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Die Weltenwandlerin

von

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Mondlicht

In dieser Nacht
 

Als ich aufwache, ist es noch mitten in der Nacht. Diesmal war es kein Alptraum, der mich aus dem Schlaf gerissen hat – zumindest kann ich mich an keinen erinnern –, sondern ein Gefühl. Eine Art Ahnung, dass „da draußen“ etwas auf mich wartet; als würde etwas nach mir „rufen“.

Die Stelle neben mir im Bett ist leer; Thranduil, der beim Einschlafen noch hier gelegen hat, ist nicht mehr da. Erstaunlicherweise beunruhigt mich das nicht. Mein Gefühl sagt mir, dass alles in Ordnung sei – und da ich es schon wahrnehme, beschließe ich, mich auch darauf zu verlassen. Eine ungewohnte Verhaltensweise für mich. Aber eine, an die ich mich gerne gewöhnen würde.

Ich stehe auf und lege mir – wieder einmal – einen von Thranduils Umhängen um, ganz einfach weil es sich richtig anfühlt. Warm und sicher. Dann verlasse ich die Gemächer, mit der Absicht, mich von meinen Gefühlen leiten zu lassen – wer weiß, ob da draußen nicht tatsächlich etwas auf mich wartet?
 

Ziellos streife ich durch die Gänge. Noch nie habe ich es hier so ruhig erlebt. Elben sind ja von Natur aus keine besonders „lärm-produzierenden“ Wesen, aber tagsüber ist doch einiges los hier am Hof. Nun aber Stille. Ich lausche in die Nacht hinein. Nichts zu hören. Irgendwie friedlich. Das gefällt mir.

Da fallen mir plötzlich wieder die Geschichten ein. Die Geschichten, die die älteren Elben gerne erzählen. Von Bäumen, die nachts im Mondschein flüstern. Die dir ihre Geheimnisse anvertrauen. Und die deine Geheimnisse bewahren.

Ich spiele mit dem Gedanken, hinaus in den Wald zu gehen. Vielleicht kann ich sie ja finden, die sprechenden Hüter des Waldes...?

Doch mein Gefühl spricht sich dagegen aus. Offenbar will es mir etwas anderes sagen. Kurz bin ich hin- und hergerissen, entscheide mich dann aber dafür, meiner Intuition zu folgen. „Dann eben ein andermal“, sage ich mir und setze meinen nächtlichen Spaziergang in entgegengesetzte Richtung fort.
 

Ich komme nicht allzu weit, als ich plötzlich ein Leuchten zu sehen glaube. Zuerst halte ich es nur für eine Einbildung, doch es will einfach nicht verschwinden, und so folge ich ihm.

Ich biege um die nächste Kurve

- und lande mitten in einem Wunder:

Reines, ungefiltertes Mondlicht strömt in den alten, kunstvoll verzierten Bogengang herein. Es schafft eine märchenhafte Atmosphäre; einen Ort, der so unwirklich und doch wunderschön wirkt, dass ich nicht weiß, ob mir eher nach lachen oder nach weinen zumute ist. Und inmitten dieser Sphäre? Natürlich kein Geringerer als der Waldlandherrscher höchstpersönlich, König Thranduil Oropherion.

Er ist es, von dem dieses Leuchten ausgeht, das mich hier hergelockt hat. Mein Verstand sagt mir, dass er im Grunde nur das Mondlicht reflektiert, aber mein Erstaunen will nichts von dieser nüchternen Erklärung wissen; es ist, als strahle der Elb von innen heraus.

Sprachlos bleibe ich stehen, kann meine Augen nicht von der Szene vor mir lösen. Das hier dürfte wohl eines der allerschönsten Dinge sein, die ich je gesehen habe.

Meine Anwesenheit bleibt nicht lange unbemerkt. „Ithil...“ Thranduil klingt erfreut, mich zu sehen. Er breitet seine Arme aus, ich gehe auf ihn zu und schmiege mich an ihn.

„Ist alles in Ordnung?“, flüstert der Elb.

Ich nicke.

„Habe ich dich geweckt?“

Ich schüttele den Kopf. „Nein, alles gut.“

Thranduil zieht mich noch näher an sich heran. „Weißt du eigentlich, dass du im Mondlicht wunderschön bist?“, raunt er.

Ich muss lachen. „Ich? Du hast dich selbst noch nicht gesehen... Thranduil, du leuchtest! Du strahlst von innen heraus!“

Der Blonde schmunzelt. Leises Lachen an meinem Haar. Dann ein Kontra, das es wieder einmal schafft, mir den Atem zu rauben: „Das ist nur, weil du bei mir bist...“

Ich vergrabe mein Gesicht im Stoff an Thranduils Brust. Wenn es nur immer so sein könnte. So leicht, so unbeschwert. So voller Liebe.

Dem Elben scheint es da ähnlich zu gehen. Jedenfalls macht er keine Anstalten, den Moment zu verändern.

Ich schließe die Augen und versuche, bewusst zu genießen. Ganz viel von diesem Augenblick in mich aufzusaugen. Intensiv zu erleben. Achtsam und mit voller Absicht.
 

Nach einer halben Ewigkeit, die doch nicht lange genug war, spüre ich eine Bewegung an Thranduils Brust – er lacht erneut.

„Was ist?“, frage ich neugierig.

„Kann es sein, dass du meine Umhänge lieber hast als mich?“, neckt mich der Elb.

Ich erröte. „Sie sind einfach so... samtig, so weich. Ich habe das Gefühl, als würden sie mich beschützen. So wie du eben....“

Da lacht Thranduil noch mehr. „Vielleicht sollte ich dir einen mitgeben. In deine Welt...“ Das Lachen verstummt; ihm ist wohl klar geworden, dass das sogar eine ziemlich gute Idee ist. „Vielleicht kann dich das daran erinnern, dass ich immer bei dir sein werde, Ithil...“, flüstert er, so ernsthaft, dass ich wieder einmal den Tränen nahe bin. „Ich kann dich zwar in deiner Welt nicht beschützen, aber vielleicht kann ich das für dich tun... Dann kannst du dich daran erinnern. An das hier, an diesen Moment. An meine unendliche Liebe für dich und zu dir...“

Jetzt rinnen mir tatsächlich Tränen über die Wangen. Erschrocken zieht mich Thranduil wieder näher an sich, legt seine Arme beschützend um mich. „Ithil? Habe ich etwas Falsches gesagt?“

Ich schüttele den Kopf, zunächst nicht imstande, auch nur ein Wort zu äußern. Ich atme Thranduils Duft ein. Es ist alles gut.

„Nein. Ich... ich danke dir. Es ist perfekt...“, bringe ich schließlich hervor.

Ich kann fühlen, wie sich der Elb entspannt. „Komm her, du...“, murmelt er. Und er hält mich fest. Bis der Morgen anbricht. Und darüber hinaus.



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