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Dies ist unser Ninjaweg, dattebayo!

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Der Kampf um die Freundschaft

3. Kapitel: Der Kampf um die Freundschaft
 

Yuri erwachte am nächsten Tag mit einem seltsamen Gefühl im Bauch. Sie fühlte sich hin- und hergerissen. Einerseits verstand sie Nerias Drang Gaara zu helfen nur zu gut. Er konnte am wenigsten für die Situation in der er sich befand. Andererseits war ihr bewusst, welches Risiko sie eingingen. Neria und sie riskierten das Ansehen ihrer Eltern. Yuri wusste nicht, was sie tun sollte. Ihr war klar, dass Neria das ebenfalls wusste, doch Yuri war schon immer die Logische gewesen, während Neria eher emotional war. Das war der Grund, warum sie sich so gut ergänzten.

Seufzend stand Yuri auf und ging zu dem kleinen Frisiertisch in dem sie ihre Bürste, Haargummi und Spangen aufbewahrte. Müde ließ sie sich auf den Stuhl sinken und begann ihre Haare zu kämmen. Es hatte immer eine beruhigende Wirkung auf sie.

Schließlich zog sie sich an und ging hinunter zum Frühstück. Sie fragte sich, ob sie Gaara heute sehen würden und was der Tag für sie bereithielt. Würden sie noch weiter in die Sache verwickelt werden?

Es versprach ein etwas milderer Tag zu werden. Einige seltene Wolken trieben über dem Himmel. Der Wind wehte spielerisch durch die wenigen Blätter. Es würde ein schöner Tag zum Spielen werden. Yuri lächelte und schüttelte den Kopf. Es brachte nichts sich über all das Gedanken zu machen. Es würde ohnehin kommen wie es kommen würde.

„Hallo, meine Kleine.“ Überrascht wandte Yuri ihren Blick vom Fenster ab und strahlte bis über beide Backen. Seto Kinou senkte die Tageszeitung und lächelte seine Tochter fröhlich an. Die eisblauen Augen blitzten unter dem wilden Pony aus haselnussbraunen Haaren.

„Papa! Du bist zurück.“ Eilig rannte sie zu ihrem Vater und umarmte ihn so fest, dass ihm beinahe die Luft ausging. Seto lachte und strich ihr liebevoll über den Kopf. „Ist alles gut verlaufen?“

„Ja, alles verlief gut.“, flüsterte er sanft mit seiner tiefen Stimme und küsste in ihr Haar. Hotaru lächelte sanft, als sie in die Küche trat und dabei ihre Hände eincremte. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie in einem lockeren Knoten zusammengebunden. Yuri war wirklich ein Papakind. Sie liebte ihn über alles.

„Nicht so fest, Liebes.“, sagte Hotaru liebevoll. „Sonst zerdrückst du deinen Papa noch.“

Sofort löste Yuri sich und blickte ihren Vater entschuldigend an, der jedoch nur lachte.

„Alles gut, Yuri.“, sagte er sanft. „Du kommst gerade recht fürs Frühstück.“

Wenig später klapperte das Besteck eifrig über das Geschirr und Yuri schlürfte glücklich ihre kalte Nudelsuppe. Allerdings ließen ihr ihre eigenen Gedanken von heute Morgen sie nicht los.

Seto beobachtete sie und neigte seinen Kopf. Seine Tochter wirkte abwesend. Ihre Augen hingen irgendwo an der Wand. Fragend warf er seiner Frau einen Blick zu, doch diese seufzte nur.

„Kleines, was ist denn los?“

Yuri hielt inne und legte ihre Essstäbchen in der Tonschale ab. Traurige Augen sahen ihren Vater an.

„Papa, warum sollen wir uns von Gaara fernhalten?“ Überrascht blickte Seto seine Tochter an.

„Gaara? Woher weißt du von ihm?“ Yuri zögerte. Sollte sie es ihrem Vater offenbaren? Würde er zu Toshiro gehen und somit Neria die Möglichkeit nehmen Gaara zu treffen? Aber ähnlich ihrer Freundin brauchte auch sie Gewissheit. Sie musste und wollte es verstehen.

„Wir haben ihn getroffen.“, erklärte sie schließlich nuschelnd. Seto legte seine Stirn in Falten und überlegte, doch dann seufzte er.

„Ich werde es dir erklären, aber lass uns dazu in den Schaukelstuhl gehen.“

Yuri nickte. Der Schaukelstuhl befand sich auf einer kleinen Terrasse hinter dem Haus. Dort saß sie oft auf dem Schoß ihres Vaters, wenn er ihr Geschichten erzählte oder aber über die Struktur der Ninjawelt aufklärte. Es waren meist die besonders friedlichen Abende, die sie dort verbrachten.

Als sie hinaustraten, streifte ein kühler Lufthauch durch die Gassen. Auch wenn es tagsüber heiß war, so wird es in der Nacht oft bitterlich kalt. Sofort holte Seto noch eine Decke aus dem Haus und die beiden kuschelten sich in den gemütlichen Stuhl. Yuri schmiegte sich an ihn. In solchen Momenten hatte sie immer das Gefühl ihr Vater würde sie gegen alles Böse in der Welt abschirmen. Solange sie nur unter dieser Decke blieb, könnte ihr Niemand etwas anhaben.

„Wie du ja weißt, meine Kleine,“ begann Seto und streichelte durch ihre Haare. „Gibt es insgesamt neun Bijus. In Gaara ist der Biju des Ichibi versiegelt. Sein Name ist Shukaku.“

„Das hat Gaara uns schon erzählt.“, nuschelte Yuri gegen die Brust und schloss die Augen.

„Verstehe.“, sagte er ruhig. „Die Bijus sind konzentriertes Chakra. Während des Krieges wurden sie in Menschen versiegelt, damit diese mächtig wurden.“

„Dann…“, wiederholte Yuri langsam. „…ist Gaara eine Waffe?“

Seto schloss traurig die Augen und gab ihr einen sanften Kuss in ihr Haar. Ja, es war grausam, was der Kazekage und der Rat von Sunagakure Gaara zugemutet hatten. Sie hatten dem Kind noch bevor es geboren wurde das Recht des Menschseins aberkannt und ihn zu einer Waffe erkoren.

„Leider ja, meine Kleine. Nach dem Krieg mit Konoha ging es Suna sehr schlecht. Wir hatten große Verluste erlitten und vieles war zerstört. Konoha war viel zu mächtig gewesen und deswegen wurde das Verlangen nach Schutz immer größer. Ninjas auszubilden hätte lange gedauert und mit Gaara auf dem Weg…“ Seine Stimme erstarb und wurde von dem Wind hinfort geweht. Er wusste wie schrecklich es klingen musste. Damals war es pragmatische Entscheidung gewesen, doch nun, wo er die Auswirkungen auf den armen Jungen sah, klang es grausam. Wie schrecklich musste es für seine Tochter klingen, die gerade begann eine Freundschaft zu ihm aufzubauen? Wenn ihr etwas an Gaara lag? Wenn sie ihn als Mensch sah und nicht als Waffe?

„Das ist schrecklich.“, antwortete Yuri, die sichtlich erblasst war. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Für die Menschen in Sunagakure war er zunächst nichts weiter als eine Waffe gewesen und als er nicht funktionierte, wurde er als Monster deklariert.

„Shukaku wurde noch vor Gaaras Geburt in ihm versiegelt. Es wurde gehofft, dass er dadurch besser lernen würde ihn zu kontrollieren. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass das Monster zu mächtig für ihn war. Gaaras Psyche ist sehr instabil und Shukaku quält ihn um das zu bekommen, was er möchte.“

„Und was möchte er?“, fragte sie mit zitternder Stimme und ihre Hände krallten sich in das Hemd von Seto. Er holte zitternd Luft. Wie sollte er das bloß seinem Kind beibringen?

„Blut hauptsächlich…“, erklärte er leise und starrte zum Mond hinauf. „Gaara hat schon Menschen getötet, Yuri.“

Erschrocken riss Yuri die Augen auf und stieß sich von ihrem Vater ab.

„Gaara hat was?“ Traurig streichelte Seto durch ihre braunen Haare. „Das war der Sand. Er hat das nicht gewollt.“

„Das denke ich auch.“

„Du sprichst ganz anders von ihm als Toshiro.“

„Wir waren damals bei der Entscheidung beteiligt.“, erklärte Seto seufzend und seine Schultern sanken hinab. Es war einer der wenigen Tage, die ihn nicht mit Stolz erfüllten. Es war einige Nacht voller langer Diskussionen, Streits und verzweifelten Reden gewesen. „Deine Mutter und ich waren damals dagegen einem Jungen das anzutun, doch wir wurden überstimmt.“

„Rao und Toshiro waren dafür?“, fragte Yuri entsetzt.

„Rao enthielt sich, aber Toshiro war schon immer der logische Mensch. Gefallen hat es ihm sicher nicht, das hat Niemanden von uns, aber wir wussten auch, dass etwas getan werden musste.“

Geknickt senkte Yuri ihren Kopf und ballte ihre kleinen Hände zu Fäusten.

„Das ist so gemein.“ Ihre Unterlippe zitterte verdächtig und sie drückte ihre Hände vor die Augen.

„Das ist es, Liebes.“ Er drückte ihr einen Kuss gegen die Schläfe. Für einige Momente betrachtete er sie nachdenklich. Seine Tochter war schon immer empathisch gewesen, doch wie sie reagierte, zeigte ihm, dass das mehr war als nur Neugierde. „Gaara beginnt dir wichtig zu werden, hmm?“

Yuri blickte zu ihm auf und zögerte. Sie vertraute ihrem Vater und wusste, dass sie eigentlich stets mit ihm reden konnte, allerdings hatte sie diesen Eindruck auch von Toshiro gehabt. Seine Reaktion jedoch hatte sie verängstigt. Am Ende entschloss sie sich jedoch ehrlich zu ihrem Vater zu sein. Sie nickte.

„Er ist im Grunde sehr schüchtern, verunsichert, aber lieb.“, sagte sie leise. „Neria und ich würde ihm gerne helfen.“

„Ach, meine gutherzige Yuri.“, seufzte Seto lächelnd und streichelte sie erneut. „Ihr seid wirklich gute Mädchen.“

„Du willst es mir nicht verbieten, Papa, dass wir ihn sehen?“ Verwundert runzelte er die Stirn und sah sie an.

„Hat Toshiro das denn?“ Yuri nickte hastig.

„Nein, Yuri, ich werde dir nicht verbieten mit Gaara zu spielen. Um ehrlich zu sein, denke ich, dass ihr genau das sein könntet, was er braucht. Ehrliche, liebe Kinder, die ihn als Mensch mögen und gerne mit ihm spielen. Das könnte ihm einen Funken geben, damit er vielleicht sogar Shukaku unter Kontrolle hält.“ Sanft bettete er sein Kinn auf ihren Kopf und umarmte sie sanft. „Ich will nicht sagen, dass ich mich nicht sorge…aber glaubst du, dass Gaara euch verletzen würde?“

Yuri überlegte eine ganze Zeit und ließ den Vorfall mit Mara Revue passieren. Die Frage ihres Vaters wollte sie nicht unbedacht beantworten. Mit den neuen Informationen war die Sorge nicht unbegründet, doch schließlich schüttelte sie den Kopf.

„Nicht ernsthaft, nein. Wir konnten ihm schon einmal helfen, die Kontrolle zurückzuerlangen.“

„Dann vertraue ich dir.“, sagte Seto sanft und küsste ihr Haar. „Wenn es sich gut für euch anfühlt, dann ist es richtig. Ihr seid in einem Alter, wo ihr eure eigenen Erfahrungen machen müsst. Das werde ich euch nicht nehmen.“

Yuri fühlte die warme, väterliche Liebe und war überwältigt von dem Vertrauen, welches ihr Vater ihr entgegenbrachte.

„Danke, Papa!“, sagte sie glücklich und umarmte ihn fest. Seto lächelte und setzte sie dann sanft auf dem Boden ab.

„Nun lauf. Du willst doch sicher mit Neria spielen.“ Yuri nickte lächelnd, gab ihren Papa noch einen Kuss auf die Wange und lief dann zum Spielplatz um sich mit ihrer Freundin zu treffen.
 

~*~
 

Neria erwartete sie bereits, als sie den Spielplatz erreichte. Nachdenklich blickte das blonde Mädchen gen Himmel, während die Schaukel sich in einem melancholischen Rhythmus vor und zurückbewegte. Yuri spürte, dass etwas nicht stimmte. Abwesend war nicht ein Zustand, den Neria häufig hatte.

„Hey…“

Neria löste ihre Augen vom Himmel und ihre blauen Augen starrten sie nachdenklich an, doch ein kleines Lächeln zuckte um ihre Lippen.

„Morgen, Yuri.“ Und schon begann ihr Lächeln zu flackern und erlosch. Yuri neigte ihren Kopf und setzte sich auf die andere Schaukel. Neria ergriff die Ketten ihrer und begann mehr Schwung zu holen. Es war, als meinte sie, so der Situation zu entfliehen. Der Wind spielte durch ihre brustlangen, blonden Haare. Yuri hingegen schwieg. Ihre Freundin würde reden, wenn sie es nicht mehr aushielt. So wie sie sie kannte, würde dies nicht mehr lange dauern.

„Ich habe Papa erzählt, dass wir Gaara kennen.“, erklärte sie schließlich so leise, dass Yuri sie beinahe nicht verstanden hätte. Allerdings hatte sie das schon vermutet, wodurch sie sie nicht hören musste.

„Ich auch.“ Yuri wusste, dass Neria sich schuldig gefühlt hatte. Für sie hatte es sich angefühlt wie ein Verrat an ihr, da sie dies ohne Absprache erzählt hatte. Ein erleichtertes Lächeln erschien auf den Lippen von Neria und sie atmete tief aus. „Toshiro war sicher nicht begeistert.“

„Nein.“, sagte sie zerknirscht. „Er wollte, dass ich ihn nicht mehr treffe.“

„Aber du konntest ihn überzeugen?“ Yuri hielt mit dem Schaukeln inne und wandte sich zu ihr um.

„Nein…aber ich habe zwei Stunden bekommen.“ Neria schloss die Augen und rann sich durch die Haare. „Wie hat Seto reagiert?“

Mit knappen Worten fasste Yuri zusammen, was ihr Vater am Morgen erklärt hatte. Sie sah wie die blauen Augen ihrer Freundin sich weiteten. Gaara war bereits nach zwei Tagen ein wichtiger Teil ihres Lebens geworden, doch in Nerias noch mehr als in dem ihren. Sie hasste Ungerechtigkeit und seine Art weckte in ihr einen Beschützerinstinkt. Wer auch immer Neria wichtig wurde, konnte ihre vollkommene Loyalität erwarten. Sie beschützte ihre Freunde egal wie schwer der Kampf werden würde. Woher dieses Streben kam, wusste Yuri nicht, aber sie wusste, dass es eine zweischneidige Eigenschaft war. Sie vergaß sich oft selbst dabei.

„Das ist schrecklich.“, sagte sie verärgert und trat in den Sand.

„Ja, aber deshalb sollten wir bei ihm fröhlich sein.“ Neria nickte. Sie schien zu verstehen, was Yuri ihr sagen wollte. Gaara litt genug. Was er brauchte war das Vergessen. Für einige kurze Augenblicke frei und Mensch zu sein.

„Du hast Recht.“

„Papa hat mir nicht verboten Gaara zu sehen. Er meint, ich soll meine eigenen Erfahrungen machen.“

Das Lächeln, was Neria nun zeigte, war bitter. Einerseits war sie froh, dass Yuri für Gaara da sein konnte, allerdings war in dem kleinen Ozean auch Enttäuschung versteckt.

„Das ist gut. Ich will mich lieber an die zwei Stunden Regel halten, sonst darf ich ihn gar nicht mehr sehen.“

„Das ist klug.“

So schaukelten beide für einige Zeit und hingen ihre Gedanken nach. Die Frage, die sich noch gestern stellte, hatten sie beide eigentlich schon längst getroffen. Allerdings zögerten sie noch immer. Sie waren doch nur zwei junge Kinder. Was für einen Unterschied konnten sie schon machen, wenn das ganze Dorf und gar ihre Eltern gegen sie waren? War es wert ihre anderen Freunde dafür zu verlieren? Allerdings waren beide sich nicht mehr sicher, ob sie mich solch blinden Menschen befreundet seien sollten. Anderseits verstanden sie die Angst. Weder Neria noch Yuri waren sich sicher, ob sie vor zwei Tagen zu ihm gegangen wären, wenn sie seine Geschichte gekannt hätten.

All das war jedoch vergessen, als sie Gaara kommen sahen. Etwas wacklig auf den Beinen kam er aus den Schatten der Häuser. Er wirkte erschöpft. Die dunklen Ringe unter seinen blassblauen Augen hatten sie noch tiefer in die Haut gegraben. Seine Haut wirkte aschfahl und ließ ihn mehr wie einen Geist wirken. Sofort sprangen beide Kinder von der Schaukel und eilten zu ihm herüber.

„Gaara, bist du in Ordnung?“, fragte Neria besorgt und legte unbewusst eine Hand auf seinen Arm. Gaara versteifte sich, doch stieß sie nicht weg.

„Es war nur eine harte Nacht.“, erklärte er matt und sah sie mit einem bröckligen Lächeln an. Den beiden Mädchen war bewusst, dass es nur eine Maske war. Allerdings hatten sie beide ebenfalls eine aufgesetzt. In diesem Moment, wo sie zusammen waren, beschlossen sie für einen Moment, dass die Realität aufhören sollte zu existieren und sie sich in eine Illusion zurückziehen wollten. In der kurzen Zeit, die sie hatten, war kein Platz für Schmerz.

„Und du willst nicht darüber reden, richtig?“, fragte Yuri und Gaara nickte.

„Ich möchte lieber schaukeln.“

So gingen Gaara und Yuri zur Schaukel, während Neria sich auf den Boden setzte und anfing kleine Burgen im Sand zu bauen. Auch wenn die gelöste Stimmung gerade eine Illusion war, die Kinder wussten, dass sich Gaara zu gern darin versteckte. Sie nahm kleine Steine, die noch nicht zermalmt worden waren, um Fenster und Türen darzustellen.

Sie blickte auf und zum ersten Mal sah sie etwas wie den Funken eines Lächelns auf Gaaras Gesicht. Der Wind fuhr sanft durch das feuerrote Haar und zerzauste es. Yuri lachte fröhlich und holte besonders viel Schwung. Sie liebte es zu schaukeln. Es fühlte sich an wie fliegen.

Plötzlich kippte die Stimmung jedoch. Gaara zuckte neben ihr zusammen und fiel von der Schaukel. Neria sprang sofort auf und Yuri ließ sich von der Schaukel fallen. Beide knieten sich neben Gaara, der sich auf dem Sand zusammenkauerte. Stöhnend krallte er die Hand in sein Haar und ein ungnädiges Zittern schüttelte seinen Körper. Es sah aus, als würde er von innen heraus zerrissen werden und mit den neuen Informationen, die sie erhalten hatten, wussten sie, dass Shukaku rebellierte.

„Gaara-chan…“, flüsterte Neria besorgt. Sie hob ihre Hand, doch wusste sie nicht, ob sie ihn berühren konnte und durfte.

„Geht…gleich wieder.“, presste er zwischen den Zähnen hervor. Schweiß begann sich auf seiner Stirn zu bilden. Hilflos sah Neria zu ihrer Freundin, doch auch Yuri wusste nicht wie sie ihm helfen konnten.

Neria ballte die Hand zur Faust, die sie gerade noch ausgestreckt hatte. Wuttränen brannten in ihren Augen. Sie waren seine Freundinnen, doch in dem Moment, wo er sie dringend brauchte, waren sie machtlos. Hatten sie gar keine Handhabe gegen das Monstrum, welches in ihm war und ihn sosehr quälte? Es war fürchterlich frustrierend. Diese Machtlosigkeit machte sie wütend.

„Gaara…“, sagen beide im Einklang. Schließlich brachten sie beide den Mut auf sich gegen das Monster zu stellen und legte ihm eine Hand auf seine Schulter. Gaara zuckte zusammen. Qualvoll keuchte er auf und sackte in sich zusammen.

„Haltet Abstand!“, befahl er ihnen, doch sie blieben, wo sie waren. Sie beide hatten unbewusst schon vor langer Zeit entschieden, dass sie nicht weichen würden. Auch wenn alle anderen vor ihm wegrannten, Neria und Yuri würden es nicht.

„Du kannst gegen ihn ankommen, Gaara.“, sagte Neria ernst.

„Nein…kann ich nicht.“, zischte er.

„Doch, du kannst!“, sagte sie entschlossen und umarmte ihn fest. Sand zischte auf und schlug nach ihr. Mit aller Macht, versuchte er Neria zu entfernen, doch sie hielt Gaara eisern fest. Mit geschockten Augen sah er sie an. „Du hast ihn schon einmal aufgehalten. Du hast Mara nicht verletzt. Du kannst es wieder.“

„Gaara-chan.“, mischte sich auch Yuri ein. „Wir glauben an dich.“

„Du kannst es, Gaara…“ Neria kniff die Augen zusammen, als die Attacken des Sandes immer aggressiver wurden, doch sie zeigte keine Schmerzen. Gaara brauchte gerade keine Schuldgefühle. Er brauchte Kraft. Also öffnete sie mit aller Kraft ihrer Augen und sah ihn freundlich an.

Gaara holte tief Luft und versuchte sich zu konzentrieren. Die Wut von Shukaku war beinahe übermächtig, allerdings beruhigte die Wärme, welche von Neria ausging, ihn. Ebenso gaben ihre Worte ihm Kraft. Ruhig schloss er die Augen und drängte Shukaku mit aller Kraft zurück. Erleichtert atmete er aus, als die bedrohliche Präsenz verschwand. Es war, als würde Stille nach einem Sturm einkehren.

„Siehst du…“, keuchte Neria und ihre Mundwinkel zuckten. Sie hatte Schmerzen durch die Wunden, die der Sand ihr zugefügt hatte, doch er sollte es nicht bemerken. „…wir wussten doch, dass du es kannst.“

„Neria…du bist verletzt…“, stellte Gaara betrübt fest. Er ergriff ihren Arm und betrachtete die Wunde.

„Ach, das ist halb so wild.“ Sie lächelte aufmunternd. Auch Yuri drückte sanft seine Schulter, als das blonde Mädchen Gaara losließ. Erleichterung flutete durch ihren Körper, da nichts Ernstes passiert war. „Heilt bald wieder, keine Sorge.“

Neria lächelte vergnügt und versuchte Gaara aufzumuntern.

„Du hast Schmerzen, Neria. Du…brauchst Salbe.“ Schwankend stand er auf, doch brach sofort wieder zusammen. Seine Freundinnen fingen ihn auf und stützen ihn.

„Gaara, du musst dich schonen. Du hast viel Kraft verbraucht.“ Yuri sah ihn tadelnd an. „Neria ist nicht schwer verletzt.“

„Genau.“, nickte Neria zustimmend. „Ist bald wieder gut.“

Vorsichtig dirigierten sie Gaara zurück auf eine Bank und setzten sich neben ihn.

„Wie…fühlt es sich an?“, fragte er plötzlich und blickte zwischen ihnen hin und her. Irritiert runzelten diese die Stirn und sahen ihn fragend an.

„Wie fühlt sich was an?“ Yuri blinzelte verwirrt.

„Schmerzen.“, konkretisierte Gaara seine Frage. Das half den Mädchen aber nicht besonders. Im Gegenteil. Es verwirrte sie nur noch mehr. Wieso fragte Gaara sie wie sich Schmerzen anfühlten?

„Wieso fragst du?“

„Der Sand beschützt mich…ich habe noch nie Schmerzen gefühlt. Wie ist es, wenn man verletzt ist?“

Unbehaglich schauten Neria und Yuri sich an. Zwar konnte sie nun verstehen, warum Gaara das fragte, doch wie erklärte man das einem Menschen, der noch nie Schmerzen empfunden hatte? Wie fasste man dieses Gefühl in Worte?

„Das ist nicht leicht, Gaara…“

„Bitte, versucht es!“, flehte er verzweifelt und sah sie aus großen Augen hast. Vermutlich wollte er verstehen, was er Neria und so vielen anderen angetan hatte. Er wollte verstehen, was die Konsequenzen von seinem Handeln sind.

„Also schön…“, seufzte Neria und kratzte sich am Kopf. „Weißt du Gaara, wenn einem etwas wehtut, dann ist es kein gutes Gefühl. Schmerzen sind als Warnsystem da, wenn etwas mit deinem Körper nicht stimmt. Wenn dich zum Beispiel Shukaku angreift…dann scheinst auch du Schmerzen zu haben.“

Gaara blinzelte träge und schien über das Gesagte nachzudenken und sich zu erinnern wie es sich anfühlte. Dann zuckte er zusammen und sah Neria an.

„Es tut mir leid, Neria.“ Sie lächelte und schüttelte hastig den Kopf.

„Ach was, schon in Ordnung, Gaara. Hauptsache ich konnte dir helfen.“ Überrascht sah Gaara sie an und wieder huschte das kleine Lächeln um seine Lippen.

„Kö…könntest du deinen Ball holen, Yuri? Ich würde gerne damit spielen.“ Yuri lächelte vergnügt und nickte.

„Na klar.“

„Dann haben wir noch ungefähr eine Stunde.“ Verwirrt blickte Gaara sie an.

„Warum eine Stunde?“

„Wir haben unseren Eltern erzählt, dass wir dich kennen.“, erklärte Neria betrübt.

„Und nun…dürft ihr nicht mehr mit mir spielen?“

„Doch.“, widersprach Yuri. „Nur gerade Nerias Vater ist besorgt und hat ihr nur erlaubt zwei Stunden mit dir zu spielen.“

„Tut mir leid, Gaara.“, sagte Neria zerknirscht und senkte den Kopf. Gaara zuckte zusammen. Sie war traurig, das sah er, doch sie sollte nicht traurig sein.

„Schon gut, Neria…“, sagte er. „Zwei Stunden sind immer noch besser als keine.“

Er versuchte sie aufzumuntern. Yuri sah es ihm an, doch auch sein Lächeln flackerte. Er wollte froh sein, überhaupt jemanden zum Spielen zu haben, aber wie alle Menschen wünschte er sich nun auch mehr.

„Mach dir keine Sorgen.“ Wieder versuchte er sich an einem Lächeln, doch es war unheimlich.

„Also, ich gehe nun den Ball so schnell wie möglich holen und dann spielen wir.“, versuchte Yuri die Situation aufzulockern. Gaara und Neria nickten. Schnell rannte Yuri los.
 

~*~
 

Enttäuscht hob Yuri eine Stunde später den Ball hoch. Wie auch die zwei Tage zuvor hat das Spiel mit Gaara viel Spaß gemacht. Er war wirklich geschickt in Ballspielen. Leider war auch diese Illusion der Freiheit nur von kurzer Dauer und Nerias Zeit war abgelaufen. Als sie sich zum Gehen wandte, hatte Gaara den Blick traurig gesenkt und sah sie nicht an.

„Hey, Yuri. Du könntest noch bleiben. Dein Vater hat es dir nicht verboten.“, schlug Neria vor, während sie Gaara beobachtete. Yuri schüttelte jedoch den Kopf.

„Das wäre dir gegenüber nicht fair.“

„Jetzt geht es aber nicht um mich, sondern um Gaara.“

„Trotzdem.“, widersprach sie energisch. „Dann bist du traurig. Außerdem möchte ich Papa auch nicht unnötig Sorgen bereiten.“

„Auch wieder wahr.“, nuschelte sie. Trotzdem blickte sie wehleidig zu Gaara hinüber. Yuri mochte zwar recht haben, doch es tat weh Gaara so zu sehen. Vorher hatte er nur Einsamkeit gekannt. Er wusste nicht wirklich, was es bedeutete Freunde und Spaß zu haben. Somit konnte er es nicht vermissen. Nun jedoch hatte er es erfahren und der Entzug wurde dadurch nur noch schwerer. Neria fand es unfair. Er konnte schließlich am allerwenigsten dafür, was ihm angetan wurde Er hatte Shukaku nie gewollt und dennoch wurde er für die Fehler anderer bestraft.

„Wir sollten uns verabschieden.“

Neria nickte erneut und lief mit ihrer Freundin zu ihm. Schüchtern blickte Gaara auf und reichte Yuri ohne Umschweife ihren Ball. Diese lächelte ihn dankbar an und drückte ihn an sich.

„Wir sehen uns morgen wieder, oder?“, fragt er hoffend und sah sie beide an. Ohne zu zögern nickten sie und verabschiedeten sich von ihm. Die Sonne brannte, als sie Gaara zurückließen. Sie waren bereit für ihre Freundschaft zu ihm zu kämpfen, doch sie würden für den Sieg Zeit brauchen. Wenn sie zeigen könnten, dass spielen mit ihm ungefährlich war, dann könnten sie vielleicht die Erwachsenen überzeugen. Man konnte nur hoffen, dass sie diese Zeit auch hatten.



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