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Von Asen & Devas

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Feuer & Schwert… Mond & Krone

Weihnachten und Neujahr vergingen rasch. Wir hatten uns einigermaßen eingelebt. Eines Nachmittags, draußen lag noch Schnee, fragte ich nun den indischen Butler Agni zum x-ten Mal ob er mich doch nicht unterrichten könnte mit indischen Gewürzen umzugehen.

„Ich habe es dir schon mal gesagt… Das ist nicht so einfach!“

„Wieso?! Ich möchte es so gerne lernen!!!! Bitte, bitte Agni…“

„WIGBURG!!!!!!!!!“, trällerte Lieschens Stimme, die uns entgegen kam, dick eingepackt in Winterklamotten.

„Finny, Bard und Maylene wollen Schlittenfahren gehen!!!“

„Aber… die Arbeit…“

„Sebastian hat uns allen frei gegeben, Tanaka-san hat uns Sandwiche für später gemacht, kommst du mit Wigburg?!“

„OH JA!!!!! Ich ziehe mich ganz schnell an!!!“ Und ich war fix im Mantel und genauso fix mit Lieschen draußen. Agni blieb nur zurück, sein „Viel Spaß ihr beide!“ hatten wir nicht mehr gehört.
 

Auf einem Hügel außerhalb der Stadt, hatten wir unsere Schlitten Bahn. Etwas weiter weg vom Hügel hatten wir vorher einen großen Haufen aus losem Schnee angehäuft der bei zu großer Geschwindigkeit als Auffangkissen diente. Finny fuhr anfangs mit Bard, da dieser etwas unsicher war damit. Grade als wir alle wieder den Hügel hinauf gingen sahen wir wie sich zwei Gestalten näherten.

„HEY IHR!!!“ Wir erkannten die Stimme von Prinz Soma, der in Begleitung seines Butlers war.

„Was macht ihr da?“, fragte er uns als er und Agni zu uns trat.

„Wir fahren Schlitten.“, antwortet Maylene.

„Ich dachte das heißt rodeln…“, meinte Finny.

„Beides ist richtig…“, murmelte ich lächelnd.

Da der Prinz immer noch verwirrt drein guckte erklärte Bard: „ Wir fahren mit den Schlitten den Hügel runter. Das sind immer tolle Wettrennen!!“

„Macht ihr das immer so?“, fragte nun der Prinz.

„Nein, nur im Winter bei viel Schnee.“, sagte ich.

„Wollt Ihr eine Runde mitfahren?“, fragte Lisabeth keck den Prinzen und grinst.

„Was?!“ Sie begann frech zu kichern und schob den widerspenstigen Prinzen zum nächst stehenden Schlitten.

„Na kommt schon… Ihr seid doch sonst nicht so zimperlich, hehe!“

„Ähm… ich weiß nicht...“, stottert Prinz Soma und starrt auf den Schlitten. „Das Ding sieht nicht grade stabil aus…“ Nützen tat das nicht! Lieschen setzte ihn einfach auf den Schlitten und setzte sich vor ihm drauf.

„Keine Sorge, Wigburg und ich sind schon ein paarmal damit gefahren und sie ist etwas schwerer als Ihr.“

„Hey!!! Ich bin nicht dick!!!!“

Bevor der Prinz wieder versuchte zu protestieren, waren er und Lisabeth mit Huiiiii! Abgefahren und mit großer Geschwindigkeit auf den Weg nach unten. Sein Butler konnte nur hilflos zu sehen wie er und Lieschen davon bretterte und vor Angst schrie.

„PRINZ SOMA!!!“

„Frühstart zählt nicht!!!“, rief Bard und schnappte sich den anderen Schlitten. Finny und Maylene folgten auf dem anderen.

„WARTET AUF MICH!!!“, Ich stieg auf den dritten Schlitten und wollte mich grade abstoßen als Agni sich zu mir auf den Schlitten setzte.

„Schnell! Eh der Prinz sich verletzt!!“

„Super!! Durch dein Gewicht werde ich sogar noch schneller!!!“ Ich stoß mich ab und ab ging es. Agni fürchtete sich etwas aber mehr um den Prinzen, der immer noch rum krakeelte.

„Stellt Euch nicht so an!!“, lachte Lieschen. „Wir haben fast gewonnen!!!“ Das konnte ich nicht zulassen! Mit den Füßen und mein Gewicht lenkte ich den Schlitten flink an den anderen vorbei und überholte Bard, Finny und Maylene. Agni war immer noch an mich geklammert und musste sogar seinen Turban festhalten sonst hätte der Fahrtwind den weggeweht.

„LIESCHEN!!! WIR KOMMEN!!!“

„Mich überholst du nicht Schwesterherz…“, murmelt sie siegessicher, während Prinz Soma sich auch an ihr festklammert. Da entdeckte sie einen Hubbel aus festgestampften Schnee und steuert darauf zu.

„Was hast du vor?“, fragte der Prinz. „Fahr nach Links!!! Links!! LINKS!!!!!!!!!“ Zu spät, Lisabeth fuhr darüber und der Hubbel wirkte wie eine Rampe so dass die beiden ein paar Meter durch die Luft flogen, bevor sie landeten und endlich stehen blieben. Lieschen lachte immer noch herzlich, während es dem Prinzen total schwindelig war.

„Kali und Shiva, war das ein Höllen-Trip…“

„Na, hattet Ihr Spaß??“

„Spaß? SPAß?!!!! Du hättest uns fast umgebr…!“

„AUS DER BAHN! ICH KANN NICHT BREMSEN!!!!!“, kam es von mir. Agni konnte rechtzeitig vom Schlitten herunterspringen, bevor ich wie ein Geschoß in den Schneehaufen raste und drin stecken blieb. Lieschen und der Prinz sahen sich zuerst an, bevor sie in schallendes Gelächter ausbrachen.

„Hast du das gesehen?!!!“

„Mit Voll-Karacho!!! HAHAHAHAHA!!“

„Euch geht es wohl gut, mein Prinz…“, murmelte Agni erleichtert, während ich ächzend mich aus dem Schnee wurschtelte.

„Jaja, lacht nur ihr Gackerliesels… Übrigens, mir geht’s gut, danke der Nachfrage.“

„Tut mir Leid…“, lachte Lisabeth und kam zu mir rüber. „Wir wollten nicht über dich lachen, ganz ehrlich!“

„Ja, schon gut… Bitte zieh mich raus… ich stecke fest.“ Und reichte dabei Lisabeth meine Hände. Mit vereinten Kräften zogen Lieschen, aber auch Agni und Prinz Soma mich raus.

„Also… ich könnte jetzt ne Pause gebrauchen…“

„Gute Idee!“, brummte Bard, während er sich eine neue Zigarette ansteckte. „Ich hab Hunger.“

„Tja, dann lass uns Pause machen.“, erwidert Lieschen zufrieden und half mir den Schnee abzuklopfen.
 

Später, auf dem Hügel, hatten wir eine Wolldecke ausgebreitet, uns drauf gesetzt und verputzten die Sandwiches die Tanaka-san uns gemacht hatte. Auch Prinz Soma und Agni schlemmten ordentlich, die frische Luft machte ordentlich Appetit. Grad aber als der Prinz sich eines der Sandwiche greifen wollte, schnappte Lieschen es ihm aus der Hand.

„Hey!!!! Das ist mein Sandwich!!!!“

„Ich glaube aber nicht dass Ihr das essen wollt, verehrter Prinz.“, kontert Lieschen lässig und klappte die Stulle auf. Eine grau-rosa sämige Masse klebte auf dem Salatblatt zwischen den Broten.

„Kalbsleberwurst.“, antwortete Lisabeth dem verwirrten Blick des Prinzen, der dann auf einmal angewidert und entsetzt guckte.

„Ich wollte Euch nur vor einer großen Dummheit bewahren. Ihr Inder isst ja kein Rind, oder?“

„Äh… nein…“

„Hier, Ihr könnt meins haben.“, sagte sie und gab dem Prinzen ihr Sandwich. „Es ist mit Hühnchen und Käse.“

„Äh… Danke…“, sagte Prinz Soma verlegen und nahm es.

„Was wollen wir als nächstes machen? Schlittenfahren wird langsam langweilig…“, brummt Bard.

„Schneeballschlacht!!!!“, johlt Finny. Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen. Jeder wurde mindestens einmal eingeseift, auch Prinz Soma und Agni, die auch ihren Spaß mit dem Schnee hatten.
 

Aber am nächsten Tag…

Sebastian, Agni, Lisabeth und Ich machten grad den Speisesaal sauber und deckten den Tisch, als Prinz Soma grad eintrat. Sein Blick wirkte etwas abgetreten und gequält.

„Prinz Soma?“, fragte sein Butler besorgt. Jetzt fiel uns beiden auf dass das Gesicht des Prinzen etwas blass war.

„Mir... mir ist irgendwie…“ Er begann auf einmal zu würgen und schwankte.

„PRINZ!!“

„Agni… Hilf mir!!“, keuchte der Prinz und war fast weiß im Gesicht.

„Bring ihn weg!!!“, donnerte ich blitzartig. „Irgendwo wo er sich übergeben kann!!!“

„Vielleicht braucht er frische Luft! Er muss ruhen!!“ Lieschen bangte etwas. Der Khansama des Prinzen, legte seine unbandagierte Hand auf die Stirn seines Herrn.

„Er hat Fieber! Er muss ins Bett!!“

Oh Nein!! Das war erschütternd!

„Er hat wohl zu lange im Schnee gespielt.“, sagte Sebastian ungerührt. „Wunderlich dass sein Butler auch nicht krank ist, aber anderseits ist unser Prinz wirklich nicht oft aus dem Palast gekommen.“

„Aber… etwas Schnee…“

„Lieschen!!! In Indien gibt es im Winter keinen Schnee!!! Das sind die beiden nicht gewohnt!!“
 

Der Prinz war schwer erkrankt. Wir konnten keinen Arzt holen weil es immer mehr Schnee gab und wir so keinen zur Landvilla holen konnten, wo wir grade sind. Agni versuchte es mit dem Heilwissen seiner Heimat was aber eher mäßig half. Eines Abends sitzen wir drei am Krankenbett des Prinzen.

„Er hat die letzten drei Nächte nicht geschlafen…“, murmelt Agni. „Das Fieber hat sich nicht verbessert und er scheint Schmerzen zu haben…“

„Ich wollte doch nur, dass er etwas Spaß mit uns hat…“, wimmert Lieschen schuldbewusst. „…, dass er etwas fröhlicher wird, nachdem was diese Meena, dieses Schinoos, ihm angetan hat!!“

„Keiner von uns hatte damit gerechnet, dass er krank wird.“, versuchte ich meine Schwester zu beruhigen.

„Genau. Nur die Götter wissen warum es geschah.“

„Agni, du sagtest der Prinz hätte Schmerzen. Wo genau?“

„Das weiß ich leider nicht…“, gab der Khansama zu.

„Prinz Soma…“, wandte ich mich dem fiebrigen Prinzen zu. „Sagt mir wo habt Ihr Schmerzen?“

Zuerst antwortet er nicht, dann aber unter Anstrengung und heftigem Husten brabbelte er ein paar fremdartig klingende Worte.

„Ich verstehe nicht…“

„Er hat in unserer Muttersprache geantwortet. Er sagte er habe überall Schmerzen und dass er Druck auf seiner Brust hätte.“

„Schmerzen… Druck auf der Brust… Schlaflosigkeit… hmm…“ Ich tastete vorsichtig an seinem Hals, eine Stelle war geschwollen und war heiß. Daraufhin wandte ich mich um und rannte raus.

„Wigburg?!“

„Schwester!!! Was ist denn?!“

Ich rannte in mein Zimmer, kramte in meinem Koffer rum und holte ein großes, dickes, altes und in Leder gebundenes Buch hervor. Meiner Finger flogen über die Seiten bis ich fand was ich suchte…
 

Eine halbe Stunde war vergangen, seit ich den Raum verlassen hab. Agni wurde ungehalten.

„Wo bleibt sie nur?“

„Das weiß ich nicht…“, antwortete Lieschen. „Irgendwas hat sie vor. Aber oft sagt sie kein Wort!“

„Die Gesundheit des Prinzen steht über allem! Ich werde mal nach ihr sehen.“ Etwas geladen verließ auch Agni den Raum. Aber ich war weder in meinem Zimmer noch in der Küche. Verwirrt wollte der Khansama wieder in das Zimmer des Prinzen gehen, da sah er wie ich, dick eingemummelt mit einem Korb in der Hand, grad die Haustür öffnete und das Haus verließ. Noch mehr verwirrt sieht Agni durchs Fenster wie ich in Richtung Wald gehe, während es immer heftiger schneite.
 

„WAS HAT SIE?!!!“, rief Lieschen entsetzt als Agni von dem berichtet was er grade gesehen hat.

„Dass sie das bei dem Wetter wagt… solche Tollkühnheit…“

„Ich muss los! Ich muss sie aufhalten!!!! Da draußen kommt bestimmt ein Schneesturm auf!!!“

„Nein Elisabeth! Du bist nicht kräftig genug um dadurch zu kommen!“

„Willst du etwa gehen?!!! Du bist dieses Klima nicht gewöhnt!!! Ich gehe!“

„Elisabeth! Du bist zart und zerbrechlich, du bleibst hier. Ich vertraue dir meinen Herrn an und hole deine Schwester zurück.“

„Aber…!“

„Kali ist mit mir…“, sagte er beruhigend und deutet auf seine Bandagen. „Ich bin bald wieder da…“

Lieschen schnaubte frustriert, einer musste ja da bleiben und umstimmen konnte sie den Inder wohl nicht.

„Beeil dich, um Himmels Willen bitte…“, war ihre Antwort.
 

Ich war inzwischen am Waldesrand angekommen. Den Schal hatte ich mir über die Nase gezogen um mein Gesicht vor Schnee und Kälte zu schützen. Der Wind heulte schon unheilvoll aber ich musste los! In dem alten Buch meiner Großmutter hatte ich vielleicht die Medizin für den Prinzen gefunden!

„Wigburg!!!“ Meine Sinne täuschten mich wohl grad. Es klang als ob der Wind meinen Namen mit sich trug.

„Wigburg!!“ Nicht beachten! Ist nur der Wind.

„Wigburg, jetzt bleib doch endlich stehen!!!“ Das war keine Täuschung?! Ich drehte mich um und sah Agni auf mich zu stapfen.

„Was machst du denn hier?!“

„Du kommst mit mir zurück! Es ist zu gefährlich hier draußen!“

„Das sagt grad der Richtige…“ Doch schon fasste er mich am Arm und wollte mich mit sich zerren.

„NEIN!!!“ Ich entriss mich seinem Griff. „Ich gehe erst wenn ich das hier erledigt habe!“

„Das kannst du auch morgen wenn das Wetter besser ist!“

„Morgen kann es aber schon zu spät sein!!!“

„Bei den Göttern!!! Du wirst dir noch den Tod holen!“ Agni wurde zornig und wollte abermals nach mir greifen.

„Was ist dir wichtiger?! Dass ich heil heim komme? Oder dass dein Gott und König wieder gesund wird?!!“ Er stockte, ich hatte seinen wunden Punkt erwischt. Ich wende mich wieder meinem Weg zu.

„Ich gehe um Zutaten für eine Medizin zu finden und wenn ich dabei draufgehe…“

„Bist du wirklich bereit so viel zu geben?“ Ich seufzte etwas entnervt.

„Für den Prinzen hab ich schon Gefühle einer Freundin entwickelt, irgendwie auch ein bisschen schwesterliche Gefühle. Ich hab auch das Gefühl, dass er auch Freunde braucht. Auch wenn wir anfangs Probleme hatten, gehört er jetzt für mich zur Familie… Und man lässt seine Familie nicht im Stich!!“

„Wenn das so ist…“, antwortet Agni beeindruckt. „Werde ich mit dir gehen und dir helfen.“

„Du willst mir helfen?“

„Auch wenn du einen ziemlich großen Dickkopf für eine Frau hast, imponiert mich deine Zuneigung zu dem Prinzen. Und zu zweit schaffen wir es vielleicht schneller.“

„Danke Agni…“

Zu zweit stapften wir durch den Schnee in den dunklen Wald hinein…
 

Lisabeth saß auf einen Stuhl neben dem Bett des Prinzen. Fast wäre sie eingedöst als sie ein Geräusch von ihm vernahm, das nicht gut klang. Unsicher stieg sie zu ihm ins Bett.

„Prinz Soma? Alles klar?“

„Me… Me…“, nuschelt er.

„Was hat er denn?“, dachte Lieschen. „Wirklich alles Okay?“

„Meena…“, nuschelt der Prinz im Fieberwahn, packte Lisabeth und zog sie grob zu sich. Sie hätte fast laut geschrien.

„Ich bin nicht Meena!!! Ich bin Elisabeth!!! Lasst mich los!!“ Doch der Prinz hielt sie im Arm und kuschelte sich an sie. Dabei lächelte er selig.

„Meena…“

„Ich bin Elisabeth! Elisabeth Herman!!! Lasst mich bitte los. Ihr macht mir Angst…“

Doch er rührte sich nicht, er hielt sie weiter fest, hatte die Augen geschlossen und den Kopf an ihren Oberkörper gekuschelt. Das war ihr etwas unangenehm, aber offenbar ging es ihm dadurch besser und er würde ihr nichts tun. Allmählich löst sich ihre Angst.

„Wehe Ihr steckt mich an…“ Bewegen konnte sie sich nicht. Sie merkte dass der Prinz offenbar etwas döste und er friedlich aussah. Auch Lisabeth musste irgendwie lächeln. Er wirkte so hilflos und schutzbedürftig und nicht wie ein aufgeplusterter Hahn, wie immer. Sie konnte nicht widerstehen den Rücken beruhigend zu streicheln.

„Alles wird wieder gut, Prinz…“ Dann sah sie zum Fenster, wo das Schneegestöber heftiger geworden ist.

„Hoffentlich kommen sie bald zurück…“
 

Im Wald waren ich und Agni an einem Morast angekommen. Dort stand eine Weide.

„Da wären wir! Ich brauch ein paar junge Zweige.“

„Bist du dir ganz sicher?“, fragte mich Agni.

„Mädesüß wäre mir lieber, aber der wächst nicht im Winter.“ Ich holte aus dem Korb ein Messer und suchte am Stamm eine Stelle wo ich hochklettern konnte. Doch auf einmal wurde ich um die Schenkel gepackt und Agni hob mich so auf seine Schulter.

„Geht das so?“ Ich schwankte etwas, errötete, fing mich aber und nickte zustimmend. Rasch waren ein paar Zweige abgeschnitten und es ging weiter. Wir erreichten einen Birkenhain.

„Wir brauchen einen Birkenporling. Am besten wir trennen uns und suchen danach.“

„Was soll ich genau suchen?“, fragte Agni nachdem er zustimmend genickt hatte.

„Nach teller- oder Kuppelartigen Auswüchsen an Bäumen. Am besten an toten oder kranken Bäumen. Und schön groß muss er sein!“

Wir teilten uns auf. Ich wurde mit der Zeit nervös als ich nach einer Weile immer noch nix gefunden hab. Drei mittelgroße Porlinge waren meine Ausbeute, das reichte nicht!!!!

„Meinst du sowas?“, hörte ich dann Agnis Stimme. Tatsächlich! Er hatte einen Porling gefunden der so breit wie zwei Hände nebeneinander war.

„Ja!!! Perfekt!!!“ Er legte, ebenso erleichtert den Pilz in meinem Korb. „ Jetzt brauch ich eine Alraune!“

Etwas Später, tiefer im Wald, waren wir an eine Stelle gekommen, wo ich mit Finny ein paar Tage zuvor gewesen war. Offenbar hatte jemand einen Samen verloren und dort ist eine Alraune gewachsen, denn normalerweise wächst sie nicht hierzulande. Mit Finny hatte ich nämlich ein paar Tage zuvor beim Feuerholzsammeln an dieser Stelle, vertrocknete Blätter davon gefunden die aus dem Boden ragten und auf eine Alraunenpflanze deuteten. Ich begann unter einem Baum mit den Händen den Schnee weg zu schaffen.

„Vergiss es!“, sagte Agni und unterdrückte sein Zähneklappern. „Gehen wir besser zurück!“

„NEIN!!! ES IST HIER!!! UND OHNE WIRKT ES NICHT!!!“ In Wirklichkeit hab ich nur gebrüllt um ihm nicht zu zeigen, dass ich auch fror. Aber ich war mir so sicher!!! Ich grub mit den steifen Fingern durch den Schnee bis…

„Da ist es!!!“ Ein trocknes Blatt mit der speziellen Form!!! Ich nahm das Messer wieder aus dem Korb und grub die Pflanze aus. Die Wurzel war zweigeteilt und sah aus als hätte es zwei Beinchen.

„JA!!! Das ist sie!!! Wir haben jetzt alles!!!!“

„Den Göttern sei Dank.“, jubelte Agni, doch Zähne klappernd vor Kälte.

Als wir aber später fast am Waldesrand waren, lichtete sich der Schnee etwas, aber ich war fast erschöpft und halberfroren. Agni erging es bestimmt nicht besser. Doch auf einmal als er kurz den Kopf zurückgewandt hatte, packte er mich um die Hüfte und zerrte mich zwischen ein paar Bäume. Er stoß mich bäuchlings zu Boden und warf sich auf mich drauf.

„Was soll das??!!! Geh sofort runter von mii…!!“ Er hielt mir den Mund zu, während er seinen weißen Umhang eng um uns beide zog.

„Sei still!“, flüsterte er sacht. „Der Bär könnte uns noch hören!“

Ein Bär?!!! Ich erstarrte während er uns mit seinem Umhang verdeckte, so dass wir auf dem weißen Untergrund fast verschwanden. Da hörte ich schon ein Brummen und das Knirschen von Schnee. Tatsächlich, ein Bär! Hoffentlich roch er uns nicht, so halb zu Eis erstarrt hätte keiner von uns beiden eine Chance gegen das mächtige Tier, bestimmt auch nicht die rechte Hand Kalis. Ich wagte es nicht mal zu atmen, so viel Angst hatte ich. Auch er war vollkommen still. Der Bär brummelte etwas, verweilte kurz, bevor er davon tapste. Eine Weile verharrte der Khansama noch auf meinem Buckel, wohl um sicher zu gehen, dass der Bär wirklich weg ist. Mir war das unangenehm, einen Mann so auf mir zu haben und mein Gesicht glühte. Endlich richtete er sich auf und guckte.

„Ist er weg?“

„Ja…“ Er stieg von mir runter und half mir auf die Füße. „Tut mir leid, dass ich so grob war. Der Bär war viel größer als ich es aus Indien kenne.“

„Und normalerweise schlafen Bären den Winter durch. Der Hunger muss ihn geweckt haben.“

„Sie schlafen?“

„Ja, um sich vor der Kälte zu schützen. Eigentlich fressen sie sich immer Speck an im Herbst.“

Er schwieg zuerst.

„Ähm… Danke… Dass du mir geholfen hast…“ Ich war verlegen und etwas beschämt. Agni dagegen lächelte nur freundlich.

„Gern geschehen…“
 

Endlich wieder bei der Villa. Lisabeth, die inzwischen sich wieder vom Prinzen lösen konnte, hörte unser Kommen. Sie rannte in den Flur, wo wir grad uns die schneenassen Mantel und Umhang auszogen.

„Da seid ihr ja!!! Ich war so besorgt!!!“

„Wie geht es dem Prinzen?“, fragte Agni meine Schwester.

„Unverändert… Er hat ein wenig gedöst.“

„Pass weiter auf ihn auf, Lieschen!! Agni komm mit mir in die Küche, ich brauche dich!“ Er nickte nur und folgte mir. Der Herd war schon angeheizt und Omas Buch lag aufgeschlagen auf dem Tisch und auch ein Säcklein mit Eicheln, den ich von Finny geklaut hatte, damit hatte er gerne die Eichhörnchen im Garten gefüttert. Diese wurden gehackt, der Birkenporling geschnitten und mit gemahlenen Pfeffer gekocht und die geschnittene Alraune mit den Eicheln in einer Schüssel vermengt.

„Bist du sicher dass das den Prinzen retten wird?“, fragte Agni verunsichert.

„Es ist von meiner Großmutter, gesammelt von meinen weiblichen Vorfahren. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht! Wir müssen es riskieren!“ Dann ließ ich etwas Speichel im Mund zusammenfließen und spuckte kräftig in die Schüssel.

„WAS IN KALIS NAMEN TUST DU DA?!!“

„Das gehört dazu, vertrau mir einfach!“ An seinem Gesicht konnte man ablesen, dass er es nur halb tat. Nachdem ich es lange genug gerührt hatte, tat ich es zum Porling und dem Pfeffer ins kochende Wasser und schnappte dann das Buch.

Beschwörerisch las ich:

„Deyr fé,

deyja frændr,

deyr sjalfr it sama,

ek veit einn,

at aldrei deyr:

dómr um dauðan hvern…“

Agni wurde es Angst und Bange.

„Aufhören!“, sagte er zitternd, während ich den Vers wiederholte.

„Deyr fé,

deyja frændr,

deyr sjalfr it sama,

ek veit einn,

at aldrei deyr:

dómr um dauðan hvern…“

„Hör Auf!!!“ Agni fasste mich an der Schulter und kassierte einen Ellbogenstoß in den Magen.

„STÖR MICH NICHT!!!!

Deyr fé,

deyja frændr,

deyr sjalfr it sama…”

Erst als ich zum dritten Mal den Vers gesungen hab, nahm ich ruckzuck, den Topf von der Platte und goss den Inhalt in ein Sieb mit Tuch drin, welches in einer weiteren Schüssel stand. Der Inhalt verfärbte sich an der kälteren Luft schwarz.

„KYAAAA!!! Oh Gott und Heilige Jungfrau!!!“, rief ich erschrocken.

„Wie hast du das gemacht?!“

„Ich weiß es nicht… Sowas sehe ich zum ersten Mal.“ Ich hob das Sieb mitsamt den Inhalt aus der Schüssel raus, die Flüssigkeit war auch schwarz wie Tinte. Mit ner Suppenkelle schöpfte ich was davon in einen Becher.

„Was ist das überhaupt?“, fragte Agni, eher neugierig als misstrauisch.

„Im Buch wird dieser Trank als der „schwarze Schlaf der Hel“ beschrieben.“

„Wer ist das?“

„Eine Todesgöttin meiner Vorfahren… Ihre Mutter war eine Riesin und ihr Vater war der Gott des Unheils. Sie soll auch furchtbar ausgesehen haben. Halb soll sie helle Haut gehabt haben, halb blau-schwarze Haut.“

„Wie Kali…“, flüstert Agni leise. Diese Gemeinsamkeiten gaben ihm wohl mehr vertrauen.

„Der Pilz heilt, die Eicheln bringen etwas Nährwert, der Pfeffer erwärmt das Blut und die Alraune wird den Prinzen schlafen lassen…“

Natürlich schmeckte es dem Prinzen nicht. Fast hätte er es wieder ausgespuckt, hätten ich und Lieschen es ihm nicht eingeflößt, auch wenn Agni uns im Nacken saß. Der Prinz wurde aber dadurch müde und konnte endlich schlafen. Auch wir konnten endlich alle schlafen.
 

Am nächsten Morgen, ich war trotz meines Ausfluges, früh auf. Während ich Agnis Gebetgesang aus seinem Zimmer hörte, ging ich zum Prinzen um nach ihm zu sehen.

Er lag noch friedlich in seinem Bett, wie wir ihn gestern hinterlassen hatten.

„Guten Morgen Prinz Soma. Geht’s Euch besser?“

Er rührte sich nicht. Ich befühlte seine Stirn.

„Hm… kein Fieber mehr. Jetzt ist aber genug, aufwachen! Prinz…???“ Keine Reaktion.

„Okay, Ihr habt mich drangekriegt, jetzt ist genug… Das ist nicht lustig!!! Schluss mit den Faxen!“

Immer noch nix… da grinste ich, ging ans Fußend und kitzelte ihn an den Füßen.

„Hihi!! Ihr habt es nicht anders gewollt, gibt Ihr auf?“ Aber immer noch nix!!! Jetzt wurde ich doch etwas unruhig. Ich ging wieder zum Kopfende und befühlte sein Handgelenk. Kein Puls?!!!

„Nein… bitte nicht… Prinz!!!“

Ich rüttelte wild an ihm rum, voller Panik.

„WACHT AUF!!! BITTE WACHT AUF!!! WACHT AUF!!!“

Immer noch nix, ich stolperte rückwärts zurück.

„Nein… nein… Das…oh, verzeiht mir, das wollte ich nicht…“ Ich legte die Hände aufs Gesicht und weinte.

„Ich wollte das nicht… ich wollte Euch nur helfen… Ihr seid mir wichtig geworden, wie eine Art Bruder…“

Mein Herz blieb stehen als die Tür aufging und Agni eintrat.

„Prinz, seid Ihr wohlauf? Prinz Soma?“

„Es tut mir Leid… Er hat die Nacht nicht überlrrhg…“ Der Rest des Satzes Blieb mir in der Kehle stecken weil Agni sie mir zudrückte.

„Du hast meinen Gott ermordet!!“ Sein Blick war wie blanker Stahl und blutige Tränen flossen. Es war ein furchtbarer Anblick.

„Das… wollte ich nie!!!! Bei allen Heiligen!!!“, röchelte ich und versuchte seine Finger zu lösen während mir langsam die Sinne schwanden.

Ein spitzes „NEIN!!!!!“ ertönte und zwei Arme wanden sich um Agnis Kehle.

„Tu ihr nicht weh!!! Bitte, lass sie los!!“, rief Lisabeth panisch und zog an ihm.

„Sie hat es nicht anders verdient!! Ihr Leben für das meines Herren!“

„NEIN!! NICHT MEINE SCHWESTER!!!“ Lieschen zerrte energischer an Agni rum, er versuchte sie abzuschütteln, während ich durch Lieschens Eingriff nur minimal etwas Luft bekam.

Im ganzen Hin und Her, merkte nur Lieschen dass der vermeintlich leblose Prinz sich zur Seite gedreht hatte. Sie stutzte bevor sie Agni am Mantel zupfte.

„Hey, der Prinz, er lebt!“ Daraufhin ließ Agni mich abrupt los und ich fiel zu Boden.

„Was?“

„Sieh doch!!“

Tatsächlich! Der Prinz hatte sich zur Seite gedreht, brummelte etwas bevor er sich aufrichtete und sich reckte.

„Hmmmnnn… Hab ich gut geschlafen. Ich fühle mich wie neu…“ Wir alle starrten ihn verdutzt an.

„Ähm… was guckt ihr mich alle so an?“

„Wir dachten Ihr seid tot…“, antwortet Lisabeth.

„JA!!!“, rief ich mit rauer Stimme. „Ich hatte versucht Euch zu wecken!!! Ich hab Euch sogar an den Füßen gekitzelt und an Euch gerüttelt, aber Ihr habt nicht reagiert und ich hatte keinen Puls gespürt!!!“

„Ach so ist das!“, warf Lieschen ein. „Du hast wohl zu viel von der Alraune genommen und den Prinzen fast vergiftet oder einen Moment zu lang ziehen lassen.“

„Oh…“, gaben ich und Agni gleichzeitig von uns. Agni fühlte sich wohl mit verantwortlich weil er mich gestern gestört hatte.

„Ich hab auch mal in deinem Buch geblättert.“ Lieschen zwinkerte verschmitzt. „Es war wohl grade genug Gift um ihn leblos wirken zu lassen aber zu wenig um ihn zu töten. Und als du an ihm gerüttelt hast, ist wohl sein Kreislauf wieder in Schwung gekommen.“

„Klingt logisch…“, murmelte ich.

„Ich verstehe nicht ganz, was habt ihr drei gemacht?“, fragte der Prinz und wir erzählten was gestern geschah.

„Das habt ihr beide für mich gemacht, Mädels?“, fragte der Prinz gerührt als wir geendet haben.

„Ja wir konnten Euch nicht sterben lassen, Agni sowie so nicht.“, kontert Lisabeth.

„Agni, Wigburg, Elisabeth, danke dafür. Ich danke dir Agni, dass du den Mädchen so viel Vertrauen schenktest. Wigburg, Elisabeth, ich stehe tief in eurer Schuld. Für euren Einsatz sollt ihr auch belohnt werden.“

„Ne, zu viel der Ehre.“, lachte Lieschen fröhlich.

„Euer Dank ist mir Belohnung genug.“, sagte ich. „Dankt lieber meiner Großmutter, die mir das Buch gegeben hat.“

„Bitte!! Ich will euch meine Dankbarkeit zeigen…“, schmollt der Prinz. „Wenn ihr kein Gold wollt, dann will ich euer Freund sein!“

„Ihr wollt mit uns befreundet sein?“

„Ja.“ Der Prinz klang ernst. „Und ein bengalischer Prinz steht zu seinem Wort.“

„Auch ein hessischer Bürger“, antworteten wir gleichzeitig.

„Okay!!! Wir nehmen Eure Freundschaft gerne an.“, feixte Lieschen und der Prinz lachte.

„Ihr könnt mich doch ruhig duzen, wir sind doch Freunde!“

„Okay, wie Ihr… äh, ich meine natürlich wie du willst, Soma.“ Wir alle strahlten vor Freude. Agni wandte sich dann verlegen lächelnd an mich.

„Ich sollte vielleicht auch meine Dankbarkeit zeigen… oder mich besser entschuldigen weil ich beinah…“

„Hey, ist schon vorbei. Obwohl ich werde bestimmt Male davon tragen in den nächsten Wochen.“

„Als Entschädigung und Dank, werde ich dich unterrichten mit den Gewürzen umzugehen.“ Ich konnte nicht hören was ich da hörte.

„Wirklich?! Das machst du?!! DANKE!!!!!!!!!“ Ich umarmte ihn herzlich und lachend, der Khansama war völlig überrumpelt.

„Haha, dann hast du auch neue Freunde gefunden Agni.“, sagte Soma und grinste



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Acquayumu
2018-01-06T16:48:54+00:00 06.01.2018 17:48
14 Seiten und ich dachte, ich sterbe. xD
Aber tolle GEschichte, vor allem sind die vier sich da ja auch näher gekommen. I like it!
Antwort von:  Flos_Sapientiae
06.01.2018 21:52
War viel Arbeit


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