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Schatten über Kemet

von

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40. Kapitel

Stöhnend sank Yugi auf das Lager aus Decken. Er blinzelte in die hereinbrechende Dunkelheit. Über ihm wiegte sich eine Palme im Wind.

 

„Geht’s?“ hörte er Ryous Stimme hinter sich.

 

„Ja“, murmelte Yugi automatisch. So sehr sein Körper auch schmerzte, er war nicht so wichtig. Nicht so wichtig wie Honda oder Jono. Beide hatten Fleischwunden davongetragen.

 

„So siehst du aber nicht aus“, hörte er dann Anzu. Sie ließ sich neben seinem Kopf nieder. Sanft, mit kühlen Fingerspitzen untersuchte sie seine Blessuren.

 

Yugi blinzelte mit dem einen Auge, das nicht fast völlig zugeschwollen war, entspannte sich. „Ich werds überleben. Nicht wahr?“

 

„Dein Kopf könnte dennoch mehr abbekommen haben als wir sehen können. Schlimm genug, daß wir dich auf dem Karren fahren mußten.“ Ryou machte keinen Hehl daraus, daß ihm diese Entscheidung Mais nicht gefiel.

 

Auch Yugi hatte sie nicht gefallen, aber noch weniger wollte er in der Nacht von einem zornigen Marik überfallen werden, der sein übles Werk zu Ende bringen wollte. Hier in der Oase waren sie sicherer. Yugi schloß die Augen und stöhnte.

„Ich werde schon wieder.“

 

„Hier, trink das. Das lindert deine Schmerzen und läßt dich gut schlafen.“

 

Yugi nahm das Schmerzmittel bereitwillig, dann war Ryou zufrieden und überließ ihn Anzus Pflege. „Ich bin froh, daß dir nichts passiert ist“, murmelte er ihr zu.

 

„Ich bin schnell, wie du sehen konntest. Sie haben mich nur deshalb bekommen, weil sie Mokuba als Geisel genommen haben.“

 

„Deshalb also sein verkniffenes Gesicht, als wir hergeritten sind.“ Yugi spürte, wie feuchter Stoff sich auf sein Gesicht legte. Ah, so gut!

 

„Er ist noch immer mehr Kind als Erwachsener. Seine Zeit wird kommen. Zum Glück ist ihm auch nichts passiert.“ Anzus Stimme füllte sich mit Sorge. „Jono haben sie wirklich zugerichtet. Sie sind zu fünft auf ihn los und…“

 

„Ryou sagte, er wird es schaffen. Das werden wir alle.“ Yugi klammerte sich an seine Zuversicht. Mit der Hand tastete er seinen Arm ab, aber er fand nichts. Auch in der Höhle war nichts gewesen. Mai und Mokuba hatten nach dem Armreif gesucht, aber nichts.

 

„Du hast ja recht. Nur… Jono hat so hart gekämpft. Ich wünschte, ich hätte ihm besser helfen können.“

 

„Die Räuber waren in der Überzahl. Und sie hatten Mokuba. Ihr habt das beste aus der Situation gemacht.“ Yugi öffnete sein nicht geschwollenes Auge, lächelte. „Jono kommt durch. Ich weiß, er hätte nie zugelassen, daß Mokuba oder dir etwas passiert.“

 

„Nein. Er war sehr mutig. Ist dauernd mutig.“ Anzu lächelte, in ihrem Ton, ihrer Miene lag Bewunderung.

 

„Er mag dich auch gern, weißt du?“ murmelte Yugi, bevor der Schmerz aus seinem Bewußtsein verschwand und dann die Welt. Das letzte, was er sah, war Anzus überraschtes, doch glückliches Gesicht.

 

***

 

Es dauerte drei Tage, bis Ryou mit dem Zustand der Verletzten soweit zufrieden war, daß er eine Weiterreise erlaubte. Jono und Honda mußten auf dem Karren mitfahren, während Mokuba ihre Pferde übernahm. Yugi durfte schon wieder reiten, aber nur wenn jemand neben ihm war.

 

Mai wollte nachhause, sie wollte die Krone auf Atems Kopf setzen.

Yugi wußte genau, was sie fühlte. Freude, Ungeduld, etwas Nervosität. Auch er wollte schnellstmöglich zurück nach Waset, sehen, wie Atem erwachte, diesen endlich sicher wissen. Und doch zog etwas an ihm, wann immer er seine nackten Arme sah.

 

„Ich weiß, der Armreif war von Bedeutung für dich“, riß ihn Mais Stimme aus seinen Gedanken. Er hob den Blick von seinen Armen, bis er Mais begegnete.

„Aber damit können und dürfen wir uns jetzt nicht befassen. Zuerst müssen wir in die nächste Stadt, unsere Vorräte auffüllen. Dann nachhause. Und danach, wenn Atem wieder gesund ist, helfe ich dir zu gerne, diesen abscheulichen Marik zu finden und einzusperren.“

 

Yugi lächelte dankbar. Dennoch konnte er das Gefühl nicht abschütteln. Es lag in seinem Bauch und kratzte zu gerne an seinen Eingeweiden. „Glaub mir, ich will nicht mehr, als Atem wieder gesund sehen.“ Krallen hakten sich in seine Gedärme, zerrten daran. „Es wird sicher bald vergehen, genauso wie meine Blessuren.“

 

Mai lächelte. „Du bist ein tapferes Kerlchen. Ich verstehe, warum Atem dich so anziehend findet.“

 

Yugi wurden die Wangen heiß. Er lächelte.

 

Abends erreichten sie die nächste Stadt, ihr Ziel. Der Markt war klein, aber um kein Aufsehen zu erregen blieben sie bei ihrer Tarnung als Händler. Die Soldaten, die das Stadttor bewachten, ließen sie gerne ein, besonders nachdem Mai ihnen eine furchtbare Geschichte über Räuber, denen sie mit knapper Not entkommen konnten, erzählte und dann darauf hinwies, daß sie natürlich zum Dank ihrer Rettung den Tempel der Sachmet und der Hathor aufsuchen wollten.

 

Der Tempel war klein, aber trotz der frühen Stunde gut besucht, wie Yugi feststellte, als sie am nächsten Tag Opfer und Gebete an die Göttinnen, die eine waren, darbrachten. Männer wie Frauen dankten mit ihnen und eine Priesterin schenkte ihnen etwas Nahrung und einige Heilkräuter. Offenbar hatten sie die lange Wunde an Jonos Bein und die Verbände an seinen Armen gerührt.

Danach kehrte ihre Gruppe auf den Markt zurück, dankbar an Hathor aus mehr als nur den Gründen, die sie im Tempel hatten verlauten lassen.

 

Der Markttag verlief schleppend. Ryou pries seine Mittelchen an, Mokuba mahlte einige Kräuter zwischen zwei Steinen zu einer grünen Paste, Mana formte Tonfiguren, während Yugi den Teig walkte oder Töpfe herstellte. Anzu und Mai versuchten, die Menschen mit Tanz und Gesang anzulocken, doch in so einer kleinen Stadt kamen natürlich weniger Käufer.

 

Und doch… Yugi verfolgte die Menschen mit den Augen. Er lächelte sie an, bot seine Vasen an, seine Schalen und Schüsseln. Da erhaschte er den Blick auf einen Kopf. Die Farbe wie heller Sand. Yugi starrte ihnen nach.

 

„He, paß auf! Deine Vase!“

 

Yugi zuckte zusammen, blickte auf den zusammengefallen Ton, dann in Manas besorgte Augen. Er wandte den Kopf fort, durchsuchte fieberhaft die Menschen, aber er konnte nur noch schwarz und braun sehen. „Mist!“ fluchte er. Er packte den Ton und drückte ihn zusammen, bevor er ihn zurück auf die Töpferscheibe warf, wo er schmatzend liegenblieb.

 

„Yugi, du siehst blaß aus. Willst du dich nicht lieber hinlegen?“ Eine warme Hand legte sich auf Yugis Schulter.

 

Der schüttelte den Kopf. „Nein, ich dachte nur… Ach, nichts.“ Yugi lächelte Mana an und drückte sanft ihre Hand. „Ich hab mir nur was eingebildet. Machen wir noch etwas weiter.“

 

Mana sah ihn forschend an, dann wandte sie den Blick ihren Figuren zu. „Ich verstehe, daß er dir sehr wichtig war.“

 

„Wie bitte?“ Yugi blinzelte verwirrt, während er den Ton von der Scheibe kratzte.

 

„Der Armreif. Er ist eine Erinnerung an deinen Vater.“

 

„J-ja. Aber die Steine haben mich auch an Atem erinnert.“ Yugi berührte sacht seine Ohrstecker.

 

„Du vermisst sie beide sehr.“

 

Yugi nickte. Abgelenkt formte er aus seinem Ton eine Figur. „Trotzdem… Der Armreif will mir nicht aus dem Kopf. Obwohl ich weiß, daß meine Erinnerungen an beide und ihre Gefühle mich begleiten, wohin ich auch gehe. Daß ich ein Ding nicht dafür brauche, um mich ihnen nah zu fühlen.“

 

„Aber du kannst es anfassen. Es direkt ansehen. Es ist eine materielle Verbindung zwischen dir und denen, die du liebst.“ Mana lehnte sich an ihn, ein kleines Lächeln zierte ihre Lippen. „Daran kann nichts falsch sein, so etwas wertzuschätzen, nur weil es vielleicht nicht alle verstehen.“

 

Yugi nickte langsam, ein Lächeln, ein erleichtertes Gefühl, nahm ihn ein. „Danke, Mana. Weißt du, ich…“ Er hielt inne, als ihr Gesicht plötzlich blaß wurde. „Mana?“

 

Sie hob eine Hand und drückte Yugi am Kinn, bis er in dieselbe Richtung blickte wie sie. Zwischen zwei Ständen wuchs eine Gestalt aus dem Boden. Yugi konnte das Gesicht nicht erkennen, aber er sah die Haare, dieselben Haare, die ihm seit dem Angriff in der Höhle nicht aus dem Kopf gingen, zum zweiten Mal an diesem Tag.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Usaria
2018-05-20T15:02:14+00:00 20.05.2018 17:02
Mooniii! Tolles Kapitel! Äh, hab ich da was überlesen, die haben die Krone gefunden?! Ich glaub ich muss mir mal die letzten Kapiteln noch mals durch lesen.
Kann es sein, dass die Beiden Marik gesehen haben? Das wird noch spannend.


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