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Ich bleibe nicht zum Frühstück

von

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Sein Blick war vielsagend. Jedenfalls sagten seine Augen eindeutig, was er von meiner Bitte mir zu helfen hielt. Pure Ignoranz. Vielleicht einen Hauch an Interesse. Ach, Hauch… wohl eher eine Prise. Eine winzige, kaum vorhandene. Eventuell ein kleines Sandkorn an einem Strand irgendwo in Indonesien. Oder sonst wo. Ich reckte selbstbewusst mein Kinn, begann aber zeitgleich am Saum meines Shirts zu spielen. Verdammte Nervosität. Warum schüchterte mich der Kerl überhaupt so ein? Er trug ein Sportdress. Ich hingegen war voll und ganz alltagstauglich gekleidet. Dass meine innere Lady bei dem Gedanken laut auflachte, muss nicht extra erwähnt werden.
 

„Ach, kommen Sie schon. Sie könnten lockerer gegenüber Fremden sein“, motzte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Dabei krallte ich mich in meinen Schokoriegel und bat inständig, ihn nicht zu sehr zu zerquetschen. Wer wusste schon, welchen Eindruck ich dann bei der freundlichen Kassiererin hinterließ. Nicht, dass er unbedingt positiv war.

Ich musterte sein markantes Kinn und schluckte meine nächsten Worte hinunter. Was auch immer sie waren, sie wären nur als sinnlose Aneinanderreihung wahllos einfallender Worte gewesen. Das war es nicht wert, dass Attentäterchen mich noch für bekloppt einstufte. Falls er das nicht schon längst tat.

„Sie müssen Ihren Mitmenschen helfen“, fuhr ich fort und war erstaunt über den Ernst meiner Stimme. Fasziniert starrte ich auf seinen zuckenden Kiefermuskel. Oho, ich schien ihn und seine Geduld zu strapazieren. Eine seiner fein geschwungenen Augenbrauen schoss kaum merklich in die Höhe, ein leichtes Schütteln seiner perfekten Shampoo-Werbung-Haare und er drehte mir tatsächlich die Schulter zu.

„Hey!“, rief ich empört. „Sie können mich doch nicht einfach ignorieren!“
 

Ganz die Gene der Haruno-Frauen stampfte ich so damenhaft wie möglich mit dem rechten Fuß auf diesen hässlichen Linoleumboden in ockergelb. Kurz dachte ich daran, ihm tatsächlich laut polternd zu folgen. Ich überlegte sogar ihm einen Grapschversuch unterzujubeln. Allerdings war ich mir bei meiner derzeitigen Aufmachung bewusst, dass es im schlimmsten Fall andersherum wirken konnte. Außerdem wäre ich bei meinem Glück womöglich eher gestolpert und der Länge nach hingefallen. Auch nicht der beste Auftritt.

Ich ließ die Schultern hängen und schlenderte Richtung Kasse. Dieser Tag war einer von vielen. Von vielen bescheuerten und viel zu langen Tage. Bestückt mit noch unnötigeren Minuten, die sich in ellenlange Stunden zogen und am Ende war es wie immer. Keine Neuerung. Kein Bergauf nach dem Bergab. Als ich um die Kurve bog, war Mr. Werbung weg und ich blieb mit meinem Riegel an der Kasse stehen.
 

Auf meinem Rückweg zur Wohnung stolperte ich zweimal und spürte ein unangenehmes Ziehen in der Wade. Ein kleines Kind spielte mit seinem Fußball und benutzte meinen Kopf als Tor und zu allem Überfluss gluckerte Magensäure in meinem Bauch. Ich wollte nur noch in mein Bett. Oder auf die Couch. Ganz gleich was es war, es machte kein Unterschied. Hauptsache vier sichere Wände um mich herum. Zu allem Überfluss schien es mir allerdings nicht vergönnt zu sein, denn auf dem Weg nach oben traf ich auf meine Mitbewohnerin. Die mich ohne zu zögern oder wirklich eine Einladung auszusprechen, in ihre Wohnung zog. Es roch ein bisschen nach Kokosnuss. Wahrscheinlich war das der Grund, warum ihre Haare so seidig weich und glänzend aussahen. Ohne es wirklich zu wollen oder zu steuern, begann mein Mund schon über meine Begegnung mit dem Supermarktidioten zu plappern. Ich glaube, dass es an der Tasse Tee lag, die sie mir mit strahlendweißem Lächeln übergab. Und ein wenig Gesellschaft hin und wieder war ja auch nicht ganz verkehrt.
 

„Was genau wolltest du denn von ihm?“ Ino Yamanaka zog die Stirn kraus und zupfte an ihrer Zimtschnecke. Wahrscheinlich zählte sie die Kalorien jedes einzelnen Brösels. Jedenfalls sah sie so aus als würde sie zählen. Ich ließ meinen Blick durch die Wohnung gleiten und spürte ganz leicht den Neid aufflammen. Sie wohnte mir direkt gegenüber und mal ehrlich – der Grundriss ihrer Wohnung sollte angeblich derselbe sein wie meiner. Aber das waren mindestens zehn Quadratmeter mehr. Und ihre Einrichtung schrie nach Luxus. Ich schnalzte mit der Zunge und rührte in der Teetasse herum. Ich hatte außer einem kurzen Kennenlern-Plausch im Hausflur kein Wort mit ihr gewechselt. Was wohl daran lag, dass sie meistens nicht zuhause war. So wie ich mitbekam, führte sie eine On-Off-Beziehung mit irgendeinem Brünetten. Jedenfalls stritten sie häufiger und sie schmiss ihn raus. Und vorm Zuknallen der Türe machte er Schluss mit ihr. Dass sie sich das überhaupt gefallen ließ, wunderte mich. Diese Blondine hatte Feuer und scheute sich nicht, es regelmäßig zu schüren. Nicht, dass es erlosch. Wie bei mir. Bei mir war bei genauem Betrachten noch ein Flämmchen übrig. So wie beim Anzünden eines Streichholzes.

Sie schob die Zimtschnecke von sich und musterte mich. Hatte ich schon erwähnt, wie sehr ich den Umstand der Fleischbeschau hasste? Ich fühlte mich wie in einem Museum.
 

„Also, ein Hottie der Oberklasse fährt dich fast um und du bittest ihn um Hilfe?“

Ich nickte zögernd. „Keine Ahnung, was ich von ihm eigentlich wollte“, gestand ich. „Das war eine Kurzschlussreaktion. Ein Hauch von Was-wäre-wenn-der-Typ-mir-aus-dem-Schneckenhaus-hilft-Moment.“

Inos blauen Augen ließen mich ans Meer denken. Ich stellte sie mir bei einem Familienporträt vor. Sie in einem hellen Sommerkleid, in der Mitte zwischen ihren Eltern. Sicher war sie Einzelkind. Ihr Vater, mit strenger Brille und schmalem Lächeln. Daneben ihre Mutter. Langes und goldglänzendes Haar und rot geschminkte Lippen. Ino Yamanaka besuchte sicher die Eliteuniversität und später würde sie einen erfolgreichen Geschäftsmann heiraten. Ha. Jemand wie ich spielte nicht in ihrer Liga. Und in ihrem Blick lag ganz unverschämt der Spott.

Plötzlich schlug sie mit der flachen Hand auf den dunklen Tisch und begann lauthals zu lachen. Dabei überschlug sich ihre Stimme. Das perfekte Tochterbild platzte umgehend, als ein leises Grunzen aus ihrer Kehle schlüpfte und sie über ihren eigenen Laut erschrak. Dann lachte sie glockenhell. Warum auch immer – ich stimmte mit ein und es fühlte sich wie loslassen von einem Stück Pessimismus an.
 

„Ich beobachte dich manchmal“, gestand sie nach Abschwellen des Lachanfalls. „Wenn du aus deiner Wohnung kriechst und über die Straße schlenderst. Hin und wieder gehst du sogar einfach drüber, ohne zu schauen ob ein Auto kommt.“

„Hier fahren doch nie Autos“, erwiderte ich und befeuchtete mir die Lippen.

„Du bist ziemlich am Tiefpunkt oder?“ Sie wickelte eine ihrer langen blonden Strähnen um den Zeigefinger und obwohl ihre Schminke ein wenig verlaufen war, sah sie wunderschön aus.

„Du wirkst gerade auch nicht wie der glücklichste Mensch auf Erden.“ Meine Stimme klang zischender als eigentlich gewollt. Aber das war die natürliche Abwehrhaltung.

Sie nickte. „Mein Freund hat Schluss gemacht.“

Ich zuckte mit den Schultern und verkniff mir einen Kommentar. Es war seit meinem Einzug nicht unbedingt das erste oder erst fünfte Mal, dass er sie verließ.

„Weißt du was hilft, wenn man am Tiefpunkt ist?“ Ihre Stimme klang so weich wie Butter. Oder Ahornsirup. Meine Mutter liebte es sonntags etwas davon auf Pancakes zu gießen. Seit ihrem USA Trip gab es für sie kein besseres Frühstück. Ich schüttelte meinen Kopf und betrachtete ihre weichen Züge, die dunklen Schatten unter ihren Augen und das traurige Glimmen in ihren Augen. Scheinbar zog sie das doch mehr runter, als ich dachte. Eine oberflächige Wahrnehmung meinerseits, die mir ein schlechtes Gewissen einbrachte. In den vierzig Minuten in denen ich bereits bei ihr in dieser hübschen Wohnung verbrachte, hatte sich mein erster Eindruck langsam revidiert. Sie war keine Tussi, die sich alle zwei Minuten das Näschen frisch puderte. Sie trank ihren Kaffee mit vier Stück Zucker (igitt) und statt einer Obstschale standen Schokobonbons in einer hübschen Holzschale. Ihre Sofakissen waren bunt durchmixt. Auf der Spüle standen noch Geschirr und Töpfe vom Vortag. Ino trug eine legere Jogginghose in türkisblau und dazu trug sie gelbe Socken.
 

Auf Inos Gesicht erschien ein kleines Lächeln. „Wenn du Gefühle zulässt und sie lebst, wie sie sind, dann lösen sie sich irgendwann auf. Mag sein das sie von neuen abgelöst werden. Aber das ist okay. Solange du sie nicht verdrängst oder unterdrückst. Akzeptiere und lehne nicht ab. Dann steigen sie auch nicht immer und immer wieder in dein Bewusstsein. Gefühle möchten erlebt und gefühlt sein. Irgendwann lassen dich die schlechten dann frei.“

„Das war ziemlich tiefgründig“, gab ich als Antwort.

„Wir können es auch pragmatisch halten“, sie grinste. „Du entscheidest einfach, dass du keine Lust mehr hast, monatelang miese Laune zu haben.“

„Damit kürzt man den Prozess aber gewaltig ab.“

Sie lachte und winkte meinen Kommentar mit einer lässigen Bewegung ab. „Manchmal sind die Phasen des Lebens scheiße. Aber die gehen auch irgendwann wieder weg.“

„Was du nicht sagst“, erwiderte ich geknickt. Ich rührte mit dem Löffel erneut in meinem bereits kalt gewordenen Tee herum.

Ino schwieg und ließ ihren Blick schweifen, als sie erneut mit der flachen Hand die Tischplatte zum Vibrieren brachte. „Wir machen jetzt einmal pro Woche ein Heul-in.“ Ihre Augen blitzten amüsiert. „Wir lassen die Rollläden runter und machen die Handys aus. Essen Schokolade und lassen die Tränen fließen.“

Ich konnte nicht anders, als aufzulachen. „Ich bring die Taschentücher mit.“

Sie nickte eifrig. „Das ist ein absolutes Muss. Und wenn wir schon dabei sind, werden wir dich aus deinem Loch ziehen!“
 

Ich lachte. „Ach, traust du dir das wirklich zu?“

„Du brauchst einen Job. Dann ziehen wir dir was Hübsches an und ehe du dich versiehst, ist alles anders.“

„Für Kellnerjobs bin ich kaum qualifiziert. Ich schwöre, ich zerbreche mehr Keramik als je an einem Polterabend zerdonnert werden kann.“

„Ich rede nicht von Kellnerjobs. Oder welche im Supermarkt. Das dir das nicht liegt ist in diesem Haus schon kein Geheimnis mehr. Du solltest an deiner Mimik arbeiten. Man kann so gut wie alles darauf lesen.“

Ich schmunzelte. „Und was schlägst du vor?“
 

Inos Augen leuchteten. „Eine Freundin von mir ist jetzt ganz frisch mit jemandem zusammen. Der hat seine eigene Kanzlei. Gut, mit einem Partner.“

Ich wurde hellhörig. „Ich bin als Anwalt nicht wirklich geeignet.“

„Sei nicht blöd, Sakura.“ Sie rollte mit den Augen. „Sie stellen eine Empfangsdame ein.“
 

Ohne es wirklich zu wollen, rümpfte ich die Nase.
 

„Sei nicht so. Die beiden haben mega reiche Klienten. Vielleicht fällt einer für dich ab.“ Sie zwinkerte und kicherte dabei so zuckersüß, dass ich ein leises Okay über meine Lippen brachte.
 

Nun gut, wenn der Attentäter mir schon nicht helfen wollte (bei was auch immer)… musste ich notgedrungen auf andere Menschen ausweichen. Und immerhin hatte ihm die blonde Schönheit von nebenan etwas voraus – eine Tasse Tee und eine Verabredung zum Heul-In.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Miss_Uchiha-Lorenor
2016-05-14T10:49:12+00:00 14.05.2016 12:49
Ohhh inoo ist am start xD
Die reaktion von sasu war echt der hammer xD lässt sie einfach stehen, glaube das hätt ich auch gemacht xD
Und ich habe da so eine kleine vorahnung was jetz passieren wird.
Wahrscheinlich ist die freundin hmmm temari.. Und die ist mit Itachi zusammen und sein partner ist sasuke und sie triff mister supermarktidiot mal wieder xD oder es sind hinata und naruto
ohhh das wäre echt lustig wenn sie dann bissle aufgemotzt vor ihm auftaucht und er prustend an ihr vorbeigeht im sinne von, wollte sie sich als clown in damenschuhen verkleiden? XD

Bin gespannt wie es weitergeht :3
Antwort von:  fragile
26.05.2016 22:06
hey schnittchen

wie könnte ich ino nicht in einer ff einbauen? ;D
eine story von mir ohne ino? haha, dann stimmt was nicht. ino gehört zu sakura, wie naruto zu sasuke.
find ich. :) da ist einfach mehr bindung als beispielsweise zu hinata (wobei die natürlich fest zu naruto gehört)

was den weiteren verlauf angeht werd ich natürlich schweigen wie ein grab ;) aber das kannst du dir sicher denken. deine vermutungen zu lesen erfreut mich allerdings enorm :D

vielen dank fürs lesen und kommentieren :-*

fühl dich gedrückt!
Von: abgemeldet
2016-05-11T12:33:38+00:00 11.05.2016 14:33
Ich auch! :D
Antwort von:  fragile
26.05.2016 22:02
du auch? ;D
was genau meinst du denn?

Von:  Kleines-Engelschen
2016-05-10T19:09:39+00:00 10.05.2016 21:09
ein tolles kapitel. na da bin ich ja mal gespannt wie es weitergeht.

greetz
Antwort von:  fragile
26.05.2016 22:01
hallo :)

ich freu mich, dass es dir gefallen hat.
wie üblich ist bei mir nichts geplant und alles hangelt sich so von kapitel zu kapitel :D aber so bleibt der reiz immerhin auch für mich ;)


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