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My love bite on your neck

von

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Love bite 50 - Verliebt, ver.. äh ... ver...dammt!

Love bite 50 - Verliebt, ver.. äh ... ver...dammt!
 

Meilos Finger kitzeln mich hinter dem Ohr. Kichernd versuche ich ihnen auszuweichen, doch ich bin noch immer im Halbschlaf, und weiß deshalb gar nicht genau, wo Meilo sich überhaupt befindet.

Vor mir, oder hinter mir? Steht er vielleicht schon fix und fertig angezogen vor dem Bett, oder hockt er über mir? Keine Ahnung. Daher brumme ich nur müde und drehe den Kopf so weit, bis mein Gesicht im Kissen unter mir verschwunden ist. Dass das auch nichts hilft, war mir schon im Vornherein klar.

"Nihiic, oh Niiihiiic", lacht er. Die Stimme kommt eindeutig von hinten. Jetzt bin ich zwar schlauer als zuvor, doch das bringt mir auch nicht viel. "Schau mal aus dem Fenster", säuselt er und schmust mit seinen Lippen über meinen Nacken.

"Wieso?", frage ich krächzend, halte jedoch still. Das, was er mit seinen Lippen tut, kann er ruhig weiterhin machen.

"Tu es einfach", nuschelt er gegen meine Haut.

"Gibst du dann Ruhe?"

"Mal sehen." Mal sehen? Das bedeutet in Meilo-Sprache: Nööö, auf keinen Fall! Aber einen Versuch ist es wert.

Ich schäle mein Gesicht wieder aus dem Kissen, wappne mich seelisch gegen das helle Morgenlicht, und öffne vorsichtig die Augen. Die Sonne scheint. Das ist das Erste, das ich feststelle. Doch dann "Schnee?"

"Ja! Schnee!!!"

"Oh nein!" Erneut presse ich mein Gesicht ins Kissen. Ich will das Elend draußen vorm Fenster nicht sehen!

"Oh doch!", ruft Meilo und hüpft auf und ab. Die Matratze schwankt dabei so sehr, dass ich drohe seekrank zu werden. Hilfe!

Ich rudere mit meinem Arm und versuche meinen herumhampelnden Freund zu erwischen, vergebens. Er fängt meinen Arm einfach ein und wirft sich auf mich. "Aua! Spinnst du?" Das tat weh! Meilo lacht nur. "Geh runter von mir! Du zerquetschst mir den Arm!"

"Lass uns raus gehen!", gluckst mein Spinner-Freund. "Los!"

"Im Leben nicht! Ich bleib hier!" Demonstrativ zerre ich an der Bettdecke, um sie mir über den Kopf zu ziehen. Kaum geschafft, entreißt Meilo sie mir wieder.

"Ach komm schon! Ziehen wir uns an und dann raus."

"Lass mich in ruhe", knurre ich.

"Ich mach auch das Feuer an", säuselt er in verführerischster Sirenen-Manier. "Ein schönes warmes Feuer prasselt im Kamin, wenn wir von draußen wieder reinkommen … Was hältst du davon?"

"Im Bett ist es jetzt schon warm", kontere ich und mümmle mich tief in die Decke ein.

"Du Spielverderber", motzt mein mürrisches Schneemännchen.

"Du Sklaventreiber."

Meilo gibt einen unschönen beleidigten Ton von sich und schwingt sich aus dem Bett. Aus den Augenwinkeln beobachte ich ihn. Er steigt in seine Unterhose, dann in die Hose. Danach ist sein Hemd dran, allerdings kommt er erst gar nicht dazu, es anzuziehen. Es klopft an unsere Tür. Vergessen ist der Schnee. "Wer ist das?", frage ich erschrocken und setze mich auf. "Ich dachte, es weiß keiner, dass wir hier sind."

"Inzwischen wahrscheinlich schon", grinst er.

"Was heißt das?"

"Das Fehlen des Schlüssels dürfte längst aufgefallen sein", trällert Meilo seelenruhig.

"Shit!" Ich ziehe die Decke bis zu meinen Schultern hoch und starre zur Tür. Es klopft ein weiteres Mal.

"Ich mache auf", beschließt Meilo und schreitet zur Tat. Ich würde mich am liebsten unsichtbar machen. Egal wer da vor der Tür steht, er wird wissen, was wir hier drinnen getan haben. Zwar nicht genau, zum Glück!, aber er wird es ahnen.

Ich ziehe die Decke noch fester um meinen nackten Körper, als Meilo die Tür öffnet.
 

Sebastian steht davor. Neben ihm steht ein Servierwagen, bestückt mit abgedeckten Tellern und einer Kanne Kaffee. "Frühstück?", fragt er grinsend.

"Sebastian? Du bist einmalig!", höre ich Meilo sagen, dann klopft er Sebastian auf die Schulter. "Du kommst wie gerufen." Mein Liebling macht ihm Platz. Leise quietschend rollt der Servierwagen.

"Das Hochzeitssuite-Spezialmenü", flötet Sebastian und bleibt vor dem Bett stehen. "Möchten die Herrschaften den Tisch gedeckt bekommen?"

"Nein, nein", schmunzelt Meilo. "Das kann ich machen. Geh du mal lieber wieder vor. Du hast bestimmt noch eine Menge Arbeit."

"Wie Sie wünschen. ... Herr Haug, Herr Ittninger." Ein Zwinkern, und weg ist er wieder.

Stöhnend falle ich zurück in die Kissen. "Mann! Sicher reden jetzt alle über uns!"

"Und? Lass sie", lacht Meilo und schiebt den Wagen ans Bett. "Wenigstens haben wir Frühstück aufs Zimmer bekommen. Los! Hauen wir rein."

"Aber erst, nachdem du Feuer gemacht hast", grinse ich frech. Meilo legt den Kopf schief. "Was denn?"

"Nichts, mein Sweetheart", seufzt er und kümmert sich wie erwünscht ums Feuer.

Voller Schadenfreude, weil er mich nun doch nicht mit einem warmen Zimmer erpressen konnte, nur, damit ich mit ihm raus in den Schnee gehe, lüpfe ich die Hauben, die auf den Tellern liegen. "Wow", hauche ich. "Sieht das lecker aus!" Auf den Tellern ist alles, was das Herz begehrt. Im wahrsten Sinne des Wortes. "Toast in Herzform ist zwar nicht ganz mein Geschmack, aber ..."

"Herzform?"

"Ja, guck." Ich hebe einen der Toastscheiben hoch. Meilo lacht. "Er hat uns tatsächlich das Hochzeitssuite-Menü gemacht!" Was soll ich davon nun halten? "Aber die Rosen fehlen. Normal ist da immer ein kleines Gesteck aus Rosen mit drauf."

"Man kann eben nicht alles haben", seufze ich gespielt theatralisch. "Ich werde mich beim Hotelmanager beschweren."

"Oh ja!", kichert Meilo und steht auf. Das Feuer prasselt leise. "Das hagelt schlechte Kritiken im Internet."

"Aber wie!" Ein Hochzeitssuite-Menü ohne Rosengesteck. Wie können die es wagen?

Meilo krabbelt zu mir ins Bett, nachdem er sich dann doch wieder aus seiner Hose befreit hat. Wenn ich Glück habe, hat er den Schnee da draußen vielleicht bis nachher völlig vergessen. Oder das Sauzeug tut mir den Gefallen, und schmilzt ganz schnell.
 

Mit dem Frühstück lassen wir uns Zeit. Wir füttern uns gegenseitig, was so unfassbar kitschig ist, dass es fast weh tut, aber es ist auch lustig und schön. Beinahe kommt es mir wirklich so vor, als hätten wir gerade unsere Hochzeitsnacht hinter uns, so, wie wir herumalbern. Verrückt! Doch noch verrückter ist allerdings, dass mir der Gedanke keine Angst mehr macht. Aber psst! Sagt keinen Ton darüber zu Meilo oder zu meiner Mutter, sonst bekommt das kleine schwule Tortenplastikpaar bald einen Untergrund aus Zucker und Sahne, und ich finde mich vor einem Standesamt wieder.
 

Nach dem opulenten Herzchen-Essen, sind unsere Hände und Münder ganz verklebt von all dem Süßkram, mit dem wir uns teils gegenseitig gemästet haben. Es geht schnurstracks in das angrenzende Bad.

Ich durfte es gestern Abend schon bewundern, aber im hellen Tageslicht sieht es noch imposanter aus. Daran ändert auch die furchtbare zartrosa Farbe und die scheinbar unvermeidlichen Rosenaufdrucke nichts, in dem es gehalten ist. "Ob das den frisch vermählten Männern gefällt, wage ich zu bezweifeln", überlege ich laut.

"Ist doch romantisch", meint Meilo. "Ich fand es hier schon immer schön."

Glucksend überkreuze ich meine Arme hinter seinem Nacken. "Ich wusste gar nicht, dass du auf Rosendekor im Badezimmer stehst."

"Doch, tue ich." Alter Spinner!

"Wehe, du überträgst diese Leidenschaft auf unser Bad."

"Warum eigentlich nicht?", fragt er lachend. "Das wäre doch mal was anderes."

"Unterstehe dich!"

"Was, wenn nicht?"

"Dann ... dann ..." Mein Blick fällt auf die kleine Badewanne, die hinter mir steht. "Dann stecke ich dich in die Wanne!"

"Oh wie furchtbar!", jammert Meilo gespielt.

"Gefüllt mit Schnee", ergänze ich.

"Ein Bad im Schnee? Das kannst du auch leichter haben." Meilos Augen leuchten amüsiert. Irgendwas geht in seinem kleinen süßen Köpfchen vor.

"Egal, was du dir gerade ausdenkst: Vergiss es ganz schnell wieder!" Er grinst breit und sieht aus, wie ein kleiner Lausbub. Die Liebe, die ich für ihn empfinde, lässt mich für einige Augenblicke lang ein paar Zentimeter über dem Boden schweben. Doch dann strecke ich ihm die Zunge raus, löse mich von ihm und lasse Wasser in die Wanne laufen.

Meilo tritt von hinten an mich ran. "Wie wäre es mit Schaum und einer Badekugel?"

"Alles, was das Herz meiner lieblichen Frau begehrt", säusle ich. Dafür bekomme ich einen Klaps auf meinen Po. Autsch! Das hat gezogen! Ich habe nämlich noch immer nichts an.

"Seit wann hast du eigentlich was gegen Romantik?", fragt er mich und öffnet ein Fläschchen, das auf einem Regal neben der Wanne steht, und riecht daran.

"Nichts, aber Rosen und Pastelltöne sind nicht unbedingt mein Fall." Da dann doch schon viel eher Kerzenschein in dieser kleinen Waldhütte. Das hatte definitiv was Romantisches. Etwas rustikales, männliches. Nicht diesen rosa-pastelligen Mädchentraum.

Meilo kippt den Inhalt des Fläschchens ins einströmende Wasser. Schaum bildet sich und es duftet nach Früchten. "Gib ruhig zu, dass es dir gefällt", schmunzelt er. "Ich verrate es auch keinem."

"Nun", antworte ich. "Eins gibt es schon, das mir hier gefällt. Willst du wissen was?"

"Was denn?"

Ich nehme ihm das Fläschchen aus der Hand, stelle es zurück und steige in die Wanne. Als ich mich mit einem wohligen Seufzer zurücklehne, antworte ich: "Der halbnackte Sohn der Hotelchefs, der noch immer tatenlos vor der Wanne steht, anstatt zu mir zu kommen, um mir den Rücken einzuseifen." Und um meinen Worten noch mehr Ausdruck zu verleihen, lasse ich den Badeschaum aufstoben.

Meilos linke Augenbraue wandert nach oben. "Das ist also das Einzige, was dir hier gefällt?", fragt er mich leise.

"Muss mir denn noch mehr gefallen?", frage ich retour.

"Nein", antwortet er. "Das langt mir vollkommen."

Ich schreie lachend auf, als Meilo sich in die Wanne schwingt, und samt Unterwäsche auf mir landet. "Meilo!" Schaum fliegt mir ins Gesicht. Das leise Plätschern von Wasser, das über den Rand der Wanne schwappt und auf den Boden klatscht, hallt durch das kleine Badezimmer.

"Was denn? Du wolltest doch, dass ich zu dir in die Wanne komme."

"Aber doch nicht mit Shorts!"

"Zieh sie mir aus, wenn sie dich stört", sagt er frech.

"Dann runter mit dem Fetzen!" Wieder plätschert es.

Ich glaube, bis wir fertig sind mit baden, steht das ganze Badezimmer unter Wasser ...
 

***
 

"Können wir das Zimmer wirklich so hinterlassen?", fragte ich Meilo skeptisch.

"Klar. Sebastian kümmert sich schon darum." Einfach alles auf Sebastian abwälzen? Na das habe ich ja gern!

"Lass uns wenigstens das Bett machen, und dann ..."

"Nichts da", hält mich Meilo auf und zieht mich hinaus auf dem Flur. Laut schlägt die Tür zur Hochzeitssuite zu. "Das muss sowieso frisch bezogen werden. Sebastian macht das schon. Und auf ein Zimmer mehr oder weniger kommt es auch nicht an."

Ich gebe nach, wenngleich auch ungern. "Wegen uns hat er so viel Extraarbeit", brumme ich. Wenigstens konnte ich das Bad noch trockenlegen, bevor Meilo mich zur Eile angetrieben hat. Warum er so urplötzlich das Zimmer räumen wollte, hat er mir nicht gesagt.

"Das schafft er schon." Meilo zwinkert mir zu und läuft voraus. Ich zockle ihm langsam nach.

Ehrlich gesagt, war das mit dem Zimmer nur eine Ausrede. Ich wollte noch ein bisschen Zeit schinden, bevor wir auf Meilos Eltern stoßen. Das wir einfach in ihr teuerstes Zimmer eingedrungen sind (ja, ja. Zweideutigkeit lässt grüßen), ist mir schon leicht peinlich. Doch zu meiner Verteidigung: Meilo ist schuld! Leider kann ich diese Ausrede bei Meilos Eltern nicht geltend machen, fürchte ich.

Auf dem Weg zum Ausgang des Hotels, begegnen wir wieder Sebastian. "Hat es geschmeckt?", will er von uns wissen.

"Sehr lecker", antwortet ihm Meilo. "Und Entschuldigung, wenn wir dir mit unserem kleinen Ausflug Extraarbeit bereiten." Hey! Du Schummler! Erst sagen, das macht ihm nichts aus, und dann meine Worte klauen!

"Ist schon okay", winkt Sebastian ab. "Weil ihr es seid, drücke ich mal ein Auge zu."

"Danke", sage ich, bevor Meilo es sagen kann.

"Wollt ihr auch ins Gewächshaus?", möchte Sebastian wissen und deutet in dessen Richtung.

"Eigentlich wollten wir ins Wohnhaus", erkläre ich. "Was ist den im Gewächshaus?"

"Ein großes Frühstück für alle Gäste. Deine Eltern sind auch da."

"Ach so. Stimmt ja. Das hatte ich total vergessen. Dann gehen wir am besten zu den anderen", beschließt Meilo und nimmt meine Hand.

Ein Frühstück mit allen Gästen ist nicht ganz das, was ich mir jetzt wünschen würde, zumal wir ja schon gegessen haben, aber nun gut. Da muss ich jetzt durch. Hoffentlich hat es sich noch nicht herumgesprochen, wo wir heute Nacht waren. Ich spüre schon jetzt, wie alle Augenpaare wissend auf uns ruhen. Was für ein bescheidener Start in den Tag!
 

Als wir das Gewächshaus betreten, hören wir die typischen Frühstücksgeräusche. Das Klimpern von Geschirr, Unterhaltungen, leise Hintergrundmusik. Fast wie im Urlaub in einem Hotel. Ha! Wir sind ja auch in einem.

An der Lichtung angekommen, sitzen schon alle an den Tischen von gestern Abend und lassen es sich schmecken. Zu meiner Erleichterung beachtet man uns kaum, bis auf "Meilo! Nic!" Jeff winkt uns zu. Wir gesellen uns zu ihm.

"Hast du uns einen Platz freigehalten?", fragt ihn Meilo lächelnd.

"Was glaubst du denn?", antwortet dieser, als wir uns ihm gegenüber setzen. "Habt ihr verschlafen?"

"So ungefähr", erwidere ich.

"Verstehe", grinst Jeff. "In der Hochzeitssuite, ja?" Verlegen senke ich den Blick. Es hat sich also doch schon herumgesprochen. "Meinen Glückwunsch die Herren."

"Keinen weiteren Ton bitte", brummt Meilo und sieht Jeff beschwörend an, was mich doch leicht verwundert. Irgendwas stimmt da doch nicht, wenn ich ihre gegenseitigen Blicke richtig deute. Und was sollte das, von wegen meinen Glückwunsch?

"Was sollen diese Blicke?", frage ich daher postwendend und schaue einen nach dem anderen neugierig an.

"Nichts", murmelt Meilo ausweichend und steht auf. "Willst du auch einen Kaffee?"

"Äh … Einen Tee, wenn einer da ist." Meilo nickt, lächelt mich an, wirft Jeff allerdings wieder so einen komischen Blick zu, ehe er zum aufgebauten Frühstücksbuffet geht.

Ich warte, bis er außer Hörweite ist, dann wende ich mich Jeff zu. "Sagst du es mir, oder muss ich dich erst fragen?"

"Was denn?" Er stellt sich auf ahnungslos und schmiert sich seelenruhig sein Brötchen.

"Tu nicht so. Was sollte das eben?"

"Hm?"

"Na das mit der Suite und dem Glückwunsch", helfe ich ihm auf die Sprünge. "Was darf ich nicht wissen?"

Jeff grinst mich an, schielt dann hinter mich in Richtung Meilo und beugt sich anschließend zu mir vor. "Gut, ich sage es dir, aber wehe, du verrätst Meilo, dass ich dir das erzählt habe, verstanden?"

"Verstanden" flüstere ich aufgeregt.

"Als wir klein waren, meinte Meilo mal, wenn er erwachsen ist, und seinen Seelenverwandten gefunden hat, will er mit ihr in der Hochzeitssuite leben."

"Er wollte was?" Soll ich lachen oder den Kopf schütteln?

Ich halte es wie Jeff, denn er grinst schelmisch. "Da waren wir noch ziemlich jung", erklärt er weiter. "Ich glaube, gerade mal in der vierten oder fünften Klasse, aber seiner Meinung nach, durfte man nur darin mit einem anderen Menschen zusammen schlafen, wenn man sich mit ihm auf ewig bindet. Deshalb: Meinen Glückwunsch." Jeff lacht leise.

Mir will das immer noch nicht recht in den Kopf, und ich überlege, wieso Meilo nicht will, dass Jeff mir diese Geschichte erzählt, mal abgesehen davon, dass Meilo wohl schon immer einen leichten Hang zum Kitsch hat, da stellt Jeff plötzlich die Frage, die mich endgültig aus der Bahn wirft. "Also? Wann heiratet ihr?" Er beißt kichernd in sein Brötchen und sieht mich neugierig an.

Ich will erst entsetzt rufen, wenn Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen, aber das kann ich noch verhindern. "Wir haben nichts dergleichen vor", sage ich stattdessen und zupfe nervös an meinem Ärmel herum. Das allgegenwärtige Hochzeitsthema, das ständig über uns zu schweben scheint, geht mir langsam gewaltig auf den Keks! Ist damit nicht bald mal Schluss?

"Muss man ja heutzutage auch nicht", meint Jeff.

"Genau."

"Obwohl ich sagen muss, es hat auch was für sich. Mal ganz abgesehen von den steuerlichen Vorteilen, ist es ein ganz schönes Gefühl, zu wissen, dass man zu jemanden gehört."

"Das weiß man auch, ohne gleich einen Trauschein zu unterschreiben", wende ich ein.

"Klar tut man das. Aber es fühlt sich trotzdem anderes an, wenn man diesen Weg zusammen gewählt hat. Man ist irgendwie noch viel mehr miteinander verbunden und es fühlt sich viel intensiver an. Ist schwer zu beschreiben." Jeff schaut sich seinen Ehering an. "Es mag sich bescheuert anhören, aber allein diese Verbundenheit hat uns schon durch mehr oder weniger schwere Zeiten geholfen. In den letzten Wochen ganz besonders." Mein Magen fühlt sich schlagartig flau und schwer an. Was rege ich mich hier über das Heiraten auf? Das sind Kinkerlitzchen, im Vergleich zu dem, was er und seine Frau durchmachen mussten.

Ein 'Es tut mir leid' liegt mir auf den Lippen, doch ich behalte es dort, wo es ist. Das habe ich gestern schon genug gesagt. Und was hilft es ihm, wenn ich es wieder sage?

"Hier. Dein Tee." Meilo ist wieder da. Ich habe ihn gar nicht kommen gehört.

"Danke", sage ich leise und lächle ihn an. Sobald er sich wieder neben mich gesetzt hat, ergreife ich seine Hand und drücke sie fest. Meilo wirkt erst leicht verwundert, lächelt dann jedoch ebenfalls.
 

Nachdenklich schlürfe ich meinen Tee, während Meilo und Jeff sich miteinander unterhalten. Ich höre mal wieder nur mit einem Ohr zu.

Was für ein verrücktes Wochenende! Ich würde jetzt nicht behaupten, dass ich mich darauf freue, wenn es endlich vorbei ist, aber ich bin froh, wenn der ganze Trubel herum ist. Nicht, weil es mir hier nicht gefällt, es ist nur, dass ich jetzt gern zuhause wäre, mich in mein Bett legen würde, um in ruhe nachdenken zu können. So viel geistert in einem Kopf herum. "Oder Nic?"

"Was?" Ich drehe den Kopf zu Meilo.

Er schmunzelt und lässt eine Augenbraue nach oben wandern. "Hast du nicht zugehört?"

"Sorry", antworte ich verlegen. "War in Gedanken. … Nichts schlimmes." Meilos Blick spricht Bände. "Was wolltest du mich fragen?"

"Ob ich dir nach dem Frühstück mal die Gegend zeigen soll", möchte er wissen. "Wo ich zur Schule gegangen bin, und all sowas."

"Gerne", erwidere ich und bin sofort Feuer und Flamme. Hier mal wegzukommen hört sich verdammt gut an. Mal einen freien Kopf bekommen und vor allem: Zeit allein mit Meilo, in sicherer Entfernung von seiner Familie oder verhängnisvollen Hochzeitssuiten verbringen.

"Dann zieht euch warm an. Draußen ist es knackig kalt", sagt Jeff und zieht die Schultern hoch.

"Musst du mich jetzt daran erinnern?", brumme ich. Allein die Erwähnung von kalt lässt mich frösteln.

"Nic hasst den Winter", erklärt Meilo seinem Kumpel. "Sogar noch mehr als du." Scheint so, als hätte ich in Jeff einen Leidensgenossen gefunden. Wer hätte das gedacht?
 

Meilo und ich warten noch, bis Jeff fertig gefrühstückt hat. In der Zwischenzeit haben wir auch ausgetrunken und stehen nun mit Jeff vor dem Buffet. "Viel Spaß euch noch", sagt er und umarmt Meilo.

"Du gehst schon?", frage ich nach.

"Ja. Lisa wartet. Ich hole sie bei ihren Eltern ab, dann fahren wir wieder nach Hause."

"Euch alles Gute, und grüße Lisa von mir, auch wenn sie es nicht hören will." Meilo lässt Jeff wieder los, hat jedoch noch immer seine Hand auf dessen Schulter.

"Mach ich", antwortet Jeff ihm. "Und ihr hört auf solche Gesichter zu ziehen, sonst komme ich euch nicht in eurem neuen Heim besuchen, verstanden?"

"Verstanden", sage ich und lächle ihn an.

"Sagt mir Bescheid, wenn ihr das Häuschen habt, ja?"

"Machen wir", verspricht Meilo ihm.

Ein paar Umarmungen später, ist Jeff verschwunden, um seine Koffer zu packen und wir stehen plötzlich bei Meilos Eltern. "Ihr wisst schon, dass man nur in der Hochzeitssuite übernachten darf, wenn man verheiratet ist?", fragt uns Doro umgehend, was mich verlegen meine Schuhe betrachten lässt.

Meilo nimmt das lockerer, legt seinen Arm um meine Schulter und drückt mich an sich. "Das sind wir doch schon so gut wie", meint er plötzlich. Was?!

Meine Verlegenheit ist vergessen. Was redet er da? "Veräpple doch deine Mutter nicht so", sage ich zu Meilo und lache unsicher.

"Tue ich doch gar nicht", sagt mein dusseliger Freund in aller Ruhe und sieht mich unschuldig an. "Wir sind seit gestern verlobt. Schon vergessen?"

Mir bleibt die Spucke weg und mir entgleisen sämtliche Gesichtszüge. Meilo glaubt tatsächlich, das gestern in der Kirche war wirklich eine Verlobung?!

"Na das ist ja ... Großartig!", jubelt Doro und hängt unvermittelt an mir. "Mein Schwiegersohn!" Zusätzlich zu meiner verschwundenen Spucke und dem entgleisten Gesicht, rutscht mir nun auch noch mein armes überbeanspruchtes Herz in die Hose. Was geht hier denn ab?!

Doro zieht als nächstes Meilo an sich und ich bekomme von Eberhard die Hand geschüttelt. Er bricht mir fast alle Knochen dabei, aber wenigstens vergesse ich nicht, ebenfalls fest zuzudrücken, warum auch immer ich in dieser absurden Situation daran denken kann.

"Das muss gefeiert werden!", ruft Doro, doch Meilo bremst sie zum Glück gleich aus.

"Damit warten wir noch. Das ist euer Wochenende und Nics Eltern wissen es ja auch noch nicht." Gibt's hier in der Nähe ein Meer, oder warum rauscht es so laut in meinen Ohren?

"Wenn das so ist, warum machen wir das nicht nach Silvester? An unserer alljährlichen Neujahrsfeier?"

"Gute Idee", findet Meilo den Vorschlag seines Vaters. Ich komme mir derweil immer mehr so vor, als hätte mich gerade ein LKW überrollt. Und alles was ich machen kann, ist zu warten, bis sein Gewicht mich nicht mehr in den Asphalt drückt.
 

Dies ist erst soweit, als ich mit Meilo wieder in der Lobby des Hotels stehe und wir auf den Ausgang zulaufen. "Ziehen wir uns schnell um, dann fahren wir los, ja? Dann machen wir eine Stadtrundfahrt und ich zeige dir alle Orte, an denen ich früher war. Das wird sicher lustig. Bestimmt hat sich eine Menge dort verändert, und ich bin gespannt, ob ..."

"Das gestern war doch keine Verlobung!", unterbreche ich ihn, als ich endlich wieder meine Stimme gefunden habe, und bleibe einfach kurz vor der Hoteltür stehen.

Meilo dreht sich zu mir und sieht mich leicht perplex an. "Natürlich war es das", meint er wieder mit dieser totalen Ruhe, die er eben vor seinen Eltern schon an den Tag gelegt hatte.

"Wie kommst du denn darauf?", frage ich ihn, obwohl ich die Antwort schon kenne.

"Sobald es vollkommen legal wird, willst du mich heiraten. Das hast du gesagt." Ich habe es geahnt. Meilo hat unser Gespräch ernst genommen! Er glaubt, wir seinen ... miteinander verlobt!

"Verdammt", flüstere ich mir selbst fassungslos zu.

Nur leider versteht Meilo das anscheinend falsch. Er guckt auf einmal ziemlich ernst drein. "Verdammt? Ich dachte, du willst es auch."

"Ja schon", in circa hundert Jahren. "Aber es gleich offiziell machen?" Ich werde wirklich nervös. Ist Meilo jetzt sauer? "Es war doch noch gar nichts spruchreif", versuche ich zu schlichten. "Ich dachte, wir lassen uns noch etwas Zeit damit, ziehen erst einmal zusammen und bauen ein gemeinsames Leben auf, aber wir sagen es nicht gleich deinen Eltern. Du hättest mich auch mal fragen können." Langsam wird mir das ganze Ausmaß, das diese ... Sache angenommen hat, bewusst, und spüre einen leichten Druck um meine Kehle herum. Nicht in Panik verfallen, Nic!

"Oh", sagt Meilo leise, als würde er nun auch verstehen, und runzelt die Stirn. "Und jetzt?"

"Wie, und jetzt?", frage ich mit rauer Stimme. Scheiß Druck!

"Soll ich meinen Eltern sagen, dass wir doch nicht verlobt sind?"

"Äh ... Ich weiß nicht." Da bin ich überfragt.

Meilo fängt an zu lachen, was meine Gedanken noch mehr durcheinanderwirbelt. Wie kann der dabei nur lachen? "Ich werde es ihnen irgendwie erklären, und ihnen sagen, dass sie erst einmal kein so großes Fass aufmachen sollen. Aber erst nachher, okay?"

"Und was genau willst du ihnen erklären?", möchte ich gern wissen. Nicht, dass er wieder so einen Durcheinander anstellt.

"Das wir warten wollen, bis aus der Homoehe eine ganz normale Ehe wird, und uns vorher ein gemeinsames Leben aufbauen möchten." Ich nicke erleichtert. Das hört sich gut an. Nicht verneinend, aber es wird ihnen vorerst keinen Grund dazu geben, irgendwelche Hochzeitspläne für uns zu schmieden. Das würde meine Mutter nämlich zum Beispiel tun. Sie darf das echt nicht erfahren! "Wir könnten aber auch nach Irland auswandern und dort sofort heiraten", meint Meilo dann noch.

"Ha ha", grinse ich und schmiege mich an ihn. "Sonst noch Wünsche?"

"Ja, aber die verrate ich dir erst heute Abend, wenn wir ungestört sind ..." Uh! Was das wohl für Wünsche sind? "Das Thema Hochzeit macht dir wirklich Angst, was?", seufzt Meilo in mein Haar.

"Dir nicht?"

"Nicht wirklich. Heiraten ist doch was schönes, solange man den richtigen Partner an seiner Seite hat."

"Du alter Romantiker", kichere ich, und muss an das denken, was Jeff mir vorhin erzählt hat. Irgendwie süß, wenn man es im Nachhinein betrachtet. Meilo ist sich so sicher mit uns, dass er mit mir eine Nacht in der Hochzeitssuite verbracht hat. "Ich liebe dich", wispere ich und hebe den Kopf, um ihn anschauen zu können.

"So sehr, dass du mich heiraten wirst?"

"Fängst du schon wieder damit an?"

Lachend tupft mir Meilo einen Kuss auf. "Ich kann es eben nicht lassen. Der Gedanke, mit dir verlobt zu sein, ist einfach unglaublich schön." Mein Bauch kribbelt heftig. So ein Idiot! Er bringt es auch immer wieder zustande, dass ich mich noch mehr in ihn verliebe. Ungeachtet dieses (nicht mehr ganz so) furchtbaren Hochzeitsthemas.

Aber bei aller Liebe und Verlobungsschmiederrei, eins fehlt noch, um das alles zu besiegeln. "Also wenn wir jetzt schon heimlich verlobt sind, bekomme ich auch einen Ring von dir?" He he. Bin mal gespannt, was er dazu sagt.

"Den hast du doch schon", ist seine höchst verwirrende Antwort.

"Hä? Wo denn?" Ich untersuche meine Hände. Kein Ring.

"Nicht da", lacht er und nimmt meine linke Hand. "Hier." Meilo deutet auf das O in Love auf der Tätowierung an meinem Gelenk. "Schau es dir mal so an." Mein Arm wird so in Position gebracht, dass das Tattoo hochkant zu lesen ist. Und wirklich!

"Das O sieht aus wie ein Ring!", stelle ich fest. "Hast du das etwa geplant?"

"Nicht direkt", schmunzelt er. Ich schiele ihn schief an. "Das war Zufall. Ehrlich! Es fiel mir erst auf, als ich das Tattoo bei dir gesehen habe." Soll ich ihm das einfach so abnehmen?

Sicher ist eigentlich nur eins: "Wir sind verlobt", wispere ich und schaue von der Tätowierung auf in Meilos Gesicht.

"Endlich hast du es geschnallt", lacht er und versiegelt mir die Lippen, bevor ich auch nur ein Wort dagegen sagen kann.

Hinterhältiger Kerl!

Man muss ihn einfach lieben, nicht?
 

***
 

"Ich muss gestehen, es ist richtig schön hier."

"Findest du?"

"Ja. Es war doch eine ganz gute Idee, das hier aus der zu Nähe betrachten."

"Das heißt, du hast mir verziehen, dass ich dich trotz einer fast ein Zentimeter hohen Schneeschicht und Eiseskälte aus dem Auto gezerrt habe?", fragt Meilo mich schmunzelnd.

"Hnn ... Ja. Ausnahmsweise", erwidere ich und lege meinen Kopf auf seine Schultern, während wir langsam über den Hof von Meilos ehemaliger Grundschule schlendern.

"Da bin ich aber froh. Ich dachte schon, ich bekomme dich nur aus der Karre, wenn ich die Klimaanlage anstelle."

Ich rolle mit den Augen. "Für was für eine Mimose hältst du mich eigentlich?"

"Für eine frierende", lacht Meilo und bleibt stehen.

Ich stoppe dadurch ebenfalls, drehe mich um 90 Grad und stehe kurz darauf dicht vor meinem Liebsten. Fest schaue ihm in die Augen. "Dann lass dir mal eins gesagt sein, Mister ich-friere-nie", sage ich. "Im Moment fröstelt es mich kein bisschen." Stolz strecke ich mein Kinn in die Höhe.

Meilo macht dagegen ein übertrieben überraschtes Gesicht. "Ja isses den die Möglichkeit!", schnappt er gespielt nach Luft. "Dir ist nicht kalt?" Ich schüttle den Kopf. "Nicht mal ein klein wenig?" Wieder ein Kopfschütteln.

"Mir ist eigentlich sogar ziemlich heiß", raune ich Meilo zu, reibe mit meinem Daumen über seinen Handrücken und lächle ihn zweideutig an.

"Wie kann denn sowas passieren?"

"Ich glaube, irgendwas ist heute anders. Daran wird es liegen. Wenn ich nur wüsste, was."

"Mir würde da eine Antwort einfallen", sagt er und zieht unsere verschlungenen Hände hoch zwischen unsere Oberkörper.

"Verrätst du sie mir?"

"Hm ... Ich gebe dir einen Tipp." Langsam beugt er sich vor. Ein Kuss folgt. Einer, der es einem so vorkommen lässt, als würden sich Sekunden in Minuten verwandeln. In wundervolle, prickelnde Minuten ...

"Und? Hat der Tipp geholfen?"

"Weiß nicht. Würdest du ihn nochmal für mich wiederholen?"

"So oft du wills..."

"Hey! Ihr da! Was macht ihr hier?" Dahin ist der schöne Moment.

Ich schiele an Meilo vorbei, während dieser sich halb umdreht. Dorthin, wo der störende Ruf herkam.

Ein älterer Mann mit grauem Haar, dicken Winterstiefeln und einer schwarzen, bauschigen Jacke kommt im Stechschritt auf uns zugelaufen. "Der Hausmeister", sagt Meilo. "Das muss der Hausmeister sein."

"Kennst du ihn?"

"Nein. Wir hatten früher einen anderen, glaube ich." Also nix mit Beschwichtigen. Schade, denn so wie der uns anguckt, wäre es vielleicht nicht schlecht, wenn Meilo ihn kennen würde.

"Was treibt hier ihr? Die Schule ist geschlossen. Macht, dass ihr vom Schulgelände verschwindet." Gott, ist der unfreundlich!

"Entschuldigung", ruft Meilo dem Kerl zu. "Ich wollte meinem Verlobten nur mal zeigen, wo ich früher zur Schule gegangen bin." Oh Meilo! Sagt doch so was nicht! Dein Verlobter! Und das auch noch vor einem wutschäumenden Hausmeister.

Der steht mittlerweile keinen Meter von uns entfernt. Meilos Erklärung scheint ihn kein Stück zu beeindrucken. Eher im Gegenteil. Kein kluger Schachzug von meinem Schatz, mich ihm als seinen Verlobten vorzustellen, denn als er unsere Hände sieht, ist ihm richtig anzusehen, was er von uns hält. "Wir wollten gerade gehen", sage ich aus diesem Grund und schiebe Meilo in sicherer Entfernung an dem grimmigen Hausmeister vorbei.

"Hier wird nicht herumgelungert, verstanden?!", blökt er uns noch nach, dann sind wir auch schon durch das kleine Tor geschlüpft, das vom Gelände führt. In Sicherheit!
 

"Wieso stand dann das Türchen offen?", fragt Meilo. Wohl eher sich selbst, denn ich kann ihm diese Frage nicht beantworten, und der Hausmeister wird es nicht tun, auch wenn er Meilo gehört hätte.

"Ist doch egal", wende ich ein. "Ich habe deine Schule doch gesehen." Ich stupse ihn mit der Schulter an und lächle dabei.

"Ja, schon ...", brummt er. "Aber der Typ hat uns gestört."

"Solange er uns nicht hier oder zuhause stört", gluckse ich und drücke Meilo einen Kuss auf die Wange. "Los! Lass uns zurück fahren, und dann machen wir da weiter, wo uns der böse Hausmeister unterbrochen hat."

"Dein Wort in meines Mutters Ohr", seufzt mein Schatz. "Sobald wir zuhause sind, wird sie uns belagern, dank dem, was ich heute Morgen gesagt habe."

"Dann schleichen wir uns eben ins Haus und passen auf, dass uns niemand erwischt."

"Das klappt nicht! Hat es bei mir noch nie."

"Bei mir schon", gebe ich an. "Ich bin Vollprofi in Sachen, sich bei seinen Eltern unbemerkt einzuschleichen." Gelegenheiten zum Üben hatte ich früher genug. Mehr als genug ... Selige Jugendzeiten.

"Na da bin ich aber gespannt", grinst Meilo und drückt auf den kleinen Knopf an seinem Autoschlüssel.

"Kannst du ruhig." Noch ein Kuss, dann schlüpfe ich ins Auto, wobei Meilo mir ganz Gentlemanlike die Tür aufhält, und dann selbst einsteigt.
 

Ich schaue auf die Uhr. Schon halb zwei durch. "Wir waren lange unterwegs", stelle ich fest. Deshalb herrscht in meinem Bauch so eine gähnende Leere.

"Ich musste dir ja auch viel zeigen."

"Stimmt." Und wie viel er mir gezeigt hat. Es war wie eine dieser Touristentouren, die man in den Großstädten mit Touriebussen machen kann. Beinahe an jeder Ecke hatte er eine Geschichte oder Info für mich parat. Sei es eine Persönliche, oder eine Allgemeine, die er mir natürlich in aller Ausführlichkeit erklären musste. "Und dabei hast du mit deinem ganzen historischen Wissen angeben."

"Ich muss doch bei meinem Verlobten Eindruck schinden", lacht Meilo und gibt Gas. Immer die Hauptstraße entlang, gen Heimat.

"Ist das Pflicht? Bei seinem Verlobten mit Wissen glänzen, welches der Andere nicht hat?"

"Logisch."

"Ah ja", grinse ich frech. "Bin ich jetzt auch mal mit angeben an der Reihe?"

"Von mir aus."

"Wunderbar! Dann mach dich auf einen eins A Vortrag über mein Computerwissen gefasst!" Ich reibe mir die Hände, wohlwissend, dass Meilo über die Einzelheiten meines Programms nicht wirklich begeistert sein wird. Er kann damit nichts anfangen, wie die Meisten meiner Freunde und Bekannten.

Und wie vorausgesagt: "Falls du willst, dass ich beim Fahren einschlafe, dann bitte. Erleuchte mich."

Mit schief gelegten Kopf schaue ich Meilo beleidigt an. Er grinst und begegnet kurz meinem Blick, ehe er sich wieder auf die Fahrbahn konzentriert. "Armleuchter", schnaube ich, natürlich nur aus Spaß.

"In Computerdingen war ich noch nie eine große Leuchte", lacht er. "Ich glänze dafür mit anderen Qualitäten."

"Glänzen?", frage ich skeptisch. "Du meinst viel eher glitzern."

"Das auch", gluckst mein Meilolein und bremst vor einem Vorfahrt achten Schild. "Darin bin ich Experte."

"Ich weiß ... ich weiß ...", seufze ich. "Immer dieser Glimmer ..." Und schon bekomme ich von Meilo dafür eine kleine Retourkutsche. Hinter meinem Ohr wird es nass. "Ih!" Ich boxe leicht gegen Meilos Oberschenkel.

"Ey! Nicht den Fahrer schlagen."

"Du fährst doch gar nicht." Wir stehen immer noch an der Kreuzung und warten bis eine Lücke kommt.

"Doch ... Jetzt!" Meilo gibt Gas. Die Räder drehen durch, der Motor heult auf. Erschrocken halte ich mich am Griff über der Tür fest und mir wird leicht schlecht, weil es ziemlich eng wird, aber zum Glück hat Meilos Schlitten genügend PS, um heile auf die anderen Fahrspur zu kommen. Dafür bekommen wir vor den anderen Autofahrern ein begeistertes Hupkonzert zu hören.

"Du fährst wie ein Henker", japse ich und löse meine Finger vom Haltegriff. Meilo lacht und legt noch einen Zahn zu. Wollen wir mal hoffen, dass kein Blitzer am Straßenrand auf uns wartet und dass die Fahrbahn gut gestreut ist.
 

Sie muss es gewesen sein, denn wir kommen ohne Unfall, oder einer Schlitterfahrt gegen den nächsten Baum, bei den Haugs an.

Ich bin so froh und erleichtert, dass wir unbeschadet aussteigen können, dass ich sogar die Herde Wolfshunde freudestrahlend begrüße, die bellend auf uns zugelaufen kommen. "Daisylein! Komm!" Die Hundedame hört umgehend auf Meilos Ruf und klebt regelrecht an seiner Seite, als wir das Haus betreten. Die Anderen flitzen an uns vorbei und laufen aufgeregt in die Küche.

"Wollten wir nicht eigentlich leise ins Haus schleichen?", frage ich Meilo und hänge meine Jacke an der Garderobe auf. "Ist ja wie auf einem Viehtrieb, wenn die an einem vorbei heizen." Und mindestens genauso laut.

"Pass lieber auf, dass du nicht unter ihre Hufe kommst", scherzt er. "Ich brauche dich nämlich noch." Sein Zeigefinger stupst gegen meine Nasenspitze, dann verzieht er sich auch in Richtung Küche. Mit einem Lächeln im Gesicht folge ich ihm. Müssen wir uns eben nachher ungesehen davonstehlen. Irgendwie wird das schon klappen.

"Na? Wie war die Tour?", begrüßt uns Doro, die in einem der Küchenschränke herumkramt.

"Wirklich sehr informativ", gebe ich zur Antwort und setzte mich neben Meilo, der schon am Küchentisch sitzt und Daisy krault, die es sich auf den Hinterpfoten sitzend zwischen seinen Beinen bequem gemacht hat und genießend die Augen zukneift. So ein glücklicher Hund.

Doro lacht und stellt einen Stapel Tupperdosen* und zwei Rollen Alufolie auf den Tisch. "So ist Meilo. Der kann dir alles erzählen, was hier in der Gegend früher passiert ist. Er ist ein wandelndes Geschichtslexikon."

"Oh, das weiß ich!", lache ich, während Meilo ihr ein müdes Lächeln schenkt.

"Falls ihr noch Hunger habt Jungs, dann kommt mit rüber ins Hotel. Ich will die Reste einpacken und jedem etwas mitgeben." Deswegen die ganzen Plastikboxen und die Folie.

"Gern", nicke ich. Mein Magen knurrt leise. Das Frühstück ist schon viel zu lange her.

"Dann helft mir mal schleppen." Doro fängt an, die Dosen in ein paar Körbe zu verteilen.

Wir stehen auf und helfen mit. "Du Mama? Wegen vorhin nochmal", spricht Meilo seine Mutter dabei an. Ich kann mir denken, was nun kommt. Wir haben ja noch etwas zu klären.

"Ja?"

"Wegen der Verlobung, also ..."

"Ach ja genau!", unterbricht sie ihn aufgeregt. "Papa und ich haben uns vorhin darüber unterhalten. Was haltet ihr davon, wenn wir die Feier auch im Gewächshaus machen? Das Hotel ist noch zu, wir könnten die Stühle und Tische stehen lassen und eure Verlobung im Januar richtig feiern. Wie wäre das?"

"Ähm ... Ganz gut, aber ..."

"Toll! Dann überlege ich mir schon mal, wie wir das am besten angehen, und ihr sagt mir, wie viele Leute ihr einladet. Dann ..."

"Stopp mal!", ruft Meilo dazwischen. Ich klammere mich vor lauter Panik an einer der Tupperdosen fest.

Heiliges Lottchen! Meilos Eltern nehmen diese Verlobungssache richtig ernst! Hoffentlich werden sie nicht enttäuscht darüber sein, dass wir darum gar keinen großen Wirbel veranstalten wollen, geschweige denn, gleich eine Party auf die Beine stellen.

"Wir wollen keine Verlobungsfeier", beichtet Meilo ihr auch sogleich.

"Doch keine Feier?", fragt Doro perplex.

"Keine Feier", wiederholt Meilo und atmet tief durch.

"Wieso? Seid ihr doch nicht ...?"

"Doch, aber ich hab mich heute Morgen vielleicht nicht ganz klar ausgedrückt." Meilo schmeißt die Dose, die er gerade in der Hand hat, in einen der Körbe. "Wir wollen das noch nicht an die große Glocke hängen. Und es braucht auch noch nicht jeder zu wissen, ja?"

"Oh", sagt sie und lässt die Schultern hängen. "Das kommt jetzt etwas zu spät." Wie, zu spät?

"Wie, zu spät?", stellt Meilo meine Frage laut, als hätte er meine Gedanken gelesen.

"Nun ja. Die Anderen wissen es bereits. Ich habe es ihnen allen erzählt." Oh Verdammt!

"Mama! Ich habe doch gesagt, du sollst es keinem sagen!"

"Was denn? Ich war so glücklich darüber." Sie guckt ganz geknickt. Meilo seufzt laut und ich kratze am Plastik des Dosendeckels herum. "Wie habt ihr euch das denn sonst vorgestellt?", will Doro von uns erklärt haben, und setzt sich auf einen der Küchenstühle.

Wir machen es ihr nach und schieben die Körbe erst einmal beiseite. "Bis jetzt noch gar nicht", meint Meilo und sieht mich verzeihend und flehend an. Das kann er sich aber so was von schenken! Ich mustere das Geflecht eines der Körbe und lasse ihn das mal schön selbst erklären. Er hat uns die Suppe schließlich eingebrockt.

Doro lehnt sich auf dem Stuhl zurück, was ihn leise knarren lässt, und sieht uns abwechselnd an. "Warum hast du es und denn dann überhaupt gesagt, wenn ihr beide euch noch nicht einig seid?"

"Wir sind uns einig!", japst Meilo. Am liebsten würde ich sagen, dass wir das nicht sind, nicht direkt jedenfalls, aber so gemein bin ich dann doch nicht. Und irgendwie sind wir uns ja auch einig. "Es ist nur, dass wir noch warten wollen."

"Weil ihr noch nicht lange zusammen seid? Ist es deswegen?"

"Ähm ..."

"Wisst ihr, Eberhard und ich haben das vorhin auch schon ausdiskutiert." Sie haben was?! "Ihr seid schließlich noch nicht mal ein halbes Jahr lang zusammen." Mein Herz beginnt zu rasen und mir wird leicht übel.

Finden Doro und Eberhard etwa, dass es zu früh für eine Verlobung ist? Denken sie, das mit ihrem Sohn und mir sei was Kurzlebiges? Glauben sie, die Verlobung wäre zu voreilig? Wollen sie mich nicht als Schwiegersohn? Bin ich ihnen nicht gut genug? ... Mögen sie mich gar nicht?! "Aber wir wir sind schnell zu dem Schluss gekommen das, wenn ihr euch sicher seid, euch liebt und zusammen sein wollt, dann ist es doch egal, wie lange oder wie kurz ihr euch kennt. Dann kann es niemals zu früh sein, für immer mit dem Anderen zusammen sein zu wollen. Falls ihr euch darüber Gedanken macht, hört auf damit und tut das, was euch euer Herz sagt." Ich blinzle einige Male und lasse Doros Worte in meinem Kopf nochmal Review passieren.

Scheiße! Wir sollen auf unser Herz hören? Das arme Ding ist mir eben fast stehen geblieben, als ich mir ausgemalt habe, Meilos Eltern würden in Wirklichkeit Bedenken wegen unserer Verlobung haben! Ich hatte wirklich Angst, dass sie Meilo jetzt sagen würde, wir sollten es uns nochmal überlegen. Und das machte mich plötzlich wütend. Wütend und trotzig. Und dann wurde es mir bewusst: Das Verlobungsding ist mir wichtig! Echt! Ohne Scheiß! Ich hab mich an den Gedanken gewöhnt, mehr noch: Ich finde den Gedanken schön! Und das in so kurzer Zeit.

Furchteinflössend, nicht?

"Daran liegt es nicht, dass wir noch warten möchten", meint Meilo.

Ich schaue rüber zu ihm, und in meinem Bauch breitet sich dieses wundervolle warme Kribbeln aus, dass mich so oft überkommt, wenn wir zusammen sind. Doch diesmal scheint es noch stärker zu sein, als normal. Jeffs Worte kommen mir in den Sinn. Hat er Recht gehabt? Fühlt es sich wirklich intensiver an? Irgendwie schon ...

"Und wieso wollt ihr sonst warten?", höre ich Doro fragen.

"Bis auch wir wie ein ganz normales Paar vor den Altar treten können", antworte ich an Meilos Stelle und schenke ihm ein kleines Lächeln, als er mich daraufhin anschaut.

'Mein Verlobter', denke ich. Ein Gedanke, der mir immer besser gefällt.

Doro schaut uns für ein paar Momente lang fragend an, doch dann zeichnet sich die Erkenntnis auf ihrem Gesicht ab. "Ach so!", schnauft sie. "Warum habt ihr das denn nicht gleich gesagt?"

"Das frage ich mich auch", grinse ich. "Meilo war anscheinend zu voreilig."

"Das war er schon immer. Erst reden, dann denken. Inzwischen hat sich das gebessert, aber damals trug er sein kleines Herz direkt auf der Zunge." Ich fange an zu lachen, weil ich mir das so gut vorstellen kann, als stünde klein plapper-Meilo gerade vor mir.

"Lacht mich doch aus!", grantet mein Schatz beleidigt.

"Das tun wir doch gar nicht", kichere ich. "Wir lachen mit dir!"

"Ja genau. So seht ihr aus."

"Nun ist er beleidigt", amüsiert sich Doro und steht auf. "Komm Niclas. Bringen wir die Dosen rüber ins Hotel. Dann kann Meilo in Ruhe vor sich hinschmollen."

"Gute Idee", finde ich und stehe auch auf.

Wir schnappen uns je einen Korb und marschieren los. "Ey! Wartet doch auf mich!" Doro und ich werfen uns grinsend Blicke zu, und kommen zur stummen Übereinkunft, dass wir nicht stehen bleiben, um auf unseren leicht trotteligen Meilo zu warten. Er wird uns schon einholen. Er muss nur ordentlich aufs Gas treten. Dass er das kann, weiß ich nur zu gut.
 

******
 


 

* Tupperdosen? Nein! Das Wort kennt mein Rechtschreibprogramm nicht. Es meint, ich wollte Erregerdosen schreiben xD



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Saavik1701
2016-12-08T06:13:25+00:00 08.12.2016 07:13
Hihihi...

hat da jemand kalte Füße bekommen? :D

Ach Nic... sooo schlimm ist Verlobt sein gar nicht, siehst Du ja am Schluss selbst schon so... ^^
Wobei Du ihm doch eigl schon an deinem Geburtstag zwischen den Zeilen einen Antrag gemacht hast ;)
Und nur weil man verlobt ist, heißt das ja nicht, das man sofort heiratet, mein Schatz und ich haben uns ähnlich schnell wie Du und Meilo verlobt und haben trotzdem 4,5 Jahre ne Wochenendbeziehung geführt, sind dann zusammengezogen und erst nach 8 Jahren wurde geheiratet, u.a. aus Ausbildungsgründen, Du siehst, das eine hat mit dem anderen nicht zwingend was zu tun und glaub mir, unsere Familien waren im Pläne schmieden mindestens so gut wie Meilos Eltern ;)

Und keine Panik Meilo, ich reds Nic nicht aus, ich beruhig ihn nur (und beschleunige so sein Ja-Wort, aber *pssst* das ist unser kleines Geheimnis! ;))


Antwort von:  Fara_ThoRn
10.12.2016 18:56
Hoffentlich nicht. Obwohl ... Solange er wieder warme Füße hat, sobald es ernst wird, soll er ruhig auch mal kalte Füße haben ;D

So sehe ich das auch. Die zwei können sich ja Zeit lassen. Oder von mir aus auch bis in alle Ewigkeit in wilder Ehe leben. Auch wenn Meilo das sicher anders sieht *lach* Wahrscheinlich muss Nic sich erstmal daran gewöhnen. Und sobald die zwei zusammenwohnen, werden sich seine letzten Bedenken auch zerschlagen, glaube ich ;-)
Von:  Usaria
2016-12-05T21:35:41+00:00 05.12.2016 22:35
Ach her jee! Da hat Meilo wieder was angerichtet! Schwupps diewupps schon ist Mann verlobt. Aber wie hat der Papa von einer ehemaligen Freundin von mir immer gesagt: Verlobt heißt FEST VERANKERT & TROTZDEM WEITER SUCHEN!!!

Meilo: "WAS! Usaria bring Nic nicht noch auf dumme Ideen!"
Ich: "Keine Sorge Meili, das lässt Fara doch niemals zu!" Teuflisch Grinsend!
Antwort von:  Laila82
06.12.2016 08:45
Frei nach dem Motto: DRUM PRÜFE WAS SICH EWIG BINDET, OB SICH NICHT WAS BESSERES FINDET.
Antwort von:  Fara_ThoRn
10.12.2016 18:38
xD Gute Sprüche. Und so wahr. Aber wie ich kürzlich erfahren durfte, kann man auch was neues finden, wenn man verheiratet ist. Obs dann was besseres ist, ist eine andere Frage.
Aber Meilo und Nic lasse ich nicht mehr auseinander gehen. Wenigstens in meiner Fantasie soll es noch eine heile Welt geben ;_;
Von:  Laila82
2016-12-05T20:35:13+00:00 05.12.2016 21:35
Na hoffentlich keine Krankheitserreger. Die brauchen wir nicht, aber das macht jetzt eh nix mehr aus bei soviel Liebe und Glück in der Luft. Das haut das stärkste Virus/Bakterium um.
Antwort von:  Fara_ThoRn
10.12.2016 18:36
Liebe ist sowieso bewiesenermaßen die beste Medizin. Genau wie Küssen. Das bringt das Imunsystem in Schwung! ^^


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