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Brighter

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Liedtext: Savin' me von Nickelback Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So
ich melde mich mal zu Wort und sage mal Willkommen an die, die (vielleicht) diese Geschichte lesen. Würde mich aber schon freuen, wenn die einen oder Interessenten dabei wären und die Geschichte mitverfolgen :)

Dieses Kapitel ist jetzt zwar das erste, aber ich habe an einen Tag geschrieben, der dieses Jahr sehr schwer für mich war und es mich selbst schon wundert, warum ich es überhaupt geschafft habe, etwas zu schreiben - vor allem in dieser Länge hätte ich es nicht wirklich erwartet.
Diese Story wird von Dedenne Korrektur gelesen - vielen Dank dafür :D

Dennoch heißt es nicht, dass ich zusätzliche Kritik, ganz egal positiv oder negativ, nicht angebracht finde. Man lernt daraus und würde mich deswegen darüber freuen :)

Liedtext: Storm von Jeremy Camp Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Liedtext: the Beginning von ONE OK ROCK Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Das ist schon sehr lange her, wo ich das letzte Kapitel hoch gestellt habe, aber ich hatte eine kleine Schreibblockade in mitten dieses Kapitels. Zum Glück hat es sich gelegt und es wurde bereits schon Kontrolliert :)

Besonders Stolz bin ich tatsächlich darüber, ein passendes Lied für das Kapitel gefunden zu haben. Bisher finde ich es am passendsten von allen, muss ich sagen :D

Liedtext: Let the Sparks Fly von Thousand Foot Krutch Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
The real you von Three Days Grace Komplett anzeigen

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Prolog

And oh I scream for you

Come please I'm callin'

And all I need from you

 

Es brannte - überall war das Feuer zu sehen, welches sich in rasender Geschwindigkeit ausbreitete. Er konnte kaum noch atmen, doch blieb er standhaft und lief durch das verqualmte Haus, auf der Suche nach seiner Familie. Er wusste nicht mehr genau, wie es geschah, aber nun war es zu spät. Er konnte einfach nichts sehen. Das Feuer war beißend; er hatte das Gefühl immer weiter zu verbrennen, doch hinderte es ihn nicht daran, weiter zu suchen. „Rylee...?“, rief er, immer wieder vom neuen, doch wurde seine Stimme immer heiserer und seine Hoffnung starb langsam aber sicher, sie je wieder zu sehen. Seine kleine Schwester war noch im Haus, als das Feuer plötzlich ausbrach und auch von seinen Eltern sah und hörte er nichts mehr. Es war so, als würde er ganz alleine hier sein, doch dachte er nicht im Traum daran, aufzugeben. Er hoffte das zumindest dass seine Schwester noch lebte - sie war noch viel zu jung, um auf so einer Art und Weise umzukommen. Gerade mal fünf Jahre war sie, während er mit seinen 10 Jahren schon als recht erwachsen gelten konnte - zumindest sagte er es immer wieder. Doch was brachte es ihn jetzt, wenn er sich nicht einmal um seine jüngere Schwester kümmern konnte?

Hustend und langsam immer weniger sehend, wich er den immer größer werdenden Feuer so gut es ging aus und versuchte zum nächsten Raum zu gelangen. Da er noch relativ klein war, konnte er sich noch durch die vom Feuer immer enger werdenden Räume schlängeln. Er hatte kaum noch Zeit mehr, denn das Haus würde vermutlich nicht mehr lange stehen, Noch einmal rief er den Namen seiner Schwester, als er plötzlich ein wimmerndes „Zain“ hörte, welches von der hintersten Ecke kam. Doch als er sie sah, blieb er erschrocken stehen. Er schaute geradewegs in die dunkelgraue, von Angst geweiteten Augen, die nicht mehr ihre Tränen zurückhalten konnten. Nur langsam ging er auf sie zu - besorgt darüber, was geschehen war, als er die nächsten Worte aus ihren Mund vernahm. „Mum... Dad.... tot...“ Mehr konnte sie nicht sagen, ehe ihre Tränen ihre Stimme erstickten und sie anfing zu weinen. Erst in dem Moment begriff Zain, was geschehen war und er lief zu seiner kleinen Schwester, um sie tröstend in die Arme zu nehmen. „Ry ... ich bin da...“ konnte er nur sagen, hustete aber in den Moment. Einen Moment lang war das Feuer vergessen, doch dann schaute er zurück zur Richtung, aus der er gekommen ist. Die Flammen zischten um sie herum, breiteten sich weiter aus, doch er war plötzlich viel zu kraftlos, als das er es schaffen würde, ihn und seine kleine Schwester raus zu hauen. Außerdem musste er ständig husten, was es ihm noch unmöglicher machte, sich weg zu bewegen. Deswegen ließ er Rylee los und schaute sie direkt an. „Du musst hier raus Ry - der Rauch schwächt mich zu sehr ...“ sagte er mit leiser werdender Stimme, doch Rylee schüttelte heftig den Kopf. „Nein. Wir müssen beide hier raus ...“ doch ihre Stimme brach ab, als sie merkte, dass sein Husten nur noch schlimmer wurde und er langsam aber sicher seine Sinne verlor. Noch ein letztes Mal hörte er seinen Namen „Zain!“

 

 

„Zain ... hey Zain, wach auf.“

Etwas schüttelte ihn durch und langsam aber sicher wurde ihm bewusst, dass es nur ein Traum war. Oder besser gesagt eine Erinnerung, die nun 16 Jahre zurück lag. Doch diese Erinnerung kam jedes Jahr immer wieder - an den Tag, an dem das Unglück geschah, als er und seine Schwester Rylee ihre ganze Existenz verloren hatten. Er wusste selber nicht, wie er heile daraus gekommen ist, doch laut seiner Schwester gab es jemanden, der den beiden im letzten Moment noch helfen konnte. Doch hatte sie nie einen Namen genannt, doch das brauchte er nicht wissen. Es reichte ihm, überhaupt am Leben zu sein, auch wenn es beinahe schon zu spät war. Nur leider gab es ein paar Nebenwirkungen, die er seitdem sein Leben lang davon tragen musste. Unter anderem war es dieser Albtraum, der ihn jedes Jahr vom neuen begleitete.

„Es ist wieder soweit, oder?“, hörte er die Frage seiner jüngeren Schwester, die ihn besorgt musterte. Ihre dunkelgrauen Augen wirkten in dem Dämmerlicht fast schwarz und ihre schwarzen Haare waren vom Aufstehen zerzaust. Sie standen von allen Seiten ab, doch war es nichts Außergewöhnliches. Wie ihre Persönlichkeit waren ihre Haare nicht zu bändigen.

„Ja ...“ Weiter reden konnte er nicht, da ihn schon ein Hustenreiz in die Quere kam. Die nächste Begleiterscheinung, die er davon getragen hatte, aber das war nichts zu den Albträumen, die ihn und seine Schwester jedes Jahr an diese Nacht erinnerten. Es war sowieso schon ein Rätsel, warum dieser Traum immer dann kam, wenn es der Tag war, wo ihre Eltern gestorben sind. Wortlos gab Rylee ihn ein Glas Wasser. Sie kannte es schon - der Husten schien ihn tatsächlich sein Leben lang zu begleiten, was nicht immer einfach war. Gerade dann nicht, wenn man, wie die beiden, durch einen etwas ungewöhnlichen Job durchs Leben kam. Wobei Rylee diejenige war, die die meiste Arbeit machte, was das anging.

„Wir müssen bald weiter“, sagte Zain schließlich nach einer Weile und stand auf. Er wollte nicht mehr daran denken, sondern nach vorne blicken. „Nur noch ein Tag, dann sind wir in Tieron“, fügte er noch hinzu und Rylee nickte. „Ja, ich weiß. Deswegen hätte ich dich sowieso geweckt“, sagte sie dann mit einem frechen Grinsen und ihre Augen wurden wieder heller und fröhlicher. Man merkte ihr sehr schnell an, wie sie sich fühlte, auch wenn sie es versuchen sollte zu verbergen. Die grauen Augen verrieten eben alles. Das wusste sie aber auch selbst genau, weswegen sie auch nie wirklich versuchte, ihre Persönlichkeit zu verstecken. Genau das schätzte er an seiner Schwester sehr - sie war eben, so wie sie ist.

Die Jüngere ging schließlich aus dem Zimmer, damit sich Zain in Ruhe umziehen konnte, damit sie weiter ziehen konnten.

 

Als Zain nach einer Weile aus dem Zimmer ging, hörte er schon laute Stimmen. Sie sind in einer Kneipe in einem kleinen Dorf untergekommen. Doch innerhalb der letzten beiden Tage, wo sie hier erst einmal bleiben konnten, war ihn schon aufgefallen, dass es hier schon sehr lebhaft zuging. Als er die Stimme seiner Schwester hörte, musste er lächeln. Trotz dessen, dass in den letzten Jahren viel passiert war und ihre wohl jüngste Erinnerung nicht die Beste war, konnte sie offen auf andere zugehen und sich mit ihnen unterhalten. Zain hingegen war da schon etwas ruhiger, doch fiel es ihn auch nicht gerade schwer. Das lag wohl aber auch daran, dass die beiden viel am Reisen waren und so sehr schnell unter Menschen kamen.

 

„Neo Conaire?“, hörte er seine Schwester fragen, als sich das Gespräch schlagartig änderte. Die Mienen wurden ernst, als sie den Namen genannt hatte, den es vorher noch keiner gewagt hatte, zu nennen. Immerhin war der Name kein Unbekannter und oft wird dieser mit Angst genannt, Doch auch wenn die beiden Geschwister den Namen schon sehr oft gehört hatten, sagte Rylee ihn so einfach nebenbei, als würde sie ihn zum ersten Mal hören. Zain ging zur Bar, wo sich alle hingesetzt hatten und lauschte dem Gespräch. Er nickte den Barkeeper nur zu, der ihm gleich etwas Wasser einschenkte. Was anderes trank Zain nicht, weswegen man es schon wusste, wenn man selbst nur zwei Tage am selben Standort verweilte.

„Ja“, fing einer von den Männern an, mit denen sich Rylee unterhielt und der wohl schon ein paar Bier intus hatte. So früh am Morgen, verstand sich. „Angeblich sollte er nun sein Unwesen in der Hauptstadt treiben. Also passt auf, wenn ihr tatsächlich dort hinkommen solltet“, sagte er leicht lallend und verlangte in nächsten Moment das nächste Bier. Der Barkeeper schüttelte nur seufzend den Kopf, doch konnte er diese Bitte einem auch nicht abschlagen. Immerhin verdiente er damit gutes Geld.

„Die Alkoholiker hier sind am schlimmsten“, sagte er so leise, dass es nur Zain hörte. Doch dieser erwiderte nichts dazu - immerhin musste er sich ja nicht jeden Tag damit herumschlagen.

„Eigentlich ist es unser nächstes Ziel“, sagte Rylee nachdenklich, zuckte dann aber mit den Schultern, als wäre es ihr auch egal. Zain würde es nicht wundern, wenn es wirklich so war - immerhin kannten die beiden nur Geschichten - mehr aber auch nicht. Noch nie sind sie diesem Neo Conaire persönlich begegnet und wenn man den Geschichten Glauben schenken sollte, war es wohl auch ganz gut so.

„Aber was anderes …“, fing dann der Mann an und grinste. „Wie wäre es, wenn ihr mir noch eines von euren Kunststücken zeigt!“ Es klang mehr wie ein Befehl, als eine Bitte und auch Rylee schien es zu bemerken.

 

[LEFT]„Nein, danke. Wir müssen weiter“, sagte sie und stand auf. Dann ging sie zum Barkeeper rüber und gab ihn etwas Geld. „Am besten, Sie schmeißen diese Männer raus, ehe sie es noch weiter übertreiben“, sagte sie und deutete auf die Herren, von denen nur einer mit ihr geredet hatte. Sie sagte es so leise, dass man es nur aus nächster Nähe hören konnte. Dann griff sie nach dem Arm ihres Bruders und zog ihn zu ihren Zimmern, um ihre Sachen zu holen. Anschließend verabschiedeten sie sich beim Barkeeper und gingen weiter - in Richtung Hauptstadt.[/LEFT]

Like a Storm

Heaven's rain, push away all fear

Mercy flow, breaking over my heart again

 

Schnell stellte sich heraus, dass heute kein allzu guter Tag war, um weiter reisen zu können. Zwar wurden sie nicht nass, aber das Wetter war sehr kalt, so dass Rylee schon froh war, dass sie sich bewegten. Sonst würden ihr Bruder und sie nur erfrieren. Der Wind, der den beiden entgegen schlug, war da auch nicht besser und sie fragte sich, ob sie es wirklich innerhalb eines Tages schaffen würden, zur Hauptstadt zu gelangen.

Eigentlich liebte sie den Wind, fühlte sich dann immer am wohlsten und vor allem frei. Doch auch sie musste manchmal gestehen, dass der Wind ab und an sehr anstrengend werden konnte. So wie es gerade jetzt der Fall war.

„Bist du sicher, dass wir es bis heute Abend schaffen?“, fragte sie und schaute zu ihren Bruder, der, wie immer, die Führung übernahm. Zwar war sie fast ihr ganzes Leben lang auf Reisen, doch war es doch besser, wenn sie sich mehr auf ihren Bruder verließ, als auf sich selbst. Das letzte Mal, wo Rylee die Führung übernommen hatte, war im Sommer dieses Jahres gewesen und sie sind tatsächlich in einer Giftschlangengrube gelangt. Diese Tiere waren natürlich nicht gerade erfreut über den unfreiwilligen Besuch und sie konnten gerade noch knapp den giftigen Viechern entwischen. Man könnte meinen, dass Rylee nach 16 Jahren Reisen alles mittlerweile kennen würde - immerhin kamen sie immer mal an denselben Orten an - doch ihr Orientierungssinn war in der Hinsicht einfach nur hoffnungslos. Deswegen übernahm hauptsächlich Zain das Kommando, wenn sie zum nächsten Ort wollten.

„Ich weiß...“ Weiter kam Zain nicht, da er plötzlich aufhorchte. Rylee konnte sich zwar denken, was er sagen wollte, aber im nächsten Moment hörte sie ebenfalls ein Geräusch. Es klang wie Pferdehufe und das Rattern einer Kutsche. Das Geräusch kam näher und sie schaute hinter sich, wo in den Moment ein älterer Kutscher hielt. Die beiden hatten ihm wohl den Weg versperrt, doch das schien für ihn kein Problem zu sein.

„Wo wollt ihr beiden hin?“

 

 

~*~

 

„Was soll das werden, wenn du fertig bist?“, kam die provozierende Frage eines Mannes, welcher direkt hinter ihr stand. Zumindest ging sie in den Moment davon aus, doch anders, als er vermutlich gedacht hatte, reagierte sie gar nicht erst auf die Provokation. Sie schaute nur weiter in die Richtung, welche sie schon die ganze Zeit anvisiert hatte und winkte ihn nur zu, dass er zu ihr kommen sollte. „Hier ist jemand“, sagte sie nur leise und schaute zu dem Mann, der nur ein wenig älter war als sie selber. „Also sei still“, fügte sie noch schnell hinzu. Sie wusste ganz genau, dass er vermutlich sonst noch etwas sagen würde und bei seinem etwas zu lautem Organ, konnte man dann nie wissen, ob man ihn hören würde oder nicht. Das war eine Eigenschaft, die sie an ihn manchmal doch hasste - aber ansonsten konnte sie sich immer auf ihn verlassen.

Wie jetzt, wo er nur nickte und schließlich auch zur Richtung schaute, wo sie die ganze Zeit ihren Blick hinhielt. Sie merkte, dass er sich schließlich schnell kampfbereit machte. Ihm schien es genauso wenig zu gefallen, wir ihr, was sie da sah.

 

Es war eine Gruppe von Männern, die die beiden vor sich sahen. Sie waren zu sechst, doch hielten sie sich selber versteckt und schienen auf etwas zu warten. Alleine wegen der Haltung und auch wegen der Kleidung erkannte sie schnell, dass es Räuber waren, die vermutlich im nächsten Moment den ersten armen Kutscher ausrauben wollten, der ihnen den Weg kreuzte. Doch das wollte sie nicht zulassen und auch der Mann neben ihr schien es zu verstehen. Doch momentan konnten sie noch nichts tun, weil bisher noch nichts passiert war. Zumindest bis jetzt, als sie in dem Moment im Augenwinkel bemerkte, dass einer der Männer den anderen ein Zeichen gab und alle sechs auf einmal leise, aber bestimmt voran liefen. Dadurch, dass die beiden etwas zu weit weg waren, konnten sie nicht erkennen, wer genau auf der Straße war, doch das war ihr egal. Sie konnte nicht zulassen, dass man jemanden ausraubte, welcher sowieso schon zu wenig zum Leben hatte. Das war einfach nicht fair. „Thore, folge mir unauffällig“, sagte sie leise zu ihrem Begleiter, welcher nur schweigend nickte, während sie nach vorne ging - ihren Bogen dabei schussbereit. Sie wollte ihn nur ungern einsetzen, doch wenn es sein musste, dann konnte sie auch nichts daran ändern. Eigentlich hasste sie das Kämpfen, doch ab und an gab es einfach keinen anderen Ausweg.

„Stehen bleiben!“, hörte sie einen der Männer - vermutlich den Anführer. Da sie nun selber soweit vorging, so dass sie mehr erkennen konnte, sah sie tatsächlich einen der ärmlichen Bauern der Gegend. Das war doch einfach nur unfair, diesen noch zu berauben! Aber sie erkannte auch zwei junge Menschen, die vermutlich ungefähr in ihrem Alter waren und welche neugierig zu den sechs Männern schauten, die ihnen den Weg versperrten.

„Ich glaube es nicht. Das wir heute noch Räuber begegnen, wobei wir nun wirklich nichts haben, was sie uns klauen könnten“, sagte das schwarzhaarige Mädchen plötzlich und ihre Stimme klang frech. Selbst von ihrer Position aus konnte sie erkennen, dass die Augen des Mädchens diese Männer eher belustigt anfunkelten.

„Perry?“ fragte Thore fragend hinter ihr und als sie zu ihm sah, konnte sie in seinen Augen die Frage erkennen, was sie machen sollten. Perry zuckte nur mit den Schultern, da sie bisher nicht das Gefühl hatte, das die beiden wirklich eingreifen mussten.

„Bitte was? Was denkst du, wer du bist, dass du uns provozieren kannst!“, rief der erste Räuber schnell, der sich wohl viel zu schnell provozieren ließ. Hatte er ja auch mit dessen Worten selbst indirekt zugegeben. Während die anderen beiden eher ruhig blieben - wobei der junge Mann, der neben dem Mädchen saß, wohl eher entspannt wirkte - sprang das Mädchen von der Kutsche und ging ein paar Meter auf die Männer zu, wobei ihre schwarzen Locken vom Wind zerzaust wurden.

Erst jetzt schien der Bauer zu begreifen, was überhaupt vor sich ging. „Mädchen - lass das. Das bringt doch nichts.“ Wie die meisten hatte er schon aufgegeben und Perry seufzte nur leicht. Am liebsten würde sie selbst eingreifen, doch da bisher noch nicht großartig was passiert war, musste sie sich zurück halten. Irgendwas sagte ihr, dass diese junge Frau schon alleine zurechtkam.

 

„Ich bin Rylee. Freut mich zutiefst, euch kennen zu lernen“, sagte sie nur belustigt und ignorierte anscheinend die Einwände des Bauers. Doch der junge Mann flüsterte dem Bauer gleich darauf nur was zu, worauf dieser nur verstehend, aber wohl immer noch misstrauisch nickte. Was war los? Irgendwie bekam Perry das Gefühl nicht los, dass irgendwas passieren würde. „Ich habe nicht nach deinen Namen gefragt, Miststück!“, fluchte der Räuber und ging selber auf sie zu. Er gehörte zu der typischen Sorte von Räuber, der sich einfach nahm, was er wollte und das sich ihm jemand widersetzte, ging ihm gewaltig auf den Zeiger. Doch Perry fand es gut, dass sich nicht jeder alles gefallen ließ. Das war auch der Grund, weswegen sie ihr Leben so gewählt hatte, wie es nun war und auch das Mädchen wird wohl jemand sein, die nicht einfach aufgibt.

Sie sah, wie Rylee belustigt ihre Augen verdrehte. „Ehrlich. Das euch Räubern nie ein anderes Wort einfällt. Das tut einem ja schon leid, das zu hören“, sagte sie wieder provozierend. Mit Erfolg, wie es schien, denn plötzlich griff nicht nur der Mann sie an, sondern die anderen folgten dessen Beispiel. Definitiv war er der Anführer - war klar, dass die anderen keinen eigenen Willen zu haben schienen.

„Wir sollten eingreifen, Per...“, hörte sie Thore hinter sich sagen, doch er stockte in dem Moment, als er sah, was jetzt passierte. Auch die Angesprochene konnte den Blick nicht von dem Mädchen wenden, die von selbst aus den Männern entgegen kam. War sie denn völlig verrückt? Das ist ein Grund, weswegen Perry ihren Kameraden zunickte und sie ihren Bogen anspannte, um zumindest den Anführer treffen zu können. Doch weiter kam sie nicht, denn das Mädchen hatte sich wohl etwas dabei gedacht, dass sie näher auf die Räuber zukam. Kaum war das Mädchen nah genug ran, schon sprang sie plötzlich in die Höhe und machte einen Salto, so dass sie den Anführer mit den Fuß gegen den Kopf traf. Überrascht über diese Attacke, blieben die anderen stehen, während der Anführer nach hinten taumelte und gleich darauf beinahe fiel, wenn ihn jemand anderes in dem Moment nicht festgehalten hätte. Die anderen schauten hingegen nun etwas angespannt zu Rylee, die mit einem Grinsen wieder mit beiden Beinen auf den Boden landete.

„Was sollte das denn?“, rief der Mann aufgebracht, der den nun bewusstlosen Anführer aufgefangen hatte. Die Schwarzhaarige aber zuckte nur mit den Schultern. „Ich wollte eigentlich nur den Weg frei räumen“, sagte sie möglichst unschuldig.

Genau in den Moment spürte Perry, die das ganze nur erstaunt mitverfolgte, dass sie beobachtet wurde. Es war allerdings nicht Thore, der es tat, sondern sie bemerkte den Blick des jungen Mannes auf sich ruhen, der noch mit dem Bauern auf der Kutsche saß. Von dort aus hatte er einen guten Blick zu ihr und ihrem Begleiter, doch sie fragte sich, woher er wusste, dass die beiden auch da waren. Einen Moment lang erwiderte sie den Blick, ehe er kurz zu Rylee zeigte und seinen Blick auf was anderes richtete: Ihren Bogen, den sie in der Hand hatte. Aus irgendeinem Grund wusste sie in den Moment genau, was zu tun war und schaute zu Thore. „Ich greife an“, sagte sie flüsternd und er nickte. Sonst wurden sie diese Räuber nie los.

 

 

~*~

 

Es war nur ein kleiner Vorgeschmack von dem, was Rylee wirklich bieten konnte, aber immerhin konnte sie den Anführer der vermeintlichen Räuber mit einem Tritt beseitigen. Dass es so schnell ging, hatte sie allerdings nicht erwartet, doch war es ein kleiner Erfolg. Eigentlich war es der Zeitpunkt, dass sich die anderen zurückziehen mussten - immerhin wurde der Anführer getroffen, doch irgendetwas sagte ihr, dass sie die anderen nun wirklich wütend gemacht hatte. Sie hatten es sich wohl anders vorgestellt: den Bauern aufhalten, ihn ausrauben und weiter ziehen. So wie es normalerweise sein sollte - aber Rylee ließ es bestimmt nicht zu, dass diese Dumpfbacken dem unschuldigen Bauer, der ihr und ihrem Bruder half, zur Hauptstadt zu kommen, alles wegnahmen. Das konnten sie mit den ganzen reichen egoistischen Menschen machen, aber nicht mit diesen freundlichen Herren. Genau das war der Grund, weswegen sie sich auch gleich gegen die Männer gestellt hatte, auch wenn sie normalerweise absolut keine Lust darauf hatte.

Doch da sie dachte, dass diese Attacke die anderen mehr in die Flucht schlagen würde, war sie überrascht, dass es nicht so war. Ganz im Gegenteil, denn die anderen fünf Räuber schienen nun sehr wütend zu sein. Na super hinbekommen, Rylee.

Schnell schaute sie zu ihrem Bruder, dessen Hilfe sie nun wirklich gut gebrauchen konnte. Doch sein Blick schien auf etwas anderes zu haften und sie erkannte eine winzige Bewegung mit seiner Hand, die in ihre Richtung zeigte. Schnell sah sie in die Richtung, in die ihr Bruder sah und erkannte auch sofort zwei Gestalten, die sich im Gebüsch befanden. Das Mädchen hielt ihren Bogen schon in der Sehne und schien wohl auf ein Zeichen zu warten, dass sie eingreifen konnte. Verbündete - das war gut. Auch wenn sie diese nicht kannte, so musste Rylee einfach nur hoffen, dass sie und ihr Bruder nichts Falsches taten und nun tatsächlich in eine Falle gelockt wurden.

„Wollt ihr immer noch nicht abhauen, oder was ist los? Ein Wunder, denn sonst seid ihr doch immer so feige“, sagte sie an die Männer gerichtet und konnte sich einen provokanten Unterton einfach nicht verkneifen.

„Was fällt dir ein, immer noch so mit uns zu reden“, fluchte einer der Räuber vor sich hin, als er plötzlich in den Moment ein Zischen hörte. Gerade rechtzeitig schien er es zu merken und konnte ausweichen. Der Pfeil blieb deswegen an einem Baumstamm stecken, aber dafür interessierte sich nun keiner mehr von den Räubern. Sie ließen sogar Rylee außer Acht, da sie nun den Grund des Angriffes suchten, welcher aus dem Nichts kam. In dem Moment kam ein weiterer Pfeil, der auch genau in die Schulter von dem Räuber traf, der den Anführer gerade noch festhalten konnte. „Verflucht. Wer ist das?“, fragte er mit schmerzverzerrtem Gesicht und suchte, genau wie die anderen, weiter. Aber anscheinend sahen sie nichts, was auch kein Wunder war. Nicht nur, das es plötzlich angefangen hatte zu regnen, es war auch der Fall, dass man von dem Platz aus, wo die Räuber standen, nicht wirklich viel erkennen konnte. Auch merkte Rylee in dem Moment den starken Wind um sie herum, der nicht schwächer werden wollte. Genau das gab ihr die Kraft, die sie jetzt brauchte und da die Aufmerksamkeit von ihr abgelenkt wurde, bekam sie eine Idee. Wenn sie dadurch die Räuber nicht loswerden konnte, dann wusste sie allerdings auch nicht mehr weiter.

Rylee lief schnell zum Ast, wo der Pfeil stecken geblieben war und sprang so, dass sie die kleine Fläche nutzte, um weiter in die Luft springen zu können. Das der Pfeil wegen dem doch zu schweren Gewicht brach, merkte sie kaum, da sie schon den Wind um sie herum bündelte, um weiter in die Luft fliegen zu können.

Kaum hatte Rylee die passende Höhe erreicht, atmete sie tief durch und ließ den Wind um sie herum stärker werden, als dieser es sowieso schon war. Sie war genau in den Moment mit diesem Element verbunden und als sie nach unten blickte, bemerkte sie mit Genugtuung die entsetzten Gesichter, die nach oben gerichtet waren. Normalerweise hatte sie eigentlich gar nicht vor, ihre Kraft einzusetzen - aber da diese Dummköpfe einfach zu lästig waren, gab es für sie leider keine andere Wahl. Ihre Haare flogen durch den Wind und das sie danach völlig durcheinander sein würden, war ihr gerade völlig egal. Ihre Augen nahmen ein Grau an, dessen Farbe man mit einem Sturm vergleichen konnte. Doch genau in den Moment, wo sie weiter ihre Kraft nutzen wollte, die ihr der Wind verlieh, flüchteten die Räuber plötzlich und ein leichtes Grinsen konnte sich Rylee nicht verkneifen. Sie waren wohl doch ziemliche Feiglinge.

Da sie ihre Fähigkeit zum Glück doch nicht richtig einzusetzen brauchte, konnte sie aus eigener Kraft wieder auf den Boden zurückgelangen. Doch kaum dort angekommen, taumelte sie etwas zurück und ließ sich auf den Boden fallen. Das hatte sie eindeutig geschwächt - eine Nebenwirkung, die sie immer wieder zu spüren bekam und weswegen sie ihre Fähigkeit normalerweise nur sehr selten einsetzte.

 

Sie sah in den Himmel, wo sie merkte, dass gerade ein Falke in die Luft flog und kurze Zeit später auch schon wieder verschwand. Der Regen schien diesen Falken nicht zu stören und auch Rylee spürte kaum etwas davon. Generell schien sie alles andere um sich herum nicht wirklich wahrzunehmen, da ihr jetzt nur schwindelig wurde und sie deswegen nicht aufstehen konnte. Erst als sie die Stimme ihres Bruders hörte, kam Rylee aus ihrer merkwürdigen Trance.

„Bist du vollkommen verrückt geworden?“, fragte ihr Bruder sie und zog sie hoch. Seine ebenso grauen Augen, die heller waren als ihre, funkelten sie wütend, aber auch mit Sorge an. Sie wusste was er meinte, denn normalerweise durfte sie ihre Fähigkeit nicht so leichtfertig verschwenden. Doch sie wusste sonst nicht, wie sie die Räuber loswerden sollte - die sich scheinbar auch gegen den Angriff der Schützin gut verteidigen konnten. Irgendwie war es sowieso schon seltsam genug, dass diese überhaupt solange blieben. Normalerweise waren die meisten Räuber sofort weg, wenn man ihnen quer kam. Diese nicht ... vor allem, das sie den Bauern so schnell in Ruhe ließen, machte sie stutzig.

„Was sollte ich den sonst tun? Anders wollten sie anscheinend nicht verschwinden“, sagte sie seufzend und schaute sich suchend um. Doch bis auf ihren Bruder, ihr und den Bauern sah sie niemanden mehr.

„Wo ist die Schützin, die uns geholfen hat?“, fragte sie Zain, der nur den Kopf schüttelte. „Ich habe keine Ahnung. Sie und der andere Typ waren auf einmal wieder weg“, sagte er mit Bedauern in der Stimme. Sie waren eine große Hilfe gewesen und deswegen wollten sich beide bedanken. Nun ja, vielleicht traf man sich auch wieder.

 

Ein Räuspern ertönte hinter ihnen und jetzt erst fiel den Geschwistern ein, dass sie doch nicht ganz alleine waren. „Ich weiß nicht, was ihr vor habt, aber ich würde gerne weiter“, sagte der Bauer und Rylee war erstaunt über seine Gelassenheit. „Wie können Sie so gelassen bleiben, nachdem Sie das gerade gesehen haben?“, fragte sie deswegen gleich und legte den Kopf schief.

Doch der Bauer lächelte nur. „Mir ist schon direkt klar geworden, als du dich ihnen in den Weg gestellt hast, dass du nicht normal bist. Du bist eine Windmagierin, stimmt’s?“ fragte er leichthin, worauf sie nur nicken konnte. Nicht jeder war jemand, der so gelassen damit umgehen konnte, dass sie so eine starke Fähigkeit verfügte, doch der Bauer war anders. Er schien sich auszukennen.

„Dann solltest du dich wirklich ausruhen. Ich bringe euch derzeit sicher in die Hauptstadt - nur leider kann ich euch keinen trockenen Ort anbieten.“ Was hieß, dass sie völlig durchnässt in die Hauptstadt ankommen würden. Na super. Aber da mussten sie wohl durch.

Kaum aber wollten sich Rylee und Zain wieder auf die Kutsche setzen, wobei Zain sie dabei stützen musste, hörten sie eine weibliche Stimme.

„Wartet“, sagte diese und als sich Rylee in die Richtung drehte, aus der die Stimme kam, erkannte sie die Schützin. Jetzt konnte sie auch ihre blonden Haare sehen, die sie unter einer Kapuze verdeckt hielt.

„Kommt doch zu uns. Dann könnt ihr euch abtrocknen, bevor ihr weiter reist“, fügte sie mit einem Lächeln hinzu. Rylee schaute zu dem Bauer und dann zu Zain, die schließlich beide nickten. Immerhin hatte die junge Frau ihnen geholfen, also konnten die drei auch ihr Angebot gerne annehmen.

 

 

~*~

 

Ihr seid doch völlige Schwachköpfe!“ donnerte eine männliche Stimme und fünf von sechs Männern zuckten zusammen. Der Anführer von ihnen war bewusstlos, während ein anderer noch immer einen Pfeil in seiner Schulter stecken hatte und es anscheinend nicht wagte, diesen raus zu ziehen. Was wohl auch eine schmerzhafte Erfahrung für den Mann wäre, doch dies war ihm völlig egal. Zumindest wusste er dadurch, dass sie reagiert hatte. Was anderes wollte er nicht. Doch dass die sechs trotzdem einfach abhauten, ohne dass es für ihn überhaupt einen Grund gab, machte ihn wütend.

Entschuldigung Boss - aber das Mädchen war zu stark, welches uns aufgehalten hatte“, sagte einer von ihnen und er hob die Augenbrauen. „Welches Mädchen?“ Er hatte wirklich keine Ahnung, wovon die Männer überhaupt sprachen.

Ein schwarzhaariges Mädchen. Sie schien eine Windmagierin zu sein und war diejenige, die unseren Boss bewusstlos geschlagen hatte, sagte der nächste Räuber ehrlich. Was brachte es auch zu lügen, doch er seufzte nur. „Davon lässt ihr euch aufhalten?“, donnerte er den Räubern entgegen, wobei diese wieder zusammenzuckten. Doch er musste zugeben, dass er neugierig wurde. Wer war dieses Mädchen, welches diese sechs - oder eher fünf - tatsächlich flüchten ließ?

Geht! Ich brauche meine Zeit“, sagte er schnell zu den Räubern. „Und du lässt dich besser verarzten. Ich werde dich noch brauchen.“ Für wie lange noch, würde sich noch zeigen. Der angesprochene Räuber nickte nur, wusste aber wohl zu gut, dass er dieses Mal wirklich nichts mehr falsch machen durfte.

 

Er lehnte sich derweil zurück und schloss seufzend die Augen. „Noch konntest du entkommen, Zarina.“

The Beginning

It is just

the beginning of the end

 

 

Nun war es soweit … Er war wieder hier. An diesem Ort, wo alles angefangen hatte - doch damals, gerade mal mit 12 Jahren, wusste er noch nichts. Der Händler, bei dem er seit einigen Jahren wohnte, wollte in diesem Dorf eine Pause machen und das war ihm auch ganz recht.

„Kind - sitz nicht so blöd rum, sondern hilf mir oder verschwinde!“, rief der Händler barsch zu ihm rüber und er selber wurde somit aus seinen Gedanken verdrängt, bevor er diese überhaupt denken konnte. Ein leichtes Seufzen entwich ihm und er stand auf. Eigentlich hatte er ja einen Namen, aber dieser wurde nur sehr selten genannt. Meistens wurde er einfach nur als „Kind“ oder „Nichtsnutz“ genannt, was ihn schon daran zweifeln ließ, warum man ihn überhaupt aufgenommen hatte. Aber die inzwischen verstorbene Frau des Händlers hatte ihn damals in ihr Herz geschlossen und auch heute war es einer der Tage, wo er sie vermisste. Ihr Tod war sehr plötzlich vor einem halben Jahr gekommen und seitdem war ihr Mann noch unerträglicher als sonst. Aber der Junge war auf ihn angewiesen und tief im inneren war der Herr doch wohl ebenso ein guter Mensch, wie seine Frau es war. Oder aber, er wollte ihr Andenken nicht verletzen, indem man den Jungen einfach auf die Straße setzen würde - was wahrscheinlicher der Fall war.

Da er wusste, dass man nur sowieso wüste Beschimpfungen bekommen würde, wenn er den Händler half, hatte er sich doch lieber auf dem Weg gemacht, um das Dorf zu erkunden. Es war ein recht großes Dorf und die Menschen hier schienen von freundlicher Natur zu sein. Auch die Häuser schienen in einem passablen Zustand zu sein. Nicht so wie in verschiedenen anderen Dörfern, wo die Häuser teilweise sehr verfallen waren. Hier schienen die Leute erstaunlich gut zu leben.

 

Sein Blick glitt weiter über das Dorf, wo ein reges Treiben herrschte. Vereinzelt sah er sogar Stände, an denen Händler was verkauften. Allerdings waren es lange nicht so viele, wie es in den meisten Städten gab, doch dies schien niemanden wirklich zu stören. Generell war es schon ein Wunder, dass es einige Händler wagten, hier etwas zu verkaufen - schließlich gehörte auch der Händler, den der Junge immer begleitete, zu diesen Menschen. Allerdings waren es keine Stände, die seine Aufmerksamkeit auf sich zogen, sondern ein baufällig wirkendes Haus, welches mitten im Dorf stand. Merkwürdigerweise wirkte es ziemlich verwaist. Neugierig geworden, begann er dort hin zu laufen. Erst dann bemerkte er die Brandspuren, die dieses Haus sein Eigen nennen konnten.

„Geh nicht näher Kindchen - das Haus ist verflucht!“, hörte er plötzlich eine weibliche, aber brüchige Stimme und erstaunt schaute er in die Richtung, aus der diese Stimme kam. Es war eine ältere Frau, die hinter einen Stand mit sehr viel Schnickschnack stand. Der Stand war so bunt gemischt, dass man sich fragte, was das alles überhaupt sein sollte, was sie überhaupt verkaufte. Doch die Aufmerksamkeit wich der Aussage, die sie vorhin gesagt hatte.

„Verflucht?“, fragte er daher verwundert und schaute sie direkt an. Ein freundliches Lächeln erschien, aber es erreichte nicht die Augen, die traurig zu sein schienen. „Hier hatte mal eine Familie gelebt, die allerdings bei einem mysteriösen Brand umgekommen ist. Die Eltern hat man nicht mehr retten können und was mit den Kindern passiert ist, weiß niemand“ beantwortete sie ehrlich seine Frage. Deswegen sagte man, dass Haus wäre verflucht? Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es nicht alles war, was man dazu erzählen konnte, doch die Frau lenkte vom Thema ab.

„Schau dich um, Junge. Vielleicht findest du was Schönes“, sagte sie. Er wollte gerade sagen, dass er kein Geld mithatte - und selbst wenn, würde er wohl keines vom Händler bekommen - aber irgendetwas sagte ihn, dass er am besten nichts zum Angebot sagen sollte. Stattdessen ging er näher an den Stand und schaute sich alles an, was sie zu bieten hatte. Es war wirklich viel,  was sie zu bieten hatte. Hüte, Schale, Edelsteine. Und es wirkte eher so, als hätte man wahllos Zeug besorgt, um was verkaufen zu können. Doch tatsächlich fiel sein Blick auf etwas, was ihn irgendwie fast schon magisch anzog. Es war ein einfacher dunkelbrauner Edelstein, welcher mit hellbraunen Schlieren versehen war. Er glänzte in der Sonne und beim genaueren Betrachten erkannte man sogar, dass die hellbraunen Zonen so aussahen, als wäre ein fliegender Vogel drin eingemeißelt worden. Er nahm den Edelstein in die Hand und betrachtete es genauer, ehe er die Stimme der Frau wieder vernahm.

„Oh, du hast das Falkenauge für dich entdeckt“, sagte sie freundlich und überrascht schaute er auf. „Das ist eine gute Wahl mein Junge. Er wird dir bestimmt einen geistigen Überblick bewahren können“, sagte sie leise und der Junge überlegte. „Ich kann es aber nicht bezahlen“, seufzte er schließlich und schüttelte den Kopf. Gerade wollte er den Stein wieder an seinen Platz zurücklegen, als die Frau wieder lächelte. „Ich schenke ihn dir, mein Junge. Er wird dir den Weg weisen, egal wie schwer er ist. Denk daran und du wirst deine Ziele erreichen“, sagte sie und ehe er einmal blinzeln konnte, war sie samt den Stand plötzlich verschwunden. Es war das erste und letzte Mal, dass er sie gesehen hatte.

 

 

 

~*~

 

 

 

Der Regen schien noch stärker zu werden, was für die Reisenden nicht besonders willkommen war. Ein Versuch, sich trocken zu halten, war somit völlig unmöglich, da man sich auch nirgendwo wirklich unterstellen konnte. Nur die Bäume um sie herum gaben wenigstens etwas Schutz.

Rylee sah zu den anderen. Niemand sagte ein Wort, nur Thore, der Begleiter von dem Mädchen, das sich als  Zarina vorgestellt hatte, unterhielt sich mit dem Bauern. Es schien so, als würde er den Bauern was fragen und nachdem dieser geantwortet hatte, hallte plötzlich seine laute Stimme durch den Regen. „Perry, Jason hat die Ware mit, auf die wir gewartet haben!“

Rylee, die neben der Angesprochenen lief, schaute ein wenig verwirrt zu ihr rüber. „Warum nennt er dich eigentlich Perry?“ Was für Ware es war, die man brauchte, brauchte sie erst gar nicht fragen - aber was bitte schön wollte man von mittlerweile nassen Stroh? Doch Zarina oder Perry, wie auch immer sie nun genannt werden sollte, winkte bei ihrer Frage ab. „Das ist eine lange Geschichte. Aber er ist auch der Einzige, der mich so nennt“, lächelte die Blonde Rylee zu, rückte ihren Bogen wieder an die richtige Position und lief zu ihrem Begleiter. Ehe Rylee sich weiter darüber Gedanken machen konnte, hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich.

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich von den beiden halten soll.“ Erschrocken drehte sich Rylee zu ihrem Bruder um und grinste dann leicht, als sie sein Stirnrunzeln sah. „Sagt gerade der, der sie um Hilfe gebeten hatte.“ Mit diesen Worten deutete sie auf Zarina. „Komm, wir sollten nicht den Anschluss verlieren. Hoffentlich ist es nicht mehr weit bis zu dem Ort, wo wir später landen werden.“ Mit diesen Worten ging sie zu den dreien und merkte, dass Zain ihr folgte. Aber sie verstand ihn schon, denn nicht immer war es selbstverständlich, erst ihnen zu helfen und sie dann sozusagen zu sich nach Hause einzuladen, damit man ins Trockene kam. Denn leider haben die beiden schon oft genug erlebt, wie egoistisch die Menschen werden konnten.

 

„Dann haben wir aber echt Glück gehabt“, hörte Rylee die fröhliche Stimme von Zarina, als sie schließlich in Hörweite waren. Dann aber schaute das blonde Mädchen nach vorne und ihre Miene erstrahlte. „Wir sind da - endlich kommen wir ins Trockene!“ Rylee blickte bei den Worten der jungen Frau nach vorne und entdeckte einen Höhleneingang. Dort war das Zuhause der beiden? Wie ungewöhnlich. Oder hat man diesen Ort nur ausgewählt, damit man wenigstens etwas über den Kopf hatte? Zumindest war das für Rylee wahrscheinlicher, als das dort jemand wirklich wohnen konnte - außer man war zufällig ein Höhlenmensch. Doch das konnte sie sich bei den beiden gar nicht erst vorstellen.

„Hier wohnt ihr?“, hörte sie ihren Bruder fragen und Thore nickte. „Ja - allerdings nicht nur wir beiden. Wir sind eine kleine Gruppe, die sich sozusagen zusammengeschlossen hat. Jeder aus verschiedenen Gründen“, antwortete er, dieses Mal aber in angemessener Lautstärke. Rylee hatte schon bemerkt, dass er ein lautes Organ hatte, auch wenn sie nicht viel miteinander gesprochen haben.

„Jedenfalls ist es trocken genug und es ist noch genug Platz für alle“, fügte Zarina lächelnd hinzu und ging schließlich rein. „Um die Pferde kann sich Thore kümmern - kommt rein.“ Damit warf sie ihrem Begleiter einen Blick zu, der nur nickte und sich die Kutsche mit den Pferden vorliebnahm - wo auch immer er diese unterbringen wollten.

„Geht ihr rein - ich helfe den jungen Mann“, sagte Jason, dessen Name Rylee tatsächlich erst durch Thore herausgefunden hatte und schloss sich diesen an. Zarina hingegen führte die Geschwister in die Tiefe der Höhle, die immer dunkler wurde. „Wie kommt ihr hier zurecht?“, fragte Rylee, die irgendwann die Orientierung verloren hatte. Diese war sowieso schon schlimm - wie bitte schön sollte sie hier wieder rauskommen? Außerdem war ihr kalt bei ihrer nassen Kleidung. Sie musste sich dringend etwas anderes anziehen und sich aufwärmen.

Doch die Frage wurde schon beantwortet, als der Gang vor ihnen plötzlich heller wurde. Fackeln waren nun an den Wänden befestigt und Rylee konnte ein paar einzelne Wege finden, die sich mit dem Weg kreuzten, den sie noch immer nahmen. Doch als sie den Blick durch die Höhle schweifen ließ, erkannte sie einzelne Türen, die wohl in verschiedene Teile der Höhle führten. Es wirkte fast schon wie eine unterirdische Stadt oder ein kleines Dorf. Zarina führte sie aber weiter geradeaus und hielt dann plötzlich an. „Hier könnt ihr erstmal bleiben“, sagte sie mit einem Lächeln und machte eine ausladende Bewegung in den Raum, in dem sie sich nun befanden. Das Erstaunliche war, dass es wie ein kleiner Saal wirkte, der mit Fackeln hell erleuchtet wurde. In dem Saal befanden sich allerdings einige Menschen, die miteinander redeten, lachten oder sogar etwas aßen - alles schien dabei zu sein.

 

„Was ist das?“ fragte Zain erstaunt und stellte die Frage, die auch Rylee bereits im Kopf hatte. „Man könnte sagen: Das ist unser unterirdisches Dorf. Hier leben Menschen, die sonst keinen Platz auf dieser Welt gefunden haben. Wichtig dabei ist, dass hier jeder jedem hilft. Also fühlt euch willkommen“, antwortete Zarina fröhlich und ging in den Raum rein. „Nur wie habt ihr das so aufbauen können?“ fragte Zain. Seine Neugier wurde anscheinend geweckt, was Rylee zum Schmunzeln brachte. Er mochte solche Orte, die nicht immer der Norm entsprachen und das war definitiv so ein Ort. „Mit Hilfe von Magie - wir haben hier Erdmagier, die das ermöglichen konnten“, hörten die beiden plötzlich eine raue Stimme hinter ihnen und erstaunt drehten sie sich um. Hinter ihnen stand ein älterer, grauhaariger Mann, leicht gekrümmt, da er auf einen Stock angewiesen war, aber ein sympathisches Lächeln hatte. „Es freut mich, neue junge Gesichter zu sehen. Ich bin Fergus und vermutlich der Älteste hier“, sagte er und reichte erst Zain die Hand, der diese zögerlich annahm, und anschließend Rylee. „Rylee und Zain - freut mich ebenfalls“, antwortete sie lächelnd. „Aber ihr habt tatsächlich Erdmagier hier? Das erklärt dann auch, warum man aus einer einfachen Höhle so etwas erschaffen kann.“ Allerdings wusste sie auch, dass man alles nicht alleine schaffen konnte - sonst müsste man ziemlich mächtig sein und selbst dann war es nicht wahrscheinlich, dass man es am Ende überlebte. Fergus lachte. „Ich alleine hätte es nicht geschafft, aber wenn jeder anpackt, so kann man wahre Wunder vollbringen.“ Also hatte Fergus von sich selbst gesprochen, als er meinte, dass es Erdmagier waren. Interessant zu wissen. Aber Rylee freute sich, dass sie nicht die einzige hier war, die ein Element beherrschen konnte.

„Du bis aber auch eine Magierin, oder?“, fragte sie der ältere Mann plötzlich und erstaunt nickte sie. „Ja, ich kann die Luft beherrschen. Woher wissen sie das?“ Immerhin hatte sie bisher kaum Elementarmagier gesehen - so selten waren diese. „Ich kann spüren, wenn jemand genauso ist wie ich“, antwortete er lächelnd. „Das kann ich leider nicht“, antwortete Rylee etwas verlegen, was Fergus zum Schmunzeln brachte. „Du kannst es aber lernen. Ich bringe es dir gerne dabei.“ Rylee wollte gerade antworten, als sie plötzlich ein ersticktes Husten neben sich vernahm. Zarina, die bis dato nichts mehr gesagt hat, ging sofort in Alarmbereitschaft. „Hey Zain, alles in Ordnung bei dir?“, fragte sie den jungen Mann, der im ersten Moment nicht zu husten aufhören konnte. Nun schaute auch Rylee besorgt zu ihrem Bruder. Normalerweise war sie das gewöhnt, nur hielt es sonst nie so lange an. „Schon gut“, brachte Zain heraus, um die Frage von Zarina zu beantworten. „Ich kenne …“ Weiter kam er nicht, da schon wieder ein Hustenanfall kam.

Es war aber Fergus, der Zain aus der Misere befreite und ihm kräftig auf den Schultern haute, was erstaunlicherweise sogar funktionierte. „Bring ihn sofort Wasser“, forderte er Zarina auf, die gleich darauf nickte und kurze Zeit später mit einem Glas Wasser ankam, welches sie Zain gab, der es dankbar annahm. „Ist wirklich alles okay?“ fragte sie dann besorgt, ehe Zain nickte. „Leider ist es nichts Neues bei mir … ich bin mittlerweile dran gewöhnt.“ Dies war wohl auch der Grund, weswegen auch Rylee so gelassen reagierte - aber es lag auch daran, dass ihr was aufgefallen ist. Es war der Blick von Fergus, den er ihren Bruder gab und auch jetzt schien dieser sehr nachdenklich zu sein. Plötzlich aber wandte er sich an Zarina. „Hilf du das Mädchen, was Trockenes anzuziehen, Zarina. Ich würde gerne mit ihm unter vier Augen sprechen.“ Dabei deutete auf Zain, der erstaunt die Augenbrauen hob. In seinem Gesichtsausdruck spielte sich die Frage ab, was sich Rylee auch fragte. Was wollte Fergus von ihm?

 

 

~*~

 

 

„Denkst du, dass alles in Ordnung ist?“, fragte Zarina die Dunkelhaarige besorgt, als sie sich auf dem Weg machten, um etwas Warmes anziehen zu können. Es war auch verdammt kalt unter den nassen Klamotten. Selbst wenn die Fackeln, die überall hingen, auch etwas Wärme spendeten. Zwar würde sich Zarina nicht so schnell erkälten, aber dennoch wäre es ihr lieber, wenn sie etwas Trockenes anhatte.

„Wir sind das bereits gewöhnt“, winkte Rylee allerdings ab, was Zarina in Staunen versetze. Deswegen wirkte sie eher locker und nicht überrascht? Aber normal klang es in ihren Ohren auch nicht - denn ein chronischer Husten war nun wirklich nicht etwas, womit man spaßen sollte. Aber die beiden Geschwister schienen sich nicht wirklich Gedanken darüber zu machen. Merkwürdig.

„Also heißt das, dass dein Bruder es immer hat?“, fragte sie dennoch, worauf Rylee nur nickte. „Heute ist es aber was anderes, schätze ich. Denn heute vor 16 Jahren haben wir unsere Heimat verlorenn“ sagte sie so beiläufig, als wäre es ihr egal. Aber die Augen sagten was anderes. Sie schienen jede Gefühlsregung zu zeigen, die in Rylee tobten. Solche Augen, die ehrlicher nicht sein konnten, sah Zarina nur selten und deswegen fiel es ihr auch so leicht, diesem Mädchen Vertrauen zu schenken. Etwas, was sie sich nicht immer leisten konnte.

„Hm …“, war das einzige, was Zarina dazu sagen konnte. Wie sollte man auch auf so eine Nachricht reagieren, wenn es schon Jahre zurück lag? Ein Tut mir leid brachte da nun auch nichts. Aber es gab wohl etwas anderes, was Rylee wohl beschäftigte. „Aber was meinst du, will Ferris von Zain?“ „Fergus, nicht Ferris“, korrigierte Zarina nur lachend. „Du hast es gerade verwechselt. Aber leider kann ich auch nicht sagen, was in seinem Kopf vorgeht“, beantwortete sie die Frage, merkte aber, dass auch Rylee lachen musste. Aber solche Fehler konnten eben mal passieren und kurze Zeit später schien es vergessen zu sein. „Naja, das wird er mir später bestimmt noch sagen“, sagte Rylee dann nur optimistisch.

Zarina bemerkte, dass Rylee wohl noch etwas sagen wollte, aber sie schnitt ihr das Wort ab. „Hier sind wir. Das ist mein Zimmer und da wir gleich groß zu sein scheinen, sollten meine Sachen dir passen“, sagte sie fröhlich und machte eine Tür auf. Das Erstaunen war Rylee ins Gesicht geschrieben, denn sie hatte bestimmt nicht erwartet, dass sich hinter so einer Tür im Felsen ein Zimmer befand.

„Moment - woher kommt das Fenster?“ fragte sie verblüfft. „Wirkt es von außen nicht merkwürdig, dass ein Fenster mitten im Felsen ist?“ Das war zum Glück eine Frage, auf die Zarina direkt antworten konnte. Sie lächelte und sah aus dem Fenster hinaus.

„Vermutlich ja, aber man kann es von außen nicht sehen. Ein Zauber bewirkt dies.“ Mehr brauchte sie aber nicht sagen. Rylee verstand bestimmt auch so, was Zarina damit meinte, was sie auch durch ein Nicken vernahm.

Das blonde Mädchen ging zu einem Schrank, wo sie ihre Sachen verstaute und warf Rylee etwas Trockenes zu. „Du kannst dich hier umziehen. Ich gehe nach nebenan“, sagte sie. Nachdem sie ein „Ist in Ordnung“ vernahm, ging die junge Frau ins angrenzende Bad. Dort lehnte sie sich einen Moment an die Tür und schloss die Augen. Ein Lächeln konnte sie aber nicht unterdrücken, denn heute schien ein guter Tag zu sein. Nicht nur dass sie zwei Menschen getroffen hatte, bei denen sie das positive Gefühl hatte, ihnen normalerweise Vertrauen zu können. Nein, auch schien endlich das da zu sein, worauf sie und ihre Gefährten schon lange gewartet haben. Aber dennoch wollte Zarina die Geschwister nicht in die Sache hineinziehen, weswegen sie besser im Stillschweigen blieb.

 

Es dauerte nicht lange, da hatten Zarina und Rylee sich umgezogen und sich auf ihrem Bett gemütlich gemacht. Beide wollten sich erstmal eine Weile ausruhen, ehe sie sich auf dem Weg zum großen Saal machten, wo sie etwas essen konnten.

„Weißt du, dass dein Name zu dir passt?“, sagte Rylee plötzlich, nachdem sie einfach über belangloses Zeug geredet haben. Die beiden Mädchen verstanden sich außerordentlich gut und Zarina bekam immer mehr das Gefühl, eine Freundin in der Schwarzhaarigen gefunden zu haben. Sie konnte ihr vertrauen, ganz sicher, aber dennoch wollte sie Rylee nicht sagen, wer sie war. Doch das schien auch nicht besonders wichtig zu sein.

„Wie meinst du das?“, fragte Zarina etwas verblüfft über diese Aussage, die mehr wie eine Frage klang. Rylee hingegen lachte ein wenig. „Dein Name hat eine schöne Bedeutung. Strahlend wie Gold und das passt zu dir, so oft, wie du wohl lachst“, kam die Antwort, was Zarina erstaunte. Sie lächelte allerdings und nahm es gleich als Kompliment an.

„Kennst du dich damit aus?“, fragte sie und Rylee nickte. „Ich interessiere mich für Namen und dessen Bedeutungen. Da ich viel rumgekommen bin, habe ich schon einige Namen und dessen Bedeutungen aneignen können. Dein Freund Thore zum Beispiel scheint auch eine passende Bedeutung zu haben“, sagte sie ehrlich und lächelte etwas, was auch ihre Augen erreichte. Diese dunkelgrauen Augen, die scheinbar allen zeigte, wie sie sich fühlte und das schien Rylee auch sehr bewusst zu sein. Aber jetzt wurde Zarina neugierig und sie wollte zur Frage ansetzen, was der Name ihres besten Freundes wohl bedeuten würde, als es plötzlich an der Tür klopfte.

„Perry? Bist du da drin?“ Wenn man vom Teufel sprach. Ein Blick zu Rylee verriet ihr, dass sie genau dasselbe dachte und beide mussten sofort anfangen zu lachen.

 

„Was war gerade bei euch los?“, fragte Thore verwirrt, als die Mädchen endlich aus dem Zimmer gegangen sind, nachdem sie sich einige Zeit nicht beruhigen konnten. „Nichts was dich zu interessieren hat“, sagte Zarina nur grinsend und zwinkerte Rylee einen Moment lang zu, als würden sich die beiden gegen ihn verschwören. Auch wenn es vermutlich sogar der Fall war.

„Puh, wenn du meinst“, sagte Thore nur und zuckte die Schultern. Tja, gegen zwei Mädchen kam er wohl nicht an - auch wenn sie sich gerade erst kennengelernt haben. Nur das es Zarina mittlerweile vorkam, als würden sie sich schon seit Ewigkeiten kennen.

„Aber dein Bruder hat nach dir gefragt, weswegen ich zu euch gegangen bin. Wollt ihr nichts essen?“, fragte er die beiden Mädchen, wobei sein Blick dieses Mal mehr zu Rylee glitt, die nickte. „Oh ja, ich brauche echt etwas. Nicht das Zain noch den ganzen Tisch leer isst“, sagte sie und schien es wirklich so zu meinen. Jetzt war es Thore, der anfing zu grinsen und verwundert schaute Zarina zwischen den beiden hin und her. „Hab ich bemerkt. Bevor ich gegangen bin, hatte er bereits zwei Portionen verputzt und nach einer dritten verlangt. Ich frage mich, wo er das ganze Essen sammelt.“ Bei diesen Worten musste Rylee lachen. „Glaub mir, das frage ich mich schon mein Leben lang“, kam die Antwort darauf und nun wusste Zarina eine Sache mehr über die Geschwister. Zain schien wohl ziemlich gerne zu essen, auch wenn es Zarina nicht glauben konnte. Doch kaum waren sie zum Saal angekommen, sah sie Zain, der in Ruhe aß. Dabei entdeckte Zarina bereits drei leere Schüsseln neben sich. Okay, jetzt konnte sie es eindeutig glauben und nun konnte auch sie sich ein Lachen nicht verkneifen. Thore hatte nicht übertrieben.

 

„Zain, gib mir auch was ab. Nicht dass du alles noch leer isst und wir nichts mehr haben“, rief Rylee zu ihrem Bruder rüber und ein Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht. Der angesprochene schaut zu den dreien rüber und grinste selbst.

„Da ist noch genug für alle da.“

„Nicht, wenn du mit von der Partie bist.“

„Denkst du echt, dass ich alles alleine schaffe?“

„Ja genau das denke ich.“ Das Grinsen konnte sich Rylee nicht unterdrücken.

„Jetzt übertreibst du aber wirklich.“

„Nein, ich übertreibe nicht. Denk nur an das letzte Mal, als wir in dieser Familie untergekommen sind, als der Sturm da war.“

„Das Essen war so lecker. Was soll man dagegen sagen?“

„Ja, so lecker, dass wir am Ende nichts mehr hatten, weil du alles aufgegessen hat.“

Und nun war es still. Niemand sagte mehr ein Wort, denn alle hatten das Wortgefecht der Geschwister zugehört. Aber auch Zain konnte wohl nichts mehr dagegen sagen und schaute nur verdutzt zu seiner Schwester. Bei diesem Anblick konnte Zarina nicht anders und musste einfach loslachen. Auch die wenigen, die alles mitbekommen haben und die Rylee und Zain nicht kannten, mussten lachen. Man merkte in dem Moment einfach nur, wie nahe sich die Geschwister wirklich standen und das war auch etwas, worüber sich Zarina sehr freute.

„Wow, dass du dich von einem Mädchen so klein reden lässt - das habe ich nicht erwartet“, rief einer der Umstehenden. Es war Amade, ein guter Freund von Thore, der es sagte und sich zu Zain gesellte. Zarina kannte ihn nicht so gut wie Thore oder Fergus, aber sie vertraute ihm, weil sie ihrem besten Freund vertraute. Etwas, was ihr eben sehr wichtig war.

„Aber stimmt das, was die Kleine da gesagt hat?“, fragte er grinsend, aber nicht Zain war es, der diese Frage beantwortet. „Klar stimmt das, oder seht ihr nicht, wie viel er sich bereits hineingeschaufelt hat?“ Es war Rylee, die breit grinsend sich zu den beiden gesellte. In der Zwischenzeit hatte sie sich seelenruhig was zu essen besorgt - wie auch immer sie das getan hatte.

Schmunzelnd gesellte sich auch Zarina zur kleinen Gruppe, die nun aus Rylee, Zain, Thore und Amade bestand und setzte sich neben Zain.

„Sag mal, was wollte Fergus von dir?“ fragte sie ihn direkt und der Angesprochene drehte sich zu ihr um. Vermutlich erstaunt darüber, dass nicht Rylee, sondern Zarina ihn als erstes fragte. „Nicht hier und vor allem nicht vor meiner Schwester“, war allerdings die Antwort, die Zain ihr direkt gab und schon war das Gespräch vorbei. Das war jetzt wirklich sehr merkwürdig. Doch weitere Gedanken konnte sich Zarina darüber nicht machen, weil Rylee sich wieder zur Wort meldete.

„Könnt ihr mir sagen, wie weit wir es von hier bis zur Hauptstadt noch haben? Das ist unser nächstes Ziel.“ Das war eine berechtigte Frage, aber es war niemand der schon Anwesenden, der die Frage beantwortet. Sondern Fergus, der - mal wieder - einfach so aufgetaucht ist.

„An sich ist es nicht mehr weit. Aber da es schon recht spät geworden ist, würde ich sagen, ihr bleibt für diese Nacht hier. Oder was sagt ihr?“ Diese letzte Frage war vor allem an Zarina, Thore und Amade gerichtet. „Ich habe kein Problem damit“, antwortete Zarina sofort und lächelte. „Rylee kann gerne bei mir schlafen.“ „Und der Vielfraß hier, kann es sich bei mir gemütlich machen!“, rief Amade direkt als erstes und klopfte Zain auf die Schulter, der den Spitznamen mal wieder alle Ehre machte. Ehrlich, wie viel konnte der Typ nur essen? Doch er hielt einen Moment Inne, um zu seiner Schwester zu schauen und anschließend zu den Anwesenden. „Klar, wieso nicht? Wir haben nichts dagegen.“ Zur Bestätigung nickte Rylee nur.

Let the Sparks Fly

Give me three signs that you're awake

It only takes one spark

 

 
 

„Ihr müsst uns nicht nach Tieron begleiten“, meinte Rylee, als sie am nächsten Tag aufbruchsbereit vor der Höhle standen. Sie und Zain waren recht früh wach gewesen, da sie so schnell wie möglich noch die Hauptstadt erreichen wollten und daher hatten sie auch nicht vor, noch länger als nötig zu bleiben. An sich war es schon sehr schade, denn gerade in Zarina hätte Rylee vermutlich eine gute Freundin gefunden - wenn sie noch etwas länger Zeit zusammen verbracht hätten. Denn selbst wenn Zarina, Thore, Amade und sogar Fergus - was gerade für Rylee sehr überraschend kam - die beiden zur Hauptstadt begleiten wollten, so würden sich ihre Wege spätestens dort trennen. Aber derzeit mussten sie erst einmal darauf warten, dass Fergus mit der Kutsche vorbei kam, damit sie sich auf den Weg machen konnten.

„Ach was, ist doch kein Problem“, grinste Zarina nur und winkte gleichzeitig mit einer Hand ab. „Sehe es einfach als letzte gute Tat. Immerhin haben wir euch schon einmal geholfen. Zumindest Thore und ich.“

„Wofür wir euch auch sehr dankbar sind, nicht wahr, Zain?“ Die Dunkelhaarige blickte zu ihren Bruder, welcher wieder in Gedanken zu sein schien und boxte ihn an die Seite. Dies schien zu helfen, denn augenblicklich erwachte er aus seinen Tagtraum.

„Da ich in Gedanken völlig woanders war und keine Ahnung habe, worum es geht, enthalte ich mich.“ Bei der Antwort musste Rylee schmunzeln. Andere würden in so einer Situation irgendetwas vor sich her stammeln um sich vor diesem gedankenreichen Moment zu retten. So aber nicht Zain - er gab es eher zu, dass er in Gedanken völlig woanders war. Etwas, was oft genug passierte.

„Richtige Einstellung!“, hörte man plötzlich eine laute Stimme hinter Rylee, was sie einen Augenblick lang zusammenzucken ließ. Man, musste der Typ genau in ihr Ohr brüllen? Es war Thore, wie nicht anders zu erwarten war. Er schien nicht einmal bemerkt zu haben, dass er mal wieder zu laut wurde. Ein Wunder, dass man ihn bei seiner Unterhaltung mit Amade, die er vorhin die ganze Zeit geführt hatte, nicht hörte.

„Kannst du mal ein wenig leiser sein?“ Bei den Worten hatte Zarina die Augen verdreht und boxte ihren besten Freund ebenso an die Seite, wie es Rylee bei Zain tat. „Und was meinst du bitte schön damit?“

„Na ganz einfach. Warum sollte Zain antworten, wenn man nicht weiß, worum es geht. Da ist eine Enthaltung besser, “ grinste Thore nur.

„Man kann doch dennoch sagen, dass man dankbar ist, oder nicht?“ pfefferte Zarina direkt zurück.

„Wie soll das denn gehen, wenn er es nicht mitbekommen hatte? Durch Gedanken lesen?“ Man sah richtig, wie Thore nun die Augen verdrehte.

„Was weiß ich denn bitte? Vielleicht ja?“ Rylee seufzte selbst und versuchte dieses sinnlose Gespräch zu ignorieren. Thore und Zarina schienen in der Hinsicht schon fast wie ihr Bruder und sie selbst zu sein. Jedoch verstand sie nicht, warum man wegen so einer kleinen Aussage so eine Diskussion anzetteln musste.

Doch zum Glück wurde das Wortgefecht von Amade unterbrochen: „Fergus kommt. Wir können los!“

Na endlich. Auf zur Hauptstadt und das bei viel besseren Wetter, als sie gerade erst gestern noch hatten.
 

Sie waren schon eine ganze Weile am reisen und Rylee hatte sich vor allem mit Zarina unterhalten, als sie bemerkte, dass Zain sich ein wenig von den anderen abgesetzt hatte. Ihr war schon aufgefallen, dass er sich nicht besonders lange an den Gesprächen der anderen beteiligte und lieber für sich war. An sich war es nichts Neues, aber sonst immer war er doch offener als jetzt. Jetzt schien es eher so, dass ihn etwas bedrückte und darüber wollte er wohl nicht reden. Dennoch gesellte sich die Dunkelhaarige zu ihrem Bruder und tippte ihn von der Seite an, um ihn von seinen Tagtraum zu befreien. Ein Wunder, dass man ihn noch nicht verloren hatte ... wobei man sagen musste, dass würde wohl eher ihr passieren, als ihn.

Tatsächlich sah er auf und zu seiner Schwester rüber.

„Was ist los? Du bist heute noch zurückhaltender als sonst, “ sagte sie mit ehrlich besorgter Stimme und musterte ihren älteren Bruder. Irgendetwas schien ihn zu beschäftigen, seitdem sie auf diese Gruppe gestoßen waren. Aber sie konnte einfach nicht sagen, was es genau war, was ihn solche Sorgen beriet.

„Würdest du mir glauben, wenn ich dir sage, dass hier irgendetwas vor sich geht? Ich traue ihnen nicht, “ sagte er ehrlich und leise, wobei er hauptsächlich auf Amade und Thore deutete, obwohl er mit diesen beiden bisher mehr zu tun hatte, als zum Beispiel mit Zarina. Das war schon seltsam, aber Rylee wusste, dass man sich eigentlich auf das Gefühl von Zain verlassen konnte. Doch inwiefern man ihnen nicht ganz trauen konnte, konnte sie nicht wirklich sagen. Bisher hatte sie persönlich kein allzu negatives Gefühl, aber man konnte sich immer mal wieder täuschen.

„Weißt du warum?“ fragte sie deswegen lieber nach, bekam aber nur ein Schulterzucken. Jedoch wollte er noch etwas dazu sagen, als die beiden plötzlich unterbrochen wurden.

„Rylee. Zain. Wir sind gleich da, “ diese Worte kamen von Fergus, welcher den Wagen zum Stehen gebracht hatte und ihnen zu grinste. Als Rylee aufsah, bemerkte sie in der Ferne eine Stadt, die unverkennbar wie Tieron aussah. Tatsächlich würde es nicht mehr lange dauern, bis sie dort ankamen und das brachte sie zum Lächeln.

„Wir waren ewig nicht mehr hier. Schön, dass wir hier wieder vorbei kommen können.“ Sie mochte Tieron mit ihrem großen Markt, der quer durch die Stadt ging und den alteingesessenen Häusern, die bewiesen, wie alt Tieron tatsächlich war. Von den Geschichten, die sie über die Hauptstadt gehört hatten, wusste sie, dass sich seit der Entstehung nicht besonders viel verändert hatte. Man hatte darauf geachtet, dass sie in ihrer ursprünglichen Fassung blieb und das trotz einiger Kriege, die seitdem über das Land Avena herrschten.

Was sie noch mochte, war die Lage von Tieron. Auf der östlichen Seite der Stadt, von woher sie gerade kamen, befand sich der Tir Forrest, während die Stadt im Süden am Meer grenzte. Darum war das auch ein Grund, weshalb Tieron ein beliebtes Reiseziel war. Denn gerade von hier aus konnte man vom Schiff direkt über das Meer zu etwas weiter entfernten Städten kommen.
 

„Wie lange ist es her, seitdem ihr das letzte Mal hier gewesen seid?“, kam die neugierige Frage von Zarina und Rylee lächelte ihr ein wenig zu. „Zwei Jahre ungefähr. Seitdem sind wir nicht mehr hierhergekommen. Aber ich hoffe, es hat sich nicht viel verändert.“ Und wenn es doch so sein sollte, dann war es halt so. Immerhin konnte sich auch innerhalb von zwei Jahren sehr viel verändern.

„Hat sie sich auch nicht“, sagte Zarina und lächelte ebenfalls, ehe sie zum Wagen ging und sich einen Umhang holte, um ihn sich umzulegen und die Kapuze über ihren Kopf zu ziehen. Die anderen drei machten ihr nach, was Rylee nur mit Verwunderung beobachtete.

Amade war die erste Person, welcher ihren Blick bemerkte und grinste ihr schief zu. „Das dient als Tarnung. Wir haben einen gewissen Ruf in Tieron und dürfen deshalb nicht auffallen. Allerdings müssen wir ab und zu hier hin, damit unsere Vorräte nicht zu knapp werden.“ Rylee nickte verstehend, auch wenn sie diese Geheimhaltung dennoch nicht ganz begriff. Dennoch wollte sie nicht nachfragen, obwohl sie durchaus neugierig war. Ihr Bruder schwieg nur, aber sein Misstrauen schien sich nur noch mehr zu verstärken. Er mochte keine Geheimnisse und war in der Hinsicht sogar neugieriger als Rylee selbst.

Trotzdem sagte er nichts. Der Blick reichte ihr aber schon, um ihn zu verstehen und das wiederum reichte ihm wohl selbst.

„Ich denke, so können wir weiter“, grinste Zarina, nachdem sie ihre Kapuze gerichtet hatte und sah zu ihren Kameraden, ehe sie sich am Rylee wandte. „Wir begleiten euch noch zur Grenze der Stadt. Ab dann werden sich unsere Wege leider trennen müssen.“ Man hörte durchaus ihr Bedauern in der Stimme, aber das war sowieso schon von vorn herein klar. Jedoch wünschten sich vor allem die beiden Mädchen, dass sie etwas mehr Zeit miteinander verbringen konnten. Immerhin hatten sie sich gerade kennen gelernt und es war ungewiss, ob und wann sie sich das nächste Mal wiedersehen würden.
 

~*~
 

„Warum bist du eigentlich mitgekommen, Fergus?“ Die Frage war spät, die Zarina stellte, zumal sich die Gruppe schon vor längerer Zeit von Rylee und Zain getrennt hatte - schon vor den Mauern der Stadt. Aber die Frage war durchaus berechtigt, denn Fergus war sonst niemand, der ohne einen Grund mit nach Tieron kommen würden. Dafür hängten zu viele Erinnerungen an diese Stadt, die nicht immer positiv waren. Zarina wusste ganz genau, was er alles erfahren musste und gerade deswegen wunderte es sie umso mehr.

„Es ging um die beiden Geschwister. Ich wollte nicht schon bei der Höhle Abschied nehmen.“ Irgendwie konnte sie der Antwort nur halb Glauben schenken. Das Einzige, was sie ihm tatsächlich glaubte, war, dass Rylee und Zain der Grund gewesen sein mussten. Aber sonst? Irgendetwas schien Fergus zu wissen, was ihr völlig schleierhaft war und etwas sagte ihr, dass es dabei mehr um Zain als um Rylee ging.

„Das sollen wir dir glauben?“, kam die direkte Frage von Amade und Zarina warf ihn einen bösen Blick zu. Das war jetzt völlig unangebracht, auch wenn sie im Grunde dasselbe dachte. Aber Fergus würde schon mit der Sprache raus rücken, wenn er es wirklich für angebracht hielt und auch Thore schien es so zu sehen.

„Bevor wir den armen Fergus auseinander nehmen, sollten wir an unsere Vorräte denken. Aber wir dürfen nicht auffallen.“ Dabei half seine Stimme sehr - wirklich. „Muss gerade der sagen, der einmal wieder viel zu laut spricht“, kam direkt die Antwort von Zarina und sie verdrehte die Augen. Das war so typisch für Thore - dass er einfach nicht an seine eigene Lautstärke dachte. Tatsächlich kam ein gemurmelte „Sorry“ aus seinem Mund und sie konnten von Glück reden, dass es anscheinend noch niemanden aufgefallen war.
 

„Ich würde sagen, dass wir uns aufteilen - dann sind wir schneller durch“, sagte Fergus, als sie schließlich beim Markt ankamen, welcher alle paar Wochen in Tieron abgehalten wurde. Sie hatten einige Vorräte zu kaufen und da war der Vorschlag gar nicht einmal so schlecht, sich aufzuteilen. Doch ehe Zarina sich auf den Weg zum nächsten Stand machen konnte, wurde sie plötzlich von Fergus aufgehalten.

„Ich möchte mit dir reden über den Grund, warum ich mitgekommen bin. Ohne die anderen beiden. “ Verwundert sah sie zu ihm rüber. Es gab eindeutig etwas, was er verheimlichte und anscheinend wollte er es ihr nun verraten. „Okay gut. Dann suchen wir uns am besten einen Ort, wo wir in Ruhe miteinander reden können.“ Es wurde aus irgendeinem Grund immer voller und daher war es nicht gerade geeignet, ein Gespräch, das so wichtig war, hier zu führen.

Fergus nickte nur und so versuchten sie einen Weg durch die Menge zu finden, was schwieriger war als gedacht. Was war hier bitte schön nur los?
 

„Schau dir das an, Mama“, hörte sie die Stimme eines Kindes und sah sich um, woher diese kam. Der kleine Junge, der es zu seiner Mutter gesagt hatte, deutete mit ausgestreckter Hand und ungläubigen Augen in den Himmel und Zarina folgte seinem Blick.

„Das ist doch...“ Weiter kam sie nicht, denn die schwarzhaarige Person, die sich tatsächlich als Rylee herausstellte, machte mit Leichtigkeit einige Drehungen in der Luft und das scheinbar ohne Hilfe. Nur der Wind schien ihr den Antrieb zu geben und Zarina konnte genauso wenig wie die anderen Anwesenden glauben, was sie da sah. Jetzt ergab dieses Gedrängel tatsächlich einen Sinn und sie sah zu Fergus, der ihr zunickte, ehe sie sich beide durch die Menge wagten. Wenn Rylee da oben ihre akrobatischen Aktionen durchführte, dann musste Zain auch nicht weit sein. Zarina konnte nicht anders und musste immer wieder nach oben sehen, um ihrer neuen Freundin zuzusehen. Irgendwie schafften sie und Fergus es irgendwann tatsächlich durch die Menge zu kommen und sie sahen Zain vor einer provisorischen Bühne. Er war wohl derjenige, der alle dazu animiert, dem Schauspiel zuzuschauen und genau in den Moment kam Rylee mit Hilfe ihrer Fähigkeit wieder runter. Sichtlich erschöpft, aber glücklich. Der Menge schien das vorhin Gesehene tatsächlich richtig gefallen zu haben. Applaus ertönte und sie verbeugte sich mit einem breiten Grinsen.

Auch Zarina konnte nicht anders als zu klatschen und sie musste lächeln. Anscheinend verdienten die beiden so ihr Geld - das war schon sehr ungewöhnlich.

Rylee hatte sie und Fergus jedoch noch nicht bemerkt, aber dafür kam Zain auf sie zu - ebenfalls mit einem Lächeln. „Also, weit seid ihr beiden ja nicht gerade gekommen. Schön, dass ihr meiner Schwester zusehen konntet.“ War das tatsächlich ein Scherz von ihm? Das hatte Zarina irgendwie nicht erwartet, denn bisher hatte sie ihn nicht so ... gelöst erlebt.

„Es war toll – wirklich“, sagte Zarina begeistert und das hatte wohl auch Rylee gehört, die direkt auf sie zukam, nachdem sie der Menge erst mitteilen musste, dass sie in ein paar Minuten wieder eine Vorstellung gibt.

„Das freut mich sehr zu hören.“ Das breite Grinsen bei Rylee war fröhlich. Sie machte das sehr gerne und es brachte auch Geld ein. Und das nicht zu wenig. Jedenfalls konnte man das an dem mittlerweile vollen Beutel erkennen, welchen Zain an sich genommen hatte.
 

„Ehrlich. Hätte ich das gewusst, dann hätte ich nach einer privaten Vorstellung gefragt“, scherzte Zarina. Immerhin wohnten sie in einer Höhle und draußen wäre es zu auffällig gewesen, weshalb Rylee es sowieso nicht hätte machen können. Aber jetzt verstand Zarina auch, warum sich Rylee bei dem Angriff der Räuber so gut verteidigen konnte.

Rylee zuckte die Schultern „Naja, es hat ja keiner gefragt, also...“ Doch sie wurde unterbrochen, als die Menschenmenge plötzlich unruhig wurde und einige Schreie folgten. Gleichzeitig vernahm Zarina den beißenden Geruch von Feuer und sie sah sich um, woher es kam. Tatsächlich sah sie nicht weit weg von ihr plötzlich ein Haus brennen und genau in dem Moment, als sie reagieren wollte, hustete Zain plötzlich drauf los und konnte sich nicht mehr beruhigen. In dem Fall schien er sich aber nicht mehr so schnell beruhigen zu können wie sonst und Fergus ging direkt auf ihn zu.

„Was geht hier vor? Zain?“, fragte Rylee verwirrt und schien irgendwie etwas panisch zu sein, da sie immer wieder auf das Feuer starrte, welches sich langsam aber sicher ausbreitete. Es war nicht so nah, aber genau das schien sie völlig in Panik zu versetzen. Fergus aber reagierte zum Glück schnell genug. „Rylee, bring dich so schnell wie möglich in Sicherheit. Zarina, du hilfst mir sofort.“ „Aber, was ist mit ...“ Doch noch bevor Rylee die Frage zu Ende stellen konnte, schüttelte Fergus den Kopf. Diese Geste war so überzeugend und auch die Panik sprach in Rylee, dass sie sich ohne weitere Widerworte zurückzog. „Sollte ich nicht besser bei ihr bleiben?“, fragte Zarina verwirrt von allem, doch Fergus schüttelte den Kopf. „Ich brauche hier deine Hilfe dringender.“ Anschließend wandte er sich an Zain, dessen Husten immer krampfhafter wurde. „Der Husten, außerdem bist du viel zu heiß und dann noch das offene Feuer. Warum hast du es so lange unterdrückt, Junge?“ Zarina verstand gar nichts mehr, aber irgendetwas schien Fergus Sorgen zu bereiten. Doch sie wusste echt nicht, was sie jetzt tun sollte. Alles, was sie wusste war, dass Zain alles andere als gut aussah - als ob er etwas zu unterdrücken versuchte und es sich langsam ausbreitete.
 

Und auf einmal hatte Zarina eine Ahnung, was Fergus solche Sorgen machte und sie handelte schnell. Dabei war es ihr völlig egal, ob man sie nun erkannte oder nicht - es waren nun viel zu viele Leute um sie herum.

Schnell nahm sie ihre Kapuze ab und sah direkt in die Menge, die anscheinend nicht wusste, was nun geschah. „Leute, ihr müsst hier sofort weg! Sonst kann es nicht gut für euch enden!“ Das andere Feuer war schon vergessen und es kümmerten sich auch schon ein paar Menschen darum. Das, was jetzt kam, war viel gefährlicher und nicht eine Minute zu früh hatte sie die Bewohner der Stadt davor gewarnt. Diese konnten, nachdem sie Zarina tatsächlich erkannt hatten, rechtzeitig entkommen. Der Husten von Zain endete genau in dem Moment, als die Bühne hinter ihm ganz plötzlich in Brand geriet. Die Bühne, auf der Rylee noch vorhin stand und von der sie - hoffentlich - noch rechtzeitig entkommen konnte.
 

~*~
 

In dem Moment, als sie das Feuer sah, spürte sie Panik in ihr aufkommen und sie konnte einfach nicht mehr klar denken. Sie wusste einfach nicht, was geschah - woher es so plötzlich kam und warum ihr Bruder so stark husten musste. Aber jetzt konnte sie einfach nicht anders, als den Rat von Fergus zu folgen und von hier zu verschwinden. Es war einfach die Panik, die sie handeln ließ. Obwohl das Feuer nicht so nah dran war, dass es sie erwischen könnte. Aber es reichte schon der bloße Gedanke daran, dass wieder ein Haus abbrennen würde und sie musste an ihre Vergangenheit denken, in welcher sie genau deswegen ihre Eltern verloren hatte.

Hinter der Bühne, die ihnen zur Verfügung gestellt wurde, fühlte sie sich etwas sicherer und sie hoffte wirklich, dass es Zain gut ging. „Fergus hat bestimmt alles im Griff“, ermutigte sich Rylee selbst und sagte diesen Satz immer mehr, um sich zu beruhigen. Dadurch bekam sie aber nicht sofort mit, dass sich hinter ihr ein weiteres Feuer ausbreitete. Erst als sie den Geruch vernahm, sprang sie auf und sah hinter sich, wo sie gleich darauf wieder erstarrte. „Nein, das kann nicht sein ...“ Sie ging einige Schritte zurück, um diesem Feuer zu entkommen. Mehr konnte sie nicht machen. Das waren einfach zu viele Erinnerungen, die in ihr hoch kamen, auch wenn sie mittlerweile 16 Jahre zurück lagen. Nachdem sie sich umgesehen hatte, bemerkte sie auch, dass sich das Feuer immer weiter ausbreitete, aber sie kam einfach nicht weg. Die Angst lähmte sie, genau wie damals, als sie noch ein Kind war. Das Einzige, was sie tun konnte, waren immer einige kleine Schritte nach hinten zu gehen, ehe sie plötzlich gegen etwas lief.
 

Sie erstarrte vor Schreck und drehte sich langsam um, im Glauben, dass sie gegen eine Wand gelaufen sei. Doch wäre sie nicht gerade in völliger Panik, hätte sie vermutlich bemerkt, dass es keine Wand, sondern ein Mensch war. Es war ein Mann, etwa einen halben Kopf größer als sie und mit hellblonden, fast schon weißen Haaren. Mehr konnte sie jedoch bei dem Licht nicht erkennen, nur, dass er ihr sie aufmunternd anlächelte. „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich will dir helfen. Du musst hier schnell weg.“ Die relativ tiefe Stimme klang beim letzten Satz sehr ernst und er packte die verwirrte Rylee am Arm, um sie vom Feuer wegzuziehen.

„Aber was ist mit Zain.“ War die Frage, die ihr als Einziges in den Kopf ging. Ging es ihrem Bruder gut? „Ihn geht es gut. Deine Freunde kümmern sich um ihn.“ Es klang schon fast fürsorglich, wie er mit ihr sprach und dabei kannten sie sich nicht einmal.

„Aber - woher willst du es wissen und wer bist du?“ Die Frage war nicht gerade unberechtigt und ein trockenes Lachen ertönte. „Das wirst du noch früh genug erfahren. Aber wir müssen jetzt wirklich hier raus, bevor noch alles zerstört wird.“
 

~*~
 

„Und? Hat es geholfen?“, fragte er. Man sah, wie er ungeduldig an der Stuhllehne von dem Stuhl klopfte, auf den er saß. Die Männer vor ihm nickten nur synchron. „Ja, es hat geholfen. Sie hat sich gezeigt, denn immerhin will sie die Menschen schützen, aber...“ Ein anderer Mann sprach weiter. „Sie war an einer anderen Stelle als wir dachten und deswegen konnte sie noch entkommen.“ Sein Blick wurde finster, als er das hörte und die Männer vor ihm zuckten zusammen. Aber er seufzte nur kurz und stützte sich auf der Lehne ab. „Na dann. Kann man nichts machen. Gibt es noch weitere Neuigkeiten?“, wollte er wissen und klang durchaus genervt.

„Ja, da gibt es tatsächlich noch etwas, das euch interessieren könnte, Herr“, sagte einer der Männer und ein anderer fügte hinzu: „Dort, wo sie war, war ein Feuermagier. Der hat für den Brand gesorgt, weshalb sie reagieren musste und es sah so aus, als hätte er keine Kontrolle darüber gehabt.“

Also, das klang ja wirklich interessant! Er richtete sich auf und grinste. „Na dann, wenn das so ist, dann findet seinen Namen heraus und holt ihn hierher. Immerhin braucht er garantiert jemanden, der ihm dabei hilft, die Fähigkeit zu kontrollieren!“

„Nichts leichter als das, mein Herr“, meinte einer der Männer und sie verbeugten sich vor ihm. Na, wenn das nicht gute Neuigkeiten waren, mit denen er eindeutig etwas anfangen konnte!

The real you

I see the real you

Even if you don’t
 

Seine Gedanken kreisten umher und auch wenn er sich durchaus sicher war, wusste er nicht, ob es wirklich das Richtige war, was er tat. Sehr schnell hatte der Ältere bemerkt, dass etwas nicht stimmte und jetzt war die Zeit gekommen, um den jungen Mann hinter ihm damit zu konfrontieren. Die Anzeichen waren da und es war auch nur noch eine Frage der Zeit, bis dem Jüngeren all das zum Verhängnis wurde.

Niemand sagte ein Wort. Zain fragte nicht einmal, wohin sie gehen würden, sondern schwieg den ganzen Weg entlang. Auch wenn er schon ahnte, dass der Dunkelhaarige sich vermutlich fragte, was er von ihm wollte. Doch das würde er noch früh genug erfahren und es dauerte nicht mehr lange, bis sie an seinem Ziel angekommen waren.

Es war sein eigener privater Raum, wo selbst Zarina nicht immer hinkommen durfte. Er brauchte eben einen Rückzugsort von all dem Trubel innerhalb dieser Höhle, vor allem, da er nun wirklich nicht mehr der Jüngste war. Noch immer sagte keiner von ihnen ein Wort, als er Zain mit einem Wink hineinbat. Dann legte er seinen Stock ab, setze sich an seinem Tisch und schaute erst etwas nachdenklich zu den Jüngeren, welcher sich nun auch hinsetzte und schließlich doch das Wort ergriff. „Also. Warum wollen Sie mit mir reden?“ Er war ziemlich distanziert - das merkte man sofort. Nicht so wie seine Schwester, die ihn gleich schon so vertraut ansprach. „Du brauchst nicht so förmlich zu mir sein“, sagte er mit einem Lächeln und stütze sich auf den Tisch ab. „Aber um deine Frage zu beantworten: Ich möchte mit dir über deine Magie sprechen.“ Er konnte direkt erkennen, dass Zain versuchte, eine neutrale Miene zu bewahren. Aber er kannte diese Anzeichen schon und der Dunkelhaarige konnte sich nicht einfach vor ihn verstecken. Anscheinend merkte er es auch. „Du hast es gespürt - so wie du es auch bei meiner Schwester bemerkt hast, oder?“, fragte er daher vorsichtig und blickte ihn nun direkt an. Schon bei Rylee hatte er bemerkt, dass sie einen direkt ansah, wenn sie mit einem sprach - aber auch Zain machte ihr nichts nach. Wobei sein Blick sogar noch intensiver zu sein schien. 

„Ich merke, dass sie in dir schlummert und langsam ausbrechen will. Aber ich frage mich, warum du es nicht zulässt?“ Noch immer musterte er den Jüngeren, welcher sich nun zurücklehnte und an die Decke sah. „Wegen meiner Schwester.“ Die Antwort kam sogar ziemlich schnell und seltsamerweise war sie nicht einmal überraschend. Doch warum, das war die Frage - die er jedoch nicht mehr stellen musste. Zain merkte wohl, dass er sich nicht verstecken brauchte und blickte ihn nun wieder direkt an, ehe er weiter redete. „Rylee hat, seit wir unsere Heimat verloren haben, panische Angst vor Feuer und ich möchte nicht, dass sie mich deswegen hasst.“

 

 

 

~*~
 

„Ciril Reither? Der Prinz wartet ... und was macht Ihr bitte dort oben?“ Die Wache, die ihn gerufen hatte, konnte nicht anders als ungläubig zu ihm rüber zu starren. Doch Ciril grinste nur und sprang von dem Baum runter, auf welchem er saß; mit zwei Äpfeln in der Hand, wovon er einen der Wache überreichte. „Ich dachte mir, dass ich mal ein paar Äpfel pflücke. Momentan ist einfach die passende Zeit dafür.“ Der Regen, der in den letzten Tagen vermehrt vorkam, war weg und der Herbst nahte - perfekte Zeit, um sich einfach mal ein wenig um die Äpfel zu kümmern, die sonst nur in den Bäumen verderben würden. Zumindest fand es Ciril, welcher nun genüsslich in seinen Apfel biss. „Schön und gut, aber Ihr wisst, dass er nicht lange auf Euch wartet.“ Ach ja, da war ja was. Natürlich wusste der junge Mann mit den schwarzen kurzen Haaren, was man von ihm verlangte und den Prinzen enttäuschen wollte er nun auch nicht.

„Alles gut - ich gehe schon. Aber bitte sei du nicht immer so förmlich zu mir.“ Das sagte er immer wieder, aber anscheinend war sein Status für die meisten einfach zu hoch, um die alten Gewohnheiten abzulegen. Dabei hatte er den Status nun wirklich nicht unbedingt verdient und bis heute fragte sich Ciril, warum er überhaupt zum Berater des Prinzen befördert wurde. Nur, weil der alte Berater mittlerweile nicht mehr da war? Aber gut. Es hatte auch seine positiven Seiten, wie er fand.

Die Wache stammelte nur noch ein „Entschuldigung, aber es ist einfach die Gewohnheit“ vor sich hin, als Ciril ihn angrinste und nur meinte, er könnte den Apfel ruhig behalten. Schließlich hatte er den nicht einfach umsonst vom Baum runtergeholt und diese Wache hatte garantiert auch mal wieder Hunger. Immerhin stand er den ganzen Tag herum oder musste nach entlaufenden Boten suchen. Kein unbedingt erstrebenswerter Job, fand Ciril.

Gerade hatte er den letzten Bissen vom Apfel genommen und den Rest entsorgt, als er den Thronsaal erreichte, wo Prinz Kieron bereits auf ihn zu warten schien. Die Wachen, die vor der Tür standen, blickten nicht einmal zu ihm, als er einfach ohne zu fragen den Raum betrat und zu dem Prinzen ging, welcher unruhig vor den Thron auf und ab ging. Von dessen Eltern war nichts zu sehen, aber das war auch nicht anders zu erwarten. Schließlich hielt Prinz Kieron momentan die Stellung, weil seine Eltern in Moment irgendwo in der Welt unterwegs waren. Ciril hat bisher noch nicht wirklich herausfinden können, wo sie sich befanden, was schon sehr seltsam war, was er aber gerade in dem Moment nicht hinterfragen wollte. Es gab was anderes, was seinem Gegenüber Sorgen bereitete und er wusste schon ganz genau was. 

„Eure Hoheit.“ Mit den Worten verbeugte er sich, ehe er den Blick wieder hob und in zwei stahlblaue Augen blickte, die von blonden Haaren umrahmt wurden. Prinz Kieron sah genauso aus, wie man es von seinem Stand erwartete. 

„Konntest du etwas herausfinden?“, kam prompt die Frage, die er bereits erwartet hatte. Kieron Silatyr ging ziemlich vertraut mit Ciril um, was daran lag, dass er in den Schwarzhaarigen die einzige Person sah, der er wirklich vertrauen würde und das wusste er ganz genau. Vor allem wusste er auch warum: Weil der vorherige Berater den Prinzen auf hinterhältiger Weise hintergangen hatte. Seitdem gab es nur sehr wenige Menschen, denen Kieron sein vollstes Vertrauen schenkte und Ciril war einer von ihnen. Aber ob er dieses Vertrauen tatsächlich verdient hatte, konnte er selbst nicht wirklich sagen. Dafür spielte er in einem viel zu großen Spiel mit.

„Leider nichts Genaueres. Aber wie durch ein Wunder wurden keine Menschen durch das Feuer verletzt, das plötzlich ausbrach.“ Er war unerkannt von all den Menschen selbst vor Ort gewesen und konnte sich nicht einmal erklären, wie all das geschah. Jedoch wusste er, dass das zweite Feuer alles andere als normal war, was er jedoch erst selbst auf den Grund gehen wollte, bevor er dem Prinzen davon berichten würde.

„Denkst du, das war sein Werk?“, fragte Kieron, ehe er sich auf den Thron setzte, um nicht wieder hin und her laufen zu müssen. Ciril merkte schnell, dass auf seinen Satz nicht eingegangen wurde. Dem Prinzen schien diese Frage wichtiger zu sein. Jedoch behielt der junge Mann seine neutrale Miene, obwohl er am liebsten gleich fragen würde, ob die Menschen dem Prinzen nun völlig egal waren oder nicht. Aber gut. Diese Gedanken waren nicht fair, da er bereits sagte, dass niemandem was passiert war. Die Frage war auch nicht unberechtigt.

„Nun … alle Zeichen deuten darauf hin. Aber ich kann mich in der Stadt umhören, ob jemand was gesehen hat oder nicht. Leider ging alles zu schnell, als dass ich mehr dazu sagen kann“, kam die Antwort von Ciril und er musterte den Prinzen, der nachdenklich zur Decke sah. Anschließend bemerkte er wieder die stahlblauen Augen, die auf ihn ruhten.

„Also gut. Ich verlasse mich auf dich.“ Ciril lächelte leicht, ehe er sich noch einmal verbeugte und den Saal verließ. Er hatte nun eine Aufgabe zu erfüllen.
 

~*~
 

Zarina lehnte sich an die kühle Wand, direkt neben der Tür und schloss die Augen. Noch immer konnte sie nicht ganz begreifen, was überhaupt geschehen war und noch immer hatte Fergus ihr noch keine genaue Erklärung gegeben. Dafür war der Erdmagier die ganze Zeit bei Zain, der sich in dem Raum hinter ihr befand und sie selbst wartete einfach nur auf Antworten. Klar, sie hatte gesehen, was geschehen war und dabei kam ihr immer wieder der Blick von Zain in den Sinn, den er ihr gab, ehe er das Feuer um sich herum auflöste. Es war das reinste Glück, dass sie alle unbeschadet davon kommen konnten ... zumindest alle, die hier waren. Denn das Problem war, dass niemand wusste, wo sich Rylee seitdem befand und sie wusste nicht, wie sie es Zain beibringen sollte, dass seine Schwester verschwunden war. In der Hinsicht hatten sie noch eine kleine Schonzeit, da er noch immer nicht aufgewacht war. Der Schlag von Fergus, den er Zain letztendlich geben musste, damit dieser nicht alles komplett verwüstete, war ziemlich stark gewesen. Die Frage war, was würde passieren, wenn er wirklich aufwachte? Würde seine Magie wieder entfacht werden? Niemand wusste es, was auch ein Grund war, warum Fergus nicht wollte, dass sie oder jemand anderes mit in den Raum ging. Nun ja ... fast niemand.

„Hast wohl nichts Besseres zu tun, als hier dumm herumzusitzen und nichts zu tun?“ Eine große Gestalt war vor ihr aufgetaucht und Zarina stand schnell auf, um sich nicht bei dieser resoluten Frau klein zu fühlen, die nun vor ihr stand. Aber das machte keinen Unterschied, denn diese Rothaarige war ein wahrer Riese und überragte sogar die meisten Männer. Die dazugehörige körperliche Masse, die sich Muskeln nannten, machten sie noch weniger damenhaft und das, was sie gerade von sich gegeben hatte, war gerade noch nett. Aednat, wie die Frau hieß, war alles andere als handzahm. Sie war durch und durch eine starke Frau, die sich von niemanden so schnell etwas sagen ließ - abgesehen von Fergus, vor dem sie seltsamerweise ziemlich viel Respekt zu haben schien. Selbst Zarina gegenüber zeigte sie keinerlei Respekt.

Die Blonde brummte nur vor sich hin. Irgendwie kam sie mit Aednat einfach nicht klar, obwohl sie genau wusste, dass man sich trotz allem auf diese Frau verlassen konnte. Aber verscherzen will sich wirklich niemand mit ihr.

„Fergus sagt, dass niemand reinkommen soll - abgesehen von dir“, sagte sie mit einem für sie eher untypischen kühlen Unterton und Aednat nickte nur. Sie beide wussten, warum er es sagte: Sie war, wie Zain es zu sein schien, eine Feuermagierin und es war nicht verkehrt, wenn sie da war, wenn er aufwachte und sich seine Magie aktivierte. Immerhin war sie die Einzige, die ihm Einhalt bieten konnte.

Ohne zu klopfen, ging die stolze Frau in den Raum rein und Zarina nutzte die Situation aus, auch mit hereinzuschlüpfen. Bei der massigen Frau würde es nicht auffallen, wenn jemand anderes auch mit in den Raum ging und tatsächlich war es so, dass Fergus sie scheinbar nicht bemerkte. Manchmal war es durchaus praktisch, sich hinter einer weitaus größeren Person zu verstecken, auch wenn Zarina nun wirklich nicht zu den kleinsten Personen zählte.

Fergus begrüßte Aednat mit einem Nicken und lächelte ihr sogar zu. 

„Da bist du-“ 

„Das soll also dieser Wicht sein, welcher die ganze Bühne verwüstet hat?“ Diese Frau ließ den Älteren nicht einmal ausreden und Zarina musste sich ein Lachen verkneifen. Das war typisch Aednat.

Aber auch Fergus musste grinsen, ehe er zu Zain sah, der noch am Schlafen zu sein schien. Zumindest sah es von Zarinas Seite so aus, die nicht viel sehen konnte. Schließlich versteckte sie sich hinter Aednat.

„Er hat seine Magie zu lange unterdrückt und ...“ 

„Ich soll seine Lehrerin sein, das ist mir klar. Aber darf ich fragen, wie lange er schon das Feuer in sich hat? Es scheint schon sehr mächtig zu sein.“ Schon wieder wurde er unterbrochen, aber die Frage von dieser Frau war durchaus berechtigt. Doch Zarina sah nur ein Schulterzucken von Fergus, als man plötzlich ein Räuspern vernahm.

„Zehn ... Jahre ... wenn es hinkommt. Zumindest ... habe ich sie dann das erste Mal entdeckt...“ Die Stimme von Zain war leise und klang rauchig, weshalb er auch Mühe hatte, etwas zu sagen.

Ungläubig sah Zarina zu dem jungen Mann, der sich nun etwas aufrichtete und dabei von Fergus gestützt wurde. Wie bitte schön konnte er so eine mächtige Magie so lange unterdrücken? Genau diese Frage stellte auch Aednat und bevor Zain antwortete, sah er erst zu Fergus, der ihm zunickte. Man merkte, dass der Ältere mehr Bescheid wusste, als sonst jemand in diesem Raum. Tatsächlich war er es auch, der antwortete.

„Ich habe mit Zain darüber gesprochen, bevor all das geschah. Er meinte, dass er nicht wollte, dass seine Schwester ihn hasst ...“ Und Zarina wusste jetzt schon, warum. Immerhin hatte sie die Reaktion von Rylee gesehen, als das erste Feuer ausbrach, auch wenn es nicht direkt bei ihnen gewesen war. Ihre Augen zeigten eine Angst, die sie in dem Moment nicht ganz begreifen konnte.

Auch Aednat nickte nur und schien nachdenklich. Sie war zwar nicht dabei gewesen, aber dennoch konnte sie schnell Eins und Eins zusammen zählen. Dabei kannte sie Rylee überhaupt nicht - oder hatte sie nur ganz kurz gesehen.

Jedoch wollte Fergus das Thema nicht weiter ansprechen, sondern er sah zu Zain. „Aber jetzt ist das erst einmal nicht wichtig. Wie geht es dir?“, kam die Frage, die sich wohl in den Moment alle stellten. Zain legte den Kopf etwas schief, wobei sein Blick ganz plötzlich auf Zarina fiel, ehe er diesen nach oben zu Aednat gleiten ließ. „Mir geht es erstaunlich gut. Aber darf ich fragen, wer du bist?“ Der Blick war misstrauisch und man merkte schnell, dass er erst jetzt bemerkte, wer die Frage vorhin überhaupt gestellt hatte. Leider konnte Zarina von ihrer Position aus nicht die Miene von Aednat sehen, aber aus den nächsten Worten hörte man eindeutig ein Grinsen heraus. „Also ich, mein Kleiner, bin Aednat, deine zukünftige Trainerin. Schließlich muss dir ja jemand beibringen, wie man mit dem Feuer umgeht.“ Zain runzelte kurz die Stirn, ehe er nur nickte. Ihm war klar, dass ihm nichts anderes übrig blieb. 

„Ich dachte mir, dass ich euch einander erst einmal vorstelle. Aber besser ist es wohl, dass du dich erst einmal ausruhst - obwohl du garantiert ein paar Fragen hast.“ Das stimmt, das hatte er garantiert und Zarina wunderte sich schon, warum Zain bisher noch nicht wegen Rylee gefragt hatte. Wobei der richtige Zeitpunkt dafür wohl noch nicht gekommen war. 

„Alles klar. Aber vorher möchte ich bitte alleine mit Zarina sprechen.“ Ihre Tarnung war aufgeflogen und Zarina konnte nicht anders, als Zain einen bösen Blick zu geben, welcher nur mit einem leichten Lächeln quittiert wurde. Aednat drehte sich nur um und schaute auf sie hinab und Fergus musste tatsächlich lachen. „Also ... ich habe echt nicht bemerkt, dass du hier bist. Aber gut, wenn es Zain so will“, sagte er amüsiert und Aednat schnaubte nur, ehe sie ohne ein Wort aus dem Zimmer ging. Auch Fergus folgte ihr, aber nicht ohne Zarina kurz zuzunicken.

Erst als sich die Tür schloss, ging sie zum Bett, wo sich Zain mittlerweile drauf gesetzt hatte. Ihm schien es tatsächlich einigermaßen gut zu gehen.

„Also ... warum willst du alleine mit mir sprechen?“, fragte sie Zain und als sie in seine Augen sah, konnte sie einfach nichts erkennen, was verriet, was innerlich in ihm vorging.

„Ich möchte wissen, ob du weißt, was mit Rylee passiert ist?“

„Wieso willst du darüber alleine mit mir reden? Fergus war immerhin auch da“, fragte sie ein wenig verwundert und setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. Dabei spürte sie regelrecht seinen Blick auf sich ruhen, was ihr das Gefühl gab, durchschaut zu werden. Sie hatte bereits bemerkt, dass Rylee einen intensiven Blick hatte, der einen direkt ansah - aber das war nichts gegen diesen von Zain. Sie musste bei ihm wirklich aufpassen, was sie sagte.

„Weil ich glaube, dass du etwas gesehen hast. Ich weiß, dass sie nicht hier ist - auch ohne dass ihr es sagen müsst. Nur ...“ Er seufzte kurz und schaute anschließend zur Decke. “... ich hoffe einfach, dass ich sie nicht verletzt habe - oder sie mich so gesehen hat. Deswegen brauche ich Gewissheit.“

Alleine die Worte reichten, um zu wissen, dass er sich Sorgen um seine Schwester machte. Doch sie wusste nicht genau, wie weit sie mit ihrem Wissen gehen konnte - was sie sagen konnte. Jedoch wusste sie eine Sache ganz sicher.

„Du brauchst dir keine Sorgen machen. Ich habe gesehen, wie sie sich noch rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte, ehe das Feuer ausbrach.“ Als Zain die Worte vernahm, schaute er sie wieder direkt an und das erste Mal erkannte sie eine Regung in seiner Miene. Es war so, als würde zumindest eine kleine Last von ihm fallen - als ob er nur das hören wollte. Jedoch war sie noch immer vorsichtig ... sie konnte nicht einschätzen, ob es alles für Zain war, oder noch etwas kommen würde. Jedoch gab es eine Frage, die ihr auf die Zunge lag und sie tatsächlich stellen musste.

„Aber wenn ich mir eine Frage erlauben darf: Denkst du wirklich, dass Rylee dich hassen würde, wenn sie erfährt, dass du ein Feuermagier bist? Ihr wirkt viel zu vertraut auf mich - als ob ...“ „Wir sonst niemand anderes im Leben hatten? Das stimmt, weil es so ist - aber genau das ist der Grund, warum ich es ihr nie erzählen konnte und alles unterdrückte. Bis gestern ... oder heute?“ Fragend sah er zu Zarina und sie musste ein kleines Lachen unterdrücken. „Du hast einen Tag geschlafen, also kannst du dir schon denken, welcher Tag heute ist.“ Und so lange ist auch Rylee weg - was jedoch niemand von ihnen aussprechen musste.

Aber sie wollte sich selbst und auch Zain ein wenig auf andere Gedanken bringen, weshalb sie aufstand, was natürlich nicht unbemerkt blieb.

„Wo willst du hin?“, fragte Zain sie und sah sie auch direkt an - wieder mit diesem Blick, den Zarina einfach nicht deuten konnte. Aber es gab jetzt Wichtigeres, als zu versuchen, jemanden zu deuten, der einen einfach nicht so leicht in sich hineinblicken ließ.

„Ich denke du hast garantiert Hunger. Da dachte ich mir, bringe ich dir was zu essen.“ Sie bemerkte, wie Zain ein wenig lächeln musste, aber der Blick blieb standhaft.

„Warte. Du musst mir erst einmal eine Sache erklären, Perry.“ Im nächsten Moment war der Gedanken, Essen zu holen, wie weggefegt. Niemand außer Thore nannte sie so und so wie Zain den Namen betonte, hatte sie absolut kein gutes Gefühl. Das war nicht gut - gar nicht gut!

„Was willst du wissen?“ 

Sie bemühte sich, das ungute Gefühl zu verbergen und neutral auf die Frage zu reagieren. Vielleicht war es auch nur eine Einbildung und sie interpretierte zu vieles hinein. Ganz bestimmt.

„Ich habe gesehen, was du in der Stadt getan hast - wie die Leute auf dich reagiert haben. Was macht dann also so jemand wie du hier?“ Die Frage war offensichtlich: Er wusste ganz genau, wer sie war und hat all das in so kurzer Zeit herausgefunden. Zain war verdammt scharfsinnig, selbst in einer Situation, die für ihn alles andere als einfach war. Und Zarina wusste einfach nicht, wie sie reagieren sollte - viel zu überrascht war sie über diese Worte.



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