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Himmelsflieger

Original Only Wichteln 2016 - Seelendieb
von

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Beschwerlicher Weg und eine Annäherung

[JUSTIFY]Keuchend blieb er bei einem halbumgeknickten Baum stehen und lehnte sich dagegen. Er musste einige Meter laufen, um sein ehemaliges Zuhause hinter sich zu lassen und um sicher zu sein, dass ihm auch wirklich keiner folgen würde. Denn die Personen, die ihm nachgeschrien hatten, waren seine Freunde gewesen, die überhaupt nicht zufrieden waren, dass er einfach ging. Denn sein ‚Abschiedsbrief‘ wurde schneller gefunden als er es sich erhofft hätte. Er hatte es ja noch nicht einmal nach draußen geschafft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er seufzte einen Moment lang, ehe er dann anfing nervös zu lachen nur um dann in schallendes Gelächter zu fallen. Er rutschte am Baumstamm herunter und plötzlich brachen alle Gefühle wie ein Sturzbach über ihn hinein. Die Trauer über den Verlust seiner Eltern; die Freude, dass er den Schritt gewagt hatte; das Erfolgserlebnis und dann auch etwas Erleichterung. Weshalb er anfing zu lachen, aber gleichzeitig seinen Tränen, die über seine Wange liefen, nicht Herr wurde.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Es dauerte einige Zeit, bis sich seine Gefühle wieder einigermaßen geordnet hatten. Seine Augen fühlten sich geschwollen an, doch ihm war es gerade ziemlich egal. Er strich sich nur darüber, um die letzten Reste der Tränen zum Verschwinden zu bringen. Eine leichte Erschöpfung machte sich dann auch noch in seinen Gliedern breit, doch er verdrängte sie so gut es ging. Immerhin hatte er noch einen weiten Weg vor sich und schon jetzt eine Pause einzulegen käme nicht in Frage.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Also raffte er sich wieder zusammen und blickte entschlossen nach vorne, nur um im nächsten Moment zu erstarren. Die Welt um ihn herum sah grausam aus. Überall konnte man noch die Spuren des Kampfes sehen, sei es als Blessuren im Boden oder als tiefe Furchen in den Bäumen. Der Boden war an manchen Stellen getränkt vom Blut und Chris spürte, wie eine Welle der Übelkeit ihn überkam. Nicht nur das Lebenselixier war zu entdecken, sondern auch Eingeweide und andere Körperteile von seinen Freunden und Bekannten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er stolperte nach hinten, als ihm der Anblick zu viel wurde und sein Atem beschleunigte sich zusehends. Er war auf etwas ausgerutscht und spürte einen Widerstand an seinem Schuh. Er wusste, dass er bereuen würde, wenn er nachsehen würde, doch die Neugierde war grösser und so blickte er nicht nur auf das leicht eingetrocknete Blut, auf dem er ausgerutscht war, sondern auf den Widerstand, der ihm den wenigen Atem, den ihm noch blieb, raubte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ausdruckslose Augen starrten ihn an und schienen weit in sein Innerstes zu sehen. Er hob seinen Blick wieder vorsichtig und entdeckte, dass er nicht auf die Leiche einer Person blickte, sondern auf den abgetrennten Kopf davon. Panik machte sich in ihm breit und er wusste, dass er, sollte er noch einmal darauf blicken, die Person darin erkennen würde, deren Besitzer nun nicht mehr unter ihnen weilte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Kopf ruckte hin und her und immer mehr Übelkeit wallte in ihm hoch. Das Schlachtfeld sah bestialisch aus und erst jetzt fiel ihm der Geruch auf, der allgegenwärtig schien. Er wunderte sich wieso er ihm nicht schon vorher aufgefallen war und wieso er vorhin so ruhig seinen Gefühlen freien Lauf hatte lassen können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seine Beine bewegten sich fast schon automatisch, als er fluchtartig in eine Richtung lief, einfach nur weit weg von den Toten, die ihn anklagend anblickten. Er wollte nicht wissen, wer noch alles auf ihn blicken konnte, schon gar nicht mit der Gewissheit, dass seine Eltern darunter waren. Oder zumindest das, was von ihnen übriggeblieben war.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Würgend entledigte er sich allem, was er den ganzen Tag gegessen hatte. Viel war es nicht gewesen, weshalb er schnell den ekligen Geschmack der Magensäure im Rachen hatte. Er hatte weit laufen müssen, um dem Schlachtfeld zu entfliehen und sich sicher zu sein, dass er nichts mehr entdecken konnte, was an einen seiner Freunde oder Bekannten erinnerte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unterwegs hatte er auch einen fast vollständig abgetrennten Flügel entdecken können und fragte sich plötzlich, ob diese Flugechse vielleicht auch irgendwo mit starren Augen lag. Doch diese Frage würde er wohl nie beantwortet kriegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Magen schmerzte und er fühlte sich mit einem Mal sehr schlapp. Sein Gepäck wog gefühlte hundert Kilo und Chris sackte erschöpft in sich zusammen. Er streifte alles ab und legte seine Arme um seinen zitternden Körper. Ihm war nicht kalt, aber die Erfahrung, die er gerade gemacht hatte, hatte ihm für einen kurzen Moment den Rest gegeben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Atem beruhigte sich auch nur langsam und seine Finger suchten zitternd nach dem Wasserschlauch, den er aber recht schnell fand. Er nahm einen Schluck, um seinen Mund auszuspülen und spuckte ihn etwas widerwillig aus. Er wollte das, was vorhin rauswollte, nicht noch einmal hineinbitten, obwohl es wirklich schade um die Flüssigkeit war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seine Nerven beruhigten sich seines Erachtens nicht schnell genug. Doch gleichzeitig war er erstaunt, wie ruhig er dennoch blieb. Immerhin sah man nicht jeden Tag die Überreste oder Leichen von Leuten, die man kannte oder vielleicht sogar liebte. Er verschloss den Wasserschlauch wieder und setzte sich besser auf den Boden, nur um die Beine dann an seinen Körper zu ziehen und seinen Kopf darauf zu betten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte die erste Hürde seiner Reise geschafft, auch wenn er sie sich definitiv anders vorgestellt hatte. Er hatte nicht mit einberechnet, dass er das Schlachtfeld wohl kreuzen würde, auf dem die anderen noch vor wenigen Stunden gekämpft hatten. So fern hatte er dies in den Hintergrund verdrängt, nur um mit einem Schlag ins Gesicht daran erinnert zu werden, wie gutgläubig er doch war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schluckte und entließ dann ein langes Seufzen. Er hatte geahnt, dass nichts rosig sein würde, denn wie sollte es schon in dieser komischen Welt sein. Erst der unnütze Krieg, der über die Jahre zur Tradition wurde und dann die Flucht, die einfach in Gedanken klang, aber ausgeführt gänzlich anders ablief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schüttelte kurz den Kopf und lachte dann witzlos auf: „Ich bin echt ein Idiot …“ Plötzlich kam ihm sein Wunsch, das Frostfeld zu durchqueren, einfach nur dumm vor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Blick in den Himmel verriet ihm, dass bald die erste Nacht anbrechen würde. Da er nicht im Freien schlafen wollte, raffte er sich und seine Sachen wieder zusammen und machte sich auf die Suche nach einer Höhle oder einem trockenen Unterschlupf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und er musste auch nicht lange suchen, um etwas zu finden. Zufrieden stellte er seine Sachen hin und öffnete den Knoten, der sein Nachtlager und die wärmenden Utensilien enthielt. Er wusste, dass es kalt werden würde, weshalb er seine Entscheidung jegliches warmes Material mitzunehmen nicht bereute. Dennoch hatte er das Gefühl, dass es einfach nicht genug war um seinen Körper vollends zu wärmen. Gierig schlang er sich deshalb in die Decken und seufzte wohlig auf. Er müsste eigentlich ein Feuer anfachen, doch die Müdigkeit, die sich abrupt in seine Knochen geschlichen hatte, war zu allmächtig und lullte ihn fast augenblicklich ein.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Der gepeinigte Schrei eines Tieres ließ Chris aus seinem unruhigen Schlaf aufschrecken. Er blinzelte kurz verwirrt in die Dunkelheit, weil er sich nicht zurechtfand, nur um festzustellen, dass er zusammengekauert auf einem kalten Boden lag, der nicht nach zu Hause roch, sondern nach muffigem Erdreich. Schlagartig wurde ihm klar, dass er nicht mehr zu Hause war, sondern auf seiner Reise zum Frostfeld und so stand er auf, streifte sich die Decken von seinen Schultern, einfach weil die Neugierde ihn gepackt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Schrei kam ihm nicht wirklich bekannt vor, doch irgendetwas sagte ihm, dass es nur einer von einem Himmelsflieger sein konnte. Vorsichtig spähte er aus seiner Höhle und hörte wieder dieses gepeinigte Schreien, das er schwer erklärlich fand. Es schienen ein paar Geräusche gleichzeitig drin vermischt zu sein, ein hoher Ton und ein eher tiefer. Der Schrei ging durch Mark und Bein und Chris hielt ehrfürchtig den Atem an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah nicht sofort wo sich der Himmelsflieger befand, doch er schien nicht allzu weit weg zu sein. Ein erneuter Schrei war zu vernehmen, doch weniger kraftvoll als die beiden Male zuvor. Er schluckte und ging wieder einen Schritt zurück in seinen Unterschlupf. Er wusste nicht genau, was er tun sollte, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Denn, obwohl er nicht kämpfen wollte, war ihm bewusst, wie machtlos er gegen ein solches Geschöpf doch war. Immerhin überragte es ihn nicht nur an Körpergewicht, sondern auch an Größe. Mehrere Meter lang wurden Flugechsen, wenn sie ausgewachsen waren und er konnte gerade nicht sagen, welche sich in seiner Nähe aufhielt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein leichtes Beben war zu spüren und etwas Dreck fiel auf ihn herab. Der Schrei war verklungen, dafür hörte er ein lautes Schnaufen, was sicherlich der Atem des Wesens sein musste. Chris riss seine Augen auf und ging tiefer in seinen Unterschlupf zurück. Er hatte das ungute Gefühl in der Falle zu sitzen. Beim Zurückgehen hatte er seine Utensilien gegriffen und nahm sie so tiefer mit sich hinein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Herz schlug fest in seiner Brust und er hatte Angst, dass es jeden Moment aus ihm herausspringen könnte. Es rauschte in seinen Ohren, seine Nerven waren gespannt wie Drahtseile und sein Blick war starr auf den Eingang gerichtet. Er wagte noch nicht einmal zu blinzeln und horchte, so gut es ging, auf die donnernden Schritte über seinem Kopf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Versteck musste sehr stabil sein, weshalb er irgendeiner Gottheit dankte, dass er bis jetzt noch überlebt hatte. Dennoch kamen einige Schreckensbilder vor sein inneres Auge, als er auf alles gefasst den kringelnden Atem erblickte. Er schwebte hinein und Chris glaubte, dass er vor Anspannung fast vergehen würde. Ein schnupperndes Geräusch war zu vernehmen, ehe die Schnauze kopfüber in sein Versteck gesteckt wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Herz schlug nun viel zu schnell und der junge Gegleone hatte das Gefühl, dass er jeden Augenblick umkippen könnte und hielt seinen Atem an. Jeder Moment ohne Luft schmerzte und er griff zitternd und so langsam wie nur möglich nach der Kette, die er von Emanuel geschenkt bekam und zögerte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Würde sie ihm in diesem Moment überhaupt nützen? Immerhin müsste er an diesem Ungetüm erst einmal vorbeiziehen, um dann davor zu flüchten. Es wäre sicherlich eine kurze Flucht, die einfach zum Scheitern verurteilt war. Weshalb sich seine Hand nur um das Instrument legte und er weiterhin auf die Schnauze blickte, die plötzlich zurückgezogen wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er straffte seine Schultern, weil er einen kurzen Moment der Unaufmerksamkeit hatte, ehe er bemerkte, dass die donnernden Schritte sich von ihm entfernten und wagte wieder normal ein- und auszuatmen. Doch dann folgte ein weiteres, unerklärliches Geräusch und Chris war sich nicht sicher, was er davon halten sollte. Denn die Schritte und das Atmen waren plötzlich nicht mehr zu hören, nachdem ein Poltern zu vernommen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er blieb noch einige Minuten in Alarmbereitschaft, ehe er seine Schultern sacken ließ und die Anspannung aus seinen Gliedern wich. Er spürte, wie ihm der Schweiß auf der Stirn stand und wischte sich mit zittrigen Händen darüber. Sein Gesichtsausdruck verstimmte sich etwas, als er sich die feuchten Hände an seiner Hose abwischte: „Kann dieser Tage bitte einfach nur noch enden …?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er fühlte sich zusehends erschöpfter und fragte sich wirklich, ob dieser Tag kein Ende mehr nahm, weswegen er kurzerhand seine Decken nahm, sie um sich schlang und an der Mauer, sie hinter ihm aufragte, herunterrutschte. Er hielt den scheinbar zusammengebrochenen Himmelsflieger im Blick und ließ sich wieder von der Müdigkeit einlullen, wohlwissend, dass er den Morgen vielleicht nicht mehr erleben könnte. Doch er wollte die ersten Erlebnisse hinter sich bringen, also überließ er seinem Körper der bleiernen Müdigkeit, die sich über ihn legte.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Am nächsten Morgen wachte er mit steifen Gliedern auf. Sein Körper fühlte sich an, als hätte er einen schweren Sturz hinter sich. Keuchend richtete er sich aus seiner halb-sitzenden-halb-liegenden Position auf und blickte in rabenschwarze Augen, die in genauso schwarze Federn überging. Schreiend scheuchte er die Krähe weg, die sich auf ihn niedergelassen hatte. Sicherlich um sich an seinem Fleisch zu laben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Krächzend entfernte sie sich von ihm und verließ federlassend seinen Unterschlupf. Chris hielt sich sein wildklopfendes Herz und sein Atem raste. Er wartete einen Moment, ehe er es wagte sich noch einmal zu bewegen und wischte sich erst einmal den Speichelfaden weg, der sich einen Weg über sein Kinn erschlichen hatte. Sein zweiter Griff galt seinem Wasserschlauch, aus dem er einen gierigen, aber nicht allzu tiefen Schluck nahm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erfrischt lehnte er seinen Kopf an die kühle Felswand, die aber auch eine Erdwand hätte sein können. Er seufzte und hörte, wie sich auch sein Magen knurrend zu Wort meldete und zog seinen Beutel näher an sich. Es würde definitiv kein ausgewogenes Essen werden, weshalb er blindlings in die Tüte mit den Körnern griff und einige herausfischte. Er musste auf ihnen herumkauen, weil er sie nicht zu Mehl und dann zu Brot verarbeiten konnte. Obwohl er auch daran hätte denken können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nachdem er sich gestärkt hatte, stand er auf und reckte seine müden und schmerzenden Knochen und Glieder. Er hoffte, dass er sich schnell an diese ungewöhnlichen Schlafpositionen gewöhnen würde, weil er sicherlich noch öfters so schlafen werden müsste. Doch ihm sollte es egal sein, denn er fühlte sich trotz den Albträumen ziemlich erfrischt und würde heute sicherlich etwas von seinem Weg zum Frostfeld hinter sich bringen können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch als er seinen Unterschlupf verließ, hätte er am liebsten wieder kehrtgemacht. Die Flugechse lag noch immer auf dem Boden und rührte sich nicht. Chris musste zugeben, dass er schon erleichtert aufatmen wollte, doch plötzlich bewegte sich der Körper des Himmelsfliegers ein wenig. Erschrocken wich er zurück, nur um festzustellen, dass das Wesen vor ihm wohl zu erschöpft war, um irgendetwas Gefährliches zu tun.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da erst merkte er, dass der Boden klebrig und über und über mit Blut betränkt war. Er riss seine Augen etwas auf und begutachtete dann die Flugechse noch einmal genauer. Und da fiel sie ihm ins Auge, die klaffende Wunde, wo einst einmal einer der Flügel saß: „Aber … hab ich nicht gestern?“ Entsetzt musste er feststellen, dass er wohl gestern am Rest des Flügels der Flugechse vorbeigelaufen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein leichtes Schnauben war zu hören und nun war sich Chris sicher, dass das Wesen noch lebte, wenn auch schwer verletzt. Denn es sickerte immer noch dunkelrotes Blut aus der Wunde und er musste schlucken. Wenn dies ein anderer Gegleone gewesen wäre, dann hätte er sofort sagen können, dass er wohl den Tag nicht überleben könnte, doch bei Himmelsfliegern kannte er sich mit Verletzungen definitiv nicht aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er blieb einige Zeit unsicher auf der gleichen Stelle stehen, ehe er sich dazu entschied sein Gepäck abzustellen und vorsichtigen Schrittes vor die Schnauze des Himmelsfliegers zu gehen. Er hob beschwichtigend die Hände und zeigte, dass er ihm nichts anhaben wollte: „Ich tue dir nichts, mach dir also keine Sorgen. Ich schau mir deine Wunde nur gerne einmal an.“ Er sprach langsam und betonte jedes Wort extra und kam sich etwas dämlich dabei vor, als würde er einem Blinden mit einem Fingerzeig auf die Schönheit eines Objektes hinweisen wollen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Etwas resigniert blickte er auf die Flugechse, die ihren Kopf etwas schief gelegt hat: „Du verstehst mich sicherlich nicht, aber ich würde gerne nach deiner Wunde sehen.“ Er sprach immer noch langsam, gestikulierte dieses Mal aber, um seine Worte verständlicher zu machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch er bekam das Gefühl, als würde es dem Himmelsflieger langsam zu but werden, da er ein Schnauben vernahm und sich der riesige Körper vor ihm plötzlich aufbäumte. Jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht, als er beobachteten musste, wie die Flugechse sich in ihrer vollen Pracht zeigte und ihr Kopf immer näher kam, nur um die Position dann wieder zu ändern und den verletzten Rest des Flügels zu präsentieren. Perplex blickte Chris einige Momente auf das blutnasse Überbleibsel des Wesens und wusste weder ein noch aus. Immerhin konnte er jetzt genau so wenig damit anfangen wie noch vor wenigen Minuten, auch wenn er einen Schritt weiter war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er runzelte angestrengt die Stirn und stierte von weitem auf die Verletzung, die gravierend war, aber nicht mehr stark zu bluten schien. Vorsichtig ging er einen Schritt näher und wollte seine Hand ausstrecken, doch die Flugechse ließ schnaubend eine leichte Rauchwolke erscheinen. Chris interpretierte es so, als würde der Himmelsflieger ihm klarmachen wollen, dass Anschauen wohl akzeptiert wäre, Anfassen dagegen tabu sei.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schluckte lautstark und murmelte vor sich hin: „Wenn du dir eben nicht helfen lässt …“ und wandte sich dann leicht ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie sollte er denn etwas tun, wenn er noch nicht einmal das Wesen berühren konnte, das verletzt war? Sein Blick ging kurz suchend umher, doch er fand nichts wirklich Hilfreiches. Weshalb er seinen Blick wieder zu der Flugechse wandte und sie etwas genauer begutachtete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie war kleiner, als er sich Himmelsflieger vorstellte, deshalb schätze er einmal, dass er es mit einem jüngeren Abkömmling zu tun hatte. Die Flügel, oder zumindest der unbeschadete, waren in verschiedene Brauntöne gehalten, hie und da vom Rot des Blutes durchbrochen. Vom Kopf bis zum Schweif hin wechselten sich die verschiedensten Farben im Grün- und Blauspektrum und Chris war sich nicht ganz sicher, wie er jeglichen Farbton benennen sollte, weshalb er sich keine weiteren Gedanken darüber machte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Augen, die ihn müde aber dennoch wachsam beobachten, waren golden und glühten förmlich im bläulichen Gesicht. Der Körper war von dichtgedrungenen, halbrunden Schuppen bedeckt und über dem Mittelrücken bis zur Schwanzspitze reihte sich ein regenbogenfarbiger Zacken an den nächsten. Die Flugechse besaß indes auch zwei Vorderläufe und zwei Hinterläufe, die ziemlich kräftig aussahen und in scharfen Krallen endeten, soweit Chris dies jedenfalls erahnen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er beugte sich wieder etwas vor, um die Verletzung besser ins Auge zu fassen und runzelte dann die Stirn: „Wieso hast du mich noch nicht getötet oder zumindest angegriffen? Auch mit dieser Verletzung müsste es doch ein Leichtes sein einen so schwachen Gegleonen wie mich zu töten, oder?“ Er schwieg einen Moment und lachte dann witzlos auf: „Aber was frag ich überhaupt, du kannst mir ja eh nicht antworten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schüttelte dann seinen Kopf und ging zu seinem Gepäck, das er ja etwas weiter weg abgesetzt hatte. Ihm wurde vom Geruch des Blutes etwas übel und er spürte, wie ihm wieder der Schweiß auf die Stirn trat. Ein wenig wackelig auf den Beinen war er auch schon geworden und er wollte nun wirklich nicht zu einem noch schwächeren Gegleonen werden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hinter ihm schnaubte der Himmelsflieger zum wiederholten Male und er hörte ein Scharren und einen gequälten Laut hinter sich. Obwohl es wohl eher neben ihm war, denn er hatte der Flugechse den Rücken noch nicht zugewendet. Neugierig, woher diese Geräusche kamen, drehte sich Chris wieder vollends zu dem Wesen und blinzelte leicht verwundert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich hätte mir denken können, dass Gegleonen noch immer im Glauben sind, dass sie die Einzigen sind, die die Sprache von Gegleon sprechen und verstehen können“, las er verwundert die Worte, die der Himmelsflieger mit einer Kralle in den Boden geschrieben hatte, „Auch wenn es eigentlich kein Wunder ist, nach den Jahren des Krieges und der Distanz zwischen unseren Rassen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit schmerzverzerrten Gesicht schnaubte die Flugechse wieder eine Rauchwolke aus und legte ihren Kopf erschöpft auf den Boden. Chris war einen Moment etwas zu erstaunt darüber, dass er eine Antwort auf seine letzte, recht rhetorische Frage bekommen hatte und ertappte sich dabei, wie er einen Schritt auf sein verletztes Gegenüber zuging. Etwas unsicher beugte er sich hinunter, um auf Augenhöhe zu gelangen und versuchte den Blick mit den goldenen Augen zu suchen: „Du wirst mir meine Worte sicher nicht glauben, aber ich wollte und werde nie kämpfen. Wollte nie einen von den Himmelsfliegern angreifen oder überhaupt in diesen Krieg hineingezogen werden. Keiner weiß noch, wofür gekämpft wird und doch sterben Gegleonen und Angehörige deiner Rasse. Das ist einfach nur absurd und ekelerregend …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er wandte seinen Blick dann wieder ab und seufzte. Er konnte sich nicht wirklich erklären wieso er so ruhig geworden und dem Himmelsflieger so nahe gekommen war. Er konnte gerade seine eigenen Aktionen nicht wirklich nachvollziehen. Noch vor einem Tag war er ganz woanders gewesen, umgeben von seiner Familie und seinen Freunden, doch nun saß er vor einer Flugechse und sprach mit ihr. Der Rasse, die für das Töten und Sterben vieler seiner Freunde und Familienangehöriger zuständig war. Zuständig, obwohl der wirkliche Krieg hunderte wenn nicht sogar schon tausende Jahre in der Vergangenheit lag.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Keiner wusste mehr, wann und wieso dieser sinnlos gewordene Krieg wirklich angefangen hatte. Keiner konnte sich daran erinnern, wann das Kämpfen zu einer Verpflichtung wurde, dabei konnten weder er noch die anwesende Flugechse etwas für die Dummheiten der Vorfahren ihrer beiden Rassen. Und doch mussten sie und alle anderen darunter leiden. Chris, weil er von einem Moment auf den anderen Vollwaise wurde und der Himmelsflieger, weil er dem Himmel wohl nun fern bleiben musste, unfähig mit nur einem Flügel zu fliegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Christ meinte die Worte, die er gesagt hatte, ernst und doch hörten sie sich gleichzeitig so falsch an, weil er sich fühlte, als würde er die Generationen von Gegleonen damit verspotten, die für ihr ‚Wohl‘ gekämpft hatten und gestorben waren. Er ballte seine Fäuste und knirschte kurz mit den Zähnen: „Es kann doch nicht sein, dass eine alte Fehde auf den Schultern unserer Eltern, Großeltern und Freunde ausgetragen wird und doch wird dafür gegenseitig ein Massaker veranstaltet. Aber das wirst du sicherlich nicht verstehen, immerhin bist du kein Gegleone, der am Vortag seine Eltern durch einen der deinigen verloren hat!“ Seine Stimme wurde immer lauter und er spürte, wie seine Wangen warm vor Wut wurden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er hatte so vieles zu lange in sich hineingefressen, so dass nun alles aus ihm herausplatze, obwohl sein Gegenüber damit nichts wirklich zu tun hatte. Doch er konnte seine Zunge nicht mehr zügeln: „Ihr könnt einfach wegfliegen, wenn es euch zu viel wird, wir aber nicht! Wir stecken hier in diesem maroden Loch fest und wissen seit Jahren nicht mehr, wie wir den nächsten Tag überleben sollen. Die Vorräte werden immer knapper und immer mehr sterben jung. Ich wünschte ich könnte mit dir tauschen und einfach wegfliegen, um da…“ Doch weiter kam er nicht, weil sich die Flugechse aufgebaut hatte und einen bedrohlichen Laut von sich gab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Rauch aus den Nüstern war bedrohlicher geworden und glomm hellblau. Er knisterte auch leicht, als sich der Himmelsflieger in voller Größe hinstelle und Chris nun wahrlich überragte. Als der Rauch in seine eigenen Lungen gedrungen war, spürte er Etwas in sich eindringen und keuchte atemlos auf. Worte bildeten sich vor seinem inneren Auge und er starrte einfach nur willenlos vor sich hin, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen oder seinen Körper zu bewegen. Mit jedem weiteren Wort spürte er sich als würde ein Peitschenhieb aus Schmerzen auf seinen Körper einschlagen und ihn immer näher an eine unwillentliche Ohnmacht drängen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du willst, dass ich dich verstehe, Winzling? Du weißt doch selbst noch nicht einmal was es bedeutet ein Himmelsflieger zu sein. Was es bedeutet täglich hierher fliegen zu müssen, um wieder und wieder angegriffen zu werden, obwohl wir doch nur diesen sinnlosen Krieg endlich beenden wollen. Wie es für meine Rasse ist ungehört zu bleiben, weil jeglicher gegleonische Geist sich uns verschlossen hat! Wie viele Jahre wir nun schon zusehen mussten, wie eure Rasse immer weiter schrumpfte und die Umstände der Ländereien immer unerträglicher wurden? Wie die Kluft zwischen Flugechse und Gegleone grösser und grösser wurde? Nur damit irgendwann eine von unseren Rassen aussterben wird …?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Chris taumelte nach Luft schnappend und mit klingelnden Ohren nach hinten. Er fühlte sich erschlagen von den Worten, die unausgesprochen in seinem Inneren wiedergespielt wurden. Ungehört von seinen Ohren, aber dennoch verständlich von den Zellen seines Gehirns empfangen und übertragen. Und er hatte spüren können, wie viel Trauer, Wut und Enttäuschung in ihnen mitschwang … Wie viele Vorwürfe sich beide Rassen wohl gegenseitig entgegenwerfen könnten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch Chris fühlte sich zu erschöpft und ausgenutzt, um weiter über die Worte nachzudenken. Und die schmerzlindernde Schwärze hinter seinen Augen breitete sich wie Watte über ihn aus … [/JUSTIFY]


Nachwort zu diesem Kapitel:
Leider muss ich an dieser Stelle sagen, dass ich noch nicht weiter geschrieben habe. Ich versuche dies aber so schnell wie möglich nachzuholen.
Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass der Anfang Lust auf mehr gemacht hat. Komplett anzeigen

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