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Verrückt nach Freiheit

von

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Begegnung mit einem Engel

Alice fühlte weichen, nassen Boden unter sich, spürte den Sand in ihrem Mund. Sie blinzelte und langsam wurden die Umrisse, die sie sah, schärfer.
 

Erschrocken erkannte sie einen Mann, der direkt vor ihr stand. Erst sah sie nur seine kräftigen Beine, die in einer knielangen, dunklen Hose steckten. Dann fiel ihr Blick kurz auf seine definierten Bauchmuskeln. Er trug ein leuchtend grünes, offenes Hemd, mit blauen Kreisen darauf, das sich fürchterlich mit seinem hellorangenen Haar, das unter einer gelben Mütze hervorlugte, biss.
 

Erst jetzt bemerkte sie, dass er ihren Beutel in der Hand hielt und ihn durchwühlte, er fand ihren Skizzenblock und blätterte ihn neugierig durch. Alice war es total peinlich, eigentlich durfte niemand ihre Zeichnungen sehen, eine leichte Röte stieg ihr ins Gesicht.
 

"Hey, was fällt dir ein?", fuhr Alice den Fremden wütend an, ihre Stimme klang etwas rau und kratzig.
 

"Da scheint eh nichts wertvolles drin zu sein, kannst deinen Müll behalten.", sagte er abfällig und warf ihr den Beutel vor die Füße.
 

"Sag mal, spinnst du? Wie redest du denn von meinen Sachen?", sagte Alice und war echt sauer. Sie kannte diesen Idioten nicht mal eine Minute lang und am liebsten würde sie ihm den Hals umdrehen.
 

Sie rappelte sich langsam auf und erst da merkte sie, dass es ihr nicht so gut ging, wie sie eben noch dachte. Sie blickte an sich herunter und sah eine Menge Blut aus eine Wunde an ihrem Bein sickern. Bei dem Anblick wurde ihr schwindelig, sie fühlte sich plötzlich so kraftlos.
 

Sie verlor das Gleichgewicht, ihre Knie gaben nach. Hätte der orangehaarige Mann sie nicht aufgefangen, wäre sie auf dem Boden aufgeschlagen.
 

"Lass mich los, du Wiederling!", schrie sie ihn an und versuchte sich loszustrampeln.
 

"Wiederling, das ist ja mal eine ganz besonders harte Beleidigung. Soll ich dich wirklich fallen lassen?", fragte er belustigt und zog eine Augenbraue nach oben und stützte sie weiterhin.
 

"Das ist nicht witzig, verstanden?", sagte Alice und mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, rammte sie ihren Ellbogen zwischen seine Beine. Zum Glück war sie recht klein und er relativ groß, dass sie sich nicht zu sehr verrenken brauchte.
 

Der Fremde hat das nicht kommen sehen, ein Schmerzenslaut entwich ihm und er ließ Alice augenblicklich los. Sie sackte auf dem Boden zusammen und konnte sich gerade noch so auf den Knien abfangen, was mit ihrer Wunde ziemlich schmerzhaft war.
 

"Hast du eine Ahnung, wie weh das tut?", jammerte er, "Wie kann man nur so ein verfluchtes Biest sein."
 

"Sagt der Typ, der mich erst ausrauben wollte und mich dann ungefragt anfasst!", schrie Alice entrüstet, sie saß auf dem Boden und traute sich nicht noch einmal aufzustehen.
 

"Ja, okay ich hab nach gesehen, ob du etwas wertvolles dabei hast. Aber das mit dem Anfassen lass ich mir nicht anhängen! Ich wollte nur verhindern, dass dein ach so kluges Köpfchen aufschlägt.", verteidigte er sich und verschränkte die Arme ineinander.
 

Alice schnaubte verächtlich, sie hasste alles an diesem eigebildeten Typen.
 

"Ich soll meinem großen Retter jetzt dankbar um den Hals fallen oder was? Ich hab dich nicht um deine Hilfe gebeten.", sagte Alice zickig und verschränkte die Arme ineinander.
 

Er lachte laut auf.
 

"Nochmal: Das ist nicht witzig!", meinte Alice.
 

"Ich finde schon, worüber regst du dich hier eigentlich auf? Eigentlich bräuchtest du meine Hilfe und solltest etwas netter zu mir sein. Ich weiß auch gar nicht, warum ich mir das hier länger gebe. Wenn du nicht willst, dann geh ich halt.", sagte er, drehte sich um, ging ein paar Schritte und wartete grinsend auf ihre Reaktion.
 

Nach einem kurzen Moment verdrehte Alice die Augen. Er hatte wohl Recht, da sie nicht laufen könnte, brauchte sie seine Hilfe. Sie hatte sich umgesehen, sie war hier mitten im Nirgendwo völlig alleine, kein Jonas und kein Schiff weit und breit. Sie hoffte so sehr, dass auch er es irgendwie geschafft hatte sich zu retten. Sie ließ es nicht zu, an etwas anderes zu denken, das würde sie nicht ertragen.
 

"Also schön, ich brauche deine Hilfe.", rief sie ihm hinterher.
 

Er blieb stehen, drehte sich aber nicht um.
 

"Bitte.", brachte Alice schließlich mit zusammen gebissenen Zähnen hervor. Hätte sie hier nicht irgendjemand anderes finden können?
 

Der Oranghaarige kam mit einem triumphierenden Lächeln auf sie zu. Alice starrte ihn böse an.
 

"Darf ich dich anfassen und hoch heben oder tust du dann wieder so, als hätte ich dich unsittlich berührt?", fragte er und genoss sichtlich, wie sehr er sie aufregte.
 

"Ja, aber hör gefälligst auf, so bescheuert zu Grinsen, ich kotz sonst gleich.", sagte Alice, sie hasste es, auf ihn angewiesen zu sein.
 

Er zog sein Hemd aus und knotete es als Druckverband oberhalb ihrer Wunde, damit die Blutung schwächer wurde.
 

"Sehr charmant. Wie heißt du eigentlich?", wollte er neugierig wissen und trug sie über seine Arme gelegt. Zwangsweise berührte sie seinen warmen, nackten Brust, ihr war bei so viel Nähe ziemlich unwohl dabei.
 

"Es geht dich zwar eigentlich nichts an, aber ich heiße Alice.", antwortete sie ihm.
 

"Ich bin Neo.", stellte er sich vor.
 

"Schön für dich, ist mir doch egal. Wo sind wir hier eigentlich und wo gehst du jetzt hin mit mir?", fragte Alice und sah sich die Umgebung genauer an. Die Bäume und Sträucher sahen tropisch aus, die Luft war drückend feucht, wie in einem Regenwald.
 

"Wir sind hier in Deep Jungle und ich bringe dich zu meiner kleinen Schwester Sarah, sie kann dir helfen.", erklärte Neo ihr.
 

"DER Deep Jungle? Die Insel auf der es angeblich riesige Monster gibt und tief verborgene Schätze von unfassbarem Wert gibt?", fragte Alice und riss die Augen erstaunt auf.
 

"Hast du Angst? Keine Sorge, ich beschütze dich schon.", sagte er und grinste überlegen.
 

"Nein, warum sollte ich Angst haben? Ich will nur endlich wieder vernünftig laufen können. Mit solchen Monstern werde ich locker fertig, ich bin schließlich Kapitän einer Piratencrew.", sagte sie stolz. Brauchte er ja nicht zu wissen, dass sie sich heimlich schon ein bisschen vor diesen Kreaturen fürchtete, schließlich hatte sie noch nie einen richtig ernsten Kampf und dass Jonas bisher ihr einziges Mitglied in der Crew war.
 

"Ach und wo ist dann deine tolle Crew?", fragte er und sah sie skeptisch an.
 

"Das frage ich mich leider auch.", sagte sie seufzend und ihr Blick wurde traurig, so schnell, wie es möglich, musste sie Jonas finden. Dieses erdrückende Schuldgefühl breitete sich erneut in ihrer Brust aus und schnürte ihr die Kehle zu.
 

Neo merkte, dass das kein gutes Thema zu sein scheint und war so feinfühlig und taktvoll, es dabei zu belassen. Er fragte sich schon, warum dieses Mädchen einfach so plötzlich verletzt am Strand lag, aber vielleicht würde er es später noch erfahren.
 

Nach einiger Zeit, in der er sie tiefer in den Dschungel getragen hatte, blieb er auf einmal stehen.
 

"Was ist denn?", fragte Alice leicht verwundert.
 

"Wir sind da.", antwortete Neo.
 

"Was? Ich sehe deine Schwester nicht.", sagte sie stirnrunzelnd.
 

"Das liegt daran, dass wir unser Lager natürlich etwas versteckt haben oder würdest du im Schlaf gefressen werden wollen? Sarah, halt mal bitte die Äste zurück, wir haben einen Gast.", sagte er, wobei er den letzten Satz etwas lauter rief.
 

Vor ihnen tat sich eine Lücke zwischen dem Urwaldgestrüpp auf und Neo trug Alice vorsichtig hindurch.
 

Vor ihnen stand eine junge Frau, die Alice schüchtern, fast ängstlich ansah. Ihr Erscheinungsbild war recht außergewöhnlich, Alice hatte noch nie jemanden mit so heller Haut und so weißen Haaren gesehen. Und auch noch niemanden mit Augen, die eine hell violette Färbung hatten.
 

Alice ertappte sich dabei, wie sie sie anstarrte und sah schnell weg. Stattdessen sah sie sich um. Rund herum waren sie durch das Gestrüpp geschützt. Es war ein kleines Lager, bot aber eine gemütliche Ecke zum Schlafen, die Unterlage waren Massen an Blättern und darüber waren ein paar Decken gelegt. In einer anderen Ecke lagerten ihre Vorräte.
 

"Das ist Sarah, meine Schwester.", erklärte er.
 

Alice wunderte sich ein wenig, hatte er nicht gesagt, sie wäre seine kleine Schwester? Sie sah eher älter aus, als Neo.
 

"Sarah, das ist Alice, ich habe sie verletzt am Strand gefunden. Sie hat viel Blut verloren. Sie ist zwar nicht gerade der netteste Mensch auf Erden, um es milde auszudrücken, ich konnte sie aber trotzdem nicht einfach so sterben lassen.", sagte Neo und zuckte mit den Schultern.
 

Sarah nickte nur. Zögerlich näherte sie sich Alice und kniete sich dann zu ihr herunter. Sie besah sich die Wunde.
 

"Bist du Ärztin oder so etwas?", fragte Alice.
 

"Eher so etwas ähnliches.", antwortete Neo anstelle seiner Schwester und schmunzelte leicht.
 

Sarah legte ihre Hand auf die Wunde und erst wollte Alice reflexartig wegziehen, erwartete einen Schmerz, doch der blieb aus. Sie fühlte stattdessen ein leichtes Kribbeln und eine angenehme Wärme. Sarah standen Schweißperlen auf der Stirn und sie sah noch etwas blasser aus.
 

Nach ein paar Sekunden nahm sie die Hand weg und von der Wunde war nicht mehr übrig, als eine zarte, rosane Linie.

Erstaunt sah Alice sie an.
 

"Du hast von einer Teufelsfrucht gegessen.", sagte sie.
 

"Ja und nein.", sagte Neo mit ernster Miene.
 

"Hä? Das versteh ich jetzt nicht.", meinte Alice und zog die Stirn in Falten.
 

"Es war keine normale Teufelsfrucht.", sagte Sarah diesmal selbst, ihre Stimme klang sehr hell und zart, "Es handelt sich um eine 'heilige' Teufelsfrucht, eine 'Engelsfrucht', wie Doktor Zawa, der sich selbst nur 'der Erschaffer' nennt, es so schön ausdrückt."
 

"Es handelt sich dabei um ein verrücktes Experiment, von dem er völlig bessen ist.", erklärte Neo, "Er hat sich eine Horde hübscher, Kleiner Mädchen gefangen und biegt sie so zu Recht, wie er es braucht. Als besondere Ehre bekommt jede von ihnen eine dieser experimentellen, selbst erschaffenen Früchte. Die einzig Gute Seite hast du eben selbst zu spüren bekommen, die heilenden Kräfte. Doch jede Heilung kostet diesen Mädchen unheimlich viel ihrer eigenen Energie, sie übertragen Sie quasi."
 

"Die äußeren Veränderungen sind ja gut sichtbar, ich seh kein bisschen mehr aus, wie ich selbst. Das Schlimmste allerdings ist, die Sache mit dem Altern.", meinte Sarah und sah betreten zu Boden.
 

"Sarah ist in Wirklichkeit 15 Jahre alt, doch da sie durch diese Frucht doppelt so schnell altert, ist ihr Körper in etwa 24 Jahre alt. Sie hat das Gefühl, nicht mehr sie selbst zu sein.", sagte Neo.
 

Alice blickte Sarah traurig und mitfühlend an, sie tat ihr Leid. Dieser durchgeknallte Doktor hatte nicht das Recht, diesen Mädchen das anzutun.
 

"Deswegen sind wir auch hier auf Deep Jungle.", sagte Sarah, die Schüchternheit und die Ängstlichkeit waren verschwunden, ihre violetten Augen strahlten Entschlossenheit aus, "Hier ist sein geheimes Labor. Wir werden die Mädchen, die er immer noch gefangen hält befreien und dann werden wir ihn zur Rechenschaft ziehen."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Angel_Cas
2016-09-21T19:15:01+00:00 21.09.2016 21:15
Also Neo ist mir total sympathisch :D❤
Musste echt schmunzeln xD
Aber das mit Sarah ist ja schrecklich D: die arme ...
Und hoffe, das Alice bald Jonas findet oder anders rum :3❤
Tolles Kapitel!
Antwort von:  Jacqueline248
23.09.2016 23:49
Freut mich, dass er dir gefällt. :D
Wieder mal danke ♥


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