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Vergiss mein nicht

Willkommen im düstersten Kapitel des 19. Jahrhunderts /Otayuri /Victuuri
von

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Sündige Meile

Ich weiiiiiiß, ich bin schon wieder zu spät ;.;

Aber mein Laptop hat kurzzeitig das Leben ausgehaucht und ließ sich nur mit großer Anstrengung wiederbeleben.

Bitte nicht böse sein! Über Kommentare freue ich mich wie immer riiiiiiiesig! <3

 

 

 

 

Kapitel 21    Sündige Meile

 

Yura wusste genau, was er wollte. Aber es brachte nichts, den unbehelligten Otabek zu überfallen. Also behielt er das rote Geschenk gut versteckt hinter der kleinen Ofenbank in einer großen Metalldose und dort wartete es auf seinen Einsatz. Jeden Morgen wanderte der Blick der Smaragde zu der Kiste, um zu sehen, ob sie auch noch an Ort und Stelle stand. Otabek schien wie immer nichts mitzubekommen, aber das war wohl auch in diesem Fall besser so. Es stand noch immer schlecht um ihre Beziehung, denn der junge Arbeiter war viel zu besorgt um seinen jungen Schützling. Genervt wandte Yura sich immer mehr von ihm ab, erwartete er doch kein Wunder mehr. Das Blatt wendete sich jedoch schneller, als er es sich erträumt hatte.

„Yura? Ich... wollte dich etwas fragen!“ Neugierig blickte der Angesprochene vom Ofen auf. Dort hatte er es sich mit ein paar Decken gemütlich gemacht. „Heute Abend beginnt das Hafenfest und ich dachte, du würdest gerne mit mir dorthin gehen?“ Der Port of London war schon seit langem der größte Handelshafen der Welt, nicht zuletzt wegen der perfekten Lage zur Nordsee. Jedes Jahr veranstalteten die reichsten Großfabrikbesitzer dort ein schillerndes Fest. Jean hatte Yura bereits des Öfteren davon berichtet. Nicht ohne Hintergedanken nickte der Blonde und ließ sich liebevoll über die Wange streicheln. Die perfekte Gelegenheit, endlich! Aber wie zur Hölle sollte er sich ausgehfertig machen? Hier, wo es nicht einmal einen Spiegel gab? Während Otabek sich schon zur Arbeit verabschiedete, grübelte der Junge  noch immer. Früher hatte Mila ihm doch immer geholfen. Vielleicht...? Hastig griff er nach der Dose und purzelte dabei ungestüm über seine eigenen Beine. Bäuchlings lag er mit der Überraschung in den Händen auf dem kalten Steinboden und gab nur ein gequältes Seufzen von sich. Wenn doch wenigstens seine Stimme wiederkäme. In den letzten Wochen hatte er immer mehr Erinnerungen wiedergefunden, nicht zuletzt dank des Waisenkindes Lio. Er hatte in ihm so viel hervorgerufen, dass er manchmal selber überfordert von der Realität war. Aber die beiden klebten zusammen wie Pech und Schwefel. Lio war zu seinem stetigen Begleiter geworden, wenn er Otabek bei der Arbeit half. Noch vor ein paar Tagen hatte er ihm im Garten sitzend ein paar Frühlingsblumen in das lange, goldene Haar gebunden und gesagt, dass er als Ritter nun die Prinzessin beschützen wolle. Yura wollte erst gegen seine Rolle protestieren, musste dann aber doch beinahe herzlich schmunzeln, als der kleine Junge mit einem Stock patrouillierend um ihn herum kreiste. Ja, er mochte ihn wirklich von Herzen.

 

Schnell schnappte Yura sich seinen Leinenbeutel, steckte ein paar Habseeligkeiten ein und verschwand in die Frühlingssonne. Herrlich warm schien sie ihm auf die weiße Porzellanhaut. Heute würde sein Tag werden, das spürte er! Eilig und mit einem breiten Grinsen rannte er über den vollen Markt und erblickte zufällig aus dem Augenwinkel Micheles Stand. Etwas argwöhnisch starrte dieser den näherkommenden Jungen an. „Du scheinst es ja eilig zu haben. Willst du etwa heute auch zum Fest?“, fragte er tadelnd und hob eine Augenbraue. Unentschlossen zog Yura die Dose aus dem Beutel und öffnete den verrosteten Deckel. Das sündhaft teure Stück kam zum Vorschein und der Kunstschmied wurde blass um die Nase. „Wow, Father Chris hat mir davon schon erzählt! Ein unglaubliches Stück! Warte...“ Hastig kramte er in einem der vielen Weidenkörbe. Mit einem begeisterten „Genau das!“ zog er eine Goldkette heraus, an deren Ende ein Stein in jeder Farbe des Regenbogens leuchtete. Yura verstand die Welt nicht mehr, als ihm das edle Stück in die Hand gedrückt wurde. „So und jetzt hol ihn dir!“ Breit grinsend schubste der Goldschmied ihn vom Stand weg und hob zum Abschied nur den Daumen in die Luft. Was war denn jetzt gerade passiert? War die ganze Welt verrückt geworden? Verwirrt strich Yura sich eine lange Strähne aus dem Gesicht. Otabek hatte wirklich seltsame Freunde.

 

Langsam wanderte er durch die altbekannten Gassen. Immer wieder berührte er sanft seinen Nacken, spürte das vernarbte Gewebe der Haut und erschauderte. Ihm waren nur wenige Erinnerungen an das Geschehen geblieben, aber sie waren wieder gekommen. Wie schwarze Dämonen legten sie sich über seinen Schlaf, ließen ihn nachts erwachen und stumm schreien. Jeder Gedanke an Jeans Berührungen, an die Nächte in der Samtbettwäsche, den Atem in seinem Nacken, riss alte Wunden wieder auf. Keuchend musste er sich für einige Momente an einer maroden Backsteinmauer festhalten, so sehr übermannte ihn all das Grauen. Unwillkürlich klammerte er sich an die Blechdose und unterdrückte die aufkeimende Panik. Mit einem tiefen Atemzug richtete er sich wieder auf, hob den Kopf stolz nach oben und setzte den Weg schnellen Fußes fort. Jean war zur Mittagszeit immer außer Haus und der Hintereingang zur Speisekammer nur angelehnt. Wachsam huschte er hinein und stieß schmerzhaft mit jemandem zusammen. Ein lautes Quieken offenbarte dem Blonden, dass er wohl auf Yuri traf, der sich seufzend die Stirn rieb. „Was machst du denn hier,  bist du verrückt!?“ Doch Yura schnaubte nur, hielt seine Dose noch fester und stapfte genervt an dem Kartenspieler vorbei. „W...warte!“ Der Schwarzhaarige stolperte ihm hinterher in den großen Saal. Dort schaute ihn ein völlig verdutzter Victor an und erwartete eine Erklärung. Yuri zuckte mit den Achseln und sah dem stürmischen Jungen nach, der zielgenau die Treppe hochlief. Mit zwei Verfolgern im Schlepptau riss Yura die Tür zu Milas Kammer auf, die gerade ihre Haare hochband. „Raus h...! Yura?“ Sie sprang auf und warf sich augenblicklich um seinen Hals. „Mein Schatz! Oh, wie ist es dir nur ergangen? Du musst mir berichten!“ Ihre Freude war kaum zu bremsen. Doch Victor gestikulierte bereits wild im Hintergrund. „Oh... oh, ach so... Du... Sprichst du noch immer nicht?“ Sie strich ihm sanft eine Strähne aus dem Gesicht. „Egal, egal! Was machst du nur hier?“ Gespannt warteten alle auf eine plausible Antwort, wurden jedoch mehr als überrascht. Eilig zupfte Yura das Kleidungsstück aus der Dose und präsentierte mit erhabenem Grinsen das sündhaft teure Einzelstück. Victor quietschte vor Begeisterung. „Oh, mein Gott! Zeig, zeig, zeig, zeig! Ist das etwa für das Hafenfest heute? Oh, Yurilein und ich gehen auch hin! Los, los, zieh es an!“ Yura starrte den Silberhaarigen nur perplex an. Was war denn bitte in diesen Verrückten gefahren? Doch ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken, denn Mila knöpfte bereits an seinem Leinenhemd herum. Wild fuchtelnd schob er Victor und sein Anhängel aus dem Raum und atmete tief durch. Er würde jetzt alles Mila überlassen, denn er vertraute ihr.

 

Gefühlte zwei Stunden dauerte es, bis die beiden Männer unten an der Bar das Geräusch der alten Tür hörten. Neugierig starrten beide zur Treppe, gespannt auf das Ergebnis. Ihnen blieb jedoch jedes Lob im Halse stecken. Yura schritt langsam die einzelnen Stufen hinab, die porzellanweiße Hand glitt an dem Lauf entlang. Sein Haar lag lang und glänzend auf seinen Schultern, spielte an seinem Rücken hinab und schien aus fließendem Gold zu bestehen. Das Gesicht war fein gepudert, betonte aber noch mehr die vornehme Blässe. Das rote Präsent saß wie eine zweite Haut über der schwarzen, engen Hose. Es ging bis zur Mitte des Oberschenkels, gab beim Gehen durch Schlitze den Blick auf die dürren Beine frei und schimmerte dank der geschliffenen Steine wie der Sternenhimmel. Yura bemerkte den faszinierten Blick der beiden Männer und wandte ihnen vielsagend den Rücken zu. Doch genau dort war kein Millimeter Stoff. Die rote Seide begann erst kurz über dem Steißbein, sodass die hervorstehende Wirbelsäule zum Zentrum der Aufmerksamkeit wurde. Nur die faszinierende Goldkette mit dem Regenbogenstein baumelte den schmalen Rücken entlang. Während Yuri noch immer mit offenem Mund regungslos verharrte, sprang Victor auf, riss ein Tischtuch an sich und hielt es vor den offenen Rücken. „So gehst du ganz sicher nicht raus, junger Mann! Du ziehst dir auf der Stelle etwas an!“ Yura fauchte ihn förmlich mit den Augen an und wollte sich gerade zur Wehr setzen, als Mila das Wort ergriff: „Victor! Darf ich dich an deine jungen Jahre erinnern? Wir alle wissen, was du getrieben hast, also tu jetzt nicht so scheinheilig!“ Yuri blickte nun mit offenem Mund zu seinem Liebsten. Er war wirklich heillos überfordert. „Also so wird er nicht zum Fest gehen, was sollen die Leute denn denken?“ Victor verzog die Lippen, doch Mila lächelte nur verschmitzt. „Das Gleiche, was ihr beiden Vögel auch gerade gedacht habt!“ Dazu fiel dem Silberhaarigen nun wirklich nichts mehr ein. Verlegen rieb er sich den Nacken. „Aber wir begleiten ihn!“ Da gab es nun wahrlich keine Diskussion mehr.

 

Otabek gähnte hinter vorgehaltener Hand. Der Tag war unglaublich anstrengend gewesen und seine Hände schmerzten von dem Stapeln des Ofenholzes für das Krankenhaus. Eigentlich würde er jetzt gerne mit Yura im Arm vor dem Ofen sitzen und die Zweisamkeit genießen, aber er hatte ja den Besuch des Festes versprochen. Während er sich mit der einen Hand den schmerzenden Nacken rieb, schloss er mit der anderen die knarrende Tür zu der kleinen Wohnung auf. Zu seinem Erstaunen brannte der Ofen nicht mehr, sodass alles in Dunkelheit gehüllt war. „Yura?“, fragte er in die Stille hinein und erwartete keine Antwort. „Showtime!“, schrie eine laute Stimme in seiner Nähe und ließ sein Herz für einen Moment aussetzen. Auf dem Fenstersims saß Chris und hielt grinsend eine Kerze hoch. Otabek japste nach Luft und hielt sich am Türrahmen fest. „Was zur Hölle...?“ Doch ihm blieb keine Zeit zum Beschweren. „Nein, mein Sohn, der Himmel schickt mich! Hopp, hopp, mach dich fein für dein Rendez-vous!“ Der Priester drückte ihm seine lederne Hose und das schwarze Leinenhemd in die Hand und wartete gespannt. „Würdet ihr... euch bitte umdrehen?“, fragte der Dunkelhaarige schüchtern, doch sein Gegenüber winkte ab. „Nichts, was ich nicht kenne.“ Er kicherte albern vor sich hin, während Otabek sich möglichst schnell umkleidete. Noch ehe er sein Werk vollenden konnte, griff der Blonde schon nach seinem Hosenbund und steckte das Hemd fein säuberlich hinein. Otabeks Wangen färbten sich tiefrot, während er selber sich den breiten Gürtel schloss. „Dürfte ich erfahren, was hier vor sich geht?“ Wenn es um Yura ging, verstand der Arbeiter keinerlei Spaß. Der Priester ignorierte die mahnenden Worte und zupfte an den dunklen Haaren seines Schützlings herum. „Na, so sollte das schon gehen!“, bestätigte er sich selber zufrieden. Kraftvoll schob er den noch immer verdutzt schauenden jungen Mann aus der Tür. „Beeilung, du willst doch nicht zu spät kommen, mein Sohn!“ „Zu WAS denn?“

 

Mit wehendem Haar blickte Yura hinaus auf das Wasser. Abertausende Fackeln beleuchteten das riesige Hafenbecken von allen Seiten und malten rote Lichtreflexe auf den nackten Rücken des Jungen.  Victor und Yuri wollten schnell etwas essen, sodass ihm glücklicherweise ein wenig Zeit für sich blieb. Er war viel zu aufgeregt, um einen Bissen hinunter zu bekommen. Der Nachthimmel war übersäht mit Sternen. Es konnte eigentlich keinen schöneren Moment geben. Kurz erschrak er, als er eine Jacke auf seinen schon ausgekühlten Schulter spürte, wandte sich dann aber schnell um. So bedacht konnte doch sicher nur sein Liebster handeln. Schlagartig fiel das Kleidungsstück wieder von seinen Schultern. Dicht vor ihm, mit glänzenden Augen und weitem Grinsen, stand Jean. „Du bist noch schöner geworden, meine Blume!“ Ängstlich drückte der Junge sich gegen die kalten Stäbe des Gitters hinter ihm. Gefangen wie ein Tiger im Käfig. „Ich wünschte, du würdest dich freuen, mich zu sehen. Aber das habe ich nicht erwartet.“ Jean hob die Jacke wieder auf und legte sie abermals um die schmalen Schultern. Mit beiden Händen hielt er sie fest an dem dünnen Körper. Seine Augen wanderten an der makellosen Gestalt entlang und fanden schließlich ihren Weg in die grünen Smaragde hinein. Yura konnte sich dem Blick einfach nicht entziehen. Jeans Augen waren wie sein ganzes Wesen: stark, furchtlos, angsteinflößend und doch faszinierend. „Vermisst du mich in mancher Nacht?“ Die herrische Stimme klang leise, fast lautlos  so nah vor Yuras Gesicht. Der muskulöse Körper des Geschäftsmannes drängte sich näher an ihn und ließ sein Herz rasen. Yura wusste nicht, was er jetzt tun sollte. In Schockstarre verharrte er, schutzlos wie ein Tier vor dem Gewehr des Jägers. „Ich sehne mich nach dir, mein Herz. Und ich weiß, dass dein Körper genauso nach meinem trachtet. Spiel nicht das scheue Reh!“ Yuras Herz klopfte nunmehr schmerzhaft. Warum nur schüchterte es ihn so ein? Hatte er etwa recht? Sehnte er sich nach seiner Stärke? Nein, nein, er durfte sich nicht wieder in seine Gedanken schleichen und ihn benutzen. Er liebte Otabek doch so aufrichtig. „Ich weiß, an wen du denkst und ich weiß, dass dein Herz für ihn schlägt. Aber dein Körper weiß, was er will. Schenk mir eine Nacht und du wirst es nicht bereuen.“ Noch ehe Yura tiefer in die Schlangengrube rutschte, kam ihm das Glück entgegen. „Darf ich fragen, was das wird?“ Victors drohende Stimme erklang machtvoller als je zuvor. Yuri stand an seiner Seite, die Arme vor der Brust verschränkt. „Ich glaube nicht, dass wir Gesellschaft wünschen.“, entwich es dem Kartenspieler selbstbewusst, ganz zur Überraschung aller. „Wenn ich dann bitten darf!“ Victors Hand zeigte den Weg zum gut besuchten Fest zurück. Jean grinste kurz und wandte sich ein letztes Mal an den Jungen. „Du wirst kommen, ich weiß es!“ Damit verneigte er sich gekünstelt vor den beiden Männern und verschwand weiter weg in der Menge. Yura blieb völlig verunsichert an Ort und Stelle stehen, begutachtet mit besorgten Blicken.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ookami-no-Tenshi
2018-03-24T21:21:33+00:00 24.03.2018 22:21
Dieser Jean, jetzt langsam reicht es! Wenigstens sind dieses Mal Yuri und Victor in der Nähe gewesen und konnten einschreiten, bevor noch etwas schlimmeres passieren konnte. >.<

Hoffentlich wird der Abend mit Otabek trotzdem noch schön!
Dem werden die Augen herausfallen, wenn er Yura sieht ^-^
Ich freue mich schon mega auf das nächste Kapi!

Lg. Ookami-chan
Antwort von:  reuab_art
24.03.2018 23:05
Irgendwie kann er die Finger nicht bei sich lassen! Aber umso heldenhafter ist doch unser Beka <3


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