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Der Detektiv, der mich liebte

von

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Möge das Spiel beginnen

Am nächsten Morgen wachte Katie bereits früh auf. Sie erwartete auch an diesem Morgen alleine im Bett zu liegen, doch zu ihrer Überraschung spürte sie Sherlocks warmen Körper hinter sich und seinen Arm um ihren Bauch. Sie musste sich wohl irgendwann im Schlaf umgedreht haben, außerdem war sie sich sicher, dass er sie noch nicht im Arm hatte, als sie in der Nacht eingeschlafen war. Dennoch musste die junge Frau zugeben, dass es sich keineswegs unangenehm anfühlte in den Armen des Dunkelhaarigen zu liegen. Mit ihren fünfundzwanzig Jahren hatte sie schon drei Beziehungen hinter sich und jedes Mal wurde sie enttäuscht, denn leider hatten sich bisher alle Männer, denen sie näher gekommen war, als Idioten herausgestellt. Sherlock war seit langer Zeit der erste Mann, bei dem sie sich wieder wohl fühlte, nur schade, dass Liebe für ihn nichts weiter als ein chemischer Defekt war, wie er es selbst ausgedrückt hatte.
 

Langsam drehte sich Katie zu dem Dunkelhaarigen um, ohne ihn dabei zu wecken, geschweige denn auch nur ansatzweise von ihm abzurücken. Nachdenklich betrachtete sie den schlafenden Detektiv, der in dieser Position überhaupt nicht wie ein neunmalkluger Angeber wirkte. Ihr Blick wanderte über sein Gesicht hinauf zu den dunklen Locken, die ihm im Schlaf sanft in die Stirn fielen. Bevor sie es verhindern konnte, hatte sie auch schon eine Hand danach ausgestreckt; sie konnte einfach nicht widerstehen ihm sanft durch die Haare zu streicheln und wenn sie seinen Worten über Liebe und Beziehungen Glauben schenken durfte, konnte sie davon ausgehen, dass das noch nie eine Frau zuvor getan hatte.
 

Gedankenverloren streichelte sie ihn weiter, während sie ihn wieder musterte. Sie wusste, dass hinter den geschlossenen Lidern helle wachsame Augen lauerten, die alles und jeden durchschauen und in Sekundenschnelle deduzieren konnten. Die hohen Wangenknochen gaben seinem Gesicht etwas Markantes und die leicht geschwungenen Lippen unterstrichen dieses Merkmal zusätzlich. Auch wenn er der größte Angeber war, den Katie jemals getroffen hatte, war er einfach verdammt attraktiv!
 

Was waren denn das schon wieder für Gedankengänge?! Sie kannte diesen Mann gerade einmal einen Tag und hörte sich fast so wie ein verliebtes Schulmädchen an, das jedes Mal einen Kicheranfall erlitt, wenn sein Schwarm vorbeilief und insgeheim hoffte, dass er endlich auf es aufmerksam werden würde. Aber dennoch…sie konnte nicht abstreiten, dass Sherlock Holmes einfach wahnsinnig gut aussah…Plötzlich regte sich der Detektiv. Katie hielt in ihren Streicheleinheiten inne und schloss schnell die Augen; vielleicht würde er ja annehmen, dass sie noch schlafen würde. Doch kaum schlug der Dunkelhaarige die Augen auf, hörte sie auch schon seine tiefe Stimme dicht neben ihrem Ohr.
 

„Ich weiß, dass Sie wach sind. Sie können die Augen wieder auf machen.“ Katie kam seiner Aufforderung nach und öffnete die Augen wieder. „Woher wussten Sie, dass ich wach bin?“, fragte sie. „Es war offensichtlich“, antwortete Sherlock lediglich. Damit konnte Katie zwar nicht sonderlich viel anfangen, aber sie beschloss, es dabei zu belassen. „Konnten Sie wenigstens für den Rest der Nacht gut schlafen?“, erkundigte sich Sherlock dann. „Ja, das konnte ich – dank Ihnen“, erwiderte sie lächelnd. „Keine Ursache. Aber jetzt sollten wir aufstehen. Das Frühstück steht sicher schon bereit und es gibt eine Menge zu tun.“ Mit diesen Worten schlug Sherlock die Bettdecke zurück und stand auf. Katie seufzte innerlich; eigentlich wäre sie viel lieber noch eine Weile mit ihm liegen geblieben, doch sie fügte sich ihrem Schicksal und folgte dem Dunkelhaarigen kurz darauf ins Wohnzimmer, wo schon Mrs. Hudsons Frühstück bereitgestellt war.
 

Kurz darauf gesellte sich auch John zu ihnen, der ihnen einen guten Morgen wünschte. Das Frühstück verlief weitestgehend schweigend, bis John irgendwann die Stille durchbrach. „Was steht heute an?“ Seine Frage galt Sherlock, der sich bis dahin eher wortkarg gezeigt hatte. Sofort schaute der Detektiv auf, antwortete aber nicht gleich. „Ich werde noch einmal zu Lestrade fahren. Ich möchte wissen, ob es bereits etwas Neues gibt“, sagte er schließlich. „Aber Sie waren doch gestern dort. Meinen Sie wirklich, dass die Polizei schon weitergekommen ist?“, warf Katie ein. „Normalerweise müsste sie das, aber wenn Anderson die Spurensicherung macht, bezweifle ich das“, erwiderte Sherlock. „Was haben Sie eigentlich gegen diesen Anderson?“, fragte Katie daraufhin. „Er ist einfach zu dumm für diese Welt“, gab Sherlock zurück. Ja, er war definitiv sehr charmant! „Wie dem auch sei. Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg. John, Sie werden auf Katie aufpassen, bis ich wieder da bin“, ordnete er dann an, worauf sein Partner nur zustimmend nickte, es hätte sowieso keinen Sinn etwas dagegen zu sagen.
 

Wie Sherlock es angekündigt hatte, verließ er nach dem Frühstück das Haus und fuhr mit einem Taxi Richtung Scotland Yard, während Katie mit John in der Baker Street blieb. „Was machen Sie, wenn er nicht da ist?“, fragte sie, als sie alleine waren. „Die Ruhe genießen, wobei ich das nicht böse meine. Verstehen Sie das nicht falsch. Sherlock und ich sind wirklich die besten Freunde, aber manchmal ist er eben ein wenig anstrengend“, antwortete John. „Ja, das glaube ich Ihnen gerne. Manchmal weiß ich wirklich nicht, woran ich bei ihm bin“, gestand Katie. „Das dürfen Sie ihm nicht übel nehmen. Sherlock war noch nie jemand, dem es leicht fiel, Kontakt oder Nähe zu anderen aufzubauen. Aber das heißt nicht, dass er Sie nicht mag. Wenn das der Fall wäre, würde er Sie niemals so nah an sich heranlassen, sondern hätte Sie schon längst rausgeworfen“, erwiderte John und Katie glaubte ihm aufs Wort. „Ja, ich glaube, da ist was dran. Jetzt fühle ich mich schon besser“, meinte sie lächelnd. „Wie schön.“ John erwiderte ihr Lächeln.
 

„Kann ich mich irgendwie nützlich machen?“, fragte die Braunhaarige nach einer kurzen Stille. „Sie müssen sich uns gegenüber wirklich nicht verpflichtet fühlen“, erwiderte John. „Aber ich möchte nicht nur ängstlich in einer Ecke sitzen. In einem Männerhaushalt gibt es doch eigentlich immer etwas zu tun“, gab Katie zurück. „Also schön, um ehrlich zu sein, müsste die Küche mal wieder aufgeräumt werden“, gestand John. „Kein Problem. Ich übernehme das gerne“, sagte sie sofort mit Feuereifer. „Na gut, wie Sie wollen. Das Chaos auf dem Tisch lassen Sie am besten so wie es ist. Sherlock hat dort alles für seine Experimente gelagert. Er mag es nicht sonderlich, wenn man darin herum kramt oder sogar etwas davon wegräumt. Ach ja, und erschrecken Sie nicht allzu sehr, wenn Sie in den Kühlschrank schauen sollten“, warnte John. „Ähm…okay…?“ Katie schaute ihn etwas verwirrt an, fragte aber nicht weiter nach. Was sollte denn an einem Kühlschrank so furchterregend sein? Würde ihr die Salami zähnefletschend entgegenkommen? Der Gedanke war fast lustig, aber Katie verkniff sich jeglichen Kommentar. „Na gut, ich mach mich dann mal an die Arbeit“, verkündete sie John lediglich und verschwand in der Küche.
 

Dort bot sich ihr ein grauenhafter Anblick; ein Schlachtfeld war wohl nichts dagegen. Überall türmte sich das Geschirr und halb ausgepackte Einkaufstüten standen dicht an dicht vor der Anrichte oder um den Tisch herum, der tatsächlich mit experimentellem Sch… überladen war. Oh ja…man merkte sofort, dass man sich hier in einem waschechten Männerhaushalt befand und es gab eine Menge zu tun. Also krempelte Katie die Ärmel hoch und machte sich an die Arbeit.
 

Es dauerte fast zwei Stunden, bis die Küche wieder wohnlich aussah. Zuletzt machte sie sich daran, die Einkaufstüten auszupacken. Nachdem sie einiges in den Schränken verstaut hatte, ging sie schließlich zum Kühlschrank, um die Lebensmittel darin unterzubringen. Als sie die Tür öffnete, schauten ihr sofort braune Augen entgegen. Moment, Augen?! Sie sah noch einmal genauer hin und weitete geschockt ihre eigenen Augen. Da lag doch tatsächlich ein menschlicher Kopf im Kühlschrank und schaute sie ausdruckslos an! War dieser Typ eigentlich komplett bescheuert?! Welcher normale Mensch lagerte denn bitte einen abgetrennten Kopf im Kühlschrank, jetzt wusste sie, wieso John sie gewarnt hatte. Aber wenn sie so darüber nachdachte, war Sherlock Holmes kein normaler Mensch. Da die Lebensmittel aber unbedingt gekühlt werden mussten, blieb ihr nichts anderes übrig, als den Kopf zu ignorieren und den Kühlschrank einzuräumen. Sie nahm sich aber gleichzeitig vor, John oder Sherlock noch einmal darauf anzusprechen.
 

Eine halbe Stunde später hatte die Braunhaarige alles erledigt und stieß wieder zu John, der im Wohnzimmer vor seinem Laptop saß. „Was machen Sie denn da?“, erkundigte sie sich, als sie ihm über die Schulter schaute. Offensichtlich war er in Gedanken, denn er antwortete nicht sofort. „Oh, tut mir leid. Ich war gerade so vertieft“, entschuldigte er sich dann. „Ich arbeite an meinem Blog.“ „Sie schreiben einen Blog? Worüber denn?“, fragte Katie interessiert. „Über unsere gemeinsamen Fälle. Ich schreibe alle gelösten Fälle nieder“, erklärte John. „Etwa auch meinen?“, fragte sie etwas erschrocken. „Nein, keine Sorge. Ich möchte Sie ja nicht in Gefahr bringen“, beruhigte sie John, worauf sie sich wieder entspannte. „Sie schreiben also alle Fälle auf…darf ich Ihren Blog vielleicht mal lesen?“, fragte sie dann; vielleicht würde sie ja so noch mehr über Sherlock erfahren. „Sicher, nur zu. Ich bin sowieso gerade fertig geworden“, stimmte John zu und machte ihr Platz. „Danke, aber da wäre noch eine Sache.“ John schaute sie fragend an. „Was zur Hölle macht dieser abgetrennte Kopf im Kühlschrank?“, fragte Katie. „Sie haben ihn also entdeckt. Sherlock verwendet ihn für seine Experimente“, erklärte John. „Es passiert öfter, dass er Leichenteile im Kühlschrank deponiert. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran.“ „Er ist echt irre…“, murmelte Katie daraufhin nur. „Von Zeit zu Zeit schon“, stimmte John zu. Die Braunhaarige lächelte nur verschmitzt, ehe sie sich hinsetzte und anfing, den Blog zu lesen.
 

Etwa eine Stunde später kam Sherlock wieder zurück. „Sie lesen Johns Blog?“, fragte er, als er Katie kurz über die Schulter schaute. Sie war so vertieft gewesen, dass sie den Dunkelhaarigen bis dahin gar nicht bemerkt hatte und deswegen erschrocken zusammenzuckte, als er sie ansprach. „Ähm ja…ich habe einige Ihrer Fälle gelesen. Es ist wirklich beeindruckend, wie Sie sie lösen konnten“, antwortete sie. „Vielen Dank, ich weiß, dass ich brillant bin. Dann lesen Sie ruhig weiter, aber achten Sie besser nicht allzu sehr auf Johns Überschriften. Die klingen manchmal wirklich idiotisch“, meinte Sherlock, ehe er in die Küche ging, wobei er es ignorierte, dass John ob seines Kommentars die Augen verdrehte. Katie sah ihm nach. Sie sah, wie er sich in der aufgeräumten Küche umschaute. Er sagte jedoch nichts, was vielleicht auch daran lag, dass er zufrieden feststellte, dass sie seine Sachen auf dem Tisch nicht angerührt hatte. Sie schaute ihm noch kurz zu, wie er anfing Tee zuzubereiten, da es mittlerweile schon Nachmittag war, bevor sie schließlich weiter las.
 

Zehn Minuten später kam Sherlock mit vier Teetassen ins Wohnzimmer zurück und stellte sie neben Katie auf dem Tisch ab. „Wieso haben Sie vier Tassen gemacht? Wir sind doch nur zu dritt. Oder kommt Mrs. Hudson vorbei?“, fragte John nach, der bis dahin die Zeitung nach Neuigkeiten durchstöbert hatte. „Nein, wir erwarten einen anderen Besucher…“, antwortete Sherlock. „Ich glaube, ich weiß wer es ist“, erwiderte John, als er den Gesichtsausdruck seines Partners bemerkte. Er hatte es kaum ausgesprochen, als es auch schon klingelte und sie unten die Schritte von Mrs. Hudson hörten, die eilig zur Tür lief, um sie zu öffnen und den Besucher eintreten zu lassen.
 

Kurz darauf betrat eben dieser Besucher das Wohnzimmer. Es war ein Mann, wie Katie feststellte. Er trug einen Anzug sowie einen Regenschirm bei sich. Sein dunkles Haar war wohl schon etwas zurückgegangen, was zumindest die hohe Stirn erklären würde. Er sah aus, als ob er einen wichtigen Posten bekleiden würde und hatte etwas Hochmütiges in seinem Blick. Als er sich kurz umschaute, bildete sich ein süffisantes Lächeln auf seinen Lippen, ehe er sich an Sherlock wandte.
 

„Du hast mich offensichtlich schon erwartet“, meinte der Unbekannte, als er die Teetassen bemerkte. „Nachdem du mir die SMS geschickt hast, war mir klar, dass du so schnell wie möglich her kommen würdest“, erwiderte Sherlock. „Wie schnell du doch immer deine Schlüsse ziehst. Das muss dann wohl Katie Miller sein.“ Als er die Braunhaarige direkt anschaute, zuckte diese zusammen und wich instinktiv hinter Sherlocks Rücken; sie fühlte sich unwohl unter seinem Blick. „Oh, ihr scheint euch schon angefreundet zu haben. Oder ist da etwa etwas, das ich wissen sollte? Ich habe noch nie zuvor gesehen, dass sich ein weibliches Wesen hinter deinem Rücken versteckt, als ob du sein persönlicher Beschützer wärst.“ Wieder lächelte er so süffisant, worauf Sherlock die Augen verdrehte, aber dennoch kurz sanft über Katies Finger strich, die sie in seinem Ärmel vergraben hatte. „Du redest schon wieder zu viel, Mycroft. Aber du hast Recht, das ist Katie Miller. Ich nehme an, diese Information hast du von Lestrade“, mutmaßte Sherlock. „Ja, ich war so frei, mich zu erkundigen“, stimmte Mycroft zu. „Offenkundig…“, gab Sherlock zurück, ehe er sich an Katie wandte, die sich wieder hinter seinem Rücken hervor gewagt hatte.
 

„Das ist übrigens Mycroft Holmes, mein älterer Bruder, von dem ich Ihnen bereits erzählt habe“, stellte er den bis dahin Unbekannten vor. Das sollte Sherlocks großer Bruder sein? Er war offensichtlich das krasse Gegenteil von ihm und langsam verstand Katie, wieso die beiden eine eher kühle Beziehung unterhielten. „Freut mich“, brachte Katie schließlich heraus. „Die Freude ist ganz meinerseits. Ich hoffe, mein Bruder passt gut auf Sie auf“, antwortete Mycroft. „Das tut er“, versicherte ihm Katie; sie hatte plötzlich das Gefühl, Sherlock gegen ihn verteidigen zu müssen. „Wie schön…“ „Wollen wir nicht langsam zum Tee übergehen?“, mischte sich John ein, um die Situation zu retten. „Eine gute Idee“, stimmte Sherlock zu und zog Katie mit sich zum Tisch, worauf sich auch die übrigen Beteiligten setzten.
 

„Dann lass mal hören. Wieso warst du bei Lestrade und hast dich über meinen Fall erkundigt?“, fragte Sherlock ohne Umschweife. „Als ich hörte, dass man die Frau von Henry Parker tot aufgefunden hat, wollte ich natürlich wissen, was vorgefallen war. Immerhin arbeitet Mr. Parker unter anderem für die Britische Regierung, da musste ich mich doch informieren. Bei der Unterredung mit Lestrade fiel der Name Katie Miller und er sagte mir, dass sie bei dir und John untergekommen wäre. Ich wollte die einzige lebende Zeugin gerne persönlich kennenlernen und mich davon überzeugen, dass sie wohlauf ist, wenn sie in deinen Händen ist“, antwortete Mycroft. „Wie du siehst, geht es ihr bestens“, erwiderte Sherlock und verdrehte die Augen. „Wie beruhigend…“, bemerkte Mycroft, bevor er sich direkt an Katie wandte. „Werden Sie mir erzählen, was sich zugetragen hat?“ Die Braunhaarige warf Sherlock einen zweifelnden Blick zu; sie war offensichtlich nicht sicher, ob sie ihm vertrauen konnte. Der Detektiv erwiderte ihren Blick und lächelte leicht.
 

„Sie können es ihm ruhig erzählen. Er weiß nämlich genau, dass er ein ganz großes Problem mit mir bekommt, wenn er irgendetwas weitergibt. Nicht wahr?“ Sherlock bedachte seinen Bruder mit einem gespielten freundlichen Lächeln, worauf es an Mycroft war, die Augen zu verdrehen. „Na schön“, stimmte Katie zu und fing an, die Geschichte von Neuem zu erzählen.
 

„Das war wirklich aufschlussreich, Miss Miller. Ich kann mir vorstellen, was passiert ist“, sagte Mycroft, als sie geendet hatte. „Wie wirst du jetzt vorgehen?“ Diese Frage galt Sherlock. „Ich werde den Mörder finden und dafür sorgen, dass Katie wieder in Sicherheit ist. Und nein, ich werde ganz sicher nicht mit dir zusammenarbeiten, nur weil Henry Parker für die Britische Regierung arbeitet“, erwiderte er. „Du weißt genauso gut wie ich, dass mich dieser Fall in dieser Hinsicht auch etwas angeht. Also solltest du noch einmal darüber nachdenken“, erwiderte Mycroft. „Nein, kein Interesse. Ich weiß mit meiner Zeit etwas Besseres anzufangen“, gab Sherlock sofort zurück. „Also gut, wie ich sehe, kann man mal wieder nicht vernünftig mit dir reden. Ich werde gehen, aber ich werde noch einmal auf dich zurückkommen“, verkündete der Ältere dann und stand auf. „Einen schönen Tag noch.“ Mit diesen Worten wandte er sich zum Gehen und war kurz darauf aus der Wohnung verschwunden.
 

Am späten Abend saßen Sherlock und John noch im Wohnzimmer und dachten über den Fall nach. Katie war ebenfalls bei ihnen, allerdings war sie irgendwann eingeschlafen. Im Schlaf war sie Sherlock wieder näher gekommen, bis sie sich irgendwann nah an ihn gekuschelt hatte und friedlich schlief. Der Detektiv hatte sich mittlerweile daran gewöhnt und so ließ er es einfach zu, wobei er sie irgendwann zusätzlich in den Arm nahm, da er wusste, dass sie so auf jeden Fall ruhig bleiben würde und er somit in Ruhe nachdenken konnte. Johns fassungslosen Blick hatte er dabei einfach ignoriert.

„Was halten Sie mittlerweile davon?“, fragte John in die aufgekommene Stille hinein. „Ich habe das Gefühl, dass dieser Fall langsam größere Ausmaße annimmt, als ich anfangs dachte“, antwortete Sherlock. „Wie meinen Sie das?“, fragte sein Gegenüber weiter. „So wie ich es sage. Mittlerweile gibt es einfach zu viele Dinge, die mit diesem Fall zusammenhängen, als dass es ein einfacher Mord sein kann“, erwiderte Sherlock, während er Katie nachdenklich die Haare aus der Stirn strich. „Und was steckt Ihrer Meinung nach dahinter?“, wollte John wissen. Er hasste es, wenn Sherlock so weit ausholte und das Schlimmste daran war, dass John wusste, dass der Detektiv genau das in vollen Zügen genoss, weil er dann umso mehr seine Intelligenz unter Beweis stellen konnte.
 

„Überlegen Sie doch mal, John. Das kann doch nicht so schwer sein. Katie beobachtet rein zufällig diesen Mord und läuft anschließend genau uns beiden in die Arme. Ausgerechnet wir beide helfen ihr und nehmen sie bei uns auf, um sie zu schützen. Als wir bei Lestrade und Molly nachfragen, finden wir heraus, dass die Tote die Frau eines Bankers ist, der direkt der Britischen Regierung untersteht. Er genießt also Ansehen und kann sich sicher einiges leisten. Seine Frau wurde jedoch nicht sofort umgebracht, sondern zuvor einige Tage festgehalten, während der Mörder ein nettes kleines Psychospiel mit ihrem Mann spielt. Und jetzt taucht auch noch Mycroft auf und will, dass ich ihn in meine Ermittlungen involviere, nur weil er der Meinung ist, es gehe ihn etwas an, da Henry Parker mehr oder weniger für ihn arbeitet. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?“ Abwartend schaute Sherlock seinen Partner an.
 

„Ehrlich gesagt nicht…“, gestand John. Der Detektiv seufzte resigniert. „Ich wusste ja, dass Sie einen relativ geringen Verstand haben, aber dass er so klein ist, hätte ich nicht gedacht.“ „Wie schön, dass Ihr Verstand so groß ist, dass er für uns beide reicht“, gab John zurück und verdrehte die Augen. Er machte sich schon lange nichts mehr aus solchen Bemerkungen. Mittlerweile kannte er Sherlock so gut, dass er wusste, dass er es keinesfalls böse meinte und dies seine Art war, anderen mitzuteilen, dass er sie mochte. „Verraten Sie mir jetzt, was Sie damit sagen wollen?“, fragte John noch einmal nach, als Sherlock keine Anstalten machte, seine Erklärungen weiter auszuführen. „Ja, natürlich. Tut mir leid, ich war mit meinen Gedanken gerade woanders“, gab Sherlock zu. „Das ist mir aufgefallen. Also – schießen Sie los“, forderte John ihn auf, worauf der Dunkelhaarige nickte.
 

„Na schön. Ich fange noch einmal von vorne an. Katie hat diesen Mord beobachtet und läuft anschließend ausgerechnet uns in die Arme“, fing Sherlock an. „Sie meinen, es war Absicht, dass sie uns begegnet ist?“, fragte John, der langsam ahnte, worauf der Detektiv hinaus wollte. „So ist es“, bestätigte dieser dann. „Aber warum gerade sie?“, fragte John, der daraus offensichtlich nicht so ganz schlau wurde. „Das hat nichts mit ihr zu tun. Zumindest nicht direkt. Katie wurde willkürlich ausgesucht, aber der Mörder hat beabsichtigt, dass er beobachtet wird, da ihm klar war, dass ich darauf aufmerksam werde. Er hat Katie bewusst in unsere Richtung gehetzt, vermutlich wusste er, dass wir noch unterwegs waren und ihr helfen würden. Somit hat er ein Spiel in Gang gesetzt, das wir zwangsläufig mitspielen“, erklärte Sherlock. „Aber weiß der Mörder dann nicht, dass Katie bei uns ist?“, warf John ein. „Vermutlich weiß er es. Aber er wird sich ganz sicher nicht trauen hier aufzutauchen“, erwiderte Sherlock. „Ja, da haben Sie wahrscheinlich Recht“, stimmte John ihm zu.
 

„Haben Sie noch mehr herausgefunden?“ „Allerdings…Mary Parker war die Frau eines Bankers, der für die Regierung arbeitet. Das lässt vermuten, dass der Täter nach Macht strebt und so versucht mehr davon zu bekommen, um das ganze System in seinen Grundfesten zu erschüttern. Er liebt die Kontrolle und will diese unbedingt für sich haben. Außerdem spielt er gerne, was daran deutlich wird, dass er sie nicht gleich umgebracht, sondern zuvor noch festgehalten hat. Er spielt sein Spiel mit einer besonderen Strategie und beendet es auf brutalste Weise. Die Tatsache, dass Mycroft sich jetzt eingeschaltet hat, kann unter Umständen auch von Vorteil für den Mörder sein, da er sich erhofft, über ihn Informationen über mich oder die Regierung zu bekommen. Ich fasse also zusammen – der Mörder spielt ein Spiel, in dem er alle Register zieht und die Möglichkeiten genau abwägt, um als Sieger daraus hervorzugehen. So erhält er Kontrolle und erlangt Macht. Indem er Katie als Zeugin ausgewählt hat, hat er sie zu seiner Gejagten gemacht. Er wird sich Stück für Stück an sie herantasten und die überflüssigen Figuren einfach aus dem Spiel werfen, um am Ende sie als König Schachmatt zu setzen. Und ich bin derjenige, der dieses Spiel stoppen muss, bevor er Katie umbringen wird“, endete Sherlock. John schaute ihn einen Moment wortlos an. „Wie sind Sie darauf gekommen?“, fragte er schließlich. „Es war einfach sich das zu erschließen. Es sind einfach zu viele Faktoren, die ineinander greifen und alle Spuren enden bei mir. Das Ganze ist in gewisser Weise eine Herausforderung bzw. eine Aufforderung zum Spielen an mich“, antwortete Sherlock.
 

Einen Moment herrschte Stille, bevor John wieder das Wort ergriff. „Wenn ich mir das so anhöre, könnte man fast meinen, dass Moriarty dahinter steckt.“ Sherlock schaute ihn nur an und John erwiderte seinen Blick fassungslos, als ihm klar wurde, worauf der Dunkelhaarige hinaus wollte. „Sie meinen, dass er tatsächlich dahinter steckt? Aber wie ist das möglich? Ich dachte, er sei tot…“ Die Fragen sprudelten nur so aus ihm heraus. „Das dachte ich auch. Aber langsam glaube ich, dass er doch noch am Leben ist. Alles deutet darauf hin, dass er wieder da ist und offenbar hat er seine Vorliebe fürs Spielen noch nicht verloren…“, antwortete Sherlock. „Und was machen wir jetzt…? Wenn er wirklich dahinter steckt, wird er nicht eher Ruhe geben, bis er Katie erwischt hat“, meinte John und wirkte sichtlich beunruhigt. „Das weiß ich…aber ich werde nicht zulassen, dass ihr etwas passiert. Es wird ihm kein zweites Mal gelingen, meinen Ruf zu ruinieren und die Menschen zu bedrohen, die mir nahe stehen. Dieses Mal bin ich auf ihn vorbereitet“, versicherte Sherlock ihm. „Das hört sich gut an. Zumindest klingt es so, als hätten Sie einen Plan“, erwiderte John. „Vielleicht nicht direkt, aber wenn es darauf ankommt, werde ich einen haben“, entgegnete der Detektiv. Dann herrschte kurz Stille zwischen ihnen, bevor Sherlock wieder das Wort ergriff. „Wir sollten uns ein wenig hinlegen. Heute können wir sowieso nicht mehr viel ausrichten“, meinte er, bevor er aufstand und die schlafende Katie kurzerhand auf den Arm nahm. „Sie haben Recht“, stimmte John ihm zu und stand ebenfalls auf, ehe sie sich noch eine gute Nacht wünschten und sich schließlich zurückzogen.
 

Als Sherlock Katie sanft auf dem Bett ablegte, öffnete diese die Augen. „Was ist denn los?“, fragte sie verschlafen. „Ich habe Sie ins Bett gebracht. Sie können ruhig weiter schlafen“, erwiderte er, während er neben sie kam. „Na gut…“, murmelte Katie und kuschelte sich sofort wieder an ihn, als sie ihn nah neben sich spürte. Er ließ es zu und nahm sie wieder in den Arm. „Sherlock…?“, fragte Katie dann leise. „Was denn?“, gab er zurück. „Werden Sie es wirklich nicht zulassen, dass mir etwas passiert?“, murmelte die Braunhaarige, während sie sich noch näher an ihn schmiegte. "Sie haben das gehört?“ Der Detektiv klang überrascht. „Ja…ich war vorhin kurz wach und habe mitbekommen, dass Sie das gesagt haben“, antwortete Katie. „Verstehe…aber ich habe das ernst gemeint. Ihnen wird nichts passieren, nicht solange ich auf Sie aufpasse und Sie beschütze“, versprach er ihr. „Danke…“, murmelte Katie daraufhin und lächelte leicht. „Schon in Ordnung. Schlafen Sie jetzt, es ist spät“, erwiderte Sherlock. Katie nickte und schmiegte sich noch näher an seine Brust, ehe sie die Augen wieder schloss. „Gute Nacht“, murmelte sie noch. „Gute Nacht“, gab Sherlock zurück. Kurz darauf war die Braunhaarige wieder eingeschlafen. Sherlock beobachtete sie noch eine Weile, während er ihr sanft durch die Haare streichelte. „Haben Sie keine Angst, Katie. Ich werde Sie auf jeden Fall beschützen“, flüsterte er dann und küsste sie sanft auf die Stirn, ehe auch er die Augen schloss und kurz darauf eingeschlafen war.
 

Am nächsten Morgen wurde Sherlock durch das Schrillen der Klingel geweckt. Verschlafen schaute er sich um und entdeckte sofort Katie, die sich noch näher an ihn gekuschelt hatte, als er es in Erinnerung hatte. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während er ihr sanft eine Haarsträhne aus der Stirn strich, doch als er plötzlich die Stimme von Inspector Lestrade im Treppenhaus hörte, verschwand es gleich wieder. Wenn er hier auftauchte, musste etwas passiert sein. Vorsichtig löste er sich von Katie, um sie nicht zu wecken, ehe er aufstand und sich seinen blauen Morgenmantel überwarf, bevor er ins Wohnzimmer ging.
 

Dort standen bereits John und Lestrade, der von Anderson und Sally begleitet wurde; beiden war anzusehen, dass der Grund für den morgendlichen Besuch nicht gerade erfreulich war. „Guten Morgen, Sherlock. Tut mir leid, dass ich Sie so früh schon störe“, begrüßte ihn Lestrade. „Was ist passiert?“, fragte Sherlock unvermittelt, ohne auf die Begrüßung einzugehen. „Wir haben eine zweite Leiche…in der Nähe vom Regent’s Park. Werden Sie mitkommen und sich die Sache ansehen?“ Fragend und gleichzeitig bittend schaute er den Dunkelhaarigen an. „Macht Anderson etwa die Spurensicherung, weil er mal wieder an Ihrem Rockzipfel hängt?“, fragte Sherlock mit einem spöttischen Unterton in der Stimme. „Ich bin auch nicht begeistert Sie zu sehen, glauben Sie mir“, gab Anderson grummelnd zurück. „Dann sind wir uns ja ausnahmsweise mal einig“, erwiderte Sherlock. „Ich unterbreche diese kleine Diskussion wirklich nur ungern, aber würden Sie mir vielleicht eine Antwort geben?“, mischte sich Lestrade wieder ein. „Ja, natürlich. Ich werde mir die Sache selbstverständlich ansehen. Aber ich komme nach. Sie wissen genau, dass ich nicht in einem Streifenwagen zu einem Tatort fahre“, antwortete Sherlock. „Das ist mir bekannt. Es hätte mich auch gewundert, wenn Sie diese Gewohnheit mittlerweile abgelegt hätten. Aber gut, ich sehe Sie dann vor Ort.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Lestrade und verschwand kurz darauf gefolgt von seinen beiden Polizeibeamten.
 

John und Sherlock blieben allein im Wohnzimmer zurück und warfen sich einen vielsagenden Blick zu. „Glauben Sie, dass ein Zusammenhang besteht?“, unterbrach John die Stille. „Da besteht ganz sicher ein Zusammenhang. In Anbetracht der Umstände kann dieser zweite Mord kein Zufall sein“, erwiderte Sherlock. „Das ist anzunehmen. Denken Sie wirklich, dass Moriarty dahinter steckt?“, fragte John weiter. „Ich denke es, aber sicher bin ich mir noch nicht oder besser gesagt, ich hoffe, dass es nicht so ist. Aber das ist jetzt erst einmal nebensächlich. Ein Tatort wartet auf uns“, gab Sherlock zurück. „Sie haben Recht. Wir sollten Lestrade nicht allzu lange warten lassen“, stimmte John zu. „Wir treffen uns in einer viertel Stunde unten vor der Haustür“, ordnete Sherlock dann an, ehe er wieder in seinem Zimmer verschwand.
 

Eine viertel Stunde später stieß Sherlock gemeinsam mit Katie zu John, der schon auf dem Bürgersteig vor dem kleinen Café auf sie wartete. Der Detektiv hatte die Braunhaarige geweckt, als er in sein Schlafzimmer zurückgekehrt war. Er wusste zwar nicht genau warum, aber er wollte Katie auf keinen Fall alleine lassen, deswegen zog er es vor sie zum Tatort mitzunehmen. Kurz darauf saßen sie auch schon in einem Taxi und waren auf dem Weg zum Regent’s Park, wo Lestrade bereits auf sie wartete.
 

Als sie an ihrem Ziel angekommen waren, konnten sie schon von weitem das weiß-gelbe Absperrband sehen, mit dem der Tatort abgetrennt worden war. Katie spürte sofort einen unangenehmen Knoten in der Magengegend, der sich immer mehr zusammenschnürte, je näher sie dem Ort des Verbrechens kamen. Instinktiv griff die Braunhaarige nach Sherlocks Hand, in der Hoffnung, dass er es zulassen würde. Der Dunkelhaarige warf ihr jedoch nur einen kurzen Blick zu und umschloss ihre Finger schließlich mit seinen eigenen. Er wusste selbst nicht, wieso er so reagierte, aber seit die Braunhaarige ihm mehr über sich erzählt hatte und aufgrund des beobachteten Mordes so aufgewühlt war, fühlte er sich auf unerklärliche Weise zu ihr hingezogen. Er vertraute ihr schon beinahe so sehr wie John und das sollte etwas heißen, wo er doch als nicht sehr kontaktfreudig, arrogant und gefühlskalt galt. Aber dennoch löste Katie etwas in ihm aus, wodurch er das Gefühl hatte sie beschützen zu müssen. Aus diesem Grund ließ er es auch zu, dass sie seine Hand nahm.
 

Kurz darauf blieben sie direkt vor Lestrade stehen, der ihnen mit ernster Miene entgegenblickte. „Gibt es vorab etwas, das ich wissen sollte?“, fragte Sherlock unvermittelt. „Das hier haben wir neben der Leiche gefunden“, meinte Lestrade und reichte dem Dunkelhaarigen einen kleinen Zettel, der sorgfältig zusammengefaltet worden war. Sherlock nahm ihn entgegen und entfaltete ihn langsam. „Was steht drauf?“, fragte John, als der Detektiv den Papierfetzen nur wortlos anschaute. „Wer kann von 5 rückwärts zählen?“, las Sherlock daraufhin laut vor. „Was soll das denn bedeuten?“, fragte John und runzelte irritiert die Stirn. „Das haben wir leider noch nicht herausgefunden. Wir sind uns zwar sicher, dass diese Nachricht vom Mörder stammt, aber wir wissen leider nicht, was sie zu bedeuten hat…“, warf Lestrade ein. „Wo ist die Leiche? Ich möchte mir das Ganze etwas näher ansehen“, mischte sich Sherlock wieder ein. „Da drüben, kommen Sie“, erwiderte Lestrade und ging voraus, worauf die anderen drei ihm folgten.
 

An der entsprechenden Stelle angekommen, löste sich Sherlock sanft aus Katies Griff. „Bleiben Sie bei John. Sie müssen sich das nicht ansehen“, sagte er dann zu ihr, worauf sie nickte und zu John ging, der ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. Sherlock warf ihr noch einmal einen kurzen Blick zu, ehe er schließlich zur Leiche trat.
 

Bei diesem zweiten Opfer handelte es sich um einen Mann. Offensichtlich besetzte auch er eine höhere Position, was darauf zurückzuführen war, dass er Anzug und Krawatte trug sowie eine Aktentasche bei sich hatte, aus der jedoch allem Anschein nach nichts entwendet wurde, denn die Tasche war unversehrt und verschlossen. Des Weiteren musste der Mann bereits Anfang bis Mitte 50 sein, was das ergraute zurückgehende Haar sowie das etwas zerfurchte Gesicht zeigte. Weiterhin erkannte Sherlock sofort, dass er offenbar mit seinem Mörder gekämpft haben musste, da er Verletzungen an beiden Händen aufwies. Leider war der Mörder stärker als er, andernfalls würde er jetzt nicht tot vor dem Detektiv liegen. Als Sherlocks Blick über den leblosen Körper glitt, entdeckte er auch sofort die vermeintliche Ursache für den Tod des Mannes. In dessen Bauch klaffte eine übel aussehende Stichwunde. Der Mörder hatte offensichtlich ganz gezielt zugestochen und dabei beabsichtigt, dass der Stich auf jeden Fall tödlich sein würde. Zu diesem Zweck musste er das Messer noch einmal umgedreht haben, als es bereits in der Wunde steckte, um sicherzugehen, dass der Angriff auch wirklich den gewünschten Effekt erzielen würde. Wer auch immer diesen Mann auf dem Gewissen hatte, hatte ganz genau gewusst, wie und warum er so vorging.
 

„Und haben Sie schon etwas herausgefunden?“ Als er Johns Stimme hörte, schaute der Detektiv auf. Sein Partner stand gemeinsam mit Katie hinter ihm und schaute ihn fragend an. „Ja, einiges. Der Mann ist Anfang bis Mitte 50. Seiner Kleidung nach zu urteilen besetzte er eine höhere Position. Seiner Aktentasche wurde nichts entwendet, sonst wäre sie offen und würde nicht so makellos aussehen. Bevor er starb, muss er mit seinem Mörder gekämpft haben, was die Verletzungen an beiden Händen erklärt. Außerdem hat die Stichwunde an seinem Bauch höchstwahrscheinlich zum Tod geführt. Wenn Sie mich fragen, wurde er auch von seinem Mörder überrascht. Er ahnte vermutlich nicht, was ihm bevorstand, denn für ihn war wahrscheinlich alles wie immer“, antwortete Sherlock. „Woher wissen Sie, dass für ihn alles wie immer war? Haben Sie ihn etwa gekannt?“, fragte John etwas überrascht. „Nein, habe ich nicht. Aber wenn er ein Spaziergänger wäre, hätte man ihn sicher auf einem der abweichenden Kieswege gefunden. Aber er liegt auf dem Hauptweg, der direkt durch den Park führt. Viele Leute benutzen ihn als Abkürzung auf ihrem Nachhauseweg von der Arbeit“, erwiderte Sherlock. „Sie ziehen Ihre Schlussfolgerungen schnell wie immer“, bemerkte Lestrade anerkennend, der gerade wieder zu ihnen getreten war.
 

Sherlock wollte gerade etwas erwidern, als sich plötzlich Katie zu Wort meldete. „Schauen Sie mal. Da wurde etwas in den Sand gemalt“, meinte sie und zog Sherlock am Ärmel, damit er darauf aufmerksam werden würde. Sofort schaute der Dunkelhaarige auf und stellte fest, dass sie Recht hatte; direkt neben der Leiche war etwas in den Sand unter dem Kies gezeichnet worden. Augenblicklich trat Sherlock noch einmal näher an die Leiche heran. „Was steht da?“, fragte Katie, als sie ihm über die Schulter schaute. „Eine 5“, gab Sherlock zurück. „Eine 5? Was hat das zu bedeuten?“, fragte John irritiert.
 

Einen Moment herrschte Stille, bevor Sherlock plötzlich die Lösung einfiel. Schnell kramte er noch einmal den Zettel aus seiner Manteltasche hervor. „Wer kann von 5 rückwärts zählen…“, murmelte er vor sich hin, ehe er sich umdrehte und sowohl Katie als auch John mit ernster Miene fixierte. „Es ist ein Countdown“, sagte er dann. „Ein Countdown?“, wiederholte John fassungslos, als er begriff, was Sherlock ihm sagen wollte. „Genau, ein Countdown, der mit 5 beginnt und dann runtergezählt wird“, bestätigte Sherlock. „Das Spiel des Mörders hat begonnen!“



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