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»Wie könnte ich jetzt noch sterben?!«

[Marco <3 Ace]
von

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»Wie könnte ich jetzt noch sterben?!«

Schweißgebadet schreckte ich in jener Nacht hoch. Mit leicht zittriger Hand fuhr ich mir erst über's Gesicht, dann durch die Haare, ehe ich langsam aufstand. Das war übel.

Ich hatte schon lange keinen Alptraum mehr gehabt und schon gar nicht so einen. Wie in Trance zog ich mir eine Hose und eine lockere Jacke an und ging an Deck. Frische Luft würde mich wieder klar denken lassen, so dachte ich. Es war noch mitten in der Nacht und der Himmel war sternenklar. Ich lehnte mich über die Reling und beobachtete den seichten Wellengang. Der Anblick und das leichte hin und her Schunkeln der Moby Dick brachte mich zumindest etwas zur Ruhe, auch wenn die Bilder meines Traums nicht aus meinem Kopf verschwinden wollten, sodass mein Herz weiterhin heftig schlug. Vor allem, als ich unverhofft deine Stimme vernahm: „Hey Marco, was machst du hier draußen?“ Ich schaute nach hinten und blickte sogleich in dein grinsendes Gesicht. Doch als du mich ansahst, verschwand dein Grinsen und wich einer besorgten Mine. Ich hatte meine Mimik wohl doch noch nicht ganz unter Kontrolle und muss dich ziemlich aufgelöst angeguckt haben.

„Was ist los?“ Du kamst weiter auf mich zu und als ich nach einem weiteren kurzen Moment endlich meinen Blick wieder von dir nehmen konnte und ihn wieder in die Ferne richtete, antwortete ich: „Nichts. Nichts, ich hab‘ nur schlecht geschlafen.“ Mittlerweile warst du neben mir zum Stehen gekommen und ich spürte deinen Blick regelrecht auf mir ruhen. „Und deswegen starrst du mich an, als hättest du einen Geist gesehen?!“ Ich hörte an deinem Ton, dass du dabei grinstest und noch immer leicht betrunken vom Abend warst. Wir hatten gefeiert. Ich weiß heute nicht mehr warum, aber das spielt auch keine Rolle.

Du hattest dich mit dem Rücken an die Reling gelehnt und legtest mir deine Hand auf die Schulter. „Komm, mir kannst du's doch erzählen. Hast du schlecht geträumt oder was?“ Du stelltest die Frage so, als wäre das total absurd gewesen. Leicht schüttelte ich den Kopf. „Lass gut sein, Ace. Wieso legst du dich nicht wieder hin?!“, meinte ich, mein Unwohlsein überspielend. Doch natürlich ließest du dich nicht abwimmeln. Das war nicht deine Art. Wenn es jemanden aus der Mannschaft nicht gut ging oder jemand Hilfe brauchte, warst du nicht der Typ, der es einfach dabei beließ. Du wolltest helfen, es war dir wichtig, dass es allen gut ging.

„Als ob, sag mir einfach was los ist.“ Als wäre es selbstverständlich. Als wäre es selbstverständlich, dass du dich um alle Belange der Crew kümmerst, sagtest du das. In diesem Moment dachte ich daran zurück, wie du zu uns gestoßen warst, die Wandlung vom kleinen Rotzlöffel zum Kommandanten der 2. Division war enorm und trotzdem wusste ich damals schon, ebenso wie Vater, dass du etwas Besonderes warst. Nun musste ich kurz grinsen und leicht den Kopf schütteln. Für einen Augenblick sah ich in dein nun neugieriges Gesicht. Als ich wieder auf die Wellen schaute, meinte ich: „Ja, ich hab‘ tatsächlich ziemliche Scheiße geträumt.“ - „Was hast du-“ Ich wusste, dass du die Frage stellen würdest und nicht eher Ruhe gabst, bis ich es dir sagte, weshalb ich dir gleich antwortete. „Ich hab‘ geträumt, wie du stirbst.“ Ich sagte es in einem ernsthaften Ton, blickte dich kurz an und sah, wie auch dein Gesicht ernst wurde. Ich schaute wieder aufs Meer. Für einige Momente herrschte Stille zwischen uns, nur das Rauschen der Wellen und das Knarzen des Holzes der Moby Dick waren zu hören. Ich konnte mir nicht vorstellen, was du jetzt dachtest. Vielleicht, dass es absurd sei, deswegen betrübt zu sein. Vielleicht war es unbegreiflich für dich, dass mich das so mitnahm. Vielleicht konntest du einfach nicht verstehen, dass genau das das Schlimmste für mich war. Ich dachte in dem Moment darüber nach, was wohl in deinem Kopf vor sich ging, doch wurde schon bald von dir aus meinen Gedanken gerissen. Im Augenwinkel sah ich, wie du mir näher kamst und mir dann sachte einen Kuss auf die Wange gabst. Normalerweise war ich nicht der Typ, dem die Worte fehlten oder den man schnell aus der Bahn warf, doch bei dir war das was ganz anderes. Ich hatte das Gefühl, dass mein Körper für kurze Zeit gelähmt war und ich mich einfach nicht bewegen konnte.

„Als ob ich so schnell sterben würde“, sagtest du leise in so einem sanften Ton, wie ich es noch nie zuvor von dir gehört hatte. Dennoch hörte ich an deiner Stimme, dass du nun wieder grinstest. Etwas zögerlich neigte ich meinen Kopf nun in deine Richtung. Du warst mir so nah, wie nie zuvor. In deinem schelmisch grinsenden Gesicht lag nun noch etwas anderes, etwas Neues. Ich wusste nicht, was es war, ich konnte es nicht deuten. Besorgnis? Mitgefühl? Sehnsucht? Liebe?

Deine leicht geröteten Wangen unterstrichen diesen unwirklichen Anblick, und dennoch war ich mir sicher, dass es Letzteres nicht sein konnte. Trotzdem. In diesem Moment, auch wenn du betrunken warst, du vielleicht nur deswegen diese leichte Röte im Gesicht hattest und mir nur aus diesem Grund so nah warst, konnte ich mich nicht zurückhalten. Ohne Vorwarnung überwand ich die letzten Zentimeter und presste meine Lippen sanft, wenn auch bestimmt, auf deine. Zu meiner Überraschung sah ich kein Erstaunen in deinen Augen. Stattdessen schlosst du sie langsam und erwidertest den Kuss. Fast zeitgleich spürte ich deine beiden Hände in meinem Nacken und ich hatte das Gefühl, dass ich weitaus überraschter war als du. Was wohl auch der Fall war. Dennoch legte ich nach nicht allzu langer Bedenkzeit einen Arm um deine Hüfte und zog dich näher an mich heran.

Ich fühlte mich in diesem Moment zu gleichen Teilen beschämt und glücklich.

Du warst betrunken, und womöglich hattest du keinen Plan, was du hier eigentlich tatest. Doch ich war in dem Moment egoistisch, denn ich hatte dich Idioten schon zu lange, zu sehr ins Herz geschlossen.

Du warst es, der den Kuss löste. Wir öffneten beide unsere Augen und ich blickte wieder in dein grinsendes, leicht gerötetes Gesicht. Dein Grinsen jedoch wandelte sich dann in ein nie dagewesenes, sanftes Lächeln und du sagtest etwas, das ich nie vergessen werde: „Wie könnte ich jetzt noch sterben?!“ Und noch heute liebe und hasse ich dich zugleich für diesen Satz.

Dann schliefst du auf der Stelle ein. Dein Kopf fiel sachte auf meine Schulter, sodass ich dein Schnarchen neben meinem Ohr hörte. Ich musste dich festhalten, damit du nicht nach vorn kipptest. Und ich weiß noch, wie ich dachte: „Nein, bitte nicht jetzt. Tu mir das nicht an, du verdammter Trottel!“ Und obwohl ich wusste, dass es sinnlos war, dich wecken zu wollen, versuchte ich es trotzdem. Vergeblich. Schwer seufzend nahm ich dich Huckepack und trug dich in dein Bett. Vorsichtig, auch wenn du sowieso nicht wach geworden wärst, legte ich dich hin und deckte dich zu, damit abschließend, dass dies wohl die erste und letzte Begegnung dieser Art mit dir sein würde, auch wenn dein letzter Satz mich innerlich hoffen ließ.
 

Der Rest der Nacht war furchtbar. Normalerweise war ich eine sehr gelassene Person, nur eben nicht, wenn es um dich ging. Es dauerte eine Ewigkeit bis ich wieder einschlief, weswegen ich auch länger schlief als gewohnt.

Ein Crewmitglied weckte mich aufgelöst. „Marco, wach auf! Es ist was Furchtbares passiert.“ Müde rappelte ich mich auf und wischte mir über die Augen. „T-Teach, er...er hat Thatch ermordet und ist mit der Teufelsfrucht abgehauen.“ Sofort war ich hellwach und schaute ihn schockiert an. Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. „Was?!“ Doch damit noch nicht genug. Hektisch nickte mein Kamerad und deutete auf die Tür, welche an Deck führte. „Ja und Ace will ihm folgen! Vater und die anderen versuchen ihn aufzuhalten, doch er lässt nicht mit sich reden.“

Augenblicklich sprang ich auf, drängte mich an ihm vorbei und riss die Tür auf. Ich konnte die Informationen gar nicht so schnell verarbeiten, wie ich an Deck war.

Ich sah, wie die anderen dich zurückhielten, doch du wehrtest dich und brülltest herum. Sogar Vater widersprachst du. Du wolltest Teach unbedingt folgen. Du konntest es nicht mit dir vereinbaren, jemanden davon kommen zu lassen, der einen Kameraden getötet hatte und der auch noch aus deiner Division stammte. Zudem hatte er Vater Schande gebracht. Im ersten Moment konnte ich nichts anderes tun, als einfach nur dazustehen und zu sehen, wie verzweifelt du warst und wie sehr du dich dafür verantwortlich machtest. Doch dann sprangst du von Bord auf deinen Striker. Schnell sprintete ich zur Reling, über welche ich mich beugte. Meine Hände zitterten und klammerten sich fest an das Holz. Mein Herz raste und ich merkte, wie mein Atem schneller wurde.

„Ace, komm zurück!“, rief ich dir nach, doch du fuhrst einfach weiter. Du hieltest nicht an. Du drehtest nicht um. Du machtest keine Anstalten, auf mich zu hören und ich bemerkte, wie die Angst wieder in mir aufflammte, welche ich auch nach dem Traum verspürte.

Heute bereue ich nichts mehr als die Tatsache, dass ich dir an diesem Tag nicht gefolgt bin.
 

Es folgten Tage, dann Wochen und Monate der Ungewissheit. Bis zu jenem Moment, als in der Zeitung stand, dass du hingerichtet werden sollst. Ich starrte auf den Artikel und verfluchte Teach. Dieser gottverdammte Teach. Er war es, der alles, wofür wir so hart gearbeitet – wofür wir gelebt hatten, zerstörte. Erst Thatch. Dann du. Und dann Vater.

Die Schlacht auf Marineford. Die schicksalhafteste Schlacht nicht nur meines Lebens, sondern der ganzen Welt. Als ich sah, wie dein Bruder dich rettete, hätte ich niemals in Worte fassen können, wie unglaublich erleichtert und glücklich ich war. Dein Gesicht, dein unverkennbares Grinsen und deine stürmische Art wieder zu sehen, ließ mich einen kurzen Höhenflug erleben. Doch viel zu schnell stürzte ich von so weit oben hinab in die tiefsten Winkel der Hölle. Als du dich schützend vor deinen Bruder stelltest und Akainu dich durchbohrte, schnürte es mir die Luft ab. Ich wusste, dass ich jetzt nicht nachlassen durfte, dass ich immer noch Männer zu befehligen und Leute zu beschützen hatte. Doch dieser Anblick erschütterte mich bis ins tiefste Mark. Ich weiß nicht, wie ich den Rest des Kampfes überstanden habe. Ich weiß nur, dass ich dir deinen letzten Wunsch erfüllen wollte – deinen Bruder zu retten. Der Rest ist verschleiert und verblasst immer mehr. Das Einzige, was ich nach wie vor deutlich sehe, bist du. Wie du stirbst.
 

Es sind besonders solche sternenklaren Nächte wie heute, die mich an eben jene erinnern, in der wir uns das erste und letzte Mal küssten. Und ich muss jedes Mal daran denken, dass ich nie erfahren werde, was du wirklich empfandest. In diesem Moment. Für mich. Ich werde nie erfahren, ob du einfach nur zu betrunken warst oder die gleichen Gefühle hegtest wie ich. Und obwohl es jetzt keine Rolle mehr spielt, kann ich nicht aufhören, darüber nachzudenken. Ich kann nicht aufhören, an dein lächelndes Gesicht zu denken und an deine Worte: „Wie könnte ich jetzt noch sterben?!“. Und im selben Moment muss ich daran denken, wie du stirbst. Wie du einfach stirbst und mir wird immer und immer wieder bewusst, dass du in der heutigen sternenklaren Nacht nicht zu mir kommen und mich fragen wirst: „Hey Marco, was machst du hier draußen?“. Heute nicht. Und auch die nächsten Nächte nicht. Und dann laufen mir unaufhörlich stumme Tränen über's Gesicht. Jedes Mal.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Keksi-Senpai
2017-03-03T02:18:12+00:00 03.03.2017 03:18
Messerstiche... Diese Geschichte reißt einem das Herz aus der Brust. Oh Gott. Und das schlimmste: Marco bleibt ewig alleine mit der Ungewissheit.
Das war einfach nur gut.

~Iced~
Von:  Akari
2016-12-16T09:45:42+00:00 16.12.2016 10:45
Ich hoffe, du kriegst noch mehr Kommentare auf die FF, bzw. dass es zumindest viele lesen T^T
Mir hat die Geschichte wie gesagt sehr gut gefallen, auch wenn es echt sehr traurig war =(
Aber sehr gut geschrieben, es hat wie immer Spaß gemacht, beta zu lesen und ich hoffe, du schreibst noch viele weitere so tolle Geschichten <3
Von:  Black-Heart-OP
2016-12-07T20:26:21+00:00 07.12.2016 21:26
Sooooo traurig!
Eine echt herzergreifende Geschichte! Wirklich schön geschrieben. Gefällt mir wirklich ;3
LG Black


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