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Star Trek - Icicle - 07

Operation Christkind
von

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Fehler der Vergangenheit


 

4.
 

Fehler der Vergangenheit
 

STRATEGICAL STARBASE 71 - Arboretum-II

Sternenzeit: 58974.1

Im Forlan-System
 

Die hochgewachsene, athletische Romulanerin verließ den Turbolift, als dieser das Arboretum von Hangarscheibe-2, der Strategischen Sternenbasis, erreicht hatte. Vor etwa zehn Minuten war sie mit einem Shuttle der I.R.W. KHAZERAN in einem der kleineren Turmhangars, die für ebensolche Shuttles gedacht waren, gelandet.

Commander Ti´Maran konnte man, ohne zu übertreiben, auch nach menschlichen Gesichtspunkten als ausgesprochen hübsch bezeichnen. Auffallend an ihrem Äußeren waren ihre großen, dunklen Augen, die schon beinahe betazoidisch wirkten. Ihre Haare trug sie nach der klassischen romulanisch-vulkanischen Mode. Auch im Jahr 2381 waren sich beide Völker in dieser Hinsicht immer noch sehr ähnlich.

Ihr Alter entsprach 39 Jahren irdischer Zeitrechnung, doch das sah man der romulanischen Kreuzerkommandantin nicht an. Überhaupt war das Alter von Angehörigen vulkanoider Spezies, da sie sehr langlebig waren, oft nur sehr schwer zu schätzen. Nur der Ausdruck ihrer wachen, intelligenten Augen und ihr gesamtes Auftreten verrieten, dass sie älter war, als sie aussah.

Nachdem sie die Station betreten hatte, war es für sie ein Leichtes gewesen, durch den Computer der Station in Erfahrung zu bringen, wo sich ein bestimmter Offizier des Sternenflottenraumschiffs U.S.S. ICICLE aufhielt.

Commander Namoro Kunanga.

Die Erinnerungen an ihn drohte die Romulanerin, für einen Moment lang, zu übermannen. Im Jahr 2366 war sie Namoro Kunanga, während einer diplomatischen Mission im Unroth-System, zum ersten Mal begegnet. Damals hatte sie ablehnend, um nicht zu sagen kühl, auf Kunangas subtile Annäherungsversuche reagiert. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie nicht geahnt, dass sich ihre Wege später schicksalhaft erneut kreuzen sollten.

Während eines Aufenthaltes auf Sternenbasis-234, im Jahr 2367, traf sie, am Rand der Romulanisch-Neutralen-Zone, Kunanga erneut wieder. Seinerzeit hatte sie sich schließlich von Namoro Kunanga dazu überreden lassen, mit ihm essen zu gehen. Dabei hatte die Romulanerin widerwillig zugeben müssen, dass seine ruhige Art und seine Fähigkeit gut zuhören zu können, sie beeindruckt.

Danach hörte sie jedoch nichts mehr von dem dunkelhäutigen, über zwei Meter großen Terraner.

Als sie gegen Ende des Jahres 2371 an Bord der I.R.W. GENOREX dienst tat, die als Teil einer kombinierten romulanisch/cardassianische Flotte, die vermeintliche Heimatwelt der Gründer im Omarion-Nebel angriff, hatte sie Kunanga fast vergessen. Bei diesem Angriff geriet die Angriffs-Flotte in einen Hinterhalt des Dominion und wurde von einer erdrückenden Übermacht der Jem´Hadar beinahe völlig vernichtet.

Lediglich die GENOREX entging dabei der völligen Vernichtung, allerdings mit schweren Schäden. Auch unter der Brückencrew gab es dabei zahlreiche Verluste, und als ranghöchster überlebender Offizier übernahm sie das Kommando und befahl die Rückkehr zum Wurmloch, um dem Romulanischen Senat vom Verrat durch einen Wechselbalg-Spion zu berichten.

Zunächst flog der romulanische Warbird, zu Beginn des Jahres 2372, ein unbekanntes Sonnensystem an, in dessen Schutz die Crew die wichtigsten Schiffssysteme reparierte. Vor allem die Antriebssysteme wiesen erhebliche Schäden auf. Der Warpantrieb funktionierte zwar noch, aber es war nur eine Frage der Zeit, wann er endgültig versagen würde. Trotzdem wagten die Romulaner den Flug zum Wurmloch.

Einen Lichtmonat vom Wurmloch entfernt traf die GENOREX dabei auf einen Frachter der Jem´Hadar, der von zwei Kampfschiffen flankiert wurde.

Es gelang ihrer Crew, die Dominion-Kampfschiffe, in einem Überraschungsangriff zu vernichten und den Frachter zu entern, um an Ersatzteile für ihren fast vollkommen funktionsunfähig gewordenen Antrieb zu gelangen.

Dabei stieß das Enterkommando der GENOREX auf 14 Gefangene der Föderation, unter ihnen auch, zu Ti´Marans großer Verwunderung, Namoro Kunanga. Sie und der Terraner schlossen, aus der Not heraus, ein Abkommen miteinander und gemeinsam mit den Überlebenden der ODYSSEY gelang der Ausbau von Teilen des Frachterantriebs und deren Modifikation für den Antrieb der GENOREX.

Drei Monate später erreichte die GENOREX, mit versagendem Warp-Antrieb das Wurmloch und konnte in den Alpha-Quadranten zurückkehren. Namoro Kunanga und die restlichen Föderationsangehörigen, wurden auf DEEP SPACE NINE von Ti´Maran verabschiedet und die GENOREX flog, nach einer Instandsetzung der Antriebssysteme, nach Romulus weiter.

Bereits ein Jahr später traf Ti´Maran erneut auf Namoro Kunanga, der sich als Mitarbeiter des Militär-Attachés dorthin hatte versetzen lassen.

Auch während und nach dem Dominion-Krieg verbliebt Kunanga auf Romulus. Dort kamen sie einander schließlich näher und Mitte des Jahres 2376 konnte sie nicht mehr umhin, sich ihre Gefühle für Namoro Kunanga einzugestehen. In der Folgezeit führte sie eine feste Beziehung mit Kunanga, trotz aller Widerstände in ihrer Umgebung.

Während der Shinzon-Krise sympathisierte sie offen mit dem auf Remus aufgewachsenen Renegaten. Kunanga empfand dies als verwerflich, was er ihr wagte offen ins Gesicht zu sagen. Daraufhin kam es schließlich zum Bruch zwischen ihnen, und kurze Zeit später ließ sich der Terraner auf die Erde versetzen.

Seitdem hatte sie lediglich in Erfahrung bringen können, dass er auf einem Raumschiff namens ICICLE diente, und dass dieses Raumschiff, seit dem Frühjahr dieses Jahres, zur 5. Taktischen Flotte, unter dem Kommando von Admiral Tarun, gehörte.

Sehr oft hatte sie, in den letzten zwei Jahren, versucht sich das Wiedersehen mit Namoro vorzustellen. Doch das hatte sie nicht darauf vorbereiten können, wie innerlich aufgewühlt sie sich in diesem Moment fühlte. Sie hatte versucht, sich den Terraner aus dem Kopf zu schlagen. Sie hatte sich gesagt, es wäre ein für allemal vorbei.

Es war nicht vorbei.

Das spürte sie ganz deutlich, in dem Moment, als sie den Mann, keine zwanzig Meter von sich entfernt, am Rand eines künstlichen Teiches entdeckte. Diese Erkenntnis erfüllte sie mit einem Zorn, der unaufhaltsam in ihr aufstieg. Dabei war Ti´Maran nicht so dumm, ihm die alleinige Schuld an ihrer Trennung zu geben. Doch trotzdem spürte sie ihr romulanisches Blut in den Adern brodeln, als sie sich ihm näherte. Dieser Gefühlssturm fand sich jedoch ausschließlich in den dunklen Augen der Romulanerin wieder. Weder ihrem Verhalten, noch ihrer Körpersprache war davon etwas zu entnehmen, als sie ihren Schritt verlangsamte.

„Guten Tag, Commander Namoro Kunanga.“

Ti´Maran glaubte zu erkennen, dass sich die Haltung des über zwei Meter großen, breitschultrigen Mannes, der ihr bisher den Rücken zugewiesen hatte, verspannte. Nach einem kurzen Moment drehte sich der Sternenflottenoffizier zu ihr herum. Er hatte unzweifelhaft ihre Stimme wiedererkannt und dennoch wirkte sein Blick überrascht, als er sie leibhaftig vor sich stehen sah.

„Ti´Maran“, stellte Kunanga mit rauer Stimme fest, wobei sich seine Gesichtszüge langsam entspannten. „Seit wann bist du auf der Station?“

„Es heißt Commander Ti´Maran, Commander Kunanga“, wich die Romulanerin kühl aus. „Wir sollten die Form wahren.“

Die Gesichtszüge de kahlköpfigen Hünen spannten sich wieder leicht an. „Natürlich, Commander. Wenn Sie es wünschen.“

Für einige Augenblicke, in denen sie sich mit Blicken maßen, blieb es still zwischen ihnen. Es war schließlich Kunanga, der sich, um einen neutralen Tonfall bemüht, erkundigte: „Ich vermute, Sie gehören dem romulanischen Kontingent an, dass gestern im Forlan-System eintraf, Commander Ti´Maran.“

Ti´Maran spreizte bestätigend die Finger ihrer rechten Hand. „Das ist korrekt. Ich kommandiere den Schlachtkreuzer KHAZERAN.“

„Hm“, machte Namoro Kunanga. „Kriegsschrei also. Ein martialischer Name.“

Ti´Maran verzog keine Miene, als sie ruhig erwiderte: „Die KHAZERAN ist ein Kriegsschiff. Was haben Sie erwartet, Commander?“

Namoro Kunanga beendete das oberflächliche Geplänkel, indem er das Thema wechselte und mit veränderter Stimmlage sagte: „Ich bin mir sicher, Commander, dass Sie nicht zufällig hierher gekommen sind. Sie haben mich gesucht, und auch gefunden, so wie es aussieht. Also sollten Sie vielleicht zum Kern Ihres Anliegens kommen.“

„Nein, nicht an diesem Ort, Commander. Wenn Sie gestatten, dann würde ich Ihnen gerne mein Schiff zeigen. In meinem Quartier werden wir in privaterem Rahmen miteinander reden können. Und das wird nötig sein, da das, was ich mit Ihnen zu besprechen habe, sowohl etwas Zeit, als auch Ruhe, erfordert.“

Namoro musterte Ti´Maran prüfend. Obwohl er wusste, dass sie ihn niemals in irgendeinen Hinterhalt locken würde. Dazu kannte er sie zu genau. Schließlich nickte er, und gab ebenso ruhig zurück: „Dann lassen Sie uns gehen, Commander. Da die Raumschiffe des romulanischen Verbandes zu groß in ihren Abmessungen sind, als dass sie in einen der Scheibenhangars einfliegen könnten, nehme an, Sie sind mit einem Shuttle hier?“

Ti´Maran bestätigte, während sie sich, an der Seite des Mannes zu einem der acht Turbolifts begab. Schweigend fuhren sie zur Ebene hinunter, auf der es einen breiten Verbindungsgang zum Zentralturm der Station gab.

Kaum fünf Minuten später betraten sie den Hangar, in dem ihr Shuttle stand. Selbstbewusst schritt sie voran, gab am Backbord-Schott den Sicherheits-Code ein, und wartete darauf, dass das Schott, der schnittigen, grün glänzenden, Maschine zur Seite glitt.

Wie ein vollkommen Unbeteiligter beobachtete Namoro Kunanga Ti´Maran dabei, wie sie neben ihm, im Sitz des Piloten Platz nahm, Kontakt zur Hangar-Kontrolle herstellte, und um Abflugerlaubnis ersuchte.

Nur wenig später schoss das kleine Raumfahrzeug aus dem Shuttlehangar und näherte sich dem Planet Forlan-Prime. In einem Orbit von knapp 1000 Kilometern über der planetaren Oberfläche umkreisten die zehn romulanischen Kriegsschiffe die grün-braun gescheckten Kontinente, die sich mit den tiefblauen Weiten der Meere ablösten, von denen sie umgeben wurden.

Für einen kurzen Moment wurde Kunanga von diesem erhabenen Anblick gefangen genommen, bevor er sich wieder auf das konzentrierte, was momentan gegenwärtig war. Und das war Ti´Maran, deren kryptische Andeutungen ihn beschäftigten. Er fragte sich, seit sie an Bord des Shuttles gestiegen waren, was Ti´Maran dazu bewegen mochte, eine ihr vertraute Umgebung aufzusuchen, für das, was sie ihm mitteilen wollte, statt sofort zur Sache zu kommen. Solcherlei Verzögerungstaktik hatte er an Ti´Maran nie beobachten können, als sie noch miteinander liiert gewesen waren. Warum also nun?

Ti´Maran starrte währenddessen unverwandt auf die Kontrollen des Shuttles, nicht gewillt etwas zu sagen, bevor sie wirklich ihr Quartier erreicht hatten.

So fasste sich Kunanga in Geduld und harrte der Dinge, die da auf ihn zukommen sollten. Lediglich ab und zu einen Seitenblick auf Ti´Maran werfend. Sie schien ihm interessanter, als je zuvor, wenn das überhaupt möglich war, und der Afrikaner spürte einen Stich in seiner Herzgegend, bei dem Gedanken daran, sie vor zwei Jahren verloren zu haben.

Ti´Maran flog die Unterseite von einem der sieben brandneuen kleineren Kreuzer an, wobei Kunanga in Gedanken schwach lächelte, denn selbst diese Kampfschiffe waren größer, als alle bekannten Raumschiffstypen der Föderation. Im vorderen Backbordbereich des Haupt-Schiffskörpers, aus dem sich die gewaltigen Schwingen des Raumschiffs zur Seite streckten, öffnete sich das Schott einer hell erleuchtete Schleuse. Sicher im Umgang mit dem Shuttle steuerte die Romulanerin es hinein.

Nachdem sie die Aggregate deaktiviert hatte, bedeutete sie Kunanga wortlos, das Shuttle zu verlassen. Dabei folgte sie ihm dichtauf.

Zu Namoro Kunangas gelinder Überraschung wartete keine bewaffnete Eskorte auf ihn und Ti´Maran. War das ein Zeichen dafür, dass seine frühere Lebensgefährtin ihm noch immer vorbehaltlos vertraute?

Die Romulanerin schien die Gedanken Kunangas zu erraten. Mit einem schwachen Lächeln sagte sie: „Ich kenne Sie lange genug, Commander, um zu wissen, dass ich keine Eskorte benötige, in Ihrer Nähe.“

In Kunanga rumorte es bei diesen unpersönlich betonten Worten, doch er beherrschte sich weiterhin. Sie würden das Quartier von Ti´Maran bald erreicht haben.

Der Afrikaner erinnerte sich, beim Durchschreiten der grün-braun gehaltenen Gänge, an seinen Aufenthalt auf der GENOREX. Damals, als sie sich im Gamma-Quadrant begegnet waren. Auf diesem Raumschiff der D´DERIDEX-KLASSE hatten sich die Quartiere der Führungsoffiziere direkt hinter der Kopfsektion, im oberen Halssegment, befunden. Kunanga vermutete, dass es hier, da es bei dieser neuen Raumschiffsklasse zwei ähnliche Halssegmente gab, ganz ähnlich war.

So dauerte es einige Minuten, bis Ti´Maran und Namoro Kunanga schließlich vor einem Schott ankamen, bei dem die Romulanerin anhielt und erklärte: „Wir sind da.“

Während Ti´Maran ihre Hand auf den Abdruckscanner legte, fragte sich Namoro Kunanga insgeheim, ob es reiner Zufall gewesen war, dass ihnen unterwegs kein einziges Besatzungsmitglied begegnet war, oder ob auf ihren Befehl hin, die Gänge vom Hangar, bis zu ihrem Quartier gesperrt worden waren.

Hinter Ti´Maran betrat Kunanga das Quartier der Romulanerin. Wie nicht anders zu erwarten, war es spartanisch eingerichtet. Der einzige persönliche Gegenstand, den der Afrikaner bei seinem ersten flüchtigen Rundblick sofort identifizierte, war ein kleiner Holo-Projektor, der auf einem Arbeitstisch, im hinteren Bereich des Wohnraums stand. Er hatte, als sie noch miteinander liiert waren, und er, auf Romulus, zusammen mit Ti´Maran ein Quartier, am Rande der Goldmeerklippen, bewohnt hatte, auf dem Schreibtisch ihres gemeinsamen Wohnbereiches gestanden.

Ti´Maran schritt hinter den Arbeitstisch und meinte: „Treten Sie näher, Com...“

„Schluss, mit dieser Scharade!“, fuhr Namoro Kunanga der Romulanerin, wider seiner Natur, in die Parade. Für gewöhnlich galt er als so sanftmütig, wie ein alter Bernhardiner, doch auch seine Sanftmut hatte seine Grenzen. „Ich werde nicht länger so tun, als würden wir uns nicht kennen, und hätten nicht alles miteinander geteilt, was zwei...“

Kunanga war im Begriff gewesen Menschen zu sagen, doch er konnte sich lebhaft vorstellen, wie Ti´Maran darauf reagiert hätte. Darum sagte er, nach einer spürbaren Pause, etwas ruhiger: „Was zwei intelligente Wesen nur miteinander teilen können. Ich werde dich nicht länger Siezen, noch mit deinem militärischen Rang ansprechen. Falls du das hingegen für unabdingbar halten solltest: Bitte, nur zu.“

Etwas überrascht, wegen dieser heftigen Reaktion, brauchte Ti´Maran einen Moment, bis sie erwidern konnte: „Ganz, wie du willst, Namoro. Bedienen wir uns also dieser überholten Vertraulichkeiten. Doch das ändert nichts zwischen uns.“

Sich wieder einigermaßen beruhigend sah Kunanga der Romulanerin in die Augen. „Ich wünschte, du würdest das nicht als so endgültig darstellen, Ti´Maran.“

Kunanga entging nicht das kurze Aufblitzen in Ti´Marans Augen, als sie leicht ihre Augenbrauen hob. „Wenn ich mich recht entsinne, dann warst du es, der sich von mir getrennt hat, Namoro. War es nicht so? Du warst es, der es, wie waren doch gleich deine genauen Worte: unerträglich gefunden hat, was ich tat.“

Dagegen gab es für den Afrikaner kein Argument, denn es war tatsächlich er gewesen, der sich von Ti´Maran trennte, weil sie während der Shinzon-Krise offen mit diesem Renegaten, der die Menschheit hatte auslöschen wollen, sympathisiert hatte. Dabei hatte er gehofft, sie würde ihm diese Entscheidung irgendwie erklären können, so dass er sie verstehen konnte, doch das war nicht geschehen. Ganz im Gegenteil, sie hatte ihm unverblümt gesagt, es wäre eine interne Angelegenheit gewesen, die nichts mit seiner Person zu tun gehabt habe. Doch wie hätte er die geplante Auslöschung seiner Spezies als eine interne Angelegenheit ansehen können? Enttäuscht von Ti´Maran hatte sich Kunanga, im Zuge dieser Entwicklung, von Romulus zur Erde versetzen lassen.

Namoro Kunanga nickte und machte eine fahrige Geste mit einer seiner großen Hände. „Was hattest du denn erwartet? Dass ich es begrüße, wenn du dich offen auf die Seite eines potentiellen Massenmörders stellst, der den Genozid an meinem Volk versucht? Das hast du doch nicht ernsthaft von mir erwartet? Shinzon von Remus hatte vor, die gesamte Bevölkerung der Erde auszulöschen!“

„Du hast mir nie die Gelegenheit gegeben, dir das alles genau zu erklären!“, fuhr die Romulanerin ihr Gegenüber überraschend, laut und hitzig, an. „Du hast mich einfach verlassen, ohne mir die geringste Chance zu geben, dir zu erklären, dass ich von dieser Absicht weder etwas gewusst, noch geahnt habe! Und nicht nur mich hast du dabei verlassen, Commander Namoro Kunanga, sondern...!“

Namoro sah Ti´Maran halb konsterniert, halb überrascht an. Sie hatte noch etwas sagen wollen, das spürte Kunanga, doch sie biss sich auf die Unterlippe, so als würde sie bedauern, was ihr zum Ende hin entfahren war. Der Afrikaner beobachtete Ti´Maran, die sich bemühte ihre Haltung wiederzufinden. Er versuchte, sich zusammenzureimen, was hier wirklich vor sich ging. Dabei rief er sich nochmal ihre Worte ins Gedächtnis und erkundigte sich, um einen neutralen Tonfall bemüht: „Was meinst du mit: Und nicht nur mich?“

Ti´Maran schien einen inneren Kampf mit sich auszufechten. Halb wütend, halb trotzig überlegend sah sie den Afrikaner an. Schließlich traf sie eine Entscheidung. Sie aktivierte stumm den Holo-Projektor und drehte ihn um 180 Grad.

Namoro Kunanga erkannte beinahe augenblicklich dass es sich bei der abgebildeten Person um Ti´Maran handelte. Es musste eine Aufnahme sein, die nach ihrer Trennung gemacht worden war, denn sie trug ihr Haar, über der Stirn, geringfügig kürzer, als zu jener Zeit. Seine Augen weiteten sich beim Anblick des Hologramms ungläubig. Doch nicht wegen Ti´Maran, sondern wegen des Kindes, in ihren Armen. Es konnte kaum älter als zwei irdische Jahre alt sein. Eine unverkennbare Ähnlichkeit zwischen Ti´Maran und dem Kind war zweifellos vorhanden. Obwohl es eine auffallend dunkleren Teint besaß. Es dauerte dennoch einen sehr langen Moment, bis Namoro Kunanga endlich begriff.

Als er, mit einem maßlos überraschten Ausdruck auf dem Gesicht, endlich wieder zu Ti´Maran sah, erkannte er in ihrem Blick, dass seine Vermutung zutraf. Von der Romulanerin zum Hologramm und wieder zurück sehend fragte er schließlich leise: „Das Kind dort, in deinen Armen. Es ist von uns beiden, nicht wahr, Ti´Maran? Aber… Aber wieso hast du nicht über das Konsulat auf Romulus Kontakt zu mir aufgenommen? Ich konnte doch nicht ahnen, dass du...“

„Te´Nival ist meine Tochter! Ich wollte nicht, dass du aus Mitleid zurück kommst, Namoro. Das hätte ich nicht ertragen. Jetzt sollst du lediglich wissen, dass es sie gibt. Meine Tochter wird als Romulanerin aufwachsen. Sie soll nicht ein Teil von deinem Leben werden.“

Wie betäubt nahm Namoro Kunanga die Worte der Romulanerin auf. Er hatte mit Vielem gerechnet, als er dieses Raumschiff betreten hatte, doch nichts hatte ihn auf diese Nachricht vorbereiten. Endlich sah er Ti´Maran wieder an und deutete dabei auf das Hologramm. „Das kannst du nicht ernst meinen. Bitte lass uns in aller Ruhe über all das reden, Ti´Maran. Wenn du mich aus ihrem Leben ausschließt, dann hat das ganz sicher keine guten Auswirkungen, und das weißt du auch. Ich würde sie gerne irgendwann kennenlernen.“

„Nein!“

Dieses eine, kalte Wort der Romulanerin wirkte auf Namoro Kunanga wie eine schallende Ohrfeige.

„Zumindest nicht in der nächsten Zeit, Namoro. Ich hatte gehofft, dass dieses Treffen einfacher für mich sein würde, doch momentan weiß ich gar nichts mehr. Ich spüre gegenwärtig nur diesen heißen Zorn in mir, den ich längst überwunden glaubte. Wenn ich dem in naher Zukunft zustimmen würde, dann könnte ich vermutlich für nichts garantieren.“

Namoro Kunanga spürte das Verlangen in sich aufsteigen, Ti´Maran umzustimmen, doch ihre zu Fäusten geballten Hände und ihre gesamte Haltung sagten ihm, dass das keine gute Idee sein würde. Vielleicht war das sogar gut, denn er selbst musste zunächst einmal mit dieser Nachricht klarkommen. Darum sagte er endlich resignierend: „Vielleicht ist es wirklich besser, wenn wir noch damit warten. Doch darüber sprechen müssen wir irgendwann, und ich hoffe aufrichtig, dass wir das wirklich tun werden. Ohne blinden Hass.“

Ti´Maran fühlte sich innerlich hin und her gerissen. Fast wäre es ihr lieber gewesen, wenn Namoro weniger verständnisvoll reagiert hätte. Im Moment hätte sie sich am liebsten auf ihn gestürzt und wild auf ihn eingeschlagen. Der Moment verging und kühl erklärte sie: „Es ist wohl das Beste, wenn ich dich zur Station zurückbringe.“

Ungewohnt hastig erwiderte Namoro Kunanga: „Hast du noch mehr Holo-Bilder von deiner Tochter? Zumindest die könntest du mir doch zeigen. Bitte, Ti´Maran.“

Ti´Maran wollte zunächst auch das unterbinden, doch etwas in den seltsam feucht schimmernden Augen des Mannes, den sie einmal heiß und innig, mit aller Leidenschaft zu der sie fähig war, geliebt hatte, hielt sie davon ab. Sie schluckte trocken und antwortete mit kratziger Stimme: „Ja, da sind noch zwei weitere Hologramme.“

Die romulanische Frau nahm eine weitere Einstellung an dem Projektor vor, und in kurzem Abstand entstanden hintereinander zwei weitere Hologramme des kleinen Mädchens.

Der Hüne hatte Mühe seine Haltung zu wahren, beim Anblick seiner Tochter, von der er bislang nichts geahnt hatte. Tief durchatmend bekam er seine Ergriffenheit wieder unter Kontrolle und sagte leise: „Sie ist wunderschön, Ti´Maran. Was bedeutet ihr Name?“

Die Augenlider der Romulanerin verengten sich etwas. „Te´Nival ist der Name einer alt-romulanischen Heldin. Der Name bedeutet: Die den Sieg in ihrem Herzen trägt.“

Namoro Kunanga nickte anerkennend, schwieg jedoch. In seinem Innern tobte momentan ein emotionaler Vulkan, und nur sehr langsam begannen sich seine durcheinander wirbelnden Gedanken allmählich wieder zu ordnen.

Für einige Augenblicke sahen sie sich abwartend an, bevor sich Ti´Maran abrupt von ihrem Platz erhob und bestimmt, jetzt wieder mit jenem kühlen Unterton, der den Afrikaner deprimierte, sagte: „Es wird das Beste sein, wenn ich dich jetzt wieder zur Station bringe.“

„Ja, das wird es wohl“, gab Kunanga zurück, wobei ihm die Niedergeschlagenheit deutlich ins Gesicht geschrieben stand. Mit einer solchen extremen Entwicklung der Dinge hätte er noch vor wenigen Stunden, nicht im Entferntesten gerechnet, und er fragte sich, währen sie sich auf den Rückweg zum Shuttle-Hangar des Kreuzers machten, wie er zukünftig einen halbwegs vernünftigen Ausweg aus dieser total verfahrenen Situation finden konnte. Einen Ausweg, der ein kleines Mädchen namens Te´Nival nicht vollkommen aus seinem zukünftigen Leben ausschließen würde.



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