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A Pilots Tale

von

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Memorys

Wieder war einiges an Zeit vergangen ohne das jemand gekommen war um nach ihr oder Lien zu sehen.

Pilot hatte die Augen geschlossen und ließ sich treiben, soweit es ihr möglich war. Sie versuchte sich nicht zu einsam zu fühlen, denn sie wusste auch, dass Lien es merken würde und sie wollte nicht das Lien wieder das Gefühl hatte nicht ihrer gemeinsamen Bestimmung nachgekommen zu sein. Lien konnte nichts dafür.

Schuld waren doch die Ältesten. Wenn sie nicht beschlossen hätten das Leviathanprogramm einzustellen und sie an den Boden von Dricor zu binden, dann würden sie immer noch durch die Sterne schwimmen bis ihre gemeinsame Zeit kam ins ewige Sternenmeer zu tauchen.

Wenn man rückwirkend dachte, wäre das sicherlich schöner gewesen als das, was sie hier erwartet hatte. Durch die Pflege, die man ihnen zuteil werden lies waren sie alt geworden. Älter sogar als man eigentlich berechnet hatte, aber Glücklich? Nein, Glücklich waren sie schon lange nicht mehr.
 

Ohne das sie es eigentlich wollte drifteten ihre Gedanken fort. An den Ort wo sie sich vor 140 Zyklen befunden hatte. Es war ein sonniger Tag und der kleine Kontinent war festlich geschmückt. An den üppigen und langgezogenen Stränden waren zwei Leviathane angelandet.

Es waren Jungtiere und heute würden sie ihre Crew erhalten um dann gemeinsam mit ihnen in die Weiten des Weltalls aufzubrechen und dort nach intelligentem Leben zu suchen.

Miren lächelte sanft, denn sie wusste, dass sich ihr Leben heute kolossal veränderte. Nur war sie gespannt an welche Stelle sie treten würde.

Sie hatte es sich so sehnlichst gewünscht endlich ins All fliegen zu dürfen und eigentlich war sie der Überzeugung gewesen, dass sie nur Teil der Crew wäre.

Umso überraschter war sie, als man ihr offenbarte, dass sie die nötigen Körperlichen als auch psychischen Eignungen besaß um einen der wichtigsten Posten an Bord des Schiffes auszufüllen.

Welcher das sein würde, das wusste sie jedoch nicht.

Vorsichtig strichen ihre Flossenhände über die verdichtete und verstärkte Haut des jungen Leviathans und hinterließen eine feuchte Spur.

Mirens Herz klopfte gefühlt bis zum Hals und sie spürte wie ihre Kiemen unter dem Anzug vor Aufregung vibrierten.

Sie legte ihren Kopf gegen die überraschend kühle Haut und schloss die Augen. Doch noch konnte sie nichts hören. Das würde erst der Fall sein, wenn sie alle Vier zusammen mit dem Leviathan vereinigt waren.

Eine andere Flossenhand berührte Miren sanft an der Seite und sorgte dafür, dass sie die Augen wieder öffnete.

Hinter ihr stand Nem, der sie freundlich anlächelte. Er und Kev und Arek trugen die zeremonielle Kleidung der neuen Kernbesatzung. 'Du möchtest doch nicht zu deiner eigenen Feier zu spät kommen, oder?' zog er sie ein wenig auf. 'Du hast dich ja noch nicht mal umgezogen.'

Mirens Wangen wurden leicht blau. Sie war heute so aufgeregt gewesen, dass sie erst nicht schlafen konnte, dann verschlafen hatte und fast noch keinen Reiter gefunden, der sie hierher bringen konnte, bevor die Zeremonie begann.

Bei all der Sorge es nicht mehr rechtzeitig zu schaffen, hatte sie ihr zeremonielles Gewand vollkommen vergessen anzulegen.

Nem musterte sie immer noch mit einem Lächeln und auch die Anderen schienen schon ein wenig amüsiert, bevor sie begannen Teile ihrer Gewänder abzunehmen und sie einfach an Mirens Anzug zu heften. Nem band ihr seinen zeremoniellen Gürtel um.

'Wenn schon schon jemand gegen das Protokoll verstößt, dann sollten wir das auch gemeinsam tun, denn in ein paar Arn sind wir eh alle untrennbar verbunden,' meinten Kev. Er und Arek und begannen noch breiter zu grinsen.

Die Zwillinge waren eh für jeden Spaß zu haben und schlugen manchmal auch ein wenig über die Strenge, aber sie waren sehr Wissenshungrig und konnten ihren Lehrern Löcher in den Bauch fragen, was sie auch gerne taten, wenn sie nicht gerade dabei waren, sie für den jeweils anderen auszugeben. Dabei hatten sie auch ein fragwürdiges Geschick entwickelt sogar ihre Geistfarben soweit aufeinander abzustimmen dass niemand sie auseinander halten konnte, wenn sie es nicht wollten.

Eigentlich hatte Miren es im Gefühl dass sie wohl Spürer werden würden. Jedenfalls hatten sie eine schnelle Auffassungsgabe und nutzten ihre Umgebung gerne für ihre Späße aus.
 

Aus der näheren Umgebung klang die Musik eines Wasserbasses zu ihnen hinüber und die Anderen ergriffen Miren an den Armen, so das sie es sich gar nicht anders überlegen konnte und mit ihnen kommen musste.

Die bläuliche Färbung in ihren Wangen nahm noch mehr zu, als sie die teilweise missbilligenden Blicke der Alten spürten, die über das Auftreten der Gruppe nicht sonderlich begeistert waren. Immerhin war keines der Gewänder mehr im gewünschten und eigentlich auch vorgeschriebenen Zustand.

Im Gegensatz zu dem anderen Team des Nachbarleviathans boten sie einen ziemlich zusammengewürfelten Eindruck.

Miren meinte sich sogar zu erinnern, dass drei der anderen Anwärter von Natur aus Geschwister waren, was den Vereinigungsprozess natürlich ungemein erleichterte. Und im Gegensatz zu Mirens Team sahen sie alle aus, als wären sie eben aus der großen Kammer gekommen, wo sie die rituellen Kleidungsstücke überreicht bekamen.

Diesmal wurde die Lufttrommel geschlagen und das geistige Gemurmel, das aufgebrandet war, als Miren, Nem, Kev und Arek erschienen waren verstummte.
 

Der Rituelle Part war eigentlich immer mit der anstrengendste bei denen die meisten Anwesenden stark auf die Probe gestellt wurden, denn er fand an Land und während der Sonnenzeit statt. Die aufgespannten gewobenen Algentücher minderten das Licht auf den Besucherrängen nur mäßig und die Erwählten standen ganz im Sonnelicht.

Ursprünglich war das so vorgesehen gewesen, um die Reden in ihrer Länge nicht zu stark ausufern zu lassen, doch mit der Zeit waren sie dennoch länger und länger geworden und Miren hatte mit der Zeit das Gefühl, dass sie in ihrem Anzug langsam gegart wurde.

Ein Seitenblick verriet ihr, dass es den Anderen nicht viel besser erging.

Teilweise hingen die Kopffühler schon sehr schlaff herab.

Von den anwesenden Familienangehörigen oder auch Zuschauern wanderte der ein oder andere schrittweise in Richtung des Wassers, oder sah es zumindest schon mit sehnsuchtsvollem Blick an.

Aber schließlich gaben die Ältesten doch ihren Segen und die Erwählten verließen ihre Standorte um hinunter zum Wasser zu laufen. Den Leviathan konnte man nämlich nur von unterhalb der Wasseroberfläche betreten.

Kev und Arek stützten sich gegenseitig, während Nem kurz einen Blick zu den Anderen warf, die sich bereits in die Fluten stürzten.

Es gab unter den Anwärtern einen, nicht gern gesehenen Wettstreit: Wer brachte seinen Leviathan zuerst in die Luft.

Nicht gerne gesehen, eben deshalb weil die Vereinigung und die Verbindungen sorgfältig geschaffen werden sollten und nicht in Eile und Hast, so das sich wohl möglich noch Fehler einschlichen.

Geblieben von dem Wettstreit war somit nur der Lauf ins Wasser und zu den Leviathanen, eben das, was sie gerade verloren hatten. Doch Miren war das nicht so wichtig.

Sie wollte jede Sekunde auskosten, denn sie wusste, dass dies die letzten Den waren, die sie außerhalb des Leviathans verbringen würden. Als Vereinigte würden sie den Leviathan nie wieder verlassen.

Noch einmal sah sie zu den beiden Sonnen hinauf, ehe sie abtauchte und das Wasser über sich zusammenschlagen ließ um den Anderen so schnell wie möglich zu folgen.
 

-
 

Pilot murrte leise, als sie spürte, wohin die Reise ging. Eigentlich waren das nicht wirklich ihre Gedanken gewesen, jedenfalls im Moment nicht. Sie streckte ihre geistigen Fühler aus und spürte, wie nah Lien war. 'Du warst das, oder?' sandte sie mit ruhigen Farben unterlegt zu dem Leviathan und lächelte schwach, während sie sich wieder an ihn schmiegte.

'Du hast es also doch gespürt, obwohl ich es nicht wollte. Entweder ich werde langsam alt, oder du wirst zu gut.' Sie lächelte schwach und griff nach einer der größeren Nervenstränge um sanft darüber zu streichen.

'Wenn du es möchtest, können wir uns diese Erinnerung gerne wieder ansehen.' Pilot lächelte leicht. Es war so schön gewesen. So eine unbeschreibliche Erfahrung. Etwas, das man nie in seinem Leben mehr vergessen wird, egal was auch immer später passiert.
 

-
 

Miren war noch nie im Inneren eines Leviathans gewesen und wusste deshalb auch nichts von diesem Ort, an den man sie alle vier gebracht hatte.

Es war eine große runde Kammer, ziemlich in der Mitte dieses Wesens, an deren Wände es vier Aussparungen gab, die nicht von einer verhärteten, hautartigen Substanz überzogen war. Sie lagen sich so gegenüber, dass sie alle vier sich gegenseitig sehen konnten.

Als Miren das erste Mal die großen und beeindruckenden Nerven- und Versorgungsstränge sah, die in der Mitte des Raumes in die Höhe und in die Tiefe verliefen blieb ihr der Mund offen stehen.

Als sie sich abstoßen und darauf zu schwimmen wollte, wurde sie jedoch davon abgehalten.

Jeweils zwei Heiler waren zu den 4 Auserwählten getreten und deuteten nun an, das sie ihnen zu den Aussparungen folgen sollten.

Dort wurden sie sanft an die Wand gedrückt. Erst jetzt merkte Miren, das sie warm und voller Leben war. Es schien fast so, als schmiege sie sich an ihren Körper.

Die Heiler begannen mit ihrer Arbeit und entfernten die Kleidung ohne sie von ihren Positionen zu bewegen. Miren schloss die Augen.

Es fühlte sich an wie ein Kribbeln das durch ihren ganzen Körper lief und sich unterhalb ab dem Brustbereich abwärts verstärkte, als Miren begann mit der Wand hinter ihr zu verschmelzen. Es war irgendwie so, als würde man zwar spüren, wie sich die Teile von einem selbst auflösten, aber gleichzeitig eine Verbindung mit etwas eingingen, das viel größer war. Ihr sogar das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermittelte.

Als sie die Augen wieder öffnete, war der unter Teil ihres Körpers vollständig mit der Wand verschmolzen.

Links und rechts von ihr hörte sie plötzlich Kev und Arek in ihrem Kopf lachen. 'Das kitzelt so,' grinsten die Beiden und sahen die Anderen an. Ihre Heiler schienen ein wenig genervt, da die Beiden mit ihren Händen herum gestikulierten und sie so in ihrer Arbeit störten.

Nem nahm das Ganze eher locker. Er hatte wie Miren die Augen geschlossen gehabt, öffnete sie jetzt aber auch, noch während er in der Wand zu versinken schien.

'Versucht noch ein wenig still zu halten, ja?' fragte Nem sie mit einem Lächeln. 'Wir schaffen das gemeinsam. Ihr wollt doch sicher auch wissen, wer der Pilot wird, oder?'

Kev brummte leise und grinste dann. 'Wenn es einer von uns wird, dann dürft ihr euch auf jede Menge Spaß gefasst machen.'

Aus dem Augenwinkel sah Miren, wie Nem im Spiel die Augen verdrehte. 'Das wird kein Verngügungsleviathan, wobei... die Ältesten wären bestimmt begeistert.'

Kev und Arek lachten wieder und auch Miren musste schmunzeln als sie es sich bildlich vorstellte.

Doch dann kam das, worauf sie alle schon gewartet hatten. Die körperliche Verbindung stand nun schon teilweise, es würde nun die geistige folgen.

Miren konnte spüren, wie die Wand hinter ihr schneller pulsierte. Scheinbar waren sie wohl nicht die einzigen die aufgeregt waren.

Sie lächelte immer noch schwach und legte ihre Flossenhände gegen die Wand, fast schon, als wolle sie den Leviathan beruhigen.

'Nem, kannst du es spüren?' Der Angesprochene nickte leicht. Auch seine Hände ruhten auf der Wand, während die Brüder sich immer noch ein wenig über den ersten Teil der Vereinigung zu amüsieren schienen.

Vorsichtig tasteten die Flossenhände der Ärzte nun ihren Kopf, den sie auch als Wissensschale bezeichneten, ab, suchten die richtigen Stellen, während sich über ihnen etwas bewegte.

Sanft strich etwas über Mirens Kopf hinweg, bevor es jedoch wieder verschwand.

Die Heiler drückten nun ihre Kopf gegen die Wand, so das sie sich nicht mehr bewegen konnte und Miren spürte, wie sich ein warmes, aber doch betäubendes Gefühl von ihrer Bauchgegend den Weg durch den Körper suchte, bis es ihren Kopf erreichte.

Sie fühlte sich mit einem Mal schläfrig und sie konnte sich auch ein Gähnen nicht unterdrücken.

Miren war irritiert. War das richtig so?

Ihre Gedanken wurden immer träger und dann fielen ihr auch schon die Augen zu. Die Hände glitten von der Wand ab und hingen schlaff im Wasser.
 

Langsam kam Miren wieder zu sich und sie spürte auch direkt schon, dass etwas anders war. Ihr Geist war klarer, irgendwie größer? Es war schwer in Worte zu fassen. Miren hatte das Gefühl, dass sich ihr Horizont erweitert hatte und sie Dinge fühlte, die vorher nicht dagewesen waren. Dann spürte sie auch etwas anderes. Es war eine große, etwas befremdliche Präsenz, wahrscheinlich der Leviathan. Dennoch nahm sie nur zögerlich Kontakt auf, so ein wenig als wisse sie nicht genau ob sie sich trauen sollte.

Miren lächelte im Geist leicht und streckte ihre geistigen Fühler zu ihr aus, sandte ihr beruhigende Farben, während sie spürte, dass eine weitere Präsenz in ihrem Geiste erwachte. Diese war eindeutig Dricorianisch.

Die fremdartige Präsenz nahm das Angebot an, begann Mirens Geist vorsichtig zu erforschen, bevor sie sich dann auch dem Anderen näherte, nachdem dieser die geistige Erlaubnis gegeben hatte.

Kurz darauf erschienen auch die Brüder und das... spürte man sofort. Sie waren von jetzt auf gleich da und stürzten sich förmlich auf die Präsenz des Leviathans, so das dieser erschrocken auch aus Mirens und Nems Geist zurückwich.

Sofort versuchte Miren den Leviathan zu beruhigen, während Nem auf die beiden Brüder einwirkte, sie ein wenig um Mäßigung bat und sie mit beruhigenden Worten und Farben auf ein Niveau hinunter brachte, dass sie so ruhig wurden, so dass sich der Geist des Leviathans nun auch traute sie zu berühren. Dann jedoch zeigten die Brüder auch, dass sie ihn willkommen hießen, indem sie ihm erlaubten sie zu erforschen, ohne irgend welchen Blödsinn anzustellen.

Miren spürte jedoch, dass ein Teil der Leviathanpräsenz während dieses ganzen Vorganges nicht von ihr wich, stattdessen suchte es sogar dauerhaften Kontakt und Zugang zu ihrem Geist und gestattete ihr sogar dabei zu sein, wie es auch die Anderen untersuchte und ein Bündnis mit ihnen einging.

Miren spürte, wie sie langsam in ihren Körper auch bewusst zurückkehrte. Es ziepte kurz leicht, als sie sich nach vorne lehnte und sie spürte, dass sich an ihrem Rücken und am Hinterkopf etwas getan hatte, das sie noch mehr mit dem Schiff verband.

Sie öffnete die Augen, doch ihr Blickfeld hatte sich verändert. Zwar konnte sie den Raum sehen, aber es war mehr ein Bild, das sich scheinbar mit einem anderen zu überlagern schien. Das zweite zeigte die Tribünen, die sich doch schon ein wenig geleert hatten. Einzig die nächsten Verwandten und die Ältesten harrten noch aus.

'Spürst du es?' kam es plötzlich von Nem in Mirens Geist und sie reagierte ein wenig verwirrt, was auch den Leviathan zu verwirren schien.

'Sachte... du verunsicherst ihn. Lass ihn dich erst mal wirklich kennen lernen.' wirkte Nem beruhigend auf Miren an.

'Was soll ich spüren?'

„Er hat dich gewählt. Er hat dich zu seinem Piloten gemacht.“

Miren war sich nicht sicher, ob sie Nem jetzt richtig verstanden hatte.

„Wie kommst du darauf?“

„Horch in dich hinein und du wirst es spüren.“

Und in der Tat da war etwas. Es waren zwei neue Empfindungen die sie wahrnehmen konnte. Das eine war die Präsenz des Leviathans, die sich nun scheinbar im Geiste direkt neben ihr zu befinden schien, sogar die Verbindung zu den Anderen überstrahlte und das zweite war ein angenehmes warmes Pulsieren in der Bauchgegend.

Mit einem Mal war da sogar so etwas wie ein Name. 'Lien,' hauchte Miren im Geiste. Der Leviathan hatte ihr seinen Namen offenbart. Deutlicher konnte das Zeichen der Wahl nicht sein.

Die beiden Geschwister schienen ein wenig enttäuscht, als sie Miren gratulierten, aber auch amüsiert. 'Kannst du nicht doch einen Vergnügungsleviathan daraus machen?' konnte sich Kev doch nicht verkneifen und Arek lachte.

Es war Nem der sich schließlich räusperte und die Nachricht zu den Ältesten und den anderen Anwesenden sandte. 'Die Wahl wurde getroffen. Kev und Arek werden die Spürer. Der Navigator ist Nem und Miren ist ab heute bekannt als Liens Pilot.'

Miren wurde für einen Moment heiß und kalt zugleich, bevor sie spürte, wie sich Liens Präsenz enger an sie schmiegte. Ab jetzt würde sie nie wieder jemand mit ihrem alten Namen rufen. Ab jetzt würde man sie nur noch als Pilot kennen.

'Worauf wartest du noch?' forderte Nem sie freundlich auf. 'Habt ihr keine Lust los zu fliegen?' Die Brüder kicherten leise und Miren, nein Pilot spürte, wie ihre Wangen wieder leicht blau wurden.

Als sie ihren Blick drehte, konnte sie durch die Überlappenden Bilder sehen, dass der andere Leviathan sich noch nicht erhoben hatte und auch die Anderen schienen es zu bemerken.

Miren konnte spüren, wie sich eine freudige Anspannung durch die Verbindung der Dricorianer verbreitete, die auch auf das Schiff überzugreifen schien, dann das warme Pulsieren in ihrer Bauchgegend verstärkte sich und es erschien Miren so, als wolle Lien sie bei ihrem ersten Flug anleiten. Sie dazu animieren ihre geistigen Fühler zu diesem Pulsieren auszustrecken und es langsam anzuheben. Kaum das ihre geistigen Hände es berührten manifestierte es sich als eine Art Kugel.

Draußen begann Lien sich vom Boden zu lösen.

Pilot konnte förmlich spüren, wie die Anderen während des Aufstieges mitfieberten und auch Lien ließ sich davon vollkommen einnehmen. Sie konnte spüren, wie sich das Wesen danach sehnte endlich das zu tun wofür es geschaffen wurde, nämlich zwischen den Sternen zu schwimmen.

Doch dann geriet der Aufstieg etwas ins Stocken, als das gleichmäßige Pulsieren aus dem Takt geriet. Pilot spürte wie Lien unsicher wurde, doch sie schloss nur die Augen und legte die geistigen Hände um die das Pulsierende Ding, so als wolle sie ihr Kraft spenden und sie wieder ins Gleichgewicht bringen.

Sofort wurde der Flug wieder ruhiger und etwas fiel die Anspannung von Pilot ab.

Relativ schnell bemerkte sie, dass sie die Geschwindigkeit dadurch regulieren konnte, wie sehr sie die Kugel in eine Richtung führte, denn als sie sie mehr zum Kopf brachte, wurde der Aufstieg deutlich beschleunigt, aber das Pulsieren drohte erneut aus dem Takt zu kommen, weshalb sie sie wieder etwas sinken ließ, bis es sich normalisierte.

Nach einer Weile spürte sie, wie Nem sie geistig an tippte. 'Ich denke es wird Zeit dass ihr eine kleine Kurskorrektur vornimmst, oder möchtest du einen unserer Monde besuchen?“

Er hatte die Worte mit einer leichten Warnung unterlegt und Pilot wurde sich dessen bewusst, dass sie sich zu sehr auf Lien und die Kugel fixiert hatte, dass sie die Anderen ausblendete und auch gar nicht mitbekam, wie sie die Atmosphäre verlassen hatten.

Wobei... Arek war schon am überlegen, ob sie die Gelegenheit nicht nutzen sollten dem nahen Mond einen ganz besonderen Touch zu verpassen. Jedoch schwieg er sich darüber aus, wie er es wohl dachte anzustellen und ließ auch die Anderen an dem Plan nicht teilhaben.

Vorsichtig bewegte Pilot die Kugel nach links um sie an dem Mond vorbei zu navigieren und bemerkte gar nicht wie ihr der Mund offen stehen blieb als sie vor sich das leuchten der Sterne erblickte, ohne das sie von einer Atmosphärentrübung gefiltert wurden. Es waren so viele Sterne.

Sie hatte das Gefühl, als würde ihr ganzer Körper vor Aufregung prickeln. War das überhaupt nur ihr Empfinden? Auch Lien schien es kaum erwarten zu können mehr zu sehen.

Pilot drehte ihren Blick um zurück zum Planeten zu sehen. Doch von dem anderen Leviathan fehlte immer noch jede Spur. Sie war doch verwundert. Warum folgten sie ihnen denn nicht. Schließlich waren sie doch bestimmt schneller aufeinander eingestellt? Und der Rest der Crew war schon vor der Zeremonie an Bord gegangen, so war es Sitte, damit der Abflug nicht unnötig verzögert wurde.
 

-
 

Pilot öffnete die Augen wieder und seufzte leise im Geiste. Ja ihr erstes Abheben war schon ein wenig Chaotisch gewesen und mittlerweile wusste sie auch womit Arek den Mond eingefärbt wollte, wenn er es könnte.

Leviathane konnten ein Sekret absondern, dass seine Farbe veränderte, wenn es auf bestimmte Mineralien traf, die auf diesem Mond ausreichend zu finden waren. Ja, die Ältesten wären wirklich entzückt gewesen.

Sie strich über die Wand und seufzte leise. 'Ich weiß, es hätte dir Spaß gemacht.' Zum Glück waren sie damals zu abgelenkt dafür.
 

Legende:

Microt - Sekunde

Den - Minute

Arn – Stunde

Tek – Tag

Sokam – Monat

Zyklus - Jahr

First Flight

Als Pilot diesmal geweckt wurde, war der Grund dafür doch ein wenig erfreulicher. Zwei Dricorianer waren vorbei gekommen. Sie würden zwar wahrscheinlich nur nachsehen, ob es etwas zu reparieren gab oder ob Pilot etwas brauchte, aber es war schön wieder einige andere Stimmen zu hören, besonders als sie eine der Geistfarben erkannte.

Leicht lächelte Pilot, als die Dricorianer ihr Refugium betraten. Während der Eine direkt zu den anderen, jetzt leeren Plätzen schwamm, kam die zweite zu ihr und verharrte vor Pilot.

Auch in dem Gesicht der jungen Dricorianerin lag ein Lächeln, während sie sanft mit den Flossenhänden über das Gesicht von Pilot strich.

Auch wenn sie darüber nicht sprechen durften wusste Pilot doch was sie sagen wollte.

Das war das, was Familienangehörige auch über einen langen Zeitraum miteinander verband. Nur wenn die Ältesten davon erfuhren wäre das nicht gut, denn sie hatten damals verboten, dass die Erbinformationen der Piloten weitergegeben wurden, nachdem das Leviathanprojekt eingestellt worden war. Pilot mutmaßte, dass sie so verhindern wollten, das es wieder Dricorianer zwischen die Sterne zog. Sie verstand nicht, warum diese sich so vehement dagegen sträubten Dricor zu verlassen. Es war so ein befreiendes Gefühl dort oben zu sein. Eines, das man nicht in Worte fassen konnte. Man musste es einfach erlebt haben um es verstehen zu können.

Pilot zog sie näher zu sich, widerstand nur mit Mühe dem Drang sie an sich zu drücken, denn das wäre sicherlich zu auffällig gewesen. Die vielen Generationen die zwischen ihnen lagen hatten ihr Aussehen doch verändert, aber wenn man genau hinsah und wusste wo man suchen musste konnte man noch einige von Pilots Merkmalen bei ihr erkennen.

'Es freut mich euch hier begrüßen zu können,' meinte sie dann formell zu beiden, während sie ihre Ur-Ur-Enkelin wieder frei gab. 'Bringt ihr Kunde aus der Stadt?'

Insgeheim hoffte Pilot doch, dass die Ältesten ein Einsehen mit ihr hatten und ihr wenigstens erlaubten mit Lien den letzten Flug anzutreten.

Doch die junge Dricorianerin schüttelte nur leicht den Kopf. Ihre Geistfarben trübten sich leicht und veranlassten Pilot dazu nun ihrerseits über die Wange der Anderen zu fahren um ihr so Trost zu spenden. Natürlich wollte sie ihre Enkelin nicht verlassen wenn es sich vermeiden lies, aber sie musste auch an sich und Lien denken. Das hier war kein Leben...

Unbewusst zog sie ihre Enkelin zu sich und ihre Stirn berührten sich.
 

-
 

Sie hatten sich ein wenig von Dricor und dessen Monden entfernt, währen in Richtung des ersten Asteroidengürtels geflogen, auch damit die Anderen sich mit ihren neuen Fähigkeiten vertraut machen konnten.

Die Asteroiden waren ein guter Trainingsgrund für die Spürer die nahende Gefahren erahnen mussten um so den Navigator und Pilot zu warnen das sie mit nichts kollidierten. Nur so konnte sie diese Fähigkeit beherrschen lernen und langsam ausweiten.

Pilot konnte die freudige Anspannung von Lien förmlich spüren und versuchte es nicht zu sehr auf die Anderen übertragen zu lassen, denn die Brüder an sich waren schon aufgeregt genug und wenn jetzt auch noch der Leviathan seinen Teil dazu beitrug würden sie sicherlich nicht ganz so starten wie es gewünscht war, nämlich ohne eine Kollision. Deshalb steuerte sie auch erst mal den Rand des Feldes an und nicht, wie es sich die Brüder wünschten schon mitten hinein in den 'Spaß' wie sie es nannten.

Von dem anderen Leviathan war immer noch nichts zu sehen und langsam fragte sich Pilot ob alles gut gegangen war.

'Nun dann Kev und Arek, zeigt mir mal was ihr könnt und keine Mätzchen, wir wollen doch nicht das sich Lien weh tut, oder?' mahnte Nem sie und nickte Miren zu. 'Konzentriere dich ganz auf den Flug. Ich erledige den Rest. Schließlich ist das meine Aufgabe.'

Die warmen Farben, die er dabei in seine Worte einsponn waren wie Balsam auf Pilots angespannter Seele. Sie ließ sich doch mehr von Liens Aufregung einfangen, als es ihr eigentlich lieb war. Eher musste sie den Leviathan sogar etwas zurückhalten und Tempo raus nehmen. Die Brocken die hier schon herum flogen waren auch nicht zu verachten.

Für einen Moment hatte sie das Gefühl als würde sich einer der beiden Brüder beschweren, aber es war irgendwie dumpf, nicht ganz so deutlich wie vorher, aber dafür spürte sie Nem nun nahe an ihrer Seite. Er war es, der ihr das Gefühl vermittelte einen sicheren Weg einschlagen zu können, wenn sie ihm folgte. Allerdings war dieser Weg bisher nur sehr kurz und es schien ihm doch etwas Mühe zu bereiten ihn zu verlängern. Wobei, das lag wohl eher an den Brüdern. Sie mussten sich auch erst daran gewöhnen.

Vorsichtig beschleunigte Pilot wieder und Lien begann um die ersten Felsen herum einen Slalomkurs auszuführen.
 

-
 

Überrascht und ein wenig schockiert riss sich die Enkelin von Pilot los und sah sie an. Was hatte sie getan? Es war verboten eine Geistverbindung mit Pilot einzugehen und sich von ihr erzählen zu lassen was sie erlebt hatte. Wenn die Ältesten davon erfuhren würden sie sie nie wieder in den Leviathan und damit zu Pilot lassen.

Pilot sah sie traurig an, denn sie wusste es auch, dennoch versuchte sie zu lächeln, während sie sah, dass der andere Dricorianer zu ihnen herüber kam. Ein fragender Ausdruck lag in dessen Gesicht und er wusste auch von dem Verbot.

Pilot sah ihn an und nickte ihm zu. 'Es ist alles in Ordnung. Danke. Wollt ihr nicht noch ein wenig bleiben?'

Doch es war der Andere, der ihr diesen Moment der Hoffnung und der Gesellschaft zunichte machte.

'Es tut uns leid,' meinte er leise und flocht Farben des Bedauerns ein. 'Aber wir sollen nach unserem Besuch bei den Ältesten vorbei kommen und Rechenschaft ablegen.' Für einen Moment schwieg er. 'Sollen wir etwas ausrichten?'

Pilot schüttelte den Kopf und schwieg. Es gab nichts, was die Ältesten nicht schon längst wussten.

'Es war schön, dass ihr uns besuchen kamt,' meinte sie und lächelte, auch wenn das Lächeln ein wenig gezwungen und farblos war.

Der Begleiter ihrer Enkelin nickte und machte sich schon auf den Rückweg. Pilot schloss die Augen. Sie wollte es nicht unbedingt sehen, denn jeder Abschied fiel ihr schwerer.
 

-
 

Langsam wagten sie sich weiter in die Tiefen des Asteroidenfeldes vor, tauchten unter großen Steinen hindurch quetschten sich durch immer schmaler werdende Abstände von Asteroiden und wichen durch Drehbewegungen einem kleinen Kometen aus. Langsam wurden sie immer sicherer und die Vorhersagen präziser und weitreichender, so das sich Pilot auf eine immer größere Strecke verlassen konnte. So beschleunigte sie auch zusehends und irgendwann bemerkte sie, dass die Brüder vor Freude aufschrien, als sie ein besonders kniffliges Manöver erfolgreich absolvierten, was vielleicht mit einigen Microts weniger, oder etwas langsamer, schief gelaufen wäre.

Pilot kniff den Mund ein wenig zusammen.

Sie bemerkte erst, dass sie das komplette Asteroidenfeld durchquert hatten, als diese aufhörten und hinter ihnen zurück blieben.

Kev und Arek johlten vor Vergnügen und auch Nem war erleichtert.

Von Pilots Schultern fiel eine große Last ab, als sie das bemerkte und sie lächelte ebenso.

'Nochmal,' forderten Kev und Arek doch Nem schüttelte den Kopf, wobei man bei ihm jetzt deutlich die Verbindungen zwischen ihm und dem Leviathan sehen konnte.

'Ruht euch alle etwas aus,' meinte er leise. 'Das war ein schönes Manöver, aber wir wollen es doch nicht übertreiben, oder?

Pilot bemerkte, dass das Pulsieren leicht ungleichmäßig wurde und reduzierte das Tempo, dass sie mehr dahin drifteten als gewollt flogen.

Nem deutete auf eine bestimmte Stelle an der Wand 'Schaut mal, habt ihr das schon gesehen?'

Als Pilot den Blick wendete sah sie einen Eiskometen, der in wenigen Den ihre Flugbahn kreuzen würde. Jetzt jedoch war er noch weit genug entfernt, als das man schon ausweichen müsste.

Er zog einen eisigen Schweif hinter sich her und in diesem brach sich das Licht der beiden Doppelsonnen, so das es schien als zöge er ein in allen Farben glitzerndes Band hinter sich her.

Pilot zweifelte keine Sekunde daran, dass sich die Grylen sofort darauf stürzen würden, wenn eine ihrer Spezies jetzt hier wäre.

Aber auch anderen blieb dieser Anblick nicht verborgen. Pilot spürte dass auch Lien das Spiel wahrgenommen hatte und langsam begann sie wieder Geschwindigkeit aufzunehmen.

'Was tust du?' fragte Nem sie, doch Pilot lächelte nur leicht, während sie Lien in den Schweif des Kometen lenkte und das Schiff darin eintauchen lies.

Die nächsten Den verbrachten sie damit immer wieder den Schweif des Kometen zu kreuzen und diesem eine neue Form zu verpassen, während die Eispartikel auf die veränderte und verstärkte Haut des Leviathans trafen und in neuen Flugbahnen davon stoben.
 

-
 

Nun war es an Pilot die Augen aufzureißen. Ein wenig fassungslos blickte sie ihre Gegenüber an. 'Warum hast du das getan?' fragte nun sie.

Doch ihre Enkelin lächelte nur. 'Ich mag keine angefangenen Geschichten, aber das ist eine gute Stelle um eine Pause einzulegen. Da habe ich erst recht einen Grund wiederzukommen weil ich bestimmt wissen möchte, wie es weiter geht.' Sie lachte leise und schwamm schnell dem anderen Dricorianer hinterher.
 

Legende:

Microt - Sekunde

Den - Minute

Arn – Stunde

Tek – Tag

Sokam – Monat

Zyklus - Jahr

Hunt

Leider dauerte es wieder fast einen Zyklus ehe sich jemand blicken lies. Das war mit Abstand der längste Zeitraum gewesen und Pilot fragte sich ob sie wohl schon mit ihrem Ableben gerechnet hatten, dann wäre dies wohl das Aufräumkommando.

Passen würde es auf jeden Fall schon, denn die Qualität des Wassers und der Nährstoffe hatte schon arg gelitten. Immerhin gab es keine Crew mehr, die sich darum kümmerte, dass das Ökosystem an Bord des Leviathans in Takt blieb und nur weil Lien hin und wieder das Wasser mit der Umgebungsflüssigkeit tauschte war es für Pilot noch gerade so genießbar.

Die Reinigungseinheiten die geschaffen worden waren die Crew dabei zu unterstützen starben aus.

Selbst wenn Lien sie weiter versorgte, irgendwann würde das Ende kommen, denn auch ihre Vorräte waren endlich.

Pilot schnaubte leise im Geiste. So einfach würden sie es den Ältesten wirklich nicht machen.

Hier unten war der Druck zu groß um Fliegen zu können. Eigentlich verrückt, wenn man bedachte aus was für Situationen sie sich schon befreit hatten. Dinge, die weitaus gefährlicher waren und jetzt war es das eigene Heimatelement das sie an den Planeten fesselte. Wie zynisch.

Für einen Moment überlegte Pilot ob sie Lien überreden sollte den Anderen den Zutritt zu verweigern, aber andererseits spürte sie schon allein bei diesen Gedanken einen Widerstand von Lien. Diese hielt ganz offensichtlich nichts davon. Eher wollte der Leviathan das Pilot Kontakt mit Ihresgleichen hatte. Etwas, das Lien verwehrt blieb, aber sie nahm jedes Mal Anteil daran, wenn sich Pilot austauschte.

Pilot sah die überlappenden Bilder, als die Anderen den Leviathan betraten und sie erblickte auch die verzogenen Gesichter, als sie das Wasser hier mit ihren Kiemen schmeckten.

Seltsam, es bereitete ihr sogar in gewisser Weise Genugtuung. Warum sollten es die Anderen besser haben? Einer der Dricorianer zog es sogar vor den Leviathan wieder zu verlassen.

Dennoch war eine für sie durchaus bekannte Geistfarbe dabei. Pilot seufzte leise. Warum war ausgerechnet sie dabei? Hätte sie nicht an einem anderen Tek kommen können? Ohne die Anderen? Pilot vermisste sie zwar, aber jetzt würden sie wieder nicht reden können.

Aber es sah sowieso nicht danach aus, als würden die Anderen so schnell zu ihr kommen, denn sie verteilten sich im Inneren des Leviathans.

Fragend versuchte Pilot herauszufinden was sie machten, denn das war schon eher ungewöhnlich. Normalerweise kamen sie immer erst zu ihr.

Doch dann taten sie noch etwas seltsameres. Einige begannen damit alte Korallen und abgestorbene Tangstreifen, die nicht mehr reabsorbiert wurden, von den Wänden zu lösen. Dazu setzten sie spezielle Schwämme ein.

Nach einer Weile verzog Pilot das Gesicht. 'Ich wusste gar nicht, dass du so kitzelig bist,' sandte sie zu Lien.
 

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Sie waren jetzt schon eine ganze Weile im Dricorianischen Sonnensystem unterwegs gewesen, hatten ihre Fähigkeiten stetig verbessert und neue Möglichkeiten gefunden sich schneller aufeinander abzustimmen. Zudem hatte sich Liens Geschwindigkeit ebenso entwickelt, so das Pilot jetzt auch für längere Zeit schneller fliegen konnte, ohne dass sie die Balance in der Energieverwaltung verloren.

Einzig und allein die Putzfische störten manchmal ein wenig. Sie waren eine neue Kreation und noch nicht wirklich darauf eingestellt, wo sie überall ihre Arbeit verrichten sollten und wo nicht.

So suchten sie wirklich jede Stelle auf, die sie fanden und das war gerade in den Bereichen, wo die Vier mit dem Leviathan verbunden worden waren im Moment noch etwas unangenehm, da sich die Haut nur langsam erholte.

Die Heiler konnten den Grund nicht herausfinden. Normalerweise war es eine Sache von wenigen Microts, nicht Teks, eine Wunde zu fachgerecht zu versiegeln. Doch gerade die Versorgungsstränge machten immer wieder ein wenig Ärger, weshalb sie auch schon von den Heilern verlängert worden waren um den Vier mehr Bewegungsspielraum einzuräumen und unnötige Schmerzen zu ersparen.

Endlich war auch der zweite Leviathan erschienen, doch irgend etwas war anders gewesen, denn die Kommunikation die zwischen ihnen stattfand war nur auf das Nötigste beschränkt. Manchmal kam es Pilot sogar vor, dass die Anderen es schon fast als lästige Pflicht empfanden zu üben und ein Gefühl für das Fliegen zu entwickeln.

Der Pilot von Turem war meistens ziemlich einsilbig, wenn sie dann doch miteinander kommunizierten. Er forderte seinen Leviathan viel mehr ab als sie es mit Lien tun würde und manchmal fragte sie es, wie Turem das überhaupt durchhielt.

Es zeigten sich auch schon Spuren auf der harten Haut, wo sie mit Asteroiden kollidiert waren. Was bezweckte sein Pilot da eigentlich?

Nem hatte die Vermutung, dass sie immer noch sauer waren, dass sie so lange gebraucht hatten, aber warum ließen sie dann Turem dafür leiden? Dessen Pilot musste es doch auch spüren und das Wohl des Leviathans sollte doch an erster Stelle stehen. Immerhin vertrauten sie ihm auch nicht nur ihr Leben, sondern das der ganzen Besatzung an.

Ihn jedoch darauf anzusprechen hatte wenig Sinn, denn er verweigerte ihr eine Auskunft darüber. Einmal hatte er sogar den Kontakt für einen halben Tek abgebrochen.

Im Moment waren sie wieder auf dem Weg zurück ins Asteroidenfeld. Jedoch auf getrennten Bahnen.

Als Ziel hatten sie sich gesetzt den Anderen zuerst mithilfe der Spürer ausfindig zu machen und ihn zu markieren. Nun ja, die Idee mit dem markieren war ausgerechnet den Brüdern heraus gerutscht. Pilot fand sie nicht ganz so erstrebenswert, besonders weil sie sich nicht ganz sicher war wie der andere Pilot das ausführen würde und sie würde alles in ihrer Macht stehende tun um Lien schadlos zu halten.

'Hättet ihr nicht etwas anderes vorschlagen können,' brummte sie leise im Geiste, während sie sich auf ihren Kurs konzentrierte. Die ersten Ausläufer des Feldes waren nicht mehr weit entfernt und sie überlegte schon wie tief sie jetzt am besten hinein fliegen sollte. Weiter am Rand zu bleiben würde es den Spürern zwar leichter machen, aber die Anderen konnten diese Strategie auch fahren und sie schneller finden. Tiefer einzutauchen bedeutete zwar mehr Schutz, aber die Spürer mussten sich mehr anstrengen und die Gefahr von Kollisionen stieg.

Nem fühlte sich langsam zu ihr vor und versuchte sie zu beruhigen. 'Wir finden sie zuerst. Keine Sorge. Sie werden unsere Lien erst bemerken, wenn sie verloren haben.' Auch Lien schien dieser Auffassung zu sein, hatte sie durchaus mitbekommen wie Turem behandelt wurde und Pilot konnte förmlich spüren wie sie den Anderen dafür eine Lektion erteilen wollte.

Die Brüder waren schweigsam und als Nem sie ansah nickten sie und schlossen die Augen. Die Jagd hatte begonnen und Nems Kursvorschlag führte sie mitten hinein in das Asteroidenfeld.
 

-
 

'Jemand zuhause?' Pilot öffnete die Augen und war für den Moment irritiert. Wann war sie schon wieder in die alten Erinnerungen abgedriftet? Sie seufzte leise im Geiste und streckte sich vorsichtig ein wenig.

'Stören wir bei etwas?' Die Klangfarbe der geistigen Stimme war Pilot vertraut und sie rieb sich kurz die Augen, bevor ihre Flossenhände ergriffen wurden.

'Warum seid ihr hier?' fragte Pilot leise.

'Weil wir dir helfen wollen.' erwiderte ihre Enkelin.

Pilot hörte fast auf zu atmen. 'Wissen die Ältesten davon?' Doch schon schüttelte ihre Enkelin den Kopf und Pilot seufzte leise im Geiste. 'Dir ist schon klar dass ihr euch eine menge Ärger einhandeln werdet, oder?'

Doch ihre Enkelin gab so etwas wie ein geistiges Schulterzucken von sich. 'Du weißt schon, dass du Älter bist als drei von ihnen zusammen? Eigentlich solltest du dem Ältestenrat vorstehen, stattdessen lassen sie euch hier unten langsam dahinvegetieren.' Sie sah sich in dem für sie sonst kahlen Raum um.

'Ich habe die letzten Sokam damit verbracht weitere Dricorianer zu suchen die genauso denken und wir haben beschlossen, dass wir nicht weiter wegsehen können. Ihr seid lebende Geschichte die man nicht einfach totschweigen darf. Ihr wart zwischen den Sternen unterwegs. Warum dürfen wir davon nichts wissen?'

Pilot legte den Kopf leicht schief. 'Ich weiß, dass nur die Ältesten das Wissen und die Pläne besitzen wie man Leviathane erschafft und wie die in ihnen angesiedelte Ökosysteme funktionieren. Möchte ich jetzt wissen woher ihr diese Informationen habt?'

Ihre Enkelin sandte ihr beruhigende Farben, gab jedoch keine Antwort darauf.

Pilot stöhnte leise. 'Das Rebellische liegt bei uns wohl in der Famile...'

Wieder berührte ihre Enkelin sie an der Stirn und schwamm dann zu dem Nerven- und Versorgungssträngen in der Mitte und tauchte an ihnen hinab in tiefere Regionen des Leviathans.

Eine Weile verfolgte Pilot sie mit Blicken, bevor sie dann wieder die Anderen suchen ging. Seltsam, bei einigen Dingen die sie da taten war sie sich nicht ganz sicher ob sie es für sich und Lien als Gut befinden sollte, da es ihr merkwürdig vorkam. Sie musste ihrer Enkelin dabei wohl vertrauen.
 

-
 

Die Jagd dauerte jetzt schon einige Arn an und von Turem war weit und breit nichts zu sehen. Pilot hatte Lien zu einem großen Asteroiden gelotst und sie in eine Spalte manövriert damit sie sich alle ein wenig ausruhen und neue Kraft schöpfen konnten. Es brachte schließlich nichts, wenn sie durch Müdigkeit unaufmerksam wurden und Fehler machten.

Sie hatte mit den Anderen einen Plan ausgearbeitet bei dem einer für einen Arn aufpasste, während die Anderen ruhten. So würden sie sich wenigstens 3 Arn halbwegs am Stück ausruhen können, wenn nicht Turem vorher auftauchte. Nem und Pilot waren sich ziemlich sicher dass der andere Pilot seinen Leuten keine Pause gönnte. Da dieser mit der Lien-Crew so wenig wie möglich zu tun haben wollte, würde ihn sicher schon die derzeitige Dauer der Suche nerven.

Pilot wies die Anderen an jetzt zu ruhen. Sie würde die erste Wache übernehmen und mal sehen wie lange sie wirklich schlafen konnten.

Vorsichtig berührte sie mit einer Hand die lebende Wand hinter sich und schmiegte den Kopf dagegen. Lien wollte eigentlich auch lieber suchen, aber sie verstand auch, weshalb ihre Crew jetzt diesen Weg wählte.
 

Immerhin dauerte es bis zu Kevs Wache bis dieser eine Bewegung im Asteroidenfeld wahr nahm der nicht auf natürlichem Wege entstand. Jemand näherte sich. Er weckte die Anderen und streckte sich leicht, bevor er das Gesicht verzog.

Pilot brauchte auch einen Moment, ehe sie wach war und fuhr sich über eine der leicht juckenden Verbindungsstellen. Unglaublich aber wahr, mit der Zeit gewöhnte man sich an ziemlich viel und konnte es sogar ausblenden.

Nem lies sich von den Brüdern die neuesten Informationen geben und nickte ihnen dann zu. 'Gar nicht mal so schlecht. Ihr werdet immer besser,' lobte er sie, als er die Distanz ermittelte die Kev erspürt hatte.

Sie würden genügend Zeit haben Turem hier aufzulauern und ihre Vorbereitungen zu treffen, denn Nems Berechnungen wie dessen Navigator ihn führen würde, zeugten davon, dass sie zwar in ihre Nähe kamen, aber diese Stelle nicht passierten. Sie würden sich dann von hinten nähern, denn auch Kev und Arek vergaßen hin und wieder ihren Rücken und wenn die Anderen müde waren war die Chance noch größer sie so zu erwischen. Zudem verursachte Lien in ihrer derzeitigen Position keine Störungen im Feld die ein Spürer finden konnte.

Vier aufmerksame Augenpaare verfolgten Turems Flug als er immer näher kam und tatsächlich an ihnen vorbei flog ohne sie zu bemerken. Fast synchron zeigte sich ein breites Grinsen auf ihren Gesichtern, als sie ihren Posten verließen und sich von hinten näherten.

Kurz darauf zierte ein ziemlich großer Fleck die Hülle von Turem.

Kev und Arek klatschten sich geistig ab während Nem und Pilot das Gesicht verzogen. Eigentlich sollten die nicht recycelbaren Stoffe nur in kleinen Dosen zur Entsorgung bereit stehen. Wie lange die Beiden wohl dafür gesammelt hatten? Aber wenigstens war es nicht schädlich und es würde mit der Zeit auch rückstandslos wieder verschwinden.

Turems Pilot war weniger begeistert und machte seinem Unmut auch dementsprechend Luft. Doch Pilot sah ihn nur fragend über die durch Lien und Turem geschaffene geistige Fernverbindung an. 'Womit hättet ihr uns denn markiert?' fragte sie stattdessen und fuhr dann fort: 'Ihr solltet schlafen. Ich kann eure Müdigkeit ja schon durch die Verbindung fühlen.' Wortlos unterbrach Turims Pilot die Verbindung wieder und steuerte den Leviathan aus dem Asteroidenfeld.

Pilot seufzte und sah kurz zu den Anderen. 'Ich fürchte das war es wohl mit unserem Trainingspartner.'
 

-
 

Als Pilot wieder erwachte mussten ein paar Arn vergangen sein, denn die meisten der Dricorianer befanden sich nicht mehr im Leviathan und auch die Wasserqualität war schon deutlich besser geworden.

Sie konnte es spüren wie wieder Leben in Liens und ihren Körper zurückkehrte und das ließ sie lächeln und sich erneut an ihn schmiegen.

Sie suchte ihre Enkelin und sah, wie sie sich mit den letzten Dricorianern in der Kammer versammelt hatte, wo früher die Putzerfische und Reinigungseinheiten gezüchtet wurden. Dort war allerlei Bewegung im Wasser.

Pilot wurde nachdenklich. Was trieben die dort unten. Es würde den Ältesten sicherlich nicht gefallen, auch wenn es ihr und Lien gut tat, denn einige der dort befindlichen Wesen waren als eine Art von Putzerfisch von Lien schon identifiziert worden. Allerdings besaßen sie eine etwas andere genetische Codierung.

'Darf ich erfahren, was ihr dort unten macht?' sandte sie schließlich die Frage aus.

'Wir bauen Liens Ökosystem wieder auf.' kam die Antwort von einem der anderen Dricorianer und Pilot war irritiert. 'Wieso macht ihr das?'

'Kir hat Recht. Die Ältesten haben nicht das Recht uns an Dricor zu binden. Wir wollen dass das Leviathanprogramm neu gestartet wird. Wir wollen auch die Sterne besuchen.'

Pilot verdrehte die Augen. Na großartig. Wo war sie da jetzt rein geraten? Es gab ein bestimmtes Alter wo junge Dricorianer durchaus gegen die Regeln rebellierten, aber eigentlich sollten Diese hier zu alt dafür sein. Sie würde mit ihrer Enkelin wirklich mal ein ernstes Wort reden müssen.

'Euch ist schon bewusst, dass Lien nie mehr fliegen wird, oder? Zum einen fesselt uns der Druck hier unten an den Boden und uns fehlen die Spürer und der Navigator. Normalerweise erwählt ein Leviathan nur einmal seine Vertrauten.'

Kurz schien es als würde die Aktivität der jungen Dricorianer ins Stocken geraten. Sollte sie das etwa nicht gewusst haben?

'Aber ihr könnt doch auch ohne sie fliegen oder?'

Pilot lächelte schwach. Da wollten wohl welche wirklich fort und sie konnte es ihnen noch nicht einmal verdenken. Immerhin war das ja auch ihr größter Wunsch.

'Vielleicht, aber wohin? Das System hat schon seinen Grund. Wenn es nur mit der Verbindung zwischen Pilot und Leviathan funktionieren könnte, warum macht man sich dann die Arbeit auch noch einen Navigator und zwei Spürer zu suchen? Es sind viel zu viele Informationen die während eines Fluges gesammelt werden als das sie nur ein Geist sie auswerten kann. Wir würden alle nicht sonderlich alt werden...'

Zwischen den jungen Dricorianern kam es zu einer Auseinandersetzung, das konnte Pilot zwar nicht hören, da sie nicht in die gedankliche Diskussion eingebunden wurde, aber die Gestik die dabei genutzt wurden waren alles andere als unmissverständlich.

Schließlich verließen die Anderen den Leviathan ohne noch ein Wort mit Pilot zu wechseln. Nur ihre Enkelin blieb zurück und diese wirkte ziemlich geknickt.

Pilot tat sie leid und sie versuchte sie geistig zu trösten.

'Es ist lieb von dir, dass du dich so für uns einsetzt, aber du darfst niemanden anschwindeln oder falsche Hoffnungen wecken. Komm hoch.' Sie wollte sie nicht schelten aber ihre Enkelin durfte so etwas nicht noch einmal machen.

Wenn einer der Anderen jetzt zu den Ältesten schwamm, dann hatten sie alle ein Problem. Blieb nur zu hoffen, dass sie sich darüber im klaren waren, dass allein das Beschaffen der Informationen besser genauso unter den Algenteppich gekehrt wurde wie das, was sie jetzt hier gemacht hatten. Denn es würde deutliche Strafen für Alle nach sich ziehen die ihnen durchaus die Zukunft erschweren konnten.
 

Legende:

Microt - Sekunde

Den - Minute

Arn – Stunde

Tek – Tag

Sokam - Monat

Zyklus - Jahr

Lichtsprung

Kaum, dass sich Turim von ihnen entfernt hatte machte Lien Pilot darauf aufmerksam, das eine Langstreckenbotschaft von Dricor eintraf.

Sie war schon ein wenig überrascht, hatte man sie bisher doch in Ruhe gelassen. Allerdings waren sie sich schon darüber im klaren gewesen, dass man ihnen zwar eine gewisse Eingewöhnungszeit zugestehen, sie aber dann doch losschicken würde.

Pilot ließ Lien die Nachricht zu ihnen weiterleiten und war nicht sonderlich überrascht, als sich Renk, einer der Vorsitzenden der Ältesten, bei ihnen meldete. Sein Gesicht war angespannt, was die Gruppe ein wenig irritierte.

'Ich hoffe eure kleine Trainingseinheit ist jetzt beendet und ihr könnt unser System nun zu ersten Lichtsprüngen verlassen.'

Nem blickte die Anderen nachdenklich an. Ihm war nicht entgangen dass der Älteste die Grußformel vermieden hatte und wenn er ein wenig genauer nachdachte, dann kamen ihm dessen Gesichtszüge durchaus bekannt vor.

Leise murrte Nem. 'Das ist Turems Pilots Vater.' informierte er die Anderen unterschwellig. Er war sich nicht sicher, ob dessen jetziges Verhalten seine Ursache im letzten Wettstreit der beiden Leviathane hatte.

'Seien sie gegrüßt Ältester,' erwiderte Pilot dessen Worte. 'Vielen Dank für die Kontaktaufnahme. Wenn ihr es wünscht, werden wir mit dem nächsten Schritt beginnen und verlassen das System. Mögen die Meere niemals austrocknen.' Sie beendete den Kontakt und ließ Lien eine Schleife fliegen.

'Der war sauer.' - 'Aber so was von. Habt ihr die Ader an seiner Wissensschale gesehen?' Kev und Arek schoben belustigte Farbenspiele unter ihre Worte.
 

-
 

'Du wolltest mich sprechen?' Pilot öffnete die Augen, als sie die Präsenz ihrer Enkelin in ihrer Nähe war nahm. 'Ja, denn ich möchte wissen, was du ihnen erzählt hast. Und woher ihr die Informationen über das Ökosystem habt.'

Ihre Enkelin legte den Kopf leicht schief, während sie vor Pilot schwamm. 'Hast du es nicht eben abgelehnt?'

'Das war, bevor ich wusste, was du getan hast.' Sie griff nach den Armen ihrer Gegenüber und zog sie zu sich. 'Meine Kleine. Du darfst nicht das Wohl einiger weniger über das Wohl vieler stellen. Deine Freunde und du können wirklich Probleme bekommen und das möchten weder ich noch Lien. Wir haben unsere Zeit gelebt, ihr habt eure noch vor euch.'

Sie zog sie wieder zu sich, bis ihre Stirn sich erneut berührten.
 

-
 

Der zweite Asteroidengürtel hatte es in sich gehabt, denn kurz hinter ihm war derzeitig auch noch der neunte Planet ihres Systems, welcher eine Trümmerspur hinter sich her zog. Schweigend flogen sie an den Resten des Planeten vorbei, die nur noch gerade so von dem wenigen Doppelsonnenlicht, welches es durch den Staub des Asteroidengürtels schaffte sichtbar war.

Die beiden letzten Planeten waren außerhalb ihres Sichtfeldes und nachdem sie nur noch Sterne vor sich sahen verringerte Pilot das Tempo und blickte zu den Anderen. Ein klein wenig mulmig war ihr schon, denn dieses Manöver hatten sie noch nie geübt und sie wusste nicht so recht, was auf sie zu kam. Jemand der mal an Bord eines anderen Leviathan als Crewmitglied gewesen war hatte erzählt, dass es ein besonders intensives Erlebnis sein sollte, es aber nicht weiter in Worte gekleidet.

Sie informierten die Crew, das sie gleich einen Lichtsprung durchführen würden und waren ein wenig überrascht, als plötzlich die Heiler wieder im Raum auftauchten.

'Es ist nur eine Vorsichtsmaßnahme,' meinte einer der Heiler und unterstrich es mit grünen, beruhigenden Farben. 'Der erste Lichtsprung ist für viele, die es nicht kennen, ein überwältigendes Ereignis. Wir wollen nur sicher gehen, dass es euch danach gut geht.'

'Na die haben eine Art einem Mut zu machen,' brummte Kev und grinste wieder. 'Was kann denn so schlimm sein?' Er warf Arek wieder einen auffordernden Blick zu und kicherten im Geiste.

Pilot und Nem sahen sich fragend an. Die Beiden nahmen das doch irgendwie ein wenig sehr locker. Nem sandte ihr beruhigende Farben zu, während einer der Heiler Pilot berührte.

'Wir halten ihn einfach ganz kurz. Was soll schon schief gehen?'

Pilot nickte ihm zu und lächelte schwach. Sie spürte, wie Nem die Zwillinge zur Ordnung rief und konzentrierte sich ihrerseits auf Lien. Die Heiler versuchte sie auszublenden.

Sie konnte spüren, dass Lien durchaus wusste was sie vor hatten und das sie auch bereit dazu war. Aber war Pilot es? So schnell wie der Gedanke gekommen war, schob sie ihn wieder zur Seite und konzentrierte sich auf die Kugel. Sie spürte Liens, Nems, Kevs und Areks Nähe und streckte langsam ihre Hände nach der Kugel aus, legte sie vorsichtig darum und verharrte einen Moment in dieser Haltung.

Wieder war es Lien, die sie anleitete, denn Pilot fühlte, dass die Kugel in einem anderen Rhythmus zu pulsieren begann. Ein zwei Microts später merkte sie, dass sie sich an den schnelle Takt ihres Herzens angepasst hatte und dann schien es, als würde das Licht der Kugel heller werden, sie förmlich aufsaugen.

Ein warmer Schauer durchlief ihren Körper, während sie für einen Moment nichts mehr sehen konnte außer Licht. Plötzlich schien Lien nicht mehr nur bei ihr zu sein. Ihre Gedanken vermischten sich, wurden eins. Pilot war Lien und Lien war Pilot. Ihr Inneres schien vor Energie zu vibrieren. Die Sicht kehrte zurück, schärfer irgendwie lebendiger. Schon fast unbewusst streckte Pilot/Lien ihre Arme aus, waren es noch ihre Arme oder die Flügel von Lien? Blaue Energiefelder schlangen sich um ihren Körper, hüllten sie ein, während sie beschleunigten und zwar auf eine Art und Weise, die ihr sprichwörtlich den Atem verschlug. Es schien fast so als würden sie allein aufgrund des Willens und der Energie den Raum queren. Immer schneller wurden sie, die Sterne begannen zu Streifen zu werden.

Eine sanfte Stimme leitete sie an, gab ihnen die Richtung vor...

Doch so schnell wie es begonnen hatte, war es auch schon wieder vorbei. Der Energiefluss war unregelmäßig geworden, brachte sie aus dem Takt, zerriss die Einheit, die sie eben noch gebildet hatten.

Pilot wurde abrupt in ihren Körper zurückgeschleudert und ihr ganzer Körper zitterte. Sie konnte gar nicht genug Wasser durch ihre Kiemen bringen um ihren Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Sie fühlte sich, als würde sie ersticken, doch der Heiler war bei ihr, beruhigte sie mit seinen Fähigkeiten, bis sie halbwegs wieder klar bei Verstand war und von alleine ruhiger atmen konnte.

Ihr Körper zitterte immer noch. Sie war erschöpft, so als hätte man ihr eine große Leistung abverlangt und das Bedürfnis nach Schlaf schien fast übermächtig.

Die Energie von Lien, die sie sonst spürte, war stark abgeschwächt.

Nur wie durch einen Schleier bemerkte sie die Aufregung der Anderen, wobei besonders die Zwillinge ihren Spaß gehabt zu haben schienen. Denn wenn es nach ihren Farbwechseln und den Worten ging, würden sie am liebsten einen weiteren Lichtsprung durchführen. Doch Pilot fühlte sich echt zu erledigt.

Sie schloss die Augen und dämmerte weg.
 

-
 

Nun war es an Pilot ihre Enkelin loszulassen, damit sie ein wenig zurückweichen konnte. Doch diese schwebte nur auf der Stelle. Sie hatte die Augen noch immer geschlossen und Pilot hatte den Eindruck, das sie dies, was sie eben mit ihr geteilt hatte, noch ein wenig nachhallen lies.

'Warum tust du das?' fragte die Enkelin schließlich leise.

'Weil auch du Dinge tust, die nicht erlaubt sind und dich dennoch nicht davon aufhalten lässt.' Pilot lächelte leicht. 'Außerdem weiß ich jetzt woher ihr die Informationen hattet. Mit einem Leviathan verbunden zu sein verschafft einem auch gewisse Vorteile.'

Ihre Enkelin riss die Augen auf. Sie hatte sich so vollkommen von den Erinnerungen einfangen lassen, dass sie gar nicht bemerkt hatte das jemand, wer auch immer von beiden, scheinbar bei ihr auf der Suche gewesen war. So etwas überhaupt ausführen zu können, setzte starke emotionale Belastung beim Empfänger voraus. Solche... wie die, die Pilot ihr vermittelt hatte, als sie sie an ihrem ersten Lichtsprung teilhaben lies.

Sie verschränkte die Hände vor der Brust und brummte leise im Geiste. 'Das war fies.'

'Vielleicht,' meinte Pilot und lächelte sanft. 'Aber jetzt schwimme bitte deinen Freunden hinterher, richte ihnen meinen Dank aus für alles, was sie getan haben und wenn ich könnte... ich würde sie so gerne zu den Sternen bringen.' Sie strich ihrer Enkelin liebevoll über die Wange. Eigentlich wollte sie sie gar nicht gehen lassen.
 

Legende:

Microt - Sekunde

Den - Minute

Arn – Stunde

Tek – Tag

Sokam – Monat

Zyklus - Jahr

Wissenssschale – Kopf

Übung

Es dauerte ziemlich lange bis sich Pilot an diese Art des Fluges gewöhnt hatte und die erste Zeit mussten ihr die Heiler immer wieder helfen. Doch sie versicherten ihr, dass es mit jedem Mal besser würde. Es war einfach die Eingewöhnungszeit.

Manchmal war Pilot ein wenig neidisch auf die Anderen, denn diese schien es bei weitem nicht so zu schwächen und sie konnten sich weitaus schneller wieder um ihre zuständigen Bereiche kümmern.

Die beiden Brüder verglichen es eher sogar mit einem Lumpentrip nur 100 mal besser. Nem verzog bei diesem Vergleich jedes mal das Gesicht. Er hielt nichts von Drogen und dass die Beiden wohl schon Kontakt mit dieser Tangart gehabt hatte, machte es nicht sonderlich besser.

Eigentlich war dieser Tang, der nur in den tiefsten Tiefen der Seeschluchten wuchs, relativ harmlos, solange, bis man das giftige Sekret, welches der Tang gegen Fressfeinde benutzte, mit den eigenen Kiemen in Kontakt brachte. Das Zeug hatte eine ziemlich starke halluzinogene Wirkung. Gesund war es auf jeden Fall nicht, denn es verminderte die geistige Leistung bei Dauernutzung für immer.

Eigentlich sollten die Stadtwachen aufpassen, dass es nicht in Umlauf kam, aber es fand trotzdem immer wieder seinen Weg in die Häuser.

Wenigstens, bemerkte Nem eines Teks trocken, konnten sie davon ausgehen, dass man auf diesem Leviathan kein Gramm davon finden würden. Auch nicht zu medizinischen Zwecken. Das war einfach zu gefährlich für sie.

Daraufhin schienen Kev und Arek ein wenig beleidigt zu sein, fingen sich aber ziemlich schnell wieder. Sie hatten ja etwas viel besseres... Pilot verdrehte bei dem Gedanken nur die Augen.

Sie fühlte aber auch, das Lien immer noch ziemlich erschöpft war und sie brauchte auch ihre Zeit ehe sie weiterfliegen wollte und vielleicht auch konnte.

Ein wenig Navigation war noch drin, aber ansonsten.. Somit wurde für Pilot relativ schnell klar, dass sie so zwar weit vorwärts kamen, danach aber für eine ganze Weile zwischen den Sternen trieben, bis sie sich beide wieder erholt hatten.

Sie kniff die Lippen zusammen. Das war auf jeden Fall nicht ganz ohne.

'Auch wenn wir so schneller voran kommen, wir müssen damit sparsam umgehen. Am besten setzen wir es nur ein, wenn es sich nicht vermeiden lässt,' informierte sie deshalb die Anderen schließlich, als sie für sich zu einer Entscheidung gekommen war. Sie würde weder Lien, sich, oder die Crew unnötig in Gefahr bringen. Die Zwillinge schienen ein wenig enttäuscht, akzeptierten es aber. Schließlich hatte sie in dieser Sache auch das letzte Wort.

Wie das wohl die anderen Piloten handhabten? Das war wieder eine neue ungeklärte Frage, die wohl warten musste bis sie wieder auf einen anderen Leviathan trafen, denn darauf bekam sie keine Antwort, auch als sie den Heiler fragte, der sie betreute und auch ein wenig mehr zu wissen schien.

Pilot schloss die Augen und bat Nem um eine Übersicht. Sie hatten sich Stückchenweise von ihrem Heimatsystem entfernt und waren kurz davor in ein, wesentlich kleineres System einzufliegen.

Die Informationen die Kev und Arek bisher beschaffen konnten waren für sie nicht sonderlich erbaulich. Es gab keinen Planeten der für sie eine lebensfähige Atmosphäre besaß und auch der blaue Zwerg, um den die 4 Felsbrocken kreisten, die man nur mit viel gutem Willen als Planeten kennzeichnen konnte, wirkte alles andere als stabil. Wahrscheinlich hatte es in diesem System noch nie Leben gegeben.

Pilot versuchte sich im Geiste vorzustellen, wie es wohl sein möge, wenn einer dieser Planeten wie Dricor wäre. Doch sie brauchte dafür sehr viel Fantasie und ließ es schnell wieder bleiben. Hier würde es nichts geben, das sich zu erforschen lohnte. Denn auch diejenigen, die sie begleiteten zeigten relativ wenig Interesse daran eine Expedition zu starten um diese Planeten zu erkunden. Stattdessen ließ man ihnen ausrichten, dass sie nach Möglichkeit doch nach Systemen Ausschau halten sollten, wo Leben möglich wäre.

Pilot verzog das Gesicht ein wenig. Das taten sie doch schon, aber sie gingen es halt Zug für Zug an.

Langsam drehte sie mit Lien ab.

'Lichtsprung?' fragte Arek schon fast hoffnungsvoll und Pilot seufzte leise.

'Gibt es noch weitere Systeme in der Nähe, die wir uns anschauen könnten?' Noch konnten sie sich ja auf Dricorianische Karten verlassen, doch Nem schüttelte den Kopf. Soviel also zu möglichst selten... denn die Brüder hatten durchaus schon unter Beweis gestellt, das sie sehr hartnäckig sein konnten. Pilot verspürte nicht so wirklich Lust darauf sich jetzt für mehrere Teks darauf einzulassen, dass sie dauernd fragen würden, bis sie vielleicht irgend etwas fanden, das interessant genug war, um sie abzulenken.

Sie nickte Nem zu das er das nächste interessante System für sie raus suchen sollte und konzentrierte sich wieder vollkommen auf Lien wobei sie feststellte, das diese nur darauf zu warten schien. Manchmal hatte sie das Gefühl dass diese auch ihre Grenzen gerne weiter austesten würde. Pilot fragte sich, ob sie vielleicht zu vorsichtig war. Sie strich sich gedankenverloren über den Arm. Nem musterte sie aus dem Augenwinkel und stieß sie dann sanft geistig an. 'Du machst das gut,' meinte er aufbauend. 'Ich kann mir keinen besseren Piloten für Lien vorstellen und ich bin mir sicher den Anderen geht es auch so. Lass sie denken was sie wollen wichtig ist doch nur, das wir alle gesund bleiben und damit meine ich auch ganz besonders Lien und dich.'

Pilots Wangen wurden leicht blau. Umwarb er sie da gerade?

Da wurde sie sich gewahr, dass sie noch einen geistigen Zuhörer hatte. Lien schien der Sprung mit einem mal relativ egal zu sein, stattdessen lauschte sie sehr interessiert in ihren Gedanken.

Ein Grund mehr, weshalb sich Pilots blaue Wangenfarbe noch etwas intensivierte. Sie versuchte ihre Gedanken nicht zu sehr durcheinander wirbeln zu lassen und sich stattdessen lieber auf den Sprung zu konzentrieren. Irrte sie sich, oder hörte sie Lien gerade in ihrem Hinterkopf lachen?

Virus

Die Sonne war klein aber sie hatte genug Kraft um wenigstens zwei der sieben Planeten so etwas wie Leben schenken zu können.

Lien war in eine Umlaufbahn um den zweiten Planeten gegangen und wartete zum einen darauf, dass die kleine Gruppe, die mit drei Kapseln auf den Planeten hinab geflogen waren, wieder zurück kamen. Solange konnten sie nur an diesem Ort verharren und mehr Informationen über das System sammeln. Das oblag besonders Kev und Arek.

Nem kümmerte sich um die Befindlichkeiten der anderen Dricorianer die an Bord geblieben waren und ihrerseits dafür sorgten, dass es auch Lien gut ging.

Pilot hatte die Augen geschlossen und erholte sich noch vom letzten Lichtsprung. Eigentlich war es ihr auch ganz recht, denn brachte das auch ein wenig eigene Zeit, wobei... ganz so alleine war sie ja nicht. Sie spürte die Anwesenheit von Lien, die ihrerseits sehr interessiert schien was dort unten auf der Welt vor sich ging und jeder Kommunikation die zwischen ihr und den Kapsel stattfand, lauschte und dieses mit Pilot teilte.

Diese Welt war größtenteils von Landflächen umgeben und die wenigen Wasserbereiche zogen alles an, was darauf angewiesen war.

Arek hatte einige kleinere Siedlungen aber auch zwei Städte ausmachen können, wo man wahrscheinlich auf andere Kulturen treffen und Handel treiben konnte. Eine dieser Städte war auch das Ziel des Erkundungstrupps gewesen, die mitten in dem großen See gelandet waren, in der Hoffnung so wenig Aufsehen wie möglich zu erregen.

Doch die Hoffnung hatte sich zerschlagen, denn als eine der Gruppen an Land gegangen waren hatten ihnen seltsame humanoide Wesen aufgelauert, die sich auf sie stürzten, bevor man überhaupt noch eine Kommunikation starten konnte.

Zwei von ihnen waren gefangen worden und verschleppt. Einer verletzt und lag jetzt in einer Kapsel. Die restlichen fünf berieten sich gerade darüber wie sie vorgehen konnten um ihre gefangenen Kameraden zu befreien.

Dazu stellte Nem die Zwillinge ab. Sie sollten die Anderen erspüren und sie beruhigen. Vielleicht hatten sie die Situation einfach unterschätzt und waren mit ihrem Auftreten zu forsch vorgegangen. Diese Luftatmer hatten sich womöglich erschrocken und es würde sich sicher klären lassen, wenn sie es langsam angingen und noch einmal versuchten. Bisher war der Kontakt zu den Entführten zwar abgerissen, aber sie waren optimistisch, dass sie sie finden und zurück an Bord bringen würden.

Der Plan war schnell beschlossen und die Dricorianer schwammen erneut an Land obwohl die Brüder bisher immer noch nicht die beiden Entführten finden konnten.

Diesmal jedoch beschlossen sich zwei der Dricorianer mit diesen seltsamen Fellen, welche diese Humanoiden sonst am Leibe trugen, sich anzupassen um so eine einfachere Akzeptanz zu erreichen.
 

Als Pilot erwachte waren beide Kapseln zu Lien zurückgekehrt, aber man beklagte drei Tote. Die restlichen Dricorianer waren traumatisiert und mussten von den Anderen versorgt werden. Diese wilden Luftatmer hatten die Entführten doch tatsächlich auf unnatürlichem Wege ins Sternenmeer geschickt und sich dann ihre Körper als Nahrungsquelle missbraucht.

Die Stimmung der anderen Dricorianer auf dem Leviathan war geschockt und wenn Pilot das nicht durch Lien erfahren hätte wären sie davon nicht in Kenntnis gesetzt worden. Denn niemand kam um ihnen davon zu berichten.

Pilot sackte auf ihrer Position zusammen. Sie konnte nicht verhindern, dass sich ihre Geistfarbe eintrübte. Auch nicht, als Lien sich geistig an sie schmiegte und versuchte sie zu trösten.

Lien schämte sich, dass sie Pilot alles hatte mitbekommen lassen. Sie wollte nicht das Pilot traurig war.

Nem war so mit einer anderen Aufgabe beschäftigt gewesen, dass er erst jetzt die Veränderung an ihr und den Zwillingen bemerkte. Deren Farben hatten sich ebenso eingetrübt, wenn nicht ganz so stark. Sie wussten zwar nicht genau was passiert war, hatten bei ihrer Suche aber das Verlöschen dreier Geistfarben bemerkt.

Nem zog sie näher zu sich, ließ zu, dass sie sich miteinander verbinden konnten um sich gegenseitig Trost zu spenden.
 

-
 

Pilot schreckte aus ihren Träumen auf. Sie fühlte sich nicht gut. Warum hatte sie sich ausgerechnet jetzt wieder daran erinnern müssen. Es waren die ersten verlorenen Seelen gewesen, die sie auf einer der vielen Planetenbesuche zu beklagen gehabt hatten.

Sie richtete sich ein wenig auf, nur um festzustellen, dass sie immer noch allein war. Seitdem ihre Enkelin fort war, war wieder ein halber Sokam vergangen ohne das sie Besuch bekam. Das konnte gut aber auch schlecht sein. Solange sie jedoch keinen Besuch bekam würde Pilot abwarten müssen. Ihr Blick folgte einem der neuen Putzerfische, beobachtete dessen Bewegungsabläufe und versuchte sich so ein wenig von den trüben Gedanken abzulenken. Denn allein nach diesen Erinnerungen hätte sie sich wenigstens einen Gesprächspartner gewünscht. Wieder schweiften ihre Gedanken ab, diesmal jedoch zu Nem. Als ihr Navigator stand er ihr zwar auch sehr nahe, kannte er doch durch die Verbindung ihre Gedanken und Gefühle, aber in den vielen Zyklen hatte sich noch etwas anderes entwickelt.
 

-
 

Es war eine junge Wasserwelt gewesen, die sie gefunden hatten. Die erste überhaupt auf ihrer Reise.

In einem sumpfigen Gebiet waen sie angelandet, denn die Biotechniker wollten nach neuen Pflanzen suchen, die man bei Lien nutzen konnte um das Ökosystem weiter zu optimieren. Außerdem bot es den meisten Dricorianern eine Möglichkeit von Bord zu gehen und ein wenig zu schwimmen und zu tauchen, etwas das durch den eingeschränkten Platz auf dem Leviathan durchaus zu kurz kommen konnte.

Bis auf ein paar Dricorianer, die es brauchte um die Kernbesatzung und das Ökosystem auf dem Leviathan zu versorgen und überwachen, waren nun alle von Bord.

Es war eine der wenigen Momente wo sie es vermissten sich frei bewegen zu können. Pilot bemerkte mehr als einmal die sehnsuchtsvollen Blicke der Anderen die auf das Wasser fielen und auch sie selbst ertappte sich dabei.

Lien spürte es und bot an dass sie ihre Position verlassen konnte, damit sie wenigstens zusammen mit ihr ein wenig durch die Meere gleiten konnten dieses Gefühl mit ihnen zu teilen, aber Pilot lehnte ab auch wenn es ihr schwer fiel. Sie mussten schon an einer festen Position bleiben damit die Anderen auch zu ihnen zurückfinden konnten.
 

Lange dauerte es nicht, bis die ersten Dricorianer zurück kamen. Sie hatten jede Menge Proben gesammelt und schwammen sofort in ihre Labore um sie auszuwerten.

Einer von ihnen hatte mit etwas Husten zu kämpfen. Nachdem die Heiler ihn untersucht hatten vermuteten sie eine allergene Reaktion auf einige Pflanzen von der Oberfläche und bereiteten ihm eine Salbe zu mit der er sich einreiben sollte.

Auf dem ganzen Schiff herrschte nun, einige Arn später, geschäftiges Treiben. Viele Proben wurden für spätere Untersuchungen eingelagert und man bat Nem sich die Sprungkoordinaten dieses Planeten zu merken, bevor sie losflogen. Sicherlich war dieser Ort eine weitere Erforschung wert.

Nachdem die restlichen Dricorianer an Bord des Leviathans zurückgekehrt waren lies es Lien sich doch nicht nehmen Pilot dazu zu bringen dass sie vor dem Aufstieg wenigsten ein wenig durch die oberen Wasserschichten pflügten.

Pilot spürte wie sehr es Lien gefiel und auch die Anderen hatten teilweise die Augen geschlossen und anhand ihrer ruhigen Geistfarben konnte sie auch erkennen das sie es ebenso genossen. Fast schon zu schnell hörten sie auf mit den Wellen zu spielen und wieder aufzusteigen bis sie die Dunkelheit des Weltraums erreichten.

Die Vier seufzten leise, während sich bereits Kev und Arek umsahen. Das System an sich war ziemlich groß und sie würden wieder einige Arn unterwegs sein, bis sie auf den nächsten Planeten treffen würden.

Eigentlich die perfekte Zeit um sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren. Die Crew war mit Experimenten beschäftigt und sie würden dazu übergehen Sternenkarten zu diesem System anzulegen, damit spätere Expeditionen sich hier auch orientieren konnten.
 

Gerade als sie um den Orbit des nächsten Planeten, eines bunten Gasriesens, einschwenkten bemerkte Pilot mehr durch Zufall, dass zwei weitere Dricorianer sich etwas unsicher durch die Gänge bewegten. Ihnen schien es nicht sonderlich gut zu gehen.

Sie verständigte die Heiler, damit sie nach ihnen sehen würden und konzentrierte sich dann wieder auf den Planeten vor sich. Vielleicht hatten die es da unten einfach übertrieben und sich übernommen. Schließlich konnte man hier oben nur bedingt seine Ausdauer beibehalten.

Erneut wurde Pilot jedoch abgelenkt, als etwas ihre Wange berührte.

Irritiert griff sie nach oben und hatte einen toten Putzerfisch in ihren Händen. Wo kam der denn her? Normalerweise wurden die doch ziemlich schnell entsorgt wenn ihre Zeit gekommen war, doch dieser sah noch ziemlich jung aus. Ein Fehlprodukt? Niemand war beim Erstellen perfekt.

Pilot sorgte dafür, dass er abgeholt wurde und versuchte sich nun zum dritten Mal auf den Planeten zu konzentrieren.

Die Farbenspiele waren hübsch, wenn man davon absah dass unter ihnen gewaltige Staubstürme tobten und staubbedingte Blitze manchmal gefühlt über den halben Planeten zuckten. Eine Umgebung in der Lien unter keinen Umständen fliegen wollte. Fast schon schien es, dass sie sich davor fürchtete.

Als die Anderen meinten, dass sie soweit fertig waren brachte Pilot Lien aus dem Orbit. An diesem Ort mit seiner tödlichen Schönheit, wollten sie nicht länger als nötig verweilen.

Gerade als sie beschleunigten wollten hörte und spürte Pilot Nem husten.

Fragend drehten sie und de Brüder ihre Köpfe zu ihm.

'Ist schon gut, nur ein leichtes Kratzen im Hals.' Nem hatte sich an den selbigen gegriffen und massierte ihn leicht. ' Geht sicher gleich wieder vorbei.' Er lächelte leicht und nahm die Hand wieder herunter. Pilot entging nicht, dass der Bereich um die Kiemen leicht gerötet war.

'Soll ich einen Heiler rufen?' fragte sie ihn deshalb doch Nem winkte ab. 'Die haben genug zu tun mit den ganzen Proben die sie da unten gesammelt haben. Lass sie arbeiten. Das hier ist nichts.' Er schmiegte sich kurz geistig an Pilot.

'Komm, lasst uns springen.' verschwörerisch sah er zu den Brüdern hinüber. 'Ihr habt doch nur drauf gewartet das wir endlich loslegen, oder?'
 

Es war der schlimmste Sprung in Pilots und Liens Leben. Noch während sie sich in der Phase befanden brach der Kontakt mit Nem unvermittelt ab. Ohne richtig geleitet zu werden flogen sie durch den beschleunigten Raum. Nur die, im Moment aber schwache Verbindung zu den Zwillingen verhinderte, dass sie diesen Sprung nicht überlebten. Lien und Pilot schrien vor Schmerz auf, als sie so abrupt in den Normalraum zurückgeschleudert wurden.

Die Verbindungen zwischen ihren Körpern und Lien wurden bis aufs äußerste belastet, manche brachen sogar.

Auch in den anderen Teilen des Leviathans hatte man mit den Auswirkungen dieses abrupten Stops zu kämpfen.

Pilot hing halb ohnmächtig im Wasser. Sie empfand große Schmerzen, aber es waren nicht nur ihre, sondern auch die der Brüder und besonders Liens.

Irgendwie wünschte sie es sich sogar im Moment einfach das Bewusstsein verlieren zu können. Doch ein anderer Teil von ihr kämpfte dagegen an, versuchte Kontakt zu Nem aufzunehmen. Dieser war ohnmächtig. Seine Körperfarbe war ins gräuliche übergegangen und seine Geistfarbe hatte sich stark eingetrübt.

'Nem... Nem...' versuchte sie ihn zu erreichen, doch sie erhielt keine Reaktion. Wieder fiel ihr Blick auf seine Kiemen, nur diesmal hatte sich ein grünliches Sekret daran gebildet.

Entsetzt stieß Pilot einen geistigen Schrei aus und rief nach den Heilern.
 

Die nächsten Den schienen eine Ewigkeit zu dauern und Pilot spürte zwar, das Lien versuchte Nem auch zu helfen, aber so wirklich schien es nicht zu reichen. Als sich dann auch noch in ihrem Körper eine warme Müdigkeit ausbreitete geriet Pilot zuerst in Panik, aber Lien beruhigte sie. Sie wollte, dass sie und die Brüder sich jetzt ausruhten. Die Heiler und sie würden Nem schon helfen. Sie sollten alle ruhig bleiben.

Pilots Geist wurde träge doch sie wehrte sich dagegen, trotz der Schmerzen, trotz der Erschöpfung. Das war mit eine der ersten Momente, wo Pilot merkte, dass Lien selbst auch ohne Anweisung sehr aktiv dazu beitrug die mit ihr verbundenen Dricorianer zu beschützen was sogar über ihre sonstige Fürsorge hinaus ging. Nur war sie damals nicht ganz dazu in der Lage es direkt zu erkennen. Ihre ganze Sorge galt Nem. Als Lien spürte, dass Pilot nicht schlafen wollte hörte sie auf auf sie in dieser Richtung einzuwirken, aber eine gewisse Benommenheit blieb. Pilot fühlte sich wie Betäubt. Sie schob es auf den Grund das Nem sich nicht mehr in ihrer kleinen Gemeinschaft befand. Die Brüder waren tatsächlich eingeschlafen und ihre Gedanken waren dadurch auch nur gedämpft zu spüren. Aber wenigstens waren sie zu spüren.
 

Während sich drei Heiler um ihre Blessuren kümmerten, die Versorgungsstränge wieder verbanden und sonst nachsahen, ob sie weitere Verletzungen gelitten hatten waren die Restlichen damit beschäftigt den Grund herauszufinden warum es Nem so schlecht ging und weshalb Lien ihm nicht helfen konnte.

Zwei Helfer zogen an Pilot vorbei und ein seltsamer Geschmack war in dem Wasser das sie durchquert hatten. 'Was ist los?' forderte Pilot sie auf zu sprechen, doch die beiden Helfer zuckten nur zurück und machten ab da einen größeren Bogen um Pilot die ihnen dafür einen bösen Blick und dunkle Farben entgegen warf.

Als sie versuchte mit Liens Hilfe zu Nem vorzudringen musste sie feststellen, dass auch Lien ihren Kontakt zu ihm fast eingebüßt hatte und das machte dem Leviathan sehr zu schaffen. Überrascht, aber auch schockiert schmiegte sich Pilot mit ihrem Geist an Lien. 'Warum hast du mir nichts gesagt,' flüsterte sie leise und sponn warme Farben in ihre Gedanken ein, während sie langsam über eine der größeren Versorgungsstränge strich. Sie konnte das pulsieren darin spüren.

'Wir sind für dich da. Du brauchst keine Angst zu haben. Wir sind zäh. So schnell gehen wir nicht ins ewige Sternenmeer.' Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie Lien jetzt wohl umarmt damit sie sich gegenseitig Trost spendeten. So blieb ihnen nur sich im Geist gegenseitig Trost zu spenden und auch die Zwillinge zu trösten, selbst wenn sie von den Heilern nachträglich noch in tiefen Schlaf versetzt worden waren und so kaum zu erreichen waren. Scheinbar vertrauten diese wohl nicht ganz darauf das Liens Betäubung ausreichen würde.

Pilot war in großer Sorge und versuchte Lien nicht ganz daran teilhaben zu lassen. Denn das was die Heiler da taten war ein sehr drastischer Schritt und sie musste an die Worte eines Heilers vor einigen Sokam denken, dass dies ein durchaus übliches Vorgehen war, wenn einer der vier der Kernbesatzung seine Aufgaben nicht mehr ausführen konnte.

Das sie Pilot nicht betäubt hatten lag daran, dass jemand auch auf Lien aufpassen und sich um sie sorgen musste, damit von ihrer Seite keine Probleme entstanden, wie sie es nannten.

Es war eigentlich die schlimmste Aufgabe überhaupt, denn als die Heiler eine große Heilmaßnahme an seinem Körper durchzuführen begannen konnte Pilot durch Lien den Schmerz fühlen der nur bedingt gemildert wurde.

Sie flüchtete sich ganz in die geistigen Arme des Leviathans um es ertragen zu können, während sie gleichzeitig gemeinsam versuchten den schwachen Nem zu erreichen und ihn bei sich zu halten.
 

Wie viel Zeit verging konnte Pilot im Nachhinein nicht mehr sagen. Irgendwann musste sie wohl doch eingeschlafen sein, oder die Besinnung verloren haben, denn sie erinnerte sich nur noch bruchstückhaft an das, was passiert war. Ihre Gedanken hatten sich wohl die ganze Zeit um Nem und Lien gedreht.

Sie spürte auch, dass sich durch die Sache ihr Verhältnis zu Lien nachhaltig geändert hatte. Sie fühlte nur noch deutlicher dass sie nicht gewillt war einen ihrer Auserwählten so bald gehen zu lassen, so lange es in ihrer Macht lag.

Doch jetzt war erst einmal Nems Genesung wichtiger. Damit er nicht weiterhin so ohnmächtig durch das Wasser trieb und damit die Wunden besser heilen konnten, hatte man ihn sprichwörtlich an seinem Platz mit den eigenen Versorgungssträngen an die Wand gebunden, indem sie um seine Arme gewickelt wurden, bis er nicht mehr verrutschen konnte.

Seine Brust zierte eine große, nur langsam heilende Narbe in der ebenfalls ein Strang steckte, der später wohl aber entfernt werden würde, wie ihr die Heiler versicherten.

Es war im Moment nur so einfacher seine Vitalwerte zu überwachen und ihm das zu verabreichen was er zur Genesung brauchte. Und Lien schien damit keinerlei Probleme zu haben.

Stattdessen schmiegte sie sich tröstend an Pilot und die Zwillinge und lies sie spüren, wie Nem schon wieder zu Kräften kam. Er würde zu ihnen zurückkehren.
 

Dennoch dauerte es eine Weile bis die Heiler den Grund für diese Krankheit heraus fanden, die nicht nur Nem, sondern auch viele der anderen Dricorianer befallen hatte die noch die erblichen Überreste ihrer landlebenden Vorfahren im Körper trugen.

Es war ein Parasitärer Virus, der sich in der Lunge des Dricorianers einnistete und diese nach und nach zerstörte, während er umliegendes Gewebe infizierte um sich weiter zu verbreiten. Bei fünf weiteren Dricorianern musste die Lunge entfernt werden, um deren Leben zu retten.

Die Heiler waren entsetzt über die schnelle Ausbreitung und die kurze Inkubationszeit.

Viele der Proben des Wasserplanetens wurden vernichtet, einfach um zu verhindern, dass vielleicht noch etwas Schlimmeres ausbrechen konnte.

Es den Heilern auch unbegreiflich wie der Virus in den Inneren Kreis hatte vordringen können, denn sie hatten, als sich die ersten Zeichen einer möglichen Epidemie zeigten, diesen abgeriegelt, eben weil sie wussten, dass Nem als einziger der Vier noch eine Lunge besaß.

Deshalb hatten sie bei den ersten Anzeichen nicht direkt an das Virus gedacht.

'Der Putzerfisch,' fiel es Pilot siedend heiß ein. Sollte dieses tote Ding etwa den Virus übertragen haben?

Einige Forscher machten sich daran die genetische Struktur dieser kleinen Helfer nach Spuren des Virus zu untersuchen und dafür zu sorgen, dass dies nie wieder passieren konnte, indem sie die Struktur überarbeiteten.
 

Es dauerte drei Tecks, in denen Pilot, die Zwillinge und Lien in Nems Geist horchten und versuchten ihn mit sanften Farben wieder zurück zu holen, bis er die Augen öffnete und sie ihn wieder in ihrer geistigen Mitte willkommen heißen konnten. Er war noch immer schwach, aber die Heiler versicherten ihnen, dass er das Schlimmste wohl überstanden hatte.

Pilot lächelte erleichtert und streichelte ihn geistig. 'Mach das nie wieder,' meinte sie dazu leise. 'Komm ja nicht auf die Idee uns alleine zu lassen.'
 

Legende:

Geistfarbe – Jeder Dricorianer besitzt eine eigene, an der er auch identifiziert werden kann. Es gibt dabei sehr sehr viele Nuancen

Microt - Sekunde

Den - Minute

Arn – Stunde

Tek – Tag

Sokam – Monat

Zyklus - Jahr

ins ewige Sternenmeer tauchen – sterben

Turem

Kap 7: Turem

Die nächsten weekens verbrachten sie damit einen ausgedehnten Nebel zu umfliegen der in allen möglichen Farben glänzte und glitzerte. Hin und wieder pulsierte er auch.

Während der ganzen Zeit überwachten wenigstens einer von ihnen Nems Zustand, auch wenn ihm das mit der Zeit ein wenig lästig wurde. Er wollte nicht so bemuttert werden und brummte leise, als er mal wieder mitbekam, wie Lien vorsichtig seinen Geist berührte, während er etwas vor sich hingedämmert hatte. 'Ich bin ja. Ja ich bin doch da.' Er seufzte leise. 'Pilot... bitte...' Ein Hauch von Flehen lag in seiner geistigen Stimme. 'Ich komme mir langsam vor wie zuhause.'

Das veranlasste die Zwillinge wieder zu kichern. 'Da bist du doch auch,' merkte Kev etwas spitzfindig an, woraufhin Nem das Gesicht verzog. 'Du weißt wie ich das meine,' brummte er. 'Nö.' meinte Arek jetzt mit einem unschuldigen Unterfarbton in der Stimme.

Nem brummte und zupfte ein wenig an dem Versorgungsstrang in seiner Brust herum.

'Bin ich froh, wenn der raus kommt.' Er störte Nem mittlerweile doch ein wenig mehr, als er bereit war offen zuzugeben.

Pilot lächelte leicht und sah ihn an. 'Soll ich die Heiler rufen?' Doch Nem schüttelte den Kopf. 'Die Heiler werden schon wissen wann es soweit ist, so lange muss ich halt damit leben.' Er seufzte leise und sah sie dann an. 'Wenn ich jetzt noch einmal ein wenig schlafen will, versprecht ihr mir bitte mich in Ruhe zu lassen?'

-

Pilot seufzte leise. Die ganzen Erinnerungen an Nem und die Beiden waren doch schön aber leider auch belastend.

Sie schmiegte sich an Lien und lies sich von ihr ein wenig trösten. 'Ja, ich weiß.' Ihr Blick glitt nach draußen, wo einige Großtransporter vorbei schwammen. Drei von ihnen an den richtigen Stellen, Pilot hatte es sich schon ausgerechnet, und sie wären frei. Es brauchte nur eine bestimmte Verschiebung ihrer Lage...

Sie folgte den Transportern mit ihrem Blick bis sie wieder außer Sichtweite waren und damit auch ihre Chance von hier fort zu kommen.

Ihr Blick fiel zurück an die leeren Aussparungen und sie seufzte. Das war einer der Momente wo es doch wieder weh tat und sie doch immer noch spürte was sie alle verbunden hatte.

Etwas, das Turem nicht vergönnt gewesen war, wie sie mittlerweile herausgefunden hatte. Vielleicht hätten sie es auch schon ahnen können, als sie damals mit ihnen trainierten.

Bekümmert schloss Pilot die Augen und spürte wie Lien sie sanft im Geist anstieß und ihr beruhigend beistehen wollte.

Turem war das unschuldige Opfer eines sehr ehrgeizigen Erschaffers gewesen und dessen Drang sich wohl selbst und den Anderen etwas beweisen zu müssen.

Als Ältester hatte man nun mal eine gewisse Entscheidungsfreiheit und konnte Bestimmungen ausgeben. Aber nie hätte Pilot damit gerechnet, dass einer von ihnen genau dies tun würde um seinen Sohn auf einen Posten zu heben, für den er nicht geschaffen war.

Wieder streichelte Pilot über einen Nervenstrang.

Deshalb hatte es auch so lange gedauert bis Turem ihnen nachgekommen war.

Sicher, die anderen drei Brüder waren für ihre Aufgabe geeignet gewesen, aber als es um die Entscheidung gegangen war wer welchen Posten einnehmen sollte, hatten die Heiler und einige Erschaffer der Leviathane auf Wunsch des Ältesten Turem solange genötigt, bis dieser eingeknickt war und sich deren Willen gebeugt hatte und selbst danach mussten einige von ihnen an Bord geblieben sein um sicher zu gehen, dass Turem nicht versuchte etwas daran zu ändern, nicht das er es noch gekonnt hätte.

Pilot spürte wieder, wie sich ein harter Kloß in ihrem Hals bildete und ihr das Atmen erschwerte, wenn sie nur daran dachte. Ihre Kiemen zitterten vor Anstrengung und für einen Moment fühlte sie, wie Lien schon fast versucht war in ihre Gedanken einzugreifen.

Ihre Geistfarbe wurde fahl, genauso wie der Geschmack den sie auf den Kiemen hatte.

Turems Pilot war, natürlich, mit seiner Aufgabe vollkommen überfordert und das war auch der Grund gewesen weshalb Turem bei ihrem ersten Zusammentreffen schon so viele Narben davon trug.

Unter was für einem Druck mussten alle damals gestanden haben.

Das war eine unverantwortliche Sache gewesen und Pilot hatte nie gehört, dass man den Vater dafür zur Verantwortung gezogen hatte. Als Ältester wagte wohl keiner Kritik an ihm.

Sie schloss die Augen und lies zu, dass Lien tiefer in ihren Geist eindrang um sie zu trösten. Sie vermissten beide Turem und bedauerten seinen Schmerz, auch wenn sie ihn nicht fühlen konnten. Doch sie waren sich sicher, dass dieser da gewesen war.

Turem hatte nicht frei sein dürfen. Nicht frei wählen und für alle die optimale Verbindung sorgen können.
 

Ein Dricorianer, der Turem bereits nach dem ersten Flug verlassen hatte erzählte davon, dass es wohl immer Streit gegeben habe. Unter den Auserwählten der Kerncrew, aber auch mit deren Versorgern und Heilern.

Zudem hätte sein Pilot immer wieder Sachen von Turem abverlangt, die sie alle in Gefahr brachten. Er setzte sich über die Empfehlungen der Anderen hinweg, berief sich auf seinen Status und den seines Vaters.

Zweimal soll er sogar während eines Lichtsprungs ohnmächtig geworden sein... und das war die höchste aller Katastrophen die passieren konnte, denn in diesem Moment waren Pilot und Leviathan eins.

Pilot presste die Lippen zusammen. Sie spürte, wie Lien nicht wollte, dass sie weiter darüber nachdachte und sich von den düsteren Gedanken einfangen lies, denn sie konnten es eh nicht mehr ändern. Stattdessen versuchte sie wieder Pilots Gedanken zurück zu den schönen Dingen zu bringen wie zum Beispiel den Nebel, über den sie noch vor der Erscheinung der Großtransporter gedacht hatten.

Dessen Farben und auch wie es sich angefühlt hatte, als sie ein wenig daran vorbei geschrammt waren und Muster gezogen hatten, oder wie man das nennen konnte, denn dieser Nebel war sehr reaktiv gewesen und hatte wirklich in den Verwirbelungen zusätzlich die Farben geändert. Vielleicht würden die Zwillinge es sogar als spielen bezeichnen.

Langsam entspannte sich Pilot wieder etwas und ließ zu, das Lien sie ablenkte.

Besucher

Auch wenn sie im Inneren von Lien ein komplett autarkes Ökosystem erschaffen hatten, zog es sie hin und wieder zu Handelswelten. Hier konnte man auch mal etwas anderes sehen und erfahren.

Seit dem Vorfall auf dem Wasserplaneten waren sie vorsichtiger geworden, was das Probensammeln aus unbekannten Quellen anging.

Wenn man sich auf den offiziellen Märkten umsah konnten sie sich wenigstens vorher informieren was sie da vor sich hatten und welche Auswirkungen es auf sie haben konnte. Immerhin gab es dort hin und wieder Händler die durchaus bereit waren mit offenen Karten zu spielen auch wenn sie selten waren.
 

Pilot war ein wenig überrascht, als eine Gruppe von Dricorianern, die dort unten gewesen waren um etwas Abenteuer zu erleben, darum baten einige Fremde mitbringen zu dürfen, die wohl Interesse daran geäußert hatten ein solches Schiff mal aus der Nähe betrachten können. Das war das erste Mal, dass Außenweltler wirklich Interesse an ihrer Art der Fortbewegung äußerten.

Fragend sah sie die anderen drei an. Doch weder Nem noch die Zwillinge hatten etwas dagegen. Stattdessen war eine gewisse Neugierde vorhanden, wie denn wohl Fremde auf so etwas wie Lien reagieren würden.

So verfolgten sie auch die Kapsel und das Raumschiff das ihr folgte und dann in einen Liens Hangar einflog.

Als die Personen dann Lien betraten waren die Dricorianer ein wenig verwundert.

Einer von ihnen war ebenfalls amphibischer Abstammung, denn er war der einzige der ohne Helm das Raumschiff verließ.

Die Anderen jedoch steckten in ziemlich beeindruckenden Anzügen, die nicht sofort einen Blick in das Innere zuließen. Außerdem trugen sie seltsame Dinge mit sich. Als einer der Forscher nachfragte, um was es sich handelte, entgegnete der Amphibische, der sich selbs Kolk'lo nannte, dass es sich hierbei um wissenschaftliche Gerätschaften handeln würde. Sie wollten, wenn sie durften ein paar Proben sammeln und sich umsehen.

Jedoch schienen sie ein wenig unbeholfen zu sein, was die Bewegung in flüssiger Umgebung betraf und wenigstens am Anfang mussten den Meisten von ihnen geholfen werden, dass sie nicht hilflos herumtrudelten. Ihre Anzüge mochten zwar ihre Atmosphäre halten, aber für diese Umgebung schienen sie nicht ganz so gut geeignet.

Eine Weile sahen sie schon ein wenig amüsiert dabei zu, wie die Besucher etwas Hilflos schienen, dann jedoch sah Pilot zu Nem und er schloss die Augen.

Langsam sanken die Besucher herab, bis sie den Boden berührten.

'Wir haben ein leichtes Gravitationsfeld erschaffen damit Sie sich besser bewegen können,' informierte Nem sie über einen der Forscher, der die Gruppe begleitete. 'Bitte seien sie vorsichtig mit ihren Bewegungen.'

Sie hatten beschlossen keinen direkten Kontakt mit ihnen aufzunehmen, da sie sie nicht unnötig verunsichern wollten. Manche Völker reagierten nicht sonderlich angenehm auf Telepathen.

Deshalb hatten ihre Forscher ja die Übersetzungsmuscheln erschaffen die auf den Außenmissionen am Hals getragen wurden und so eine verbale Kommunikation ermöglichten.

Zwei aus der Gruppe trugen diese Messgeräte die ganze Zeit vor sich her, jedoch wunderte Pilot sich nach einer Weile, warum sie deren Position nicht änderten, oder war das nicht nötig? Stattdessen schienen sie sich sehr ausgiebig umzuschauen und soweit sie es mitbekam gingen zwar viele Fragen darum wie sie hier auf diesem Schiff lebten, wie es funktionierte und wie ihre Bewaffnung und Verteidigung aussah.

Auf letzteres reagierten die Forscher nachdenklich. „Ist das so wichtig?“ fragte er deshalb noch einmal nach.

„Aber sicher doch. Es gibt in den Weiten des Weltraumes so viele schlechte Lebensformen. Da sollte man doch bereit sein sich wenigstens verteidigen zu können, oder?“

Die Dricorianer sahen sich nachdenklich an. Schließlich hatten sie diesbezüglich noch keine Erfahrungen gemacht und wollten es auch nicht.

Der Forscher sah sie nachdenklich an. „Ich hoffe, dass sie einen friedlichen Weg einschlagen werden.“ Dann lächelte er und deutete an, dass er den Besuchern eines ihrer Labore zeigen wollte.

„Wie steuern sie dieses Schiff eigentlich?“ fragte plötzlich Kolk'lo.

„Wir haben einen Verbund aus 4 Auserwählten. Sie leiten uns durch das Sternenmeer,“ entgegnete der Forscher schon ein wenig stolz.

Die Gestalten in den Anzügen sahen sich an.

„Dürften wir sie vielleicht auch besuchen?“ hakte dieser Kolk'lo nach.

„Wenn unsere Heiler darin keine Probleme sehen, wird das bestimmt möglich sein, aber wenn sie mir jetzt bitte folgen würden...“
 

Pilot wandte den Blick von der Gruppe ab und konzentrierte sich wieder nach Draußen.

Es gab einiges an Schiffsbewegungen oberhalb des Handelsplaneten und so waren auch noch einige andere Schiffe ungefähr auf gleicher Höhe mit ihnen in der Umlaufbahn.

Doch sie wurde nachdenklich, als sie ein weiteres Schiff bemerkte, dass ungefähr die gleiche Bauart hatte, wie die kleiner Ausgabe, die bei ihnen im Hangar gelandet war.

Vielleicht war das deren Schiff?

Lien fand es hier oben langsam etwas voll. Dass so viele andere Schiffe um sie herum waren behagte ihr nicht, vielleicht auch, weil sie alle aus diesem toten Material bestanden und teilweise sehr martialisch, unförmig und deshalb ein wenig bedrohlich auf sie wirkten. Langsam streckte Pilot ihre geistigen Fühler aus um Lien zu beruhigen. Wenn die Gäste wieder von Bord waren, würden sie den Orbit entweder erhöhen oder verlassen, damit sie sich nicht mehr so eingezwängt fühlte.
 

Ein wenig zog sich die Führung hin und diese Besucher schienen sich zwar bedingt für die verschiedenen Techniken der Wasseraufbereitung zu interessieren. Mehr schien es ihnen daran gelegen zu erfahren wie sie sich denn verteidigen würden, sollten sie einmal angegriffen oder geentert werden.

Man konnte den Dricorianern durchaus ansehen, dass sie nicht ganz verstanden weshalb die Fremden an so etwas interessiert waren.

„Wir sind ein friedlebendes Volk und dementsprechend hoffen wir auch, dass wenn wir anderen Völkern mit Respekt begegnen, sie dies auch gegenüber uns tun werden. Deshalb verzichten wir auf eine Bewaffnung.“ meinte er schließlich und lächelte leicht.

Der Aquaner erwiderte dass Lächeln aber es erreichte die Augen nicht.

„Dürften wir vielleicht noch ihre Steuerzentrale sehen?“ fragte er stattdessen erneut und der begleitende Forscher schloss kurz die Augen um sich die Erlaubnis von Nem und den Heilern zu holen und auch um ihnen Zeit genug zu geben, die Auserwählten auf die Fremden vorzubereiten.
 

Kurz darauf betraten sie die große Kammer und dieser Kolk'lo schien doch relativ beeindruckt, jedenfalls als er sich umblickte.

„Und sie steuern das Schiff?“ fragte er die Begleitung, doch diesmal war es Nem der nickte.

„Ja das tun wir. Seien sie gegrüßt.“

Pilot hatte einen seltsamen Geschmack zwischen den Kiemen, wusste ihn aber nicht so recht zuzuordnen.

Vielleicht waren das Anhaftungen von den seltsamen Rüstungen die sie da wohl zu ihrem Schutz trugen.

„Seien auch sie gegrüßt. Wir werden sie nicht lange behelligen.' meinte Kolk'lo mit seinem aufgesetzten Lächeln. 'Nur so lange, wie wir brauchen, dass Sie uns die Kontrolle über dieses Schiff und alle die sich darauf befinden übergeben.“

Er hob eine Hand und plötzlich kam Leben in seine stillen Begleiter.

Noch ehe sie sich versahen, oder reagieren konnten waren die Dricorianer die sich im gleichen Raum befunden hatten von den Begleitern des Fremden überwältigt worden und hatten teilweise diese seltsamen Dinger auf den Körper gerichtet. Als sich einer der angehenden Heiler bewegte gab das Gerät einen hellen Lichtblitz von sich und Pilot konnte spüren, wie sich das Wasser explosionsartig erwärmte, während sich der Dricorianer aufbäumte und dessen Geistfarbe verlosch.

Alle waren verwirrt und einige hatten Schmerzen. Pilot und Nem wurden durch die geistigen Hilferufe von Kev und Arek geschockt, die sich wanden, soweit sie es noch konnten. Alles war so schnell gegangen.

Der Aquaner schwamm langsam auf Nem zu und sah ihn abschätzend an. 'Du bist also ihr Anführer? Schön. Dann sage ich dir jetzt eines. Wenn du deine Crew schützen willst, wirst du uns alles geben was wir haben wollen. Eure Reichtümer, euer Wissen und eure Leute. Vielleicht sogar noch euer Schiff.“

Er sah sich um und diesmal war das grinsen echt. „Ihr werdet uns ein hübsches Sümmchen einbringen.“

Nem hatte die Augen unnatürlich aufgerissen, während er den Anderen ansah. Es war noch nicht so lange her, das er fast gegangen wäre und jetzt wurde er bereits erneut damit konfrontiert.

„Wieso tut ihr das?“ gab er gepresst beherrscht von sich.

„Weil wir es können.“ Kolk'lo zog einen spitzen Gegenstand aus seiner Rüstung und begann damit Nems frische Narbe entlang zu fahren. „Und weil wir wissen, wie gefragt exotische Spezies bei Sammlern sind. Ihr werdet entweder bei ihnen oder in den Mienen uns ein hübsches Sümmchen einbringen.“

Er kicherte böse.

'Nem, Nem, beruhige dich,' versuchte Pilot ihn mit sanften Farben wieder zur Besinnung zu bringen. 'Wir dürfen jetzt nicht den Kopf verlieren auch wenn wir Schmerzen haben.' Das war leichter gesagt als eigentlich getan. Auch Pilot hatte Angst, große Angst, ebenso wie Lien.

„Du hast allerdings schon einen Makel. Das wird deinen Preis erheblich mindern.“ Dann sah er an Nem herunter und erst jetzt schien ihm aufzufallen, dass dessen Körper, ebenso wie die Anderen im Schiff verschwanden.

„Was hat das zu bedeuten?“

Bevor Nem etwas sagen konnte ergriff Pilot das Wort. „Wir sind Teil des Schiffes. Wenn ihr uns etwas antut, tut ihr es dem Schiff an. Wenn wir ins ewige Sternenmeer tauchen werden wird auch das Schiff folgen.“

Das stimmte zwar nicht ganz, aber es war ziemlich nahe an der Wahrheit dran, aber Pilot wollte nicht, dass sie ihnen weiter Schmerzen zufügten.

„In das Sternenmeer tauchen?“ Wieder schien dieser Fremde nichts mit den Worten anfangen zu können, doch ein anderer machte sich wohl einen Reim daraus, denn er hielt Kolk'los Arm fest, bevor er seinen scharfen Gegenstand noch fester gegen Nems Hals pressen konnte, wo sich jetzt schon eine Wolke von blauen Lebenssaft zeigte. So war er gezwungen von Nem etwas abzulassen und warf dem Behelmten dafür einen wütenden Blick zu.

„Tote bringen uns keinen Profit,“ klang es dumpf unter der Maske hervor.

„Warum tun sie uns das an? Wir sind durchaus bereit unser Wissen zu teilen,“ meinte Nem dumpf und er hatte nun die Augen geschlossen. Seine Kiemen zitterten vor Schmerz.

„Warum nur auf euer Wissen beschränken, wenn wir euch haben können.“ Kolk'lo lachte leise. „Ihr seid eine Goldgrube für uns. Eine seltene Spezies. Die Sammler werden jeden Preis für euch bezahlen und wenn wir aus euren Datenbanken herausgefunden haben wo sich euer Heimatsystem befindet dann...“ Er ließ den Satz offen, doch der Blick alleine verhieß schon nichts gutes.

'Nein Nem... wir dürfen es ihnen nicht sagen.' Pilot war schockiert. Wie konnte ein Wesen nur so böse sein?

'Keine Sorge,' meinte er leise zu ihr zurück. 'Das werden wir nicht.' Er sah zu den Zwillingen hinüber, denen es nicht sonderlich gut ging. Sie wurden immer noch gehalten, aber wenigstens hatte man jetzt bei ihnen die gefährlichen Geräte weggenommen. Vielleicht hatten Pilots Worte doch etwas bewirkt. Kevs Arm stand in einem unnatürlichen Winkel ab und sie konnten alle dessen Schmerz fühlen.

'Notfalls werde ich Liens gesamten Sternenspeicher leeren auch wenn das bedeutet, dass wir nie wieder nach Hause zurück kehren können.' Nem versuchte stark zu wirken.

Zu allem Überfluss hatte Lien bemerkt, dass dieses seltsame Schiff näher gekommen war und scheinbar Anstalten machte sie entweder zu rammen oder sehr dicht zu kommen.

Pilot konnte spüren wie in Lien der Wunsch größer und größer wurde sich zu entfernen. Sie presste die Lippen zusammen und versuchte sich nichts anmerken zu lassen und Lien zu beruhigen. Die Fremden hatten schon gezeigt, dass sie vor Gewalt nicht zurückschreckten und auch wenn Lien ihre Schmerzen dämpfen konnte, waren die restlichen Dricorianer auf diesem Leviathan nicht so geschützt. Sie vertrauten darauf, dass das Schiff und die Auserwählten sie schützen würden.

Geistig warf Pilot Nem einen Blick zu. Sie mussten einen Weg finden diese Leute von den anderen Dricorianern fern zu halten und sie nach Möglichkeit von Lien bekommen, nur fiel ihr durch die Schmerzen hindurch nichts ein.

'Sag ihnen sie sollen ihr Schiff nicht so nahe heran bringen,' meinte sie schließlich leise zu Nem. 'Ich weiß nicht, wie lange ich Lien sonst im Orbit halten kann.' Sie presste die Lippen zusammen. 'Sie machen Lien nervös.'

Pilot versuchte sie zu trösten und nicht weiter aufzuregen.

Sie wußte auch, wenn die Anderen an Bord gelangen würden, dann hatten sie auf jeden Fall verloren. Noch hatten sie es mit 4 Gegnern zu tun, wobei der Amphibische schon gezeigt hatte, dass er mit der aggressivste sein konnte.
 

Plötzlich hatte Pilot ein Problem das Wasser durch die Kiemen zu bekommen. Aber ihr ging es nicht alleine so. Auch die Anderen ächzten.

'Durchhalten,' kam es von Arek. Er war wütend und das konnte man ihm auch ansehen. 'Haltet euch an euren Versorgungssträngen fest...'

Wieder nahm der Druck zu und sie stöhnten im Geiste.

Der Amphibische griff sich an den Hals. „Was tut ihr da...“ gurgelte er. „Hört sofort auf damit.“ Er griff nach seinem Gerät, doch im nächsten Moment wurden alle in Richtung Boden gedrückt und daran festgenagelt.

Pilot schrie vor Schmerz auf, denn sie hingen alle in ihren Positionen und auch auf sie hatte dieser Druck Auswirkungen die nicht angenehm waren. Sie wurden in Richtung Boden gezogen, obwohl sie ihn nicht erreichen konnten. Jetzt hingen sie schmerzhaft in den Strängen.

Vor ihren Augen tanzten schwarze Punkte, während die anderen Dricorianer, aber auch die Fremden am Boden lagen und zuckten.

Aus wenigstens zwei der Rüstungen trat blubbernd Atmosphäre aus.

'Arek... was tust... du?' fragte sie benommen, auch wenn sie es spüren konnte. 'Sie werden das … nicht … überleb...' Pilot verlor ihr Bewusstsein und spürte noch wie Lien sie einhüllte um ihr den Schmerz zu nehmen, der in ihrem Körper und Geist tobte.
 

Als Pilot wieder zu sich kam kümmerten sich zwei angeschlagene Dricorianer um sie. Sie konnte die Wunden an deren Körper sehen und auch deren Lebenssaft im Heimelement spüren. Wenigstens konnte sie wieder atmen und der unbändige Druck war verschwunden. Jedoch tat ihr ihr ganzer Körper weh, besonders auch die Stellen mit denen sie mit Lien verbunden war.

Von den Fremden fehlte jede Spur, allerdings konnte sie Verbrennungen an Liens Haut und auch den großen Nervensträngen sehen. Anscheinend hatte wenigstens einer der Fremden noch seine Waffe gegen sie gewandt.

Vorsichtig tastete Pilot nach Liens Geist und spürte ihren Schmerz. Sie hatte zudem einige taube Stellen am Körper und es fühlte sich alles andere als Gut an.

Pilot versuchte sie zu trösten. 'Das wird schon wieder. Wir kümmern uns um dich so wie du dich um uns kümmerst.' sandte sie ihr leise und beruhigend zu.

Vorsichtig versuchte sie wieder nach draußen zu sehen, nur um gerade mitzubekommen, dass das fremde Schiff das Feuer auf sie eröffnete.

Lien zuckte vor Schmerzen zusammen, als die heißen Energiesalven über ihre verstärkte Haut kochten und sie verbrannten. Sie wollte weg und das konnte Pilot fühlen.

Obwohl sie sich noch nicht ganz wieder erholt hatte, versuchte Pilot sich zu konzentrieren um Lien fortzubringen. Fort von denen, die schon wieder auf sie schossen.

Die Energie in der Kugel pulsierte unregelmäßig doch diesmal nahm Pilot darauf keine Rücksicht. Lien hatte Schmerzen und sie konnte ihre Energie die sie für die Fortbewegung brauchte nicht mehr ganz ohne Hilfe fokussieren. Da Nem immer noch ohnmächtig war musste sie es jetzt alleine schaffen.

Arek verbarg seine Gedanken und Kev war ebenso ohnmächtig, während man sich um seinen Arm kümmerte.

Pilot versuchte ihre Sinne soweit auszubreiten wie es ging damit sie schneller von ihr weg kamen. Es war gar nicht einfach wenn nicht sogar in Teilen unmöglich.

Mit verminderter Geschwindigkeit begannen sie aus dem System zu flüchten doch die Anderen waren immer dicht auf und holten sie sogar ein.

Obwohl Liens Energie immer noch total unregelmäßig war konnte Pilot ihren Wunsch spüren. Sie kniff die Augen zusammen. 'Wenn das schief geht, werden wir alle im ewigen Sternenmeer schwimmen.' sandte sie ihr schon ein wenig warnend zu.

Aber dann dachte sie wieder an die Fremden die da auf sie schossen. Wenn sie noch länger zögerten würde das auch auf diesem Wege wohl eintreffen.

Sie presste die Lippen zusammen.

'Haltet euch fest, wir werden einen Lichtsprung machen und ich kann für nichts garantieren...' sandte sie an den Rest der Crew.

Pilot war sich durchaus der geschockten Blicke der anwesenden Dricorianer bewusst wussten diese doch genau über den Zustand der restlichen Kerncrew bescheid, aber ihnen blieb einfach keine Wahl.

'Nur ein ganz kleiner... ' ließ sie Lien wissen. 'Gerade so das wir hier weg kommen.' Sie versuchte sich und sie zu trösten. Lien hatte Angst und Pilot ging es genauso. Denn so verlor man Leviathene...

Noch während Pilot die Kugel an sich drückte und somit eigentlich die Vereinigung einleitete, versuchte sie zu spüren wohin dieser Sprung sie bringen würde.

Holz

Pilot hatte noch nie solche Schmerzen in der Wissensschale gehabt. Jede einzelne Bewegung ihres Körpers tat so weh und selbst das Augen bewegen sorgte für neuen Schmerz. Aber Schmerz war in einer Sache gut, denn es sagte ihr, dass sie die Sache wohl überlebt hatten. Auch wenn sie keine Ahnung besaß, wo sie sich denn jetzt befanden.

Sie hatte sich mehrfach übergeben und fühlte sich benommen. Im Moment schien sogar das Denken zu schwer.

Der Kontakt zu Lien war auf ein Minimum zusammengeschrumpft und auch sie schien damit zu kämpfen zu haben, was sie da eben getan hatten, um zu fliehen.

Pilot war noch nicht einmal in der Lage wenigstens den Versuch zu unternehmen herauszufinden, wo sie sich befanden und wie weit sie gekommen waren.

Erschwerend kam immer noch hinzu, dass die Anderen kaum reagierten.

Jemand berührte sie an der Stirn und begann etwas aufzutragen. Endlich nahm der Schmerz ein wenig ab, dass Pilot die Augen wieder öffnen konnte.

'Das war mehr als leichtsinnig.' Es war einer der Heiler. Eine hässliche, nur schlecht geschlossene Wunde zierte seine Stirn.

'Ich weiß,' räumte Pilot mit Schuldgefühlen ein und sah zur Seite, doch er ergriff ihren Kopf und zwang sie ihn anzusehen.

'Wenn ihr es nicht getan hättet wären wir jetzt vielleicht nicht mehr.' Er lächelte schwach und sandte ihr warme Farben. 'Ihr habt uns gerettet, egal was sonst passiert ist. Wir flicken euch zusammen. Ihr müsst jetzt nur lange genug durchhalten.' Dann ließ er sie los und schwamm zu Nem.

Pilot schloss die Augen und versuchte sich auch weiter etwas zu sammeln.

'Arek, egal was eben passiert ist, ich brauche dich,' sandte sie zu ihm hinüber. Immerhin war er außer ihr als einziger noch wach.

Doch Arek schüttelte den Kopf. Er hatte die Hände an den Körper gezogen und es schien fast so, als würde er frieren.

'Arek,' sandte Pilot, diesmal mit mehr Nachdruck. 'Wir treiben verletzt und vollkommen orientierungslos im Sternenmeer. Wir brauchen dich JETZT.'

Pilot konnte spüren, wie er sich zögerlich öffnete und, vielleicht lag es an den Schmerzen, sie griff ruppig nach seinem Geist und zog ihn zu sich und Lien. 'Komm zu dir,' meinte sie und ließ ihn nicht los. 'Wir brauchen dich und deine Fähigkeiten. Wo sind wir?' Sie versuchte ihn direkt abzulenken, dass er nicht weiter nachdenken konnte, was passiert war. 'Komm Arek rede mit uns. Lien ist verletzt wir müssen sie behandeln. Wir brauchen einen Platz dafür.'

Arek wand sich unter ihrem geistigen Griff aber auch dieser Widerstand erstarb langsam als er endlich seine Fühler nach Lien ausstreckte und den Ernst der Lage erkannte. Er presste die Lippen zusammen und schloss kurz die Augen, bevor er sich umsah.

'Knapp,' meinte er dann kurz darauf und sah an Pilot vorbei. '8 ziemlich große Felsen, zwei davon beschädigt... Ihr seid voll dagegen geflogen, oder?'

Pilot schnaubte. 'Mach du mal alles gleichzeitig.'

Arek ging nicht weiter darauf ein sondern sah sich um. 'Wir sind nahe an einem Sternensystem, es gibt sogar einen Planeten der vielleicht für uns in Frage käme, aber sie haben nicht sonderlich viele Gewässer. Mehr Wald...' Er sah nachdenklich drein. 'Das wird ziemliche Zielgenauigkeit erfordern...'

Pilot seufzte leise. 'Dann ist das wohl so. Lien geht es nicht gut und ich spüre wie es immer schlechter wird. Wir müssen runter und nach ihren Verletzungen sehen...' Schon jetzt fiel es Pilot schwer sie wieder zu erreichen und auch Bewegungen durchzuführen. Eine ihrer Flossen schien mehr und mehr zu erlahmen, außerdem breitete sich das Taubheitsgefühl weiter aus.

Endlich erwachte Nem und Pilot fiel ihm fast erleichtert gedanklich um den Hals. 'Ich brauche dich, sofort,' meinte sie und versuchte einerseits die Dringlichkeit zu verdeutlichen, ihn andererseits jetzt nicht aber direkt zu sehr zu schocken.

'Wir müssen Lien landen. Arek hat einen entsprechenden Planeten gefunden wo es möglich wäre.'

Pilot konnte spüren wie Nem sich versteifte und für den Moment total überfordert war. 'Bitte,' sie sandte ihm lilane Farben der Dringlichkeit. 'Wir können das nicht aufschieben. Spüre Lien...'
 

Innerhalb von wenigen Arn mussten sie und Lien große Schmerzen erdulden und als sie endlich gelandet war, steckten sie teilweise im nahen Urwald und nicht wirklich komplett in dem See, in dem sie eigentlich hatten landen wollen. Es war für Pilot zum Schluss fast unmöglich geworden die Flosse zu bewegen und so in der Atmosphäre zu steuern.

Noch während die Anderen sich um Kev und die restlichen Dricorianer kümmerten versuchte Pilot Lien bei sich zu behalten. Sie hatte große Schmerzen und diese Bruchlandung hatte nicht wirklich dazu beigetragen, dass sie sich besser fühlte.

Sicher, sie hatte auch erkannt, dass sie runter mussten, damit die Heiler auch sie behandeln konnten, aber das hier war gerade ziemlich daneben gegangen. Ohne das Heimelement konnten sie die oberen Bereiche von Lien nicht erreichen. Das Gewicht der Oberfläche dieses Planeten sorgte zu einer weiteren unangenehmen Begleiterscheinung.

Pilot stöhnte im Geiste und hatte die Augen halb geschlossen. Sie spürte wie ihre Kräfte nicht lange reichen würden Lien zu halten. Auch als die Anderen sich ihren Bemühungen anschlossen konnten sie fühlen, wie ihnen Lien langsam aber sicher entglitt.

Und je mehr sie ihnen entglitt umso mehr fühlten auch sie, wie es auch ihnen schlechter ging. Pilot verspürte zum ersten Mal so etwas wie Angst. Sie versuchte mit allem was ihr zur Verfügung stand Lien dazu zu bringen zu kämpfen und nicht aufzugeben, auch wenn es weh tat.

Da Nem noch am angeschlagensten von ihnen gewesen war, war auch er der erste, der aus der kleinen Verbindung heraus glitt. Arek versuchte es noch eine ganze Weile, doch dann wurde auch er ohnmächtig.

Pilot spürte, dass sie ebenfalls kurz davor stand das Bewusstsein und damit wahrscheinlich auch Lien zu verlieren. Sie biss sich auf die Lippen, bis sie in ihren Kiemen ihren eigenen Lebenssaft schmecken konnte, doch auch ihr Sichtfeld wurde immer undeutlicher und die Gedanken schwerer, bis... ja bis es sie doch erwischte.

Mit einem frustrierten geistigen Aufschrei verlor auch sie das Bewusstsein.
 

Etwas berührte Pilots Wange, streichelte mit einer seltsam groben Oberfläche darüber. Pilot fühlte sich müde. Sie wollte ihre Augen nicht mehr öffnen. Sie konnte Lien und die Anderen nicht mehr spüren. Zum ersten Mal seit langer Zeit war sie alleine und sie erschauderte. Hatte man sie aus Lien heraus geholt um sie zu retten? Gehört hatte sie von solch einer Praxis, aber es konnte durchaus passieren das man dabei starb.

Ihre Gedanken kreisten immer wieder um Lien und die Anderen. Auch wenn sie müde war, versuchte sie einen Kontakt herzustellen, jedoch ohne Erfolg.

Schließlich sackte sie zusammen und wollt schon wieder einschlafen, als dieses Kratzen an Ihrer Wange sich wiederholte.

Müde öffnete sie ihre Augen und bemerkte, dass auch ihre zweite Sicht verschwunden war. Sie konnte noch nicht wirklich etwas erkennen, aber sie schien sich noch in der Kammer zu befinden. Allerdings war es jetzt deutlich dunkler und als sie ihre Arme bewegen wollte, um festzustellen, ob sie noch mit Lien verbunden war, spürte sie einen Widerstand auf der Haut und hielt inne.

Wieder war da dieses Kratzen und als Pilot diesmal versuchte nachzusehen, was es war, brauchte sie einen Moment, bis sie erkennen konnte um was es sich handeln könnte.

Vor ihr war eine, etwa drei Hand große Gestalt, die scheinbar aus Holz zu bestehen schien. Sie war es auch, die Pilot im Gesicht berührt hatte.

Wieder blinzelte Pilot um sie besser erkennen zu können und mit einem Mal fiel ihr auch auf, dass von diesem seltsamen Wurzelwerk noch viel mehr hier in der Kammer herum lag.

Trotz des trüben Lichtes konnte sie sehen, das es sich überall herumwand, auch um die Anderen. Sie war für einen Moment geschockt, doch da berührte dieses fremde Wurzelwesen sie erneut und ließ seine holzige Hand auf ihrer Wange liegen.

Fragend sah Pilot es an. 'Was passiert hier?' fragte sie im Geiste leise, sich nicht sicher, ob dieses Wesen sie überhaupt verstehen konnte.

Es legte den Kopf ein wenig schief und sah sie aus den hölzernen Aussparungen an, die vielleicht Augen symbolisieren sollten? So sicher war sich Pilot da nicht.

Dann nahm es die knotigen Wurzelfinger von ihrer Wange und legte sie zusammen, bevor es seinen Kopf darauf bettete.

'Schlafen?' fragte Pilot und das Wesen schien zu nicken.

Wieder wollte Pilot einen Arm bewegen doch sie spürte, den Widerstand und versuchte einen Blick darauf zu erhaschen.

Sie erschauderte erneut. Über ihre ganze Haut spannte sich ein weiteres Wurzelwerk und teilweise drang es in ihre Haut ein.

'Was tut ihr mit uns?' Das Wurzelwesen berührte Pilot an der Stirn und sie spürte wie ihr Bewusstsein wieder schwand.
 

Als Pilot diesmal erwachte war eine junge Dricorianerin bei ihr, die ihr etwas einflößte. Pilot war ein wenig irritiert darüber aber sie schluckte dennoch.

Fragend sah sie die Andere an. 'Was ist passiert?'

Sie fühlte sich immer noch sehr müde und auch zu den Anderen und Lien bestand immer noch kein Kontakt.

'Sie kümmern sich um euch, aber ihr müsst stark bleiben.' antwortete die Dricorianerin.

'Wer sind sie?' fragte Pilot sie nachdenklich.

'Die Wesen dieses Planeten. Sie kamen kurz bevor ihr das Bewusstsein verloren habt.' Die Dricorianerin schien irgendwie aufgekratzt, jedenfalls wirbelten ihre Geistfarben wild durcheinander. 'Die Flora dieses ganzen Planet lebt in einer Art riesigem Bewusstsein,' brach es aus ihr hervor, noch bevor Pilot weiter nachfragen konnte. 'Sie haben euch davor bewahrt ins ewige Sternenmeer zu tauchen.'

Sie fuhr sanft über eine der Wurzelranken die sich über Pilots Arm zogen. 'Sie sagen, dass es Lien nicht gut geht und dass sie sich derzeit um euch kümmern, bis es Lien wieder kann.' Jetzt wurden die Geistfarben der Dricorianerin dunkler.

Pilot schloss kurz die Augen und versuchte nach Liens Geist zu tasten. Sie vermisste sie...

'Hey, hey, hiergeblieben, ich soll euch etwas ausrichten,' brachte sich die Dricorianerin wieder in Pilots Wahrnehmung zurück.

'Ja?' fragte Pilot, doch ein wenig zurückhaltend und öffnete die Augen erneut.

'Es ist wichtig dass Lien sich nicht bewegt, wenn sie wieder wach wird, auch damit sie sich nicht selbst verletzt.'

Pilot seufzte leise im Geiste. 'Ich kann Lien im Moment noch nicht mal spüren, deshalb kann ich nichts versprechen.'

Sie versuchte die Sorge in ihren Geistfarben nicht zu stark durchschimmern zu lassen.

'Sie wird zurückkommen,' meinte die Andere plötzlich. 'Sie schläft während sie heilt.'

Dann stieß sie sich von Pilot ab und schwamm in die Mitte zu den vielen Nervensträngen. Auch dort waren die Wurzeln allgegenwärtig.

Pilot sah ihr hinterher und seufzte leise. Es war schon lange her, dass sie sich so einsam gefühlt hatte. Ihr Blick glitt hinüber zu Nem, doch er war auch regelrecht in das Wurzelwerk eingesponnen und rührte sich nicht.

Aus dem Augenwinkel erblickte sie zwei weitere kleine Wurzelwesen, die über den Boden hüpften und dann wieder zwischen den Wurzelwerken verschwanden, so als wären sie gar nicht da gewesen.

Nach einer Weile schloss sie die Augen wieder und versuchte ein wenig zu ruhen. Was sollte sie im Moment auch sonst tun, außer weiterhin zu horchen ob sie Lien oder die Anderen erspüren konnte.
 

Es war Lien, die sie das nächste Mal weckte. Und Lien war ziemlich durcheinander. Zum einen konnte sie niemanden der Anderen erreichen, zum anderen lastete ein ganz schöner Druck auf ihr und das war für sie alles andere als angenehm. Zudem störte sie das ganze Zeug dass sich teilweise in ihren Körper gebohrt hatte.

Pilot war so erleichtert, dass es ihr aber ansonsten wohl etwas besser ging, dennoch wäre ihr fast die Warnung der Anderen durchgegangen. Nur mit Mühe und mit viel gutem Zureden gelang es ihr Lien davon zu überzeugen, dass sie sich besser nicht bewegte.

Ein klein wenig überrascht war Pilot dann auch, als Lien ihr mitteilte, dass eine andere Präsenz versuchte mit ihr in Kontakt zu treten. Es war eine solch vielschichtige Präsenz das selbst Lien wohl Schwierigkeiten mit ihr hatte und es auch etwas dauerte, bis sie Pilot etwas darüber mitteilen konnte.

'Der Planet spricht zu dir?' Sicher, diese andere Dricorianerin, die Pilot wenn sie ehrlich gewesen war, noch nie gesehen hatte, hatte auch so etwas ähnliches gesagt.

Es dauerte etwas bis Lien sich wieder bei ihr meldete und sie bestätigte es. Es wäre seltsam für sie und diese Art der Kommunikation strengte Lien an, aber so erhielt sie wenigstens einige Antworten auf ihre Fragen.

Nach einer Weile spürte Pilot, wie Liens Präsenz wieder schwächer wurde und sie versuchte sie mit ihrem Geist zu beruhigen und zu stärken. Sie wollte nicht, dass Lien wieder verschwand und sie alleine zurück blieb. Es war schon ein wenig seltsam ein sonst solch starkes Wesen mit den eigenen Kräften stützen zu müssen. Aber das machte es auch wieder zu etwas besonderem. Sonst war Lien für sie da...
 

Einige andere Dricorianer, die teilweise Lien verlassen hatten, berichteten Pilot später davon wie es auf diesem Planeten aussah. Sie hatten gesehen wie sich ganze Wälder auf dem Kontinent bewegten, waren Zeuge geworden, wie weitere dieser Wurzelwesen sprichwörtlich aus dem Boden gewachsen waren und dann umher liefen, um später mit anderen Wurzelsträngen wieder zu verschmelzen, oder Dinge aus Holz erschufen die sie brauchten um die Bäume zu pflegen.

Auch für den Grund, weshalb Lien sich so unwohl fühlte fanden sie eine Erklärung. Es war der Wald, er war sprichwörtlich über Lien gewachsen, zum einen, um sie besser versorgen zu können, zum Anderen als Sichtschutz.

Die Wesen schienen verstanden zu haben, dass die Dricorianer in Gefahr waren und hatten sie so vor fremden Blicken geschützt, auch als einige der Piraten auf diesem Planeten gelandet waren.

Lien und die Anderen hatten lange geschlafen und so nicht mitbekommen, dass sie fast entdeckt worden wären.

Der Wald um Lien herum war undurchdringlich und sogar einige der hier ansässigen Tiere hatten Lien und die Dricorianer beschützt, solange, bis sich die Piraten wieder zurückgezogen hatten, da sie nichts finden konnten und einige Verluste hinnehmen mussten.

Weg waren sie damit allerdings bestimmt nicht. Soviel war auch Pilot klar. Sie waren noch nicht wirklich sicher und was die Sache nicht besser machte war der Umstand, dass die ersten Dricorianer nicht mehr weiterreisen wollten. Sie wollten zurück nach Dricor. Das Ganze war wohl zu belastend für sie und somit stand es nun in der Verantwortung der Vier sie dann auch wirklich schnellstmöglich zurückzubringen.

Im Moment mussten sie aber erst wieder gesund werden.

Zudem war Arek immer noch zurückgezogen. Er war zwar wieder erwacht, versuchte sich aber dennoch vor den Anderen zu isolieren. Seine Geistfarben waren dunkel und er wandte seinen Blick ab, sobald er spürte, dass einer der Anderen ihn ansah.

'Du hast getan was nötig war um deinen Bruder zu retten,' versuchte es Nem erneut. Doch Arek schwieg weiterhin beharrlich.

'Jeder von uns ist wichtig,' meinte er dann weiter. 'Wir müssen aufeinander aufpassen und noch mehr müssen wir auf Lien und die anderen Dricorianer achten.' Nem sandte ihm warme Farben um ihn so wieder zu locken.

Pilot war sich mit Lien am unterhalten, jedenfalls versuchten sie es gemeinsam herauszufinden, was diese Intelligenz, die den Planeten besiedelte, ihnen mitteilen wollte.

Mehr durch Zufall bekam Pilot mit, was in der Kammer abging und lauschte ein wenig, ehe sie sich selbst einbrachte.

'Lien ist dir nicht böse, was du getan hast, auch als du dich in ihre Bereiche eingemischt hast. Sie kann dich verstehen und da du die Kontrollen direkt wieder freigegeben hast, ist es für sie in Ordnung. Sie möchte dass es uns gut geht und das bezieht uns alle mit ein. Uns vier und all die Anderen, die uns begleiten.

Pilot spürte, wie Lien selbst versuchte Arek vorsichtig zu berühren um es ihm selbst zu sagen. Er wehrte sich nicht und das verstand Pilot als ein gutes Zeichen.

Sie wussten alle, dass Lien sie im Notfall für eine Weile komplett versorgen konnte, aber so schnell hatte niemand von ihnen damit gerechnet, dass es nötig sein würde.

Was Arek im Moment brauchte war eindeutig Zeit und sie würde ihm genau diese auch geben.
 

Es vergingen jedoch einige weitere Teks, bevor sie es wagen konnten Liens Systeme wieder vollkommen hochzufahren.

Die Wurzelwesen waren ziemlich häufig an Bord gewesen und musterten die Dricorianer so als wären sie ein interessantes Ausstellungsstück, aber dann begannen sie die ganzen Wurzeln aus den Vier und Lien herauszuziehen.

Jetzt erst bemerkte Pilot wie eingeengt sie dann doch die letzte Zeit gewesen war, außerdem verließen die kleinen Dornen überraschend schmerzfrei ihre Haut und hinterließen nur minimale Eintrittswunden, die sich von selber rasch schlossen.

Lien konnte förmlich spüren, wie der Wald von ihr herunterglitt und nur ein wenig fruchtbare Erde zurück lies. Auf jeden Fall war es selbst für sie eine Erleichterung und schon kurz darauf konnte Pilot spüren, dass Lien eigentlich los wollte.

Es kostete sie doch etwas Mühe sie noch einmal zurück zu halten und dazu zu bringen mit der Planetenpräsenz Kontakt aufzunehmen. Pilot wollte sich bei ihr für alles bedanken, dass sie für sie getan hatten und das sie Liens Leben gerettet hatten ganz besonders.

Als Pilot wieder tiefer in Liens Bewusstsein glitt, konnte sie die Veränderungen förmlich spüren. Die Taubheit und die Schmerzen waren vollkommen gewichen. Lien fühlte sich wieder wie ein junger Leviathan. Vielleicht ein wenig zu jung und zu übermütig.

Pilot mahnte sie vorsichtig an, es jetzt nicht zu schnell angehen zu lassen.

Sanft strich sie über eine der Versorgungsleitungen und stutzte, als sie eine kleine Wasserrose dort entdeckte. Wo kam die denn auf einmal her?

Wolken

Nachdem sich doch einige Dricorianer gegen den Verbleib auf dem Leviathan ausgesprochen und den Wunsch nach Dricor zurückzukehren geäußert hatten, hatte Pilot schweren Herzens dieser Bitte Folge geleistet und Nem darum gebeten einen geeigneten Kurs für sie zu finden.

Irgendwie fühlte es sich wie eine kleine Niederlage an. Sie hatte so gehofft alles so angenehm wie möglich für ihre Mitreisenden zu gestalten und auch wenn die letzte Zeit für alle schwer gewesen war, hatte sie immer noch darauf gehofft, dass alle daraus gestärkt hervorgehen würden. Das es jetzt so endete fühlte sich alles andere als gut an und sie konnte durch die Verbindung spüren, dass es den Anderen ähnlich erging.

So schnell zurück nach Dricor hatte keiner von ihnen gewollt. Außerdem würden sie dann auch noch den Ältesten Rechenschaft ablegen müssen. Allein schon bei dem Gedanken verzog Pilot das Gesicht.

Sie wollte keine langsam heilenden Wunden erneut aufreißen. Dabei sah sie zu den Zwillingen hinüber. Areks Geistfarbe war immer noch etwas eingetrübt und erholte sich nur allmählich.

Wenn es nach Pilot ginge würden sie sich lieber noch etwas mehr Zeit lassen. Doch das würde das Unvermeidliche nur unnötig hinauszögern und innerhalb der Crew wohl möglich für noch mehr Unmut und Probleme sorgen. Nein. Sie mussten das jetzt erledigen. Je schneller sie diese Sache hinter sich brachten, umso besser für alle.

Nachdenklich sah er zu Nem und als er ihr zunickte kontaktierte sie auch die Zwillinge. 'Wir fliegen zurück nach Dricor,' informierte sie diese und sie nickten leicht.

'Bringen wir es hinter uns,“ meinte Kev.

Vorsichtig streckte Pilot ihre geistigen Fühler erneut zu Lien aus, wobei sie feststellen musste, dass sie schon erwartet wurde.

Auch Lien war nicht sonderlich erpicht darauf nach Dricor zurück zu kehren. Sie wollte ebenso weiterfliegen und es kostete Pilot schon ein wenig Überredungskunst sie dazu zu bringen den neuen Kurs zu akzeptieren.

Sie versprach ihr diesen Besuch so kurz wie möglich zu halten, damit diejenigen nach Dricor zurückkehren konnten, die nicht mehr weiter die Reise mit ihnen bestreiten wollten.

Vielleicht konnten sie neue Begleiter finden und vielleicht auch ein wenig aus der Heimat erfahren.

Doch Dricor konnte nicht durch einen Sprung erreicht werden. Dementsprechend würden sie auch kurzzeitig Gebiete durchqueren, die noch nicht kartographiert worden waren.

Ein wenig hoffte sie, dass sich die Gemüter in dieser Zeit vielleicht ein wenig beruhigen würden.
 

Tröstenderweise war das erste System das sie erreichten durchaus interessant. Mehrere bunte Zwergplaneten kamen relativ früh in Reichweite, die einige Monde aufwiesen, auf denen jedoch kein Leben möglich war.

In der Mitte dieses Systems befand sich ein größerer Planet, der schon durch seine 'Masse' aus der Reihe fiel, was aber durchaus an der ausladenden Atmosphäre liegen konnte, die bald umfassender als der gesamte Planet schien.

Noch während sie darauf warteten weiterreisen zu können, fiel Tek auf, dass sich die 'Wolken' die durch die Atmosphäre zogen, in einem bestimmten Muster bewegten.

Ein wenig zu merkwürdig als das es sich um ein natürliches Phänomen handeln konnte.

Pilot führte Lien vorsichtig etwas näher an den Planeten heran und positionierte sich erst einmal in dem Schatten eines Mondes. So hatten sie eine bessere Sicht ohne direkt selbst gesichtet zu werden.

Tek und Arek beschäftigten sich ausgiebig mit diesem Phänomen, was durchaus gut war, lenkte es sie doch ab. Doch nach einer Weile konnte Pilot Verwirrung bei ihnen spüren.

'Das sind Lebensformen,' meinte Tek nach einer Weile nachdenklich. 'Viele Lebensformen und sie scheinen...' er verstummte. '… sie scheinen manchmal ineinander zu verschwinden,' ergänzte Arek die Ausführung.

Tek nickte leicht, dennoch schienen sie beide nicht so recht glücklich mit dieser Beschreibung zu sein.

'Lasst euch Zeit,' entgegnete Nem. 'Würde es euch helfen wenn wir uns diesem Planeten noch ein wenig nähern?'

Die Zwillinge sahen sich teils fragend an, bevor sie leicht nickten.

Vorsichtig tastete Pilot nach Liens Geist und der Kugel. 'Sagt mir bitte wenn es nahe genug ist, oder sich Probleme ankündigen.' Sie wollte auf jeden Fall kein Risiko eingehen.

Sie spürte die Zustimmung der Anderen während sie nach draußen blickte.

Es war schon etwas merkwürdig und vielleicht ungewöhnlich, doch genau aus diesem Grund hatten sie doch alle beschlossen das Wagnis einzugehen und neue Welten zu entdecken.

-

Pilot war ein wenig verwirrt, als sie die Augen aufschlug. Sie hatte diesmal etwas länger geruht und hatte das Gefühl, dass Liens Geist noch immer in ihrem abklingenden Traum nachhallte. Für einen Moment fragte sie sich, ob es zwischen ihnen überhaupt noch eine Trennung gab. Es fühlte sich jedenfalls langsam nicht mehr so an. Nicht das es sie fürchten würde immerhin verbanden sie sich während eines Lichtsprunges vollkommen, aber es war nur von begrenzter Dauer. Solch ein Prozess in dieser Art setzte meistens erst dann ein, wenn das Ende sehr nah war. Eigentlich fühlten sie sich dafür aber noch nicht bereit. Weder sie noch Lien wollten ins ewige Sternenmeer hinüber gleiten. Ganz besonders nicht unter den derzeitigen Bedingungen.

Pilot brummte leise und sah sich um, doch außer dem leider nur zu bekannten Anblick hatte sich gar nichts verändert.

Sie streckte sich leicht und tastete dann nach Liens Präsenz. Wenigstens hatten sie noch einander. Was wohl auch wahrscheinlich der Grund war, weshalb die Grenze zwischen ihren Geistern mehr und mehr fließend wurde.

Nach einer Weile dämmerte sie wieder weg, aber Pilot ließ es zu, denn es war langweilig, wenn sie nichts tun konnten, außer ihren Gedanken und Erinnerungen nachzuhängen.

-

Man konnte jetzt schon deutlich erkennen, dass die untere Oberfläche von einem fast durchgängigen Gelb war. Darüber schwebten riesige, wolkenartige Konstrukte, die immer größer wurden, je näher sie diesem Planeten kamen.

'Seltsam,' meinte Arek nach einer Weile. Ich kann auf der Oberfläche keinerlei Leben feststellen, nur in diesen seltsamen Wolken.'

Er blickte zu seinem Bruder hinüber, doch dieser schien an etwas anderem dran zu sein. 'Diese Oberfläche ist dünn. Wenn Lien mir jetzt nichts falsches übermittelt sind das maximal zwischen 15 und 30 Armlängen. Darunter und darüber ist nur Gas.'

Pilot lächelte leicht. Das war doch genau nach ihrem Geschmack. Ein exotischer Planet.

'Könnt ihr mehr über diese Lebensformen auf diese Entfernung herausfinden?' fragte Nem nach doch die Zwillinge schüttelten fast synchron die Köpfe bevor er zu Pilot und erneut zu den Zwillingen sah.

'Gibt es Anzeichen dass wir schon bemerkt wurden?' wieder folgte nur ein Kopfschütteln und Nem blickte zu Pilot. 'Wollen wir es wagen?' fragte er leise und sie sah hinüber, bevor sie nachdenklich nickte.

Vielleicht waren es die alten Ereignisse die ein leichtes Unwohlsein bei Pilot hervorriefen was sich leider auch auf die Anderen übertrug.

Niemand mochte es verletzt zu werden und dementsprechend vorsichtig waren sie geworden.

Langsam verkürzten sie den Abstand doch noch immer schien es von den Lebewesen auf diesem Planeten keine Reaktion zu geben.

Vielleicht waren sie nicht weit genug entwickelt, immerhin hatten die Zwillinge auch keine weiteren Transportmittel ausfindig machen können.

Dadurch ein wenig ermutigt setzten sie ihren Weg fort und nach einer Weile waren sie nahe genug um erkennen zu können, dass auf den Wolken ganze Städte aufgebaut waren. Ein wenig primitiv vielleicht, aber eindeutig Behausungen in denen man wohnen konnte.

Die humanoid wirkenden Wesen waren nun ebenfalls in der Lage sie zu sehen, da Lien nahe genug heran war, doch noch immer zeigte sich keinerlei Reaktion.

Eher beobachteten die vier wie sich einige Gruppen von ihnen an den Rändern der Wolken versammelten.

Dann, ohne jegliche Vorwarnung sprangen sie herab und die Vier zuckten zusammen. War ihr Auftauchen etwa daran Schuld?

Doch es war Kev der die entscheidende Entdeckung machte. 'Achtet auf die Wolke,' meinte er plötzlich leicht aufgeregt. Dünn, und immer dünner werdend gingen Teile der Wolke seilartig nach unten, folgten den Springern nach und erst jetzt sah, dass diese seilartigen auswüchse mit den Körpern der humanoiden Wesen verbunden waren.
 

Kurz vor dem goldenen Feld wurden sie langsamer und blieben wenige Armlängen über dieser Oberfläche scheinbar in der Luft stehen.

Mit ihren langen, mehrfach anwinkelbaren Gliedmaßen begannen sie in die goldene Oberfläche hinein zu greifen und Teile davon herauszutrennen.

Wenn sie davon genügend gesammelt hatten, zogen sie kurz an dem Seil und sofort sausten sie wieder zurück zur Wolkenstadt.

Dabei bewegten sie das, was man vielleicht als Kopf bezeichnen könnte keinen Microt von der Stelle.
 

Fasziniert blickte Pilot ihnen dabei zu. Sie hatten zwar keine Ahnung was diese Wesen da trieben, aber das machte die Sache doch gerade interessant.

'Sie ernten,' meinte Nem nach einer Weile und sah doch ein wenig irritiert drein. 'Scheinbar tragen sie die oberste Schicht ab.'

Nach einer Weile zeigte sich ein matter Bereich, wo schon abgetragen worden war. Doch auch dort waren einzelne golden Spuren sichtbar.

'Scheinbar haben sie uns noch nicht entdeckt. Vielleicht sollten wir weiter reisen und sie nicht weiter behelligen,' murmelte Pilot.

Zögerlich nickten die Anderen so das sie einen Kurs auswählte, der sie aus dem System bringen würde, ohne dass sie diesem Planeten näher kamen als unbedingt nötig.

Wer da auch immer dort lebte, sie sollten sich in Ruhe und ohne Störung entwickeln.

Auch wenn es Pilot schwer fiel, sie würden weiter in Richtung Dricor fliegen.

Exil

Kap11

Kurz bevor sie Dricor erreichten, machten sich die ersten Dricorianer fertig, die den Leviathan immer noch verlassen wollten.

Die Vier beobachteten sie bei ihrem Tun und verspürten doch ein wenig Traurigkeit.

Jedoch wurden sie recht schnell abgelenkt, als ein anderer Leviathan in ihre Nähe kam.

Er entfernte sich zügig von dem Planeten, was Pilot etwas verwunderte, denn just in diesem Moment wurden sie gerufen und das in einer Dringlichkeit, die alle aufhorchen ließ.

Noch bevor Nem die Verbindung vollends hergestellt hatte hörten sie auch schon die Stimmen der Anderen.

Sie waren in starker Aufruhr und wenn sie gekonnt hätten, hätten sie wohl auch verwirrte Geistfarben gesehen.

'Fliegt nicht nach Dricor!' war das Credo.

'Warum?' fragte Pilot irritiert nach.

Kurz schwiegen die Anderen, bevor sie sich wieder meldeten.

'Die Ältesten wollen das Projekt einstellen. Sie ordern alle Leviathane zurück nach Dricor. Wenn ihr dort landet, werdet ihr nie wieder von dort los kommen.'

Irritiert blickten die Vier sich an.

Zum einen waren sie geschockt über diese Nachricht, hatte ihre Reise doch gefühlt gerade erst begonnen und zum Anderen gerieten sie in einen Zwiespalt. Wenn das wirklich stimmte wären sie gezwungen den Anweisungen der Ältesten folge zu leisten.

Vielleicht war das auch ein Grund weshalb die Anderen sich jetzt so schnell entfernten?

Pilot blickte in die Gesichter der Anderen und versuchte in ihren Geistfarben zu lesen. Doch der Schock über diese Nachricht steckte ihnen tief in den Knochen.

Das letzte, was sie wollten war ihre Reise jetzt schon zu beenden.

'Wir müssen die Anderen in Kapsel herunterschicken,' meinte überraschenderweise Arek als erstes.

'Bist du dir sicher?' wollte Pilot wissen und er blickte sie daraufhin ein wenig trotzig an.

'Natürlich. Ich habe mich hierzu entschlossen und das letzte was ich möchte ist jetzt irgendwo auf Dricor zu versauern.' Denn sie wussten alle, dass sie Lien nie wieder lebend verlassen würden.

Arek und Kev sahen zu Nem, welcher weiter zu Pilot blickte. Letztendlich oblag ihr die Entscheidungsgewalt.

Es war schon ein wenig seltsam wie die relativ kurze zeit, die sie nun schon gemeinsam auf Lien verbracht hatten sie veränderte. Denn das, was sie nun planten war im Endeffekt nichts anderes als eine Rebellion gegen die Ältesten. Das wäre früher auf Dricor undenkbar gewesen.

Als Pilot die Geistfarben der Anderen sah war eigentlich klar, was nun passieren würde.

'Alle die Lien verlassen möchten, begeben sich bitte umgehend zu den Kapseln,' informierte sie schließlich die Crew. 'Wir werden nicht auf Dricor landen und auch direkt wieder zwischen die Sterne zurückkehren.'

Sie wusste, dass diese Entscheidung sie wohl möglich einen Großteil ihrer Kapseln kosten würde und es dauerte, bis Lien zusammen mit den Bioformern neue entwickelt hatte.

Doch niemand von ihnen wollte zum jetzigen Zeitpunkt auf Dricor für eine unbestimmte Zeit festsitzen.

Sie hatten doch gerade erst damit begonnen an der Muschelschale der Möglichkeiten zu kratzen. Jetzt wollten sie auch die Perle der Erkenntnis entdecken, die sich darunter versteckte, auch wenn das bedeutete vielleicht für eine sehr lange Zeit nicht mehr nach Hause ins Heimelement zurück zu kehren.

-

'Du hast die richtige Entscheidung getroffen,' das waren Nems Worte damals zu ihr gewesen.

Pilot strich sanft über die Stränge. 'Ja, ich vermisse sie auch,' flüsterte sie im Geiste leise.

Wie richtig ihre Entscheidung damals gewesen war, gegen den Willen des Ältesten zu agieren, hatte sie am Anfang noch gar nicht abschätzen können.

Erst viel später wurde es ihnen klar, als sie auf immer weniger von ihnen trafen, bis sie schließlich gefühlt alleine zwischen den Sternen waren.

Pilot wünschte sich, dass sie doch endlich wieder Besuch bekommen würden.

Mittlerweile war es ihr sogar fast schon egal von wem.

Hauptsache sie hatte auch mal jemand Anderen zum Gedankenaustausch und erfuhr endlich mehr, was eigentlich da gerade auf Dricor passierte.

Das man sie isoliert hatte machte vielleicht eine Strafe für ihr Vergehen sein, doch es war eine sehr harte Strafe und sie hielt jetzt auch schon unverhältnismäßig lange an.

Erneut lies Pilot ihren Blick nach Draußen wandern, doch auf dem kahlen Meeresboden hatte sich nichts verändert.

Auch Lien schlug die Situation mit der Zeit auf das Gemüt. Oft hatten sie versucht sich frei zu schwimmen, doch im Endeffekt waren ihre Kräfte vergeudet.

Pilot lachte ironisch. Zwischen den Sternen war es ihnen möglich riesigen Distanzen innerhalb eines Augenblickes zurückzulegen und das Heimelement schaffte es sie an einen Fleck zu binden.

-

Manchmal war es schon schwer Entscheidungen zu treffen, aber auch deshalb waren sie zu viert.

Seitdem sie Dricor verlassen hatten waren ganze zwei Zyklen vergangen. Zwei Zyklen, in denen sich so einiges verändert hatte.

Mit dem Wissen, das man jetzt nicht mehr auf die Hilfe und den Rückhalt von Dricor vertrauen konnte, mussten neue Wege gefunden werden auch weiterhin ein effektives und funktionierendes Zusammenleben zu wahren.

Mehr denn je waren besonders die Bioformer gefordert, die Lien auf eine lange Zeit ohne Hilfe von Außen vorbereiten mussten, ohne sie dabei jedoch in irgend einer Art und Weise dabei einzuschränken.

Pilot musste Liens Unwohlsein kompensieren, was sie auch durchaus verstehen konnte. Keiner von ihnen hatte damit gerechnet.

Das die Ältesten stur sein konnten, hatten sie schon mehrfach unter Beweis gestellt, doch das war eine relativ unverständliche Aktion.

Da jedoch kein Kontakt mehr zu Dricor bestand, waren es am Ende nur Mutmaßungen.

Pilot seufzte leise im Geiste, während sie sich von Nem einige Vorschläge machen lies, wohin sie sich diesmal wenden sollten.

Allein durch ihre freie Reisewahl hatten sie schon viele, bisher unerforschte und auch unbekannte Planetensysteme gefunden.

Leider beherbergte keines von ihnen einen Planeten, der ihren Anforderungen entsprach.

Doch sie brauchten langsam wieder einen Ort wo sie Wasser austauschen und auch Pflanzen ersetzen konnten.

Die letzten Algenernten waren nicht sonderlich zufriedenstellend ausgefallen und auch ihre Muschelvorräte waren dramatisch geschrumpft.

Sie waren zwar größtenteils unabhängig, doch auf längere Sicht brauchten sie Ersatz, auch um das fragile Ökosystem auf diesem Schiff im Gleichgewicht zu halten und die Artenvielfalt zu gewährleisten.

Inzucht war etwas, das unter allen Umständen zu vermeiden war.

Dementsprechend war es wünschenswert, dass sie wieder auf ein nutzbares planetarisches Ökosystem trafen.

-

Pilot schreckt fast aus ihren Erinnerungen auf, als sie Liens Anspannung spürte.

Etwas stimmte mit der Strömung nicht, die sie zu Boden zwang. Es schien, als habe sie sich minimal verändert.

Für Mutmaßungen, was die Ursache dafür sein könnte, blieb keine Zeit.

Lien konnte sich minimal bewegen und das versuchten sie nun direkt auszunutzen.

Wenn es ihnen gelänge sich langsam seitlich aus der Strömung zu bewegen... Aufregung erfasste die Beiden.

Es wein ein schon lange nicht mehr wahrgenommenes, aber angenehmes Gefühl.

Lien gab ihr Bestes und ihr gelang es sogar ein wenig über den Boden zu kriechen, doch dann verstärkte sich die Strömung erneut und sie wurden wieder auf den Boden gepresst.

Beide stöhnten synchron frustriert auf.

Für einen kurzen Zeitraum hatte es doch ausgesehen, als erhielten sie eine zweite Chance.



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