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Mut ist eine Frage der Umsetzung

von

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Seichten Schrittes lief ein zierlich wirkender Mann in einem traditionellen chinesischen Gewand über die nachtleere Straße in der Nähe seines Anwesens. Nach langer Zeit wollte er endlich einmal wieder einen Spaziergang machen. Frei von seinen Wächtern und Bediensteten. Er genoss die Stille und ließ seine langen schwarzen Haare vom rauen Nachtwind verwehen. Vor einer Anhöhe blieb er stehen und schaute über die Weite der Wiesen und Parkanlagen, die ebenfalls zu seinem Anwesen gehörten.

„Ryuichi“

Seine Worte verhallten fast lautlos. In seinen dunkelbraunen Augen funkelten die Sterne und eine Trauer mischte sich bei. Es waren mittlerweile drei Jahre vergangen, in denen er seine heimliche Liebe nicht mehr gesehen hatte. Denn nachdem seine Konkurrenz sich für den jungen Fotografen entschieden hatte, ließ er keinen Zweifel mehr daran, dass Feilong ihn nicht mehr wiedersehen würde. Auch wenn der junge Fotograf, Akihito Takaba, noch eine Weile den Kontakt zu ihm hielt, war es Feilong selbst, der den Kontakt nach und nach abbrach. Es schmerzte zu sehr die Vorstellung, dass er keine Gelegenheit mehr bekommen sollte, seiner Liebe so nahe zu kommen, wie es der junge blonde Akihito durfte.

Langsam begab er sich wieder auf den Rückweg. Ein wenig verfolgt kam er sich plötzlich vor. War er als Oberhaupt der Hongkong-Mafia und Clanführer der Baishe daran gewöhnt, ständig mit Gefahren für sich und sein Leben zu rechnen. Doch als er sich umsah, entdeckte er nichts und niemanden. Kein Schatten war ungewöhnlich, keine fremden Geräusche. Allerdings stieß ihm ein seltsamer Geruch in die Nase, als er die Pforte seiner Eingangstür betrat. Ein Geruch, der ihm bekannt vorkam.

„Kann es sein, dass – nein ich bin zu lange einsam gewesen, als dass ich nun anfange zu halluzinieren. Er wird nicht zurückkommen. Warum sollte er auch. Nicht einmal Yoh kam zurück.“, sprach er leise zu sich und wischte sich eine Strähne seines seidigen Haares aus seinem Gesicht, das so zart war wie Porzellan.

„Meister Liu, ein Herr erwartet Sie im Salon.“, rief ein Bediensteter ihm beim Betreten des Hauses zu. Feilong war die Überraschung von seiner gesamten Körperhaltung abzulesen.

„Wer kann das sein? Mitten in der Nacht?“ Feilong ging mit Bedacht und gezogener Waffe, die er in einem Holster am Bein trug, in den großen Salon. Er war im englischen Stil eingerichtet und einige der Möbel stammten aus der Kolonialzeit der Engländer.

„Feilong! Was… was soll die Waffe? Willst du mich erschießen oder doch an einen alten Sack verkaufen?“, spottete der Herr mit blonden Haaren.

Erstaunt blickte Feilong Liu den ungebetenen Gast an und ließ die Waffe sinken. Er bestaunte den jungen Mann, der offensichtlich in teurer Kleidung steckte und diese so rein gar nicht seinem sonstigen Stil entsprach.

„Was machst du hier und wie kommst du überhaupt nach Hong Kong, Akihito? Und seit wann trägst du Hemd, Anzug und Krawatte? Hat dir das Ryuichi angezogen, oder wen willst du sonst mit deinem Aufzug beeindrucken?“

Der junge Fotograf grinste breit und wedelte mit einem Schlüssel.

„Naja, ich dachte mir, das Asami bestimmt heute nicht seine Privatmaschine vermissen wird. Und ich dachte mir, ich leih sie mir mal aus. Die Sachen sind meine eigenen. Ab und zu mal kann ich mir auch was leisten. Auch ohne Asami’s Geld. Ich verdiene schließlich mein eigenes. “

„Du bist nicht tatsächlich allein hierher geflogen? Ganz ohne Wachpersonal?“

Akihito schaute den Chinesen verdutzt an. Feilong allerdings schlich auf den Jungen zu und fixierte ihn mit seinen fast schwarzen Augen. Er konnte es sich nicht vorstellen, dass der Fotograf nach all den Erfahrungen mit ihm ohne Schutz einfach in sein Haus einmarschierte.

„Was für ein Spiel treibst du? Raus mit der Sprache! Sonst werfe ich dich nicht einfach so in den Kerker. Ich werde dich nach allen Regeln der Kunst bearbeiten, aber nicht auf die Art, die du bevorzugst. Es liegt also an dir, wie ich mit dir umgehe.“

Akihito blieb von der Drohung unbeeindruckt. Zu gut kannte er ihn mittlerweile, um zu wissen, dass er ihm nichts antun würde, was ihm schaden könnte.

„Also ich gebe zu, dass ich nicht ganz allein hierher geflogen bin und auch nicht alleine bin. Kirishima hat mich mitgenommen. Der ist echt gut im Fliegen! Und er passt auf mich immer auf. Egal wo ich bin, er ist da. Was ich aber will, ist mir ein wenig peinlich, aber ich kann es nicht länger ignorieren und ich will wissen, was passiert ist!“, sprudelte es aus ihm heraus. Verlegene Röte zeichnete sich nun auf Akihito’s Wangen ab.

„Was kannst du nicht länger ignorieren? Und was soll geschehen sein? Auf welches Ereignis beziehst du dich?“ Langsam wurde Feilong wütend und packte den jungen Mann am Hemdkragen.

„A-also, ich meine das vor vielen Jahren, als Asami mal hier bei dir war. Da, wo ihr euch kennengelernt habt. Asami redet in letzter Zeit viel von dir und sieht so komisch nachdenklich aus. Ich weiß doch auch nicht, was los ist. Aber ich habe keine Lust mehr, ständig meinen Allerwertesten herhalten zu müssen für eure zwischenmenschlichen Probleme! Das nervt auf Dauer! Ich will doch nur helfen. Nichts weiter und ab und zu meine Ruhe!“

„Das meinst du.“ Feilong ließ von ihm ab und drehte sich zu eines der großen Fenster, die draußen den wolkenfreien Sternenhimmel zeigten.

„Ich weiß, dass du es gut meinst. Das hast du mir schon beim letzten Treffen bewiesen, obwohl ich nicht gerade ein guter Gastgeber war. Doch ich kann dir versichern, dass nie etwas zwischen Ryuichi und mir war. Glaube mir das, es war nichts… nichts von Bedeutung.“

Feilong verbarg sein Gesicht vor Akihito, sodass er nicht bemerken sollte, wie sehr die Ablehnung durch Asami in seiner Brust schmerzte. Ein Gefühl schlimmer als der Schuss, den der Yakuza-Boss anrichtete.

Akihito erhob sich und ging vorsichtig auf ihn zu und strich sacht über seine schwarzen Haare. Feilong erschrak und zuckte zusammen. Das gleiche tat seine Liebe und der Duft, er lag auf einmal wieder in der Luft. Der gleiche Geruch wie er vorhin an der Tür vernahm.

„Ryuichi.“, hauchte Feilong.

„Dachte ich es mir doch.“

„Was dachtest du dir? Garnichts dachtest du! Garnichts.“ Feilong funkelte ihn wütend an, doch Akihito sah genau in seinen Augen, was er fühlte und das bestätigte seine Annahme. Ein wenig Mitleid hatte er damals schon mit dem chinesischen Mafiaboss, und jetzt mehr denn je. Ahnte er sich, um was für Gefühle es sich handeln musste.

„Feilong, es bringt nichts, mir was vormachen zu wollen. Ich sehe Wahrheiten durch mein Objektiv und auch außerhalb davon. Und ich kenne euch. Besser als mir manchmal lieb war.“

„Warum kommst du hierher? Warum ausgerechnet jetzt? Um mich zu quälen? Oder um mich leiden zu sehen?“

„Nein, eigentlich hatte ich vielmehr gehofft, du würdest mit mir mitkommen und ihr sprecht euch endlich mal aus. Langsam wird’s Zeit. Findest du nicht? Außerdem will ich zur Abwechslung mal nicht zwischen Fronten geraten, sondern Fronten abbauen. Wie wäre es damit?“, erwiderte Akihito ehrlich und schaute versöhnlich.

„Hm, wer die Welt bewegen will, sollte erst sich selbst bewegen. Nicht wahr?“

„Ähm ja, so kann man es auch sehen. Wäre von Vorteil, sonst wird es schwer nach Japan zu kommen.“, witzelte er und hoffte den Sinn des etwas eigenwilligen Satzes richtig verstanden zu haben.

Feilong lächelte seicht. „Du hast keine Ahnung, was der Satz bedeutet oder von wem er ist, oder?“ Akihito schüttelte den Kopf. „Er ist von Sokrates, einem griechischen Philosophen und er bedeutet so viel wie, wenn du etwas ändern möchtest, das weitreichender ist im Leben, dann solltest du bei dir selbst anfangen. Dies gilt für viele Bereiche.“, erklärte er ruhig.

Plötzlich klingelte Akihito’s Telefon. Es war Asami, der wissen wolle, wo er steckte. Das aufgebrachte Gebrüll vom anderen Ende war selbst für den Wächter draußen vor der Salontür zu hören. Der Fotograf reizte seine Armlänge aus, um die Lautstärke annähernd zu minimieren. Kurz darauf legte der Anrufer auf.

„Ich glaube, Asami ist nicht gut auf mich zu sprechen. Kommst du trotzdem mit?“

Feilong verneinte. „Mich kannst du nicht als Begründung für deinen kleinen Ausflug mit seinem Eigentum vorschieben. Ich bringe dich bis zum Flugzeug und von dort – Moment mal, wo hast du das Flugzeug eigentlich gelassen?“

„Kirishima hat mich hierhergeflogen und landete hinter den Hügeln auf dem großen Feld, da wo nichts ist. Da war genug Platz. Aber wenn ich allein zurückkehre, dann gibt es bestimmt massig Ärger.“

„Den hättest du auch mit mir an deiner Seite. Oder denkst du tatsächlich, er würde mich einfach so mit offenen Armen begrüßen? Nach all der Zeit? Nein. Und ich will mich nicht zwischen euch drängen. Ich bin von niemand die Nummer zwei. Er hat seine Wahl vor langer Zeit getroffen und die fiel nicht zu meinen Gunsten aus. Und nun gehen wir. Ich bring dich zurück, wohin du gehörst.“

Niedergeschlagen und begleitet von Feilong’s Wachen, trotteten sie durch die kalte Nacht.

„War es vielleicht doch keine gute Idee, sich wieder nach Hong Kong zu begeben? Zu Feilong?“, dachte Akihito.

Als sie jedoch zu dem Landeplatz kamen, wo der Privatjet von Asami zum Rückflug bereit stehen sollte, stellte er fest, dass kein Flugzeug auf die beiden wartete.

„Wo ist es hin? Wo ist das Flugzeug? KIRISHIMA! Wo sind Sie?“, rief Akihito, doch keine Antwort kam. Nervös sah er sich um, doch entdeckte weit und breit nichts.

„Nichts für ungut, Akihito, aber ich sehe hier kein einziges Flugzeug.“, sprach er ruhig und fing fies an zu grinsen.

„Ich hätte schwören können, dass es hier ist! Wir sind genau hier gelandet!“ Akihito zeigte auf den Boden vor sich. Dann schaute er in Feilong’s Gesicht und bemerkte die Reaktion.

„FEILONG! Wo ist mein Flugzeug?“, schrie der junge Mann.

„DEIN Flugzeug? Tja, hast du wirklich gedacht, dass hier so einfach ohne meine Kenntnisnahme ein fremdes Flugzeug auf meiner Landebahn landen kann? Hast du kleines Ding es wirklich gedacht?“, spottete er und wuschelte Akihito’s Haare durch.

„Ähm… ja? Anscheinend habe ich mich geirrt. Ich dachte nur…“

„Du dachtest falsch. Ich bin nicht irgendjemand. Ich bin Feilong Liu, Hong Kong’s gefürchtetster Boss der wichtigsten Triade. Ha! Ich habe dich erneut dranbekommen!“

Sein Gelächter schallte durch die Nacht und ließ Mark und Bein erschüttern.

Wieder einmal täuschte Feilong‘s wunderschönes, unschuldiges Antlitz über seine Abgebrühtheit hinweg. Er packte sich den erstaunten Fotografen und verfrachtete ihn kurzerhand wieder zurück in sein Anwesen.

Diesmal befanden sie sich in einem der Privaträume von Feilong. Es klopfte an der Tür und Tao Liu betrat das Zimmer.

„Meister Feilong, Ihr Nachttee wie jede Nacht. Ich habe Ihnen diesmal eine neue Mischung zubereitet. Sie soll Sie ein wenig besser in den Schlaf versetzen. Eine sehr ausgewogene Kräutermischung aus Europa mit Lavendel als Schlussnote.“, erklärte der mittlerweile sechzehn Jahre alte Teenager.

Akihito starrte ihn an, wusste allerdings nicht so recht, was er von dem Kerl halten sollte. Nur eines bemerkte er, seine verlegene Röte im Gesicht beim Anblick des charmanten jungen Herrn im traditionellen Changpao gekleidet.

Tao sah auf und die Verlegenheit fiel auf.

„Was glotzt du so?“, erwiderte Tao frech und versuchte seine eigene Röte zu verbergen.

„Was ICH so glotze? DU starrst doch so! Seit wann hast du denn so einen frechen Untergebenen, Feilong?“ Akihito erntete ein amüsiertes Lächeln vom Chinesen. „Und du hast immer noch nicht gelernt, dass er mit ‚Meister‘ Feilong anzureden ist. Du bist so unverschämt wie beim letzten Mal! Hast dich nicht verändert. Typisch Japaner, keinen Anstand.“

„Tao, es reicht jetzt. Mäßige dich genauso. Darf ich vorstellen Akihito, das ist Tao Liu. Ich habe ihn adoptiert und er ist nun ein rechtmäßiges Familienmitglied der Liu.“

Akihito konnte nur staunen und riss den Mund auf. Er war überrascht, dass der kleine Junge, der ihm das Essen während der Gefangenschaft brachte und ihn sogar vor einer großen Dummheit bewahrte, solch ein gutaussehender Mann geworden ist und nichts von seiner Frechheit eingebüßt hatte. Allerdings war er kaum wiederzuerkennen. Sein Oberkörper wurde zunehmend muskulöser und die Gesichtskonturen prägten sich aus. Die Pausbacken eines Kindes wichen nun die eines gestandenen Mannes. Tao ließ den jungen Mann stehen und stellte Tablett und Tee an Feilong’s Tisch am Fenster, wo auch die beiden Herren saßen.

Wieder setzte bei Akihito die Röte ein und sein Herz fing an wild zu schlagen. Sowas kannte er bis jetzt nur bei Asami.

„Was ist das bloß? Wieso macht er mich so nervös? Er ist doch noch so jung! Ich hab einen Knall. Reiß dich zusammen, Akihito!“, dachte er und versuchte sich nur auf den Tee zu konzentrieren.

Feilong fiel abermals die Verlegenheit auf und konnte sich ein seichtes Lachen nicht verkneifen. Doch er enthielt sich eines Kommentares.

„Tao, warum setzt du dich nicht ein wenig zu uns?“

„Nein Danke, Meister Feilong, ich gehe jetzt lieber schlafen, wenn Sie meine Dienste nicht mehr benötigen.“, grummelte er und drehte sich auf dem Absatz um, ohne die Antwort von seinem Fürsorger abzuwarten.

Kaum war die Tür verschlossen, rückte Feilong Akihito zu Leibe.

„Nun sag, wie gedenkt dein lieber Herr dich wieder abzuholen? Oder überlässt er dich diesmal mir?“

„WAS? Nicht schon wieder! Ich dachte, wir wären Freunde! Bitte lass mich einfach wieder nach Hause, ja?“

„Hm, keine Angst, wir könnten dich gerecht teilen. Mal er, mal ich.“, spottete Feilong und strich ihm über seine errötete Wange.

Plötzlich sprang die Tür seines Gemachs auf. Ryuichi Asami stand mit gezogener Waffe und auf Feilong gerichtet im Zimmer.

„Habe ich es mir doch gedacht! Akihito und Fei. Was sagt man dazu? Hattest du es wieder mal nötig, Fei?“

„Lass deine dummen Bemerkungen und was fällt dir ein, einfach so in meine Privaträume einzudringen? Reicht es nicht, dass du mich ständig gedemütigt hast? Musst du mich jetzt auch bis hierher verfolgen?“, schimpfte Feilong und zog ebenfalls seine Waffe, die noch immer in seinem Holster am Bein steckte.

„Warum bekomme ich immer wieder das Gefühl, mich zwischen den Fronten zu befinden? Hört jetzt sofort auf! Alle beide! Könnt ihr nicht einfach mal die Angelegenheiten wie normale Menschen klären? So mit Reden und so? Wie wäre es damit?“ Akihito Takaba war außer sich vor Wut und stand zwischen den beiden Herren.

„Hmpf, deine Privatsphäre habe ich nicht nötig. Die existiert für keine von uns beiden, oder hast du unsere Begegnungen schon vergessen, Fei?“ Asami senkte seine Waffe und verstaute sie in den Holster unter sein Jackett.

„Wie könnte ich sie vergessen? Du erinnerst mich ja ständig daran. Vor dir hat man ja keine Ruhe. Ständig musst du dich in mein Leben schleichen und in meine…“ Er brach seine Gedanken ab und sah wieder zum Fenster raus.

„Weißt du, Akihito kam von ganz allein zu mir. Wahrscheinlich hielt er es nicht mehr bei dir aus.“

„Also, so stimmt’s auch nicht. Ich wollte doch nur, dass ihr euch endlich mal aussprecht!“

„Warum sollten wir das? Es gibt nichts zu besprechen, was nicht schon bekannt ist.“, sprach Asami ruhig.

„Ach nein? Du sprichst sogar im Schlaf und, naja, du hast noch nie zu mir gesagt, dass du mich liebst! Das haben auch schon andere festgestellt!“

Asami raste auf Akihito zu und packte ihn am Kragen. Das zweite Mal am Abend wurde er in Bedrängnis versetzt und es passte ihm so rein gar nicht.

„Ich sollte aufhören, meinen Freunden helfen zu wollen! Immer das Gleiche. Lass mich los Asami. Lass mich einfach los.“

Er ließ von dem jungen Mann ab. Etwas überrascht schaute er ihn an, dann schaute er zu Feilong.

„Wir werden jetzt gehen, Akihito. Wo ist meine Maschine?“

„Ich dachte, Kirishima wäre mit ihr zurück geflogen?!“

„Nein, ist er nicht. Sie ist nicht bei mir. Ich habe aber auch noch andere Möglichkeiten, zu reisen.“ Verwundert und auch angesäuert schaute Asami zu Feilong, der nur vor sich hin lachte.

„Feilong! Wo ist mein Flugzeug? Und wo ist mein Sekretär? Antworte mir!“, brüllte er und zog an Feilong’s schwarzem Haar, doch ließ es ihn kalt. Zu oft kannte er seine Drohungen und Einschüchterungen. Sie funktionierten nicht mehr bei ihm. Mit leerem Blick erwiderte er: „Du hast in meinem Haus nichts zu bestimmen. Ich antworte, wenn es mir passt, Ryuichi. Aber wenn du es wissen willst, sie befindet sich in meinem unterirdischen Hangar.“

Asami ließ ihn los.

„Was schaut ihr so? Habt ihr ernsthaft gedacht, ich ließe meinen Flugpark einfach so unbeaufsichtigt und schutzlos im Freien? Natürlich nicht.“

Eigentlich hätten es sich die Herrschaften denken können. Feilong deutete auf die hölzerne Tür.

„Ich werde euch hinbringen. Länger hätte ich euren Anblick eh nicht ertragen.“ Er öffnete die Tür und deutete zum Rausgehen. Akihito ging voraus. Asami wollte folgen, doch er verschloss die Tür mit dem Schlüssel, den er heimlich beim Betreten des Zimmers geklaut hatte.

Nun waren Feilong Liu und Ryuichi Asami allein in dem Raum.

„Ich bin doch nicht den ganzen Weg umsonst geflogen, nur damit ihr wieder aufeinander losgeht! Ihr könnt jetzt soviel Lärm machen wie ihr wollt, aber ich lasse euch nicht eher raus, bis ihr miteinander gesprochen habt! Anders wolltet ihr das ja nicht. Und… übrigens durfte ich Asami nie beim Vornamen nennen, passte ihm irgendwie nicht. Also bis morgen früh dann.“, rief er durch die Tür hindurch und verschwand.

„Scheint mir, als hättest du dein kleines Spielzeug nicht im Griff.“

„Hör auf mit deinem weibischen Gezicke. Ich ertrage es nicht länger, dass du auf ihn rumhackst. Du bist auf deine Kosten gekommen und gut ist es.“

„Dann hast du deine Wahl ebenfalls getroffen.“ Melancholie und Traurigkeit schwang in seiner Stimme mit, was von Asami nicht unbeachtet blieb.

„Ja, die habe ich. Aber sie ist anders ausgefallen, wie du vielleicht denkst.“

Ryuichi Asami ging auf Feilong zu und drehte ihn zu sich, sodass er sich seinem Blick nicht entziehen konnte.

Am liebsten wäre Feilong ihm jetzt um den Hals gefallen und hätte seinen ‚weibischen‘ Neigungen freien Lauf gelassen, aber diese Blöße wollte er sich nicht geben.

„Du bist ja ganz rot auf deinen zarten Wangen, Fei. Habe ich dich verlegen bekommen?“

„Spotte nicht über mich. Ich bin nur wütend über Akihito’s Verhalten. Das ist alles. Lass mich einfach.“

„Warum sollte ich? Ich habe eine Ahnung, warum Akihito das tut. Aber er ist jung und naiv. Auch nach all den Geschehnissen hat er seine unschuldige Art und das freche Funkeln in seinen Augen nicht verloren.“, begann Asami ein wenig zu schwärmen.

„Kein Grund, es mir jedes Mal aufs Neue zu unterbreiten, was du so an ihm faszinierend findest. Das habe ich bereits selbst herausgefunden.“

„Ich weiß, dass du bereits in den Genuss seiner Vorzüge gekommen bist.“

Feilong wich Asami’s Blick aus und riss sich von ihm los. Er setzte sich erschöpft auf sein Bett. Zudem setzte die späte Stunde ihm zu und wischte sich seine langen Haare wieder aus dem Gesicht. Dann begann Feilong sich aus seiner traditionellen Robe zu wickeln. Darunter kam sein weißes, bodenlanges Gewand zum Vorschein, das lange, weite Ärmel besaß, die über seine Handrücken reichten.

„Was denn? Kannst du es nicht abwarten, dass ich dich ins Bett begleite?“, nahm ihn Asami auf den Arm und gesellte sich mit auf die Bettkante.

Feilong wich ihm aus.

„Du irrst dich, ich bin lediglich müde. Das ist alles. Und da es scheint, dass uns Akihito hier zusammen übernachten lassen will, mache ich es mir jetzt gemütlich. Du kannst es dir gern auf der Couch bequem machen.“ Feilong verwies ihn auf die Couch am anderen Ende des Schlafzimmers. Dann entledigte er sich noch seiner Schuhe und legte sich in seinem Gewand gekleidet ins Bett. Er drehte Asami den Rücken zu.

„Das war’s? Du legst dich einfach schlafen?“

„Ich bin müde geworden.“

Asami erwiderte nichts darauf, sondern versuchte es sich auf der viel zu kleinen Couch, die nur für chinesische Maße ausgelegt war, gemütlich zu machen.

Währenddessen ein paar Räume weiter befanden sich Akihito mit Tao und Kirishima, der die beiden auf dem Flur abgepasst hatte. Wie Schulkinder saßen sich die jungen Herren gegenüber, in strenger Überwachung von Kirishima.

„Und denkst du allen Ernstes, das bringt was, Meister Feilong mit seinem Erzfeind einzusperren? Die werden sich nie vertragen!“

„Doch ich denke schon, Tao. Ich hatte damals schon den Verdacht, dass dein Herr in Asami verliebt ist, als Yoh so Andeutungen machte. Du weißt doch sicherlich, dass die beiden Bosse sich schon früher kannten und da muss wohl mal was vorgefallen sein.“

„Was genau meinst du, Akihito?“ Tao starrte ihn an, der wieder die verlegene Röte auf die Wangen bekam.

„Naja, Yoh meinte, sie hätten sich wohl miteinander eingelassen. Also waren sie zusammen. Es klang so, und mir hat er nie gesagt, dass er für mich Gefühle hätte.“

„Irgendwas muss dein Herr aber an dir finden, sonst rettet der nicht ständig deinen Hintern aus brenzligen Lagen, in die du dich Idiot selbst hineingebracht hast.“

„Ja schon, aber…“

„Nichts aber. Mein Herr hat ihn allerdings auch nie vergessen. So sehr ich mir Mühe gab, seine Gunst zu erlangen, hat es doch nicht gereicht. Ich sehe es ihm an, wenn sein Herz verschlossen ist. Oder wenn er traurig ist. Jede Gefühlsregung von ihm kenne ich, wie intim sie auch sein mag.“, beendete er und sah verlegen zu Boden.

„Hast du dich in Feilong verliebt, Tao?“

Es folgte keine Antwort, nur Schweigen.

Weit nach Mitternacht war es, als Asami aus seinem Schlaf gerissen wurde. Feilong war anscheinend in einem Alptraum gefangen und wälzte sich hin und her in seinem großen Himmelbett. Asami wurschtelte sich von der Couch und setzte sich leise und vorsichtig auf die Bettkante. Er beobachtete Feilong, dessen Stirn Schweißperlen aufwies. Ryuichi zog ein sauberes Stofftaschentuch aus seiner Hosentasche und wischte sacht über Feilong’s nasser Stirn.

„Ryuichi“, hauchte Feilong im Schlaf.

Asami lächelte sanft und strich durch das seidige Haar seines Konkurrenten. Irgendwie war er es in diesem Moment nicht mehr für ihn, sondern nur ein Kollege, die zufällig die gleiche Arbeit verrichteten. Wieder vernahm er seinen Namen. Gequält und hilflos klingend.

„Feilong, wach auf. Feilong.“, flüsterte er ihm ins Ohr. Langsam wachte er auf und sah in die schwarzen Augen seiner heimlichen Liebe.

„Ryuichi, ich…ich… habe wohl geträumt.“

„Ja das hast du. Es ist alles in Ordnung. Du hast nur schlecht geträumt.“

Feilong setzte sich auf.

„Eigenlich habe ich das nicht wirklich. Eigentlich war es aufregend. Wie es immer ist, wenn wir auf jegliche Weise aufeinander treffen.“ Verlegenes Lächeln verriet Feilong.

„So? Dann hätte ich dich schlafen lassen sollen?“

„Nein, ist schon gut.“

Betretenes Schweigen füllte dein Raum.

Dann nach einer Weile: „Wer die Welt bewegen will, sollte erst sich selbst bewegen.“, murmelte Feilong leise.

„Was meinst du?“

„Ach nichts. Also gut. Einer sollte den Anfang machen und da ich es meist nicht bin, werde ich beginnen. Ich möchte, dass du mich bitte reden lässt und dann antwortest. Erst wenn ich fertig bin, bitte ich dich mir deine Meinung oder Entscheidung mitzuteilen.“

Asami nickte zustimmend, ahnend was jetzt folgen würde.

„Akihito hat Recht. Er nennt dich nie beim Vornamen und laut seiner Aussage wünschst du es nicht. Es hat mir Hoffnung gemacht, als er mir das erzählte. Hoffte ich doch, dass der Grund mit mir zu tun haben könnte. Ich habe nie vergessen, wie deine Berührungen waren an jenem Abend, als du mich mental auffingst. Nie deinen betörenden Geruch, der mich um den Verstand brachte. Der Wunsch, dass du mir die gleichen Gefühle eines Tages entgegenbringen könntest, die du wohl für Akihito hast, wage ich nicht zu hoffen. Wie sehr ich es mir wünsche, es wird nur in meiner Fantasie bleiben.“

„Fei…“

Asami nahm sein Gesicht zwischen seine Hände und sah ihm tief in seine ebenfalls schwarzen Augen.

„Fei, ich habe es nicht zulassen wollen, dass mich ein anderer mit meinem Vornamen nennt. Auch wenn es Jemand behauptet es zu tun. Er ist stets nur für dich reserviert gewesen. Hast du dich nie gefragt, warum ich dich in dieser Nacht nicht geliebt habe?“

„Nein, das habe ich tatsächlich nicht. Ich dachte, du lehnst mich ab.“

„Dich ablehnen? So gern hätte ich deine langen schwarzen Haare weiter berührt, deine zarten Lippen geküsst. Doch du weißt genauso wie ich, in welchem geschäftlichen Verhältnis wir zueinander stehen. Wie kann ich je was anderes zulassen, ohne mein Gesicht zu verlieren?“

„Genauso meines. Dennoch hätte ich es riskiert. Stell dir Albatov’s Gesicht vor, wenn er erfahren hätte, dass sich die beiden Bosse zusammentun.“, Feilong versuchte es mit Humor zu nehmen, aber überspielen konnte er seine tiefe Trauer nicht.

Asami nahm in in den Arm und hielt ihn sanft fest.

„Ich verstehe deine Empfindungen sehr gut. Du brauchst dir keine Gedanken machen. Hattest du doch mein Herz bereits in der Nacht, als du dich in meine Arme fallen ließest wie jetzt.“

Feilong sah erstaunt auf. Konnte er seinen Worten wirklich trauen, oder wollte er nur Akihito zurück? Aber er war ja nicht sein Gefangener. Was wollte Asami also?

„Fei, sieh mich an. Sie mir in meine Augen. Spüre meinen Herzschlag. So wild und leidenschaftlich schlägt es nur, weil ich hier bei dir bin.“

Er ließ seine Hand auf Asami’s Herz legen und er spürte seine Wahrheit. Sie war weder zu verleugnen noch zu verstellen.

„Ryuichi. Darf… ich dich um etwas bitten?“

„Sicher worum denn?“

„Bitte küss mich nur noch ein einziges Mal. Du brauchst es danach nie wieder zu tun, aber dieses eine Mal. Bitte.“, flehte Feilong Asami an und berührte seine heiße Wange.

Asami erwiderte nichts, sondern küsste Feilong so sanft und inniglich er nur konnte. Ein wohlig warmes Gefühl breitete sich aus und fühlte sich wie die Ewigkeit im Paradies an. Solange hatte er darauf gewartet und nun tat er es wirklich.

Wieder und wieder.

Vogelgezwitschere und wildes Hämmern an der Schlafzimmertür weckte die beiden Schlafenden. Sie hatten es sich zu zweit in dem großen antiken Holzbett bequem gemacht. Verschlafen und mit freiem Oberkörper saßen sie da, als Akihito endlich die Tür wieder öffnete. Über das dermaßen überraschte Gesicht von dem Fotografen mussten beide Bosse lachen.

„E-Es ist anscheinend besser gelaufen, als ich gedacht habe.“, stammelte er und wich Tao und Kirishima aus, die ebenfalls ins Schlafzimmer stürmten.

„Was starrt ihr uns so an? Noch nie zwei Männer in einem Bett schlafen sehen?“, amüsierte Asami sich und erhob sich aus dem Bett, um sich anzuziehen.

„Äh, wir bitten um Entschuldigung, Asami- Sama. Wir ziehen uns diskret zurück.“ Mit diesen Worten schnappte Kirishima sich die beiden Jungs und beförderte sie nach draußen auf den Flur.

„Du hast schon einen amüsanten Sekretär. Ich glaube, er ist dir wirklich hörig. Und ich glaube, er mag dich.“

„Rede keinen Unsinn, mich mögen alle.“

„Gar nicht eingebildet was, Ryuichi?“

„Nein, ich schaffe stets Tatsachen. So wie die Tatsache, dass ich mit Akihito nach Hause gehen werde. Doch mein Herz wird hier bleiben, bei dir zu Hause.“
 

Ende



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