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Brewing

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Brewing

Рог двурога“,hhatte Jemand fein säuberlich auf das Etikett geschrieben, doch es hätte genauso gut auch Pudelpisse heißen können. Tat es vielleicht auch, obwohl – Percival Graves blickte in das Fläschchen. Nein, Pudelpisse war das nicht. Der Inhalt sah mehr wie ein Pulver aus.

Möglicherweise gemahlenes Horn vom Zweihorn. Eine Zutat, die man für Vielsafttränke brauchte.

 

Einen Moment lang hielt er das Fläschchen in der Hand, dann ließ er es mitsamt Korken in den Kessel fallen. Eine grüne Wolke stieg empor und brachte ihn zum husten. Wolfswurz, Nachtschatten, Doxyflügel, Kork und Pudelpisse waren scheinbar keine gute Mischung.

 

Angeekelt griff er erneut in die achtlos stehengelassene Zutatensammlung.

 

Sein alter Zaubertrankmeister hatte immer zu erhöhter Vorsicht geraten, wenn man einem stinkenden Trank eine weitere Zutat hinzufügen wollte. „Junge“, hatte er stets gesagt, „das der Mist stinkt, hat seinen Grund.“ Es waren weise Worte, die ihn bis zu seiner Abschlussarbeit – einem garstigen Erkältungstrank – begleitet hatten und nun hoffte er sehr, dass sie ihm noch einmal helfen würden.

 

Die Baumschlangenhaut schmiegte sich an seine Finger, als er sie aus ihrer Hülle zerrte. Normalerweise zerrieb man sie mühselig im Mörser, bis sie ein feines braun-grünes Pulver bildete, doch er hatte besseres zu tun.

Es gurgelte, als er die Haut im Ganzen in den Kessel warf. Grüner Rauch wurde beißend gelb und der Gestank wechselte von ekelhaft auf beinahe unerträglich.

Einen Moment lang zögerte er. Er wusste, möglicherweise war die nächste Zutat, seine letzte. Der Trank würde in die Luft gehen und entweder ein Loch in die Wand seines verdammten Gefängnisses reißen oder aber in ihn.

 

Percival wollte keine Löcher in sich haben, aber noch ein „gemütlicher“ Abend mit Grindelwald und er würde versuchen sich umzubringen. Die höhnischen Worte, das selbstverliebte Geblubber, der gottverdammte Akzent. Er konnte es einfach nicht länger ertragen. Genauso, wie er die widerliche, violette Suppe nicht mehr ertrug, die ihm seit über einem Monat jeden Tag serviert wurde.

 

Die hatte er zuallererst in den Kessel gekippt, da noch fasziniert von der Feststellung, dass Grindelwald ihn mit dem ganzen Krempel allein gelassen hatte. Glaubte er wirklich, er wäre nicht verzweifelt genug um das auszunutzen? Lachte er sich vielleicht längst irgendwo ins Fäustchen, weil er es komisch fand, wie Percival wahllos die verschiedensten Dinge in den Trank warf, ohne zu wissen um was es sich handelte? Oder hatte er wirklich schlicht vergessen seinen Müll wegzuschließen?

 

Egal. Er musste hier raus und entweder der Trank schaffte diese verdammte Kellerwand, oder aber er schaffte ihn. So oder so, sein Aufenthalt in dieser Zelle würde mit der nächsten Zutat enden.

 

Percivals Hand schwebte über dem Zutatenkoffer. An welches Ding sollte er sein Leben hängen?

An den Augapfel eines Wassermolchs, eine besonders fette Weinbergschnecke oder doch lieber an ein Glas mit der hübschen Aufschrift „Аконит“?

Manch einer hätte sicherlich „Blut“ gesagt. Schließlich war das eine Zutat, so alt wie die Brauereikunst selbst und so unangenehm zu beschaffen, wie sieben bei Vollmond zu fangende Fliegen.

Probehalber griff er nach dem Messer.

Zugegeben, ein kleiner Schnitt wäre schon drin, aber wer wusste schon, was Grindelwald zuletzt mit diesem Messer geschnitten hatte? Worin er diese Klinge – angeekelt ließ er wieder los. Er würde sich nicht selbst verletzen. Wenn er sich schon in die Luft jagte, dann richtig und nicht um es erst zu überleben und dann kurz darauf an einer Blutvergiftung zu krepieren, weil er versehentlich Schneckenschleim in seinen Körper injiziert hatte. - Igitt!

 

Percival stöhnte frustriert. Hätte er gewusst, dass es so schwierig war, einen Zaubertrank zu brauen, der planmäßig explodierte, er hätte vielleicht ein bisschen dafür geübt. Dämlicher Schwarzmagier, dämlicher Zaubertrank, däm-

 

Er stockte, dann wandte er sich wieder dem Kessel zu.

Jetzt wusste er, was seinem Rezept aus Suppe, Wolfswurz und Pudelpisse noch fehlte. Er starrte in die blubbernde, gelbe Masse und dachte an ihn. Die lächerliche Frisur, die wässrigen Augen, das ganze arrogante Getue.

Er spuckte.

...

Und der Kessel spuckte prompt zurück.

 

Die Welt stank plötzlich nach Schwefel. Alles wurde gelb und nass. Etwas brannte in seinen Augen. Ein Stück Karotte flog in seine Nase und sein Magen fühlte sich an, als wollte er - Percival fiel auf die Knie und begann zu würgen. Doxyflügel fielen aus seinen Haaren, rote Beete lief durch sein Gesicht und der bittere Geschmack nach Galle füllte seinen Mund. Gelbgrüne Flüssigkeit tropfte auf den Steinboden und hinterließ eine hässliche Pfütze.

Kotze oder Zaubertrank?

Egal, er würgte einfach weiter, kämpfte mit sich und der Luft, nur um nach einer gefühlten Ewigkeit zu bemerken, dass er immer noch auf kaltem Stein kauerte.

Er war immer noch in einem Keller.

Sein Experiment ... Es war fehlgeschlagen.

 

Verzweiflung stieg in ihm auf. Sein Körper fing an zu zittern. Das konnte doch nicht wahr sein. Es konnte einfach nicht – Tränen stiegen ihm in die Augen, seine Hand krachte unbeherrscht auf den Boden.

„Nein, nein, nein!“, entfuhr es ihm, während er wieder und wieder auf den Stein einschlug. Er wollte nicht länger hier sein. Er wollte verdammt nochmal endlich raus! Er wollte weg! Er -

 

„Boah, drehen Sie jetzt richtig ab?“

 

Percival erstarrte. Er blinzelte mehrfach. Erst langsam, dann schneller wurde die Welt um ihn herum klarer. Er konnte Fleischstückchen auf dem Boden erkennen, Doxyflügel und etwas, was vielleicht mal rote Beete gewesen sein mochte. Spontan würgte er noch einmal.

Er hasste rote Beete.

Dann blickte er auf. Schummriges Licht fiel in den Keller, schien auf dunkle Umrisse, die sich als Regale entpuppten. Waren das? – Percival rappelte sich auf - Das waren!

Ihm entfuhr ein heiseres Jauchzen.

„Weinflaschen!“

Hier lagerten Weinflaschen und das bedeutete - Er wirbelte auf dem Absatz herum, schwankte für einen Augenblick, dann fiel er dem Jungen vor sich um den Hals. „Weinflaschen!“, wiederholte er noch einmal, während er das zappelnde Kind an sich drückte. Hier gab es Menschen! Und hier gab es Wein! Und hier gab es -

 

„Mega widerlich!“

 

Aus reinem Instinkt ließ er wieder los, beobachtete, wie das Kind eilig ein paar Schritte zurücksprang, um ihn dann strafend anzusehen. „Was ist das für'n Scheiß?“, wollte der Junge wissen und zeigte angewidert auf die Flecken, die sich dunkel auf seinem grauen Pullover abzuzeichnen begannen.

Percival lachte heiser.

„Das willst du gar nicht wissen“, würgte er glucksend hervor und das erste Mal schienen sie sich wirklich einig zu sein. Der Junge rümpfte die Nase. „Sie stinken“, offenbarte er angeekelt und beinahe hätte Percival wieder zu lachen begonnen.

Natürlich stank er!

Er war über einen Monat lang in einen Keller eingesperrt gewesen. Aber das war jetzt egal, denn er war nicht mehr in diesem Keller. Er war jetzt in einem anderen Keller! Einem Keller mit Ausgang!

Ein weiteres Mal legte sich sein Blick auf den Jungen vor ihm. Sein Körper straffte sich, er reckte das Kinn und er bemühte sich ernsthaft nicht noch einmal in wahnsinniges Gelächter auszubrechen.

„Sei so gut“, bat er dann, „zeig mir die Tür.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  MeriRene
2018-02-16T22:01:19+00:00 16.02.2018 23:01
Hallo,
Ich bin gerade über diese Geschichte gestolpert und obwohl ich anfangs nur mal reinschauen wollte (ja... wegen der Pudelpisse, ich geb‘s ja zu :D ), hab ich es mir jetzt doch unter lachen und weinen durchgelesen. Auch wenn in meinem Hinterkopf immer der Gedanke "Was zur Hölle ist das?" herumgeschwirrt ist, muss ich zugeben, dass ich es klasse und genial finde. Percival reagiert vielleicht etwas unüberlegt, aber wer weiß wie lange er schon dort ist, vermutlich ist er etwas verwirrt :) Und dass er einfach mal in den Kessel spuckt und dieser dann auch noch in die Luft fliegt – irgendwie passend, beim Gedanken an Grindelwald :D
Auf jeden Fall ist das was, was ich mir hin und wieder durchlesen werde.
LG, Meri
Antwort von:  _Delacroix_
16.02.2018 23:18
Danke sehr.
Ich freue mich, dass du beim lesen Spaß hattest und hoffe, du hast nicht zu viele Tränen vergossen. XD


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