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Labyrinth

von

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welcome to the labyrinth of life

 Enter labyrinth
 

Viele verglichen das Leben gerne mit einer Straße, einem Weg. Man ging immer voran, hatte manche Weggabelung zu passieren um seine Ziele zu erreichen. Doch Akira verglich das Leben meist lieber mit einem Labyrinth. Immerhin gab es zu viele Möglichkeiten, zu viele Wege, die man gehen konnte. Nicht jeder war richtig, manchmal landete man an einem Punkt, wo man schon einmal gewesen war und dann musste man sich einen neuen Weg zu dem suchen, was man am Ausgang des Labyrinths vermutete. Er selber dachte dabei an ein weiteres gemeinsames Leben mit der Person, die ihn verstand wie keine andere Person es auf der Welt konnte.

Seine besondere Person hieß Kindaichi Yuutarou.

 

First turn right
 

„Das ist Kunimi Akira. Bitte seid nett zu ihm. Er ist erst vor ein paar Tagen mit seinen Eltern von Tokyo nach Sendai gezogen!“, erklärte die Lehrerin freundlich. Ihre Hand lag warm und schwer auf der kleinen Schulter des gerademal zehn Jahre alten Jungen. Dieser starrte mit seinen großen graubraunen Augen in die Gesichter seiner neuen Klassenkameraden. In ihnen waren weder Angst noch Nervosität vor diesem neuen Abschnitt zu erkennen. Stattdessen starrte er fast schon frei von Emotionen vor sich hin.

„Setz dich doch bitte da vorne auf den freien Platz neben Yuutarou-kun!“

Akira nickte und folgte der Bitte der Lehrerin. Er setzte sich auf den leeren Platz neben den Jungen, dessen Haare wild nach oben abstanden. Kurz bedachte er ihn mit einem Blick und schaute dann brav an die Tafel, um dem Matheunterricht zu folgen. Er mochte Mathe, konnte er doch sehr gut mit Zahlen umgehen. Für ihn schienen sie vertraut und die Lösung stets zum Greifen nahe. Er beobachtete wie ihre Lehrerin eine Aufgabe an die Tafel Schrieb. Scheinbar war dies eine Hausaufgabe gewesen. Nun sollte ein Schüler das Ergebnis durch schriftliches Dividieren an der Tafel lösen. Leise murmelte Akira die an der Tafel stehenden Zahlen vor sich hin.

„108…“, flüsterte er leise zu sich selber. Yuutarou blickte auf, sah fragend zu ihm und dann wieder auf sein Matheheft, in das er die Lösung eingetragen hatte. Er beobachtete wie ein Klassenkamerad an der Tafel zu genau demselben Ergebnis kam.

„Wow… Du scheinst ganz schön gut in Mathe zu sein!“, kommentierte Yuutarou und stupste ihn grinsend mit seinem rechten Ellenbogen an. Akira merkte wie seine Ohren aus Verlegenheit rot wurden. Bald schon folgten seine Wangen dem Beispiel. Zumindest solange bis sie sich wieder auf den Unterricht konzentrieren mussten.

Als es endlich zur Pause gongte, konnte Akira beobachten wie einige seiner neuen Klassenkameraden sich zu ihnen gesellten. Scheinbar war sein Sitznachbar ziemlich beliebt.

„Komm, wir gehen Fußball spielen!“, forderte einer der Jungen seinen Sitznachbarn auf. Akira beobachtete den Jungen mit den sandfarbenen kurzen Haaren und einer Zahnlücke, die durch sein breites Grinsen offenbart wurde.

„Klar, Shinji! Du hast doch kein Problem wenn Akira mitspielt?“

Überrascht sah Akira auf, als er seinen Namen hörte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Sitznachbar ihn gleich mit einbeziehen würde. Und wenn er ehrlich war, wäre es ihm lieber gewesen, wenn er es nicht getan hätte. Fußball war so gar nicht sein Interessengebiet und überhaupt war seine Handkoordination um einiges besser als die seiner Beine. Wahrscheinlich würde er nicht einmal den Ball treffen. Da war es natürlich wenig erfreulich, dass der Rabauke namens Shinji nur mit den Schultern zuckend sein Einverständnis gab.

„Dann wäre das geklärt! Komm, Akira! Du kannst in meinem Team mitspielen!“, Yuutarou hatte sich erhoben, streckte Akira eine Hand entgegen. Kurz beäugte dieser die Hand skeptisch, ließ sich aber dann von ihm hoch ziehen. Einen Moment länger als notwendig drückte er die warme Hand.

„Ich bin nicht sonderlich gut im Fußball“, gab Akira zu. Er löste seine Hand von der des Anderen und schaute kurz zu den anderen Jungen, die sich schon auf den Weg aus dem Klassenraum machten. Er blickte wieder zu Yuutarou. Dieser zuckte mit den Schultern.

„Na und? Mein Papa sagt immer: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen!“ Er bekräftigte seine Worte noch einmal mit einem Nicken, setzte sich schließlich auch in Bewegung. Akira folgte ihm schweigend. „Und in was bist du dann gut? Also außer als in Mathe?“

„Volleyball“, erwiderte Akira auf die Frage des Anderen.

„Huh… Volleyball. Hab ich ehrlich gesagt noch nie gespielt. Kannst du es mir zeigen?“, fragte Yuutarou.

Akiras Gesichtszüge hellten sich für einen kurzen Moment auf. Doch verriet auch der leicht veränderte Klang seiner Stimme, dass ihm der Volleyball etwas bedeutete. „Du kannst gerne mal mit zum Training kommen!“, schlug er nach einer kurzen Stille vor. Yuutarou nickte grinsend.

„Hey!! Beeilt euch!“, riss Shinjis Stimme sie aus ihrem Gespräch. Er winkte ihnen ungeduldig zu. Yuutarou winkte grinsend zurück, beschleunigte sein Tempo um zu den Anderen aufzuschließen. Akira war es schon jetzt zu viel Bewegung für ein dummes Fußballspiel.

 

Second turn forward
 

In den gemeinsamen Jahren, die er mit Yuutarou verbringen durfte, hatte es nur wenige Tage im Jahr gegeben an denen sie sich nicht gesehen hatten. Er war es gewesen, der Yuutarou für den Volleyballsport begeistert hatte. Und auch wenn er diesen Sport stets als weniger lästig als andere Aktivitäten empfunden hatte, wurde er mit seinem besten Freund an seiner Seite um einiges erträglicher. Kämpfte Akira lieber auf Sparflamme, ging Yuutarou lieber in die Vollen.

Wann immer Yuutarous Kraftreserven sich dem Ende neigten, hielt Akira ihm bereitwillig den Rücken frei. Dafür sorgte Yuutarou dafür, dass Akira nicht zu Hause versumpfte und in regelmäßigen Abschnitten sich aktiv betätigte. Sie ergänzten sich seit dieser schicksalhaften Begegnung perfekt.

Es war einfach anzunehmen, dass es immer so bleiben würde. Für Akira war es immer eindeutig gewesen, dass Yuutarou und er unzertrennlich waren. Was sollte sich schon zwischen sie und ihre tiefe Beziehung zueinander stellen?

Sie Beide gegen den Rest der Welt.

Doch nichts hält ewig.

Der Startschuss fiel und das Wettrennen begann.

 

Third turn right
 

„Ein weiteres Liebesbrief?“, vernahm Akira die vertraute Stimme von Yuutarou. Er drehte seinen Kopf in die Richtung, aus der er die Stimme vernommen hatte, erhaschte einen Blick auf seinen besten Freund. Kurz schaute er zu Yuutarou, sah dann wieder auf den Brief in seiner Hand und stopfte ihn achtlos in seine Hosentasche. Seine Straßenschuhe wurden in sein Schuhfach gestellt und die Schulschuhe noch einmal zurecht gezupft. Die Schultasche geschultert, drehte er sich zu Yuutarou um.

„Scheint so“, meinte Akira schließlich recht desinteressiert. Ihn interessierte nicht wirklich, was in dem Brief stand oder von wem dieser Brief war. Die Wahrscheinlichkeit, dass er diese Person kannte, war schwindend gering. Und mit jemandem, den er nicht einmal kannte und der ihn nur wegen dem äußeren Eindruck daten wollte, wollte er wirklich nicht ausgehen.

„Solltest du damit nicht vorsichtiger umgehen? Immerhin sind das die Gefühle von irgendjemandem“, ermahnte ihn Yuutarou.

Akira seufzte: „Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass ich den Schreiber oder die Schreiberin auch nur kenne…“ Akira verdrehte seine Augen und setzte sich in Bewegung. Yuutarou folgte ihm.

„Dennoch! Es gehört sich nicht, so mit den Gefühlen von anderen umzugehen!”

„Das Ergebnis bleibt doch so oder so dasselbe. Sie bitten mich in dem Brief um ein Treffen, gestehen ihre Gefühle und ich lehne ab, weil ich sie nicht ke- Au!“, Akira hatte in einer sehr gleichgültig klingenden Tonlage angefangen den üblichen Verlauf zu beschreiben. Zumindest solange bis Yuutarou ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf gegeben hatte. Akira rieb sich die schmerzende Stelle, blickte zu seinem besten Freund hinüber. „Nur weil du Vize-Kapitän wirst, musst du dir nicht in jedem Punkt ein Beispiel an Iwaizumi-san nehmen!“, beschwerte sich Akira, „Ich stehe nicht auf Schläge. Ich bin immerhin nicht Oikawa-san“

„Eh? Woher weißt du-“, fing Yuutarou an. Sichtlich überrascht sah er zu seinem besten Freund hinüber.

„Minamoto –senpai hat erwähnt, dass du und Hasegawa Kapitän und Vize-Kapitän werden sollt. Viel Spaß“, Akira klang wenig begeistert.

„So wie du das sagst, klingt das eher nach eine Strafe als nach einer Ehre!“, grummelte Yuutarou.

„Ist es das nicht?“, fragte Akira und blieb kurz stehen. Er sah zu seinem besten Freund. Dieser blieb stehen und verdrehte die Augen

„Nein, ist es nicht!“, er setzte sich wieder in Bewegung und Akira tat es ihm gleich.

„Ich fände es viel zu lästig Kapitän oder Vize-Kapitän zu sein. Man muss als erster da sein, muss als letzter gehen, man hat mehr organisatorische Pflichten und überhaupt ist das alles nur eine zusätzliche Anstrengung.“

Yuutarou lachte auf: „Also wirklich… Akira… Das kann man sich ja wirklich wundern, dass du überhaupt so etwas Anstrengendes wie Volleyball spielst!“

„Hmn… Könnte man. Aber es ist zumindest die Anstrengung wert.”

Sie blieben vor ihrem Klassenraum stehen, schoben die Tür zur Seite, um in den ziemlich leeren Raum einzutreten. Akira ließ sich auf seinem Platz nieder, packte seine Sachen aus und wartete, bis Yuutarou sich auf dem Platz vor ihm niedergelassen hatte.

„Herzlichen Glückwunsch, übrigens.“, meinte Akira schließlich. Denn auch wenn er selber nicht diese Verantwortung hatte haben wollen, schien sich Yuutarou über diesen Posten zu freuen. Also freute er sich für seinen besten Freund. (Wenngleich er natürlich nie im Leben mit ihm tauschen würde!)

„Danke! Ich hätte aber ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ich den Posten bekommen würde. Hasegawa hat ja was von einer Führungspersönlichkeit. Aber hätte man sonst nicht vielleicht so jemanden wie Kageyama auswählen sollen? Immerhin ist er ja irgendwie so unser Starspieler…“

„Und eine große Nervensäge noch dazu…“, murmelte Akira.

„Also! So schlimm ist er doch gar nicht!“, widersprach Yuutarou.

Akira blickte Yuutarou durchdringend an. In seinem Blick lag Unglaube. „Das meinst du doch nicht ernst?“

Yuutarou zuckte mit den Schultern. „Er ist doch irgendwie unser Starspieler. Wäre es da nicht logisch, dass man ihm auch eine der beiden Positionen anbieten würde…“

„Wenn es so weit kommt, dass Kageyama Kapitän wird, fresse ich einen Besen!“, entgegnete Akira ungerührt. Von der Idee, dass ihr Setter diese Position einnehmen könnte, hielt er offensichtlich nicht wirklich etwas. Konnte man es ihm verübeln? Wahrscheinlich nicht. Doch Yuutarou verstand Akira in diesem Punkt offensichtlich nicht.

„So schlimm wäre er doch nicht“, meinte Yuutarou. Die Tür zum Klassenraum öffnete sich und eine Traube von Schülerinnen gesellte sich zu ihnen.

„Ja…  Er würde ja auch nur jede Menge Extra-Training ansetzen. Weil ja jeder so wie er Volleyball atmen und leben muss. Danke. Aber nein, danke! Darauf kann ich verzichten. Ich habe ein Leben außerhalb des Volleyballs.“, zwar war das eher ein entspanntes Leben. Aber immerhin konnte er im Gegensatz zu einem gewissen Setter noch an andere Sachen als Volleyball denken.

„Also so schlimm würde es sicher nicht werden. Und etwas extra Training vor einem wichtigen Turnier wäre sicher nicht verkehrt…“, verteidigte Yuutarou den nicht anwesenden Kageyama vor den harschen Worten seines besten Freundes. Dafür erntete er von Akira einen angesäuerten Blick. Begeisterung sah anders aus. Abermals öffnete sich die Tür zum Klassenraum. Dieses Mal trat kein anderer als Kageyama Tobio ein. Akira konnte es kaum erwarten, dass ihr drittes Schuljahr (und somit die Möglichkeit Kageyama als Klassenkameraden loszuwerden) kam. Yuutarou winkte den dunkelhaarigen Setter zu ihnen. Natürlich folgte dieser seiner Einladung sich zu ihnen zu gesellen, nachdem er sein Zeug an seinem Platz abgelegt hatte.

„Morgen“, begrüßte er sie beide in seiner relativ wortkargen Art. Akira erinnerte sich an ihr erstes Aufeinandertreffen. In ihrem ersten Jahr war er überenthusiastisch anstrengend gewesen. Zu viel Elan, zu viel nervende kindliche Bewunderung für Oikawa-senpai. (Dieser war zwar Volleyballtechnisch durchaus cool, aber für Akiras Geschmack charakterlich viel zu anstrengend gewesen) Heute würde Akira Kageyama eher als verbohrt bezeichnen. Er hatte Scheuklappen auf, blendete gerne alles andere aus solange es nicht mit Volleyball zu tun hatte. Wenn er von einem ihrer Senpais etwas lernen könnte, wäre er sicherlich noch immer überenthusiastisch. Da das aber nicht der Fall war, empfand Akira ihn nur noch als anstrengend. Dementsprechend hielt sich seine Begeisterung in Grenzen. Er nickte Kageyama kurz zu und überließ lieber seinem besten Freund das Reden.

„Wusstest du schon, dass ich demnächst Vize-kapitän werden soll?“, erzählte Yuutarou. Scheinbar konnte er es nicht erwarten diese neue Information an Kageyama weiterzugeben. Akira bemerkte, dass diese Begeisterung vorhin in ihrem Gespräch gefehlt hatte. Er richtete seinen Blick auf seinen besten Freund, sah die Aufregung in seinen Augen, während er mit Kageyama redete.

„Herzlichen Glückwunsch, Kindaichi!“, gratulierte Kageyama ihm. Yuutarou kratzte sich verlegen im Nacken.

„Danke! Du wärst sicher auch eine tolle Wahl gewesen!“ Akira beobachtete wie Yuutarou seine Hand wieder sinken ließ und stattdessen seine Hände ein wenig nervös gegeneinander rieb. Er grinste Kageyama schief an. Akira sah zu Kageyama. Dieser zuckte nun mit den Schultern.

„Ich weiß nicht. Ich hätte dann wahrscheinlich weniger Zeit zum Trainieren gehabt…“ Akiras Blick wanderte wieder zu Yuutarou, der nun eifrig nickte.

„Natürlich! Uhm… Hast du vielleicht mal Lust zusammen zu trainieren? Wir könnten unsere Kombination verbessern? Oder so…“ Akira bemerkte wie nervös und aufgeregt sein bester Freund auf einmal klang. Und war das eine leichte Verlegenheitsröte, die er da erkennen konnte als Kageyama mit einem Nicken zustimmte? „Prima! Vielleicht am Samstag? Wir könnten danach noch was essen? Da haben wir auch genug Zeit zum Trainieren!”, schlug Yuutarou vor.

„Klingt gut. Dann treffen wir uns um 10?“, antwortete Kageyama.

Akira beobachtete missmutig das Strahlen auf Yuutarous Gesicht, als dieser auf Kageyamas Frage hin nickte. Er freute sich, er freute sich zu sehr auf ein Training. Skeptisch betrachtete er erst Yuutarou und dann Kageyama. Ihm kam ein Gedanke, was der Grund für das unnatürliche Verhalten gegenüber Kageyama sein könnte. Und dieser Gedanke gefiel ihm ganz und gar nicht. Nicht weil Kageyama ein Junge war, nicht nur weil es eben Kageyama war und er nicht mochte. Stattdessen mochte er diesen Gedanken nicht, weil es in ihm ein unangenehmes Ziehen hervorrief und ihm das Gefühl gab, nicht mehr die Nummer eins in Yuutarous Leben zu sein. Dieses Gefühl machte ihm Angst. Doch verstand er, was es bedeutete. Er hatte sich in Yuutarou verliebt.

 

Fourth turn left
 

In einer aussichtslosen Lage sich immer weiter zu bemühen, weiter zu kämpfen und nach einem Sieg zu trachten, war nie Akiras Art gewesen. Wenn eine Niederlage unausweichlich war, gab er sich für gewöhnlich seinem Schicksal hin und akzeptierte, dass er nicht jedes Mal gewinnen konnte. Yuutarou war in diesem Punkt etwas anders gestrickt. Das war sicherlich nicht schlecht. Immerhin vermochte gerade sein bester Freund ihn auch das eine oder andere Mal gar zu motivieren.

Ihr Klassen- und Teamkamerad Kageyama Tobio war da eine ganz andere Sache. Sein geradezu extremer Ehrgeiz, seine Verbissenheit und das unnachlässige Streben nach dem Sieg waren in Akiras Augen extrem und keineswegs gesund. Gegen so jemanden in einem direkten Wettkampf siegreich hervorgehen zu müssen, erschien ihm anstrengend, ermüdend und schlichtweg unmöglich.

Und doch war er hier – in einem Kampf um Yuutarous Herz. Ein Kampf, der eigentlich schon längst entschieden war und den er sicherlich nicht gewinnen konnte, den er gegen einen Feind kämpfen musste, der sich nicht einmal dazu herabließ sich ihm entgegen zu stellen. Es war nicht fair. Denn Kageyama gewann auch ohne etwas zu tun. Er würde immer gewinnen. So war es vorherbestimmt.

Dennoch wollte er nicht aufgeben. Nicht hier. Nicht jetzt. Ein weiterer Schritt voran, nur noch einer. Näher zu Yuutarou, näher zum Ziel.

 

Fifth turn forward
 

Mit einem dumpfen Geräusch traf der Volleyball auf den Hallenboden auf. Ein weiterer Punkt für ihre Gegner –die Mannschaft der Kousen Gakuen. Akira beugte sich kurz ein wenig vor, stützte sich auf seinen Knien ab, sah zu ihren Gegnern und dann zu seinem besten Freund. Er richtete sich wieder auf, wischte sich den unangenehmen Schweiß vom Gesicht und ging zurück auf seine Position. Ein Aufschlag ihrer Gegner, ihr Libero Toudou Shunsuke nahm ihn an, Kageyama spielte ihn wie so oft an diesem Tag zu Yuutarou. Er schmetterte ihn in Richtung der gegnerischen Seite. Jedoch prallte der Ball an den Händen der gegnerischen Blocker ab. Ein weiterer Punkt für ihre Gegner.

„Don’t mind! Don’t mind!”, wandte sich Akira an seinen besten Freund.

„Sorry!“, kam es von Yuutarou zurück.

„Schneller!“, lenkte Kageyama sie anschreiend alle Aufmerksamkeit auf sie. Missbilligend sah Akira zu ihrem Setter hinüber. Da war er wieder. Der Königsmodus. Seit etwas mehr als einem halben Jahr hatte Kageyama zunehmend diktatorische Züge angenommen. Akira hatte ihn zuvor schon nicht leiden können. Doch hatte diese Antagonie inzwischen ganz andere Ausmaße angenommen. Selbst Yuutarou schien endlich erkannt zu haben, dass Kageyama keineswegs bewundernswert war. Aber Kageyama machte es einem inzwischen auch äußerst schwer, ihn in irgendeiner Weise zu mögen. Somit überraschte ihn die Reaktion von Yuutarou nicht. Mit einem „Tsk!“, wandte er sich von Kageyama ab und wartete nun lieber darauf, dass die Spieler der Kousen Gakuen einen weiteren Aufschlag machten.

Auf den Ball wartend atmete Akira noch einmal tief ein und aus, konzentrierte sich auf die Handlungen seiner Gegner. Mit einem Sprungaufschlag wurde der Ball auf ihre Seite geschlagen, Toudou nahm den Ball an, spielte ihn hoch in die Richtung von Kageyama, der ihn viel zu schnell und steil zu Yuutarou spielte. Es war abzusehen, dass Yuutarou den Ball nicht mehr erreichen würde. So kam es wie es kommen musste. Ein weiterer Punkt für Kousen Gakuen.

Wutentbrannt wandte sich Yuutarou an ihren Setter: „Willst du mich verarschen?! Deine Zuspiele sind unzumutbar! Was ist denn der Sinn eines schnellen Zuspiels, wenn wir den Ball nicht treffen können?“

Akira blickte von Yuutarou zu Kageyama. Ihn erfüllte eine gewisse Genugtuung, dass Kageyama mal wieder zu spüren bekam, dass sie sich nicht alles von seiner königlichen Hoheit gefallen ließen. Sie hatten sich nicht nach seinen diktatorischen Anforderungen zu richten. Stattdessen sollte er sich eher danach richten wie sie den Ball am besten schlagen konnten. Aber natürlich lag dies unter seiner Würde. Akira warf einen letzten Blick zu Kageyama, wandte sich wieder an Yuutarou, als ihr Setter einen weiteren diktatorischen Gefühlsausbruch hatte: „Lauft schneller!! Springt höher!!! Richtet euch einfach nach meinen Zuspielen, wenn ihr gewinnen wollt!!“

Da war es wieder. Das ignorante königliche Verhalten von ihrem König. Voller Verachtung blickte er zu ihrem Setter hinüber. Akira sah zu Yuutarou und seinen anderen Mitspielern. Er konnte in ihren Augen erkennen, dass sie in dieser Situation das gleiche empfanden wie auch er. Genug war genug und nun musste ihr tyrannischer König am eigenen Leib erfahren, dass sie ihn nicht mehr als ihren Setter akzeptierten. Es war entschieden, sein Schicksal war besiegelt.

Ihr Gegner machte noch einige weitere Punkte. Ihre Kombinationen mit Kageyama als Setter waren weiterhin nicht zufriedenstellend. Und schließlich war ein Verlieren des ersten Sets absehbar. So konnten sie nicht weiterspielen. Ein weiterer Aufschlag folgte, Toudou nahm den Ball an und Kageyama spielte diesen hinter sich. Keiner war da um diesen Ball entgegen zu nehmen, keiner von ihnen hatte sich auch nur in die Richtung bewegt. Das Set war verloren. Doch als ihr Trainer Kageyama sagte, dass er den Rest des Spiels auf der Bank verbringen würde, fühlte es sich wie ein Sieg über ihren tyrannischen König an.

Der restliche Verlauf des Spiels war absehbar. Es war für keinen von ihnen eine wirkliche Überraschung, dass sie dieses Match und somit die Qualifizierung für die nationalen Meisterschaften verloren. Es fühlte sich nicht halb so schlimm an wie er gedacht hatte. Dieser Befreiungsschlag war notwendig gewesen. Außerdem hätten sie auch mit dem egoistischen Tyrann auf dem Platz kein anderes Ergebnis erzielen können. Davon war Akira überzeugt.

Solche Worte würden seinen besten Freund aber nicht trösten. Bereits in der Umkleide und auch in dem Bus zurück zur Schule hatten ihm die passenden Worte gefehlt. Nun auf dem gemeinsamen Weg nach Hause war es auch nicht viel besser.

„Lust, einen Abstecher zu Mos Burger zu machen?“, wandte Akira sich an Yuutarou. Der Burger-Laden nahe der Kita-Sendai-Zugstation lag nicht auf ihrem direkten Heimweg. Doch hatten sie schon ein paar Mal den Umweg genommen und sich dort einen Burger oder auch nur einen Milchshake gegönnt.

„Okay“, antwortete Yuutarou. Für den Rest des Weges verfielen sie wieder in ihr Schweigen. In dem Restaurant angekommen gaben sie ihre Bestellungen auf und ließen sich in dem Fast-Food-Restaurant nieder. Akira trank einen Schluck seiner Cola, als Yuutarou schließlich seine Stimme erhob: „Es fühlt sich komisch an.“ Akira sah auf, blickte seinen besten Freund an. „Wir haben verloren und irgendwie…“

„Irgendwie fühlt es sich nicht so mies an wie erwartet?“, vervollständigte ihn Akira.

Yuutarou nickte. Akira lehnte sich ein wenig zurück.

„Ich denke, das alles war notwendig…“, sprach Akira schließlich weiter, „Jemand musste ihm mal zeigen, dass er so nicht mit seinen Teamkameraden umgehen kann! Je schneller er merkt, dass er von seinem Charakter nicht für den Volleyball geeignet ist, desto besser!“

„Denkst du er geht wie Oikawa-senpai und Iwaizumi-senpai auch an die Aoba Johsai?“, fragte Yuutarou Akira. Dieser schüttelte den Kopf. Erleichterung breitete sich auf Yuutarous Gesicht aus. „Gut… Ich denke nicht, dass ich 3 weitere Jahre mit diesem Diktator aushalten könnte!“

Akira nickte. „Aber mit mir?“

Yuutarou errötete ein wenig. „Aber natürlich!“, versicherte er rasch.

Ein kaum merkliches Lächeln schlich sich auf seine Züge. Er stellte das Getränk ab und beobachtete einen Moment seinen Freund. „Steht das Date am nächsten Wochenende noch?“

Yuutarou errötete, nickte und widmete sich lieber seinem Burger als Akira anzusehen.

Akira war sehr wohl bewusst, dass ihre Verabredung eigentlich kein Date war, dass sie nie darüber gesprochen hatten, miteinander auf ein Date zu gehen. Aber es hatte sich richtig angefühlt, es hatte sich nach dem richtigen Moment für solch eine Entwicklung in ihrer Freundschaft angefühlt. Dass Yuutarous romantische Gefühle für Kageyama in den letzten Monaten immer mehr eine Wendung von Kageyama weg in Akiras Richtung genommen hatten, war ihm nicht entgangen. Yuutarou nun jemals wieder herzugeben, würde Akira nie in den Sinn kommen. Dazu liebte er Yuutarou viel zu sehr.

 

 Sixth turn right
 

Manchmal war ein Sieg kein Sieg, eine Niederlage keine Niederlage. Eine verlorene Schlacht konnte am Ende vielleicht doch noch den Gewinn des Krieges bedeuten wie eine gewonnene Schlacht auch der Vorbote der unausweichlichen Niederlage sein konnte.

Er hatte die Niederlage gegen die Kousen Gakuen als Triumph über Kageyama empfunden. Er hatte die verlorene Schlacht als Sieg für sein Liebesleben betrachtet und die vielen kleinen Berührungen, die Küsse, die Zweisamkeit mit Yuutarou hatten ihn in diesem Glauben bestärkt.

Er hätte es besser wissen sollen. Der Kampf war nie vorbeigewesen.

 

 Seventh turn right
 

An seinem ersten Tag im Volleyball-Club der Aoba Johsai war Akira erleichtert gewesen nicht die übliche Serienmördergrimasse von Kageyama sehen zu müssen. Seine alten Senpais wieder zu sehen war nett, drei weitere Jahre mit Yuutarou und so manch anderem aus ihrem alten Team spielen zu dürfen erfreulich. Neben ihm und Yuutarou waren auch noch ihr einstiger Kapitän Hasegawa Kazuki und einer ihrer einstigen Wing Spiker Hamada Kousuke an die Aoba Johsai gekommen und in den Volleyball Club eingetreten. Ein gewisses Maß an vertrauten Gesichtern war vorhanden, die Stimmung ohne Kageyama um einiges erträglicher. Wann immer ihm ihr neuer Kapitän mit seinen Drama-Episoden auf die Nerven ging oder in seiner nervigen Singsang-Stimme dazu ermuntern wollte, mehr Energie in das Training und Spiel zu stecken, dachte er an das letzte Jahr mit Kageyama und musste feststellen, dass es ihm im hier und jetzt um einiges besser ging. (Natürlich befolgte er dennoch Oikawa–senpais Anweisungen – meist unwillig. Zumindest dann, wenn er objektiv gesehen Recht hatte.) Alles in allem war Akira mit seinem Leben als Schüler in der High School sehr zufrieden.

Kageyama ausgerechnet ein paar Wochen später wieder zu sehen, war keineswegs Akiras ideale Vorstellung von seinem Schulleben. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er den einstigen Tyrann frühestens bei den offiziellen Meisterschaften wiedergesehen – lieber später oder nie. (Aber natürlich tat ihm Kageyama nicht den Gefallen.) Noch immer spielte ihr Tyrann Volleyball, quälte wahrscheinlich seine neue Mannschaft mit dieser Art. Irgendwie tat ihm das Karasuno-Team ja schon fast Leid. Aber auch nur fast. So herzensgut und voller Nächstenliebe war er dann doch nicht.

Das Trainingsmatch gegen Karasuno verlief überraschend anders als erwartet. Kageyama war keine Last für seine Teamkameraden, funktionierte überraschend gut in diesem Team. Einen kurzen Moment fragte Akira sich, ob das hier wirklich Kageyama sei. Doch als man ihm den Ball zum Aufspielen gab, war dieser Gedanke im nächsten Moment wieder verschwunden. Am Ende verloren sie das Trainingsspiel knapp. Wäre ich Stammsetter schon früher auf dem Feld gewesen, hätte es wahrscheinlich anders ausgesehen. Dessen war sich Akira bewusst. Doch konnte er nicht verneinen, dass Kageyama nicht mehr derselbe wie in der Mittelschule war. An seiner Abneigung ihm gegenüber änderte das natürlich gar nichts.

Die Turnhalle in Richtung Toiletten verlassend traf Akira geradewegs auf Yuutarou und Kageyama. Wobei letzterer sich bereits mit dem nervigen Flummi auf den Weg machte – wahrscheinlich zu ihren Teamkameraden oder sonst wo hin. Er sah Kageyama kurz nach, richtete dann seinen Blick auf Yuutarou: „Worüber habt ihr geredet?“

Eine richtige Antwort bekam er nicht. „Er… hat wir gesagt.“

Akira sah etwas überrascht zu Kageyama und dem streitenden Flummi hinüber.

„Er hat immer ich gesagt. Als wäre er der Einzige, der gespielt hätte.“

„Huh?” Akira schritt zu seinem Freund.

„Verdammt… Es ist irgendwie frustrierend.“

Akira verkniff sich einen Kommentar auf diese Worte. Yuutarou waren die Veränderungen auch aufgefallen. Nun waren sie wahrscheinlich nur noch offensichtlicher geworden. Doch so wie er sich verhielt, fühlte es sich fast so an als hätte Yuutarou diesem Idioten verziehen. Der Gedanke gefiel ihm gar nicht, weckte nur die leichte Angst in ihm Yuutarou abermals an Kageyama zu verlieren. Also entschied er sich einfach dazu Yuutarou mit einem Schlag auf den Rücken aus seiner Gedankenwelt zu reißen.

„Au! Wofür war das?”, rief Yuutarou überrascht aus.

„Einfach weil…“, meinte Akira geheimnisvoll. Er setzte sich in Bewegung, entfernte sich weiter von der Turnhalle. Zumindest dachte Yuutarou in diesem Moment nicht mehr an Kageyama. Das war doch immerhin etwas.

 

Eighth turn left
 

Regelmäßigkeit sorgte für Geborgenheit und gab Halt. Dass etwas im schnellen Lauf der Zeit Bestand hatte, vermittelte das Gefühl von Sicherheit. Doch konnten Gewohnheit und Dauerhaftigkeit auch dazu führen, dass dem Fortschritt Einhalt geboten wurde und dass man letzten Endes keinen Schritt vorwärts ging.

Akira hatte sich an der vertrauten Seite von Yuutarou stets sicher gefühlt. Hier war es angenehm, hier war er sicher. Wann sich diese Situation sich zu verändern begonnen hatte, konnte er nicht mehr sagen. Hatte eine Hand ihn weiter gezogen? Oder war Yuutarou einen Schritt von seiner Seite gewichen?

Auf jeden Fall begann sich etwas zu ändern.

 

 Ninth turn forwards
 

„Ist Kageyama nicht hier?“, erkundigte sich Yuutarou nach dem ersten Tag des gemeinsamen Trainings an der Shiratorizawa Akademie bei Tsukishima Kei nach Kageyama.

Akira gesellte sich zu den Beiden, beobachtete aus den Augenwinkeln, wie sich der Flummi daran machte seinen Balljungen-Aufgaben nachzugehen. Uninteressant. Also konzentrierte er sich auf die beiden größeren Jungen.

„Seine königliche Hoheit hat Besseres zu tun.“, den königlichen Kosenamen sprach Tsukishima natürlich voller Verachtung aus. Akira musste zugeben, dass ihm dieser Tonfall doch sehr zusagte.

„Was Besseres als Volleyball? Unwahrscheinlich“, überlegte Akira.

„Er ist zu einem anderen Trainingscamp eingeladen worden“, informierte Kei und setzte sich langsam in Bewegung. Akira nickte Yuutarou zu und sie taten es dem Mittelblocker von der Karasuno High School gleich, machten sich mit ihm auf den Weg zu den Unterkünften.

„Dein Blocking beim Finale gegen die Shiratorizawa war übrigens beeindruckend“, wandte Akira sich an Tsukishima.

Dieser sah zu ihm hinunter. „Ihr habt zugesehen?“

Akira nickte. „Yuutarou wollte das Match sehen“, informierte er. Es schwang ein wenig begeisterter Unterton in seiner Stimme mit. Er hätte offensichtlich lieber andere Dinge getan. „Scheinbar waren Iwaizumi und Oikawa auch da.“ Zumindest erinnerte er sich daran, sie ein paar Tage danach über das Match reden gehört zu haben.

„Aber erzähl das ja nicht Kageyama!“, warf Yuutarou ein.

„Huh…. Wieso denn nicht? Angst, seine königliche Hoheit könnte das in den falschen Hals kriegen?“, belächelte Tsukishima Yuutarous Reaktion.

Dieser grummelte, funkelte Tsukishima an.

Akira war begeistert. Nicht. Ihm gefiel nicht, wie Yuutarou auf das Thema Kageyama reagierte, in welche Richtung sich das alles entwickelte.

„Huh…Meinst du nun Oikawas Obsession mit Kageyama?“, fragte er in einem spöttischen Tonfall Tsukishima, „Oder seine eigene?“

„Akira!!“, beschwerte sich Yuutarou.

Akira sah nur ungerührt zu seinem Freund.

„Jegliche fehlgeleitete Aufmerksamkeit ist unnötiges Futter für sein Ego.“, Tsukishima verzog das Gesicht zu einer wenig begeisterten Grimasse.

Akira konnte das gut verstehen. „Als wäre das nicht schon groß genug.“

Tsukishima verdrehte die Augen. „Ich bin mir sicher, dass es nach dem Trainings Camp nur noch schlimmer werden kann.“

„Bezweifle ich nicht.“, stimmte Akira zu. Er war durchaus erleichtert nicht in der Haut von Tsukishima zu stecken. Allein der Gedanke an die Möglichkeit, den König abermals in seinem Team zu haben, war für ihn schier unerträglich.

„Ich denke ihr übertreibt“, mischte Yuutarou sich ein und erntete prompt einen finsteren Blick von Akira.

„Spricht da deine bedingungslose Liebe zu unserem König aus dir?“, spöttelte Tsukishima. Bei seinen Worten zog sich etwas in Akira zusammen. Er schielte zu Yuutarou hinüber, wich dann aber lieber seinem Blick aus. Er hatte Angst davor, dass ein Blick auf Yuutarou vielleicht doch noch eine Bestätigung liefern könnte.

„Ach, halt doch die Klappe und labere keinen Schwachsinn!“, fauchte Yuutarou ihn an.

Doch wurde er nur von Tsukishima müde belächelt. „Nicht, dass ich Wert auf deine Meinung legen würde. Aber wie sehr du ihn nun verehrst oder nicht verehrst ist nicht wirklich interessant.“

Natürlich musste Yuutarou sich weiter verteidigen: „Wir sind nur einstige Team- und Klassenkameraden!“

Lüge. Akira verzog das Gesicht einen kurzen Moment zu einer Grimasse. Sie waren nicht nur einstige Team- und Klassenkameraden. Yuutarou sollte das doch am allerbesten wissen. Immerhin war er doch derjenige, der einst Gefühle für den griesgrämigen Setter gehabt hatte. „Tsk.“ Er spürte Yuutarous Blick auf sich und ignorierte den Drang sich zu ihm umzudrehen.

„Eh…“, Tsukishima klang nicht besonders überzeugt.

„Nichts, eh! Kageyama interessiert mich nicht die Bohne!“, antwortete Yuutarou aufgebracht.

„Wenn du das sagst…“, meinte er nur als Antwort.

„Ja, sage ich!“, knurrte er.

„Einbildung soll ja auch eine Bildung sein“, mischte sich Akira mit einem bissigen Kommentar ein. Er hatte eindeutig mal wieder seine netten Fünf Minuten.

„Akira!!“, beschwerte Yuutarou sich bei seinem Freund.

„Anwesend“, unberührt sah Akira zu Yuutarou hinüber. Das ganze Gerede über Kageyama hatte seine Stimmung deutlich gesenkt. Yuutarous Reaktion auf die Sticheleien von Tsukishima hatten auch nicht unbedingt dazu beigetragen, seine Laune wieder anzuheben – im Gegenteil. Sein Grummeln folgend auf Akiras Antwort war auf eine bizarre Art und Weise befriedigend.

„Ich kann auch gehen!“, murrte Yuutarou.

„Kannst du. Es hält dich niemand auf?“, Tsukishima zuckte mit den Schultern, erntete einen finsteren von Yuutarou. Akira spürte wie Yuutarou seinen Blick suchte, reagierte aber nicht auf den Anderen. Im Moment war er leider eher in der Konfrontations- anstatt der Versöhnungsstimmung.

„Ich verstehe“, grummelte Yuutarou und wandte sich mit einem letzten Blick auf Akira und Tsukishima zum Gehen.

„Willst du ihm nicht nachgehen?“, wandte Tsukishima sich an Akira.

Akira zuckte mit den Schultern. „Ich rede nachher mit ihm.“ Im Moment würde es wahrscheinlich alles nur noch schlimmer machen. Sobald sie sich beide wieder etwas beruhigt hatten, würden sie sich wieder vertragen und hoffentlich diese Auseinandersetzung bald vergessen.

„Hmn“ Tsukishima setzte sich wieder in Bewegung, Akira passte sich seinem Tempo an. Schweigend gingen sie nebeneinander her. Tsukishima griff in seine Sporttasche, holte dort seine Kopfhörer und einen Mp3-Player heraus. In seine Gedanken vertieft drückte er auf dem kleinen Gerät herum.

„Was hörst du da?“, fragte Akira.

„Verschiedenes. Ziemlich querbeet. Im Moment hauptsächlich NICO Touches the Walls.“

„Ich kenne die Band“, kommentierte Akira den Musikgeschmack von Tsukishima.

„Ach ja?“

Akira nickte. „Ja, Ich wäre ja gerne nächstes Jahr auf ein Konzert gegangen…“

„Lass mich raten. Deine Eltern denken auch, dass du noch zu jung bist?“, schnaubte Tsukishima verächtlich auf. Offensichtlich hatte er dasselbe Problem mit seinen Eltern.

„Offensichtlich.“

Tsukishima seufzte. „Aber vielleicht klappt es ja 2017.“

Akira nickte. Auch wenn dann noch immer das Problem bestand, dass man einen passenden Begleiter finden musste. Yuutarou war nicht sonderlich begeistert von der Musik und bei seinen Klassenkameraden fiel ihm auch keiner ein. Er sah zu Tsukishima hinüber. „Lust wenn es klappt gemeinsam zu einem Konzert zu gehen?“

„Ich hätte nichts dagegen“, meinte Tsukishima. Allein schon pragmatisch gedacht war es durchaus sinnvoll. Da waren sich Akira und Tsukishima offensichtlich einig. „Wir sollten besser die Nummern austauschen.“ Es war eine Feststellung. Das offensichtlich Notwendige musste man immerhin nicht erfragen.

Akira nickte. Das sollten sie nachher wirklich tun.

 

 Tenth turn right
 

Es war nicht berechtigt, er hatte kein Recht so zu empfinden. Dennoch nagten an ihm diese unangenehmen Gefühle, der Zorn über diesen bitteren Verrat. Wenn man es wirklich genau nahm, war es kein Bruch des Vertrauens. Genauso wenig hatte er das Recht, überhaupt solche negativen Gefühle zu empfinden.

Und doch fühlte er wieder den bittersüßen Schmerz, fühlte sich wieder an eine unsichtbare Startlinie versetzt, während für Kageyama schon längst der Startschuss erklungen war.

 

Eleventh turn forward
 

Uninteressant, unwichtig, Spam – Nachricht. Mail-Nachrichten zu kontrollieren war wirklich eine Tortur. Viel zu selten war etwas wirklich Wichtiges zu lesen. Schon das eine oder andere Mal hatte Akira es in Erwägung gezogen seinen E-Mail-Account zu löschen. Mit Freunden blieb er immerhin über LINE in Kontakt. Doch gab es da noch immer die Notwendigkeit, sich durch die tiefen Weiten der unwichtigen Nachrichten durchzuwühlen. Informationen zu seinen Lieblingsbands, zum Beispiel, bekam er ausschließlich per Newsletter. Die Mail mit dem neuesten Informationen und Terminen aus der Menge von unwichtigen Nachrichten herausgefischt, öffnete er sie und las den Inhalt der Nachricht rasch durch. Mit seiner Maus scrollte er das Fenster weiter nach unten, fand schließlich eine besonders interessante Information.

Eigentlich war Akira nicht der Typ Mensch, der zu schnellen Handlungen neigte. Doch diese Information verlangte schnelles Handeln, schnelle Organisation. Als erstes sollte er Tsukishima kontaktieren. Wenn dieser auch Interesse hatte, konnte er noch immer ein Gespräch mit seinem Onkel in Yamagata und seinen Eltern wegen genauen Einzelheiten suchen.

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 19:35

Immer noch daran interessiert gemeinsam ein Konzert zu besuchen?

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 20:27

Von was für einem Konzert sprichst du?

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 20:39

NICO Touches the Walls.

Sie gehen im kommenden Jahr auf Tour.

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 20:46

Auch irgendwo bei uns in der Nähe?

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 20:49

In Yamagata.

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 20:53

Wann genau ist das Konzert? Wie lang ist man dorthin mit dem Zug und Bus unterwegs?

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 20:55

Das Konzert ist am 8. April. Das ist ein Samstag.

2016-11-25 – 20:56

Von Sendai aus dauert die Fahrt übrigens etwa 1,5h.

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 20:57

Das klingt machbar. Muss das halt leider erst noch mit meinen Eltern abklären.

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 20:58

Verstehe ich. Geht mir ja nicht anders! Wollte dich aber vorher noch fragen, ob du generell Interesse hättest. Wenn alles klappt, könnten wir vielleicht auch nach dem Konzert bei meinem Onkel übernachten.

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:03

Das wäre natürlich praktisch.

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:06

Und… Irgendwelche besonderen Pläne für das Wochenende?

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:08

Nicht wirklich. Das übliche eben. Bei dir?

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:10

Auch. Yuutarou und ich gehen morgen wahrscheinlich ins Kino. Vielleicht gehen wir danach noch in die Arkade oder so. Mal sehen wo wir drauf Lust haben. Ziemlich normal eben.

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:08

Dito.

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:10

??

2016-11-25 – 21:11

Gehst du auch ins Kino?

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:12

Unwahrscheinlich. Aber ich habe auch ein Date.

 

Einen Moment starrt Akira sein Handy an. Tsukishima hatte ein Date? Er hatte nicht einmal gewusst, dass Tsukishima überhaupt an jemanden so interessiert gewesen war. Und nun sollte er auch noch in einer Beziehung sein? Das alles war ziemlich verwirrend und irgendwie zog sich bei dem Gedanken daran in ihm etwas zusammen. Akira starrte sein Handy an, überlegte, was er am besten antworten sollte. Sollte er Tsukishima zu seiner Freundin gratulieren? Das wäre doch die normale Reaktion, oder? Aber wie drückte man das dann am besten aus? Er begann zu tippen, löschte den Text wieder und begann von neuem.

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:26

Davon hast du ja gar nichts erzählt. Herzlichen Glückwunsch! Wie lange seid ihr denn schon zusammen?

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:28

Es hat sich nie ergeben.

2016-11-25 – 21:29

Wir sind schon ca. 4 Wochen zusammen.

 

Irgendwas stimmte nicht. Aus irgendeinem Grund schien sich Tsukishima damit schwer zu tun weitere Details zu dieser ominösen Beziehung preiszugeben. Akira dachte über eine weitere Frage um den Grund nach, als eine weitere Nachricht von Tsukishima ankam.

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:32

Es ist Kageyama.

 

Es erklärte alles. Immerhin hatte Akira mehr als einmal seine Abneigung gegenüber Kageyama Tsukishima gegenüber mitgeteilt. Tsukishima wusste wie wenig er für Kageyama übrig hatte und dass sich diese Abneigung auch in den Vergangenen Monaten wenig zum Besseren gewandelt hatte. War es da nur natürlich, dass Tsukishima nicht sofort von dieser neuen Entwicklung erzählt hatte? Durchaus.

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:39

Wie kommt’s?

 

von Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:41

Er ist nicht mehr ganz so königlich. Er ist okay.

 

Natürlich würde Tsukishima nie zugeben, dass er verliebt war. Das war offensichtlich auch das höchste Lob, was Kageyama vielleicht mal von ihm zu hören bekommen würde. Ihm war schlecht und nun kam er sich schrecklich verraten vor. Immerhin war Tsukishima doch sein einziger Verbündeter gegen die Übermacht von Kageyamas Gefolge gewesen.

 

an Tsukishima Kei:

2016-11-25 – 21:45

Ich rede mal mit meinen Eltern wegen dem Konzert. Man schreibt sich morgen.

 

Akira ließ das Handy neben sich auf das Bett fallen und drehte sich auf die Seite, rollte sich zusammen. Er fühlte sich von allen in Stich gelassen.

 

Twelfth turn left

 

Den Ausweg aus einer schwierigen und unangenehmen Situation zu finden, war nie einfach. Einen Ausweg zu entdecken, wenn man nicht einmal wusste, dass man in einer misslichen Lage war, schien schier unmöglich.

Wahrscheinlich hätte er einfach weiter so gelebt, wäre in sein Unheil gewandert und schließlich in seiner Sackgasse umhergeirrt. Doch an seiner Seite war Yuutarou. Yuutarou, der ihn aus einer dunklen Sackgasse immer zurück auf den richtigen Weg ziehen würde.

 

Thirteenth turn right – you entered a dead end
 

“Akira… Wir müssen reden”

Akira hielt in seiner Tätigkeit inne, schaute von dem Buch, aus dem er wichtige Informationen für die kommende Abschlussprüfung herausgeschrieben hatte, auf. Sein Blick suchte den von Yuutarou, versuchte in dessen Augen den Grund für das Brechen der Stille zu finden. Doch war der Grund nicht in den Augen des Anderen zu lesen. Abwartend sah Akira zu seinem Freund.

„Du bist doch gut in Mathe…“, fing Yuutarou an. Akira sah ihn skeptisch an. Er konnte sich nicht so recht erklären, worauf er hinaus wollte.

„Ja, bin ich. Warum?“, fragte er ruhig und klappte vorerst das Buch zu und legte es zur Seite. Einen Moment war es still. Scheinbar brauchte Yuutarou einen Moment um sich zu sammeln, die richtigen Worte zu finden.

„Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass man in seinem Leben eine Person findet, die man liebt und mit der man sein Leben zusammen verbringen möchte?“, fragte Yuutarou ihn. Akira legte den Kopf schief, schien nicht ganz zu verstehen worauf sein Freund hier hinaus wollte. „Also so Schätzungsweise… So grob geschätzt, Akira…“, fügte er nun weiter an.

Er zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht. Aber ich würde sagen so gering ist die Chance nicht, dass man unter den vielen Menschen, die man in seinem Leben trifft auch eine Person findet, die die eigenen Gefühle widert.“

Yuutarou nickte. „Da hast du wohl Recht. Aber werfen wir nun mal 3 Personen in die Gleichung. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass man zwei Personen gleich gern mag?“

Akira hatte bei diesem Wortlaut ein äußerst schlechtes Gefühl. Er mochte die Richtung nicht, in die sich das Gespräch entwickelte. In seinem Inneren verkrampfte sich alles und etwas unruhig verlagerte er das Gewicht, während er darauf wartete, dass Yuutarou weiter sprechen würde. Scheinbar hatte dieser sich aber eine Antwort erhofft. Offensichtlich schmiss Akira mit seinem Schweigen Yuutarous Konzept über den Haufen. Es verpasste ihm eine gewisse Genugtuung.

„Also… Uhm… Ich denke das ist gar nicht sooo unwahrscheinlich. Aber wie steht es denn mit der Situation, dass man zwei Personen liebt und diese einen beide Zurück lieben?“, erkundigte sich Yuutarou bei Akira. Dieser hatte schon jetzt keine Lust mehr sich zu beteiligen.

„Wahrscheinlicher als dass ich und Kageyama Freunde werden.“, voller Genugtuung beobachtete er wie Yuutarous Miene sich bei diesen Worten etwas verhärtete. Scheinbar nahm das Gespräch nicht den Verlauf, den sich Akiras Freund erhofft hatte. Das geschah ihm doch Recht, wenn er solche Dinge ansprach.

„Nun… Und wie steht es damit, wenn wir diese Situation auf 4 Personen erweitern?“, wollte Yuutarou seinen vorher zurecht gelegten Plan scheinbar weiter verfolgen.

„Meinst du jetzt, dass sich alle 4 Personen lieben?“, schoss Akira mal wieder dagegen. Er stützte sich gelangweilt auf seinem rechten Arm ab, legte sein Kinn in die Handfläche seiner rechten Hand.

„So meinte ich das eigentlich nicht…“ Yuutarou seufzte, sah bittend zu Akira. Scheinbar wollte er, dass Akira es ihm ein bisschen einfacher machte. Yuutarou war durchaus bewusst, dass Akira absichtlich nicht die gewünschten Antworten gab. Doch Akira hatte noch keine Absicht die gewünschten Antworten zu liefern. „Ich meinte eigentlich eher, dass jeder der 4 Beteiligten 2 Personen mag und…“

Akira seufzte. „Nicht unbedingt wahrscheinlich. Aber du sprichst das sicherlich nicht ohne Grund an, Yuu?“, wandte er sich an seinen Freund.

Yuutarou atmete erleichtert auf. „Es geht um uns… Ich denke, dass du das weißt!“ Er erntete einen leicht genervten Blick von Akira, „N-natürlich weißt du das.“ Er räusperte sich, „Auf jeden Fall… Das, was ich eigentlich sagen wollte ist, dass diese geringe Wahrscheinlichkeit doch eigentlich ein Geschenk ist. Und wir sollten das wirklich ausnutzen. Ich bin ja nicht blind. Und so wie es jetzt läuft ist es vielleicht okay… Aber ich merke doch, dass du nicht wirklich zu hundert Prozent glücklich damit bist, was wir haben!“

Akira wollte widersprechen, öffnete seinen Mund um etwas zu antworten. Doch kein Wort kam über seine Lippen. Yuutarou hatte Recht. In der gegenwärtigen Situation konnte er nicht dauerhaft glücklich werden. Aber er wollte sich das nicht eingestehen, wollte es Yuutarou gegenüber nicht zugeben. Also schwieg er.

„Es ist nun einmal so, dass wir beide noch jemand anderen brauchen, damit wir wirklich glücklich sind. Du brauchst Tsukishima, ich brauche Kageyama. Deswegen denke ich, dass wir unsere Beziehung öffnen sollten“, erklärte Yuutarou. Er erntete einen skeptischen Blick von Akira und sah dies als Anlass weiter zu reden: „Ich habe mit den beiden geredet. Und solange es für dich in Ordnung wäre, wäre es auch für sie in Ordnung, dass wir eine noch unkonventionellere Beziehung als diese hier, die wir bereits führen, eingehen.“

Auf Akiras Gesicht regte sich etwas. Er blickte Yuutarou durchaus etwas überrascht an. „Du schlägst also vor…“

„Ich schlage vor, dass wir eine Beziehung zu viert führen“, brachte Yuutarou es auf den Punkt, „Bitte denk darüber nach, Akira.“

Akira wusste, dass das keine egoistische Bitte von Yuutarou war. Yuutarou dachte immer viel zu sehr an ihn. Das hatte er immer getan. Und genau deswegen musste er ernsthaft über diesen Vorschlag nachdenken. Er war sich bewusst, dass ihre derzeitige Beziehung auf lange Sicht hin betrachtet mit diesen komplizierten Gefühlen wahrscheinlich keine Zukunft haben würde. Denn während Yuutarou nur die Hälfte seiner Liebe bekam, bekam er auch nur die Hälfte von Yuutarous Zuneigung. Und ein Teil war einfach zu wenig. Diese entgegengebrachte Zuneigung mit der Zuneigung eines anderen Partners zu ergänzen, dem man die andere Hälfte seiner Gefühle schenkte war dementsprechend eine logische Folgerung. Es bedeutete, dass Yuutarou und er weiterhin zusammen sein konnten, dass sie weiterhin eine Zukunft haben würden, dass er nicht mehr ein schlechtes Gewissen haben musste wenn seine Gedanken voller Sehnsucht und Verlangen zu Tsukishima abdrifteten und sein Herz in seiner Gegenwart viel zu schnell schlug. Sie würden endlich komplett sein.

„Okay“, stimmte er schließlich zu.

„Okay?“, Yuutarou blinzelte. Er hatte scheinbar nicht mit einer so raschen Antwort gerechnet.

„Ich denke, du hast Recht“, begann er, „Wir brauchen das um glücklich zu sein.“

Er brauchte Tsukishima und Yuutarou brauchte Kageyama. Genauso wie sie einander brauchten. Ohne die beiden würden sie weiterhin unvollständig bleiben.

 

Fourteenth turn backwards
 

Manchmal war das Ende von etwas Angenehmem und Vertrautem nicht der erwartete Weltuntergang. Denn jedes Ende von etwas Altem, konnte genauso gut der Anfang von etwas Neuem sein.

Auch wenn Akira sich bewusst war, worauf er sich durch seine Zustimmung eingelassen hatte, musste er sich erst noch mit dieser neuen Situation zurechtfinden. Der Gedanke, Yuutarou nun ausgerechnet mit Kageyama teilen zu müssen, erschien ihm schrecklich beängstigend und hinterließ einen unangenehmen Beigeschmack. Natürlich bedeutete diese Veränderung auch Tsukishima an seiner Seite zu haben. Der Gedanke an diese neue Situation war angenehm und machte eine gemeinsame Zukunft mit Kageyama erträglicher. Wenngleich Akira Kageyama sicherlich nie wirklich mögen würde. Dessen war er sich sicher.

 

Fifteenth turn left
 

„Was machen wir als Erstes?“, fragte Yuutarou in die Runde.

Akira sah kurz zu ihm, schaute dann wieder auf den großen Wegeplan vor ihnen. Neben ihm stand Kei, seine Hände in den Hosentaschen vergraben und neben Kei studierte Kageyama wie Yuutarou auch intensiv den großen Plan.

„Wie wäre es mit der Achterbahn?“, schlug Kageyama vor.

„Klingt nicht schlecht!“, stimmte Yuutarou zu.

„Von mir aus…“, meinte Kei, Akira zuckte nur beiläufig mit den Schultern. Er war nicht besonders angetan von Achterbahnen (oder hohen Orten im Allgemeinen), aber die Blöße das zu erwähnen gab er sich nicht.

Den ersten Halt beschlossen machten sie sich auf den Weg zu der großen Achterbahn. Zum Glück waren sie an diesem Tag früh aufgebrochen, die Schlange für die erste Attraktion war noch nicht unzumutbar lang. Aber für Akiras Geschmack war sie zu lang. Denn jede Minute des Wartens, bedeutete auch mit Kageyama interagieren zu müssen. Während des Wartens wandte er sich lieber an Kei, tauschte sich mit ihm ein wenig über Musik aus. Dieses Terrain war vertraut, unverfänglich. Auch wenn Akira wusste, dass es Kei und ihm erlaubt wäre, sich in dem passenden Moment intimer und vertrauter zu verhalten, schien es nicht so einfach von einer Freundschaft auf Beziehung umzuschalten - Besonders da Kei und er nicht so die gefühlsbetontesten Menschen waren. Yuutarou hingegen unterhielt sich angeregt mit Kageyama. Akira lauschte nicht wirklich ihren Worten. Doch sprachen die gelegentlichen Berührungen, der scheinbar freundschaftlich um Kageyamas Schultern geschlungene Arm oder ein beiläufiges Wuscheln durch die Haare in seinen wachsamen Augen Bände.

Es war ein Stich in seinem Herzen.

In der Achterbahn neben Kageyama zu landen hatte er Kei und Yuutarou zu verdanken. Er warf einen wütenden Blick nach hinten und erntete nur einen selbstgefälligen Blick von Kei. Auf der empfangenden Seite von Keis kleinen Boshaftigkeiten zu sein, war sicherlich nicht Akiras Lieblingssituation.

Die Bahn setzte sich ruckelnd in Bewegung, wurde den ersten Berg hochgezogen. Akiras Herz schlug schneller in seiner Brust und er beschloss seine Augen sofort zu schließen. Warum er seine Augen für einen kurzen Moment wieder geöffnet hatte, wusste er nicht. Er wusste nur, dass es eine Schnapsidee gewesen war. Die Bahn machte sich an die erste Bergabfahrt, er griff nach dem nächstbesten und krallte sich fest – an Kageyamas Arm. Der Abfahrtswind zerzauste ihm das Haar, seine lauter Aufschrei mischte sich unter das amüsierte Gekreische anderer Mitfahrer.

Endlich am Ausgang angekommen bemerkte er seinen für ihn selber unangenehmen Griff nach Kageyamas Arm, ließ ihn schnell los. „Sorry“, murmelte er. Mit wackeligen Beinen kletterte er aus dem Wagen, suchte an einem Geländer halt. Kageyamas „Schon in Ordnung“ lauschte Akira nicht mehr.

„Alles in Ordnung?“, erkundigte sich Yuutarou.

„Ich mag Achterbahnen nicht sonderlich“, gab Akira leise zu.

Yuutarou verschränkte die Arme vor der Brust. „Warum hast du das nicht gesagt?“, immerhin hätten sie nicht mit dem Fahrgeschäft fahren müssen. Akira zog es vor eine Antwort im Raum stehen zu lassen. „Wollen wir als nächstes in die Geisterbahn?“, schlug Akira stattdessen vor. Im Gegensatz zu Yuutarou mochte er Gruselkabinette und Geisterbahnen.

Die Schlange an dieser Attraktion war wesentlich kürzer als die an der Achterbahn. Dieses Mal konnte Akira sich davor bewahren mit Kageyama in einem Sitz zu landen. Stattdessen ergatterte er den Platz neben Kei und überließ Kageyama dem Schicksal erneut jemanden an seinem Arm hängen zu haben. Er selber amüsierte sich lieber über die wenig gruseligen Geister und Monster. Für ihn war solch eine Fahrt durch die Geisterbahn eher amüsierend und entspannend. Als er jedoch eine Hand auf seinem Oberschenkel spürte, sah er überrascht zu Seite, direkt in Keis Augen.

Akira spürte wie das Blut in seine Ohren schoss. Dass Kei seine andere Hand an seine Wange legte, ließ sein Herz nur noch schneller schlagen. Die Geisterbahn war für einen ersten gemeinsamen Kuss sicherlich nicht der romantischste Ort. Doch hatte er sich verdammt richtig und viel zu gut angefühlt. Gerne hätte er Kei noch länger geküsst. Aber sobald der Wagen sich dem Ein- und Ausstieg näherte, hatten sie die kleine Kusssession unterbrechen müssen. Sie warteten am Ausgang auf Yuutarou und Kageyama. Letzterer rieb sich seinen rechten Arm. Es war offensichtlich, dass Yuutarou sich ebenfalls an Kageyamas rechtem Arm bedient hatte.

„Was wollen wir als nächstes machen?“, holte Kageyama einen zusammengefalteten Plan aus seiner Jackentasche.

„Vielleicht die Wildwasserbahn oder die große Wasserbahn?“, schlug Yuutarou vor.

„Und dann sind wir ganz nass.“, konterte Kei, „Lasst uns das besser zum Schluss machen. Akira nickte zustimmend.

„Ich würde gerne noch mit dem Free-Fall-Tower fahren“, überlegte Kageyama. Natürlich wollte er das. Akira war begeistert. Nicht.

„Der ist hier in der Nähe. Warum macht ihr Beide das nicht und Akira und ich machen eine Pause?“, schlug Kei vor.

„Ist das in Ordnung?“, wandte Yuutarou sich an Akira. Dieser nickte.

Während Yuutarou und Kageyama sich angeregt unterhaltend zu dem Eingang zum Turm gingen, ließen sich Akira und Kei mit einem frisch gekauften Erdbeer-Crêpe auf einer Bank nieder.

„Dafür dass du Kageyama noch immer nicht sonderlich magst, hast du dich aber vorhin sehr an ihn geklammert!“, neckte Kei. Er erntete einen finsteren Blick. Akira biss in den teigigen Crêpe und gab Kei demonstrativ keine Antwort.

„Schon was von der Uni gehört?“, fragte Akira.

„Die juristische Fakultät der Todai scheint mich wirklich nehmen zu wollen. Und wie ist es bei deinen Prüfungen gelaufen?“, antwortete Kei.

„Herzlichen Glückwunsch! Bestanden. Ich kann also mein Informatikstudium beginnen.“

„Und Kindaichi?“

„Seine erste Wahl hat er leider nicht bestanden. Aber an dem Tag der Prüfung war er auch gesundheitlich angeschlagen. Er hat ehrlich gesagt damit gerechnet, dass es nichts wird und hatte Glück sich noch an einer anderen Uni in Tokyo beworben zu haben.“, er zögerte einen Moment. Eigentlich wollte er sich nicht nach Kageyama erkunden. Es ging gegen seine Prinzipien. Aber er tat es dennoch: „Kageyama macht was mit Volleyball?“

„Ja… Er hat ein Angebot von dem Volleyball-Club in Tokyo.“

„Dann sind wir also alle in ein paar Monaten in Tokyo.“

Akira nickte. Schweigend widmeten sie sich wieder ihrem Crêpe. In Tokyo würde er Kei sicher häufiger sehen. Er freute sich irgendwie schon auf diesen neuen Abschnitt in seinem Leben.

 

Sixteenth turn right
 

Sich mit unangenehmen Umständen zu arrangieren, sich anzupassen und daran zu gewöhnen hieß noch lange nicht, dass man diese Konstellation von Ereignissen, Handlungen und Gegebenheiten auch mögen musste. Zwar hatte sich Akira damit abgefunden, dass er in der gegenwärtigen Situation Kageyama in seinem Leben akzeptieren musste, er hatte festgestellt, dass dieses in seinem Kopf stattfindende Wettrennen um den Platz an Yuutarous Seite nie das Ende finden würde, dass er sich einst vorgestellt hatte.

Es war unvermeidbar gewesen.

Die Anspannung, die Belastungen, die alltäglichen Probleme und Komplikationen.

Solange bis kompliziert zu einfach wurde.

 

Seventeenth turn forwards
 

Der Plan war gewesen mit Yuutarou in Tokyo zusammen zu ziehen. Dieser Plan hatte genau so lange funktioniert bis die Idee aufgekommen war, dass zwei Wohnungen zu zweit doch mehr Kosten als eine Wohnung zu viert verursachen würden. Er wusste nicht, wer genau auf diese Idee gekommen war. Doch als sie dann auch noch eine, wie er leider zugeben musste, schöne Wohnung gefunden hatten, war das baldige Zusammenleben mit Kageyama unvermeidbar gewesen.

Auch wenn er sicherlich kein Fan von diesem Arrangement gewesen war, hatte Akira sich damit abgefunden. Dadurch, dass sie eben zu viert waren, war es selten, dass er mit Kageyama alleine sein musste. Diese Tatsache kam ihm natürlich stets entgegen. Ein weiterer Pluspunkt war, dass Kageyama durch Training und Spiele mit anderen Mannschaften gerne auch einmal mehrere Tage nicht zu Hause war. Heute war leider nicht einer dieser Tage. Dennoch hatte er das Glück, dass neben Kageyama heute auch Yuutarou anwesend sein würde. Zusammen mit ihm hatte Akira heute die zweifelhafte Ehre etwas halbwegs Essbares auf den Tisch zu bringen.

So war zumindest der Plan gewesen.

Akiras Handy vibrierte. Er öffnet den Gruppenchat, in dem Yuutarou geschrieben hatte.

 

Yuutarou schrieb:

2018-06-18 – 17:45

Tut mir Leid! Aber ich komme heute erst spät nach Hause. Muss die Schicht eines Kollegen noch übernehmen.

 

Akira starrte das Handy wenig erfreut an. Kei würde durch seinen Job ebenfalls erst spät heim kommen. Dementsprechend bedeutete das nun, dass er den Abend alleine mit Kageyama verbringen musste. Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Das klickende Geräusch des Wohnungsschlüssels warf seine Laune noch einmal in ein kleines Loch. Der Anblick von Kageyamas Visage gab besagter Laune noch einmal einen Tritt.

„Ich habe gelesen, dass Kindaichi heute erst spät nach Hause kommt. Wollen wir dann zusammen das Essen machen?“

Gerne hätte Akira abgelehnt. Aber selbst er war dann wiederum nicht so ein Unmensch, dass er dieses Angebot ablehnen würde. „In Ordnung…“, stimmte er schließlich zu, erhob sich von seinem Platz und machte sich auf den Weg in die Küche. Während Kageyama sich nun rasch noch etwas anderes anzog, wusch Akira sich schon einmal die Hände, legte sich die Schürze um und holte die für das heutige Abendessen vorgesehenen Zutaten aus dem Kühlschrank. Das zu schneidende Gemüse legte er auf die eine Seite der Anrichte, während das Fleisch auf der anderen Seite landete. Kurz nachdem er die Vorbereitungen abgeschlossen hatte, kam Kageyama in die Küche und schnappte sich die zweite Schürze. Während Akira sich dem Zerkleinern von dem Fleisch widmete, durfte Kageyama das Gemüse in kleine Stückchen und Scheiben schneiden. Schweigend arbeiteten sie sich voran. Die Stille wurde nur von den auf die Holzbrettchen aufkommenden Messern unterbrochen.

„Kunimi?“

„Hmn?“, Akira sah nicht von seiner Arbeit auf.

„Wegen damals…“

Akira sah alarmiert auf. Er ahnte schlimmes. „Das hatten wir doch bereits. Ich möchte nicht, dass du dich entschuldigst! Und ich werde mich auch nicht entschuldigen!“

Kageyama schüttelte den Kopf. „Ich möchte mich aber entschuldigen! Es hat etwas gedauert, bis ich es gemerkt habe… Aber ich war damals ein ziemlich kompliziert.“

„Nett ausgedrückt“, meinte Akira. Er wollte diese Entschuldigung noch immer nicht hören. „Hat Yuutarou dich dazu angestiftet?“

Kageyama schüttelte den Kopf. „Er meinte, dass du wahrscheinlich keine Entschuldigung von mir hören willst. Er hat mir ehrlich gesagt davon abgeraten.“

Kageyama verstumme kurz. Akira beobachtete den Anderen einen Moment. Yuutarou wusste natürlich zu gut, warum er keine Entschuldigung hatte hören wollen. Solange er von Kageyama keine direkte und vor allem ehrliche Entschuldigung zu hören bekam, konnte er seinen Groll gegenüber Kageyama in Ruhe hegen und pflegen, ihm weiterhin nachtragen, was für ein Diktator er doch in der Mittelschule gewesen war und all die hässlichen Gefühle für den vierten Mann in ihrer Beziehung weiterhin am Leben erhalten. Immerhin war Akira eine sehr nachtragende Persönlichkeit. Aber sobald man sich aufrichtig bei ihm entschuldigte…

„Auf jeden Fall wollte ich mich dafür entschuldigen, dass ich mich eben damals so verhalten habe. Es war nicht in Ordnung. Und es tut mir Leid“, meinte Kageyama und senkte symbolisch den Kopf.

Akira seufzte. Er wusste, dass er nun früher oder später seinen Groll gegenüber Kageyama begraben würde. Und genau das bereitete ihm ein wenig Angst. Nun war er schon solange sauer auf den Anderen gewesen, dass er sich nicht wirklich eine andere Art der Beziehung zu ihm vorstellen konnte. Auch wenn eine neue Entwicklung nun unvermeidbar war.

„Nun heb endlich deinen Kopf, Kageyama. Sonst denkt man noch, dass ich der König bin. Und nicht du…“, meinte er mit einem sarkastischen Unterton. Kageyama sah ihn an. Und fast fühlte Akira sich in die unbeschwerte Zeit der Mittelschule zurückversetzt. Irgendwie war das hier nur besser.

Natürlich würde Akira das noch lange nicht zugeben.

 

Eighteenth turn right
 

Nichts bleibt gleich. Die Dinge ändern sich nun einmal.

Es war vorhersehbar, es war vertraut. Nichts im Leben war konstant, alles unterlag dem Wandel. Beginnend bei den Dingen, die man in der Schule lernte, gesellschaftliche Normen, Prozesse an der Arbeit. Sich immer wieder neu anpassen zu müssen war unvermeidlich.

Früher hatte Akira gehofft zumindest in dem privaten Bereich eine gewisse Stabilität zu haben. Sein stabiles, persönliches Leben hatte er an der Seite von Yuutarou gesehen. Doch musste ihm das Leben hier einen Strich durch die Rechnung machen und sein Leben in ein Chaos stürzen. Dass sich aus diesem Chaos erst die Beziehung formen würde, in der er wahrlich glücklich sein würde, hatte er nicht erwartet.

Er brauchte nicht eine oder zwei - sondern drei - Personen zum glücklich sein.

Und es war gut so.

 

Nineteenth turn left
 

„Ich kann da nicht hinsehen, ich kann da nicht hinsehen, ich kann da nicht hinsehen…“

Amüsiert schielte Akira zu Yuutarou hinüber, der auf seinem angestammten Platz zwischen Tobio und der Armlehne des großen Sofas Platz genommen hatte. Wann immer sie einen gruseligen Film schauten, konnte Yuutarou entweder sich an die Armlehne oder an Tobio klammern. Akiras eigener Arm dankte es ihm, dass sie dieses Sitzarrangement schon vor langer Zeit eingeführt hatten. Außerdem war Tobio inzwischen ein Meister der Ablenkung bei besonders gruseligen Stellen geworden. Wahrscheinlich eine Form des Selbsterhaltungstriebs. Dass Kei immer zwischen ihm und Tobio in der Ecke saß und somit Akiras Teil der Couch von dem Teil von Tobio und Yuutarou trennte, stammte noch aus einer Zeit in der er Tobio am liebsten an den Nordpol gewünscht hätte. Heute wünschte er sich lieber Tobios Schoß als Kopfkissen für ein Powernapping missbrauchen zu können und unter seinen fähigen Fingern in seinem Haar einzudösen.

Für das heutige Filmschauen lehnte er sich aber gegen die Schulter von Kei, auf dessen Schoß wie so oft die Popcornschüssel Platz gefunden hatte. Während Kei selten in die Schüssel griff, wurde der Inhalt meist zum Größten Teil von Tobio und Akira verzehrt. Früher hatte Akira peinlich genau darauf geachtet nicht zeitgleich mit Tobio in die Schüssel zu greifen. Wann immer ihre Finger sich heute in der Schüssel trafen, gab es einen kurzen zur Tradition gewordenen, kindischen Kampf zwischen ihren Fingern (bei dem meistens ein paar Popcornkugeln auf dem Boden landeten), ehe sie sich Popcorn schnappten und weiter auf den Film konzentrierten. An diesem Abend hatten sie auch schon die eine oder andere Kugel auf den Boden befördert. Jedoch waren diese kleinen Störungen nichts im Gegensatz zu Yuutarous Abneigung gegen die genetisch zusammengewürfelte Saurierdame, die sich gerade auf der Jagd in dem wiedereröffneten Saurierpark befand. Mehr als einmal hatte Kei Yuutarou schon einen finsteren Blick zugeworfen. Bei seinen geliebten Saurierfilmen war Kei eben sehr empfindlich.

Akira beobachte aus den Augenwinkeln wie Kei in die Schüssel griff und Popcorn zielsicher nach Yuutarous Stirn warf. „Ruhe!“, warnte er Yuutarou und sah dann wieder nach vorne auf den Fernseher. Das Murmeln von Yuutarou war nicht ganz verstummt. Akira griff über den Schoß von Kei hinweg, zupfte an Tobios Arm. Als dieser zu ihm hinüber sah, formte er mit seinem Mund die Worte: ‚Walte deines Amtes.‘ Tobio verdrehte kurz die Augen, verlagerte nun aber sein Gewicht um seinen Körper etwas weg von Kei und mehr zu Yuutarou zu bewegen. Ablenkung war eben doch immer eine effektive Methode um nicht so angenehme Szenen zu überstehen. Amüsiert betrachtete Akira noch einen Moment Tobio und Yuutarou, richtete dann seinen Blick wieder auf den Fernseher.

Zufrieden lehnte sich Akira näher an Kei, spürte wie dieser einen Arm um ihn legte. Heute Nacht würden sie vielleicht doch nicht so viel Schlaf wie zuerst erwartet bekommen. Immerhin konnte etwas Ablenkung von bösen Träumen ja nie schaden. Und dafür waren sie doch hier – um einander alles Glück der Welt zu schenken.

 

Twentieth turn forwards – exit labyrinth
 

Rückblickend auf sein bisheriges Lebens konnte Akira von vielen Wendungen und Überraschungen reden. Den größten Teil seiner Tage hatte er zusammen mit Yuutarou verbringen können.

Nicht jeder Tag war ein guter Tag gewesen und mit Tobios Eintreten in sein Leben war die Anzahl der schlechten Tage stetig gestiegen. Er war wie eine dunkle Gewitterfront gewesen, ein dunkler Schatten auf seinem Weg.

Vielleicht war Kei im Zeichen seines Namens wirklich ein Licht in dieser Dunkelheit gewesen? Vielleicht hatte er das kalte Mondlicht gebraucht um wieder seinen Weg zu finden. Gute Tage folgten auf schlechte Tage und schließlich folgte auf turbulente Stürme, starker Gegenwind und dunkle Wolken eine sanfte Brise, die ihn in sein neues Leben lockte.

Ein Leben zusammen mit Kei, Tobio und Yuutarou war sicher nicht sein Plan gewesen. Akira hätte sich nie im Leben ausgemalt, dass er sein Lebenslabyrinth nicht mit einer Person, sondern mit dreien bestreiten durfte.

Gemeinsam geteilte Momente, Tragödien, Lachen, Zerwürfnisse und tiefe Vertrautheit. Ein Leben voller Erinnerungen mit den Menschen, die wirklich zählten.

Es war ein Geschenk.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Liebe  Kim_Seokjin,

Ich hoffe, dass dir das Lesen der fanfic genauso viel Freude bereitete hat, wie bei mir das Schreiben der ff.

Die Geschichte ging mir überraschend einfach von der Feder. Auch wenn ich an manchen Stellen ein paar Probleme mit dem Plot hatte und am Ende doch noch mal Dinge über den Haufen gehabt habe. Aber als ich dann endlich an dem Punkt angelangt war, wo Tobio und Akira endlich eine Beziehung zueinander aufbauen, war die Geschichte, die ich über die Entwicklung der vier zueinander hatte schreiben wollen, auch schon vorbei. Inwieweit sich Akira und Tobio nun ab dem letzten noch näher kommen oder wie es mit Kei und Yuutarou aussieht, lasse ich lieber offen. Ich denke die Weichen sind gestellt und ihre Zukunft steht in den Sternen. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Ur
2017-03-22T11:08:52+00:00 22.03.2017 12:08
Hey :)

Erstmal vielen Dank für deine Teilnahme an meinem WB! Ich würde gerne einen langen und sehr ausführlichen Kommentar schreiben, bin aber aus persönlichen Gründen zur Zeit nicht so richtig in der Lage dazu, deswegen muss ich mich leider ein bisschen kurz fassen.

Mir hat dein OS sehr gut gefallen! Die Charaktere haben mir in dieser Konstellation sehr gut gefallen und ich fand es toll, wie du die 'Verhandlung' über die Beziehung/die Beziehungen stufenweise eingebracht hast :) Das war sehr schön gelöst und die Eifersucht vom Anfang hat sich am Ende auch sehr befriedigend verflüchtigt! Alle Charaktere waren sehr IC geschrieben und du hast die Stichworte sehr gut umgesetzt! Mir hat das Konzept mit dem Labyrinth sehr gut gefallen :) Die Stelle mit dem Geschenk am Valentinstag/White Day hat mir besonders das Herz schmelzen lassen *___*

Vielen Dank für das Lesevergnügen, ich hatte sehr viel Freude mit deinem Beitrag <3
LG, Ur
Antwort von:  Jeon_Jungkook
22.03.2017 18:02
Es freut mich wirklich sehr, dass dir diese doch eher ungewöhnlichere Konstellation sehr gut gefallen hat und dass ich dir damit auch eine Freude machen konnte!

Ich bedanke mich recht herzlich für das liebe Lob und setze mich bald wieder brav an die nächste Geschichte für dich =3
Antwort von:  Ur
22.03.2017 18:15
Ich freu mich drauf :D
Von:  Kim_Seokjin
2017-02-14T07:20:11+00:00 14.02.2017 08:20
Wie du in WA schon lesen durftest, war ich ziemlich überrascht über die Widmung der Geschichte. Aber ich habe mich sehr gefreut, auch wenn ich im Vorfeld sehr neugierig war, weil du sie mich einfach nicht hast Probelesen. Dabei darf ich das doch immer, so eine Frechheit!
Ich finde die erste Szene sehr, sehr süß! Yuu, der sich gleich um Akira kümmert. <3 Und musste lachen, als ich lesen durfte, dass es schon zu viel Bewegung war.
Ich hätte an Yuus Stelle Akira eine Kopfnuss verpasst, so unsensibel dieser Kerl! Aber Yuu als Vizekkapitän! Aw! Er macht das sicherlich gut. Hoffe ich. XD Zu Akira sag ich nichts.. dieser Faulpelz!
Und da ist Kageyama, wenn auch nur erwähnt. Und dann tauch er auch schon auf. Oh weh! Es ist ziemlich offensichtlich, dass Yuu ihn mag. Es aus Akira’s Sicht zu lesen ist amüsant, auch wenn es für ihn wahrscheinlich weniger ist. Aber so muss er ein wenig kämpfen, wenn er Yuu nicht kampflos aufgeben will.
Und dann der Switch zum nächsten Spiel. Ich habe immer noch kein Mitleid mit Kageyama, auch wenn ich ihn wirklich mag, aber da bei diesem Spiel – ich möchte ihn ganz fest schütteln.
Die Szene im Mose Burger ist toll. <3 Ach endlich, finden sie zusammen und ein verlegener Yuu ist wirklich immer toll! <3
Tsukki! <3 Herrlich, wie er sie alle aufmischt und Yuu versucht Kageyama in Schutz zu nehmen. Da kommt gleich das ganze Drama! Warum lässt sich Yuu auch so leicht von Tsukki ärgern und warum muss Akira auch so besitzergreifend und eifersüchtig sein. :3
Yuu hätte die Beiden nicht alleine lassen sollen. Dann tauschen sie doch ganz pragmatisch die Nummern aus… oh weh, das gibt noch Ärger!!
Haha. Ach ja, da haben wir es doch schon! :3 Netter Nachrichtenverlauf und schön, wie Akira stutzt nach der Offenbarung, dass Tsukki ein Date oder Partner/-in hat.
„Da hast du wohl Recht. Aber werfen wir nun mal 3 Personen in die Gleichung. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass man zwei Personen gleich gern mag?“ Das kann Yuu, doch nicht ernsthaft fragen! O.O Ich meine, er hat es getan und es geht ja noch weiter. Ich hätte ihm schon das Buch um den Kopf geworfen. Gut, dass Akira ruhiger bleibt!
Mir tut Akira in der Viererkonstellation schon etwas Leid und dann muss er auch noch Achterbahn fahren. Was machst du hier eigentlich? Ich will kein Mitleid mit ihm haben?! Also eigentlich nicht…
Hat Kageyama nach den ganzen Fahrten blaue Flecken an seinem Arm? O.O
Der erste Kuss in der Geisterbahn ist sehr, sehr cool! <3
Kageyama und Akira allein zu Haus! Und sie hantieren mit Messern und haben Schürzen an, dass wäre eine tolle Ausgangsposition für einen Thriller, weißt du das?! xD Nein, Scherz beiseite. Es ist schön zu lesen, wie Akira endlich aufhören müssen gegen Kageyama zu grollen!!
Haha. Yuu ist so toll! Ich mag mit ihm zusammen Gruselfilme schauen, dann kann ich mich genauso anstellen!! Saurierfilme sind doch aber gar nicht so gruselig (auch wenn ich mich auch gruseln würde, aber pssst!) Die Szene ist sehr schön und ich mag wie die Vier endlich harmonisch miteinander agieren und wie jeder da so seine Eigenarten hat. :3
Danke für die tolle Geschichte!!!! <3

Antwort von:  Jeon_Jungkook
14.02.2017 19:01
WOAH
Solch einen Monsterkommentar bin ich gar nicht gewohnt! Aber es freut mich wirklich, dass die die Fanfic so gefallen hat. Und wenn ich das nächste Mal was schreibe, bekommst du definitiv kleine Previews!
Wie du auch, habe ich beim Schreiben auch immer wieder mit Akira gelitten. Auch wenn er Tobio gegenüber nicht sonderlich nett war. Aber verschmähte Liebe und später das andauernde Gefühl weiter unterlegen zu sein. Aber zum Ende gab es ja dann noch die Wendung in die Harmonie =D


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