Zum Inhalt der Seite

Vergiss mein nicht

Willkommen im düstersten Kapitel des 19. Jahrhunderts /Otayuri /Victuuri
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Njaaa, hier ist nun das neue Kapitel und ich hoffe, ihr erfreut euch daran <3
Im nächsten Kapitel werden noch mehr "alte Bekannte" auftauchen und ich verspreche, es wird nicht langweilig!
Besonders freue ich mich über ein Feedback! <3 Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eine frische Rose

Die Nacht war hart gewesen und das Publikum kritisch. Jean streckte sich und warf seinen Zylinder auf die samtbezogene Couch. Genüsslich nippte er an einem schimmernden Kristallglas mit Gin und ließ sich auf das Möbelstück sinken. Auf dem kleinen Sekretär stapelten sich die Geldscheine der letzten Geschäfte. So gefiel es ihm. Mit einem verschmitzten Grinsen streifte er seine Stiefel ab, lockerte den Kragen und legte den Kopf in den Nacken.

„Komm her!“, befahl er trocken und streckte einen Arm aus. Hinter den ozeanblauen Samtvorhängen bewegte sich ein zierlicher Schatten, der für jeden Außenstehenden nicht wahrzunehmen war.

„Zier dich nicht wieder, komm her!“, wiederholte der Schwarzhaarige nun unbeherrschter.

Der Schatten verschwand hinter einem weiteren Vorhang und ließ Jean kopfschüttelnd zurück.

„Was habe ich mir nur bei dir gedacht!?“, fragte er sich unweigerlich und verzog die Lippen.

So eine stachelige Rose war ihm noch nie begegnet. So schön die Blüte auch war, so ungenießbar war der Stich der Dornen. Jean ließ seine Augen durch den Raum schweifen. Er wusste, es gab kein Entkommen. Langsam erhob er sich und streifte mit der Hand an jedem der edlen Vorhänge entlang. Seine Augen waren die eines Falken, stetig wachsam und zum Angriff bereit. Es dauerte nur wenige Sekunden, da riss er mit einer Hand den Stoff zur Seite, griff mit dem freien Arm nach dem zierlichen Körper und warf ihn hinter sich zu Boden.

„Darling, ich glaube, du missverstehst!“, hauchte er, wandte sich geschmeidig um und ging langsam in die Hocke. Zwei grüne Augen starrten ihn unnachgiebig an, gefüllt mit Missfallen und Wut.

„Du kannst dich hier vielleicht frei bewegen, aber du bist allein mein Eigentum. Ich würde es begrüßen, wenn du dir das merken könntest!“, raunte der dunkelhaarige Geschäftsmann nun ungeduldiger. Die zierliche Gestalt vor ihm wandte sich ab und strich sich ein paar der feinen, goldenen Strähnen aus dem Gesicht. Das Lächeln kehrte auf Jeans Lippen zurück und er griff nach der blassen Hand vor ihm. Schneller, als er reagieren konnte, zogen spitze Nägel tiefe Furchen auf seine Wange. „DU VERDAMMTES BIEST!“, brüllte er aufgebracht und wischte sich mit dem Handrücken das wenige Blut ab, das sich den Weg über die feinen Wangen bahnte.

Im ersten Moment wollte er ausholen, doch seine Hand blieb in der Luft. „Wag das nie wieder! Sonst bist du hier nur eine von vielen Attraktionen! Das verspreche ich dir!“, zischte er leise, während er sich erhob und mehrmals tief ein und ausatmete. Mit dem lauten Knall der Tür verschwand er fluchend, verschloss den Raum jedoch mit einem kaum hörbaren Rasseln der Schlüssel.

Vorsichtig – langsam - nicht sicher, was nun passieren würde, erhob sich die zarte Gestalt und strich sich die feine Kleidung zurecht.  Das blonde Haar fiel in Strähnen gerade so über die schmalen Schultern und war in kleinen Partien am Hinterkopf gebunden. Den dünnen Hals zierte nur ein feines, schwarzes Band zur Schleife gebunden. Es fiel auf die verzierte Weste und das schlichte, rote Hemd, das einen Teil der weißen Brust offenbarte. Fast mystisch schimmerte dort ein kleiner, goldener Anhänger an dem Band, der in feinster Gravur eine Rose zeigte und den verschnörkelten Schriftzug „Jean“. Ein Blick in den Spiegel verriet, dass der vergangene Moment nicht spurlos vorbeigezogen war. Große, glitzernde Tränen bahnten sich den Weg über die Wangenknochen zu den zarten Lippen.

Nichts konnte diese momentan trocknen. Sie würden nur weiter verrinnen und irgendwann wäre keine Träne mehr über.

 

Victor putze die letzten Gläser der Nacht und lehnte sich mit einem langen Seufzer an die Bar. „Was für eine Nacht! So viele Hosen, die aufgeknöpft werden wollen und das ständig! Also ich finde es nicht fair, dass ich hier nur die Gläser putzen darf!“, rief er laut, in voller Absicht, dass ihn jemand hören würde. Sein Ziel wurde nicht verfehlt und der junge Kartenspieler erhob schlaftrunken den Kopf vom Tisch. „Victor, kannst du an nichts anderes denken?“, tadelte Mila ihn mit genervter Stimme. Dieses ständige Geturtel war für sie nicht auszuhalten. „Aber, wo du gerade wach bist…“, richtete sie das Wort an Yuri: „Geh auf den Markt und hole Früchte für die Mädchen!“ Mit ihren langen Fingern zog sie kraftvoll am Kragen des Kartenspielers. Diesem blieb wenig übrig und so warf er seinem Liebsten einen entschuldigenden Blick zu. „Oh, du kannst doch meinen Yuri nicht alleine schicken! Der Markt ist groß und die Ware schwer zu tragen. Allerdings muss ich noch die Fässer wegbringen und bin jetzt keine Hilfe.“, bedauerte der Silberhaarige mit Nachdruck. Mila verzog die geschminkten Lippen und schien ernsthaft zu überlegen. Ihr Blick schweifte durch den verlassenen Raum, vorbei an Tischen und Bänken bis hin zur Treppe. „Yuri!“, befahl sie und winkte den jungen Mann zu sich. Sie drückte ihm ihre Schlüssel in die Hand. „Sieh zu, dass du Jean bittest, dir das Geld zu geben und dann nimm Sara mit, sie kann schleppen wie ein Ackergaul!“

Mit einem eiligen Nicken stolperte der Schwarzhaarige die Treppe hinauf, die Schlüssel fest an sich gedrückt. Die vielen Türen irritierten ihn und er musste sich eingestehen, dass er die Zimmer hier oben nicht wirklich kannte. Langsam schritt er an den einzelnen Räumen entlang, bis er zu einer besonders großen Flügeltür gelangte. Dunkel erinnerter er sich, dass Jean hier seine Gemächer hatte und er nur ein einziges Mal zutritt dazu bekam. Vorsichtig klopfte er und räusperte sich vorsorglich. Als niemand antwortete, blickte er auf den Schlüsselbund von Mila hinab. Sie wäre mehr als wütend, wenn er jetzt nicht endlich zum Markt gehen würde. Möglichst lautlos schloss er mit dem größten Schlüssel die Tür des Gemachs auf und trat langsam ein. Verstohlen blickte er sich in dem reich eingerichteten Raum um. Hier konnte man erkennen, wo das Geld blieb. Durch seine wöchentlichen Einkäufe wusste Yuri bereits, wie viel Geld er benötigte und wandte sich zu dem kleinen Sekretär. Natürlich hätte er Jean lieber selber gefragt, aber wenn dieser abwesend war, musste er sich eben selber helfen. Gerade, als er einige Scheine in seine Westentasche gesteckt hatte, hörte er eine Stimme hinter sich: „Was tust du da? Stiehlst du es?“

Völlig verängstigt riss Yuri den Kopf herum, versuchte zu rennen und fiel ausgerechnet über den ausladenden Fuß der großen Stehlampe. Unsanft ging er zu Boden und blieb auf dem Rücken liegen, hilflos wie eine Schildkröte. Schritte kamen näher und ein Gesicht erschien in seinem Blickfeld. Ganz aus dem Konzept gebracht, rappelte der junge Mann sich etwas auf und sah dem anderen ins Gesicht. „Du… bist der Junge von gestern.“, murmelte er verwirrt. Sein Gegenüber verzog die Lippen und keifte ihn lautstark an: „Und du wolltest stehlen!“ Er erntete einen verdutzten Blick von Yuri.

Ein paar Sekunden vergingen, bevor der Kartenspieler seine Stimme wiederfand. „Das verstehst du falsch! Ich kaufe Früchte für die Mädchen, jede Woche zum gleichen Preis. Jean gibt mir das Geld sonst passend, aber ich habe ihn nicht gefunden.“, erklärte er ruhig und zeigte ihm die Scheine. Der Junge mit dem blonden Haar legte den Kopf schief und schien nachzudenken. Yuri hatte wirklich große Sorge, dass Jean ihm die Hand abschneiden würde, wenn der Andere ihm erzählte, dass er klauen wollte. Dabei hatte er dies ja nun wirklich nicht im Sinn.

„Du… gehst auf den Markt? Nimm mich mit!“, forderte der Unbekannte gerade heraus. Yuri lief indes kreidebleich an und schüttelte kräftig den Kopf. „Nein, nein, nein! Jean würde mich umbringen, wenn ich auch nicht weiß, warum er dich hier einschließt! Aber NEIN!“, rief er mit fuchtelnden Armen.

Das Gesicht des Blonden verdunkelte sich merklich. „Ich laufe dir nicht davon! Aber ich möchte raus, die Stadt sehen… etwas anderes als diesen Raum!“, bat er schon fast flehend. Yuri wusste, dass nur der Teufel ihn so testen konnte, aber wie sollte er ablehnen?

Der Blick des Blonden durchbohrte ihn immer weiter und er ahnte, wo das enden würde. Seufzend rieb er sich die Stirn und jaulte: „Du versprichst es mir, ja? Wenn du wegläufst, sind wir beide tot!“

Schneller, als Yuri schauen konnte, hatte der andere sich seinen Mantel übergeworfen und die Kapuze tief in das Gesicht gezogen. „Du hast mein Wort!“

Langsam zog der Kartenspieler ihn hinter sich her durch den Flur. Niemand sollte sie sehen oder gar Jean verraten, was passierte. Leise schlichen sie an allen Türen vorbei. Unten in der Halle schien gerade niemand zu sein und so nutzte Yuri den Moment, um die Treppe hinunter zu huschen. Sie waren fast an der Tür angelangt, als ihnen schwere Schritte folgten. Ängstlich wandten sie sich um. Vor ihnen stand Victor, die Hände in die Hüften gestemmt und lächelte. „Yuriiiii, mein Liebling!“, schnurrte er und beachtete die eingehüllte Person gar nicht. „Hast du also Sara gefunden?“

Yuri versuchte seine Unsicherheit zu überspielen und nickte eifrig. Dabei zwang er sich zu einem gequälten Lächeln. Victor umkreiste beide mit ein paar Schritten. „Seltsam, wo Sara doch gerade vorhin an mir vorbei gegangen ist und zum Schneider wollte.“, flötete der Silberhaarige erheitert.

Yuri fiel jeglicher Ausdruck aus dem Gesicht und er lief wieder kreidebleich an. So ertappt hatte er sich noch nie gefühlt und er war immerhin ein Trickbetrüger. „Was versteckst du da, mein Schatz?“, fragte der Ältere nun geradeheraus und zog ruckartig an der Kapuze der vermummten Person. „Herrgott, YURI!“ Er musste einen Schrei unterdrücken, als er den blonden Jungen unter dem Cape sah. „Bist du von allen guten Geistern verlassen!? Du kannst doch nicht einfach…!“ Victor klang ernsthaft verzweifelt. Der Jüngste senkte wütend den Blick, denn fast wäre er nicht mehr der Vogel im goldenen Käfig gewesen. „Ich… ich wollte ihn doch nur mit auf den Markt nehmen. Was ist daran so schlimm?“, fragte Yuri verwirrt. Er verstand nicht, was das Problem daran sein würde. Mit festem Griff zog Victor ihn von dem anderen Jungen weg und raunte: „Das ist der Junge, für den Jean so viel Geld bezahlt hat! Du bringst doch auch keine goldene Taschenuhr auf den Markt und legst sie dort einfach ab!“ Yuri verstand nicht, was ihm sein Freund sagen wollte und machte ein verwirrtes Gesicht. „Aber… er ist doch nie bei den Gästen?“, versuchte er sich selber die Situation zu erklären. Während er so nachdachte, dämmerte es ihm langsam. Manche Ware war zu wertvoll, als dass sie der Menge gehörte. Betrübt sah er zu dem Jungen, der seinem Blick auswich. Obwohl er scheinbar fast erwachsen war, sah er so kindlich und verletzlich aus. „Victor, bitte, können wir ihn nicht einmal mitnehmen?“, bat Yuri noch einmal und setzte den bettelnden Blick auf, dem Victor nie widerstehen konnte. Der Ältere fuhr sich mit der Hand durch das silberne Haar und seufzte laut. Dieser kleine Kartenspieler würde ihn noch einmal ins Grab bringen! „Mein Herz, du bist zu gut für diese Welt hier!“, flüsterte er ihm süffisant ins Ohr und jagte Yuri damit einen Schauer über den Rücken. „Gut, ich begleite euch!“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück