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Star Trek - Icicle - 07

Operation Christkind
von

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Pläne und Gegenpläne


 

1.
 

Pläne und Gegenpläne
 

STRATEGICAL STARBASE 71

Sternenzeit: 58971.3

Im Orbit über Forlan-Prime
 

„Natürlich sollen Sie keinen Salut mit Quantentorpedos schießen, sobald der Verband der Romulaner, den wir jeden Moment erwarten, hier eintrifft, Captain Dheran. Was denken Sie wohl, wie der romulanische Verbandskommandeur darauf reagieren würde, wenn ihm, gleich nach seinem Eintreffen, mehrere Quantentorpedos um seine spitzen Ohren fliegen?“

Torias Tarun, Admiral der Sternenflotte, und Oberkommandierender im Raumsektor, zu dem das Forlan-System gehörte, schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.

Der auf dem Bildschirm sichtbare, andorianische Captain, der auf der Brücke seines Raumschiffs ICICLE stand, erlaubte sich ein Räuspern, wobei sich seine Antennen deutlich sichtbar nach Innen bogen. „Wie Sie meinen, Sir. Ich hatte angenommen, die Romulaner wären, anlässlich des Allianz-Vertrag-Abschlusses von Dreiundzwanzig-Achtzig, mit den Ehrenbezeigungen der Sternenflotte vertraut gemacht worden.“

Tarun, trotz seiner beinahe 54 Jahre gelegentlich noch immer etwas impulsiv wirkend, lachte unterdrückt.

Mister Dheran, ich bewundere Ihre gelegentlichen Gedankensprünge. Meinen Sie nicht auch, Captain, dass der Stab der Sternenflotte, während der schwierigen Verhandlungen auf Romulus, bessere Dinge zu tun gehabt hätte, als den Praetor und den Romulanischen Flottenstab über unsere militärischen Frechheiten aufzuklären?“

„Frechheiten?“ staunte der Andorianer.

Auch der wachhabende Offizier des beeindruckenden Kommandozentrums der Sternenbasis STRATEGICAL STARBASE 71 runzelte die Stirn. Obwohl Admiral Torias Tarun für Aussagen ähnlicher Art berühmt war, um nicht zu sagen: berüchtigt.

„Allerdings“, legte der Trill nach. „Ich halte es beispielsweise für eine Frechheit, einem an Bord gehenden Admiral mit dem Gedröhne Salut schießender Torpedos die Trommelfelle zu strapazieren, auch dann, wenn ich mit dieser Auffassung die Gefühle verschiedener Offiziere verletzen sollte. Also, Captain Dheran - verzichten Sie bitte darauf, den demnächst eintreffenden Romulanern elf oder mehr Torpedos vor den Bug zu setzen. Das könnte falsch verstanden werden. Darf ich sonst noch etwas für Sie tun?“

Der Captain der U.S.S. ICICLE verneinte, wobei sich seine Antennen unaufhaltsam immer stärker nach Innen bogen.

Tarun gab dem Offizier an der OPS ein Zeichen, die Verbindung zu dem Raumschiff der AKIRA-KLASSE zu beenden und sah sich dann in dem weiten Kommandozentrum der Station um. Die Mitglieder der Stationsbesatzung schwiegen beharrlich, so dass der Trill das leise Summen der Instrumente hören konnte. Die Anwesenden beherrschten sich so mustergültig, dass der Admiral unwillkürlich die Luft anhielt und auf eine Regung in den erstarrt wirkenden Gesichtern wartete.

„Das ist die lauteste Ruhe, die ich je erlebt habe“, sagte der Trill schließlich in das Schweigen um ihn herum. „Die Unerschütterlichen werden wohl schon bald eine neue Anekdote in Umlauf bringen. Der Getupfte und der Salut-Captain, oder so ähnlich.“

Torias Tarun bemerkte zufrieden die überraschten Blicke seiner Untergebenen, als er seinen inoffiziellen Spitznamen vor ihnen aussprach. Schmunzelnd legte er die Hände auf den Rücken und überflog die riesigen, konkaven Bildschirme, die sich entlang der Galerie erstreckten, mit einem schnellen Rundblick.

Der romulanische Verband sollte eigentlich bereits im System sein. Tarun spürte eine leise Unruhe deswegen, denn im Allgemeinen pflegten romulanische Verbandskommandeure nicht durch Unpünktlichkeit aufzufallen.

Die wartenden Raumschiffe des kleinen Verbandes von Sternenflottenraumschiffen, die von der ICICLE angeführt wurden, zeichneten sich auf mehreren der Bildschirme ab.

Ungeduldig blickte Tarun zum Ersten Offizier der Station, dem efrosianischen Commander, No´Leen Ra Taragenar. Der Trill war im Begriff den weißhaarigen Hünen anzusprechen, doch er kam nicht mehr dazu.

Der OPS-Offizier meldete in diesem Moment: „Admiral, einhunderttausend Kilometer von der Station entfernt enttarnen sich soeben zehn Raumschiffe. Drei Kriegsschiffe der VALDORE-KLASSE; die sieben anderen Raumschiffe gehören zur brandneuen FA´ERHIAN-KLASSE, Sir. Wir werden gerufen.“

„Auf den Holoschirm des Kartentisches legen!“, befahl der Trill. Als Tarun näher an den Tisch, im Mittelpunkt des Kommandozentrums, heran trat, aktivierte sich das Hologramm-Aggregat des Tisches. Die Abbildung eines bereits leicht ergrauten Romulaners erschien als dreidimensionale Abbildung vor Tarun. Der romulanische Verbandsleiter machte zwar eine ernste Miene; aber seine Worte bewiesen, dass er sich amüsierte.

„Captain Tovolak, vom Romulanischen Sternenimperium, an Bord der FAL´KEREN, spricht. Wir bedanken uns für die Belehrung, die Sie ihrem Captain erteilt haben. Dennoch, Admiral - lassen Sie Ihren Captain Dheran ruhig seinen Salut schießen. Eine Geste der Achtung sollte nicht bedachtsamer Vorsicht zum Opfer fallen. Wir sind informiert. Eine Energieverschwendung dieser Art entspricht zwar nicht unserer eigenen Denkweise; aber hier und da sind Romulaner, anders als Vulkanier, etwas unlogisch.“

Torias Tarun hörte bei den Worten des Romulaners heraus, dass dessen Verband bereits seit einiger Zeit getarnt im System verbracht haben musste. Nur Selten war er Romulanern im Rang eines Ssiebh begegnet. Dieser Rang wurde mit Captain übersetzt, doch im Grunde entsprach er mehr einem Zwischenrang, zwischen Captain und Commodore. Die Tatsache, dass Tovolak zehn Kriegsschiffe anvertraut worden waren, ließ den Trill überdies vermuten, dass der Romulaner sich auf dem Weg zur Beförderung zum erei´Khrein, also zum vollwertigen Commodore, befand.

Torias Tarun sammelte sich schnell und erwiderte: „Hier spricht Admiral Torias Tarun, Befehlshaber der Fünften Taktischen Flotte und Oberbefehlshaber des Forlan-Sektors. Ich begrüße Sie herzlich in diesem Sternensystem und freue mich auf ein baldiges, persönliches Treffen mit Ihnen. Da ihre zehn Kriegsschiffe, wegen ihrer beeindruckenden Größe, nicht in einen der Innenhangars einfliegen können, bitte ich Sie, in einen Standardorbit um den Planeten Forlan-Prime einzuschwenken. Es steht den Besatzungen Ihrer Schiffe jedoch frei, jederzeit mit Shuttles an Bord zu kommen, oder auf dem Planeten zu landen. Torias Tarun, Ende.“

Der OPS-Offizier schloss den Kanal zum Kartentisch und schaltete auf seine Konsole, während der Admiral für einen Moment auf den verblassenden Bildschirm sah. Mit unbewegter Miene stellte er dann persönlich, vom Kartentisch aus, die Verbindung zur ICICLE her und befahl, kaum dass das Gesicht von Tar´Kyren Dheran erneut, diesmal auf dem Holoschirm, vor ihm sichtbar wurde:

„Ihr spitzohriger Taktischer Offizier wird vermutlich mitgehört haben, oder irre ich mich?“, erkundigte sich Tarun ohne Umschweife, wobei die Miene des Andorianers mehr sagte, als hundert Worte. „Also schießen Sie den verdammten Salut, Captain. Verwenden Sie Ihre schwersten Quantentorpedo-Gefechtsköpfe. Tarun Ende.“

Über das unverschämt zufriedene Gesicht des Andorianers sah Tarun hinweg, bevor er abschaltete. Ohne auf die gleichfalls amüsiert wirkenden Mienen der Besatzung um ihn herum zu achten schritt er eilig zu einem der vier Turbolifts, die sich gleichmäßig an der äußeren Peripherie des Kommandozentrums verteilten.

Der Trill begann erst zu schmunzeln, als er die Kabine des Turbolifts betreten hatte und nach Unten fuhr.

Auf dem Deck angekommen, auf dem das Büro seiner Stellvertreterin lag, verließ er die Liftkabine und murmelte in Gedanken: „Übermütige Halunken. Ich frage mich, wie oft ich als junger Mann über Vorgesetzte gelacht habe. Meine ...!“

„Ziemlich oft, wie man weiß“, wurde er unterbrochen.

Tarun schreckte zusammen und hob den Kopf. Vor ihm, auf dem Gang den Tarun soeben betreten hatte, wartete bereits Commodore Christina Carey auf ihn. Seine apart aussehende Stellvertreterin, mit der ihn eine herzliche Freundschaft verband, seit den finsteren Tagen des Dominion-Krieges.

„Ich hatte angenommen, Sie würden mich in Ihrem Büro erwarten, Christina.“

Die schwarzhaarige, hochgewachsene Frau lächelte schwach. Dabei musterten ihre blau-grauen Augen ihn gleichzeitig forschend. „Dort habe ich es nicht länger ausgehalten. Sie kennen mich ja, Torias. Nach Ihren mysteriösen Andeutungen, heute morgen bei unserem alltäglichen Morgen-Meeting, da dachte ich mir, ich suche Sie in Ihrem Büro auf.“

„Verstehe“, grinste Tarun wissend. „Hummeln im Hintern, nicht wahr?“

Die Irin lachte unterdrückt. „Wissen Sie, Torias, es klingt noch immer etwas seltsam, wenn Sie irdische Redewendungen benutzen. Da unterscheiden Sie sich in keinster Weise von Captain Dheran. Übrigens: Darf ich fragen, wer nun die übermütigen Halunken sind, die Sie erwähnten, als sie den Lift verließen?“

Tarun warf seiner Begleiterin einen bezeichnenden Blick zu, während er den Gang hinunter deutete und ablenkend erwiderte: „Ich hatte den Eindruck, dass Sie mich auf einen Raktajino, in Ihrem Büro, einladen wollten, Christina.“

Die Frau hörte die unausgesprochene Aufforderung, in ihrem Büro unter vier Augen mit ihr reden zu wollen, aus den Worten des Trill heraus. Immerhin dienten sie und Tarun nun bereits seit acht Jahren zusammen, und inzwischen kannte sie eine ganze Menge seiner Marotten. Sich mit Torias Tarun in Bewegung setzend, hakte sie nach: „Was aber nun die Halunken betrifft...“

„Schon gut, ich erzähle es Ihnen ja“, seufzte der Admiral. Er kannte die Hartnäckigkeit der Irin bestens. „Sie haben eben bereits die richtige Person angesprochen.“

Gemeinsam schritten sie den weißen, hell erleuchteten Gang entlang, wobei die beiden Flaggoffiziere hier und da die respektvollen Grüße der Stationsmitglieder erwiderten, die ihnen unterwegs begegneten.

„Das ist typisch Tar´Kyren“, entfuhr es Christina Carey nachdem Tarun in wenigen Sätzen zusammengefasst hatte, was sich vor wenigen Minuten ereignet hatte. Dabei lag ein amüsierter Zug auf ihrem ausdrucksvollen Gesicht. „Wissen Sie, Captain Dheran ist ein sehr traditionsbewusster Mann. Auch wenn es sich um Traditionen handelt, die gar nicht seine eigenen sind. Das war schon so, als ich ihn kennenlernte.“

Mit spöttischem Unterton entgegnete der Admiral: „Das beruhigt mich außerordentlich, Christina. Ich hatte schon befürchtet, Captain Dheran würde es lediglich einen ungeheuren Spaß bereiten, in der Gegend herumzuballern.“

„Wie kommen Sie denn auf diese vollkommen absurde Idee?“, feixte die Irin. Schnell wieder ernst werdend fügte sie hinzu: „Tar´Kyren Dheran ist ein Forscher aus Leidenschaft, doch im Grunde seines Herzens ist er zuallererst ein Krieger. Er gibt sich zwar Mühe, das nicht offen zu zeigen, aber es ist so. Wäre es anders, dann hätten Sie ihn, im Frühling, wohl nicht so vehement für die Fünfte angefordert.“

Sie bogen in den Nebengang ein, der zum Büro der Irin führte, und Tarun gab zu: „Ja, was mir im Dominion-Krieg über ihn, unter dem Kommando seines Freundes, zu Ohren kam, sagte mir, dass Dheran für die Taktischen Flotten wie geschaffen ist.“

Sie erreichten das Büro und Christina Carey gab den Öffnungs-Code ein. Das Schott teilte sich, und die beiden Flaggoffiziere traten ein. Während Tarun sich zwanglos auf die bequeme Couch der Sitzecke setzte, schritt Christina Carey zum Replikator. Dabei fragte sie: „Wie möchten Sie Ihren Raktajino, Admiral? Heiß, wie immer?“

„Ja, danke.“ Der Admiral beobachtete die hochgewachsene Frau, die in zwei Monaten ihren vierundvierzigsten Geburtstag feiern würde. Doch das sah man der Irin nicht an. Ein unvoreingenommener Beobachter hätte sie auf vielleicht einmal gerade Ende Zwanzig bis Anfang Dreißig geschätzt.

Ein Hoch auf die Medizin der Föderation, dachte Tarun und erkundigte sich: „Wie steht es übrigens zwischen Ihnen und Dheran. Mir ist aufgefallen, dass Sie sich besser zu verstehen scheinen, als zu Beginn von Captain Dherans Dienst bei der Fünften.“

Eine leichte Röte überflog die Wangen der Frau, während sie mit zwei Tassen dampfenden Raktajinos zur Sitzgruppe kam. Mit einer fahrigen Bewegung die Tassen auf den Tisch stellend setzte sie sich dem Admiral, schräg gegenüber, auf die Kante eines der beiden Sessel, an den niedrigen Tisch. Es dauerte eine Weile, bis sie zögernd meinte: „Es ist etwas kompliziert, Torias.“

Der Trill wusste darum, wie es um Dheran und Commander Mancharella, seinem Ersten Offizier auf der ICICLE, stand. Auch wenn sich beide sehr professionell verhielten, solange sie im Dienst waren, so hatte Tarun sehr wohl mitbekommen, dass da etwas lief, zwischen den beiden Führungsoffizieren. Gleichzeitig erinnerte er sich an ein Gespräch mit dem Andorianer, das ein paar Monate zurücklag. Dheran hatte angedeutet, dass auch Christina Carey sich zu zwei Personen hingezogen fühlte. Zu Dheran und zu ihm.

Einen Schluck von seinem Raktajino nehmend sagte der Trill schließlich eindringlich zu der Irin: „Wenn ich Ihnen, als Freund, einen Rat geben darf, Christina: Ich denke, Sie wissen was Sie wollen. Tief in ihrem Innern. Also zögern Sie nicht weil sich vielleicht Hindernisse in den Weg stellen. Das passt nicht zu Ihnen.“

Die Irin sah ihren Vorgesetzten offen an und machte eine vage Geste.

Tarun beschloss, nicht weiter in die Frau zu dringen. Stattdessen wechselte er das Thema und erklärte, mit verändertem Tonfall: „Kommen wir zurück zum Dienstlichen. Ich hatte bereits vorige Woche mit Ihnen darüber gesprochen, dass ich die Flotte umstrukturieren möchte. Die Idee dazu kam mir beim Treffen mit Admiral Youngblood, von der Ersten Taktischen Flotte, als wir uns vor drei Wochen auf der Erde getroffen haben. Dean hat seine Erste in Teilverbände von jeweils fünfzig Schiffe gegliedert. Gleichzeitig hat er vier seiner besten Captains in den Rang eines Commodore befördert, von denen jeder einem der fünf Teilverbände vorsteht. Den fünften kommandiert sein Stellvertreter.“

Nun wieder voll konzentriert hob Christina Carey ihre Augenbrauen. „Sie wollen ebenfalls vier Captains der Fünften in den Rang eines Commodore befördern, Torias? An wen haben Sie da gedacht?“

Der Trill nahm einen weiteren Schluck von seinem Raktajino und lehnte sich auf der Couch zurück. „Eher an fünf Captains, denn ich will zweihundert Schiffe in Verbände zu jeweils vierzig Schiffen gliedern. So stark sind auch die Sektorenflotten, und bei seinem letzten Besuch auf dieser Station versicherte mir Konteradmiral Kuehn, der Kommandeur der Sektorenflotte-Bajor, dass er diese Stärke für ideal hält. Nun, da wäre zuerst einmal Captain Linara Enari. Die Bajoranerin diente bereits in diesem Rang, bis sie, wegen einer gewagten Aktion, während des Dominion-Krieges, bei der es auch Tote auf unserer Seite gab, degradiert wurde. Ein Skandal, wenn Sie mich fragen, denn Captain Linara konnte nichts dafür. Aber einige Etappenhengste beim Sternenflottenkommando glauben immer noch, dass man Kriege mit chirurgischer Präzision, ohne Kollateralschäden, führen kann.“

Die Irin nickte. „Ich erinnere mich daran. Zuvor hatte sie, unmittelbar nach dem Überfall auf die Erde, die verantwortlichen Breen schwer verdroschen, wie es heißt.“

Der Trill machte eine zustimmende Geste. „Der Zweite im Bunde wäre Captain Sebastian Frank. Ein erfahrener Captain, der sich ebenfalls im Dominion-Krieg durch unorthodoxe Manöver einen Namen gemacht hat. Dann hatte ich noch an Frank Revers und an Captain Sorek gedacht. Zwei Männer, auf die unbedingt Verlass ist.“

Neugierig fragte Christina Carey, als Tarun keine Anstalten machte, den fünften Namen preiszugeben: „Und wer soll der Letzte im Bunde sein?“

Ein Lächeln lag auf den Lippen des Trill, als er humorig meinte: „Das können Sie sich doch wohl denken, Christina.“

Erkenntnis spiegelte sich in den Augen der Irin, als sie leise sagte: „Tar´Kyren Dheran also. Sind Sie sich da ganz sicher, Admiral?“

Der Admiral wirkte nachdenklich, als er antwortete: „Ich weiß, Christina: Er besitzt nicht ganz das Dienstalter der übrigen Captains, die ich befördern will. Doch allein die Einsätze, die Dheran in den letzten acht Monaten, als Teil der Fünften Taktischen Flotte, durchgeführt hat, bestärken mich in meinem Entschluss. Ich bin sicher, dass der Andorianer diese Aufgabe meistern wird. Denken Sie daran, wie er, gemeinsam mit Captain Frank, vor einigen Monaten, an der Spitze der RED-ALERT-GROUP, Captain Angus McKinney und seine Mannschaft herausgehauen hat, als ein Gorn-Verband über ihn herfiel und ein Verband von Tzenkethi-Schlachtschiffen dazu stieß.“

Christina Carey überlegte einen Moment lang und meinte dann: „Ich zweifle nicht an den Fähigkeiten von Captain Dheran, Sir. Aber ich kenne das Temperament des Andorianers. Es wird fraglos eine persönliche Herausforderung für ihn werden.“

Der Admiral zwinkerte seiner Stellvertreterin beinahe lausbubenhaft zu. „Genau damit rechne ich. Captain Dheran besitzt, meiner Meinung nach, das Zeug zum Flaggoffizier, und es wird ihm verdammt guttun einmal diese Facette der Verantwortung zu spüren zu bekommen. Bisher hat er mir ganz ordentlich eingeheizt. Es wird Zeit, dass er das auch einmal zu spüren bekommt.“

Die Irin grinste unwillkürlich. „Ja, das könnte ihn reifen lassen, Admiral. Allerdings werde ich nicht darauf wetten.“

Sie lachten, und Tarun wies die Frau an: „Dann nehmen Sie eine entsprechende Zuteilung von Raumschiffen für die fünf Genannten vor. Zu Silvester möchte ich, kurz vor Mitternacht, diese Neustrukturierung bekannt geben und die Beförderungen, direkt im gerade angefangenen, neuen Jahr vornehmen. Bis dahin kein Wort darüber, Christina.“

„Verstanden, Admiral.“ Der Schwarzhaarigen lag noch eine Frage auf der Seele, und sie zögerte nicht, sie zu stellen. „Was wird aus den fünfzig Schiffen, die übrig sind. Wem wollen Sie die unterstellen, Torias?“

Das Lächeln des Admirals vertiefte sich. „Die unterstelle ich Ihrem direkten Kommando, Christina. Sie müssen wieder öfter raus. Einen Großteil des Papierkrams kann auch jemand anders für Sie erledigen. Zehn Raumschiffe dieses Verbandes werden ab dann, reihum für die RAG abgestellt. Über die jeweils restlichen vierzig Raumschiffe können Sie verfügen. Da Sie aber auch gleichzeitig überwiegend das Oberkommando über die gesamte Flotte führen sollen, werde ich Sie in den Rang eines Konteradmirals befördern.“

Für einen Moment lang war die Irin sprachlos. Als sie wieder dazu in der Lage war, erwiderte sie: „Ich danke Ihnen für das Vertrauen, das Sie in mich setzen, Torias. Ich freue mich schon jetzt darauf, demnächst wieder öfter auf der Brücke eines Raumschiffs zu stehen. Dabei werde gut achtgeben auf die ENDEAVOUR.“

„Das weiß ich, Christina.“

Der Admiral trank den Rest seines klingonischen Kaffees und seufzte: „Und jetzt werde ich meinen Pflichten als Flottenkommandeur nachkommen, und mich mit dem romulanischen Ssiebh treffen.“

Christina Carey erhob sich gemeinsam mit Tarun. Sie sah sinnend auf das Schott ihres Büros, längst nachdem der Admiral gegangen war, und ein Leuchten erfüllte ihre Augen.
 

* * *
 

Mit einer Verzögerung von fünf Sekunden nach ihrem Abschuss leuchteten, im Abstand von jeweils einem Herzschlag, die Explosionen der Quantentorpedos auf, die von der ICICLE abgefeuert wurden. Elf Mal blähte sich im Weltall, vor und über dem anfliegenden Romulanischen Kriegsschiff-Verband, eine kleine Kunstsonne auf.

Der andorianische Kommandant dieses Raumschiffs der AKIRA-KLASSE, das einige Modifikationen zu den Serienmodellen dieses Raumschiffs-Typs aufwies, stand ein Stück weit vor dem Sessel des Captains und blickte zufrieden auf den Hauptschirm. Die Detonationen waren alle dicht nebeneinander im All erfolgt und demonstrierten nicht nur die Kampfkraft dieses Leichten Angriffsträgers, sondern auch das Können seiner Besatzung.

Als die letzte der elf Explosionen verblasste trat Commander Pasqualina Mancharella neben den Andorianer und meinte, mit einer knappen Geste zum Hauptbildschirm, auf dem sich neben den drei beeindruckenden Kriegsschiffen der VALDORE-KLASSE auch sieben ihrer neuen Angriffskreuzer abzeichneten: „Ich würde gerne einmal einen dieser neuen romulanischen Kreuzer von Innen sehen, Captain. Ihre Kampfkraft soll beachtlich sein.“

Tar´Kyren Dheran wechselte einen schnellen Blick mit seiner XO, und für einen Moment lang spürte er wieder jene unerklärliche Spannung zwischen ihnen, die sich aufgebaut hatte, nachdem er von seinem letzten Einsatz zurückgekehrt war. Von der Besatzung der ICICLE, die zu diesem Zeitpunkt im Reparaturdock der Station gelegen hatte, waren außer ihm selbst nur Lieutenant Rania Sing-Badt und Tal´Inurai Filz, die Kommandeurin des MACO-Kontingents des Schiffes, bei diesem Einsatz dabei gewesen. Einem hoch geheimen Einsatz, unter dem Kommando seines besten Freundes, Valand Kuehn.

Als die Spanierin, die ihr langes, schwarzes Haar heute ausnahmsweise nicht offen trug, schon nicht mehr mit einer Antwort ihres Vorgesetzten rechnete, erwiderte der athletisch gebaute Andorianer: „Einen solchen Kreuzer zu kommandieren wäre bestimmt eine Herausforderung. Der romulanische Verband stellt, zusammen mit den Verbänden der Klingonen und der Andorianer, die wir für morgen erwarten, eine signifikante Verstärkung der Fünften Taktischen Flotte dar.“

Pasqualina Mancharella gewann den Eindruck, als wollte Dheran noch etwas sagen, doch der Andorianer schwieg sich aus und starrte auf den Hauptbildschirm. Nach einem langen Moment ergriff er wieder das Wort.

„Sie haben die Brücke, Commander. Ich bin in meinem Bereitschaftsraum.“

Damit schritt der Andorianer zum hinteren Bereich der Brücke.

Die hochgewachsene Spanierin schickte ihm einen langen Blick hinterher. Seit seiner Rückkehr von dem Einsatz, den zusammen er mit Konteradmiral Valand Kuehn im Gamma-Quadrant durchgeführt hatte, suchte den Bereitschaftsraum ungewohnt oft auf. Etwas schien an ihm zu nagen, doch er wollte nicht mit ihr darüber reden. Natürlich hatte sie davon gehört, dass bei dem Einsatz eine langjährige Freundin des Captains ums Leben gekommen war. Doch das allein schien nicht der Grund für das seltsame Verhalten des Captains zu sein. Noch etwas Anderes beschäftigte ihn, das spürte die Frau instinktiv.

Tar´Kyren Dheran atmete erleichtert auf, als sich das Schott des Bereitschaftsraums hinter ihm geschlossen hatte. Er replizierte sich ein Altair-Wasser und setzte sich hinter seinen Arbeitstisch. Dabei starrte er ins Leere, wobei er nur dann und wann einen Schluck des kühlen Getränks zu sich nahm. Ohne wirklich etwas zu sehen, hämmerten Worte in seinem Kopf – jene Worte, die Alana Kuehn, die Schwester seines Freundes Valand, zu ihm gesagt hatte, bevor sie sich verabschiedeten, nach der Rückkehr aus dem Gamma-Quadrant.

Du warst der Mann, mit dem Alev zusammen sein wollte. Nur du. Sie hat niemals aufgehört, dich zu lieben, Tar´Kyren.

Sie hatten, zu Akademiezeiten, eine intime Beziehung geführt. Er und die Rigelianerin, Alev Scenaris. Diese Beziehung hatte jedoch nur ein Jahr lang gehalten. Nun war sie tot und hatte eine schmerzende Leere in ihm zurückgelassen. Die Arme mit den Ellenbogen auf der Platte des Arbeitstisches abstützend, legte der Andorianer seinen Kopf in die Hände und schloss seine Augen. Nur zu gerne hätte er nach dem Einsatz mit Pasqualina über all das gesprochen. Über Alev, über sein momentanes Gefühlschaos, und darüber, was er über seinen Freund Valand erfahren hatte. Besonders die Tatsache, dass Valand offensichtlich ziemlich eng mit dem Chef des Sternenflottengeheimdienstes, Admiral Frank Damon Sherman, zusammenarbeitete machte ihm Sorgen, und diese Sorgen mit der Frau zu teilen, mit der er momentan eine Beziehung führte, hätte im sicherlich gut getan. Doch Irgendetwas in ihm sperrte sich dagegen, mit Pasqualina darüber zu reden. Oder über Alev, und den Verlust, den er nun bewältigen musste.

Stattdessen hatte er sich, immer öfter in den letzten Wochen, Christina Carey anvertraut. Vor fast einundzwanzig Jahren hatten sie sich kennen und lieben gelernt. Und wenn er in sich hinein horchte, dann spürte Dheran, dass seine tiefen Gefühle, für seine derzeitige direkte Vorgesetzte, niemals erloschen waren, seit dieser Zeit.

Es ist ein verdammtes Chaos, dachte der Andorianer, wütend auf sich selbst, da er eine Entscheidung, die er bereits vor zwei Wochen gefällt hatte, immer noch hinauszögerte. Er nahm sich vor diesen Schwebezustand zu ändern, sobald die ICICLE ihren Dienst beendet hatte, und wieder in Hangarscheibe-2 angedockt hatte. Zunächst würde er ein sehr langes Gespräch mit Christina führen, und abhängig davon ein zweites mit Pasqualina.

Bei diesem Gedanken krampfte sich sein Magen zusammen. Das doutronische Zirpen des Türsummers riss ihn aus seinen finsteren Gedanken. In Annahme, dass es Pasqualina war, die ihn zu sprechen wünschte, straffte er sich und gab er mit seinem Stimmenkommando den Befehl zum Öffnen des Schotts.

„Herein!“

Dheran erkannte, dass es nicht die Spanierin war, die in den Raum trat, sondern Lieutenant-Commander Tal´Inurai Filiz. Die zierliche Andorianerin wartete, bis sich das Schott hinter ihr wieder geschlossen hatte, bevor sie zum Arbeitstisch schritt und mit gedämpfter Stimme sagte: „Ich habe eine Persönliche Nachricht von DEEP SPACE NINE erhalten, Captain. Das Unternehmen Christkind entwickelt sich wie geplant.“

Mit einem Mal sehr aufmerksam erhob sich der Captain langsam und seine Antennen richteten sich dabei auf die MACO, die unschwer an ihrem grünen Uniformpulli als Angehörige dieser Kampfeinheit zu identifizieren war. Erst im letzten Jahr war diese Kampfeinheit, für den Einsatz mit den Taktischen Flotten, erneut ins Leben gerufen worden.

„Haben Sie Commander Sheralan schon diesbezüglich kontaktiert, Miss Filiz?“

Die MACO nickte grimmig. „Über einen gesicherten und codierten Kanal, Sir. Weder der Admiral, noch der Chef der Stationssicherheit, Sub-Commander Enrom Tolaron, werden etwas bemerken, bevor es soweit ist.“

Der andorianische Captain rieb sich lächelnd die Hände. „Ausgezeichnet, Miss Filiz. Sobald wir unseren Dienst beendet, und angedockt haben, werden Sie Kontakt zu Commander Dharas, von der LIGHTSPEED, aufnehmen. Er soll das Geheimkommando unauffällig zum vorbereiteten Quartier bringen. Es wäre zu verdächtig, wenn Sie oder Commander Sheralan das übernehmen würden. Ihre Aktivitäten auf der Station, in den letzten Tagen, sind Sub-Commander Tolaron bestimmt nicht entgangen. Für so etwas hat dieser Romulaner einen besonderen Spürsinn.“

„Ich kümmere mich darum, Captain. Wollen Sie nicht doch Commander Mancharella in unser Unternehmen einweihen, Sir? Sie könnte uns den Rücken frei halten.“

Die Antennen des andorianischen Captains bewegten sich unruhig in alle Richtungen, als er grüblerisch erwiderte: „Nein, Miss Filiz. Ich musste Commander Sheralan versprechen, dass nur Angehörige unserer Spezies an diesem Unternehmen teilnehmen werden. Es war ihr ausdrücklicher Wunsch, Lieutenant-Commander.“

Die Antennen der MACO bogen sich leicht nach Innen. Dann wechselte sie das Thema und erkundigte sich, mit verschwörerischer Miene: „Wird Tolaron nicht hellhörig werden, wenn er erfährt, dass Ihr Vater sich an Bord des Flaggschiffs befindet, das den andorianischen Kampfverband anführen wird, den wir für morgen erwarten. Sicherlich weiß er um die Reputation eines General a.D. Den´Lyran Dheran.“

Dheran lächelte versonnen. „Das glaube ich nicht. Bereits vor Monaten, noch bevor wir, zusammen mit Commander Sheralan, dieses hoch geheime Unternehmen geplant haben, hatte mein Vater bei Admiral Tarun vorgefühlt, wegen einer Besichtigung seiner Station. Sein Erscheinen wird deshalb kaum Verdacht erregen. Man wird annehmen, dass mein Vater seine immer noch hervorragenden Verbindungen zur Andorianischen Garde dazu genutzt, und die Gelegenheit ergriffen hat, seinen Sohn zu besuchen.“

Die Antennen der MACO spreizten sich. „Dann wäre soweit alles klar. Unser Überfall auf den Admiral wird dann am 24. Dezember um exakt 00:01 Uhr erfolgen. Ich hoffe nur, dass Commander Sheralan die Stationssicherheit wirklich genug ablenken kann, damit es nicht zu einem Drama an Bord der Station kommt.“

„Sie hat mir gestern ihre Planung vorgelegt, und ich konnte keine Fehler entdecken, beruhigte Dheran seine Untergebene. „Wir werden Erfolg haben.“

Tal´Inurai Filiz machte ein zuversichtliches Gesicht. Beim Gehen sagte sie heiser: „Das hoffe ich, denn wenn nicht wird es einigen Wirbel geben, auf der Station.“

Tar´Kyren Dheran sah ihr sinnend nach. Dabei dachte er: Den wird es auch so geben, Lieutenant-Commander Filiz. So viel steht jetzt schon fest.
 

* * *
 

Während, knapp zwei Stunden später der Verband, dem die U.S.S. ICICLE angehörte, abgelöst wurde und die Raumschiffe in die jeweiligen Hangarplattformen einflogen um anzudocken, sah Sub-Commander Enrom Tolaron in das ungläubige Gesicht von Christina Carey. Dabei sagte er sanft, aber betont: „Commodore Carey, mir ist klar, wie unglaubwürdig das für Sie klingen muss. Darum komme ich auch erst einmal zu Ihnen. Ich kenne den Admiral mittlerweile gut genug um zu wissen, dass er mich entweder sofort aus seinem Büro werfen würde, wenn ich ihm mit diesem Verdacht komme, oder aber den gesamten Sicherheitsapparat in Gang setzen würde, für den unwahrscheinlichen Fall, dass er doch nicht an meinen Worten zweifeln würde. Der Gedanke an beide Optionen gefällt mir nicht sonderlich. Besonders für den Fall dass ich Recht habe würden wir die Chance verpassen, wirklich alle Verschwörer zu fassen, Commodore.“

Noch immer saß Christina Carey angespannt in einem der beiden Sessel, vor dem Schreibtisch des Chefs der Stationssicherheit, und noch immer bedachte sie ihr Gegenüber mit ihrem Sind-Sie-noch-zu-retten-Blick. Endlich fand sie die Sprache wieder und fragte heiser: „Eine andorianische Verschwörung? Sind Sie noch ganz bei Trost, Sub-Commander?“

„Ich fühle mich gerade hin und her gerissen, ob ich diese Frage lieber mit Ja, oder mit Nein beantworten sollte“, gab der Romulaner ironisch zurück. „Commodore, Sie kennen meinen Werdegang beim Tal´Shiar. Ich bin sicher, dass etwas im Gange ist.“

Christina Carey schüttelte ungläubig den Kopf und sah sich dabei unbewusst im Büro des Romulaners um. Bisher war sie erst einmal hier gewesen, Zu Beginn des Jahres 2380, als Tolaron seinen Dienst an Bord dieser Station angetreten hatte. Seit damals hatte sich nichts in diesem Büro verändert, ein Hinweis auf die nüchtern-sachliche Art des Sicherheitschefs. Dann kam der Irin ein Gedanke, und finster meinte sie: „Vielleicht ist das Ihre Art sich an Captain Dheran dafür zu rächen, was vor ein paar Wochen im Büro des Admirals passiert ist. Möglicherweise verträgt Ihr Ego diese Demütigung nicht?“

Enrom Tolaron reagierte auf diesen Vorwurf anders, als Christina Carey es erwartet hatte. Entspannt lehnte er sich in seinem Sessel zurück und lächelte schwach. Dabei sah er die Frau, aus seinen dunklen Augen offen an. „Ich denke, Sie wissen, dass das nicht meine Herangehensweise wäre, selbst dann, wenn ich tatsächlich noch Groll gegen Captain Dheran hegen sollte. Ihnen gefällt lediglich die Tatsache nicht, dass ich Recht haben könnte.“

Diese ruhig vorgetragenen Worte wirkten nachhaltiger bei Christina Carey, als wenn er sich über ihren Vorwurf beschwert, und ihr gegenüber seine Integrität beteuert hätte. Sie fuhr sich mit einer fahrigen Geste durch das lange, schwarze Haar, wobei sich ihre Gedanken zu jagen begannen. Konnte es wirklich sein, dass Tar´Kyren Dheran, ein Andorianer den sie zu kennen glaubte, sich an einer Verschwörung gegen Admiral Torias Tarun beteiligte. Und mit ihm eine Reihe von andorianischen Männern und Frauen, die ihren Mut im Kampf gegen die Allianz aus fünf Spezies, die sich zum Ziel gesetzt hatten, die Föderation und ihre Verbündeten gnadenlos auszulöschen, wiederholt unter Beweis gestellt hatten?

Bevor Christina Carey zu einem schlüssigen Ergebnis gekommen war, ergriff Enrom Tolaron erneut das Wort, und erklärte eindringlich: „Ich verstehe Ihre Bedenken und Zweifel, Commodore. Doch in meiner Funktion an Bord darf ich nicht meine Augen vor einer möglichen Bedrohung verschließen, nur weil mir der Gedanke daran nicht gefällt, wer dabei möglicherweise involviert sein könnte. Ich will Sie auch nicht bitten, Ihre Bedenken beiseite zu räumen, sondern lediglich darum, dass Sie mir einen gewissen Spielraum einräumen, innerhalb dessen Sie mir freie Hand lassen. Und darum, dass Sie den Admiral vorläufig noch aus diesem Spiel heraushalten. Um mehr bitte ich nicht, Commodore.“

Es passte der Irin nicht, doch die Worte des Romulaners taten ihre Wirkung. Sie nahm das PADD von der polierten, dunklen Platte seines Schreibtisches. Jenes PADD, dass sie wütend auf den Schreibtisch geworfen hatte, als Tolaron ihr zum ersten Mal von seinem Verdacht berichtet hatte. Zahlreiche Namen von Andorianern standen darauf, und ihre Bewegungsprofile der letzten Woche. Dabei stachen besonders die regelmäßigen Treffen von Dheran und Commander Tia´Vareni Sheralan, der Lebensgefährtin von Tarun, ins Auge.

Noch während Commodore Carey vor sich hin grübelte, drangen Tolarons Worte erneut in ihre Gedanken. „Nun, es könnte, rein theoretisch betrachtet, auch eine viel einfachere Erklärung für das Verhalten des Captains und des Commanders geben.“

Der Kopf der Irin ruckte hoch und mit geröteten Wangen und feurigem Blick sah sie den Romulaner an.

Enrom Tolaron, der diese Reaktion sehr genau beobachtet hatte, lächelte verbindlich und sagte dann: „Nein, ich denke, diese Option fällt aus. Captain Dheran schafft es ja nicht einmal, sich zwischen zwei Frauen zu entscheiden. Für eine dritte Liaison wäre da kein Raum, nicht wahr, Commodore?“

Sich Mühe gebend, nicht ihre Beherrschung zu verlieren, erwiderte Christina Carey kalt: „Sie sagen es, Sub-Commander.“

Der Romulaner meinte zustimmend: „Dazu würden auch die übrigen Aktivitäten nicht passen, Commodore. Ich wollte nur sichergehen, dass wir beide die Möglichkeit eines heimlichen Verhältnisses, zwischen Captain Dheran und Commander Sheralan ausschließen.“

„Ich hatte für einen Moment die perfide Raffinesse vergessen, für die Mitglieder des Tal´Shiar berüchtigt sind“, gab die Irin, noch immer erbost, zurück. „Das wird mir sicherlich nicht so schnell nochmal passieren, Mister Tolaron. Nun gut, im Moment werde ich Ihnen den Rücken freihalten, was den Admiral betrifft. Und ich werde Niemandem gegenüber ein Wort über diese Unterhaltung verlieren.“

„Ich danke Ihnen, Commodore.“ Enrom Tolaron wirkte zufrieden. „Ansonsten sollten Sie sich möglichst normal verhalten. Einem Mann, wie Dheran, würde es sicherlich auffallen, wenn Sie plötzlich auf Distanz gingen, oder aber auffällig seine Nähe suchten, wo Sie es zuvor möglicherweise nicht taten.“

Die Frau presste die Lippen aufeinander. Wieder auf das PADD sehend und einige Seiten durchgehend, fragte sie, über den Rand des Gerätes blickend: „Sie denken also, dass das Unternehmen der Andorianer, worin immer es auch immer bestehen mag, am Heiligen Abend abrollen wird, Sub-Commander?“

Der Romulaner wurde übergangslos ernst. „Ja, Commodore. Auffällig ist für mich, dass der Vater von Captain Dheran, immerhin ein erfahrener Flaggoffizier der Andorianischen Kommandotruppen, mit an Bord des Flaggschiffs des Kampfverbandes ist, den die Andorianische Garde für diese Station abgestellt hat. Immerhin dreißig moderne Kriegsschiffe. Damit wäre genau jene Verstärkung vor Ort, die man bräuchte, um eine Sternenbasis wie STRATEGICAL STARBASE 71 im Handstreich zu nehmen. Darüber hinaus wäre, mit Den´Lyran Dheran, ein erfahrener Ex-General hier, der in der Lage wäre, die Funktion von Admiral Tarun zu übernehmen und diesen Komplex zu leiten. General a. D. Dheran hat, während des Dominion-Krieges, Andoria gegen die Jem´Hadar gehalten, und ich zweifele nicht daran, dass er diese Sternenbasis ebenfalls halten könnte, sollte sie in seiner Hand sein, und der Versuch einer Rückeroberung gemacht werden.“

Mit versteinerter Miene hatte Christina Carey den nüchternen Ausführungen des Romulaners gelauscht. Sie fühlte sich noch immer hin und her gerissen, als sie eine Entscheidung traf: „In Ordnung, Sub-Commander. Ermitteln Sie weiter und erstatten Sie mir alle sechs Stunden Bericht. Aber halten Sie sich dabei bedeckt. Wenn etwas durchsickern sollte, dann gibt es ganz bestimmt einen handfesten Skandal. Ganz abgesehen von den diplomatischen Verwicklungen, die sicherlich nachfolgen würden.“

Tolarons Augen verengten sich um eine Spur. Seine grün-braunen Augen funkelten dabei, wie seltene Edelsteine. „Ich werde umsichtig handeln, Commodore. Dabei möchte ich vorschlagen, Commander Pasqualina Mancharella einzuweihen. Sie steht Captain Dheran sehr nahe und sie könnte uns entscheidende Informationen liefern.“

Christina Carey gefiel der Gedanke nicht, ausgerechnet die Spanierin mit ins Vertrauen zu ziehen. Doch vielleicht war sie auch nur, nach ihrer letzten Begegnung mit Commander Mancharella, etwas voreingenommen. Sie beschloss deshalb, Enrom Tolarons Urteil, in dieser Hinsicht, zu vertrauen.

„In Ordnung, Sub-Commander. Aber unterschätzen Sie dabei nicht die Loyalität von Commander Mancharella gegenüber Captain Dheran.“

Ein feines Lächeln, das sich jedoch nicht in seinen Augen wiederfand, umspielte die dünnen Lippen des Sub-Commanders. „Danke, Commodore.“

Mit düsterer Miene legte Christina Carey das PADD zurück auf den Schreibtisch des Romulaners und erhob sich aus ihrem Sessel. Nach einer denkbar knappen Verabschiedung von dem Romulaner verließ sie dessen Büro und schritt durch den Gang in Richtung des nächsten Turbolift-Einstiegs. Falls der Chef der Stationssicherheit Recht behalten sollte, und immerhin sah Einiges danach aus, dann standen Ihr, und allen anderen Leuten an Bord dieser Sternenbasis, granatenstarke Feiertage bevor. Und als würde das noch nicht reichen, stand zudem, einen Tag vor Silvester, die Wahl des Chief-Admirals an. Auch Tarun hatte sich aufstellen lassen, und sollte er gewählt werden, dann waren seine Tage als Oberkommandierender der Fünften Taktischen Flotte gezählt. Denn in diesem Fall würde sein Arbeitsbereich zukünftig auf der Erde liegen. Dieser Gedanke stimmte Christina Carey betrübt, denn sie würde den Admiral vermissen. Nicht nur als Freund. Beinahe niedergeschlagen rief sie den Turbolift, als sie ihr Ziel erreicht hatte, und sie glaubte, einen schweren, finsteren Hauch, um sich herum, zu spüren.



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