wirkung seiner Worte, bei Eireen, erhob er sich langsam und sagte beruhigend: „He, das habe ich nicht so gemeint. Ich war im Moment nur sauer, weil der Tritt verdammt weh getan hat.“

„Ich… Das wollte ich nicht, Paps.“

Eireen umarmte ihren Vater und schmiegte sich an ihn.

Fast übertrieben vorsichtig nahm Christian Eireen in seine Arme, wobei er sanft sagte: „Das weiß ich. Ist schon gut. Natürlich spielen wir weiter, aber auf die Blutgrätsche verzichtest du bitte in Zukunft, sonst werde ich ganz sauer.“

Das Mädchen gab ein leises Schniefen von sich und versprach dann: „Das werde ich ganz bestimmt nicht wieder tun, Paps.“

Christian streichelte sacht ihre Schulter. Dabei dachte er: Au Mann, das muss wirklich Papas Kind sein. Ein ernstes Wort und das Mädchen ist todunglücklich. So ein Familienleben ist also mindestens ebenso verantwortungsvoll, wie spaßig. Wenn Alicia und ich wirklich gelernt haben, das jeden Tag aufs Neue zu bewältigen, dann haben wir schon etwas erreicht.

Als Christian Eireen schließlich ganz sanft an den Schultern von sich schob, schenkte er ihr ein warmes Lächeln. „Ich habe dich lieb, Eireen. Und jetzt vergessen wir das blöde Foul und spielen weiter, okay?“

Über das ganze Gesicht strahlend nickte Eireen. „Ich habe den Ball!“

Damit rannte sie zum Ball, und Christian setzte ihr nach. „Na, warte, das Ding habe ich bestimmt schnell wieder in meinem Besitz.“

Lachend, verbissen, aber fair, um den Ball kämpfend, rannten sie in Richtung Villa. Als Eireen sich den Ball etwas zu weit vorlegte, stürmte Christian an ihr vorbei und trat gegen den Ball, um ihm eine andere Richtung zu geben, bevor Eireen ihn erreichen konnte. Doch er erwischte den Ball nicht richtig, so dass er nicht, wie gewünscht, nach links rollte, sondern mit Schwung durch eins der geöffneten Fenster, im ersten Stock der Villa, flog. Gleich gefolgt von einem unheilverkündenden Krachen und Klirren.

Im nächsten Moment drang ein spitzer Wutschrei aus dem Fenster und gleich darauf tauchte Alicias Gesicht dort auf und blickte anklagend zu Christian und Eireen hinunter. „Wer von euch beiden Rabauken hat meine Lieblings-Kristallgläser auf dem Gewissen!“

Schuldbewusst blickte Christian nach oben und hob umgehend seine Hand.

Mit finsterer Miene sah Alicia von ihm zu Eireen und wieder zu ihrem Mann. Dabei rief sie zweifelnd nach Unten: „Komm schon, du nimmst die Kleine wieder einmal in Schutz, wie ich dich kenne. Wie du meinst, aber du wirst gleich nächste Woche für Ersatz sorgen.“

Damit verschwand Alicia vom Fenster.

Unten sahen sich Christian und Eireen gleichermaßen verdutzt an, und nach einer Weile fragte Christian unsicher: „Ob deine Mom uns die Ohren abschraubt, wenn wir sie fragen, ob sie uns den Ball runter wirft?“

Eireen schmollte leicht. „Mindestens das, Paps. Obwohl ich ja gar nichts gemacht habe. Immer gleich mich zu verdächtigen ist echt gemein. Dabei habe ich bisher nur eine einzige Scheibe eingeschossen. Aber das vergisst Mom wohl nie.“

Christian legte beschützend seinen Arm um ihre Schulter. „Ich werde deiner Mom nachher nochmal versichern, dass du diesmal wirklich unschuldig warst.“

Zur Antwort legte Eireen beide Arme um ihn und erneut durchströmte Christian ein tiefes Glücksgefühl, weil er dieses Leben, in 25 Jahren wirklich führen würde.



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