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Auch Prinzessinnen weinen nachts

von

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Rose

‘Rose, lauf!‘

Jeder vernünftige Mensch hätte an die vielen Filme gedacht, in denen es wichtig war, rechtzeitig um sein Leben zu laufen.

Aber ich war weder vernünftig, noch ein Mensch.

Wenn ich laufen würde, dann nur mit Anna.

…und Mary. Ich konnte sie nicht einfach so liegen lassen.

 

"Sieh mal einer an. Das war ja richtig einfach." Lily lachte boshaft.

"Vielleicht sollte ich dich noch schnell umbringen, bevor ich hier verschwinde", entgegnete ich mit einem ebenso gemeinen Grinsen. Keine Ahnung, woher ich meinen Mut gerade nahm.

"Du hast ja echt viel Mut." Lily kicherte. "Eine Prinzessin spricht man nicht mit du an, gab sie noch dazu."

Wer war hier die Prinzessin? Mittlerweile gab es keinen Ausweg mehr für mich aus dieser Situation.

"Gut, Lily, vielleicht überleg ich mir das Töten noch, wenn du mich brav siezt." Ach, ich war so badass!

An Lilys wütendem Blick konnte ich erkennen, dass sie darauf nicht Passendes sagen konnte.

 

Aber es waren zu viele Wachen im Raum. Ich wusste nicht, warum sie auf einen Kampf aus waren, aber Anna wusste es anscheinend.

Ich musste hier weg.

Als ich merkte, dass Anna mit Mary im Huckepack loslief, schließen Paul und ich und ihren an.

Durch die Gänge und Räume, vorbei an verwunderten Gesichtern und misstrauischen Blicken. Anna mit Mary, Paul und ich. Obwohl Paul wahrscheinlich nicht wusste, dass ich vorhin die Besprechung verlassen hatte, um die komplett verängstigte Anna zu finden, weil ich ihre Angst spüren konnte. Bald würde er auch zwei und zwei zusammenzählen können.

Wir waren wie die fantastischen Vier. Und Anna hatte die stärksten Kräfte abbekommen. Mühelos rannte sie an der Spitze der Gruppe, Paul und ich konnten ihr kaum folgen. Und das als Mensch. Anna hatte Todesangst und definitiv gerade schoss auch jede Menge Adrenalin durch ihre Adern, das wusste ich, und Lilys ekeliger Geruch haftete an ihr und machte mich stinkwütend. Der Vampir in mir zürnt immer noch, weil er sie töten und nicht weglaufen wollte.

 

Schneller.

Wir mussten fliehen, bevor die anderen im Haus merkten, warum wir flohen. Ihre Gesichter schienen verwundert, aber niemand machte Anstalten, uns an der Flucht zu hindern.

Endlich sahen wir die Eingangstür vor uns, hielten darauf zu. Es fühlte sich fast schon falsch an, dass wir ungehindert das Tor passierten. Warum hielt uns niemand auf?

Endlich waren wir draußen auf der Straße. Ich hatte keine Ahnung, wohin wir rannten, aber ich folgte Anna.

'Gut, dass es windig ist. Da verliert sich die Witterung schneller', hörte ich Annas Stimme in meinem Kopf. 'Wir müssen dort untertauchen, wo uns niemand kennt.'

'Und wo wäre das?', fragte ich unsicher.

'Das Einzige, was mir einfällt, ist meine Oma. Dort war ich lange nicht und ich nehme nicht an, dass die in unserem Bekanntenkreis mach uns suchen, weil die denken, dass wir klüger sind.'

Bei Annas Oma? Besonders gut war das nicht, aber etwas Besseres fiel mir auch nicht ein.

'Und wie kommt man da hin?'

'Am besten mit dem Zug, aber dort sind überall Kameras. Ich werd Geld abheben und ein Taxi zahlen.'

Für groß überlegte Gedanken blieb uns keine Zeit.

Wir kamen am Bahnhof an. Hier fuhr ich unter der Woche in die Schule, aber im Gegensatz zu Montag früh wirkte er endlos leer und bedrohlich. Verlassen, wie eine Geisterstadt. Brrr, ich hasse Geister! Ob es Geister wirklich gab?

Anna steckte ihre Karte in den Geldautomaten, ich konnte aber nicht sehen, wie viel Geld sie abhob.

Vielleicht sollten wir lieber in Zukunft alles bar zahlen? Kartenzahlungen und Geldabhebungen konnte man örtlich nachverfolgen.

"Ich heb auch noch was ab", meldete ich mich zu Wort.

Annas Gefühle darauf verstand ich nicht ganz, wahrscheinlich waren sie zu schnell wieder ihrer Besorgnis gewichen.

Hastig steckte ich meine Karte in den Automaten und hob 500€ ab. Besser zu viel als zu wenig und man wusste nie, was auf einen zukam.

 

Im Taxi war es unangenehm eng. Nicht, dass mich Annas Körper erdrückte, weil sie neben mir saß. Es waren einfach alle Gerüche zu intensiv und Annas Geruch konnte mich wegen Lily nicht beruhigen. Mein innerer Vampir wollte diesen Geruch loswerden, meinen Besitz zurückfordern aber nicht in einem einsehbaren Taxi. Der Fahrer brauchte definitiv eine Dusche.

Etwas verstört schaute ich zu Paul, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, mit dem Fahrer redete und den dieser Gestank überhaupt nicht zu stören schien.

Ich atmete so wenig ein und aus wie möglich und merkte, dass das meinen Körper nicht zu stören schien. Musste ich überhaupt atmen?

Anna lachte in meinen Kopf. Wahrscheinlich hatte ich mir die Frage zu laut gestellt.

'Wenn du es schon so lustig findest, kannst du meine Frage auch gleich beantworten', knurrte ich sie an.

Empört sah mich Anna an.

'Tut mir leid. Aber der Gestank ist nicht zum Aushalten.'

Anna verdrehte die Augen, beruhigte sich aber wieder.

'Eigentlich atmen Vampire nicht. Hat mir Paul mal erzählt. Warum du das praktisch automatisch tust, weiß ich nicht, aber damit kannst du dich sicher unter Menschen besser anpassen, weil du nicht dauernd ans Atmen denken musst.'

'Danke.' Ich war froh, dass ich mich bei vielen Dingen auf Annas Wissen verlassen konnte.

Ich blickte nach vorne und vergewisserte mich, dass Paul nicht atmete, dann versuchte ich es selbst. Ein wenig komisch war es, auf einmal nichts zu riechen, aber immerhin besser als der Gestank.

 

Erst jetzt merkte ich, dass Anna sich leicht auf Marys Seite gelehnt hat, und der noch etwas verwirrten aber wieder wachen Mary ins Ohr flüsterte, was mit ihr passiert war und wo sie sich nun befand. Hoffentlich leise genug, dass niemand außer uns vieren das gehört hatte.

Stumm nickte sie und schaute mich etwas fragend an, sicher weil sie noch niemand über meine Verwandlung aufgeklärt hatte.

"Später", sagte ich leise. Ich hoffte, Mary nicht andauernd mit 'später' vertrösten zu müssen.

Danach trat ein peinliches Schweigen ein, ich spürte, wie Anna sich immer unwohler fühlte, wusste aber nicht, was ich sagen sollte.

Irgendwann fragte ich sie in Gedanken:

'Hey, was ist los?'

Anna reagierte zuerst nicht, dann murmelte sie verwaschen etwas, das ich als: 'Ich weiß nicht, ob das mit der Oma so eine gute Idee war', entzifferte.

'Das ist zumindest das Beste, was uns eingefallen ist', meinte ich und wollte sie beruhigen.

'Ja.' Sie hielt kurz inne.

'Ich hab sie das letzte Mal gesehen, als ich klein war. An das meiste kann ich mich auch nicht erinnern. Ich glaub ich war fünf. Meine Mama hat damals den Kontakt abgebrochen, weil meine Oma verrückt ist. Sie glaubt, dass unsere Familie verflucht ist oder so.'

Sie schaute zu Boden.

'Ich weiß nicht, ob sie sich überhaupt an mich erinnert, wenn wir vor ihrer Tür auftauchen.'



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